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HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT Inhalt In eine Straße mit einigen kleinen Einfamilienhäusern fährt ein Kombi mit Berliner Kennzeichen. Der Tag ist grau. Vielleicht ist es die Morgendämmerung. Der kleine Lieferwagen fährt in eine Hofeinfahrt zwischen zwei Häusern und stoppt. Schnitt: Man hört einen Hahn krähen. Titel »Heimarbeit« ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Schnitt: Der Fahrer des Kombi steigt aus und öffnet die hintere Tür des Lieferwagens. Aus dem Haus kommen zwei Menschen, ein Mann und eine Frau. Man begrüßt sich. Der Mann und die Frau nehmen die Ware, die der Fahrer ihnen gibt, entgegen. Es ist eine kleine Containerkiste, die oben offen ist. Der Fahrer sagt: »Dasselbe wie immer.« Schnitt: Der Mann und die Frau, beide um die 50 Jahre alt, Brillenträger, sitzen an einem Tisch in der Stube des Einfamilienhauses und arbeiten. Auf dem Tisch liegen Teile eines nackten Huhns. Sie machen sich an dem Huhn zu schaffen. Innereien werden in das Huhn hineingestopft. Eine weißliche Brühe wird angerührt. Mit einem Tacker wird das Huhn zusammenmontiert. Mit einem Pinsel wird das Huhn mit der Brühe eingestrichen. Federn werden auf das Huhn gestreut. Der Mann sagt: »Ja, wir sind jetzt schon seit 27 Jahren in der Geflügelproduktion; und wie das nach der Wende mit den LPGs alles zusammengebrochen ist, da haben wir uns gedacht, wir haben selber einen Hof, also machen wir uns selbstständig. Und so kamen wir dann in Verhandlungen mit der Happy Huhn GmbH aus Westberlin und seitdem produzieren wir für die in Heimarbeit.Wir kriegen pro Stück für ein so zusammengebautes Vieh 2,87 Mark. Sie können sich ja vorstellen, dass da nicht viel übrig bleibt. Die Happy Huhn haben ja auch einige, die industriell hergestellt werden, aber die haben uns immer gelobt und gesagt, die, die in Heimarbeit hergestellt werden, machen einen ganz anderen Eindruck, die sind eben glücklicher. Maschinell ist das nicht so das Richtige. Heimarbeit bleibt Heimarbeit.« An der Wand des Zimmers hängt ein Schaubild von einem Huhn. Der Mann und die Frau © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen überprüfen, ob das von ihnen zusammenmontierte Huhn dem Schaubild entspricht. Der Mann stellt einen Schweißapparat an. Er führt die beiden Dioden an das Huhn auf dem Tisch. Es gibt eine Rauchwolke. Es wird dunkel. Schnitt: Auf einer Wiese stolziert ein prächtiges Huhn. Schnitt: Aus einer Eierschachtel, in der zwei Eier sind, wird eines herausgenommen und dem Huhn hinten hineingesteckt. Das Huhn gackert. Ende HEIMARBEIT Deutschland 2003, Fake-Doku 16 mm, 2 Minuten Buch / Regie: Fabian Möhrke Kamera: Oliver Buschner Schnitt: Szilvia Ruszev Ton: Ulli Scuda Produktion: Philipp Pratt Ein Film der HFF Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg »Konrad Wolf« Filmische Umsetzung Der Film ist nicht leicht zu verstehen. Man muss sich in die Zeit der »Wende« vor 20 Jahren zurückversetzen und sich die Verhältnisse in der damaligen DDR vergegenwärtigen. Die in LPGs, landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, zusammengeschlossenen landwirtschaftlichen Betriebe waren Kollektive, die zum Teil freiwillig, zum Teil durch politischen Druck seit 1952 gebildet wurden. Die Kollektivierung war 1960 abgeschlossen. Nach der deutschen Vereinigung wurden die LPGs als Betriebsform 1991 aufgelöst. Viele von ihnen werden heute als Genossenschaften oder Kapitalgesellschaften weitergeführt. In dem Film wird auf diesen Ost-West-Gegensatz angespielt. Unter miesen Bedingungen müssen die jetzt selbstständigen Bauern ihr Geld verdienen. Das Thema von »Heimarbeit« ist Landwirtschaft und Tierhaltung. Der Umgang mit der Schöpfung, tiergerechte, konventionelle Hühnerhaltung und industriell produzierte Hühner. Der Wahn des Menschen, alles, auch Lebewesen, produzieren zu können. Auch das Glück. 