Der Brief im Original
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Der Brief im Original
Herrn Helmut Friessenbichler [email protected] MA 49 – 1689167/2014/2 Magistrat der Stadt Wien Magistratsabteilung 49 – Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb Triester Straße 114 A-1100 Wien Tel.: (+43 1) 4000 - 49000 Fax: (+43 1) 4000 - 99 - 49099 E-Mail: [email protected] www.wald.wien.at Wien, 19.12.2014 Mountainbiken auf Forststraßen; Sehr geehrter Herr Friessenbichler! Ihr Schreiben an Herrn Bürgermeister Dr. Michael Häupl wurde an mich zur Beantwortung weitergeleitet. - Zu Ihrer Forderung nach Öffnung der Quellenschutzwälder für das Mountainbiking hält die Stadt Wien folgendes fest: Das Forstgesetz besagt, dass jedermann Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten darf. Eine über diese Nutzung hinausgehende Benützung, wie Zelten, Befahren (auch mit dem Fahrrad) oder Reiten ist nur mit der Zustimmung des Waldeigentümers bzw. der Waldeigentümerin (bei Forststraßen jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt) zulässig. Forststraßen sind unentbehrliche Einrichtungen für die Bewirtschaftung der Wälder. Sie sind Arbeitsplatz und vergleichbar mit einem Betriebsgelände für Holztransport und Holzlager. Auch das Befahren von landwirtschaftlich genutzten Flächen (Almen und Wiesen) ist zustimmungspflichtig und wird in den Feldschutzgesetzen geregelt. Die Waldeigentümer bzw. Wegerhalter sind aufgrund der Verkehrssicherungspflichten für den ordnungsgemäßen Zustand von Wegen, soweit deren Herstellung bzw. Instandhaltung nach Art der Wege angemessen und zumutbar ist, verantwortlich. Sie können für alle Schäden haftbar gemacht werden, die aus einem vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachten, mangelhaften Zustand der Straße oder des danebenliegenden Waldes resultieren. Keine Haftung des Waldeigentümers besteht grundsätzlich dann, wenn die Benützung eines Weges unerlaubt erfolgt. Unerlaubtes Befahren von Forststraßen oder sonstigen Waldflächen bedeutet daher Selbstgefährdung und birgt Haftungsrisiken, dies etwa bei Unfällen mit Waldbewirtschaftern, Holztransporten oder Fußgängern. Zur Gewährung der Sicherheit und aus Haftungsgründen ist daher seitens der Stadt Wien die generelle Freigabe für Radfahrer nicht möglich. Um dennoch Erholungssuchenden und Sportambitionierten die Möglichkeit zum Radfahren zu geben, wurde mit Unterstützung der Stadt Wien ein weitläufiges Netz an Mountainbike-Strecken mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und Längen in und um Wien geschaffen. Dieses Angebot wird sehr gerne angenommen, Fair-Play gilt grundsätzlich auf allen Routen. Auch außerhalb der Stadt Wien im Bereich der "Wiener Alpen" besteht ein umfassendes Angebot an unterschiedlichsten Mountainbike-Strecken, bis hin zu Möglichkeiten für Downhill-Ambitionierte. Dabei führen die Routen auch über Stadt- Wien-Grundstücke, sofern sie nicht Quellenschongebiet sind. In den sensiblen Quellenschongebieten gelten besondere Regelungen: Das Forstamt der Stadt Wien hat den Auftrag, im Sinne des Bundesgesetzblattes BGBl. Nr. 353/1965 zum Schutz der Wasservorkommen Schneeberg-, Rax- und Schneealpengebiet, des BGBl. Nr. 345/1973 zum Schutz der Wasservorkommen im Hochschwabgebiet sowie der Richtlinien für die Quellenschutzwaldbewirtschaftung die Trinkwasserreserven der Stadt Wien nachhaltig zu sichern. Als Verwalterin und Bewirtschafterin dieser Gebiete ist die MA49 verpflichtet, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und Regelwerke sicher zu stellen. Die Gebiete rund um Schneeberg, Rax, und Hochschwab sind Quellenschongebiet und Ursprung der I. und II. Hochquellenleitung. Hier ist es notwendig, besondere Maßnahmen zur Sicherung der Wasservorkommen zu setzen. Dazu gehört auch, die touristische Nutzung der Gebiete in schonendem Ausmaß zu halten. Im