Orientierung schafft Sicherheit
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Orientierung schafft Sicherheit
Das Sicherheitsmagazin der AUVA Oft ist es nur ein Moment. November 2014 08 Gesunde Arbeitsplätze Vom Unternehmen zur gesunden Organisation 10 Alle!Achtung! Auszeichnung für Electro Terminal 18 Berufsbild Industriekletterer Wenn das Risiko zum Tagesgeschäft gehört Orientierung schafft Sicherheit Was Leitsysteme, Sprache und Brücken verbindet P.b.b. GZ: 11Z039012 M Retouren an PF 555, 1008 Wien Erscheinungsort Wien Verlagspostamt 1090 Wien Daumen hoch … … gegen Handverletzungen! Hände gut, alles gut! Handverletzungen sind die häufigste Folge von Unfällen – fast jeder zweite Arbeitsunfall betrifft die Hand. Dabei könnten viele von ihnen vermieden werden! Es gibt viele Möglichkeiten, das Unfallrisiko zu senken: Die Einhaltung der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen sowie höchste Konzentration bei jedem Handgriff stehen dabei an erster Stelle! Eine Initiative der AUVA für mehr Sicherheit und Gesundheit. www.haendegut-allesgut.at Editorial • Inhalt 12 COVERFOTO: © tai111 – fotolia.com Ohne Sprache keine Sicherheit Es gibt Gefahren, die wir mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen können. Durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Tasten. Für manche Gefahren haben wir auch noch den berühmten sechsten Sinn in Reserve. Doch egal, ob fünf oder sechs: Sehr viele Gefahren entziehen sich der sinnlichen Wahrnehmung, und da hilft nur eines: Sprache. Es ist gar nicht so gewagt, die These aufzustellen, die Sprache sei zum Zweck des Hinweises auf Lebenswichtiges erfunden worden. Was wollen einander die ersten Lebewesen schon mitgeteilt haben, wenn nicht „Dort findet sich Nahrung!“ oder „Hier kannst du dich vermehren!“ oder „Dort ist es bedrohlich, geh nicht hin!“? „Im Anfang war das Wort“, heißt es im Johannesevangelium. Widerlegt dieser symbolische Satz, über den Dr. Faust so gründlich nachgedacht hat, unsere These oder bestätigt er sie? Weder noch, könnten wir logisch folgern, weil alles, was sich bedingt, gleichzeitig vorhanden sein muss: Himmel und Erde, Licht und Schatten und eben auch Gefahr und Sicherheit. Wir setzen von Berufs wegen auf die Sicherheit. Wir sind davon überzeugt, damit einen wertvollen Beitrag zum Fortbestand der Welt zu leisten, wenngleich es uns vorrangig darum geht, andere und uns vor Schaden zu bewahren. Dabei bedienen wir uns insbesondere der Sprache, von der wir Klarheit und Verständlichkeit fordern. Und nichts ist verwirrender als Informationen, die nicht der Situation entsprechen. Die Aufforderung „Jetzt abbiegen!“ kann manchmal schief gehen, meint Ihr Redaktionsteam zum Schwerpunktthema dieses Heftes. [email protected] © buero bauer Dr. Wilfried Friedl, Chefredakteur Der größte neu errichtete Campus einer Wirtschaftsuniversität in Europa punktet nicht nur mit beeindruckender Architektur News .......................................................................................................................................... 04 Gemeinsam für gesunde Arbeitsplätze .............................................. 08 Die EU-Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“ soll das Thema Stress und psychische Belastungen am Arbeitsplatz enttabuisieren. ALLE!ACHTUNG!-Award für Electro Terminal ............... 10 Das Unternehmen ist ein Vorzeigeunternehmen für Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter. Design für alle ............................................................................................................... 12 Für den neuen Campus WU wurde ein Orientierungssystem entwickelt – einfach und für alle Benutzer! Klare Worte ..................................................................................................................... 14 Capito – Barrierefreie Information „übersetzt“ komplizierte Texte in eine zielgruppengerechte Sprache. Brückenschlag ................................................................................................................ 16 Beat Anton Rüttimann baut Hängebrücken für die Ärmsten der Welt und ermöglicht ihnen so den Zugang zu Märkten, Spitälern und Schulen. Berufsbild Industriekletterer ...................................................................... 18 Mit sportlichem Klettern hat der Job wenig zu tun. Risiko ist Tagesgeschäft – aber ein voll durchkalkuliertes. Risikoprävention durch Achtsamkeitstraining ........................ 20 Der Anästhesist Dr. Nidal Moughrabi und die Körpertherapeutin Katrin Jonas erklären, wie Achtsamkeit auch im Alltag klappen kann. Was tun gegen Bluthochdruck? ............................................................... 22 Bevor Medikamente zum Einsatz kommen, gilt es, den Lebensstil zu überdenken. Tipps für den November .................................................................................. 23 Hinweis: Mit Rücksicht auf die bessere Verständlichkeit verzichten wir auf durchgängige beidgeschlechtliche Personenbezeichnungen. IMPRESSUM: Herausgeber: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65, Internet: www.auva.at | Beauftragter Redakteur: Dr. Wilfried Friedl, Tel.: +43 5 93 93-22900 | [email protected] | ASSISTENZ: Michaela Krasznyanszky, Tel.: +43 5 93 93-22901 | [email protected] | Medieninhaber: ÄrzteVerlag GmbH, 1090 Wien, Währinger Straße 65, Tel.: +43/961 1000-0, [email protected] | Redaktion: Mag. Renate Haiden, [email protected] | Anzeigenrepräsentanz: ÄrzteVerlag GmbH, 1090 Wien, Währinger Straße 65, Tel.: +43/1/961 1000-0 | Zeitschriftenverlag: ÄrzteVerlag GmbH, 1090 Wien, Währinger Straße 65, Tel.: +43/1/961 1000-0, office@aerzteverlag.at | Anzeigenverwaltung: Marion Mabrier, Tel.: +43/1/961 1000-180, [email protected] | Anzeigen: Karin Kaan, Tel.: +43/1/961 1000-23, [email protected], Fiona Bucher, Tel.: +43/1/961 1000-30, [email protected] | Grafik und Layout: andrej.cc | HERSTELLER: Druckerei Berger, Horn | Verlagsleitung: Kommerzialrat Axel C. Moser. Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz siehe www.alle-achtung.at. ALLE!ACHTUNG! 11/2014 3 KommR Renate Römer, AUVA-Obfrau (vorne Mitte stehend) und das österreichische Team EuroSkills 2014 – Superhelden bei der Arbeit In der französischen I Stadt Lille an der Grenze zu Belgien fanden heuer die europäischen Berufsmeisterschaften statt. Ohne Sicherheit lief da gar nichts. wurden die Leistungen in 50 unterschiedlichen Berufen. 36 Teilnehmer aus Österreich ‒ 7 Damen und 29 Herren ‒ stellten sich in 28 Einzel- bzw. Teamberufen mit Unterstützung von 27 Experten der Herausforderung: von der Floristik über Mode bis hin zur Sanitär- und Heizungstechnik spannte sich der Themenbogen. m Mittelpunkt der EuroSkills stehen die beruflichen Superhelden, die an dem europaweiten Wettbewerb teilnehmen. Sie alle sind Helden aus Fleisch und Blut und haben dort Chance, sich als Europameister in ihrem Fachgebiet zu beweisen. Insgesamt waren rund 500 Teilnehmer aus 24 europäischen Ländern dabei. Bewertet Ergonomiepreis für Computermaus Die RollerMouse RED, eine ergonomische Alternative zur herkömmlichen Maus, wurde kürzlich vom German Design Council für den German Design Award 2015 nominiert. D spannt mit beiden Händen oder abwechselnd rechts und links bedient werden. Ein dicker langer Rollstab, der mit sieben hochsensiblen Sensoren bestückt ist, steuert den Mauszeiger auf dem Bildschirm. Durch die zentrale Positionierung werden Hände, Arme, Schultern und Nacken spürbar ent- © Rollermouse RED/Contour ie RollerMouse RED, eine ergonomische Alternative zur herkömmlichen Maus, wurde kürzlich vom German Design Council für den German Design Award 2015 nominiert. Die RollerMouse RED wird mittig vor der Computertastatur platziert und kann bequem und ent- 4 11/2014 www.alle-achtung.at lastet. Verspannungen und Schmerzen, die durch stundenlange Mausarbeit verursacht werden, können vermieden bzw. gebessert werden. Die RollerMouse RED fördert zudem eine symmetrische Körperhaltung und die korrekte Haltung des Rückens. Sie vereint innovative Technik, Präzision, intuitive Bedienbarkeit und hervorragende Ergonomie mit preisgekröntem Design und war bereits im Jahr 2013 mit dem Red Dot Design Award ausgezeichnet worden. Sie kann sowohl mit Windows-PCs als auch mit OSX-Macs benutzt werden. Info & Kontakt: www.rollermouse-red.de www.ergotrading.eu © beigestellt AUVA news Aktionstag zur Sicherheit am Arbeitsplatz im Naturhistorischen Museum Wien M it Bedacht auf das historische Gebäude wird seit vielen Jahren großer Wert auf die Sicherheit der einzelnen Arbeitnehmer am Arbeitsplatz gelegt. Unter anderem wird ein jährlicher Aktionstag, der die Beschäftigten auf die verschiedenen Sicherheitsthemen sensibilisiert, veranstaltet, der sich Themen wie Erste Hilfe, Brandschutz, Hautschutz, dem Tragen von persönlicher Schutzausrüstung oder dem Umgang mit chemischen Gefahrenstoffen widmet. Da Sturz- und Stolperunfälle zu den häufigsten Ursachen bei Arbeitsunfällen zählen, steht dieses Thema im Mittelpunkt des heurigen Aktionstages. In Zusammenarbeit mit der AUVA wurde Mitarbeitern ein Gleichgewichtstraining mit einem speziellen Balancekreisel angeboten. In einem eigens dafür ausgerichteten Gehparcours konnten Teilnehmer testen, wie sich unterschiedliches Schuhwerk auf unterschiedliche Bodenbeschaffenheit auswirkt. © beigestellt Das Naturhistorische Museum in Wien zählt wohl zu den spannendsten heimischen A rbeitsplätzen für die unterschiedlichsten Berufsgruppen. In hausinternen Werkstätten wie einer Tischlerei oder einer Tierpräparation verrichten Handwerker, Aufsichtspersonal und Ausstellungstechniker ihre Arbeit. Präparator bei Aufbauarbeiten im Sauriersaal DAS KURHAUS Bad Gleichenberg Behandlung von Psoriasis und Neurodermitis Die Sole-Photo-Therapie ist eine der nachhaltigsten Behandlungen speziell bei Psoriasis und Neurodermitis. Die Therapie erfolgt mit einem Bad in Gleichenberger Sole, die aus den örtlichen Heilquellen hergestellt wird und einer Bestrahlung mit UVB oder UVA-Licht, sowie dem Auftragen von cortisonfreier Salbe auf die Haut. www.daskurhaus.at Die Hauttherapie kann sowohl ambulant als auch stationär in einem vierwöchigen Heilverfahren absolviert werden. Es bestehen Verträge mit allen wesentlichen Sozialversicherungsträgern, ebenso sind private Gesundheitswochen möglich. Eine zusätzliche Behandlung in der Ganzkörperkältekammer bewirkt eine Beruhigung der Haut und sofortige Juckreizminderung. Anzeige_AUVA Magazin_185x120.indd 1 22.10.14 17:31 ALLE!ACHTUNG! 