Das CTO-Modell in der Musikproduktion

Transcrição

Das CTO-Modell in der Musikproduktion
Das CTO-Modell in der Musikproduktion
von Franziska Baier, Katja Nörthen und Anne-Kathrin Pabst
Franziska Baier
Katja Nörthen
Anne-Kathrin
Pabst
1. Einleitung
Bundesvision Song Contest 2010, zwei junge
Künstler treten für das Bundesland Thüringen an.
Mit ihrem Song „Planlos“ erreichten sie einen guten sechsten Platz. Doch wer sind die beiden eigentlich? Ihre Namen sind Norman Sinn & Ryo, seit
Jahren sind sie im Musikgeschäft tätig. Allerdings
traten sie mit diesem Song das erste Mal ins Rampenlicht.
Produziert wurde dieses Medienprodukt in der Thüringer Landeshauptstadt Erfurt, in einem jungen
Musikstudio namens Zughafen. Da die Medienlandschaft in der Umgebung ansonsten für junge
Erwachsene nur wenig zu bieten hat, ist die Eigenproduktion um so überraschender. In diesem Beitrag wird das Medienprodukt „Planlos“ vorgestellt.
Musik ist von den Techniken ihrer Produktion abhängig. Nicht nur spezifische Klangmuster hängen von den jeweiligen Instrumenten ab, auch
insgesamt Musik als Kunst ist von der Art und
Weise ihrer Realisierung abhängig. Zwischen
der Musik des Mittelalters und der Techno-Musik
liegen produktionstechnologische Welten [1].
Die Musikproduktion untersteht folglich einem stetigen Wandel, vor allem vorangetrieben durch den
technischen Fortschritt und durch sich fortwährend
entwickelnde neue Kompositionsmöglichkeiten. Der
Produktions-Begriff in der Forschung wurde bisher
den traditionellen Medien, wie Film, Rundfunk und
Print, vorbehalten [2]. Daher ist es zwingend notwendig, dass die Musikproduktion grundlegend auf
medien- und kommunikationswissenschaftlicher
Ebene untersucht wird. Ziel der folgenden Ausarbeitung ist es, die gegenwärtigen Methoden und
Möglichkeiten einer solchen Produktion zu untersuchen und zu erläutern, da Musik bewusst und unbewusst ein Bestandteil des alltäglichen Lebens ist.
Zu Beginn wird dazu grundlegendes Wissen über
Musik geklärt. Im Anschluss wird das Modell „Content – Technik – Organisation“ auf das Praxisbeispiel „Planlos“ angewendet und hinsichtlich der vier
Produktionsschritte: Preproduktion, Produktion,
Postproduktion und Distribution betrachtet, die im
Produktionsprozess jedes Musikproduktes impliziert sind [2].
Unter der zentralen Fragestellung:
„Wie war die Vorgehensweise bei dem Erstellungsprozess der Musikproduktion des Songs „Planlos“
von Norman Sinn & Ryo?“, wird das Medienprodukt
anhand von theoretischen Grundlagen analysiert.
Zudem orientiert sich die folgende Ausarbeitung
an den Aussagen zweier befragten Experten, die
direkt in die Produktion dieses Songs involviert waren. Dies ermöglicht einen detaillierten Einblick in
die Welt der Musikproduktion.
2. Was ist Musik?
Es gibt viele verschiedene Definitionen von Musik,
eine davon beschreibt: „Musik kann als ein nahezu universal verbreitetes und zugleich spezifisches
Feld menschlicher (sowie u.U. auch tierischer) Betätigung gesehen werden, das auf die Hervorbringung klanglicher Gebilde gerichtet und durch diese
sinnlich erfahrbar ist.“ [3]
So sind Hörer und Musiker bereits mit Musik aufgewachsen und verbinden Erlebnisse, Gefühle,
Erinnerungen, Träume und Gedanken mit Musikstücken. Dies führt dazu, dass das Befinden der
Menschen durch Musik beeinflusst werden kann,
was sich beispielsweise durch einen steigendenden oder sinkendenden Puls, Muskelkontraktionen
oder verändernde Hautspannung zeigt. Zugleich
kann ein und dieselbe Musik bei unterschiedlichen
Menschen verschiedenste Emotionen hervorbringen, sei es Bewunderung, Ekel, Unverständnis,
Hass oder sogar gar keine Gefühlsregung [4]. Die
Empfindung und Bewertung von Musik ist bei jedem Menschen anders, was unter anderem auch
generationsbedingt sein kann. Ältere Menschen
nehmen aktuelle, moderne Musik womöglich als
weniger schön wahr, als es die jüngere Generation
tut [5].
„Die Musik kann als eigenständiges Medium
produziert werden, die später selbstständig auf
Konzerten aufgeführt oder auf einer Audio-CD
verkauft werden kann.“ [1]
8
Deshalb ist Musik, nach Klimsa und Krömker, abhängig von den Techniken ihrer Produktion, ebenso
wie sie auch insgesamt als Kunst von der Art und
Wiese ihrer Realisierung abhängig ist [1].
Zur Kategorisierung wird Musik nach Musikstilen
und Musikarten eingeordnet. Zu diesen gehören
z.B. Klassik, Rock, Jazz, Techno, Pop, Hip Hop [5].
2.1 Der Aufbau eines Songs – Arrangement
Eine Ebene über den einzelnen Instrumenten
liegt das Arrangement. Ein klassischer (z.B.
Pop, Rock, Dance) Song besteht allgemein aus
einem Instrumental (Beat) und einem Accapella. Das Instrumental umfasst ausschließlich alle
Musikinstrumente ohne Gesang, das Accapella
dementsprechend nur den Gesang ohne Musikinstrumente [5].
Ein Arrangement umfasst alle Elemente in einem
Song und zeichnet sich dadurch aus, dass alle Instrumente in ihrem Einsatz über den Song hin sinnvoll
aufgeteilt sind. Es gibt allerdings keine allgemein
gültige Regel, wann und wie viele Instrumente erklingen sollen. Es gilt jedoch oft – weniger ist mehr.
