forced - Philipp Künzli
Transcrição
forced - Philipp Künzli
|forced| 1 |forced| Projektbeschrieb |forced| Beteiligte Realisation frameworks.ch Everhardstrasse 51 D-50823 Köln Fotografie Szenografie Philipp Künzli Anna Bucher Vernissage Galerie Kulturhof Schloss Köniz 10. Januar 2014|18:00 Uhr Bisher Galerie Kulturhof Schloss Köniz ONO – Das Kulturlokal 11. - 26. Januar 2014 Juli – September 2014 Geplant Vario Bar, Olten Sollbruchstelle, Zürich März – April 2013 nach Ankündigung Internet www.frameworks.ch/forced.html [email protected] [email protected] www.frameworks.ch 2 |forced| 3 |forced| Index Kurzbeschrieb ................................ 5 Ausstellungskonzept ................................ 6-8 Text Portrait ................................ 9 Bildvorschau ................................ 10-13 Situation Aserbaidschan ................................ 14 4 |forced| Kurzbeschrieb Seit 2008 wurden in Baku, der Hauptstadt der ehemals russischen Republik Aserbaidschan, über 5000 Wohnungen illegal enteignet. Legitimiert durch Vorgehensweisen knapp an der Grenze der Legalität. Nicht selten wird diese Grenze aber auch überschritten. Was zählt ist der Profit und der Drang einer Regierung zur Grossstadt nach westlichem Vorbild. Dieses Thema steht im Zentrum des Fotografie & Installation Projekts |forced|, welches der Fotograf Philipp Künzli in Zusammenarbeit mit der Szenografin Anna Bucher aufnimmt, thematisiert und inszeniert. Das Projekt führte Philipp Künzli zehn Tage in die Hauptstadt Aserbaidschans, um die Zustände der Betroffenen zu portraitieren. Gleichzeitig liess er es aber auch zu, sich von dem imposant-opulenten Fortschritt inspirieren zu lassen und sich mit der Situation kreativ auseinander zusetzen. Diese Ergebnisse wiederum sind die Inspiration für Anna Bucher, welche daraus eine räumlich sinnliche Installation entwirft, worin sich der Besucher bewegen kann und die Auseinandersetzung der Thematik der beiden Künstler so auf eine direkte Art übermittelt bekommt. Das Resultat ist eine spannungsgeladene Installation & Ausstellung welche bereichert wird durch Videos, Audio Interviews und faktischen Texttafeln. Im Zentrum steht eine gesellschaftskritische Ausstellung, welche den Besucher zum Entdecken und Erleben einer uns nicht ganz so vertrauten Lebensweise einlädt. Vielleicht sogar die Umkehrung der Integration? 5 |forced| Ausstellungskonzept «Als Szenografin reizt mich die Auseinandersetzung mit dem narrativen Raum. Ich bewege mich stets immer zwischen dem Raum, dem Inhalt, dem Betrachter und der Zeit.» Bei dem Projekt |forced| ist es umso spannender, da einzelne Geschichten auf den ersten, andere erst auf den zweiten Blick erkennbar sind. Für mich besteht der Reiz darin, Bildern durch andere Hilfsmittel eine Stimme zu geben und so den virtuellen Raum sprechen zu lassen. Gerade bei diesem Projekt ist es meine Aufgabe die Betrachter zu berühren – aber auch zu (beg)leiten. Ich sehe in den Fotografien von Philipp Künzli das Potenzial, die Situation in Baku auf eine ehrliche Art zu umschreiben. Ehrlich wie die ungeschönten Portraits. Es muss behutsam mit den Bildern umgegangen werden. Das Ziel ist eine ruhige, eher sakrale Installation, die mit ausgesuchten Materialien, Farben und Lichtstimmungen zu einem Ganzen wird. Trotz der sehr ruhig wirkenden Fotografien soll die Ausstellungen Kraft bekommen – die Menschen in Baku sollen angehört werden! Um die Betrachter in die Geschichte einzuführen, findet man sich gleich zu Beginn in einer Portrait-Welt, aus schon fast „zu“ perfekt angeordneten Bildern. Der erste Eindruck muss gnadenlos und ehrlich sein. Die Menschen auf den Bildern sollen den Betrachter augenblicklich anschauen damit dieser die Gesichter nicht vergisst. Eine Texttafel begleitet die Installation (Seite 9). Unter einzelnen Bildern wiederum, hängen Kopfhörer mit welchen man den Geschichten der Porträtierten zuhören kann. Ihre Stimmen bestärken das Durchdringende ihrer Portraits während die aserbaidschanische Sprache Raum zum nachdenken lässt. Während der BakuReise wurden immer wieder Audiointerviews mit Betroffenen geführt. In einem weiteren Thema wird die Situation des Abrisses / Bauens thematisiert. Das zentrale Instrument dafür ist der offizielle Bericht des ”Institute for Peace and Democracy, Azerbaijan” und des “National Endowment for Democracy, USA” welcher aktuell beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte liegt. 