Die ersten Operationen an den Herzklappen mit Hilfe eines
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Die ersten Operationen an den Herzklappen mit Hilfe eines
Z Herz- Thorax- Gefäßchir 20:75–81 (2006) DOI 10.1007/s00398-006-0532-6 HISTORISCHER ÜBERBLICK W. Böttcher V. V. Alexi-Meskishvili Die ersten Operationen an den Herzklappen mit Hilfe eines künstlichen Pumpsystems Eingegangen: 13. März 2006 Akzeptiert: 16. März 2006 The first operations on the valves of the heart with the aid of an artificial heart pump " Zusammenfassung Die ersten klinischen Eingriffe an der Mitralklappe und an der Pulmonalklappe mit dem temporären Einsatz der mechanischen Kreislaufunterstützung gelangen dem Detroiter Chirurgen Forest Dewey Dodrill. Dodrill operierte jeweils im Rechts- oder Linksherzbypass. Er setzte dabei eine gemeinsam mit dem Automobilunternehmen General Motors konstruierte Blutpumpe, das „Michigan Heart“ ein, das auch unter der Bezeichnung „Dodrill-GMR“-Herz bekannt wurde. Dodrills Serie von derartigen Eingriffen begann 1952, in dem Jahr vor dem ersten erfolgreichen Einsatz der Herz-Lungen-Maschine durch John Heysham Gibbon jr. " Schlüsselwörter Herzchirurgie – Linksherzbypass – Rechtsherzbypass – Geschichte ECCP Wolfgang Böttcher ()) MD PhD Vladimir V. Alexi-Meskishvili Deutsches Herzzentrum Berlin Kardiotechnik Augustenburger Platz 1 13353 Berlin E-Mail: [email protected] Einführung Vor etwa einem halben Jahrhundert, am 6. Mai 1953, gelang es John Heysham Gibbon jr. in Philadelphia erstmals erfolgreich eine Operation am offenen Herzen " Summary The first operations on the mitral valve and the pulmonary valve were successfully performed with temporary mechanical circulatory support in 1952 by the Detroit surgeon Forest Dewey Dodrill. Dodrill operated using right or left heart bypass with a blood pump that was constructed in cooperation with General Motors, called the “Michigan Heart”, also known as the “Dodrill-GMR Mechanical Heart”. Dodrill’s series of clinical cases starts in 1952, the year before a heartlung machine was used successfully for the first time by John Heysham Gibbon, Jr. " Key words Cardiac surgery – left heart bypass – right heart bypasss – history mit totalem kardiopulmonalen Bypass am Menschen durchzuführen [13]. Zuvor hatte zwar schon Clarence Dennis mit Hilfe seiner Herz-Lungen-Maschine zwei Herzoperationen am 5. April 1951 und im Mai des gleichen Jahres durchgeführt, seine beiden Patienten überlebten ihre Operationen jedoch nicht [4]. Mit Hilfe der Oberflächen-Hypothermie hatte Floyd John Lewis am 2. September 1952 erfolgreich einen Vorhofseptumdefekt unter Sicht verschlossen [19]. Damit begann die eigentliche Geschichte Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 76 W. Böttcher und V. V. Alexi-Meskishvili der Chirurgie am offenen Herzen unter Sicht. Auch die Geschichte der Herzklappenchirurgie unter Sicht begann im gleichen Jahr. Denn in jenem Jahr konnte unter Zuhilfenahme einer Form der extrakorporalen Zirkulation ein herzchirurgischer Eingriff an der Mitralklappe sowie eine Pulmonalklappenoperation unter Sicht von beiden Patienten überlebt werden. Erste Bypasssysteme ohne einen zusätzlichen Oxygenator Zu einer Zeit, als mehrere Arbeitsgruppen bereits an der Entwicklung von Herz-Lungen-Maschinen arbeiteten, aber noch nicht sicher war, ob der Einsatz eines solchen Systems zum künstlichen Gasaustausch vom Menschen überhaupt überlebt werden könne, waren auch Alternativen zum kardiopulmonalen Bypass in der Planung. Einige Forscher entwickelten