Wenn zu viele Instrumente auf einmal eingesetzt
werden, müssen sich mehr Instrumente den gleichen Frequenzbereich teilen, was dazu führt, dass
Instrumente mit ihrem Klang versinken und vom
Hörer nicht wahrgenommen werden [5].
Der Aufbau eines Arrangements weist in der Regel einen zeitlichen Spannungsbogen auf und wird
durch die einzelnen Instrumente bestimmt. Am
Anfang setzen meist erst wenige Instrumente ein,
während im Verlauf des Songs mehr dazu kommen und variieren. Der Anfang und das Ende eines
Songs sind eher ruhig und der Chorus stellt den
Höhepunkt dar [5].
Ein Song besteht weiterhin aus den Passagen: Intro, Verse, Chorus, Bridge und Outro. Das Intro stellt
einen sehr wichtigen Teil eines Songs dar, da der
Hörer schon dort entscheidet, ob er den Song weiterhin hören will oder nicht. Die Passage soll zum
Zuhören einladen und Spannung und Lust auf das
Folgende wecken. Der Verse, deutsch auch Strophe genannt, ist der Hauptteil eines Songs, da er
den Hauptinhalt des Textes wiedergibt. In einem
Song treten in der Regel mindestens zwei Strophen
auf, oft auch mehr. Das Arrangement sollte an dieser Stelle nicht zu überladen sein, da der Gesang
sonst untergeht. Der Chorus ist tragender Teil eines
Songs, der Zuhörern in Erinnerung bleiben soll, z.B.
durch eine einprägende Melodie oder ein mit Instrumenten harmonierenden Gesang. Er tritt zwischen
den einzelnen Verses auf, kann auch mehrmals
hintereinander auftreten, bleibt inhaltlich gleich und
wiederholt sich.
Oft stellt der Chorus auch Ersatz für das Intro und/
oder das Outro dar. Der Bridge sorgt für Abwechslung und Auflockerung in einem Song, mündet in
den Chorus und unterstreicht den Inhalt. Er ist bewusst etwas anders als der Hauptteil und oft nur
einige Takte lang. Ein Rhythmuswechsel reicht oft
schon, um Veränderung in einen Song zu integrieren. Das Outro ist das Gegenstück zum Intro und
verabschiedet den Zuhörer in den letzten Sekunden
des Musikstücks. Die Anzahl der Musikinstrumente
wird in der Passage minimiert und dem Hörer wird
Zeit zum Verarbeiten gegeben [5].
All diese Bausteine brauchen eine passende Reihenfolge, damit ein Song eine sinnvolle, gut klingende Struktur bekommt. Der Aufbau des zu untersuchenden Songs „Planlos“ ist wie folgt:
Intro
Verse
Chorus
Verse
Chorus
Bridge
Chorus
Outro
Nicht alle Songs und Musikstile können sich mit einem solchen Aufbau identifizieren, so gibt es z.B.
auch rein instrumentale Musikstücke, die sich nicht
durch Verse oder Chorus bestimmen lassen, oder
auch elektronische Musikstile, die keinen Gesang
beinhalten und deren Instrumental ohne strickten
Ablauf angeordnet ist [5].
2.2 Der Tonträgermarkt
Die Musikindustrie zeichnet sich durch ein „hohes
Risiko der Produktion, die strategische Bedeutung
des Distributionsbereiches für die Gewinnerzielung
und schließlich die Tendenz zur Bildung oligopolischer Märkte“ aus [6].
Die oligopolischen Märkte werden durch gleichzeitig stattfindende horizontale, vertikale und transnationale Konzentrationstendenzen vorangetrieben. Es gibt ein sehr vielfältiges Händlernetzwerk
zwischen den Produzenten und Konsumenten, da
der Vertrieb von Tonträgern nur in den seltensten
Fällen über einen Direktvertrieb stattfindet. Der Musikmarkt ist ein komplexer, dynamischer und hart
umkämpfter Teilmarkt im Mediengeschäft, welcher
durch vier wesentliche Faktoren beeinflusst wird:
Wettbewerb, Technologie, Handel und Konsumenten. Der Tonträgermarkt in Deutschland ist nur ein
Teil des gesamten Musikmarktes innerhalb der Musikwirtschaft und umfasst mit den verschiedenen
Plattenfirmen nur ein Fünftel der Umsätze in der
Musikwirtschaft [6].
Die Plattenfirmen werden in Major und Independent
unterschieden. Major-Labels wollen mit ihren Produktionen einen höchstmöglichen Gewinn erzielen.
Dabei wird der Künstler nur als eine Art Produkt gesehen, was dazu führt, dass er kaum künstlerische
9
Freiheiten hat. Bekannte Major-Labels sind z.B.
Universal, Warner und Sony BMG. Ihr weltweiter
Marktanteil liegt bei ca. 80 Prozent. Der Rest wird
durch Independent-Labels vertreten. Diese sind
kleinere Unternehmen, die meist eine spezielle Musikrichtung bedienen und sich nicht im sogenannten
Mainstream befinden. Sie ermöglichen dem Künstler mehr Freiheiten und Kreativität [5].
In den letzten Jahren haben sich die Strukturen
des Musikgeschäfts jedoch durch die illegale Verbreitung von digitaler Musik über das Internet sehr
verändert. Die Menschen, die mit dem Internet aufwachsen, sehen Musik immer mehr als kostenloses
Medium und bevorzugen MP3-Formate statt AudioCDs. Die Folge daraus war und ist derzeitig immer
noch, dass die Umsätze der Musikindustrie eingebrochen sind [5].
3. Stand der Forschung
Heutzutage ist die digitale Produktion von Musik
nichts Neues mehr. Durch die Digitalisierung kann
man sich eine analoge Musikproduktion kaum noch
vorstellen. „Jahrhunderte lang war der Notendruck
die einzige industrielle Form (‚Produktion‘) der Vervielfältigung und Verbreitung von Musikwerken“ [7].
Während die analoge Vorgehensweise zeitaufwendiger und auch teurer ist, wird der digitalen keine
Grenzen gesetzt.