1 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT Dabei beten sie die blöden Sprüche einer sozialen Marktwirtschaft nach. »Heimarbeit bleibt Heimarbeit« steht im krassen Widerspruch zu den LPGs wie auch zu der jetzigen Arbeitsweise unter kapitalistischen Vorzeichen. Mit dem Schweißgerät wird der toten Materie Leben eingehaucht. Das ist grotesk. Die Methode des Films ist die Provokation: Das Gegenteilige wird gezeigt, um die Absurdität, glückliche Hühner in Heimarbeit produzieren zu können, herauszustellen. Dem Genre nach ist der Film eine Reportage, der Filmemacher bezeichnet ihn selbst als Fake-Doku, also als eine »gefälschte« Dokumentation. Sie bezieht sich also auf eine grotesk verfremdete Realität. Thema des Films und Hintergrundinformationen ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Das Thema von »Heimarbeit« ist – jenseits der deutsch-deutschen Veränderungen – Landwirtschaft und Tierhaltung, insbesondere Hühnerhaltung. Der Umgang mit der Schöpfung, tiergerechte, konventionelle Hühnerhaltung und industriell produzierte Hühner. Der Wahn des Menschen, alles, auch Lebewesen produzieren zu können. Auch das Glück. Kinderreim Mein Hinkelchen. Mein Hinkelchen, was machst in meinem Garten? Pflückst uns all die Blumen ab, machst es gar zu arg. Mutter wird dich jagen, Vater wird dich schlagen. Mein Hinkelchen, mein Hinkelchen, was machst in unserem Garten? (aus Allerleirauh, Viele schöne Kinderlieder, versammelt von Hans Magnus Enzensberger, Frankfurt, 1966) © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen Preise für ein Huhn 1kg freilaufendes französisches Huhn (red label) Euro 7.90 1kg Huhn aus der Bodenhaltung Euro 5.90 1kg Huhn aus der Lüneburger Heide freilaufend Euro 7.50 (Preise aus der Markthalle, Stuttgart im Juli 2009) 1kg Hähnchenschlegel Euro 4.49 1 kg Hühnerbrust Euro 9.49 (Preise beim Edeka in Stuttgart im Juli 2009) Das industrielle Produkt in der globalen Ökonomie Heinrich IV, König der Franzosen (1553– 1610), ist in die Geschichte eingegangen als der »gute König«, weil er wünschte, dass jeder seiner Untertanen am Sonntag ein Huhn im Topf haben sollte. Das Rezept für das Huhn im Topf à la Henri IV soll von ihm selbst stammen: »Man nehme ein fleischiges Huhn, säubre es und fülle es mit frischen Kräutern ... .» Dieses Huhn, das da sonntäglich auf den Tischen der Franzosen landete, wuchs wahrscheinlich mit anderen Hühnern und einem Hahn in einem kleinen Garten hinter den Wohnungen auf, scharrte sich als Allesfresser sein Futter selbst zusammen oder wurde von den Abfällen, die die Küche sonst abwarf, ernährt. So etwa stellen wir uns das Leben von »glücklichen« Hühnern vor. Wer heute aufmerksam durch einen Supermarkt geht, stellt schnell fest, dass es »ganze Hühner« gar nicht mehr gibt. In den Tiefkühltruhen liegen abgepackt Hühnerbrüste oder Hühnerschenkel von erstaunlicher Größe. Wer ein ganzes Huhn kaufen möchte, muss in eine Markthalle oder auf einen Bauernmarkt gehen. Dort sind die Preise erheblich teurer (siehe oben). Ein Huhn wird, schon bevor es in den Handel kommt, in seine Einzelteile zerlegt. Die anspruchsvollen Verbraucher in Europa und in den USA bevorzugen das weiße Fleisch der Brustfilets und Hühnerkeulen, die