Forderungskatalog - Die Filmschaffenden

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Forderungskatalog - Die Filmschaffenden
Forderungskatalog der Filmschaffenden-Verbände zur sozialen
Sicherung im Film-, Fernseh- und Kreativbereich
Alle Parteien bereiten aktuell ihre Wahlprogramme vor. Ein guter Anlass für die
Bundesvereinigung der Filmschaffenden Verbände e. V. erneut auf die Probleme
hinzuweisen, die die Beschäftigten der Film- und Fernsehbranche und im gesamten
Kreativbereich haben. Die Filmschaffenden sehen einige Ansätze, die bei zukünftigen
Gesetzgebungen zu wesentlichen Verbesserungen führen sollten.
1. Staatliche Unterstützung bei Arbeitslosigkeit, respektive unregelmäßiger
Beschäftigung:
Die Verlängerung der Rahmenfrist auf drei Jahre zur Erlangung der Anwartschaft auf
Arbeitslosengeld 1 ist äußerst hilfreich bei oft wechselnden Arbeitgebern. Auch die
Vereinfachung der Regeln zur verkürzten Anwartschaft, wie die jetzige Opposition sie
vorsieht, wird entstehende Lücken schließen.
Die schwierigen Beschäftigungsverhältnisse der meisten Schauspieler - in der Regel
wenige Drehtage pro Jahr mit dann verhältnismäßig hohen Tagesgagen - werden von
diesen positiven Änderungsplänen jedoch nicht erfasst. Für sie muss es eine andere
Lösung geben!
2. Das Zertifizierungswesen der vom Arbeitsamt geförderten Umschulungen- und
Weiterbildungen muss dringend überprüft werden.
Viele zertifizierte Weiterbildungseinrichtungen sind Vernichtungsmaschinen staatlichen
Geldes. Zertifizierungen werden nach Aktenlage durchgeführt. Berufsverbände sollten
zur praktischen Beurteilung der fachlichen Eignung einbezogen werden. Menschen, die
an Fördermaßnahmen teilnehmen, die sie zur Arbeit bei Film und Fernsehen befähigen
sollen, werden in bestimmten Bereichen ungeeigneten Maßnahmen zugeführt.
3.Jobcenter dürfen keine Arbeit unter dem Mindeststandard vermitteln.
4. Die "festen Freien" Beschäftigungsverhältnisse an öffentlich-rechtlichen
Sendeanstalten, die ausnahmslos zum Nachteil der Beschäftigten gereichen, müssen
abgeschafft werden. Diese Form der Abrechnung muss durch eine ersetzt werden, die
ein Anrecht auf Arbeitslosengeld generiert.
5. Es muss Transparenz bei den Ausgaben der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten
geschaffen werden.
Ebenso transparent muss die Auftragsvergabe für Fernsehfilme und
-serien an Produktionsfirmen gemacht werden. Wir schließen uns damit der Forderung
verschiedener Produzentenverbände an. (VDFP, film & fernseh produzentenverband
nrw e.V., Verband Deutscher Filmproduzenten e.V., AG DOK, Filmverband Sachsen
e.V.)
Hintergrund:
Bekanntermaßen werden die Etats für fiktionale Auftragsproduktionen genau wie für
EB-Teams immer weiter gekürzt. Wir nähern uns dem Ende der Machbarkeit auf breiter
Linie - was Kalkulierbarkeit und Durchführung mit hochwertigem Ergebnis im Bereich
Fernsehfilme, Serien aber auch elektronische Berichterstattung angeht.
Es gibt Sendervorgaben, dass die Aufträge der Produktionsfirma zugeschlagen werden,
die z.B. die Schauspielergagen um 20% kürzt. Damit gehen einher: Überlange
Arbeitszeit mit unbezahlten Überstunden, schlecht ausgebildete (billige) Kreativarbeiter
(Regie, Kamera) etc.
Wünschenswert ist auch eine Entflechtung von Sendertöchtern, -enkelinnen, urenkelinnen, die sich wettbewerbsfördernd und qualitätssteigernd auswirken dürfte.