Demnach hat die Technik einen erheblichen Einfluss auf die Musikproduktion. Auch in vielen Forschungsarbeiten wird dieser Wandel der Musikindustrie, d.h. die Auswirkung der Digitalisierung auf
die Distribution von Musikproduktionen, beschrieben, denn durch illegales Kopieren und Tauschen
von Musik schwinden auch die Umsätze [8].
Trotzdem wurde in den letzten Jahren der Produktionsprozess von Musik, vor allem unter dem Einfluss von neuen Technologien, nicht dokumentiert
bzw. ist kaum bekannt [8]. Mit diesem Beitrag setzt
die Arbeit an und versucht, einen näheren Einblick
in die Welt der aktuellen digitalen Musikproduktion
zu bekommen.
4. Das CTO-Modell
Im Prozess der Musikproduktion werden die Elemente Content, Technik und Organisation miteinander verknüpft, um ein konkretes Musikprodukt zu
erstellen. Außerdem wird die Produktion auch von
weiteren äußeren Einflussgrößen, wie dem Rechtssystem, der Gesellschaft, der Politik und der Wirtschaft, beeinflusst [8]. Daher ist es nach Klimsa [9]
notwendig, den Erstellungsprozess vor allem auch
interdisziplinär zu betrachten und zu analysieren.
Dies ist durch das CTO-Modell gegeben und auch
das Zusammenwirken der drei Aspekte kann anhand des Modells hinreichend untersucht werden.
Die Produktion von Musik kann prinzipiell in vier
Produktionsschritte gegliedert werden: Preproduktion, Produktion, Postproduktion und Distribution.
Dabei bildet das Ergebnis der einen Phase die Basis für den nächsten Schritt, wobei allerdings auch
Überlappungen in einzelnen Teilbereichen möglich
sind. Innerhalb der einzelnen Schritte werden Content und Technik organisatorisch miteinander verbunden [2].
Im folgenden Kapitel sollen die drei prozessinternen Einflussgrößen Content, Technik und Organisation auf musikalischer Ebene näher untersucht
werden. Dabei wird auch auf zwei weitere wichtige Faktoren, die die Rahmenbedingungen für die
Musikproduktion mitbestimmen – die Konvergenz
der Medien und die Internationalisierung des Musikmarktes – eingegangen.
4.1 Technik
Die technischen Möglichkeiten bestimmen ganz
wesentlich die Werkzeuge, die eingesetzt werden,
um Musik zu produzieren. Ein kurzer Blick in die
Historie der Musikproduktion macht dies deutlich.
(Abb. nach [1])
10
Anfänglich war Musik lediglich eine Form zwischenmenschlicher Kommunikation. Sie bestand
als mündliche Überlieferung oder als künstlerische
Aufführung. Technik wurde nur in Form der verwendeten Instrumente genutzt. Erstmals wurde es
dann mit der Erfindung der Notenschriften möglich,
Musik in irgendeiner Form aufzuzeichnen. Somit
stellte der Notendruck für einige Zeit die einzige
Möglichkeit der industriellen Verbreitung und Vervielfältigung der Musik dar. Allerdings war es dabei
noch zwingend notwendig, dass vortragende Künstler die Musik zur Aufführung brachten; ohne diese
war der Konsum von Musik nicht möglich. Die Wende kam mit der Erfindung von Thomas A. Edisons
Phonographen. Dieser erlaubte eine akustische
Aufzeichnung der Musik. Damit wurde das musikalische Erlebnis auch unabhängig von ausübenden
Künstlern möglich. Die großangelegte industrielle
Musikproduktion setzte mit der analogen Musikaufzeichnung und -wiedergabe ein, was einen ständigen Musikkonsum ermöglichte [7].
Heutzutage werden Klänge, Stimmen, Instrumente und vieles mehr mit Hilfe der digitalen Technik
der Produktion als Soundfiles zur Verfügung gestellt. Dabei werden die Klänge mittels Algorithmen als reine Informationen gespeichert, die ohne
Qualitätsverluste geklont, also reproduziert werden
können. Die Musikproduktion kann dann mittels
Musical Instruments Digital Interface (MIDI) Instrumenten, geeigneter Studiosoftware, Klangerzeugungs- und Sequenzerprogrammen einen einheitlich Produktionsablauf, von der Komposition bis hin
zur Abmischung, verfolgen. Beispielsweise braucht
ein Popkomponist, um einen Song zu produzieren,
lediglich einen Computer. Mit Hilfe seines „virtuellen Studios“ kann er vorprogrammierte Soundfiles
auswählen und bearbeiten, so dass daraus die
unterschiedlichsten qualitativ hochwertige Kompositionen entstehen, die dann nur mittels weiterer
Software und grundlegender Studiotechnik mit solistischen Parts versehen werden [7].
Nicht nur bei den Aufzeichnungsverfahren fand ein
Wechsel von der analogen zur digitalen Technik
statt, sondern auch bei den Übertragungswegen.
Eine zentrale Rolle übernimmt hier das Internet. Es
ermöglicht den Austausch digitaler Daten, sowie
deren Reproduktion in bester Qualität. Durch stetig
wachsende Kapazitäten verringern sich auch die
Übertragungs- und Ladezeiten deutlich [7].
Diese fortschreitende Digitalisierung führt außerdem zu einer veränderten Gestaltung der einzelnen
Produktionsschritte während der Erstellung eines
Songs. Einzelne Schritte finden mehr und mehr
vernetzt statt [2]. Auch die Distribution der fertigen Musikstücke profitiert von der Digitalisierung.