Japaner bevorzugen dunkles Hühnerfleisch, Chinesen Hühnerfüße. Innereien, Beine, Kopf, was immer noch vom Huhn übrig bleibt, das wird an die Armen in der Welt verkauft. Sie nehmen jedes Fleisch, wenn es nur billig ist. Wer heute aufmerksam durch einen Supermarkt geht, stellt schnell fest, dass es »ganze Hühner« gar nicht mehr gibt. Beine, Kopf, was immer noch vom Huhn übrig bleibt, das wird an die Armen in der Welt verkauft. Sie nehmen jedes Fleisch, wenn es nur billig ist. 2 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT Kamerun durch importierte gefrorene Hühnerteile verloren gegangen. Und damit verbunden ist ein millionenschwerer Steuerverlust. Dabei ist Kamerun gar nicht ausgerüstet für das tief gefrorene Hühnerfleisch. Es fehlen durchgehende Kühlketten, das Fleisch vergammelt im feuchtwarmen Klima – früher wurden deshalb nur lebende Hühner verkauft. Immer mehr Menschen erkranken, weil sie verdorbenes Fleisch verzehrten. In der Studie steht, dass ganze Hochzeitsgesellschaften wegen Salmonellenvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, weil sie diese »Hähnchen des Todes« verzehrten. ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Was sich erst einmal ganz harmlos anhört, ist genau besehen die Konsequenz einer globalen Lebensmittelwirtschaft. Ein Huhn ist heutzutage eher ein Industrieprodukt als ein Tier. Das ist die Aussage einer Recherche, die Francisco Mari und Rudolf Buntzel in ihrem Buch: »Das Globale Huhn Hühnerbrust und Chicken Wings – Wer isst den Rest?» (s. Literaturhinweise) zusammengetragen haben. Mari und Buntzel arbeiten für den Evangelischen Entwicklungsdienst – EED. Sie waren an Entwicklungsprojekten in Kamerun beteiligt und stellten erstaunt fest, wie der lokale Hühnermarkt in Kamerun innerhalb kurzer Zeit vollständig in sich zusammenbrach. Noch Mitte der neunziger Jahre versorgte sich Kamerun selbst mit Hühnerfleisch. Doch dann tauchten auf einmal auf dem Markt billige tiefgefrorene Hühnerteile auf. Die Importe nahmen ständig zu. Die einheimischen Züchter konnten nicht mehr mithalten. Ihre rund anderthalb Kilo schweren Hühner kosteten umgerechnet rund Euro 5,00. Gleich viel importiertes, tief gefrorenes Hühnerfleisch war jedoch schon für Euro 1,80 zu haben. 1994 betrug der Import von gefrorenem Hühnerfleisch nach Kamerun 6000 Tonnen. Zehn Jahre später waren es schon 24000 Tonnen. Kamerun wurde geradezu von gefrorenen Hühnerteilen überschwemmt. Anderen Staaten in Afrika ging es ähnlich: Im Senegal stieg der Import um das Elffache, in Ghana um das Achtfache. Vor vier Jahren gab der letzte lokale Hühnermäster Kameruns auf. Tausende von Arbeitsplätzen gingen verloren. Laut den Recherchen von Mari und Buntzel verschwanden mit jeder Tonne importiertem Hühnerfleisch fünf Arbeitsplätze in Afrika. 110000 Arbeitsplätze seien allein im Jahr 2003 in © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen Warum aber sind die gefrorenen Hähnchenteile – trotz der langen Transportwege – billiger als die einheimischen Hühner? Das Fleisch, das den lokalen Züchtern den Hals umdrehte, kommt meist aus Europa. Es ist nicht etwa subventioniert, sondern einfach billig, weil es hier keinen Marktwert mehr besitzt. Die Produzenten folgen der von der Marktwirtschaft vorgegebenen Logik. Die Konsumenten im Norden wollen vor allem die Hühnerbrüste – 40 Prozent eines Huhns gelten als Abfall. Die Entsorgung des Abfalls kostet im Norden Geld, dabei ist das, was wir als Abfall betrachten, immer noch verwertbares Hühnerfleisch. Mari und Buntzel bringen es auf den Punkt: »Die Produktionskosten wurden schon weitgehend von den guten Teilen, die für den europäischen Verbraucher vorgesehen sind, bezahlt. Je höher nun die Entsorgungskosten sind, desto niedriger können die Exportpreise sein.