SVP kategorisiert die Schwulen

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SVP kategorisiert die Schwulen
Kanton Luzern
Dienstag, 22. März 2011 / Nr. 68 Neue Luzerner Zeitung Neue Urner Zeitung Neue Schwyzer Zeitung Neue Obwaldner Zeitung Neue Nidwaldner Zeitung Neue Zuger Zeitung
NACHRICHTEN
Kiter gründen
Interessengruppe
SEMPACHERSEE rb. Die Kitesurfer
wollen das Kiteverbot auf dem Sempachersee nicht einfach hinnehmen:
Sie haben eine Interessengruppe gegründet, wie es in einer Mitteilung
heisst. Diese will klären, wie es zum
Kiteverbot auf dem Sempachersee
gekommen ist. Dazu führen sie Gespräche mit betroffenen Organisationen und Gemeinden sowie mit den
am Entscheid beteiligten Dienststellen des Kantons Luzern. Die IG stellt
sich auf den Standpunkt, dass bezüglich des Kitens auf dem Sempachersee eine «gute und für alle verträgliche Lösung» möglich ist.
Meldepflicht bei
höheren Kosten
LUZERN red. Kommt es bei laufen-
den Bauprojekten zu Kostenüberschreitungen, soll die kantonsrätliche Kommission Verkehr und Bau
darüber schriftlich orientiert werden.
Das, sofern die Mehrkosten über
10 Prozent betragen. Dies verlangt
SVP-Kantonsrat Erwin Dahinden
(Schüpfheim) in einer Motion. Er
bezieht sich dabei auf die Mehrkosten für den Rontalzubringer, von
welchen die Kommission aus der
Presse erfahren habe.
Museen sollen
kooperieren
LUZERN red. Das Natur-Museum
und das Historische Museum Luzern
unter einer gemeinsamen administrativen Leitung – diese Idee möchte
Kantonsrat Adrian Schmassmann
(CVP, Eich) von der Regierung prüfen
lassen. Durch den Rücktritt des bisherigen Leiters des Natur-Museums
auf Ende 2011 sei der richtige Zeitpunkt gekommen, die Führungsstrukturen der beiden Museen zu
überprüfen, schreibt Schmassmann.
Weniger Schafe
auf den Alpen
LANDWIRTSCHAFT
lm. Die Anzahl der Schafe im Kanton Luzern
hat in den letzten Jahren erneut
zugenommen. Bereits von 1999 bis
2009 stieg die Anzahl Schafe von
rund 19 000 auf 21 000. Auch von
2009 bis 2010, als der Wolf im Kanton
Luzern auftauchte, gab es eine leichte Zunahme um rund 100 Schafe.
In den letzten beiden Jahren haben
allerdings immer weniger Schafe auf
den Alpen gesömmert. 2009 waren es
2429 Tiere, 2010 nur noch 1995. Dies
schreibt der Regierungsrat in einer
Antwort auf eine Anfrage von Bruno
Schmid (CVP, Flühli). Die Gründe
konnten nicht abschliessend ermittelt werden, schreibt die Regierung:
Mit eine Rolle spielten wohl arbeitswirtschaftliche Überlegungen. In
Einzelfällen hätten Schafhalter auch
mündlich angekündigt, wegen der
Präsenz des Wolfes auf die Schafhaltung zu verzichten.
Zwölf Herdenschutzhunde
Im Alpsommer 2009, also im ersten
Jahr der Wolfspräsenz im Kanton
Luzern, waren drei Herdenschutzhunde im Einsatz; im Alpsommer
2010 schon deren zwölf. Die Schafhalter zeigten eine hohe Kooperationsbereitschaft und grosses Interesse an Herdenschutzmassnahmen, heisst es weiter. Der Kanton
finanziert derzeit den Herdenschutzbeauftragten mit 10 000 Franken. Für die Konsolidierung des
Herdenschutzes stellte der Kanton
Luzern in diesem Jahr zudem einmalig einen Betrag von 5000 Franken zur Verfügung.
Die Regierung ist wie der Bundesrat der Meinung, dass der Wolfsbestand in der Schweiz reguliert werden darf. Der Kanton Luzern wird in
der Vernehmlassung zur entsprechenden Änderung der eidgenössischen Jagdverordnung angehört. Die
Verordnung und auch das angepasste kantonale Jagdgesetz sollen am
1. Januar 2012 in Kraft treten.
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SVP kategorisiert die Schwulen
PARTEIBLATT Der SVPPräsident Luzern-Land teilt
Schwule unter anderem in
die Kategorien «männliche
Huren» und «Bubenschänder»
ein. Das sorgt für Zündstoff.
de Weise sowohl inhaltlich wie auch
sprachlich faschistischer und rechtsnationaler Rhetorik.» Grabherr unterstelle
schwulen und bisexuellen Männern, pädosexuell zu sein. Die Juso fordert die
SVP Luzern und Grabherr dazu auf, sich
für den Artikel zu entschuldigen.