Obwohl CDs in naher Zeit nicht vom Musikmarkt
verschwinden werden, ist das MP3-Format von
großer Bedeutung. Daten können dabei auf etwa
ein Zehntel der Datenmenge reduziert werden –
bei gleichbleibender Qualität [2]. Ebenso führt die
Digitalisierung zur „Entkörperlichung“ nicht nur bei
der Wiedergabe von Musik, sondern auch während
der Produktion. Produzenten und Künstler vereinen sich im musikalischen Gestalter. Dieser muss
weder Noten schreiben noch lesen können. Wichtig sind grundlegende Kenntnisse im Umgang mit
der entsprechenden Software. Den Kompositionen,
welche aus einem großen Bestand vorgefertigter
Klänge zusammengesetzt werden, kann anschließend mit Sequenzer- und Humanizerprogrammen
menschlicher Charakter verliehen werden: Per Zufallsgenerator werden Unregelmäßigkeiten in den
Song eingefügt. Außerdem bringt die Steigerung
der verschiedenen Produktionsmöglichkeiten eine
starke Reduzierung der Kosten für die notwendigen
Produktionsmittel mit sich [7].
Abschließend lässt sich feststellen, dass die verwendete Technik großen Einfluss auf den Ablauf der
Produktion nimmt und sie wesentlich modifiziert.
4.2 Content
Wie bereits im vorhergehenden Abschnitt erwähnt,
spielen nicht nur die technischen Rahmenbedingen
eine große Rolle für die Musikproduktion, sondern
auch der Content. Der Content ist als „qualifizierter
Inhalt der Medien, mit anderen Worten (…) als inhaltliche Zusammensetzung medialer Produkte begreifbar“ [2]. Musikalische Produkte sind weiterhin
das Resultat einer mediengerechten Umwandlung
des Contents während der Produktion [2].
So findet im Produktionsprozess zunächst das
Songwriting statt: Das Lied wird komponiert, Songtexte werden geschrieben. Ist dies geschehen,
kann der entstandene Content nun aufgenommen
werden. Während der Postproduktionsphase wird
das produzierte Material, der Content, modifiziert:
Die Musik wird mit Hilfe der technischen Möglichkeiten nachbearbeitet, bis es der endgültigen Version gerecht wird. Nun kann das Material vervielfältigt werden, beispielsweise als CDs oder MP3‘s
und später an Musikvertreibende ausgeliefert bzw.
digitalen Musikvertreibungsportalen im Internet bereitgestellt werden [1].
Reich [7] definiert Musik als ein eigenständiges,
aber nachrangiges Medium. So kann Musik Content in zweierlei Form darstellen. Zum einen als Musik, die immer in Kombination mit anderen Medien
steht und auch deren Vertriebskanäle mit nutzt, so
beispielsweise die Filmmusik. Allerdings konzentriert sich diese Arbeit auf Musik, die als eigenständiges Medium existiert und somit auch über eigene
Vertriebswege vermarktet wird, wie Musik in Form
von MP3‘s oder auf CDs.
11
4.3 Organisation
Die bereits erläuterten Komponenten des Produktionsprozesses von Musik, Content und Technik,
werden im Organisationskontext miteinander verknüpft. Das bedeutet, dass erst ein bewusster, gesteuerter Einsatz der einzelnen Produktionsfaktoren
mit Hilfe einer spezifischen medialen Organisation
zur Erstellung eines Songs führt. Die Organisation
kann dabei als System verstanden werden, welches darauf ausgerichtet ist, die vorgegeben Ziele
zu realisieren [2].
Dabei spielt vor allem die interne Kommunikation
innerhalb der Produktionsfirma, aber auch die Kommunikation mit dem Künstler, eine wichtige Rolle.
So muss z.B. abgesichert werden, dass Studio und
Aufnahmetechnik zu bestimmten Terminen bereit
stehen oder dass einzelne Teammitglieder genügend Zeit zur Verfügung haben. So müssen Zeitpläne erstellt werden und Terminabsprachen getroffen
werden, um einen möglichst reibungslosen Ablauf
der Produktion zu gewährleisten. Bei der Zeitplanung muss vor allem auch der finanzielle Aspekt
betrachtet werden, da das zur Verfügung stehende
Budget meist den Rahmen für die Produktion bildet
[10]. Des Weiteren müssen die verschieden Produktionsschritte untereinander so koordiniert werden, dass die Produktion möglichst nach Plan ablaufen kann. So sollte sichergestellt werden, dass
beispielsweise das Songwriting abgeschlossen
wurde, bevor das Tonstudio für die Aufzeichnung
gebucht wird.
Auch rechtliche Aspekte dürfen bei der Musikproduktion nicht außer Acht gelassen werden. So ist
eine vertragliche Regelung des Verhältnisses zwischen Produktionsfirma und Künstler wichtig. Außerdem ist es auch notwendig, sich frühzeitig um
Lizenzen und Nutzungsrechte zu kümmern.
Bei der Produktion von Musik und insbesondere
deren Distribution sind aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung neue Strategien notwendig. Bei
der Vermarktung stehen dabei vor allem MP3‘s und
Musik-Portale im Internet im Vordergrund, die als
große Chance aber auch als weitreichende Gefahr
aufzufassen sind [7].
Aufgrund der weit verbreiteten CD-Brennerei, dem
illegalen Download aus dem Internet, aber auch
der allgemeinen Musikpiraterie sind in den letzten
Jahren stark rückläufige Umsätze zu verzeichnen
(Stand: 2002). Quelle dafür ist die International Föderation der Phonogramm und Videogramm Produzenten (IFPI), die jährlich einen Wirtschaftsbericht
über den Umsatz im Musikgeschäft herausgibt und
auf deren Ergebnisse hin die klassische Organisation der Musikwirtschaft als überholt gilt.
Demnach gilt eine crossmediale Organisation der
Vermarktung, bei der zusätzliche Erlöse aus Nutzungsrechten und Lizenzen erzielt werden können,
als Chance für die Musikbranche [2].
Die Kenntnis der gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge ist für die Organisation einer Musikproduktion von großer Bedeutung. Anhand der daraus
folgenden Konsequenzen müssen Planung und
Finanzierung optimiert werden, um eine effektive
Musikproduktion und Vermarktung gewährleisten
zu können. So bietet beispielsweise das Internet
für neue Künstler eine gute Plattform, um bekannt
zu werden, bevor eine kostspielige Produktion auf
Grund mangelnder Bekanntheit im Sande verläuft
[7].