« Seit der Rinderwahnsinn die Ställe heimgesucht hat, ist es in der EU wie in der Schweiz verboten, aus Fleischabfällen Tiermehl herzustellen. Dieses Mehl wurde früher zur Fütterung von Schweinen und Hühnern und illegal auch von Rindern verwendet. Heute wird dieses Mehl verbrannt – und das kostet. Daher ist es billiger, die minderen Hühnerteile zu exportieren. Der Export nach Afrika ist aber nur ein Teilaspekt der globalen Hühnerökonomie. Das »globale Huhn« ist nur »denkbar und möglich, weil die Hühnerwirtschaft in einem Ausmaß wie kein anderes Agrarprodukt konzentriert, globalisiert und industrialisiert ist. Die Erzeugung von Hühnerfleisch wird von der Zucht der Küken bis zur Ladentheke von einigen wenigen Konzernen absolut kontrolliert.« Die Erzeugung von Hühnerfleisch wird von der Zucht der Küken bis zur Ladentheke von einigen wenigen Konzernen absolut kontrolliert. Diese Konzerne setzen ganz auf das von Designern »geschaffene« Tier. In unseren Kochtöpfen und Pfannen landen absolute Hochleistungstiere, die so schnell wachsen, dass sie am Ende oft nicht mehr laufen können. Ein Huhn ist heutzutage eher ein Industrieprodukt als ein Tier. Die Hühnerwirtschaft wird in einem Ausmaß wie kein anderes Agrarprodukt konzentriert, globalisiert und industrialisiert. 3 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT schende Erkenntnis: Es sind vor allem die alltäglichen Gewohnheiten, die den größten Teil der Umweltbelastungen ausmachen: Essen und Trinken, Wohnen und Infrastrukturen sowie Transport von Personen und Gütern. Bis zu drei viertel aller Umweltprobleme lassen sich auf diese drei Konsumbereiche zurückführen. Handlungsfelder ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Diese Konzerne setzen ganz auf das von Designern »geschaffene« Tier: Vor achtzig Jahren brauchte ein Masthähnchen fast vier Monate bis zur Schlachtreife und fraß in dieser Zeit 4,7 kg Getreide. Heute wird es nach nur einem Monat und 1,7 kg Getreideverzehr getötet. In unseren Kochtöpfen und Pfannen landen absolute Hochleistungstiere, die so schnell wachsen, dass sie am Ende oft nicht mehr laufen können. Sie sind allesamt Hybriden, die man nicht züchten kann, weil sie ihre Topeigenschaften nicht vererben. Durch die industrielle Produktion von Fleisch ist das Fleisch auch immer billiger geworden. Das führt zu höherem Fleischkonsum. Bei uns ist er viel zu hoch, gilt er doch als gesundheitsschädlich. Tierische Fette, Cholesterin und Kohlehydrate werden für viele Krankheiten verantwortlich gemacht. Im Jahr 1810 lag der Fleischkonsum in den meisten Regionen in Mitteleuropa unter 20 kg pro Kopf und Jahr. Im Jahr 2005 lag er bei 85 kg pro Kopf und Jahr. Dabei sind statistisch gesehen die kleinen Kinder und die Vegetarier mit eingeschlossen. Das heißt, ein Durchschnittsdeutscher, der Fleisch isst, bringt es gut und gern auf 120 kg Fleisch pro Jahr. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät, den Verbrauch von Fleisch und Wurstwaren auf 300 – 600g pro Woche zu reduzieren. Das heißt, dass wir allein aus gesundheitlichen Gründen, ganz abgesehen aus ökologischen Gründen, unseren Fleischkonsum drastisch reduzieren müssten. Ein weiterer Aspekt ist zu berücksichtigen. So wie wir heute leben, belasten wir unsere Umwelt enorm mit Treibhausgasen. Ein Durchschnittsdeutscher verursacht rund 11 Tonnen CO2 pro Kopf. Wenn man die Frage stellt, wo die wichtigsten Potenziale liegen, diese Menge von Treibhausgasen auf rund 2 Tonnen pro Kopf zu senken, dann heißt die überra© EZEF / BAOBAB – Globales Lernen Das spezielle Thema des Films »Heimarbeit« ist das Huhn, wie es »produziert« wird, gehalten und vermarktet. Es wächst nicht mehr heran auf einem Hinterhof, wo es sich seine Nahrung zusammenscharrt, es ist ein industrielles Produkt geworden, ein »Geschöpf« der Globalisierung. Die ganze Welt isst Huhn und wenige Konzerne beherrschen den Markt. Das Thema »Essen« ist Teil einer globalen Umweltpolitik geworden. Gibt es in diesem globalen Zusammenhang überhaupt Handlungsfelder, in denen individuell agiert werden kann? Es gibt keine einfachen Lösungen und Rezepte für globale Probleme. Es ist aber auch nicht so, dass wir nur tatenlos auf das Geschehen blicken, die Phänomene beschreiben und die Dinge ihrem Lauf überlassen müssen. Wenn wir verstehen, dass die Produktion von Hühnern in einem Globalisierungszusammenhang steht, dann verstehen wir auch, dass es keine Zweiteilung der Welt mehr gibt. Kamerun z.B. ist uns näher, als wir denken, Salmonellenkrankheiten in Afrika haben etwas zu tun mit unseren Essgewohnheiten, Krankheiten des Federviehs, wie z.B. die Vogelgrippe lassen Laut Recherchen verschwinden mit jeder Tonne importiertem Hühnerfleisch fünf Arbeitsplätze in Afrika. 4 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT sich nicht mehr lokal eingrenzen. Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen wie z.B. CO2 hängt mit unserem Essen zusammen. Wenn wir z.B. weniger Fleisch essen würden und dafür mehr Gemüse, so wäre das nicht nur gesünder, sondern es würde auch die Treibhausgasemissionen reduzieren. dazu: Tabelle Lebenszyklusweite Treibhausgasemissionen für Lebensmittel, in »Zukunftsfähiges Deutschland...« (S. 147) Wenn wir mehr Geld ausgeben würden für »unser täglich Brot«, weil wir biologisch angebaute Lebensmittel kaufen, die etwas teurer sind als Lebensmittel, die konventionell erwirtschaftet wurden, würden wir Treibhausgasemissionen reduzieren. Anteil der Ausgaben für Lebensmittel an den gesamten Lebenshaltungskosten ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Großbritannien Frankreich Deutschland USA China Indien Bangladesch Kenia 12% 16% 10% 10% 28% 33% 65% 51% »Alles wird teurer«, stöhnen wir oft in den Industrieländern und sehen unsere Lebensqualität bedroht. 10 % – 20% wenden wir für Lebensmittel auf. Die Bewohner der Entwicklungsländer wesentlich mehr bei sehr viel geringerem Pro-Kopf-Einkommen. Noch einmal: Bis zu drei Viertel aller Umweltprobleme lassen sich auf unsere alltäglichen Gewohnheiten, wie Essen und Trinken, Wohnen und Transport zurückführen. Und darauf können wir Einfluss nehmen. Vorschläge zum Einsatz Zielgruppen und Alterseignung Der Film ist geeignet für die Erwachsenenbildung und für den Schulunterricht in verschiedenen Klassenstufen, auch fächerübergreifend (Politik/Gemeinschaftskunde, Ethik, Religion, Biologie). Fragen zum Film Der Film, gerade mal 2 Minuten lang, bedarf einer Einführung. Er ist nicht leicht zu verstehen. Er bewirkt zunächst Befremden. Darum müssen die Produktionsbedingungen der Bauern in der ehemaligen DDR vor und nach der Wende erläutert werden. Autor: Georg Friedrich Pfäfflin Lebenszyklusweite Treibhausgasemissionen für Lebensmittel (Auswahl) In g CO2-Äquivalent/kg Produkt Nahrungsmittel Geflügel Geflügel, tiefgekühlt Rindfleisch Rindfleisch, tiefgekühlt Gemüse, frisch Kartoffeln, frisch Pommes frites, tiefgekühlt Butter Milch konventioneller Anbau 3508 4538 13311 14341 153 199 5728 23794 940 © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen ökologischer Anbau 3039 4069 11374 12402 130 138 5568 22089 883 10 % – 20% wenden wir für Lebensmittel auf. Die Bewohner der Entwicklungsländer wesentlich mehr bei einem sehr viel geringerem Pro-Kopf- Einkommen (Beispiel Bangladesh: 65 %). 