9. Der Kreis - Fakultät für Mathematik

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9. Der Kreis - Fakultät für Mathematik
Universität Regensburg
Naturwissenschaftliche Fakultät I – Didaktik der Mathematik
Dr. Günter Rothmeier
WS 2008/09
Private Vorlesungsaufzeichnungen
Kein Anspruch auf Vollständigkeit
und Fehlerfreiheit
51 722 Elementarmathematik (LH)
9.
Der Kreis
9.1.
Das Problem der Kreismessung
Eine Kreisfläche lässt sich nicht durch Zerlegung auf bereits berechenbare Flächen zurückführen,
da stets Restflächen auftreten, die nicht überall geradlinig begrenzt sind. Man versucht deshalb, die
Berechnung von Umfang und Flächeninhalt des Kreises näherungsweise durch Auslegen mit
regulären ein- und umbeschriebenen Vielecken zu erreichen. Durch Verdoppeln der Eckenzahl n
nähern sich die n-Ecke dem Kreis immer mehr an.
Dem Kreis einbeschriebene
reguläre n-Ecke
Dem Kreis umbeschriebene
reguläre n-Ecke
A4 < A8 < . . . < AKreis
AKreis < . . . < A8 < A4
Aus den Zeichnungen erkennt man, dass sich Flächeninhalt und Umfang bei einbeschriebenen nEcken vergrößern, wenn man die Eckenzahl verdoppelt. So erhaltene einbeschriebene reguläre nEcke haben aber stets einen kleineren Flächeninhalt als der Kreis. Bei umbeschriebenen n-Ecken
ist es umgekehrt.
9.1.1. Umfang eines ein- bzw. umbeschriebenen Vielecks
Wir berechnen allgemein den Umfang des einbeschriebenen (Seitenlänge a) und des umbeschriebenen regulären Vielecks (Seitenlänge b) für den Radius r = 1 LE in Abhängigkeit von der Seitenlänge an bzw. bn.
Umfang des einbeschriebenen n-Ecks: uein = n ⋅ an
Umfang des umbeschriebenen n-Ecks: uum = n ⋅ bn
9.1.2. Näherungsweise Berechnung der Kreiszahl π
Aus der Formel u = 2 ⋅ r ⋅ π für den Kreisumfang (7. Jahrgangsstufe) lässt
sich ein Näherungswert für die Kreiszahl π bestimmen. Dabei verwenden wir
für den Kreisumfang u näherungsweise den Vielecksumfang.
Aus der Umfangsformel
u =2⋅r⋅π
uein
= n ⋅ an eingesetzt: πein =
uum
= n ⋅ bn eingesetzt: πum =
n ⋅ an
2
n ⋅ bn
2
Umbeschriebenes
reguläres Viereck
(Achteck)
π =
u
2
Näherungsformel 1:
πein =
n
2
⋅ an
Näherungsformel 2:
πum =
n
2
⋅ bn
ergibt sich für r = 1 LE:
Die Berechnung von π wird umso genauer, je öfter die Eckenzahl der einbzw. umbeschriebenen Vielecke verdoppelt wird, d.h. die Werte πein und πum
gleichen sich dem tatsächlichen Wert π in beliebiger Näherung an.
Einbeschriebenes
reguläres Viereck
(Achteck)
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Wir benötigen also Formeln, durch die man aus der Länge der n-Eckseite
die Länge der 2n-Eckseite berechnen kann.
Einbeschriebene Vielecke
Umbeschriebene Vielecke
C
C
b2n
B
1
B
D
M
a2n
an
hn
A
1
2
2
⇒
hn =
1
2
( )
an
2
2
2
2
sn = 1 +
2
4 − an
2
( )
bn
2
2
sn =
⇒
= (1 − hn ) +
( ) ( ) =(
an
2
2
b 2n
2
2
bn
2
−
b 2n
2
)
− (sn − 1)
sn eingesetzt und umgeformt ergibt:
4 − an
b 2n = 2
2
b6 =
1 LE
4 + bn
2
2
2 −
2
1
2
In Δ AFE gilt nach Pythagoras:
2
hn eingesetzt und umgeformt ergibt:
a2n =
bn
F
A
sn
In Δ MFB gilt nach Pythagoras:
In Δ ABD gilt nach Pythagoras:
2
a2n
E
M
In Δ MAD gilt nach Pythagoras:
hn = 1 −
D
1
b6
2
b6 =
( )
b6
2
2
3
2
( )
2
bn
2
+ 1 −
4
bn
+ 12
≈ 1,154701
b6
Näherungsweise Berechnung von π mit Hilfe dieser Formeln:
Einbeschriebenes nEck
n
π = 2 ⋅ an
an
Umbeschriebenes nEck
n
π = 2 ⋅ bn
bn
1,000000
0,517638
3,000000
3,105829
1,154701
0,535899
3,464102
3,215391
0,261052
3,132629
0,263305
3,159660
0,130806
3,139350
0,131087
3,146087
0,065438
3,141032
0,065474
3,142715
Anmerkung: Die Tabelle ist mit einem Taschenrechner erstellt. Abweichungen von obigen Zahlenwerten sind je nach Bauart des Rechners möglich.