Genaue organisatorische Produktionsabläufe sind
allerdings bei verschiedenen Produktionsfirmen
und Produzenten unterschiedlich gestaltet. Daher
ist es sinnvoll, die Organisation für jedes Produkt
spezifisch zu untersuchen. Im Laufe dieser Arbeit
soll diese Untersuchung am Beispiel „Planlos“ von
Norman Sinn & Ryo vorgenommen werden.
4.4 Konvergenz
Unter der Konvergenz der Medien ist deren Verschmelzung mit den medialen Inhalten zu verstehen. Auch auf die Musikproduktion hat diese Konvergenz keine unbedeutenden Folgen. So gibt es
heutzutage kaum einen Film ohne Musik, was wiederum der immer weiter fortschreitenden Technik
zu verdanken ist. Ein weiteres treffendes Beispiel
sind Musikvideoclips, bei denen die Musik die verschiedenen Film- und Bildausschnitte bestimmt und
größtenteils dominiert. Auch die Kosten für eine
solche Produktion reduzieren sich zunehmend auf
Grund der wachsenden Möglichkeiten und deren
kostengünstigen Verfügbarkeit. Somit belaufen sich
die meisten Kosten lediglich auf den Personalbereich. Daher werden Musikvideos, besonders auch
weil „die natürliche Affinität von Schauspiel und musikalischem Schaffen“ [7] dabei unterstrichen wird,
nicht an Bedeutung verlieren und auch die MusikDVD wird eine zunehmende Bedeutung am Musikmarkt einnehmen.
Deswegen ist es wichtig, bei der Musikproduktion
auch diesen Faktor zu bedenken und in die Planung mit einzubeziehen, um daraus eventuell neue
Vermarktungswege zu schließen [7].
12
4.5 Internationale Bezüge
Auch der Fakt der Internationalisierung sollte dabei
nicht außer Acht gelassen werden. Prinzipiell ist Musik in den verschiedensten Kulturkreisen verstehbar
und somit auch vermarktbar. Dabei sollte aber auch
bedacht werden, welche rechtlichen und wirtschaftlichen Unterschiede zwischen den verschiedenen
Musikmärkten der Länder bestehen. So wurde auf
Grund der illegalen CD-Brennerei und der Musikpiraterie das Urheberrecht in einigen Ländern außer
Kraft gesetzt. Beispielsweise bestimmen PiraterieProdukte in China etwa 90 Prozent des gesamten
Marktes, was durchaus bedenklich ist. Aber auch
in der europäischen Musikwelt gibt es Defizite, d.h.
die Durchsetzung des Urheberrechts ist nicht ausreichend gewährleistet: In Griechenland, Spanien
oder Italien beträgt diese Quote etwa 25 bis 50 Prozent. Dabei stellt die Achtung des Urheberrechts einen entscheidenden Part für eine wachsende Musikwirtschaft dar [7].
5. Das Forschungsdesign
Zur Beantwortung der in der Einleitung formulierten Frage – „Wie war die Vorgehensweise bei
dem Erstellungsprozess der Musikproduktion des
Songs „Planlos“ von Norman Sinn & Ryo?“ – kann
man das eben beschriebene CTO-Modell von
Klimsa und Krömker [1] anwenden. Anhand eines
Experten-Interviews sollen alle wichtigen Informationen gewonnen werden, um die gestellte Frage
zu beantworten. Bevor aber die methodische Vorgehensweise näher erläutert wird, wird der Untersuchungsgegenstand dieses Beitrags noch einmal
kurz beschrieben.
5.1 Die Forschungsmethode
Bei der Datenerhebung des Produktionsprozesses
des Songs „Planlos“ wurde ein offenes qualitatives
Experten-Interview durchgeführt. Der Experte wird
nicht „als Einzelfall, sondern als Repräsentant einer
Gruppe (…) in die Untersuchung einbezogen“ [11],
d.h. die in dem Interview gewonnen Ergebnisse zur
Momentaufnahme einer Musikproduktion werden
dargestellt und auf eine allgemeine Vorgehensweise bezogen.
Dieses Experten-Interview wurde als LeitfadenInterview durchgeführt. Um einen reibungslosen
Ablauf des Experteninterviews zu gewährleisten,
wurde zunächst ein Pretest mit einer lokalen, thüringischen Band durchgeführt.
Der überarbeitete Leitfaden beinhaltet letztendlich neun verschiedene Themenblöcke, die jeweils
dann nochmals untergliedert sind. Beginnend mit
einem kurzen Briefing, findet zunächst eine kurze
Vorstellung der Interviewer und der Experten statt.
Außerdem wird auf die Dauer des Interviews und
auf die Aufzeichnung mit einem Tonbandgerät aufmerksam gemacht. Im nächsten Themenblock geht
es um die Idee zur Entstehung des Songs und um
mögliche Vorarbeit, die geleistet werden muss. Anschließend werden Fragen zum Zeitmanagement
und zur internen Zusammenarbeit im Zughafen,
wie etwa der Aufgabenverteilung oder der Teambildung, gestellt. Das Songwriting beziehungsweise
die Entstehung des Textes, sowie die Komposition,
werden im nächsten Themenblock thematisiert. Die
nächsten beiden Blöcke beinhaltet die technische
Gestaltung auf Seiten der Aufnahme und der Bearbeitung. Das Endprodukt, die Vermarktung und
die Finanzierung werden in den letzten drei großen
Themen behandelt.
5.2 Auswertungsverfahren
Zur Auswertung der erhobenen Daten des Experten-Interviews werden Ansätze aus der qualitativen
Inhaltsanalyse genutzt. Eine „qualitative Inhaltsanalyse wertet Texte aus, indem sie ihnen in einem
systematischen Verfahren Informationen entnimmt“
[13]. Dabei wird eine Klassifizierung verwendet,
welches „die Ordnung eines Datenmaterials nach
bestimmten Gesichtspunkten (ist), um so eine
strukturiertere Beschreibung des erhobenen Materials zu ermöglichen“ [12]. Als Analysetechnik dient
somit die Strukturierung. Bei einer Strukturierung
ist das Ziel der Analyse, „bestimmte Aspekte aus
dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch
das Material zu legen oder das Material aufgrund
bestimmter Kriterien einzuschätzen“ [12]. Eine weitere Analysetechnik, die hier verwendet wird, ist die
Zusammenfassung, denn Ziel dieser „Analyse ist
es, das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion
einen überschaubaren Corpus zu schaffen, der immer noch Abbild des Grundmaterials ist“ [12].