5 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT Bausteine für eine Beschäftigung mit dem Film in der Bildungsarbeit Baustein 1: HUHN IN HEIMARBEIT Ziel: Die TN (TN steht für Teilnehmende, das können SchülerInnen, Jugendliche, Erwachsene sein) setzen sich mit dem Stilmittel der Groteske im Film auseinander und arbeiten die unterschiedlichen The-menbereiche des Films heraus. Zielgruppe: Jugendliche ab 16 J. und Erwachsene Dauer: ca. 40 Min. Material: Papier, (Bunt)Stifte , Was macht Tiere glücklich oder unglücklich? , Wie werden Tiere als Nahrungsmittel bei uns heute produziert? , Was könnte in diesem Film »Heimarbeit« bedeuten oder wofür könnte der Begriff bzgl. heutiger Tierhaltung oder Nahrungsmittelproduktion stehen? 1. Assoziationen zum Filmtitel: Gemeinsam werden auf Flipchart oder Tafel die Assoziationen der TN zum Filmtitel »Heimarbeit« im Zusammenhang mit Ernährung gesammelt. 2. Einzelarbeit: Jede/r TN bekommt ein Blatt Papier und zeichnet in einer Art Comicstrip oder Bildgeschichte für sich auf, was ihrer/seiner Meinung nach ein glückliches Tier ist, Texte können die Bilder unterstützend ergänzen: 2. Der Film wird angeschaut. Im Anschluss wird der Inhalt des Films kurz reflektiert und überprüft, inwiefern die Assoziationen vor der Sichtung mit dem Inhalt des Films übereinstimmen. , , , , 3. Filmanalyse: Im Folgenden werden folgende Fragen in Gruppenarbeit bearbeitet. ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« für die in Heimarbeit. … Die Happy Huhn haben ja auch einige, die industriell hergestellt werden, aber die haben uns immer gelobt und gesagt, die, die in Heimarbeit hergestellt werden, machen einen ganz anderen Eindruck, die sind eben glücklicher. Maschinell ist das nicht so das Richtige. Heimarbeit bleibt Heimarbeit.« Wie lebt es? Wie wird es gefüttert? Wie wird es gehalten? Wie würde ich als LandwirtIn mit den Tieren umgehen und warum? , Wenn es für unsere Lebensmittelproduktion verwendet wird, wie soll es geschlachtet werden? , Warum heißt der Film »Heimarbeit«? , Welche Themen behandelt der Film? , Wann und wie merken die Zusehenden, dass der Film eine Groteske, eine verfremdete Wirklichkeit zeigt? , Welche weiteren grotesken Motive weist der Film auf? , Welche Themenbereiche werden angesprochen? 3. Präsentation der Ergebnisse: Alle können ihr Bild präsentieren und erklären. 4. Die unterschiedlichen Ergebnisse werden im Plenum vorgestellt. Ziel: Die TN setzen sich durch Erkundungen in Geschäften und Gaststätten mit einem der beliebsten Fleischprodukte in Europa, dem Huhn, und dessen Produktionskette auseinander. Zielgruppe: Jugendliche ab 14 J. und Erwachsene Dauer: ca. 50 Min. Material: Fragen für die Erkundungen, Flipchart Baustein 2: … DAS GLÜCK UNSERER TIERE Baustein 3: UNSERE HÜHNER IM VERGLEICH Ziel: Die TN setzen sich mit ihrem eigenen Verhalten Tieren gegenüber auseinander. Zielgruppe: Jugendliche ab 16 J. und Erwachsene Dauer: ca. 30 Min. Material: Papier, (Bunt)Stifte Vorarbeit: Die TN teilen sich in Kleingruppen zu je 2–4 Personen auf und erkunden als Vorbereitung für den Film den Hühnerbestand in lokalen Geschäften und Supermärkten. Mögliche Fragen dazu: 1. Der Film wird gemeinsam angesehen und die Aussagen vom »Glücklichen Huhn« analysiert: Der Mann sagt: »Ja, wir sind jetzt schon seit 27 Jahren in der Geflügelproduktion; und wie das nach der Wende … alles zusammengebrochen ist, da haben wir uns gedacht, wir haben selber einen Hof, also machen wir uns selbstständig. Und so kamen wir dann in Verhandlungen mit der Happy Huhn GmbH aus Westberlin und seitdem produzieren wir , Welche Hühner bzw. Hühnerteile werden wo und in welcher Weise angeboten (z.B. ganze Hühner, Teile von Hühnern, gefrorene Hühner, etc.)