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9.2.
Umfang und Flächeninhalt des Kreises
In der 7. Jahrgangsstufe wurden die Formeln zur Berechnung von Umfang und Flächeninhalt eines
Kreises durch Probieren ermittelt. Hier zeigen wir jetzt ein mathematisches Verfahren zur
Herleitung dieser Formeln.
9.2.1. Umfang des Kreises
Zu zwei beliebigen Kreisen k1 und k2 gibt es stets eine zentrische Streckung, die den einen Kreis
auf den anderen abbildet. Also sind alle Kreise zueinander ähnlich.
k2
k1
M2
Z; m =
r2
r1
k2
k1
M1
r2
r1
Z
Aus der Ähnlichkeit zweier Kreise folgt, dass die Quotienten aus Umfang und Durchmesser
verschiedener Kreise denselben Wert haben müssen:
u1
d1
=
u2
d2
=... =
un
dn
Dieser Wert ist die Kreiszahl π.
Damit ergibt sich für den Umfang eines Kreises:
u
d
π
=π
bzw.
u= d⋅
Umfang des Kreises: u = 2 r π = d ⋅ π
Die Zahl π kann auch dem Taschenrechner entnommen werden.
9.2.2. Flächeninhalt des Kreises
Wir teilen einen Kreis in zwölf kongruente Sektoren. Einen der Sektoren halbieren wir und setzen
aus diesen 13 Flächenstücken untenstehende Fläche zusammen. Sie kann näherungsweise durch
eine Rechtecksfläche ersetzt werden.
a ≈
u
2
b=r
Die Breite b des Rechtecks ist gleich dem Kreisradius r. Die Länge a ist annähernd gleich dem
halben Umfang. Denkt man sich die Unterteilung in Sektoren beliebig verfeinert, so unterscheidet
sich die Länge immer weniger vom halben Kreisumfang und somit der Flächeninhalt vom Inhalt der
Kreisfläche.
Im Grenzfall gilt:
A = r⋅
1
2
u = r⋅
1
2
⋅ 2 r π = r ⋅ r ⋅ π.
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9.3. Berechnungen am Kreisbogen und am Kreissektor
9.3.1. Kreisbogen
Ein Mittelpunktswinkel schneidet aus einer Kreislinie einen Kreisbogen aus.
Seine Länge ist außer vom Kreisradius auch vom Maß μ des Mittelpunktswinkels abhängig.
r
Die Länge eines Kreisbogens mit dem Mittelpunktswinkel 1° ist der 360. Teil
μ
b
des Umfanges eines Vollkreises. Zu einem Mittelpunktswinkel mit dem Maß μ
gehört demnach ein Kreisbogen mit der Länge: b =
Länge des Kreisbogens: b =
2r π
360 °
μ
360 °
⋅μ =
μ
360 °
⋅ 2rπ
⋅ 2rπ
9.3.2. Kreissektor
Ein Mittelpunktswinkel schneidet aus einer Kreisfläche einen Kreissektor
aus. Sein Flächeninhalt ist außer vom Kreisradius auch vom Maß μ des Mittelpunktswinkels abhängig.
Der Flächeninhalt eines Kreissektors mit dem Mittelpunktswinkel 1° ist der
360. Teil des Flächeninhalts eines Vollkreises. Zu einem Mittelpunktswinkel
mit dem Maß μ gehört also ein Kreissektor mit dem Flächeninhalt:
r
μ
b
2
A =
r π
360 °
⋅μ =
μ
360 °
⋅ r2 π
μ
360 °
⋅ r2 π
Flächeninhalt des Kreissektors:
A =
Umfang des Kreissektors:
u = b + 2r
9.3.3. Zusammenhang zwischen Sektorfläche und Bogenlänge
Aus den Formeln für die Bogenlänge und die Sektorfläche ergibt sich:
A =
μ
360 °
b =
μ
360 °
⋅ r2 π
⋅ 2rπ
⇔
A
r
=
⇔
b
2
=
μ
360
μ
0
360
0
⋅ rπ ⎫
⎬ ⇒
⋅ rπ ⎭
A
r
Flächeninhalt des Kreissektors:
=
b
2
A =
⇔
1
2
A=
1
2
br
br
9.4. Berechnungen am Kreisring und am Kreissegment
9.4.1. Kreisring
Man berechnet den Flächeninhalt des Kreisringes als Differenz der Flächeninhalte der begrenzenden Kreise. Den Umfang eines Kreisringes berechnet
R
man als Summe der Kreisumfänge.