In dieser Arbeit wird das transkribierte Interview so
selektiert, dass dem Originaltext Informationen entnommen und dann getrennt vom Text weiter verarbeitet werden können, d.h. die Aussagen werden
den Kategorien Content, Technik und Organisation
zugeordnet und nochmals selektiert. Dabei wird
eine Auswertungstabelle erstellt, die in Originaltext
– Paraphrase – Generalisierung – Kategorien unterteilt ist.
Die Auswertung soll das Ergebnis des geführten
Interviews widerspiegeln und die Forschungsfrage,
wie die Vorgehensweise bei dem Erstellungsprozess der Musikproduktion des Songs „Planlos“ von
Norman Sinn & Ryo gewesen ist, beantworten.
13
6. Auswertung
Im Folgenden wird das Experten-Interview anhand
der Kategorien Content, Technik und Organisation
ausgewertet. Dabei wird der Fokus auf die Organisation gelegt, da im Interview eine besondere Relevanz dieses Bereichs deutlich wurde. Zur Übersicht
wird dieser Teil in die Produktionsschritte Preproduktion, Produktion, Postproduktion und Distribution unterteilt. Aber werden auch Content und Technik kurz angesprochen.
6.1 Content und Technik
Der Song „Planlos“ von Norman Sinn & Ryo wurde
im Jahr 2010 durch den Bundesvision Song Contest bekannt. Allerdings wurde er nicht extra für
diesen Auftritt komponiert, sondern bestand schon
vorher. Bereits drei Jahre zuvor wurde er von Norman Sinn aufgenommen und seitdem gespielt. Für
den Song Contest in Berlin wurden im Nachhinein
die Strophen durch die beiden Interpreten so umgeschrieben, dass zwei unterschiedliche Rollen, die
die beiden Künstler darstellen, entstehen.
„(…) der Text spricht für sich selbst, (…) ein Text,
der aus dem Leben kommt“, so Ryo. Demnach entstand der Text durch die Verarbeitung persönlicher
Erfahrungen und Erlebnisse, so verarbeitet, dass
sich auch andere Menschen in die Situationen und
Probleme hineinversetzen und damit identifizieren
können. Die Idee dafür kann beim Singen unter der
Dusche entstehen oder aber auch durch eine Melodie, einzelne Fragmente oder gar einzelne Töne
beflügelt werden. Melodie und Text beeinflussen
sich dabei wechselseitig.
Nachdem Text und Melodie komponiert wurden,
kann dieser Content nun produziert werden, d.h.
nachdem die Strophen für die beiden Rollen umgeschrieben wurden, konnte der Song aufgenommen werden. Als Aufnahmegerät diente dabei der
PC und zusätzlich wurde mit der Software „Logic“
gearbeitet. Dabei wurden Gesang und Instrumente getrennt aufgenommen, um die Aufnahmen im
Nachhinein besser bearbeiten zu können. Außerdem wurden auch keine vorgefertigten Sounds verwendet, sowie keine Manipulationen und Verzerrungen vorgenommen, um „(…) alles so organisch wie
möglich zu lassen“. Die Nachbearbeitung erfolgte
anschließend teils am PC, teils am Mischpult.
Der fertig produzierte Song wurde als digitale Single veröffentlicht, weshalb nur ein Cover erstellt
werden musste. Auf eine Rückseite sowie auf ein
Booklet konnte verzichtet werden, was eine Menge Arbeit ersparte. Das Cover stellt für die Künstler
einen Teil des Musikprodukts dar, so suchten sie
wie bei Klang und Sound auch nach einem entsprechenden Look für das Äußere.
Für die Motivwahl des Covers mussten zunächst einige grundsätzliche Fragen geklärt werden. So z.B.
ob eine grafische Trennung der beiden Künstler erfolgen soll, da beide für sich eigenständige Künstler
sind, oder ob ein gemeinsames Bild entstehen soll.
Daher wurde beim Fotoshooting, welches gegenüber des Zughafens in einem Gebüsch vor schwarzem Stoff stattgefunden hat, einiges ausprobiert.
Mit einer analogen Kamera wurden zunächst viele
Fotos geschossen und anschließend ausgewertet.
Dabei hatten sowohl die beiden Künstler ihr Mitspracherecht, als auch Personen, die etwas davon
verstehen, denen die Künstler vertrauen. So wurde
sich abschließend auf ein Foto geeinigt und auch
auf eine digitale, grafische Trennung wurde verzichtet.
6.2 Organisation
Bei der in diesem Beitrag betrachteten Musikproduktion handelt es sich um eine eher kleine, regionale Musikproduktion, bei der sich die Abläufe
gegenüber großer Produktionen in gewissem Maße
unterscheiden. So ist der Produktionsprozess nicht
von vorn herein komplett strukturiert, sondern orientiert sich an der künstlerischen Idee. Entscheidungen werden innerhalb des Prozesses getroffen,
was die Arbeit flexibel aber auch unvorhersehbar
macht. Der Arbeitsaufwand und die Kosten sind somit vorher schlecht zu kalkulieren und zu pauschalisieren.
Der Mittelpunkt einer solchen Musikproduktion ist
demnach die Idee und der Künstler, der viel Arbeit
und „Herzblut“ investiert und nicht primär die Finanzierung dieser doch sehr kostenaufwändigen Prozedur.