11/2014 5 AUVA news Beratung zahlt sich aus BUCHTIPP Bereits 35.000 Personen und 500 Betriebe haben sich in den letzten drei Jahren an fit2work um Beratung gewandt. Konfliktmanagement I So lösen Sie Konflikte und verbessern das Betriebs- und Arbeitsklima! nehmer von gesundheitlichen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz betroffen war. Diese alarmierend hohe Zahl nachhaltig zu senken, war und ist das Ziel des fit2work Beratungsangebots“, betont der Minister. Auffallend ist, dass mit 42 Prozent die Mehrheit der Kunden angibt, unter einer psychischen oder psychiatrischen Erkrankung zu leiden. Ein weiteres Drittel leidet unter einer Erkrankung des Bewegungsund Stützapparates, des Skeletts oder der Muskeln. Die Gründe für die psychischen Belastungen sieht Hundstorfer in anhaltendem Stress, Überstunden, Problemen mit Führungskräften und Arbeitskollegen, Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes bzw. keinen adäquaten Arbeitsplatz zu finden und Mobbing am Arbeitsplatz. Die Folgen dieser oft chronifizierten Belastungen reichen von Depression und Schlafstörungen über Burnout, Migräne bzw. Nervenerkrankungen und Magen-Darmbeschwerden bis hin zu körperlichen Erkrankungen wie HerzKreislauferkrankungen. Insgesamt haben seit Beginn der Initiative 2011 knapp 65.000 Personen Informationen oder Beratung bei fit2work eingeholt. Dass die Nachfrage nach einer Beratung zur Gesundheit am Arbeitsplatz nicht abreißt, zeigen auch die aktuellen Zahlen von 2014: Seit Jahresbeginn haben sich knapp 21.500 Menschen an die fit2work-Personenberatung gewandt. Ziel von fit2work ist, mit diesem niederschwelligen Beratungsangebot Informationen, Beratung und Unterstützung bei Fragen zur seelischen und körperlichen Gesundheit am Arbeitsplatz zu liefern. Das Angebot von fit2work ist kostenlos, freiwillig und vertraulich. © fit2work m Herbst 2011 eröffneten die ersten fit2work Beratungsstellen in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Seit Jahresbeginn 2013 ist fit2work in allen neun Bundesländern vertreten, und das höchst erfolgreich: „Innerhalb der ersten drei Jahre haben knapp 35.000 Personen und 500 Betriebe die Beratungsstellen besucht und eine Basisinformation erhalten – mit dem Ziel, die Gesundheit am Arbeitsplatz nachhaltig zu verbessern“, freut sich Beratung und Unterstützung von fit2work Sozial minister Rudolf Hundstorfer über die positive Bilanz der Beratungsinitiative fit2work. „Rund 20.000 Menschen haben in ganz Österreich nach der Basisinformation bereits eine Erstberatung in Anspruch genommen, und knapp 2.500 werden derzeit im Rahmen eines individuellen Case Managements betreut, und mehr als 6.000 haben die Beratung bereits abgeschlossen“, ergänzt der Minister. Von den 500 interessierten Betrieben befinden sich mittlerweile 234 Unternehmen in der ersten Stufe der Betriebsberatung, check4start, die von Experten der AUVA durchgeführt wird, und knapp 190 Betriebe wurden bereits in die individuelle fit2work Betriebsberatung weitergeleitet. „Ausgangspunkt unserer Initiative waren Umfragewerte, die zeigten, dass ein Drittel aller österreichischen Arbeit- 6 11/2014 www.alle-achtung.at Info & Kontakt: www.fit2work.at Der Anteil der psychischen Belastungen am Arbeitsplatz ist erheblich angestiegen. Immer öfter führen sie zur Erkrankung von Mitarbeitern und Führungskräften. Deshalb ist eine professionelle Handhabung von Konflikten kein Luxus, sondern eine notwendige Kernkompetenz für Führungskräfte. Nicht zuletzt sind Konflikt Energiefresser, die nicht in Produktivität sondern in Kosten umgesetzt werden. Das Buch informiert Leserinnen und Leser über die Konfliktursachen und vermittelt Wissenswertes über heiße und kalte Konflikte, über verschiedene Eskalationsstufen und Konfliktstile sowie über die typischen in der Arbeitswelt vorherrschenden Konfliktkulturen. Konflikte können sehr schnell eskalieren und außer Kontrolle geraten. Wichtig sind das frühzeitig Erkennen und der richtige Umgang mit bereits offenen Konflikten. Neun Modelle der Konflikthandhabung dienen Konfliktbeteiligten und Konflikthelfern zur Orientierung und zum konstruktiven Umgang mit kritischen betrieblichen Situationen. Darüber hinaus geht es dem Autor in diesem Buch auch um die Sicherstellung eines guten, innerbetrieblichen Arbeitsklimas und damit um die Vorbeugung von Konflikten und psychischen Fehlbeanspruchungen. Sollte es dennoch zu Konflikten kommen, müssen diese nicht nur gelöst werden, sondern können auch als Chance gesehen werden. Darunter versteht man gelungenes Konfliktmanagement. Schließlich vertritt der Autor die These: „Gesundes Konfliktmanagement ist die beste Prävention psychischer Belastungen und langfristiger Beanspruchungsfolgen!“ E.-Werner Müller. Konfliktmanagement. Ecomed Sicherheit. ISBN 978-3-609-61928-6 LESER-ZUCKERL Gewinn L SPIE für Leserinnen und Leser Die Ausstellung besteht aus einer „Erfahrungswelt“, in der die Mobilität aus allen erdenklichen Blickwinkeln betrachtet und erlebbar wird, und aus einer umfangreichen Präsentation von Objekten, die direkt oder indirekt mit der Mobilität zu tun haben. Sie reicht von den Grundlagen der Bewegung aus grauer Vorzeit bis zu den Errungenschaften der modernen Mobilität. Und sie wirft auch einen Blick über das „Zeitalter der Mobilität“ hinaus in die Zukunft. Senden Sie Ihre Antwort per E-Mail mit dem Betreff „Mobilität“ an [email protected] oder per Post mit dem Kennwort „Mobilität“ an AUVA, Sicherheitsmarketing, AdalbertStifter-Straße 65, 1200 Wien. Für die schnellsten richtigen Antworten gibt es 1 bis maximal 3 Eintrittskarten. Bitte geben Sie die Kennbuchstaben (A, B, C oder D, siehe oben) sowie die gewünschte Eintrittskartenzahl (1 bis 3) in Ihrer Antwort an. Es gilt das Datum der Absendung bzw. des Poststempels. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 30. November 2014. Das Präventionsforum+ ist ein zentrales, interna tionales Wissensportal, das relevante Informa tionen und Vorschrif ten über Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit für interessierte Personen bereitstellt. © TMW Gewinnen Sie mit ALLE!ACHTUNG! Eintrittskarten zum Besuch des Technischen Museums Wien (TMW). Ab 28. November 2014 läuft die faszinierende Ausstellung zum Thema „Mobilität“. Die Preisfrage lautet: Welche zwei Kernaufgaben der AUVA werden in der Ausstellung besonders thematisiert? A Unfallverhütung BUnfallheilbehandlung CRehabilitation D Finanzielle Entschädigung Diese qualitätsgesicherten Informationen und Vorschriften werden mit modernster Suchmaschinen-Technologie aus definierten Websites indexiert, katalogisiert und sortiert nach Ländern, Sprachen und Themen angezeigt. Die Ergebnisse werden grafisch dargestellt, z.B. als Tortendiagramm mit Häufigkeit der Treffer für einzelne Facetten oder Teilbereiche. Parallel zur Suchmaschine wurde eine Semantik aufgebaut, die die von Land zu Land unterschiedlichen fachspezifischen Begrifflichkeiten berücksichtigt und die Suchergebnisse verbessert. Eine Personalisierung der Suche durch Login ermöglicht Suchanfragen abzuspeichern. Spezialisten können bestimmte Themenfelder über einen definierten Zeitraum ohne zusätzlichen administrativen Aufwand beobachten. Besuchen Sie die Wissensplattform unter: www.praeventionsforum-plus.info AUVA AKTUELL Gemeinsam für gesunde Arbeitsplätze Im Rahmen der EU-Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“ sowie der „Europäischen Woche für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“ fand kürzlich auch eine Informationsveranstaltung in Salzburg statt. Das Motto war klar: Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist machbar! D ass eine europäische Kampagne auch in Österreich wirkt, zeigen die Fachvorträge und eine Podiumsdiskussion, die die Aspekte der Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz, wissenschaftliche Standards zur Stressbekämpfung und konkrete Umsetzungsbeispiele thematisierten. Die Arbeiterkammer Salzburg und der ÖGB Salzburg hatten in Kooperation mit dem österreichischen Sozialministerium und der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) diesen Informationstag organisiert. Dramatische Steigerungen „Arbeitsbedingungen müssen so gestaltet sein, dass die Beschäftigten nicht nur physisch, sondern auch psychisch gesund bleiben. Prävention ist das Gebot der Stunde, das nützt der Gesundheit der Beschäftigten und reduziert teure Behandlungskosten“, appellierte Siegfried Pichler, AK-Präsident und ÖGB-Landesvorsitzender in Salzburg, angesichts steigender Krankenstände aufgrund seelischer und psychischer Leiden an die Unternehmen. Die Zahlen sind alarmierend, denn: zwischen 1994 und 2011 gab es eine Steigerung um fast 200 Prozent! „Psychische Gesundheit ist nichts Abstraktes oder Unbeeinflussbares, sondern machbar“, waren sich die Referenten einig. Diesem Umstand Rechnung tragend, geht die AK Salzburg mit gutem Beispiel voran und beschäftigt seit Anfang 2014 eine eigene Arbeitspsychologin. „Wir müssen die Psyche des Menschen verstehen, um zu wissen, wie Arbeit mit und für die Menschen gesund gestaltet werden kann“, beschreibt Mag. Karin Hagenauer ihren Ansatz. „Unternehmen müssen sich zu gesunden Organisationen entwickeln, um ihre Beschäftigten langfristig arbeitsfähig zu halten.