ARing = AKreis 1 – AKreis 2
= R2 π – r2π
= (R2 – r2) π
M
r
Kreisring
Flächeninhalt A = (R2 – r2) ⋅ π
uRing = uKreis 1 + uKreis 2
= 2R π + 2rπ
= (R + r) ⋅ 2π
Umfang u = (R + r) ⋅ 2π
9.4.2. Kreissegment
Man berechnet den Flächeninhalt eines Kreissegments als Differenz der Flächeninhalte eines Kreissektors und eines gleichschenkligen Dreiecks. Den
Umfang eines Kreissegments berechnet man als Summe aus dem Bogen und
der Sehne. Dies ist aber vorerst nur für einige Werte von möglich.
Für den Mittelpunktswinkel μ gilt: 0° <
= μ < 180°
B
M
μ
r
A
0° <
= μ < 180°
Kreissegment:
Flächeninhalt ASegment = ASektor – AΔ ABM
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9.5.
Übungsblatt: Der Kreis
Aufgabe 1
1
Weise allgemein nach, dass die grün und die gelb
gekennzeichneten Flächen gleichen Inhalt haben.
C
A
Aufgabe 2
2
Aufgabe 3
3
Aufgabe 4
4
Aufgabe 5
5
B
Die gezeichneten Figuren
haben alle den gleichen
Flächeninhalt A = 40 cm2.
Vergleiche ihre Umfänge.
Berechne Inhalt und Umfang eines Kreises mit r = 8 cm. Innerhalb welcher Grenzen liegt die
Abweichung, wenn mit zwei bzw. drei gültigen Stellen von π gerechnet wird?
Um wie viel Prozent ist der Inhalt eines Kreises größer als der Inhalt eines Quadrats, das
den gleichen Umfang hat wie der Kreis?
R250
In einem Verlegeplan einer Rohrleitung sind nebenstehende
Maße eingetragen. Berechne die benötigte Rohrlänge,
wenn von Verschnitt abgesehen wird.
1000
425
R30
R30
40
450
R400
340
Maße in
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Lösungen
1
CH =
Agelb =
2
2
2
AH ⋅ BH
( 21
⋅2
A1 = r12 π
=2
R ⋅r
2
R ⋅ r ) π = R ⋅ r ⋅ π = Agrün
(vgl. Aufgabe 3)
r1 =
A
π
u1 = 2 ⋅
A
π
r2 =
2 ⋅A
π
u2 = 2 ⋅
2 ⋅A
π
r3 =
4 ⋅A
3 ⋅π
u3 = 2 ⋅
r4 =
4 ⋅A
π
u4 = 2 ⋅
⋅π
u1 = 2 ⋅
A ⋅π
⋅π
u2 = 2 ⋅
2 ⋅A ⋅π =
4 ⋅A
3 ⋅π
⋅π
u3 = 2 ⋅
4
3
4 ⋅A
π
⋅π
u4 = 2 ⋅
4 ⋅ A ⋅ π = 2 ⋅ u1
u1 ≈ 22,42 cm
A2 =
1
2
r22 π
2 ⋅ u1
u2 ≈ 31,71 cm
A3 = 3 r32 π
4
⋅A ⋅π = 2
3
3 ⋅ u1
u3 ≈ 25,89 cm
1
4
A4 =
r42 π
u4 ≈ 44,84 cm
Für π = 3,14:
u = 2 ⋅ 8 cm ⋅ 3,14 ≈ 50,24 cm
3
Für π = 3,142:
u = 2 ⋅ 8 cm ⋅ 3,142 ≈ 50,272 cm
Für den Taschenrechnerwert von π: u = 2 ⋅ 8 cm ⋅ π ≈ 50,26548246 cm
2rπ=4a
uKreis = uQuadrat
4
AKreis = (
A Kreis
A Quadrat
=
2a 2
)
π
⋅π
4 a2
π ⋅ a2
=
r=
2a
π
uQuadrat = a2
4
π
= 1,27
Die Fläche des Kreises ist um 27 % größer.
5
l1 = 1 000 cm
l7 = 40 cm
l2 =
1
4
l3 = 425 cm
l9 = 340 cm
⋅ 2 ⋅ 250 cm ⋅ π ≈ 392,70 cm
l4 = 1 ⋅ 2 ⋅ 30 cm ⋅ π ≈ 47,12 cm
4
l6 = l4 ≈ 47,12 cm
l8 = 1 ⋅ 2 ⋅ 400 cm ⋅ π ≈ 628,32 cm
4
lGerade: = 2255 cm
lBogen: = 1115,26 cm
lGesamt: = 3370,26 cm
l5 = 450 cm