Umgehungskreislaufsysteme, die Operationen am Herzen ermöglichen sollten, ohne den Einsatz eines mechanischen oder gar biologischen Oxygenators. Sewell und Glenn hatten am Ende der 40-er Jahre eine pneumatisch betriebene Pumpe entwickelt, von der sie glaubten, dass sie später mit einem Oxygenator zu einer Herz-Lungen-Maschine kombiniert werden könnte, sobald das Problem des extrakorporalen Gasaustausches einmal verbessert sein würde, wofür sie 1949 schon Anzeichen sahen. Zunächst aber sollte mit deren Pumpe das Blut aus den Hohlvenen direkt in die Pulmonalarterie gepumpt werden, um auf diese Weise Operationen am eröffneten, blutleeren rechten Herzen zu ermöglichen [21]. Ein Hund, bei dem am 24. Juni 1949 ein temporärer Rechtsherzbypass mit dieser Pumpe durchgeführt wurde, überlebte diesen Eingriff ein Vierteljahr. Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 Auch andere Arbeitsgruppen, wie die um Leeds, Wesolowski und Mustard versuchten zu Beginn der fünfziger Jahre mit Hilfe einer mechanischen Blutpumpe das rechte Herz zu umgehen. Sewell und Glenn nahmen an, dass der gleichzeitige Einsatz von zwei Pumpen beide Herzhälften ersetzen könnte, um dadurch Operationen von Herzfehlern zu ermöglichen. Für viele Operationen würde aber der Einsatz einer Pumpe zum Ersatz der jeweiligen Herzhälfte ausreichen [21]. Etwa zur gleichen Zeit entwickelten die Teams um Sirak, Wesolowski, Clowes sowie die Brüder Kantrowitz jeweils eigene Blutpumpensysteme, um den linken Ventrikel temporär zu ersetzen, damit ein Eingriff beispielsweise an der Mitralklappe ermöglicht werden könne [2, 16, 23, 27]. unternehmens General Motors. Während eines daraufhin verabredeten Treffens präsentierte Dodrill ihm seine Vorstellungen von einem mechanischen Substitut des Herzens. Wilson besprach mit seinem Vizepräsidenten, der einer Forschungsabteilung vorstand, die Idee und beide kamen überein, dass Dodrills Idee in die Tat umgesetzt werden sollte. Wilson engagierte Edward V. Rippingille als Leiter der Entwicklung einer solchen Blutpumpe bei General Motors. Rippingille äußerte sich später zu dem Projekt: „Wir hatten bis dahin Öl, Benzin, Wasser und andere Flüssigkeiten gepumpt, so schien es nur logisch zu sein, dass wir auch versuchen sollten, Blut zu pumpen“ [24]. In den darauffolgenden Monaten wurden mehrere unterschiedliche Prototypen gebaut und getestet [25, 26]. Dodrill und General Motors Das „Michigan Heart“ Am Ende des Jahres 1949 sprach der Detroiter Chirurg Forest Dewey Dodrill (1902–1997) den damaligen Präsidenten der Michigan Heart Association, Warren B. Cooksey hinsichtlich der Möglichkeiten der Entwicklung einer mechanischen Pumpe zur Realisierung offener herzchirurgischer Eingriffe an. Cooksey besprach dieses Anliegen daraufhin mit Charles E. Wilson. Wilson war zu jener Zeit nicht nur Board Chairman der Michigan Heart Association, sondern auch gleichzeitig Präsident des Automobil- So wie die von John Heysham Gibbon jr. erstmals 1953 erfolgreich eingesetzte Herz-LungenMaschine, die damals von den Ingenieuren der Firma International Business Machines (IBM) entwickelt worden war, aussah, wie zu jener Zeit die Rechenmaschinen von IBM, so ähnelte die für Dodrill konstruierte künstliche Blutpumpe dem eines Cadillac V-12 Motor des Detroiter Automobilunternehmens [18] (Abb. 1). Die auf den beiden Seiten der Pumpe aufgereihten sechs „Zylinder“ entsprachen jeweils einer Tab. 1 Die ersten Operationen im Rechts- und/oder Linksherzbypass mit der General-Motors-Pumpe [25] 3. 7. 1952 1. 8. 1952 21. 10. 1952 18. 11. 1952 4. 12. 1952 3. 