“ 8 11/2014 www.alle-achtung.at Störfaktoren aufdecken Stress und psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind ein gesamteuropäisches Problem. Aufgrund der sich zuspitzenden Dramatik hat die EU im Frühjahr 2014 eine zweijährige Informations- und Aufklärungskampagne gestartet. „Wichtig ist eine Enttabuisierung des Themas“, erklärt die österreichische Kampagnenleiterin Mag. Martina Häckel-Bucher vom Sozialministerium. Nach Ansicht der Expertin geht es bei der Beurteilung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz nicht darum, individuelle Schwächen der Arbeitnehmer aufzudecken.Vielmehr sollen gemeinsam kollektive und relevante Störfaktoren am Arbeitsplatz – von Lärm oder störenden Telefonanrufen bis hin zu unklaren Arbeitsanweisungen – aufgedeckt werden. „Mit der Kampagne wollen wir den Unternehmen zeigen: Psychosoziale Risiken lassen sich ebenso systematisch beurteilen und managen wie andere Risiken im ArbeitnehmerInnenschutz“, so Häckel-Bucher. Arbeitsbedingter Stress ist eine Unternehmensangelegenheit und kein persönlicher Fehler. Der erste Schritt zu gesunden Arbeitsplätzen Als einer der Pioniere Europas hat Österreich bereits vor geraumer Zeit Maßnahmen gesetzt, um psychi- Leitfaden zur Kampagne „Gesunde Arbeitsplätze – den Stress managen“ fordert alle Unternehmen und Einzelpersonen auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene zur Teilnahme auf. Teilnehmen können: • alle Arbeitgeber aus dem öffentlichen und privaten Sektor • Manager, Aufsichtspersonen und Arbeitnehmer • Gewerkschaften und Sicherheitsbeauftragte • alle Unternehmen und Einzelpersonen, die sich für die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheitsschutz einsetzen Mehr Informationen zur EU-Kampagne: www.healthy-workplaces.eu AUVA: Stress kann auch ein Managementfehler sein © Trueffelpix – Fotolia.com Für die AUVA ist Stress als Dauerzustand in einem Unternehmen ein Zeichen dafür, dass etwas nicht klappt. Entweder sind die Ressourcen unzureichend oder schlecht verteilt, oder es mangelt an wichtiger Information, auch mangelnde Einbindung von Beschäftigten kann eine Ursache für ständigen Stress sein. DI Effenberger: „Stress als Herausforderung, die man bewältigen kann, ist nicht das Thema. Stress wird erst dann zum Problem, wenn man ihm hilflos ausgeliefert ist. Dann macht er krank und verursacht dem Unternehmen mitunter hohe Kosten“. Für die AUVA ist Stress schon seit Jahren ein wichtiges Thema, das von mehreren Arbeits- und Organisationspsychologen abgedeckt wird. Mehr Informationen über die Stresspräventionsangebote der AUVA unter www.auva.at/vorsorge. Durch gemeinsames Vorgehen können Arbeitgeber, Manager und Arbeitnehmer arbeitsbedingten Stress und psychosoziale Risiken zum Nutzen aller bewältigen. sche Belastungen am Arbeitsplatz besser in den Griff zu bekommen. Die Novelle des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes vom 1. Jänner 2013 regelt klar, dass neben der körperlichen Gesundheit auch Gefahren durch arbeitsbedingte psychische Belastungen, die zu Fehlbeanspruchungen führen, ermittelt und beurteilt werden müssen. Erforderliche Maßnahmen zur Vermeidung und Reduktion dieser Gefahren sind in der Folge ebenso vorgeschrieben. „Immer mehr Betriebe erkennen die Chance, mit einer Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen ‚Schwachstellen‘ zu beheben. Noch immer führen mangelnde Arbeitsschutzkenntnisse aber mitunter zu mangelhaften Evaluierungen. Hier unterstützt das Arbeitsinspektorat durch Beratungen und Kontrolle“, so Mag. Julia Steurer, Sozialministerium. Zahlreiche Informationen zum Thema bietet die Website der Arbeitsinspektion www.arbeitsinspektion.gv.at n Info & Kontakt: Informationen zur Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen: www.arbeitsinspektion.gv.at MOORHEILBAD HARBACH · Kurzentrum für Beschwerden im Bewegungs- und Stützapparat* · Zentrum für orthopädische Rehabilitation und Sportrehabilitation* · Wirbelsäulenzentrum · Lebensstilmedizin · Xundwärts – Von Natur aus Freude an der Bewegung. LEBENS.RESORT OTTENSCHLAG ARBEITEN FÜR DIE GESUNDHEIT Das Moorheilbad Harbach, einer der größten gesundheitstouristischen Arbeitgeber in Niederösterreich, und das Lebens.Resort Ottenschlag bieten derzeit mehr als 550 Mitarbeitern aus über 30 verschiedenen Berufsgruppen einen sicheren Arbeitsplatz in der Region Waldviertel. Durch diese große Verantwortung haben Qualitätsmanagement, Aus- und Weiterbildung, Nachhaltigkeit und soziales Engagement in den beiden Waldviertler Gesundheitsbetrieben einen großen Stellenwert. · Zentrum für psychosoziale Gesundheit (Rehabilitation*) · Stoffwechsel-Zentrum mit Schwerpunkt Diabetes (Rehabilitation*) · Kurzentrum für Beschwerden im Bewegungs- und Stützapparat* · Lebensstil-Medizin mit Schwerpunkt mentale Gesundheit und Burnout-Prävention · Gender-Medizin: Beachtung geschlechtsspezifischer Unterschiede * Vertragspartner der österreichischen Sozialversicherungen 3970 Moorbad Harbach Tel. +43 (0)2858/5255 www.moorheilbad-harbach.at Xundheitsstraße 1, 3631 Ottenschlag Tel. +43 (0)2872/20 0 20 www.lebensresort.at nd-jobs.at über sich auf www.xu n Bereichen Informieren Sie in de s Job lle tue ak d Berufsbilder un stronomie. urismus und Ga Gesundheit, To ALLE!ACHTUNG! 11/2014 9 AUVA ALLE!ACHTUNG! GRATULIERT Gut verbunden Das Innsbrucker Unternehmen Electro Terminal ist nicht nur ein weltweit renommierter Hersteller von elektromechanischen Verbindungselementen für die Licht- und Haushaltsgeräteindustrie sowie den Installationsbereich, sondern auch ein Tiroler Vorzeigeunternehmen in den Bereichen Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter. E „inTAct“ Gesundheitsprojekt Im Jahr 2007 startete das Unternehmen mit der Implementierung eines nachhaltigen, systematischen Konzeptes im Bereich der Betrieblichen Gesundheitsförderung. Ein eigenes Gesundheitsgremium, in das neben der Personalabteilung auch der Betriebsarzt integriert ist, kümmert sich um die Umsetzung konkreter Maßnahmen. „Mit unserem Gesundheitsprojekt ‚inTAct‘ nehmen wir beim Thema betriebliches Gesundheitsmanagement einen führenden Rang unter den Tiroler Industriebetrieben ein“, erzählt Claudia Herzog-Robatsch, Marketingverantwortliche bei Electro Terminal, mit hörbarem Stolz. Das Projekt umfasst Maßnahmen zu folgenden vier Bereichen: „Mentale Stärke“, „Flexibilität/Rücken/Beweglichkeit“, „Kondition/ Fitness“ sowie „Gesunde Ernährung“. Immer wieder werden hier Schwerpunkte gesetzt und konkrete Angebote für alle Mitarbeiter erarbeitet. Herzog-Robatsch berichtet über verschiedene Beispiele aus den vergangenen Jahren: etwa über einen Workshop mit einem Shaolin-Mönch zum Thema Mentale Stärke, der die Mitarbeiter so begeisterte, dass sich daraus eine regelmäßige, morgendliche Qi Gong-Einheit entwickelte; oder über Motivationsveranstaltungen zu den Themen Leistung, Sicherheit, aber auch Fehlerkultur mit heimischen Spitzensportlern wie der Ski-Doppelweltmeisterin Lizz Görgl und dem Team-Olympiasieger in der Kombination Mario Stecher. Zum Thema „Flexibilität/Rücken/Beweglichkeit“ werden nicht nur ergonomische Beratungen am Arbeitsplatz durch den Betriebsarzt angeboten, sondern auch Tests mit einem Physiotherapeuten sowie vergüns- „Der Award ist eine Bestätigung für unsere kontinuierlichen Verbesserungsmaßnahmen in den Bereichen Sicher heit und Gesundheitsförderung.“ Walter Mittermüller, geschäftsführender Gesellschafter von Electro Terminal © Die Fotografen lectro Terminal wurde 1964 von Dr. Walter Zumtobel, dem Gründer der heutigen Zumtobel AG, und seinem langjährigen Vertriebspartner Ferdinand Rojkowski in Innsbruck gegründet. 1998 erfolgte die Eingliederung in die Tridonic GmbH & Co KG, ein Unternehmen der Zumtobel Gruppe. Im Jahr 2005 firmierte das Unternehmen in Tridonic connection technology um. Vor wenigen Monaten folgte der erneute Gang in die Selbstständigkeit. Die lokale Geschäftsleitung übernahm im Zuge eines MBO (Management Buyout) gemeinsam mit dem langjährigen und weltweit tätigen Logistikpartner AFS All Freight Systems GmbH, Innsbruck, rückwirkend zum 30. April 2014 alle Anteile des Unternehmens in die eigene Verantwortung. Seit 1. November tritt das Unternehmen wieder unter seinem ehemaligen Namen Electro Terminal auf dem Markt auf. „Als eigenständiges Unternehmen können wir flexibel und unabhängig am Markt agieren und den Anforderungen unserer Kunden noch besser gerecht werden“, ist Walter Mittermüller, Geschäftsführer und Teilhaber von Electro Terminal, überzeugt. „Mit unserem hochqualifizierten Team und einem neuen, innovativen Produktportfolio sind wir im 50. Jahr nach der Gründung des Unternehmens am Markt bestens aufgestellt.“ Die Produktion in Innsbruck umfasst im Wesentlichen vier Kernkompetenzen: Kunststoffspritzguss, Biegen und Stanzen, eine hochautomatisierte Montage sowie den Werkzeugbau. Die Sicherheit und die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dem Electro Terminal-Management ein großes Anliegen 10 11/2014 www.alle-achtung.at Alle!Achtung! Mit diesem Award holt die AUVA Persönlichkeiten, Unternehmen oder Schulen vor den Vorhang, die besondere Akzente auf dem Gebiet der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz setzen. Bewerben auch Sie sich unter [email protected] © beigestellt Die AUVA gratuliert dem Electro Terminal-Management zum ALLE!ACHTUNG!