Der Song „Planlos“ von Norman Sinn & Ryo wurde im Zughafen in Erfurt produziert, der eine Art
Management-Dienstleister darstellt und alle notwendigen Rahmenbedingungen für einen Künstler
organisiert und dessen Arbeit begleitet sowie unterstützend zur Seite steht. Das zuständige Label für
den Song ist Four Music, welches ein Sub-Label
von Sony ist und eine bestimmte Musikrichtung
vertritt, in diesem Fall den Bereich Singer / Songwriter. Die Major-Ebene ist für einen Künstler insofern nützlich, dass die Vertriebsstrukturen sehr
vorteilhaft sind. Das macht sich z.B. dadurch bemerkbar, dass Produkte in Geschäften direkt vorrätig sind und nicht erst bestellt werden müssen, was
bei kleineren Musikproduktionen oft der Fall ist. Die
Besonderheit der Organisation bei der Erstellung
des Songs „Planlos“ war die Kombination aus der
Betreuung durch einen Management-Dienstleister
mit der Veröffentlichung der Arbeit über ein MajorLabel. Dies ermöglichte Freiheiten für den Künstler
aber auch eine gewisse Power durch das Label.
14
Künstler sind demzufolge bei einer solchen Kombination trotzdem selbst für ihre Arbeit und ihren
Erfolg verantwortlich und werden nicht durch das
Label gelenkt. Bei der betrachteten Musikproduktion wurde in Erfahrung gebracht, dass Mitwirkende
an kleineren Musikproduktion nicht zwingend entsprechende Ausbildungen auf dem Gebiet haben,
da das Können und die „Chemie“ zwischen den
Beteiligten die bedeutsamsten Kriterien darstellen.
Wenn die Involvierten Spezialisten auf ihrem Gebiet
sind, ob mit oder ohne Ausbildung auf dem Gebiet,
dann beeinflusst dies die Arbeit sehr positiv. So hat
beispielsweise jemand einen Blick für das Ganze,
während jemand anders sehr technikaffin ist und
daher diesen Part übernimmt. Die Betrachtung der
Arbeit aus vielen verschiedenen Blickwinkeln ist
sehr förderlich und führt letztendlich zu einer möglichst optimalen Umsetzung der Ideen.
6.2.1 Preproduktion
Die Initiation des Projektes „Planlos“ geht auf die
Anfrage vom Bundesvision Song Contest zurück.
Da der Sänger Clueso schon im Vorfeld viel mit
ProSieben zusammengearbeitet hat, bestanden
die Kontakte zur Show und auf der Nachfrage, ob
der Zughafen beim Bundesvision Song Contest
erneut teilnehmen möchte, beschlossen dann Norman Sinn & Ryo, dass sie einen Song gemeinsam
performen und aufnehmen möchten.
Bei einer, in diesem Fall kleineren, Musikproduktion
entscheidet der Künstler, wie er das Projekt organisieren, strukturieren und umsetzen möchte. Dabei
kann er alles selber in die Hand nehmen, um flexibler zu sein, oder mit anderen zusammenarbeiten,
die eine andere Perspektive einnehmen, z.B. in Hinblick auf die Finanzierung. Während der Produktion
von „Planlos“ kümmern sich bestimmte Abteilungen
des Zughafens um spezielle Rahmenbedingungen,
wie z.B. die Buchhaltung, aber diese gehören nicht
zum Mittelpunkt einer Produktion. Im Vorfeld muss
auch geklärt werden, wann die Beteiligten einer
Produktion, z.B. Sänger, Musiker, Techniker etc.,
Zeit haben und was alles dafür benötigt wird, um
die Produktion umzusetzen.
6.2.2 Produktion
Die Entwicklungsdauer eines Musikstücks kann
stark variieren, da die Entwicklung bereits mit der
Idee beginnt und Musikstücke sich immer noch verändern und wachsen können. Außerdem werden
im Nachhinein oft noch Umgestaltungen vorgenommen, wie beispielsweise das Austauschen bereits
vorhandener Passagen mit neu Aufgenommenen,
bis der Künstler vollends zufrieden ist. Die Aufnahmen eines Titels an sich dauern in etwa vier Tage
wovon meist zwei Tage für die Vocals benötigt werden und zwei Tage für den Rest (aufnehmen der
Instrumente, Audioschnitt und eventuelle Nachbearbeitung).
Die Terminplanung und -einhaltung muss bei einer
Musikproduktion gut geplant werden, damit wichtige Termine eingehalten werden können. Bei dem
Song „Planlos“ fand die Orientierung am Veröffentlichungsdatum des Songs statt und wurde somit
dementsprechend geplant. Berücksichtigt wurde
z.B., wann das Produkt der Presse vorliegen muss,
folglich auch wann die Single vorliegen muss inklusive dem fertig gestaltetem Cover.
Bezüglich der Gestaltung des Liedes gab es für die
Künstler keine strengen Richtlinien und Vorgaben,
was eine hohe Entscheidungsfreiheit über den eigenen Song ermöglichte.
6.2.3 Postproduktion
Sobald ein Song fertiggestellt ist, kann er bei der
Gema angemeldet werden, wobei die Anmeldung
bis ein halbes Jahr nach Veröffentlichung möglich
ist. Dies wurde bei „Planlos“ von Norman Sinn &
Ryo, von entsprechend zuständigen Personen vom
Zughafen-Management nach der Veröffentlichung
übernommen, obwohl die Anmeldung vor Veröffentlichung üblicher ist.
Bei kleineren Musikproduktionen bestehen nicht
immer konkrete Abgabe- und Veröffentlichungstermine, doch bei dem betreffenden Produkt war der
1.Oktober 2010 als Frist gesetzt, da das Musikstück
das Bundesvision Song Contest-Projekt darstellte
und bei dem Contest vorgestellt werden sollte. Somit mussten letztendlich noch viele Dinge in sehr
kurzer Zeit erledigt werden, wie beispielsweise die
Erstellung des CD-Covers, der Dreh eines Musikvideos oder die Gestaltung des Bühnenauftritts.
6.2.4 Distribution
Nach der Fertigstellung des Songs soll dieser an
die Öffentlichkeit gelangen. Dazu können Promoter
Musikprodukte in den verschiedenen Kanälen, z.B.
Radio oder Print, professionell vermarkten oder
man nimmt es selbst in die Hand, denn z.B. Social
Network-Sites können vom Künstler geführt und
gepflegt werden.