? , Gibt es Hühnerteile, die im Handel nicht vorhanden sind (z.B. Hühnerrücken, Hals, Kopf, etc.)? , Welche Produktionsunterschiede gibt es? (z.B. organischbiologisch, Bauernhofgarantie, etc.) Was bedeuten diese genau? Was steht dazu auf den Verpackungen? © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen 6 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT , Welche Hühnerteile werden am liebsten gekauft? Eventuell können die TN KundInnen oder die eigenen Eltern befragen, welche Teile sie am liebsten kaufen/ kochen/essen. , Welche Preisunterschiede gibt es? , Was kostet ein herkömmliches Huhn, was kostet ein Biohuhn? , Welche Teile werden teuer, welche billig verkauft? , Gibt es das Huhn als industriell hergestelltes Nahrungsmittel (z.B. gepresstes Hühnerfleisch, künstlich hergestelltes Hühnerfleisch, etc.)? , Kann ich durch meine Ernährungsgewohnheiten Einfluss auf die Umwelt nehmen bzw. umweltschonend handeln? Die Ergebnisse der Erkundungen werden auf ein Flipchart geschrieben oder als Powerpointpräsentation vorbereitet. ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« 1. Präsentation der Erkundungen und Dis-kussion: Die Ergebnisse und Erkenntnisse der Erkundungen, die die TN gemacht haben, werden präsentiert. Anschließend werden folgende Fragen miteinander diskutiert: , Wie leben Hühner oder Tiere auf Bauernhöfen heute? , Wie leben die Bauern und Bäuerinnen, die Tiere halten? , In welchem Zusammenhang kennen wir die Ausdrücke »glückliche Hühner« oder Eier von »glücklichen Hühnern« und warum und von wem werden diese Ausdrücke gebraucht? Was will damit vermittelt werden? , Wie wird Glück bei Tieren definiert? , Was heißt »Bio« ( = griechisch und heißt Leben) in Zusammenhang mit Glück? , Wie wird Fleisch bei uns produziert? , Welche unterschiedlichen Produktionsweisen und Alternativen gibt es? , Was führt dazu, dass Lebensmittel heute so produziert werden, wie sie produziert werden? , Was können wir heute bereits synthetisch/ künstlich herstellen? Dazu wird folgender Artikel aus »der Standard« gelesen (siehe Kopiervorlage 1) und diskutiert: Hendl 2.0 13. Juni 2010, 19:20 Der Universität Missouri ist es gelungen, ein Produkt zu generieren, das von echtem Hendlfilet kaum unterscheidbar ist Die Universität Missouri vermeldet einen Durchbruch in der Herstellung von künstlichem Hühnerfleisch. Erstmals, so das Time Magazine, sei es gelungen, ein Produkt zu generieren, das in Geschmack, Anmutung und mouth feeling © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen (sic!) von echtem Hendlfilet kaum noch zu unterscheiden sei. Voraussetzung ist freilich, dass die kunstreiche Mischung aus Sojabohnen, Weizengluten, Wasser, Öl und, natürlich, einer deftigen Portion Aromastoffe, in entsprechende Form gepresst würde: Was aussieht wie Hendl, wird im Test auch als solches akzeptiert. Nun mag man einwenden, dass sich der gustatorische und sensorische Effekt, den ein Hendl aus industrialisierter Massentierhaltung am Gaumen hinterlässt, noch einfacher herstellen lassen müsste. Ein