-Award (von links): Ing. Martin Schretthauser, AUVA Landesstelle Salzburg, Stellvertretender Leiter des Unfallverhütungsdienstes; Kammerrat Werner Gohm, 2. Obmannstellvertreter der AUVA; Harald Götzendorfer, Umwelt-, Gesundheits- & Sicherheitsbeauftragter; Michael Prior, Leiter Finanzen, und Helmut Priewasser, Controlling bei Electro Terminal Nachgefragt bei ... … Harald Götzendorfer, Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheitsbeauftragter von Electro Terminal Die Auszeichnung mit dem ALLE! ACHTUNG!-Award ist auch eine Bestätigung Ihrer täglichen Arbeit als Gesundheits- & Sicherheits- und Umweltbeauftragter. Sie tragen eine hohe Verantwortung … Götzendorfer: Selbstverständlich ist das eine hohe Verantwortung gegenüber meinen Kolleginnen und Kollegen und gegenüber dem Unternehmen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Aufgabe ist, dass die Geschäftsleitung uneingeschränkt hinter mir steht, mich eigenverantwortlich arbeiten lässt, mir gleichzeitig aber auch Rückendeckung gibt, wo das notwendig ist. Persönlich ist es wichtig, dass man das, was man macht, gerne tut. Wenn beides zusammentrifft, dann kann man in dieser Aufgabe viel erreichen. Bei uns zum Beispiel gab es zwischen 2000 und 2006 noch tigte Massageangebote direkt im Haus. Im Bereich „Kondition und Fitness“ werden unter anderem gemeinsame Firmenläufe gefördert bzw. interne Lauf-, Walking-, Rad- oder Berggruppen unterstützt. Ein wichtiges Thema ist die gesunde Ernährung. So kommen alle Mitarbeiter in den Genuss eines hochwertigen, ausgewogenen Mittagsmenüs, das in Kooperation mit der Privatklinik Hochrum angeboten wird, oder sie profitieren von der Aktion „Gesunder Apfel“, die auf eine Mitarbeiterinitiative zurückgeht. Derzeit werde gerade wieder an neuen Aktionen im Rahmen von „inTAct“ gearbeitet, erzählt Herzog-Robatsch. Unter anderem sollen – als Teamprämie für das innerbetriebliche Vorschlagswesen – Feuerlauf-Seminare für die engagierten Mitarbeiter finanziert werden, um damit deren mentale Stärke und den Teamgeist zu fördern. „Ich bin davon überzeugt“, sagt Herzog-Robatsch abschießend, „dass wir mit unserem Förderprogramm nicht nur die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter maßgeblich verbessern, sondern uns auch als attraktiver Arbeitgeber in Tirol einen guten Namen gemacht haben. Selbst unsere Geschäftspartner sind immer wieder beeindruckt, was wir in diesem Bereich alles anbieten.“ n 47 Arbeitsunfälle, die 3.407 Fehlstunden mit sich brachten. Seit ich als Gesundheitsund Sicherheitsbeauftragter tätig bin, also seit 2007, ist es uns gelungen, in einem vergleichbaren Zeitraum von 2007 bis 2013 die Arbeitsunfälle auf 13 und die Fehlstunden auf 550 massiv zurückzuschrauben. Sind Sie viel unterwegs im Betrieb? Götzendorfer: Ich mache täglich meine Rundgänge durch den Betrieb. Für mich ist wichtig, dass man immer nah dran ist an den Kollegen. Ich mache ja zusätzlich auch Umweltschutz und Brandtechnik, wenn ich also durchgehe, dann achte ich auf alles, auf jedes Detail, auf die Sicherheit, die Sauberkeit, den Feuerschutz und so weiter. Kleinigkeiten fallen mir dabei jeden Tag auf, das wird alles dokumentiert und mit den zuständigen Meistern sofort besprochen, die dann für die Umsetzung der Verbesserungen verantwortlich sind. Inzwischen kommen die Leute aber auch schon von selbst zu mir, um Probleme oder Mängel aufzuzeigen und Verbesserungen vorzu- schlagen. Die Leute rufen mich an, fragen mich: Was könnten wir tun? Wichtig ist es, dass sie immer ernst genommen werden, auch bei Kleinigkeiten. Wie wichtig ist das Thema Kooperation? Götzendorfer: Sehr wichtig. Ich versuche laufend, mich auf dem neuesten Stand zu halten, mich weiterzubilden. Ich bin auch in verschiedenen Arbeitskreisen der Wirtschaftskammer aktiv, um mir wertvolle Informationen zu holen, Kontakte zu pflegen und Erfahrungen auszutauschen. Ich schaue außerdem laufend darauf, dass ich mit anderen Firmen zusammenarbeite. Überall gibt es hilfreiche Tools, die man adaptieren und übernehmen kann. Besonders gut funktioniert die Zusammenarbeit mit der AUVA. Die AUVA-Experten sind mehrmals im Jahr bei uns zu Gast – zum Beispiel immer dann, wenn wieder eine Sicherheitsfachkraft-Ausbildung läuft. Dabei werden Maschinen und Arbeitsplätze evaluiert, aktuelle Themen und neue Bestimmungen besprochen und diskutiert. ALLE!ACHTUNG! 11/2014 11 AUVA Coverstory Inclusive Design – Design für alle Für den neuen Campus WU im Wiener Prater wurde ein Orientierungssystem entwickelt, das durch Freiraum und Parkgarage bis in die einzelnen Hörsäle, Seminar- und Projekträume, Departments und Bibliotheken leitet – einfach und für alle Benützer. D er größte neu errichtete Campus einer Wirtschaftsuniversität in Europa punktet nicht nur mit beeindruckender Architektur und der „Grünruhelage“ direkt am Wiener Prater. Die rund 25.000 Studierenden nützen den Campus auch als Studierplatz und Kommunikationszone mit vielfältigem Gastronomie- und Sportangebot sowie einem eigenen Kindergarten. Die visuelle und informative Klammer für das vielfältige Angebot bietet ein Orientierungssystem aus der Feder des Wiener buero bauer, wo Architekten, Texter, Fotografen und Kommunikationsdesigner Hand in Hand arbeiten. Die Kreativschmiede zählt zu den führenden interdisziplinären Designbüros Österreichs und hat hier mit signalhafter Farbgebung und logisch-intuitivem Aufbau eine klare Orientierung geschaffen. Wer zum ersten Mal hier ist, findet sich rasch und unkompliziert zurecht. „Am 12 11/2014 www.alle-achtung.at Campus WU hatten wir den hohen Anspruch, internationales Best-Practice-Beispiel für ‚Inclusive Design‘ zu werden. Gelöst wurde das mit einer intelligenten Kombination aus analog, digital, taktil und akustisch erfahrbaren Medien für alle Sinne“, erklärt Geschäftsführer Mag. Erwin K. Bauer. Willkommen am Campus Die Besucher des Campus WU werden an allen Eingängen und Garagenaufgängen von Orientierungstafeln empfangen. Diese geben einen Überblick über den gesamten Campus und informieren darüber, wo die einzelnen Departments und Serviceeinrichtungen zu finden sind. Die einzelnen Gebäude können mithilfe eines Farbleitsystems leicht gefunden werden. In den Gebäuden selbst gibt es Übersichten, die zeigen, in welchen Stockwerken sich die Departments bzw. Einrichtungen befinden. Am Eingang der Departments sind Informationstafeln mit der Institutsgliederung und den zugeordneten Professoren angebracht. Innerhalb der Departments wird die Orientierung durch Wegweiser mit Zimmernummern sowie Türschildern mit Raumnummern, Namen und Instituts- Nachgefragt bei ... … Mag. Erwin K. Bauer, Geschäftsführer, buero bauer Fotos © buero bauer beigestellt Warum ist Inclusive Design gerade im Gesundheitswesen eine große Herausforderung? Bauer: Es gilt hier, die Ansprüche vieler Gruppen auf einen Nenner zu bringen. Ärzte wollen über das Design entsprechend repräsentiert werden, „ihre Abteilung“, ihre Arbeit soll gut zur Geltung kommen. Aber es muss vor allem darum gehen, dass Patienten und Besucher abgeholt und gelotst werden. Und letztendlich müssen sich alle Mitarbeiter in der Umgebung auch wohl fühlen. Am Campus der Uni-Klinik Salzburg arbeiten wir zum Beispiel mit großen Buchstaben, die vor den Gebäuden stehen – sie setzen ein Zeichen und ermöglichen leichte Orientierung. Die Kinderklinik hat zudem die Spezialaufgabe, dass Eltern mit kranken Kindern unter hohem Stress stehen – dass also Orientierung noch einfacher und intuitiver ablaufen muss. Kinder müssen gleichzeitig spielerisch angesprochen werden. Eine lebendige Illustrationswelt gibt jedem Stockwerk der Kinderklinik am Salzburger Universitätsklinikum eine eigene Identität. Neben intuitiver Orientierung übernimmt die spielerische Interaktion mit den kleinen Patienten eine wichtige Rolle. Inclusive Design schafft eine Wohlfühlatmosphäre für alle, die sich in diesen Räumen bewegen und schließt keine Per sonengruppe aus Leitsysteme können sichtbar, hörbar und spürbar Orientierung bieten. bezeichnungen erleichtert. Die Lehr- und Lernflächen sind in den Departmentgebäuden immer im Erdgeschoß untergebracht, um einen einfachen Zugang zu gewährleisten. In allen Stockwerken sind Übersichtspläne angebracht. Inclusive Orientation Design Es liegt auf der Hand, dass ein Leit- und Orientierungssystem in der Größe des Campus wohl mehr bedarf, als nur „ein paar Schilder“ zu montieren, die im besten Falle auch von Sehbehinderten oder Blinden gelesen werden können. „Alle Menschen, auch jene mit speziellen Bedürfnissen, gleichwertig und barrierefrei mit Informationen zu versorgen, ist eines der zentralen Anliegen des medienübergreifenden Informationsdesigns unseres Büros. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf ‚Inclusive Design‘, das bedeutet, Räume oder Services für alle Menschen unabhängig von ihren Fähigkeiten gleichwertig zugänglich zu machen“, erklärt Bauer. Inclusive Orientation Design gestaltet in diesem Sinne alle räumlichen, visuellen und interaktiven Angebote, um öffentliche Orte intuitiv erlebbar zu machen. Im Sinne des europäischen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist es für Neubauten seit 2006, im Bestand bis 2016, verpflichtend, öffentliche Gebäude allen Personen fair und gleichwertig zugänglich zu machen. Nicht nur Rollstuhlfahrer sollten barrierefreien Zugang erhalten, ebenso wichtig und gefordert ist der uneingeschränkte Zugang zu Information. Das buero bauer konnte in den vergangenen Jahren eine beachtenswerte Expertise in dieser noch jungen Dis- Welches Projekt liegt Ihnen aktuell besonders am Herzen? Bauer: Wir arbeiten an einem Haus für die Caritas, einem Beratungs- und Tageszentrum für Obdachlose. Zur schwierigen Lebensituation der Obdachlosen kommt auch noch der Aspekt des Migrationshintergrundes. Farben und Piktogramme erleichtern hier die Orientierung sprachunabhängig und nonverbal. Das schmale Budget fordert zudem von uns eine einfache aber clevere Umsetzung. ziplin aufbauen und zeigt mit seinen Projekten immer wieder eindrucksvoll das Potenzial dieses neuen Feldes für Bauherren, Stadtentwickler, Unternehmer und auch Politiker auf. „Orientierung wird nicht nachträglich auf die Architektur appliziert, sondern vielmehr aus der Logik und dem Charakter des Ortes oder des Gebäudes heraus entwickelt“, beschreibt Bauer seinen Zugang. Menschen, die sich in diesen Räumen bewegen, sind besser informiert, fühlen sich sicherer und nehmen die Qualität der jeweiligen Immobilie aufgrund ihrer individuellen Gestaltung von der Wegeführung bis zur Möblierung positiv wahr. n ALLE!ACHTUNG! 11/2014 13 AUVA Coverstory Klare Worte Sprachbarrieren gefährden die Arbeitssicherheit. Denn wer nicht versteht oder Leseschwierigkeiten hat, verhält sich möglicherweise falsch – und daraus können zahlreiche Gefahren entstehen. W A1 und schreiben, da dies für sie selbstverständlich geworden ist. Geht es darum, einen Text auch für Nicht-Fachleute verständlich zu machen, „empfiehlt sich in jedem Fall eine Vorab-Überprüfung durch Testgruppen von fach- bzw. ortsunkundigen Personen“, rät Fröhlich. Die SprachexDie Feuerwehrpertin weist eindrücklich darauf Zufahrt: Bei allen Märkten hin, „dass Probleme beim gibt es eine 4 Meter breite FeuerVerstehen von Arbeitssiwehr-Zufahrt. Außerdem gibt es einen cherheitsinformationen Platz, der groß genug ist, dass das Feuer längst keine kleine Randwehr-Fahrzeug leicht umdrehen kann. gruppe betreffen“. Dafür Dieser Platz heißt „Reversierplatz“. Dieser können die Folgen der Platz und die Feuerwehr-Zufahrt müssen nicht funktionierenden immer freigehalten werden! Es darf Information massiv sein. dort niemals etwas abgestellt oder „Und: Sie können Arbeitgelagert werden – auch nicht für gebern auch Haftungsprokurze Zeit. bleme bescheren, etwa dann, wenn nachweisbar ist, dass die Mitarbeiter mit Lernschwierigkeiten, nicht deutscher Muttersprache oder mit geringer Schulbildung die angebotenen Sicherheitshinweise gar nicht verstehen konnten“, warnt Fröhlich. „Meine Mitarbeiter halten sich einfach nicht an die Regeln.“ „Unsere Kunden füllen ständig die Formulare falsch aus.“ „Ich verstehe nicht, warum sich niemand für mein Angebot interessiert.“ Diese und ähnliche Sätze sind klare Hinweise darauf, dass in der sprachlichen Verständigung etwas falsch gelaufen ist. Möglicherweise waren die Informationen an Mitarbeiter oder Kunden nicht zielgruppengerecht for- alburga Fröhlich, MA, Geschäftsführerin von capito – Barrierefreie Information, erläutert: „40 Prozent der Erwachsenen in Deutschland und Österreich haben Leseschwierigkeiten“, das sind immerhin gut zwei Millionen Betroffene. „Das hat zur Folge, dass sehr viele Informationen, die es in der Öffentlichkeit gibt, einfach nicht verstanden werden.“ Broschüren, Formulare, aber auch Warn- und Hinweisschilder müssen ihre Informationen verständlich an den Mann und die Frau bringen. „Die zentrale Frage ist immer:Was soll der Adressat mit der Information machen, und wie wird er dazu in die Lage versetzt?“, fasst Fröhlich zusammen. Ihr Unternehmen „übersetzt“ Texte, indem schwer verständliche Wörter vermieden, andere erklärt und Texte auf ihre Verständlichkeit hin überprüft werden, denn: Barrierefreiheit gilt auch für Sprache. Barrierefreie Optik Gründe für eine schlecht verständliche oder lesbare Sprache gibt es viele: Grafiker achten mitunter mehr auf Design und Optik als auf gute Lesbarkeit oder die Vorgaben aus den Barrierefreiheitsnormen bzw. die Erfahrungen von Experten. „Die Bedürfnisse von sehbehinderten Menschen sind wenig bekannt, was dazu führt, dass Schilder und Schriften oft zu klein sind, auf die nötigen kräftigen Farbkontraste nicht geachtet wird und die Auswahl der Inhalte häufig nicht ausreichend gut überlegt ist“, erklärt Fröhlich und ergänzt: „Es braucht viel Erfahrung, um den Mittelweg zwischen zu viel Information, die verwirrt, und zu wenig Information, was beispielsweise zu Lücken im Orientierungssystem führen kann, zu finden.“ Wer aber das Gefühl vermittelt bekommt, dass die – mitunter sehr wichtige – Information kompliziert, schlecht lesbar und vielleicht nicht verständlich ist, hört auf zu lesen. 14 11/2014 www.alle-achtung.at A2 Beigestellt Verständliche Ausdrucksweise Wer Fachausdrücke verwendet, sollte darüber nachdenken, wer das Geschriebene lesen – und vor allem verstehen! – soll. Experten eines Fachgebietes merken häufig nicht, dass sie im Fachjargon kommunizieren Dieser Platz ist für die Feuerwehr. Hier darf nie etwas stehen. „40 Prozent der Erwachsenen in Deutschland und Österreich haben Leseschwierigkeiten.“ Walburga Fröhlich, MA, Geschäftsführerin von capito – Barrierefreie Information muliert. Eine Erklärung findet sich in den unterschiedlichen Sprachniveaus der Bevölkerung. Betrachten wir die Feuerwehr-Zufahrt: Die 4 Meter Tabelle, die das Sprachbreite Feuerwehr-Zufahrt muss immer verständnis in sechs frei gehalten werden. Auch der ReverKategorien einteilt, so sierplatz, den das Feuerwehrfahrzeug zum wird rasch klar, dass Umdrehen benötigt, muss immer freigeC1 und C2 nur sehr halten werden. Es darf dort niemals etwas wenige Menschen abgestellt oder gelagert werden – auch beherrschen, beispielsnicht für kurze Zeit. weise Neurologen auf einer Tagung mit Fachkollegen. A1 und A2 sind gesellschaftlich erforderlich, um im Alltag zurechtzukommen. B1 und B2 sind schulisch und beruflich erforderlich. Die überwiegende Masse der Bevölkerung bewegt sich sprachlich auf den Levels A2 und B1 – entsprechend einfach muss Sprache auch gestaltet werden. Laut der sogenannten Leo Studie* erfassen die Lesekompetenzen in Deutschland – und Österreich ist damit gut verDie 4 m breite gleichbar – zu 40 Prozent die Ebenen A1 und Feuerwehrzufahrt sowie der A2, erreichen also ein Reversierplatz für das FeuerNiveau unter den Anforwehrfahrzeug sind in jedem Fall derungen für den Schulabschluss. freizuhalten. Es darf auch kurzÜberraschend dabei: fristig keine Ware in diesem Die hohe Rate an A1Bereich gelagert werden. und A2-Levels zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten und praktisch alle Berufsgruppen. Einer von acht Arbeitnehmern und fast jeder fünfte Jugendliche ist betroffen und mehr als die Hälfte hat Deutsch als Erstsprache. Fröhlich beschreibt anschaulich, was Sprachbarrieren bedeuten: „Nicht gut lesen und B1 B2 verstehen zu können, bedeutet: Keine Qualitätszeitungen und Bücher lesen, keine Fernsehdokumentationen ansehen, keine Formulare ohne Hilfe ausfüllen, keine Aufklärungsbroschüren zu Gesundheit, Ernährung, Bewegung verstehen, keine Fahrpläne selbstständig nutzen und keine anspruchsvollen Kulturangebote genießen können. All diese Dinge sind für 40 Prozent der Erwachsenen derart mühsam zu bewältigen, wie die Mondscheinsonate für einen Klavierspieler, der gerade mal den Flohwalzer beherrscht.“ Wer jedoch nicht gut lesen kann, aber nur mit viel zu schwierigen Texten konfrontiert wird, hört auf zu lesen. Lesen kann man auch verlernen. Menschen, die jahrelang nicht mehr gelesen haben, werden es schließlich nicht mehr können, verblüfft die Sprachexpertin mit Erfahrungswerten. Erstrebenswert sind demnach in vielen Fällen A2- bis maximal B2-Levels oder anders ausgedrückt „leichte Sprache“. „Ähnlich der Gebärdensprache für gehörlose Menschen soll die ‚leichte Sprache‘ Menschen mit kognitiven Einschränkungen an Kommunikation teilhaben lassen. Allerdings befasst sich ‚leichte Sprache‘ hauptsächlich mit der geschriebenen Sprache, also mit Informationen in Textform“, erklärt Fröhlich. Die Expertin plädiert für eine „zielgruppengerechte“ statt „leichte“ Sprache. Eigene „Übersetzer“ gestalten schwierige Texte neu und formulieren sie in leicht verständliche Sprache um, wobei sie fast immer Menschen mit Lernschwierigkeiten dazu heranziehen, die Texte probeweise zu lesen. Auf diese Weise soll die Gefahr ausgeschaltet werden, dass Menschen mit Lernschwierigkeiten – die zudem nicht immer bekannt sind – Sicherheitsanweisungen oder juristisch relevante Texte nicht verstehen und sich entsprechend falsch verhalten. „Die Forderung, Sprache leichter verständlich zu machen und Texte einfacher zu schreiben, erfreut sich großer Akzeptanz und ist mittlerweile auch in der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung festgeschrieben“, meint Fröhlich abschließend. n * Leo Studie Presseheft. Anke Grotlüschen/Wiebke Riekmann 2011 und REPORT 2/2011 (34. Jg.); online: www.die-bonn.de/doks/ report/2011-analphabetentum-01.pdf Globalskala A1 • ganz einfache, kurze Sätze • vertraute Wörter • langsam und deutlich sprechen B1 A2 • einzelne Sätze • häufig verwendete Ausdrücke • vertraute Themen B2 • kurze Texte bei Verwendung klarer Standardsprache • komplexe Texte und abstrakte Inhalte • Fachtexte im eigenen Gebiet C1 • breites Spektrum auch komplexer Sachinhalte C2 • praktisch alles ALLE!ACHTUNG! 