Bei der Vermarktung können Musikprodukte entweder über das Internet oder über Musikfernsehen
verbreitet werden. Im diesem Fall wird der Song
hauptsächlich über das Internet bekannt gemacht,
denn dort sind mehr Menschen erreichbar als über
das Musikfernsehen.
15
Bei den Analytics von YouTube kann man sehen,
wie oft der Song abgespielt wurde und auch, woher
die Interessenten des Songs kommen.
„Planlos“ ist aber auch ein „Selbstläufer“, denn durch
den Bundesvision Song Contest haben viele Leute
schon im Vornherein den Song gehört, ohne dass
man selbst viel dafür machen musste, d.h. Norman
Sinn & Ryo hatten im Vorfeld, vor allem durch den
Bundesvision Song Contest, die Journalisten und
Blogger, die darüber berichten und alle Künstler
vorstellen, viel Aufmerksamkeit bekommen.
Über Verkaufszahlen lässt sich bei einem solchen
jungen Projekt wie „Planlos“ allerdings erst später
sprechen, weil sich die Vermarktung erst entwickeln
muss und das braucht Zeit.
Die Erstellungszeit bei einer Musikproduktion ist
sehr schwer einzuschätzen und unterschiedlich,
aber man kann sagen, dass die Entwicklung einen
langen Zeitraum in Anspruch nimmt. Bis die endgültige Version von „Planlos“ als Bundesvision Song
Contest-Version fertig war, dauerte es viele.
7. Fazit
Die diesem Beitrag zu Grunde liegende Frage: „Wie
war die Vorgehensweise bei dem Erstellungsprozess der Musikproduktion des Songs „Planlos“ von
Norman Sinn & Ryo?“, ergab das zentrale Ergebnis, dass man Musikproduktionen nach ihrer Größe
wesentlich unterscheiden muss. Während Reich [7]
größere Musikproduktionen beschreibt, handelt es
sich bei dem Erstellungsprozess des Songs „Planlos“ um eine eher kleinere Produktion. So gibt es
gravierende Unterschiede hinsichtlich der Organisation und der Rahmenbedingungen während des
Erstellungsprozesses bei kleineren und größeren
Musikproduktionen. Zum einen sind kleinere Musikproduktionen flexibler bezüglich der Terminplanung
und zum anderen ist die Phase der Preproduktion
weniger starr und vorgegeben. Größere Musikproduktionen hingegen folgen meist einem durchorganisierten und starrem Zeitplan. Die Vorgehensweise bei dem Erstellungsprozess des Songs „Planlos“
von Norman Sinn & Ryo war demzufolge als kleinere Musikproduktion wesentlich durch den Künstler,
dessen Planung und seine Vorstellungen geprägt.
Weniger orientierte sich die Arbeit an finanzieller
Rentabilität.
Der Bereich der Organisation wurde in diesem Bericht besonders hervorgehoben, da bisher wenig
fundierte Kenntnisse auf dem Feld der Musikproduktion vorhanden sind und die Organisation die
wichtigsten Rahmenbedingungen einer Produktion
darstellt.
Insgesamt sollten allerdings die Bereiche Content
und Technik mehr Beachtung finden, um die umfassende Betrachtung eines gesamten Produktionsprozesses zu gewährleisten. Außerdem wäre
es interessant, mehrere kleine und große Musikproduktionen zu untersuchen, da somit konkretere Vergleiche gezogen werden könnten, die damit
auch verallgemeinerbare Aussagen ermöglichen.
8. Literaturverzeichnis
[1]
Klimsa, P., & Krömker, H. (2005). Einführung: Musikproduktion. In: P. Klimsa, & H. Krömker (Hrsg.), Handbuch Medienproduktion. Produktion von Film, Fernsehen,
Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und Musik (S. 346-348). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
[2]
Krömker, H., & Klimsa, P. (2005). Einführung. In: P. Klimsa, & H. Krömker (Hrsg.), Handbuch Medienproduktion.
Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und Musik (S. 15-35). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
[3]
Schneider, A. (2009). Konservierung von Musik durch
Erfindung der technischen Schallaufzeichnung. In:
H. Schramm (Hrsg.), Handbuch Musik und Medien
(S. 31-48). Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft.
[4]
Holtz, P. (2005). Was ist Musik? Subjektive Theorien Musik schaffender Künstler. Norderstedt: Books on Demand.
[5]
Karkos, K. (2010). Magix Digitale Musikproduktion. Berlin: Magix Akademie.
[6]
Friedrichsen, M. (2008). Musik im Spannungsfeld von
Wirtschaftsgut und kulturellem Angebot. In: S. Weinacht, &
H. Scherer (Hrsg.), Wissenschaftliche Perspektiven auf
Musik und Medien (S. 19-38). Wiesbaden: VS Verlag für
Sozialwissenschaften.
[7]
Reich, S. A. (2005). Über die Produktion von Musik.
In: P. Klimsa, & H. Krömker (Hrsg.), Handbuch Medienproduktion. Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk, Print, Internet, Mobilfunk und Musik (S. 349-367). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
[8]
Klimsa, P., & Vogt, S. (2007). Technik, Organisation und Content – Elemente der Medienproduktion. In P. Klimsa, & S. Vogt (Hrsg.), Europäische Tagung zur Medienproduktion (S. 7-11). Münster: MV-Verlag.
[9]
Klimsa, P. (2007). Vorwort. In P. Klimsa, & S. Vogt (Hrsg.), Europäische Tagung zur Medienproduktion (S. 5-6).
Münster: MV-Verlag.
[10]
Sur, K.-W. (2008). Anforderungsprofile für Künstlermanager. Konzeption und Realisation. Hamburg: Druck
Diplomica © Verlag GmbH.
16
[11]
Flick, U. (2010). Qualitative Sozialforschung. Eine
Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
[12]
Mayring, P. (2010). Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim, Basel: Beltz.
[13]
Gläser, J., & Laudel, G. (2009). Experteninterviews und
qualitative Inhaltsanalyse als Instrument rekonstruierender Untersuchungen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
17