6 |forced| Jedem offiziellen Abrissquartier wird eine Wolke gewidmet sein. Eine Wolke kann sich zusammensetzen aus drei bis fünf Bildern, Videodisplays und relevanten Zahlen. Die Videos beinhalten Aufnahmen von Abrissen in den einzelnen Quartieren oder Nov.13_A.Bucher offizielle Veranstaltungen. Die drei Komponenten ergänzen sich so, dass jeweils ein Ganzes entsteht. Weiter wird Raum gelassen für einzelne großformatige Bilder. Diese werden vom Boden bis an die Decke reichen. Da die Bilder alleine sprechen, wird es da keine Texte / Titel dazugeben. Mit Grau-, Anthrazit-, und Weisstönen wird ein sakraler, leerer Raum kreiert; Die Atmosphäre wirkt verloren und fast ein wenig leer. Trotzdem werden sich Gegenstände wie Teppiche, Stühle, Beton, Ziegelsteine, Bücher, Geschirr, Koffer, Taschen und andere Kleinrequisiten darin befinden. Sie sollen eine Spannung herstellen. Die Kollision zwischen verlassen und wohnen soll stark hervorgehoben werden. Sie geben dem Betrachter zusätzlich etwas Greifbares. Wir verzichten auf eine klassische Beleuchtung von Fotoausstellungen. Stattdessen werden die ausgesuchten Leuchtkörper direkt in die Installation integriert. Anna Bucher, September 2013 7 |forced| Skizze für den Kulturhof Schloss Köniz Die oben abgebildeten Arbeitsskizzen umreissen zwei der drei Ausstellungsräume. (Skizzen bei Anna Bucher) 8 |forced| Text Portrait Mutig sind sie, die Frauen und Männer in Aserbaidschan. Viele der besuchten Personen verbrachten bereits mehrere Jahre im Gefängnis oder erleben andere Repressionen. Sie setzten sich für ihre Rechte ein und äusserten sich kritisch der Regierung gegenüber. Trotzdem sprechen sie; Sie fürchten sich nicht und beziehen Position vor der Kamera. Ihre Geschichten sind unterschiedlich, haben jedoch einen gemeinsamen Berührungspunkt. Einige verloren ihr zu Hause, andere kämpfen noch dafür. Die Abläufe repetieren sich wieder und wieder. Den Betroffenen werden 1500 Manat Entschädigung pro m2 für ihr Grundstück angeboten, häufig ein Preis weit unter dem Marktwert. Nehmen sie das Angebot an, sehen sie sich gezwungen aus der Stadt zu ziehen um etwas zu finden was sie sich leisten können. Lehnen sie es ab, fahren trotzdem häufig die Bagger auf. Oft in der Nacht. Die Menschen erhalten einige Stunden um ihr Hab und Gut zusammen zutragen und ihr zu Hause zu verlassen. Wie würden Sie sich entscheiden? «Nehme ich das wenige Geld, so habe ich zumindest etwas, oder kämpfe ich für mein Recht…» Etliche von ihnen rangen sich durch sämtliche aserbaidschanische Gerichtsinstanzen und ihre Dossiers liegen heute beim europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Von diesem Entscheid erhoffen sie sich die Anerkennung ihres Missstandes, Beseitigung der Rechtswidrigkeit und die Begleichung der finanziellen Unrechtmässigkeiten. Auf die Frage, ob die Regierung einen solchen Entscheid entsprechend anerkennen und umsetzen wird, erhielt ich kein einziges «Ja.» Philipp Künzli, September 2013 9 |forced| 10 |forced| 11 |forced| 12 |forced| 13 |forced| Situation Aserbaidschan Das Politische System Aserbaidschans ist seit 1992 geprägt vom autoritären Führungsstil der aserbaidschanischen Präsidenten und wird unterwandert von Korruption. Das erdölund erdgasreiche Land ist seit dem 18. Oktober 1991 von der Sowjetunion unabhängig. Auf dem Demokratieindex 2008 (The Economist) steht Aserbaidschan auf Platz 135 von 167. Auf dem Index der Pressefreiheit 2012 (Reporter ohne Grenzen) liegt es auf 167 von 179 Ländern. Nachdem der Präsident 2009 die Verfassung änderte und die Beschränkung auf zwei Amtsperioden aufhob, stellt er sich diesen Oktober zum dritten mal der Wahl. Rund 90% der aserbaidschanischen Bevölkerung gehen dem islamischen Glauben nach. Eine gemässigte Art was die PRO Westliche Einstellung eines Grossteils der Bevölkerung erklärt. Vor allem die Regierung engagiert sich diesbezüglich stark, was sie gerne durch Grossanlässe unterstreichen lässt. So findet seit 2011 ein WTA Tennis Tournier in der Hauptstadt statt, 2012 der Euro Vision Songcontest und 2015 ist das Land Austragungsort der Europäischen Olympischen Spiele. Diese Projekte nutzt die Regierung um „die Veränderung dem Fortschritt willen“ zu rechtfertigen. In vielen Fällen kam es zu massivsten Zerstörungen von Wohnflächen, welche nur begrenzt entschädigt wurden. Obwohl diverse lokale Medien Beweise für die Beteiligung des Präsidenten an korrupten Geschäften darlegen, ist dieser nach wie vor an der Macht. Viele der aufgezeichneten Fälle handeln um die Vergabe von umfangreichen staatlichen Bauaufträgen, welche „innerfamiliär“ vergeben werden. So wurde 2011 mit dem 40 Mio. Bau des «National Flag Square», eine Baufirma aus der Familie des Präsidenten beauftragt. (Für den Bau wurden 213 Wohnungen illegal „um genutzt“. Bericht: Institute for Peace and Democracy, Azerbaijan) 14