11/2014 15 AUVA Coverstory Brückenschlag „H ier in Kyar Bin ist es sechs Uhr morgens. Die Sonne geht auf und mit Aiklian, meinem Shan-Burmesischen Kollegen, beginnen wir die Endmontage unserer Brücke Nummer 73 in Myanmar und Nummer 651 in der Welt. Wir sind auf einer typischen Endmontage-Tour – das bedeutet, sieben Brücken in zwölf Tagen aufzustellen, Reisen von Ort zu Ort inbegriffen.“ Der Schweizer Beat Anton Rüttimann, kurz Toni, berichtet mit großer Leidenschaft von seiner Passion – dem Brückenbauen. Wer jetzt an Baumaschinen, Baustellen mit hochqualifizierten Mitarbeitern und große Unternehmensorganisationen denkt, der irrt. Schon wenige Sätze von Toni drängen die traditionellen Bilder von Bauvorhaben in hochindustrialisierten Ländern in den Hintergrund und machen Platz für nahezu Unfassbares. Verbindungen schaffen Die Bilder, die Rüttimann immer wieder zu seinen Geschichten 16 11/2014 www.alle-achtung.at zeigt, sind mehr als beeindruckend. Die meiste Arbeit geht ganz ohne Maschinen, mit bloßen Händen, und barfuß wird Baumaterial über viele Kilometer in Gebiete getragen, die manchmal nur zu Fuß erreichbar sind. Eine Brücke wird hier vieles verändern:Wege werden nicht nur kürzer, sondern oft überhaupt erst möglich. Lebensgefährliche Schulwege von Kindern über reißende Flüsse, die bisher nur mit einem Seil (!) bewältigt werden konnten, gehören plötzlich der Vergangenheit an. Zugänge zu Märkten und Lebensmitteln, aber auch stundenlange Fußmärsche zum nächsten Krankenhaus haben mit denkbar „einfachen“ Hängebrückenkonstruktionen mehr Lebensqualität in viele Dörfer gebracht. „Eine Brückenreise erfordert eine präzise, aber auch flexible Koordination. Die Abgesandten der Dörfer transportieren uns auf den Fahrzeugen, die sie finden können: Oft im Wagen des Chefmönchs des lokalen Klosters oder eines Händlers, auf einem alten Lastwagen oder schlichtweg auf Mopeds. Diese ergeben dann eine Kette von zehn Mopeds für alle Säcke mit Werkzeugen, Schrauben, Seilklemmen – auf ihnen überqueren wir ganze Berge und Wälder. Für die Langstrecken-Abschnitte benutzen wir öffentliche Verkehrsmittel. Auf den mächtigen Flüssen reisen wir auf öffentlichen Booten, was zehn und mehr Stunden Bootsfahrt bedeutet“, beschreibt Toni eine seiner typischen Touren. Ein Maturant, der auszog ... Im Jahr 1987 begann die Geschichte von Beat Anton Rüttimann, der damals kurz vor der Matura stand und einen Fernsehbericht über ein Erdbeben in Ecuador verfolgte. „Dort will ich helfen“, beschloss er spontan. Bereits in der Nacht nach der Prüfung saß er im Flieger – ohne Sprachkenntnisse, ohne technische Ausbildung, einfach mit der Idee im Herzen, die Menschen zu unterstützen, die durch das Erdbeben vor allem eines verloren hatten: die Verbindung zur anderen Seite eines Flusses. Und damit abgeschnitten waren von Familien- Beigestellt Beat Anton Rüttimann baut seit 27 Jahren Hängebrücken für die Ärmsten der Welt. Ohne Wohnsitz, ohne Lohn und ohne Organisation. Seinem persönlichen Engagement ist es zu verdanken, dass bereits 660 Hängebrücken erbaut wurden und fast zwei Millionen Menschen in Lateinamerika und Südostasien heute den Zugang zu Märkten, Spitälern und Schulen haben. „Hängebrücken bringen Lebensqualität in die Dörfer zurück.“ Beat Anton Rüttimann, Brückenbauer beigestellt beigestellt Leben, der ihm jedoch Tür und Tor öffnete. „In den ersten vier Jahren haben wir sieben Brücken mit bis zu 70 Metern Spannweite errichtet“, erzählt Toni wie selbstverständlich. Von Erdölingenieuren lernte er, wie die Länge von Kabeln und die Statik der Brückenpfeiler berechnet werden musste. Schweizer Freunde schenkten ihm zwei alte LKWs, gebrauchte Handseilzüge und Schweißmaschinen. Mit einfachsten Mitteln folgten 100 weitere Brücken in den nächsten sieben Jahren. Nach Ecuador zog er weiter nach Honduras, Nicaragua und Mexiko. mitgliedern, Nahrung, Schule und medizinischer Versorgung. „Ich war 19 Jahre alt und habe mir nie die Frage gestellt, was eine Brücke überhaupt für eine Bedeutung hat. In Ecuador habe ich erstmals erlebt, was es heißt ‚abgeschnitten‘ Eine Brücke entsteht, wenn es die lokale Bevölkerung will und mindestens 100 Familien freiwillig mitarbeiten Brücken sind mehr als das sichtbare Zeichen der Verbindung. zu sein“, beschreibt er. Eine Brücke ist mehr als nur das, was man sehen kann: Sie ist auch eine „psychologische“ Verbindung. Toni lernt im Erdbebengebiet einen holländischen Ingenieur kennen. Ohne Geld, ohne Baupläne oder Fachwissen bauten die beiden Pioniere die erste 50 Meter lange Hängebrücke aus Seilen und Holz mit den Dorfbewohnern. Eine Idee geht um die Welt Toni will zuerst in der Schweiz Bauwesen studieren, was er sich rasch aus dem Kopf schlägt: Weitermachen hieß die Devise, und zwar vor Ort. Sein unbändiger Wille war es wohl, der ihn diese Erfolgsgeschichte schreiben lässt: Er motivierte Menschen, Kies und Sand zu tragen, Bretter zu schneiden und gemeinsam an einer Sache zu arbeiten. Er fragte bei Firmen um ausrangierte Bohrseile und Pipelineröhren, er lernte von Pipelineprofis, und er baute Brücken, ohne viele Fragen zu stellen. Er lernte im Dschungel zu leben, sich Essen und einen Platz zum Schlafen „zu organisieren“, so wie er auch das Material immer wieder organisierte – mit einem fast naiven Zugang zum Der Mensch zählt „Bei unserer Art, Brücken zu bauen geht es nicht um das Wissen, wie es geht. Es geht darum, das Material zu den Dörfern zu bringen, die Menschen dort vor Ort sind das Erfolgsgeheimnis“, beschreibt er die Erfahrungen. 100 Menschen sind erforderlich, um den Aushub für die Pfeiler zu machen und mit Kies, Sand und Steinen zu füllen. Sein Baustellenplan klingt einfach: „Nach zehn Tagen kommen wir wieder und betonieren. Auch hier sind 80 bis 100 Männer nötig. Nach drei Wochen kommen wir wieder und finalisieren in rund zwei Tagen die Brücke.“ Inzwischen wartet im nächsten Dorf der Beton darauf auszuhärten. Die größte Aufgabe, so Toni, ist es, das Vertrauen der Bewohner zu gewinnen: „Oft sind sie von Versprechungen der Regierung enttäuscht, Korruption und Misswirtschaft erleben sie hautnah. Wenn dann ein Schweizer kommt, der eine Brücke ‚ohne Geld‘ verspricht, klingt es natürlich zuerst einmal unglaubwürdig.“ In Kambodscha stieß der Brückenbauer dann erstmals auch an seine persönlichen Grenzen und musste zwei Jahre in einem Rehazentrum einen Immundefekt ausheilen. Die Zeit nutzte er, um seine Projekte zu dokumentieren und einfache Berechnungsmethoden aufzustellen, die es ihm heute möglich machen, in nur zehn Minuten aufgrund von Topografie und wenigen Eckdaten die erforderlichen Ressourcen zu kalkulieren. „Für jede Brücke existieren zwei A4-Blätter“, gibt Toni Einblick. Auf diese Weise sind 294 Brücken in Asien und 366 in Lateinamerika entstanden. Noch nie wurde er nach Plänen, Genehmigungen oder Schmiergeld gefragt, denn hinter ihm steht keine Firma, keine NGO und keine Stiftung, lediglich sein Engagement mit der lokalen Bevölkerung. Tonis „Triple-Null-Regel“ Was die Sicherheit angeht, hat der Schweizer, der immer mit einem lokalen „Vorarbeiter“ kooperiert, eine klare „Triple-Null-Regel“: kein Unfall, kein Fehler, keine Verschwendung. Bis heute gab es auf seinen „Baustelle“ keine Unfälle. Keine Brücke weist bisher Defekte auf. Es gibt klare Vorgaben, wie viele Menschen beispielsweise zum Lastentragen eingeteilt werden: Ein Pfeiler wird von sechs Personen getragen, nicht vier, nicht sieben. „Alle sechs Minuten werden zwei Meter Brücke aufgebaut“, weiß Toni genau und fasst vier Kriterien zusammen, wann er ein Brückenprojekt in Angriff nimmt: Die lokale Bevölkerung muss es wollen, 100 Familien müssen sich freiwillig melden, die Topografie muss eine Brücke möglich machen und der Transport – wenn erforderlich zu Fuß – des Materials muss möglich sein. Momentan ist noch Material für 90 Brücken vorrätig. Wer jetzt ein Spendenkonto erwartet, wird vergeblich warten. „Sucht euch eure eigene Chance, um euch nützlich zu machen!“, ist seine Botschaft an alle, die ihm zuhören oder diese Geschichte lesen. n ALLE!ACHTUNG! 11/2014 17 AUVA Portrait Nur keine Höhenangst Berufsbilder menschenBilder Industriekletterer führen Arbeiten in großer Höhe durch. Mit sportlichem Klettern hat der Job wenig zu tun, ein gewisses Gefahrenpotenzial ist aber auch hier involviert. Risiko ist Tagesgeschäft – aber ein voll durchkalkuliertes. © Reichhart/AUVA Höhe nicht immer schwindelerregend ist – manchmal ist einfach der Arbeitsbereich vom Boden aus nicht erreichbar und für Fahrzeuge, Kräne, Hebebühnen oder Gerüste nicht zugänglich. Arbeit mit Aussicht D ie Vielzahl an Branchen, die Industriekletterer beschäftigen, macht deutlich, wie breit das Einsatzspektrum tatsächlich ist: Hochbau und Tiefbau mit Häusern, Straßen, Brücken, Tunneln und Kraftwerksanlagen, Wasserbau mit Staudämmen, Kanal- und Kläranlagen, Althaussanierungen, Bergbau oder auch Energieunternehmen. Industriekletterer haben meist einen erlernten Beruf wie Schlosser, Maurer oder Elektriker, führen diese Tätigkeiten aber in großer Höhe ohne Gerüst, dafür seilunterstützt durch. Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten an Fassaden, Windrädern oder Strommasten, Felsräumarbeiten oder Reinigungsarbeiten in Silos oder Schlöten gehören dazu, wobei die 18 11/2014 www.alle-achtung.at Ausbildung mit Plus „Die meisten Interessenten für Industrieklettern können eine Basis ausbildung aufweisen, doch längst nicht alle sind Hobbykletterer“, weiß Gottfried Marischka, Inhaber von Marischka Industrieklettern. „Das macht aber nichts, denn die Ausbildung dafür bekommen sie bei mir.