2. 1953 18. 2. 1953 26. 2. 1953 41-jähriger Mann k. A. 16-jähriger Mann k. A. k. A. Frau 59-jährige Frau 18-jährige Frau Linksherzbypass Linksherzbypass Rechtsherzbypass Linksherzbypass Rechtsherzbypass Linksherzbypass Linksherzbypass Rechts und Links Mitralklappe Mitralklappe Pulmonalklappe Mitralklappe Pulmonalklappe Mitralklappe Mitralklappe Pulmonalklappe überlebt verstorben überlebt überlebt verstorben überlebt überlebt verstorben Die ersten Operationen an den Herzklappen mit Hilfe eines künstlichen Pumpsystems 77 Abb. 1 Forest Dewey Dodrill (1902–1997) (aus: Shumacker HB, Jr. The evolution of cardiac surgery) [22]. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Indiana University Press Pumpkammer. Die einzelnen Pumpkammern mussten jeweils mit einem Ein- und einem Auslassventil versehen werden, um einen gerichteten Blutfluss zu gewährleisten. Das Blut wurde durch pneumatischen Betrieb mittels Über- und Unterdruck befördert [5]. Jeweils eine Seite mit sechs Pumpkammern sollte temporär einen Ventrikel des patienteneigenen Herzens ersetzen. Wahlweise war auch der Ersatz von nur einer Herzhälfte vorgesehen. Die Anzahl der eingesetzten „Zylinder“ hing von dem Ausmaß des angestrebten Blutflusses ab, so konnte ein Hund mit einem Gewicht von 20 kg mit dem Einsatz von nur drei Pumpkammern suffizient unterstützt werden [5]. Während des Betriebes der Pumpe mit allen sechs Einheiten konnte ein maximaler Perfusionsfluss von 5 l/min generiert werden [5]. 1951 wurde mit zahlreichen Tierexperimenten mit dieser Pumpe begonnen; mehr als 80 Hunde verlor man dabei. Dodrill verbrachte zu jener Zeit allwöchentlich zwei Tage in den Räumen der tierexperimentellen Chirurgie. Mit zunehmender Erfahrung überlebten mehr und mehr Abb. 2 Das “Michigan-Heart oder „Dodrill-GMR-Herz“ (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Larry W. Stephenson, Wayne State University, Detroit, Michigan) Versuchstiere und schließlich gelang der Linksherzbypass bei acht konsekutiven Tieren [6]. Ergebnisse der experimentellen Vorarbeiten Im März 1952 präsentierte Dodrill seine ersten tierexperimentellen Erfahrungen mit der General-Motors-Pumpe vor dem jährlichen Treffen der American Association for Thoracic Surgery. Er berichtete von 65 derartigen Experimenten. Bei der einen Gruppe war Hunden das Blut am rechten Ventrikel vorbeigeleitet worden. Dabei zog man die Kanülierung des rechten Vorhofs einer cavalen Kanülierung vor, um auch die Drainage des Blutes aus dem Koronarsinus zu ermöglichen [5]. Bei einer weiteren Gruppe war der linke Ventrikel umgangen worden und bei einer dritten Gruppe ersetzte ein kompletter kardiopulmonaler Bypass Herz und Lungen der Versuchstiere, wobei ein eigenes mechanisches Oxygenationssystem zum Einsatz kam [5]. Dodrills Experimente zeigten, dass es mit dem Einsatz eines Rechtsherzbypasses regelhaft zu reflektorischen Blutdruckabfällen kam. Er erklärte diese damit, dass durch eine natürliche Dehnung des rechten Vorhofes die zentrale Blutdruckregulation beeinflusst würde. Diese natürliche Dehnung entfalle während des Rechtsherzbypasses plötzlich [6]. Außerdem ließen sich hypotensive Phasen durch temporäre Anoxie begründen [14]. Für die klinische Anwendung seiner Blutpumpe erschien ihm deshalb zunächst der Linksherzbypass als naheliegender, da im experimentellen Linksherzbypass derartige Blutdruckabfälle wesentlich seltener zu beobachten waren [14]. Dodrill Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 78 W. Böttcher und V. V. Alexi-Meskishvili plante als zukünftige Einsatzgebiete