Schwule kritisieren SVP-Präsident
Stefan Gassmann, Vorstandsmitglied der
Homosexuellen Arbeitsgruppen Luzern
SIMONE HINNEN UND DANIEL SCHRIBER
[email protected]
Ein Artikel im jüngsten Luzerner
SVP-Parteiblatt «Kurier» sorgt für rote
Köpfe. Im «Kurier», der an alle SVP-Mitglieder geht, hinterfragt Emil Grabherr
(63), Präsident des SVP-Wahlkreises Luzern-Land, den Sexualunterricht im
Kindergarten. Primär kann er nicht
verstehen, «dass sich bereits die ganz
Kleinen mit Schwulen und Lesben auseinandersetzen müssen». Grabherr
schreibt zwar: «Wir haben nichts gegen
Schwule und Lesben, solange sie in
einer Beziehung leben und den Rest der
Welt nicht mit ihrer sexuellen Ausrichtung belästigen.» Aber dann fügt er
hinzu: «Bei der Gruppe der Schwulen
gibt es drei verschiedene Arten. Dazu
gehören nebst den in ordentlicher Partnerschaft lebenden auch die männlichen Huren und die unter keinem Titel
akzeptierbaren Bubenschänder.»
Juso verlangt Entschuldigung
Diese Aussage verärgert die Jungsozialisten (Juso) des Kantons Luzern. In einer
Medienmitteilung schreiben sie: «Diese
Argumentation ähnelt auf schockieren-
lichen Äusserungen in einem Parteiorgan abgedruckt werden».
Der Berner SVP-Nationalrat Thomas
Fuchs, selbst bekennender Homosexueller, bezeichnet Grabherrs Artikel als
«Eigengoal». Fuchs ist zwar für freie
Meinungsäusserung, und auch er hätte
diesen Artikel abdrucken lassen, aber
gleichzeitig betont er: «Man hätte klarer
deklarieren sollen, dass es sich um die
ausdrückliche Meinung des Autors
handelt. Denn offensichtlich besteht
beim Verfasser des Textes Nachholbedarf im Bereich der Sexualerziehung.»
Grabherr verteidigt sich
«Es kann doch nicht
sein, dass Kindergärtler lernen
müssen, dass es
Homosexuelle gibt.»
EMIL GRABHERR, PRÄSIDENT
S V P - WA H L K R E I S L U Z E R N - L A N D
(Halu) und Leiter der Fachgruppe für
Homosexuelle der CVP Schweiz, fordert
im Namen aller Schwulen- und Lesbenorganisationen eine Entschuldigung
Grabherrs. Gassmann, der für die CVP
für den Luzerner Kantonsrat kandidiert,
bezeichnet es als «Katastrophe, dass
diese undifferenzierten und despektier-
Grabherr, Berufsschullehrer und Vater
zweier erwachsener Töchter, rechtfertigt
sich: «Es kann doch nicht sein, dass
Kindergärtler lernen müssen, dass es
Schwule und Lesben gibt. Schon gar
nicht, wenn die negativen Auswüchse
dieser sexuellen Orientierung nicht auf
kindgerechte Art thematisiert werden.»
Generell habe er zwar durchaus Verständnis für andere sexuelle Orientierungen, was ihn aber störe, seien Personen,
die solche sexuellen Praktiken beispielsweise auf Raststätten betrieben. Und
genauso Mühe habe er mit Homosexuellen, die ihre Sexualität nicht im Griff
hätten und sich an Kindern vergriffen.
Kunz verteidigt Grabherr
Unterstützung erhält Grabherr vom Luzerner SVP-Parteipräsidenten Josef
Kunz. Dieser kann mit Grabherrs Ausführungen «durchaus leben». Und was
die Kategorisierung von Schwulen anbelange, so gebe es ja tatsächlich solche,
die man als Kinderschänder bezeichnen
Keine Chance
vor Gericht
ca. Sind die Äusserungen von Emil
Grabherr, Präsident der SVP Luzern- Land, auch juristisch heikel?
Christian Leupi, Partner von Grossenbacher Rechtsanwälte in Luzern, beurteilt den Fall wie folgt:
«Pauschale Verunglimpfungen von
Homosexuellen dürften nur sehr
schwer strafrechtlich zu ahnden
sein, insbesondere, da sich die
Antirassismusnorm nicht auf die
sexuelle Orientierung bezieht und
sich Ehrverletzungsdelikte nur gegen Individuen oder kleinere, genau bestimmbare Gruppen richten
können. Für eine Zivilklage wegen
Persönlichkeitsverletzung
wäre
ebenfalls eine Individualisierung
notwendig, weshalb gegen einen
pauschalen Angriff dieser Form
auch zivilrechtlich kaum erfolgreich vorgegangen werden kann.»
müsse. Auch Anian Liebrand, Redaktionsleiter des «Kuriers» und Präsident
der JSVP des Kantons Luzern, verteidigt
den Artikel. «Ich denke nicht im Traum
daran, mich dafür zu entschuldigen.»
Der «Kurier» sei eine Plattform für Mitglieder, die ihre Meinung kundtun wollten, erklärt der Redaktionsleiter. «Solange der allgemeine Anstand beachtet
wird, nehme ich keine Zensur vor.»