“ Im Grunde gehe es darum, den zu erledigenden Auftrag nicht vom Boden aus, sondern am Seil hängend auszuführen – sozusagen Montagearbeiten in der Luft, meint Marischka, aber diese Beschreibung greift doch ein wenig zu kurz. Fest steht, dass Industrieklettern sehr wenig mit Bouldern oder Sportklettern zu tun hat. Die Kletterausrüstung ist zwar immer Teil des Jobs, aber sie dient lediglich der Sicherung – im Zentrum steht der Auftrag, der zu erledigen ist. Marischka bietet nicht nur für seine eigenen Mitarbeiter Ausbildungen an. „Die Grundausbildung umfasst vertikales Arbeiten, horizontales Arbeiten, und dazu gibt es fortführende Ausbildungen wie Mitarbeiterführungen für auf- sichtsführende Höhenfachkräfte“, erzählt der Experte. Nach der Outdoorsaison – ab Herbst – schult Marischka 800 bis 1.000 Personen pro Jahr – Dachdecker, Fassadenreiniger und viele andere, die in großen Höhen arbeiten und unter anderem das fundierte Rettungswissen des Profis zu schätzen wissen. Mitunter werden Tätigkeiten angefragt, die keiner der Mitarbeiter abdecken kann. „Dann arbeite ich mit konzessionierten Kollegen, die von mir eingeschult werden“, erklärt Marischka. „Sie klettern dann zusammen mit einem meiner Mitarbeiter oder mir und führen so ihre Facharbeiten selbst durch oder leiten uns an.“ Einsatz on top Ein typischer Einsatz sieht etwa so aus: Gutachter müssen regelmäßig Brücken inspizieren, um mögliche Ermüdungserscheinungen zu orten. Dafür gibt es eigene Inspektionsgeräte. Dort, wo es zu teuer ist oder die Geräte einfach nicht hinkommen, werden Industriekletterer eingesetzt. Ein anderer typischer Einsatz ist die Arbeit an Windrädern, wo Schaft und Rotorblätter auf Risse überprüft werden. Die Ausbesserungsarbeiten und Beschichtungen übernehmen Industriekletterer. „Vor einigen Jahren wurde der Donauturm saniert“, erzählt Marischka. beigestellt beigestellt © GRYC/AUVA Foto oben: Felsarbeiten können gefährlich werden, daher wird von oben nach unten gearbeitet „Bei diesem Großauftrag musste der gesamte Turm neu gestrichen werden, und für die Sanierungszeit der Aufzüge wurden wir als Notfallprogramm eingesetzt, um bei einem Liftausfall im Liftschacht zu Hilfe zu kommen.“ Extremsituationen sind eben Alltag in diesem Gewerbe. Risiko immer dabei Teil fast jeden Einsatzes ist ein Rettungskonzept. „In 90 Prozent aller Fälle wird ein sogenanntes Evaluierungskonzept vom Auftraggeber verlangt“, erzählt Marischka. Dabei geht es um eine detaillierte Risikoeinschätzung. Das Thema Rettung ist grundsätzlich Teil des Auftrages – und der Ausbildung. „Wenn jemand ein Höhen- oder Hängetrauma erleidet, muss der Kollege sofort wissen, was zu tun ist“, sagt Marischka. Daher wird für jeden Einsatz das potenzielle Risiko kalkuliert, Rettungskonzepte werden erstellt und die entsprechende Ausrüstung ist vor Ort. „Eine sogenannte PSA – die persönliche Schutzausrüstung – muss immer komplett sein“, ergänzt der Experte. In vielen Fällen bleibt es den Mitarbeitern vor Ort überlassen, Foto links: Montage des AUVA-Logos auf dem Gebäude der Hauptstelle in Wien durch Industriekletterer Marischka das Risiko einzuschätzen. Nach Sprengungen entfernen beispielsweise Industriekletterer lose Steine von Wänden oder Brandreste von Schlotinnenwänden. „Wir müssen dann selbst einschätzen können, ob die Gefahr gebannt ist oder noch etwas herunterkommen kann. Im Zweifelsfall hilft ein steter Blick nach oben“, scherzt Marischka. Risikoprävention beginnt für den Profi „bei der Arbeitsvorbereitung und endet, wenn auch der zweite Mann am Boden ist“, denn Industrieklettern ist immer Teamarbeit. Der tägliche Umgang mit dem Risiko macht aus Marischka und seinem Team auch in dieser Hinsicht Experten. Deshalb bieten sie in ihrem ihz – Institut für Höhenzugangstechnik-Schulungen, die Erstellung persönlicher Schutzausrüstungen, Personen-Absturzsicherungen, Ist- und Zustandsdokumentationen und die Erstellung sowie Montage von Rettungskonzepten an. Job mit Potenzial „Der Markt gibt genug her für die Anzahl an Industriekletterern, die es hier gibt“, meint Marischka bezüglich der Jobchancen. Zu kämpfen hat die Branche dennoch mit Preis- dumping, speziell aus benachbarten Ländern. Dagegen kommt der Profi mit solidem Wissen, fachlichem Können und zuverlässiger Risikoeinschätzung – auch im Rettungseinsatz – an. „Moderne Seilwinden sind beispielsweise sehr teuer“, erklärt Marischka. „Manche Unternehmen haben sie deshalb nicht im Bestand. Für mich sind sie ein Muss, weil sie ein hohes Maß an Sicherheit garantieren.“ Frauen gelten eher als Seltenheit in diesem schwierigen Beruf. Industrieklettern ist männlich dominiert, der Frauenanteil liegt etwa bei 5,6 Prozent. „Wir hatten einmal eine Mitarbeiterin, doch sie hat von sich aus nach einigen Monaten das Handtuch geworfen – es ist eben doch ein körperlich sehr herausfordernder Beruf“, erklärt Marischka. Gearbeitet wird in Österreich und im angrenzenden Ausland, was ein gewisses Maß an Mobilität, aber auch viel Abwechslung mit sich bringt. Noteinsätze können Tag und Nacht erforderlich sein. „Aber die Abwechslung, das Ungewöhnliche und Besondere sind es ja, die mich an diesem Beruf angezogen haben“, meint Marischka abschließend. n Gottfried Marischka (rechts) im Einsatz: Fassadenarbeiten nur mit perfekter Seilsicherung „Die schlimmste Gefahr im Außeneinsatz ist nicht der Regen, sondern der Wind.“ Gottfried Marischka, Industrieklettern Marischka, www.ikma.at ALLE!ACHTUNG! 11/2014 19 AUVA THEMA Risikoprävention durch Achtsamkeitstraining Unachtsamkeit und ihre Folgen kennen viele von uns meist sehr genau – ein unbedachter Schritt, abgelenkt im falschen Moment, und schon ist ein Unfall passiert. „Hätte ich doch nur aufgepasst“ – oder anders und un gewohnt formuliert: „Wäre ich doch achtsam gewesen!“ Was heißt für Sie Achtsamkeit? Jonas: Anwesend sein im Moment, da sein. Moughrabi: Präsenz im Hier und Jetzt zeigen. Wenn Sie im Büro sitzen und denken: „Ich bin ja eh da“, stimmt das meist nicht. In Gedanken sind Sie vielleicht bei gestern Abend, als Sie mit einer Freundin 20 11/2014 www.alle-achtung.at essen waren, heute früh, als Sie die Kinder zur Schule gebracht haben, oder Sie denken gerade an Ihren Sohn, der eine Prüfung schreibt, oder Sie überlegen, was Sie heute Abend kochen werden. Es sind viele kleine, oft banale Dinge, die unsere Gedanken abschweifen lassen und uns damit unachtsam für den Augenblick machen. Hat sich das Thema mit zunehmendem Arbeitsdruck oder zunehmender Informationsvielfalt verändert? Moughrabi: Ich denke, das ist nicht mehr oder weniger geworden, die Färbung hat sich verändert. Heute gibt es viel mehr Möglichkeiten, sich abzulenken.Während Sie am Nachhauseweg vom Büro früher vielleicht Ihr Abendessen geplant haben, checken Sie heute wahrscheinlich den Facebook-Status, die WhatsApp-Nachrichten oder SMS. Jonas: Das Erfordernis, im Hier und Jetzt zu sein, war immer da, die Impulsdichte ist größer geworden und damit auch die Zahl der Ablenkungen. Ich denke, dass es heutzutage schwerer fällt, achtsam zu sein, weil es viel mehr Chancen gibt, unachtsam zu sein. Warum müssen wir überhaupt achtsam sein? Jonas: Wenn wir nicht im Hier und Jetzt sind, dann passieren oft Routinen, eingelernte Abläufe werden Beigestellt A chtsamkeit zu beschreiben, gelingt am einfachsten über jene Eigenschaften, die sie ausmachen: Sie ist ein Plus an Aufmerksamkeit, bedeutet, bewusst im Augenblick zu sein, nicht zu werten oder zu urteilen. Historisch betrachtet, ist Achtsamkeit vor allem in der buddhistischen Lehre und Meditationspraxis zu finden. Im westlichen Kulturkreis ist das Üben von Achtsamkeit insbesondere durch den Einsatz im Rahmen verschiedener Psychotherapiemethoden bekannt geworden. Aber auch im Alltag kann Achtsamkeit immer wieder mit einfachen Übungen trainiert werden und trägt dazu bei, dass wir uns aktiv in die vielen kleinen Augenblicke des Lebens integrieren, aufpassen, dabei sind ... Wie das klappen kann, erklären der Hypnose- und Meditationsarzt Dr. Nidal Moughrabi und die Körpertherapeutin Katrin Jonas vom Institut für Medizinische Hypnose und Meditation. „Achtsamkeit kann im Alltag immer wieder geübt werden.“ Katrin Jonas, international arbeitende Körpertherapeutin Info & Kontakt: www.hypnomed.cc www.bmde.me © DNY59 – istockphoto.com Beigestellt „Risiken können einfach vermindert werden.“ Dr. Nidal Moughrabi, Anästhesist automatisch abgespult, ohne viel nachzudenken. Dieser „Autopilotenstatus“ führt dazu, dass wir nie über die Routinen nachdenken und sie nicht modellieren. Eine Antwort auf eine aktuelle Situation erfordert aus meiner Sicht immer, dass man aufmerksam ist, analysiert und eben der aktuellen Situation angepasst handelt. Die meisten Fehler passieren durch Routinen – immer wieder wird ein automatisiertes Programm gestartet, ohne zu achten, ob die Situation auch tatsächlich die gleiche ist. Verkehrsunfälle passieren oft auf Strecken, die jeden Tag „fast wie im Schlaf“ gefahren werden – kommen Veränderungen, auf die man nicht vorbereitet ist, wie etwa Umleitungen oder Baustellen, müsste sofort der „Autopilot“ unterbrochen werden, um aktuell zu reagieren. Moughrabi: In vielen Hochrisikobereichen wie etwa im Flugverkehr oder in der Medizin ist man sich dieser Themen bewusst und versucht, Strategien gegen die Routine zu fahren. Als Notarzt erlebe ich zum Beispiel immer wieder die Situation, dass Medikamente ganz leicht verwechselt werden könnten, denn man „glaubt“, gehört zu haben, was in ähnlichen Situation immer wieder eingesetzt wurde, die Zeit drängt, die emotionale Belastung ist hoch, und da bietet es sich an zu tun, was immer getan wurde – eingelernte Muster werden abgespult. Raus aus der Routine – kann das gelernt werden? Jonas: In einem ersten Schritt lernen Menschen, mit uns überhaupt den