für den Linksherzbypass beispielsweise die Entfernung von Fremdkörpern aus dem linken Ventrikel, oder aber die Resektion von Ventrikelaneurysmen, Infarktarealen und Neoplasmen. Am wichtigsten war ihm jedoch der Aspekt, dass durch diese Form des Einsatzes seines mechanischen Herzens sowohl die Mitralklappe als auch die Aortenklappe einer Operation unter Sicht zugänglich wäre [6]. Der erste klinische Einsatz Die erste Operation mit dem Einsatz des Linksherzbypasses wurde am Harper Hospital in Detroit am 3. Juli 1952 durchgeführt. Bei dem 41 Jahre alten Henry Opitek, einem 70 kg schweren Patienten, der unter Belastung an Kurzatmigkeit und häufigen tachykarden Episoden litt, war ein operativer Eingriff an der Mitralklappe unter Sicht vorgesehen. Nach einer lateralen Thorakotomie wurde zunächst die Arteria subclavia kanüliert und die Kanüle bis in die Aorta vorgeschoben. Anschließend wurde die linke obere Lungenvene kanüliert und diese Kanüle bis in den linken Vorhof vorgeschoben. Die zuvor bereits gefüllte und entlüftete Pumpe wurde durch Kunststoffschläuche mit den Kanülen verbunden, gestartet und ein maximaler Perfusionsfluss von 4,5 l/min erzeugt. Damit wurde die linksventrikuläre Funktion komplett ersetzt. Der Linksherzbypass wurde über einen Zeitraum von 50 Minuten aufrechterhalten. Die Operation an der Mitralklappe konnte jedoch nicht wie beabsichtigt unter Sicht vorgenommen werden. Somit befand sich über einen Zeitraum von 14 Minuten Dodrills Finger in der Mitralklappenregion, um durch Manipulation den Zustand der Klappe zu Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 verbessern. Es konnte dabei keine Mitralklappenstenose sondern eine höhergradige Klappeninsuffizienz ertastet werden. Was genau Dodrills Finger dort tat, wurde zunächst nicht beschrieben, was später Anlass für Diskussionen, Zweifel und Kritik gab. Anschließend wurde der Finger wieder aus dem Vorhof gezogen, und das Loch wurde mit einer Ligatur wieder verschlossen. Mit der Verringerung des Bypassflusses übernahm gleichzeitig der native Ventrikel seine Funktion und die Maschine konnte abgeschaltet werden. Die Kanülen wurden entfernt und Protamin hob die Antikoagulation wieder auf. Der Patient blieb fünf Wochen im Krankenhaus, um besser überwacht werden zu können. Sein Zustand hätte jedoch eine Entlassung nach zwei Wochen erlaubt. Dodrill berichtete, dass sich der Zustand des Patienten durch die Operation gebessert habe. In einem Zeitungsartikel in der „Detroit-News“ war zwei Jahrzehnte später zu lesen, dass Opitek nunmehr allen Aktivitäten nachgehen könne, die für einen 62-jähriger Mann normal wären [24]. Cooleys späterer Kommentar Cooley bemerkte später, dass Dodrill wohl entdecken musste, dass sich während der Operation der pulmonalvenöse Blutstrom nicht in dem Maße verringern ließ, wie es noch im Tierexperiment möglich war. Somit war Dodrill nur die standardisierte geschlossene Exploration mit einem Finger möglich. Möglicherweise, so Cooley, sei das was Dodrill mit seinem Finger bewirken konnte, eher nutzlos, da in Opiteks Falle eine Mitralklappeninsuffizienz vorlag [3]. Dodrill selbst beschrieb jedoch 1954, anlässlich der Diskussion von Gibbons Erfolg, dass eine der Ursachen einer Mitralklappeninsuffizienz eine Verkürzung der Chordae tendineae und zuweilen auch der Papillarmuskeln sei, die jeweils durch Manipulation derart verlängert werden könnten, so dass der Klappenschluss wieder möglich wäre und die Insuffizienz entweder gebessert oder ganz behoben würde. So habe Dodrill auch einem zweiten Patienten auf diese