Leuthard macht Luzern neue Hoffnung
TIEFBAHNHOF Doris Leuthard will Bahnprojekte mit
Kostenbeteiligung der Kantone
allenfalls rascher realisieren. Das
sagte sie gestern in Emmen.
Angesichts der klammen Mittel in der
Bundeskasse für neue Bahnprojekte
deutet sich auf eidgenössischer Ebene
ein Kurswechsel ab. Bundesrätin Doris
Leuthard sagte gestern während ihres
Besuchs in Emmen mit Blick auf die
Vielzahl sich konkurrenzierender Bahnprojekte: «Man kann die Realisierung
von einzelnen Bahnprojekten beschleunigen, wenn sie von Kantonen
vorfinanziert werden.» Die Aussage ist
Wasser auf die Mühlen der Promotoren
eines neuen Bahnhofs unter dem heutigen Hauptbahnhof in Luzern. Die Aussage der Vorsteherin des Departements
für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) ist neu. Bislang
haben der Bund und der frühere UvekVorsteher Moritz Leuenberger nicht explizit Stellung bezogen zur kantonalen
Vorfinanzierung von Bundesprojekten.
Im Kampf um die Bundesmittel hätte
damit der Tiefbahnhof einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Projekten. Denn zum Luzerner Projekt gab
es im Rahmen des 20-Millionen-Vorprojekts bereits ein deutliches Volks-Ja.
Zudem sind Luzern, Ob- und Nidwalden bereit, den Tiefbahnhof aus eigenen Mitteln mitzufinanzieren.
Sie kennt das Projekt genau
Verbindlichere Aussagen zum Luzerner
Projekt machte Leuthard an der CVPWahlveranstaltung im Emmer Zentrum
Gersag nicht. Sie habe aber schon
mehrmals Lobbybesuch für das geschätzte 1,7-Milliarden-Bahnprojekt erhalten und kenne die Pläne, die zeigen
würden, wo welche Linie genau durchgehe.
«Wir werden gesamtschweizerisch eine Auslegeordnung mit allen Projekten
machen. Das Parlament entscheidet,
welche Projekte wann realisiert werden.» Leuthard machte klar: «Ich erwarte, dass Luzern zur Finanzierung künftiger Bahnprojekte klar Ja sagt.» Bei der
Finanzierungsvorlage (siehe Kasten),
die in den nächsten Wochen in die
Vernehmlassung geht, ist unter anderem vorgesehen, Bahnbenützer stärker
zur Kasse zu bitten.
Bundesrätin Doris Leuthard bei ihrer Rede im Gersag in
Emmenbrücke.
Bild Manuela Jans
Am gestrigen Publikumsanlass war
Leuthard gezwungen, auch zur atomaren Katastrophe in Japan und zur
Schweizer Energiepolitik zu sprechen.
Sie sagte, die Ereignisse würden unweigerlich auf die Schweiz Auswirkungen haben. Sie bezog allerdings keine
«Ich erwarte, dass
Luzern zur
Finanzierung
künftiger
Bahnprojekte klar Ja
sagt.»
DORIS LEUTHARD
Stellung für oder gegen die Kernenergie. Man solle keine vorschnellen
Schlüsse ziehen, sagte die CVP-Bundesrätin. «Erst müssen wir punkto
Sicherheit die Fakten – auch zu unseren fünf Anlagen – kennen.»
Strompreiserhöhung diskutieren
Leuthard räumte ein, die Angst vor der
Kernenergie sei real. Man müsse aber
bei einem Ausstieg aufzeigen, wie man
die Stromversorgung sicherstellen will.
Mit Blick auf den steigenden Energieverbrauch sprach Leuthard auch von
einer Strompreiserhöhung: «Ich bin
bereit dazu. Ich stelle mich der Diskussion.» Aber eine Erhöhung könnten
nicht alle Industriebetriebe mittragen.
Um diese Diskussion seriös zu führen,
brauche es Fakten. Diese sollen bis im
Sommer vorliegen.
Zum Plädoyer von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf in der Sonntagspresse für einen Ausstieg aus der Kernenergie sagte Kollegin Leuthard: «Das
muss sie selber wissen. Der Bundesrat
hat dazu keinen Beschluss gefasst.»
THOMAS OSWALD
[email protected]
Halbstundentakt
Luzern–Bern
tos. Das Bundesamt für Verkehr
schlug im Januar vor, in einem
nächsten Schritt bis 2025 die
Schweizer Bahninfrastruktur für
3,5 Milliarden Franken auszubauen. Damit soll für die Region
Luzern der Halbstundentakt zwischen Luzern und Bern möglich
werden (heute Stundentakt). Die
Realisierung des Tiefbahnhofs ist
nicht vorgesehen. In den nächsten
Wochen beginnt die Vernehmlassung zum Ausbaupaket. Gemäss
Bundesamt wäre allenfalls bis
2030 ein weiterer Ausbau für
5 Milliarden möglich. Ob der Tiefbahnhof dann zum Zug kommt, ist
gemäss Angaben des Bundesamts
für Verkehr offen.