bissl Pappmaché und Gummi, entsprechend aromatisiert und koloriert, würde es doch auch tun. Aber das Thema ist zu ernst für billige Scherze. Die Bedingungen, unter denen zig Milliarden Hühner zur Schlachtreife geführt werden, spotten jeder Menschlichkeit. Vom Eisprung bis zur Schlachtung als Grillhuhn vergehen gerade 32 Tage – wobei der Terminus angesichts der Haltebedingungen in ausschließlich künstlichem Licht gewagt erscheint. Insofern ist durchaus zu hoffen, dass wir unseren Fleischhunger schon bald mit Kunsthendln stillen. Und die echten Viecher, die artgerecht in der Wiese scharren durften, für die Festtage aufsparen – wie früher. (corti/DER STANDARD, Printausgabe, 14. Juli 2010) Aus: http://derstandard.at/1276412963946/Einserkastl-CORTI-Hendl-20 , Wollen wir künstliche Lebens- und Nahrungsmittel? Warum oder warum nicht? , In welchem Zusammenhang steht dazu unser Konsumverhalten? Was hat unser Konsumverhalten damit zu tun? 2. Der Film wird angesehen und die wichtigsten Themenbereiche des Films werden kurz andiskutiert. 3. Meine eigenen Fleisch-Essgewohnheiten bzw. mein eigener Hühnerkonsum: Abschließend werden mit folgenden Fragen nochmals die eigenen Essgewohnheiten – insbesondere was den Konsum von Hühnerfleisch betriff – analysiert: , Welches Fleisch oder welche Teile des Huhnes esse ich am liebsten und warum? , Wo und wann konsumiere ich diese häufig? , Wie mag ich Fleisch oder Huhn am liebsten zubereitet? , In welcher Weise kann ich meinen eigenen Fleisch- oder Hühnerkonsum verändern, damit die Produktion artgerecht und gesund für uns Menschen wird? Würde das auch das Glück der Hühner/Tiere beeinflussen? Würde ich für ein artgerecht produziertes Fleisch mehr bezahlen? Autorin Birgit Henökl-Mbwisi 7 HEIMARBEIT UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT Kopiervorlage 1 Hendl 2.0 13. Juni 2010, 19:20 ARBEITSHILFE ZUR DVD »UNTERWEGS IN DIE ZUKUNFT« Der Universität Missouri ist es gelungen, ein Produkt zu generieren, das von echtem Hendlfilet kaum unterscheidbar ist Die Universität Missouri vermeldet einen Durchbruch in der Herstellung von künstlichem Hühnerfleisch. Erstmals, so das Time Magazine, sei es gelungen, ein Produkt zu generieren, das in Geschmack, Anmutung und mouth feeling (sic!) von echtem Hendlfilet kaum noch zu unterscheiden sei. Voraussetzung ist freilich, dass die kunstreiche Mischung aus Sojabohnen, Weizengluten, Wasser, Öl und, natürlich, einer deftigen Portion Aromastoffe, in entsprechende Form gepresst würde: Was aussieht wie Hendl, wird im Test auch als solches akzeptiert. Nun mag man einwenden, dass sich der gustatorische und sensorische Effekt, den ein Hendl aus industrialisierter Massentierhaltung am Gaumen hinterlässt, noch einfacher herstellen lassen müsste. Ein bissl Pappmaché und Gummi, entsprechend aromatisiert und koloriert, würde es doch auch tun. Aber das Thema ist zu ernst für billige Scherze. Die Bedingungen, unter denen zig Milliarden Hühner zur Schlachtreife geführt werden, spotten jeder Menschlichkeit. Vom Eisprung bis zur Schlachtung als Grillhuhn vergehen gerade 32 Tage – wobei der Terminus angesichts der Haltebedingungen in ausschließlich künstlichem Licht gewagt erscheint. Insofern ist durchaus zu hoffen, dass wir unseren Fleischhunger schon bald mit Kunsthendln stillen. Und die echten Viecher, die artgerecht in der Wiese scharren durften, für die Festtage aufsparen – wie früher. (corti/DER STANDARD, Printausgabe, 14. Juli 2010) Aus: http://derstandard.at/1276412963946/Einserkastl-CORTI-Hendl-20 © EZEF / BAOBAB – Globales Lernen 8