Rax- und Schneeberg-Gebiet hat die touristische Nutzung lange Tradition. Nicht zuletzt die Nähe zur Großstadt lässt die Besucherzahlen stetig steigen und damit steigt auch die Belastung auf das Gebiet. Erholung und Quellenschutz sind nicht unvereinbar, vorausgesetzt, es werden einige Grundsätze ernst genommen und eingehalten. Das Mountainbiken geht über eine herkömmliche Erholungsnutzung jedenfalls hinaus. Gerade das alpine Gelände ist hoch sensibel. Eine Bodenzerstörung durch unsachgemäßes Befahren und Bremsen mit dem Mountainbike bringt erhebliche Spätfolgen durch anschließende Erosion, die trotz erheblichem Aufwand kaum gestoppt werden kann und unwiederbringlich den Boden zerstört. Dies widerspricht gänzlich dem Auftrag des Forstamtes der Stadt Wien, in den Quellenschutzgebieten den Boden zu schützen und eine optimale Filterwirkung für das Trinkwasser zu gewährleisten. Eine erhoffte Lenkung der Mountainbikerinnen und Mountainbiker durch ein umfassendes Angebot an Mountainbike-Routen wurde leider nicht erreicht. Eine Zunahme an illegalen Fahrten ist in allen Regionen festzustellen: auf den nicht freigegebenen Forststraßen, querfeldein über Wiesen und Weiden genauso wie im Gebirge auf Wanderwegen und Steigen, bis hinauf in die Gipfelregionen im alpinen Bereich. Downhill-Fahrer (sogar mit Einrad!) auf alpinen Steigen gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch Wanderer und Bergsteiger. Dahingehende Beschwerden werden bei der Stadt Wien registriert. Die Steige werden so ausgefahren, dass sie teilweise unbegehbar und ausgeschwemmt werden. Wie die Praxis zeigt, werden leider die Fair-Play Regeln von zu vielen Mountainbikerinnen und Mountainbikern nicht eingehalten. Das Befahren abseits der Routen und außerhalb der Zeiten ist durchaus üblich. Da auf den Forststraßen die Straßenverkehrsordnung gilt, wäre das Fahren auf Sicht bzw. auf halbe Sicht an Engstellen verpflichtend. Das Überholen von Personen weit über Schritttempo gefährdet Wanderinnen und Wanderer. Die Anzeige von Delikten erweist sich vor allem aufgrund fehlender Kennzeichnung der Fahrzeuge (Stichwort Nummerntafel) als äußerst schwierig. Ein Identitätsnachweis ist oft nur mit Hilfe der Exekutive möglich. Welche Entwicklung E-Bikes machen werden, ist derzeit nicht abzusehen. Fest steht, dass mit dieser Technologie neue Benutzergruppen angesprochen werden, und eine vermehrte Beanspruchung des Geländes zu erwarten ist. Aufgrund der Tatsache, dass leider eine zu große Anzahl an Mountainbikern die vereinbarten Regeln nicht einhält und auch in Zukunft keine signifikante Verbesserung der Situation zu erwarten ist, sowie aus den oben genannten Haftungs- und Bodenschutz-Gründen können die Wasserschongebiete nicht zum Radfahren freigeben werden. Wir bitten Sie daher, auf das Fahrrad-Fahren in den Quellenschongebieten zu verzichten und die Schönheit der Landschaft wandernd und bergsteigend zu erleben, oder auf ausgewiesene Mountainbike-Strecken außerhalb der Quellenschongebiete auszuweichen. - Zu Ihrer Forderung nach Änderung des Forstgesetzes §33: Es steht jedermann zu, Gesetzesänderungen bei den zuständigen Gremien zur Diskussion zu bringen. Da es sich beim Forstgesetz um ein Bundesgesetz handelt, wäre damit das Parlament zu befassen. - Bitte um Verständnis, dass ich als Vertreter der Stadt Wien keinen Kommentar zum offenen Brief an Herrn Dr. Erwin Pröll abgebe, da dies nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt. Leiter des Fachbereichs 6: OFR Dipl.-Ing. Fleck 4000/49061 Sachbearbeiterin: Dipl.-Ing.in Fasching-Frauenfeld 4000/49062 Nachrichtlich an: MDP – z.Zl. 1686477/2014 ##signaturplatzhalter## Dieses Dokument wurde amtssigniert. Information zur Prüfung der elektronischen Signatur und des Ausdrucks finden Sie unter: https://www.wien.gv.at/amtssignatur Der Abteilungsleiter OSR Dipl.-Ing. Januskovecz Forstdirektor