Art helfen können [14]. Pulmonalklappenoperation unter Sicht Wenige Monate nach dem Eingriff an der Mitralklappe folgte der erste klinische Einsatz des „Michigan Heart“ im Rahmen einer Operation im Rechtsherzbypass. Der 16-jährige Charles Moses (76,3 kg) war schon seit mehreren Jahren aufgrund seiner angeborenen Pulmonalklappenstenose bei geringer Anstrengung kurzatmig. In seinem rechten Ventrikel konnten Drücke bis zu 190 mmHg gemessen werden [8]. Am 21. Oktober 1952 wurden jeweils der rechte Vorhof und die Pulmonalarterie kanüliert. Proximal der Bifurkation wurde die Pulmonalarterie über einen Zeitraum von 25 Minuten abgeklemmt. Währenddessen konnte das Michigan Heart mit einem maximalen Bypassfluss von 4,5 l/min die Rechtsherzfunktion übernehmen. So konnte die Pulmonalklappe unter Sicht eröffnet und eine Valvuloplastie durchgeführt werden [7]. Nach der Operation war der Patient zunächst dyspnoeisch und bedurfte zusätzlicher Sauerstoffzufuhr. Die Körpertemperatur des Patienten war eine Woche lang erhöht. Zwei Wochen später war ein zuvor radiologisch diagnostiziertes Lungenödem verschwunden, und dank längerer Antibiotikatherapie konnte auch das Fieber gesenkt werden. Einen Monat nach der Operation wurde der Die ersten Operationen an den Herzklappen mit Hilfe eines künstlichen Pumpsystems 79 Bypass beider Ventrikel ohne Oxygenator Abb. 3 Auf jeder Seite der General-Motors-Pumpe arbeiteten sechs zylinderförmige Pumpkammern, ähnlich aussehend wie ein 12-Zylindermotor des Unternehmens, das diese Blutpumpe entwickelte. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Larry W. Stephenson, Wayne State University, Detroit, Michigan) Obwohl der Eingriff mit dem Bypass beider Herzhälften mit dem Einsatz des „Michigan Heart“ als technisch schwierig beschrieben wurde, erfolgte der Versuch einer solchen Operation nach zufriedenstellenden Ergebnissen im Experiment auch in einem klinischen Fall. Dabei wurde am 26. Februar 1953 ein Eingriff an einer stenosierten Pulmonalklappe einer 18-jährigen Patientin vorgenommen und das interventrikuläre Septum dargestellt. Eine ausgeprägte infundibuläre Stenose konnte unglücklicherweise nicht behoben werden. Die Patientin verstarb am vierten postoperativen Tag aufgrund pulmonaler Komplikationen [14]. Hypothermie Dodrill kombinierte den Einsatz des „Michigan Heart“ auch mit systemischer Hypothermie. Er sah den Vorteil der Hypothermie darin, dass er den Perfusionsfluss reduzieren konnte und damit nicht die Ventilation der gesamten Lungen notwendig wäre. Dadurch sollte die Anzahl der Kanülen in den Lungenvenen verringert werden können und der Eingriff weniger technisch kompliziert gestaltet werden. Herz-Lungen-Maschine mit „Michigan Heart“ Abb. 4 Die Pumpe im Einsatz während eines herzchirurgischen Eingriffes in den frühen fünfziger Jahren. (Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Larry W. Stephenson, Wayne State University, Detroit, Michigan) Patient aus dem Krankenhaus entlassen. Auch in diesem Fall wurde erwähnt, dass der Zustand des Patienten eine frühere Entlas- sung erlaubt hätte und sein Aufenthalt nur aus Gründen der besseren Beobachtung verlängert worden war. Als Dodrill 1953 seine Ergebnisse von sechs klinischen Einsätzen mit dem Einsatz der Pumpe berichtete, äußerte er noch seine damalige Überzeugung, dass solange auch die patienteneigene Lunge ihre Funktion während der Operation ausüben könne, ein künstlicher Oxygenator wahrscheinlich nicht ebenso zufriedenstellend arbeiten Z Herz- Thorax- Gefäßchir 2 2006 80 W. Böttcher und V. V. Alexi-Meskishvili