Unterschied auszumachen: Wie fühlt es sich an, wenn ich achtsam bin, und wie fühlt sich Unachtsamkeit an? Wie reagiere ich auf völlig gleiche Situationen in dem einen und anderen Zustand? Das erfolgt, indem wir Laborsituationen kreieren und dann mit Hypnose, Körperarbeit nach Feldenkrais und Meditationstechniken mit diesen Gefühlen „spielen“ bzw. „üben“. Dieses Feingefühl kann sehr gut trainiert werden und hilft dann im Alltag, rasch einschätzen zu können, „wie es im Moment um mich steht“. Moughrabi: Niemand kommt mit der Idee, „aufmerksamer“ zu sein, zu uns. Es ist praktisch immer ein Symptom, das Auslöser ist, mit Achtsamkeitstraining zu starten. Zum Beispiel sind es Verspannungen, Die Feldenkrais-Methode Die Feldenkrais-Methode ist ein körperorientiertes pädagogisches Verfahren, das nach seinem Begründer, dem Physiker Moshé Feldenkrais, benannt ist. Er lehrte, dass sich durch die Schulung der kinästhetischen und propriozeptiven Selbstwahrnehmung grundlegende menschliche Funktionen verbessern, Schmerzen reduzieren lassen und dies allgemein zu als leichter und angenehmer empfundenen Bewegungen führt. Kopfschmerzen oder überhaupt Schmerzen, die über viele Jahre nicht therapiert werden konnten. Diese Schmerzen sind eine innere Routine, immer wieder die gleiche Antwort auf eine Situation wie etwa Stress oder Überlastung. Und der Körper reagiert mit seinem gelernten, bekannten Muster. Viele wissen genau, wie man sich anstrengt oder verspannt, die wenigsten könnten mit dem Gegenteil – dem Loslassen – etwas anfangen. Das muss trainiert werden, über viele kleine Bewegungsabfolgen oder Mediation oder Hypnose. Gibt es auch alltagstaugliche Übungen? Moughrabi: Ja, es gibt eine Reihe von Übungen, die Sie in jedem Meeting, am Schreibtisch, im Auto, im Lift oder auf der Toilette machen können. Das Einfachste sind Atemübungen – beobachten Sie Ihren Atem, zählen Sie langsam bis zehn, jede Zahl ist ein Ein- und Ausatmen. Hier gibt es kein „richtig“ oder „falsch“ – in dem Moment, wo Sie Ihren Atmen beobachten, sind Sie automatisch aufmerksam und achtsam. Jonas: Natürlich gibt es auch komplexere Übungen, das hängt sehr von der individuellen Person ab. Wer viel Zeit mit mentaler Arbeit verbringt, braucht andere Übungen als ein körperbetonter Arbeiter. Kopfarbeiter haben es oft schon mit der Atemübung schwer, denn sie versuchen, ihre Gefühle und Empfindungen auch über den Kopf zu bearbeiten. Hier starten wir mit einfachen Bewegungsübungen, die Schritt für Schritt alltagstauglich werden.Wir beobachten, dass sich tendenziell junge Frauen schneller entspannen können, ältere Männer haben es oft viel schwerer, „auf ihren Körper zu hören“. Woran merkt man, dass die Achtsamkeit fehlt? Wenn sich unangenehme Situationen immer wiederholen. Ganz einfach merken Sie es an Redewendungen wie zum Beispiel: „Jetzt habe ich schon den fünften Arbeitsplatz und schon wieder ein cholerischer Chef“, „Ich bin schon wieder Opfer von ...“, „Warum immer ich ...“, „Ich war schon bei so vielen Ärzten und keiner konnte mir helfen ...“, „Ich hab nie Glück mit ...“, „Schon wieder habe ich mich am Fuß verletzt ...“ Wo im Berufsalltag ist Achtsamkeit hilfreich? Risikoprävention ist sicher ein wichtiger Punkt – beim Umgang mit Werkzeugen und Maschinen ist eine häufige Ursache für Unfälle die Unachtsamkeit. Aber auch der Ausweg aus Stress, chronischer Erschöpfung oder Mobbing kann durch Achtsamkeitstraining unterstützt werden. Depression, Schmerz und Verspannung haben keine Chance mehr, und die Kreativität sowie Spaß am Job werden gefördert. n ALLE!ACHTUNG! 11/2014 21 AUVA Thema Ob der Blutdruck im „Normbereich“, zu hoch oder zu niedrig ist, hat viel mit Wohlgefühl zu tun. Davon abgesehen, können aber auch gesundheitliche Effekte Resultate vor allem eines zu hohen Blutdrucks sein. Bevor Medi kamente zum Einsatzkommen, gilt es, den Lebensstil zu überdenken. D ass bei fast jeder Untersuchung der Blutdruck gemessen wird, kommt nicht von ungefähr. Der Wert, der einigen Raum für Interpretation zulässt, sagt viel über den allgemeinen Gesundheitszustand aus. Wer unter zu niedrigem oder zu hohem Blutdruck leidet, kann aber auch mit vielen kleinen Lebensstiländerungen dazu beitragen, langsam, aber sicher wieder „normale“ Werte zu erreichen. Immerhin jeder vierte Österreicher – 28 Prozent Männer und 26 Prozent Frauen – leidet unter Bluthochdruck von über 140/90 mm Hg. Zu niedriger Blutdruck besteht bei Werten von unter 110/60 mm Hg, hat aber selten gesundheitliche Auswirkungen. BUCHTIPP Berndt Rieger, Bluthochdruck. Ganzheitlich behandeln und heilen. Herbig, München. 2011. ISBN 9783-7766-2674-2 Was ist normal? Menschen, die unter niedrigem Blutdruck leiden, ermüden rascher, verzeichnen Konzentrationsmangel, Appetitlosigkeit und Reizbarkeit, Schwindelzustände, Kälteempfindlichkeit oder depressive Verstimmungen. Gefährlich ist diese sogenannte Hypotonie aber selten. Anders sieht es bei der Hypertonie (Bluthochdruck) aus: Sie führt zu Herz-Kreislauferkrankungen oder ist ein Resultat derselben. Die ersten Anzeichen sind selten besorgniserregend: Atemnot, Schlafstörungen, Schwindelgefühl, Kopfschmerzen. Jeder Zweite erkrankt und stirbt jedoch daran. Bis zum Alter von etwa 60 Jahren sind Männer häufiger betroffen, doch durch die Menopause sind auch die Gefäße von Frauen schlechter geschützt – das Problem betrifft dann alle mehr oder weniger 22 11/2014 www.alle-achtung.at © photovideostock – istockphtot.com Unter Druck gleich. Dass der Blutdruck kurzzeitig „in den Keller“ fällt oder stark ansteigt, ist völlig normal. Dauerhafte „Ausreißer“ sind aber krankhaft und müssen therapiert werden. Was tun gegen Hypertonie? Viele kleine Schritte sind meist die Lösung: Dazu gehören etwa eine fettarme, ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst und wenig Fleisch, Zucker und Fett, eine salzreduzierte Kost, gegebenenfalls eine Reduktion des Körpergewichts auf ein Normalmaß, regelmäßige körperliche Aktivität, Nikotinabstinenz und eine Einschränkung des Alkoholkonsums. Dr. Berndt Rieger, Autor eines Gesundheitsratgebers über Bluthochdruck, plädiert neben medikamentöser Therapie zunächst für eine Mischung aus komplementärmedizinischen, ganzheitlichen Methoden aus Schüssler-Salzen, Bachblüten, Ernährungsumstellung, regelmäßiger Bewegung, Homöopathie, Heilpflanzen und Aromatherapie. Bei der Arbeit Eine Prise Zimt im Kaffee oder noch besser – beruhigender – Kräutertee statt Kaffee, Fußwege statt Autofahrten, Stiegen steigen statt Lift fahren, leichte, salzreduzierte Kost – die Varianten der blutdruckschonenden Lebensweise sind einfach umzusetzen, auch im Arbeitsalltag. Schwieriger kann sich freilich die Stressreduktion gestalten, aber auch hier gilt: Kleine Schritte, die mit der Zeit ihre volle Wirkung entfalten, sind der Trick! n Tipps Tipps den Monat für November TIPP 1 Entspannung Mit der Serie „Tipps des Monats“ wollen wir quer durch Branchen, Berufsgruppen und Alter leicht umsetzbare „Lebenshilfe“ im Alltag bieten. Ob Ernährung, Bewegung oder Entspannung – Sie selbst können am besten für sich vorsorgen und Ihre Lebensqualität positiv beeinflussen, damit Körper, Geist und Seele in Balance bleiben. Setzen Sie sich aufrecht auf den vorderen Teil eines Stuhles. Die Beine sind gegrätscht und Ihre Füße stehen voll auf dem Boden. Stützen Sie Ihre Ellenbogen auf die unteren Oberschenkel. Dabei ist Ihr Rücken nach vorne gebeugt und bildet einen Katzenbuckel. Unterarme und Hände hängen zwischen Ihren Oberschenkeln. Auch Kopf und Hals hängen. Diese Haltung bringt Erleichterung bei Atemnot und Sie spüren Ruhe. TIPP 2 ERNÄHRUNG Illustrationen: Martin Lachmair Fotos © Reichhart/AUVA, bit24 – Fotolia.com Wenn es im Hals kratzt oder die Nase verstopft ist, sollten Sie eine Tasse Ingwertee trinken. Ingwer fördert die Durchblutung und wirkt entzündungshemmend. So werden die ersten Symptome einer Erkältung effektiv bekämpft. Am besten verwenden Sie frischen Ingwer: Gießen Sie dazu 200 ml heißes Wasser auf zwei bis drei dünn geschnittene Scheiben Ingwer. Danach lassen Sie die Tasse etwa 15 Minuten ziehen. Je nach Geschmack können Sie den Tee auch mit Honig oder Ahornsirup gesüßt genießen. TIPP 3 BEWEGUNG Langes Sitzen lässt sich manchmal nicht vermeiden und führt oft zu Verspannungen in der Nackenmuskulatur. Diese Muskeln können Sie durch leichtes Schulterkreisen einfach durchbluten und lockern. Legen Sie in aufrechter Sitzposition die Finger auf die Schultern und kreisen Sie mit den Ellbogen, erst in kleinem, dann in größerem Radius, mehrmals vor- und rückwärts. Vergessen Sie während Ihres Kurzprogramms nie, dass Sie weiter ruhig und gleichmäßig atmen! Halten Sie nie den Atem an und vermeiden Sie Pressatmung! Mit kleinen Schritten zum Erfolg Es bedarf oft keiner unhaltbaren Vorsätze wie „Ich werde nie wieder …“ oder „Ab heute verzichte ich auf …“ – das geht erfahrungsgemäß schief. Wir wollen Ihnen mit den monatlichen Tipps leicht umsetzbare und alltagstaugliche Hilfe anbieten, schlechte Gewohnheiten zu ändern oder einen Schritt aus der Komfortzone zu wagen. Der Erfolg ist sicher: Mehr Lebensqualität und Gesundheit für Sie! Schreiben Sie uns Ihre Erfahrungen mit der Umsetzung. Oder haben Sie einen Tipp für Dezember? Einfach per E-Mail an [email protected] ie S n er on h c i S ch s h sic zt Ihr r! jet imme elz t o H FORUM PRÄVENTION 18. bis 21. Mai 2015 Hofburg | Wien Da der Europäische Song Contest 2015 in Wien ausgetragen wird (Finale am Samstag, den 23. Mai 2015), empfehlen wir eine möglichst rasche Hotelreservierung oder -buchung. Setzen Sie sich direkt mit dem Hotel Ihrer Wahl in Verbindung! www.auva.at