6. Filmkalkulationen
Die Produktionskosten sowohl beim Fernsehen als auch bei Kinofilmen werden im
personellen Bereich auf Grundlage des geltenden Tarifvertrags erstellt. Es muss
sichergestellt werden, dass bei der Produktion auch die entsprechenden
Mindestgehälter gezahlt werden und dass das Geld nicht zum Schaden der
Beschäftigten umgeschichtet wird. Eine Selbstverpflichtung der Sender, für Einhaltung
des Mindeststandards bei Auftragsproduktionen zu sorgen, ist unrealistisch.
Filmförderungen müssen an die Einhaltung des Mindeststandards, gebunden werden.
Wie gesagt, in geldlicher Hinsicht werden die Tarife zur Beantragung von Förderungen
ja auch benutzt. Die Förderungen beziehen sich auf Förderanträge auf der Grundlage
von Gagentarifen, deren Einhaltung auch die Grundlage der effektiven Auszahlung der
Mittel sein muss!
Der Mindeststandard betrifft nicht nur das Entgelt, sondern ebenso die Tagesarbeitszeit
und die Einhaltung der vorgeschriebenen Ruhezeiten.
7. Produktionsfirmen brauchen Rechtssicherheit, wenn sie Filmschaffende auf
Rechnung beschäftigen.
Diese Rechtssicherheit muss einfach und in kurzer Zeit herzustellen sein.
Begründung: Die Clearingverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund
(DRV) haben überhandgenommen. Die zur Bestätigung der Rechtmäßigkeit der
Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung dauert mittlerweile etwa sechs
Monate. In dieser Zeit wird den selbständigen Filmschaffenden ein Drittel ihres
Rechnungsbetrags vorenthalten. Bei mehreren Filmen im Jahr wirkt sich das
existenzgefährdend aus. Sowohl Filmfirmen als auch selbständige Filmschaffende
werden unter Generalverdacht gestellt, den Staat an verschiedenen Stellen hintergehen
zu wollen. (Steuern und Sozialversicherungen)
Der Nachweis der Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse und Bestätigung der
Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht müssen zur Absicherung der
Produktionsfirmen ausreichen. Das muss von der DRV der Produktionswirtschaft
gegenüber verbindlich bestätigt werden.
8. Wo zwischen Tarifpartnern keine Kampfparität, also Kräftegleichheit zwischen
Arbeitgebern und Arbeitnehmern, im Tarifstreit herrscht, muss per Gesetz eine Pflicht
zur Schlichtung eingeführt werden. Die "Gefahr" von Tarifabschlüssen zu Ungunsten
der Beschäftigten ist ansonsten zu groß.
9. Freischaffende Künstler, Film- und Medienschaffende wie auch alle anderen
Freischaffenden müssen dringend familienpolitische Berücksichtigung finden.
Besonders Alleinerziehende bedürfen der staatlichen Unterstützung und Anerkennung
ihrer Lebensumstände.
Alle angeführten Punkte haben letztlich das Funktionieren der sozialen Sicherungen
sowohl während als auch nach der Erwerbstätigkeitsphase zum Hintergrund. Wo alle
zustehenden Einkünfte gezahlt werden, können entsprechende Abgaben die Sozialund Rentenkassen füllen.
Der Gesundheitsschutz durch das Einhalten von Mindeststandards (s.o. unter 3.) tut
sein Übriges zur Verlängerung von Erwerbsbiografien und zur Entlastung besagter
Finanztöpfe.
Die Erfüllung / Umsetzung dieser Fragen ist existenziell wichtig für die vielen Freien und
angestellten Mitarbeiter der Film- und Fernseh-, respektive Kreativbranche. Dafür setzt
sich die Bundesvereinigung der Filmschaffende Verbände e. V. unermüdlich ein.
Regine Hergersberg
Vorstand
Bundesvereinigung der Filmschaffende Verbände e. V.