würde. Im folgenden Jahr bemerkte er in einem Diskussionsbeitrag anlässlich Gibbons erstem erfolgreichen Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine, dass die weiteren Funktionen der Lungen neben dem Gasaustausch noch nicht ausreichend erforscht seien und daher die Lungen während der Operation in ihrer normalen Funktion belassen werden sollten. Bis 1954 wurden 18 Operationen gezählt, bei denen mit Hilfe eines extrakorporalen Oxygenationssystems operiert wurde. Von diesen 18 Patienten überlebte nur Gibbons Patientin [1]. In der zweiten Hälfte des Jahres 1955 begannen mehrere Pioniere der extrakorporalen Zirkulation wie Lillehei in Minnesota und Kirklin in Rochester mit ihren Programmen von regelhaften Operationen mit dem Einsatz einer Herz-LungenMaschine. Kirklins Arbeitsgruppe entwickelte Gibbons Herz-LungenMaschine weiter, und DeWall aus Lilleheis Team hatte den ersten einfachen und preisgünstigen Bubbleoxygenator entwickelt [17, 20]. Im April 1955 schilderte Dodrill den experimentellen Einsatz seiner künstlichen Blutpumpe in Verbindung mit einem künstlichen Oxygenationssystem, also einer kompletten Herz-Lungen-Maschine [9]. Dabei konnten immerhin drei Viertel seiner Versuchstiere Operationen am offenen Herzen in Verbindung mit kardiopulmonalem Bypass überleben. Im Mai 1956 berichtete Dodrill schließlich auch von klinischen Einsätzen dieser Herz-LungenMaschine [10]. Dodrill berichtete zu jenem Zeitpunkt schon von bei sechs Patienten verschlossenen Ventrikelseptumdefekten und einem Fall von Fallot́scher Tetralogie. Die Perfusionszeiten lagen zwischen 21 und 52 Minuten. Alle Patienten überlebten den Zeitraum von 48 Stunden postoperativ, die Hälfte seiner Patienten konnte auch wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden. Sein erster Patient wurde am 1. Dezember 1955 operiert. Bei diesem 3-jährigen Patienten wurde ein VSD verschlossen. Wenige Jahre später wurde Dodrills Herz-Lungen-Maschine mit dem integrierten „Michigan Heart“ durch die damals aktuelle Version einer Mayo-Gibbon-Maschine ersetzt. Dodrills Methode konnte sich nicht durchsetzen, da die aufwändige Kanülierung keine Akzeptanz fand und bald darauf die funktionsfähige Herz-Lungen-Maschine eine einfachere Möglichkeit der Operation am offenen Herzen offerierte. Charles Drew präsentierte 1959 seine Möglichkeit mit einer Kombination von Rechts- und Linksherzbypass sowie tiefer Hypothermie mit Kreislaufstillstand zu operieren [11, 12]. Während der Perfusion übernahm die patienteneigene Lunge die Aufgabe des Gasaustausches. Diese Methode wurde als „DrewTechnique“ bekannt und konnte in ähnlicher Form, jedoch ohne tiefe Hypothermie und Kreislaufstillstand, seit den achtziger Jahren noch einmal eine Renaissance erleben, da man auf diese Weise versuchte während der chirurgischen Koronarrevaskularisation auf den Fremdoberflächenkontakt eines künstlichen Oxygenators zu verzichten [15]. 5. Dodrill FD, Hill E, Gerisch R (1952) Some physiologic aspects of the artificial heart problem. J Thorac Surg 24:134–150 6. Dodrill FD, Hill E, Gerisch RA (1952) Temporary mechanical substitute for the left ventricle in man. J Am Med Assoc 150:642–644 7. Dodrill FD, Hill E, Gerisch RA, Johnson A (1953) Pulmonary valvuloplasty under direct vision using the mechanical heart for a complete bypass of the right heart in a patient with congenital pulmonary stenosis. J Thorac Surg 26:584–594 8. Dodrill FD (1955) Exhibit of the mechanical heart. Archives of Surgery 70:787–792 9. 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