FW 190 Lumda Anzeiger

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FW 190 Lumda Anzeiger
Nach Beschuss durch US-Jäger abgestürzt
Überreste einer Focke Wulf FW 190 D-9 gefunden - Jagdflugzeug im März 1945 zwischen
Lumda und Geilshausen niedergegangen
LUMDA/GEILSHAUSEN (jec). Burkhard Sauer aus Lumda hat die Ruhe weg. Jahrelang kurvte
er mit seinem Traktor über eine Wiese im Lumdatal, um zu mähen. Dabei sollte dort im
Zweiten Weltkrieg ein Flugzeug abgestürzt sein. Horst Jeckel aus Rabenau befasst sich mit
diesem Thema. Ziel: Teile des Flugzeuges aufspüren und den Namen und Schicksal des
eventuell vermissten Piloten herausfinden. Daher rücken Luftkriegshistoriker mit Unterstützung
des Kampfmittel-Räumdienstes sowie des Technischen Hilfswerkes Grünberg an. Schnell
stellen die Experten fest: Sauer war die ganzen Jahre über die Reste eines abgestürzten
deutschen Flugzeuges aus dem Zweiten Weltkrieg gefahren. Die Maschine, eine Focke Wulf FW
190 D-9, war vermutlich bei einem Jagdbombereinsatz dort abgestürzt. Helmut Seim aus
Lumda hatte den entscheidenden Tipp gegeben. Er war als Knirps dabei, wie sein Vater kurz
nach dem Krieg den begehrten Motor wieder ans Tageslicht beförderte, und kannte daher die
Stelle natürlich genau.
Nachdem alle Genehmigungen eingeholt sind, beginnt man schließlich, an der angegebenen
Stelle zu graben. Schon nach einem Meter werden die ersten Flugzeugtrümmer gefunden.
Auch nach mehr als 60 Jahren tauchen sogar noch Teile der Waffenanlage auf. Das gut
erhaltene Maschinengewehr MG 131 wird dem Kampfmittel-Räumdienst übergeben.
Der feuchte Wiesenboden hat das manchmal bizarr verbogene Metall verhältnismäßig gut
konserviert. Dann stößt man auf Munition. Auch diese, darunter vollständige Gurte der
Bordbewaffnung, nimmt der Kampfmittel-Räumdienst mit und entsorgt alles. Dieter
Oppermann vom Kampfmittel-Räumdienst des Landes Hessen identifiziert die zahlreichen
Gurte und Geschosse als Munition der 13- und 20-Millimeter-Waffen. "Die Bordwaffenmunition
ist in erstaunlich gutem Zustand. Die Messinghülsen blitzen wie neu. Darunter sind auch sehr
gefährliche Phosphorgeschosse und Panzersprengmunition." Was für eine Maschine dort genau
abgestürzt ist, lässt sich bisher nur vermuten. "Wir haben mehrere eingestanzte Nummern auf
den Wrackteilen gefunden", sagt Dirk Sohl (Ebsdorf) von der "Initiative Fliegerschicksale in
Hessen", darüber hat sich der Typ D-9, aber noch nicht die genaue Maschine identifizieren
lassen."
Im Kriegseinsatz war die "Dora Neun" oder "Langnase" wie die Maschine genannt wurde, ein
sehr erfolgreiches und leistungsfähiges Jagdflugzeug. Von August 1944 bis zum April 1945
konnten trotz der immer schlechteren Versorgungslage noch etwa 1805 Maschinen vom Typ
FW 190 D-9 gebaut werden.
Horst Jeckel macht schließlich einige Zeitzeugen ausfindig. Erwin Schnell (Jahrgang 1934) aus
Lumda war damals als Elfjähriger mit dem Fahrrad zur Absturzstelle geeilt.
Er erinnert sich noch ganz genau an den Absturz: "Das Flugzeug ist von amerikanischem
Bomberbegleitschutz beschossen worden. Es kam schon qualmend aus Richtung Atzenhain
nach Lumda herüber. Ich habe gesehen, wie der Pilot erst die Cockpithaube abgeworfen hat
und dann in Höhe der Autobahnbrücke mit dem Fallschirm raus ist." "Die Schiebehaube ist dort
auch gefunden worden und später im Dorf zur Holzabdeckung benutzt worden", erzählt Willi
Kömpf, ebenfalls aus Lumda. Sein Großvater hatte das Ganze damals beobachtet und die
Haube schnell gefunden.
"Das Flugzeug ist dann auf der Wiese eingeschlagen. Der Pilot hing an seinem Fallschirm nur
etwa 50 Meter rechts davon zwischen einem Hochsitz und einem Baum eingeklemmt. Er hatte
sich aber schon selbst befreit, als einige ältere Männer aus Lumda und auch ich hinzukamen.
Der Flieger war sehr wortkarg, dem Aussehen nach aus Norddeutschland, kräftig, über 1,80
groß und so um die 30 Jahre alt ", erinnert sich Schnell an den Piloten.
"Er hat dann gleich seinen Fallschirm zusammengepackt und ist in Richtung Autobahn
gelaufen.
Dort wurde er schon kurze Zeit später abgeholt. Er hat wohl vor dem Aussteigen noch gefunkt.
Er ist dann Richtung Norden abgefahren. Das war so um die Mittagszeit, bei schönem Wetter.
Er hat weder Name noch Einheit gesagt, war ja eh alles geheim damals. Die Tragflächen und
das Leitwerk lagen daneben, haben gebrannt, Munition ist zwischendurch auch explodiert. Das
Ganze war so Anfang März 1945, ich kann mich leider an das genaue Datum nicht mehr
erinnern", so der Zeitzeuge. Das Spornrad vom Heck der Maschine hatte sich damals Heinrich
Hopp aus Lumda gesichert. Er hat es noch lange Jahre an einer Schubkarre verwandt.
Horst Jeckel merkt dazu an: "Einer der Reifen, die wir gefunden haben, trägt das
Herstellungsdatum Dezember 1944. Kleine Teile des Motors deuten eindeutig auf einen Jumo
213 hin. Anhand der Lackierung war die Maschine im Winter bei Schnee im Einsatz. Wir tippen
daher auf ein Datum zwischen dem 1. und 26. März 1945."
Ob das Schicksal des Piloten über 60 Jahre nach Kriegsende noch geklärt werden kann, bleibt
diesmal aber fraglich. Vielleicht meldet sich ja noch jemand auf Grund dieses Artikels.
Dort, wo die Maschine damals einschlug, ist jetzt die Erde wieder aufgefüllt, neu eingesät und
Burkhard Sauer kann wieder beruhigt mähen.