Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen mit

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Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen mit
Induzierter Astigmatismus nach LASIK
in myopen Augen mit präoperativ planorefraktivem Zylinder
A. Frings, T. Katz, M. K. Casagrande, J. Steinberg, V. Druchkiv, St. J. Linke
Zusammenfassung
Das Ziel dieser Studie war es, die Auswirkung der Hinge-Position – superior (M2)
vs. nasal (SBK) – auf die Änderung der astigmatischen Komponente in Augen
mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder zu untersuchen. Die aktuellen Daten
unterstützen unsere früheren Studien, die zeigen, dass ein bestimmter Anteil der
Augen mit niedrigem präoperativen refraktiven Zylinder dazu neigen, im Hinblick auf
die astigmatische Komponente überkorrigiert zu werden. Die aktuelle Studie zeigt, dass
diese Feststellung auch für die Augen mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder gilt.
Summary
To assess the impact of superior (M2) versus nasal (SBK) hinge position on the change
in the astigmatic component in eyes with preoperative plano refractive cylinder.
Current data goes in line with our previous studies as a certain proportion of eyes
with low preoperative refractive cylinder tend to be overcorrected in terms of astigmatic component correction. This finding also applies to eyes with preoperative plano
refractive cylinder.
Einleitung
Das Erstellen des Hornhautflaps ist ein entscheidender Schritt in einer LASIK-Operation. Es gibt zwei Möglichkeiten, um den Flap zu erstellen: entweder mechanisch
mit einem Mikrokeratom (MK) oder durch Fotodisruption mit einem Femtosekundenlaser [1]. Tatsächlich haben frühere Studien gezeigt, dass allein der lamellare Schnitt
durch ein MK eine vorhandene Fehlsichtigkeit ändern kann. Dies kann Astigmatismus induzieren und dabei den unkorrigierten Fernvisus (UDVA) beschränken oder
dazu führen, dass subjektive Symptome wie Halos auftreten und das skotopische
Sehen beeinträchtigt wird [2]. Auf der anderen Seite berichten Pallikaris et al., dass
die meis­ten unerwünschten Augenaberrationen nach LASIK das Ergebnis der Ablation und nicht flap-bedingt waren [3]. Unsere Arbeitsgruppe analysierte die astigmatische Komponente in Augen mit sehr niedrigem präoperativen Zylinder mit Verwendung eines superior-hinged MK [4]. Das Ziel der aktuellen Studie war daher, den
Einfluss der Hinge-Position – superior (M2) vs. nasal (SBK) – auf Veränderungen in der
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Excimer
astigmatischen Komponente in Augen mit präoperativ plano-refraktivem Zylinder
zu beurteilen.
Studienergebnis
Diese Studie umfasste 1045 Augen von 1045 konsekutiven myopen Patienten, die
zwischen März 2011 und September 2012 operiert wurden, und basiert auf der
Hamburg Refraktiven Datenbank. Mittlere Prä-LASIK-Fehlsichtigkeit und Alter
waren unter den MK-Gruppen (Tab. 1) vergleichbar. Patienten mit bereits bestehenden Augenerkrankungen wurden nicht operiert. Manifeste Refraktion sowie
Visus mit und ohne Korrektur wurden prä- und postoperativ beurteilt. Manifeste
Refraktion basierte auf subjektiver Refraktion, zusätzlich wurde der topografische
Zylinder mit Orbscan-II-System (Bausch & Lomb, Rochester, USA) bestimmt. Alle
Ergebnisse basieren auf Daten des letzten Follow-up. Die Alpins-Vektor-Methode [5,
6] wurde angewendet, um die Auswirkungen der LASIK auf die Veränderung des
Astigmatismus zu beschreiben.
Zwei Mikrokeratome wurden verwendet: SBK oder M2, beide jeweils mit 90-µmEinwegkopf (Moria, Frankreich). Beide Augen eines Patienten wurden unter Verwendung des gleichen MK und des gleichen MK-Kopfes operiert. Die Mikrokeratome
unterscheiden sich in ihrer Flapdicke und der Ausführbewegung der oszillierenden
Klinge: Das SBK ist ein lineares MK, d. h., ein linearer Schnitt erfolgt von temporal nach nasal und zurück. M90 hingegen führt eine Schwenkbewegung aus. Die
Flapdicke wurde unter Verwendung eines Ultraschallpachymeters auf der Mitte der
Hornhaut vor dem Schnitt und nach dem Anheben des Flaps kontrolliert; die eigentliche Flapdicke wurde durch Subtraktion der ersteren von der letzteren Messung bestimmt. Excimerablation für alle Augen wurde mit einer Allegretto-ExcimerLaser-Plattform (Eye-Q 200 Hertz (Hz) oder 400 Hz, Wavelight GmbH, Erlangen,
Deutschland) mit Eye-Tracking (250 Hz) ausgeführt.
Nach der LASIK war die Differenz des refraktiven Zylinders statistisch signifikant
zwischen den MK-Gruppen (Tab. 1). Die Höhe der postoperativen „übrig gebliebenen“
Sphäre war am niedrigsten in der SBK-Gruppe. In 193 Patienten wurden beide Augen
behandelt, somit konnten wir den Einfluss von Lateralität auf Flapdicke untersuchen
(rechtes Auge vs. linkes Auge = erstes (rechts) behandeltes Auge vs. zweites (linkes)
Auge). Unabhängig von der Art des verwendeten MK traten beim zweiten Auge
(= immer linkes Auge) dünnere Flapdicken auf. In der M90-Gruppe war der Unterschied der Flapdicke statistisch signifikant (Tab. 2), d. h., die als zweites behandelten Augen (= linke Augen) waren statistisch signifikant dünner. Diese Beobachtung
wurde auch in der SBK-Gruppe gemacht, aber der Unterschied in der Flapdicke war
statistisch nicht signifikant mit geringerer Standardabweichung.
Es wurden statistisch signifikante Unterschiede (P = 0.002, Tab. 1) im induzierten
Astigmatismus (Surgically induced astigmatism, SIA) gefunden. Der postoperative
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Frings et al.: Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen ...
SBK (n=344)
M90 (n=701)
Min/Max
Arithm. Mittel
(±St.Abw.)
Min/Max
19/60
34.19 (±9.20)
19/61
P
Arithm. Mittel
(±St.Abw.)
Prä-Op
Alter
193/151
34.50 (±9.45)
0.345
–
358/343
0.022†
Auge (R/L)
–
Sphäre (D)
–9.25/–0.50
–3.61 (±1.78)
–9.50/-0.25
–3.55 (±1.83)
0.155
UDVA(1)
0.03/2.00
1.23 (±0.48)
–0.06/2.00
1.12 (±0.43)
0.000
CDVA(2)
–0.20/0.17
–0.03 (±0.05)
–0.20/1.30
–0.03 (±0.08)
0.524
51/147
96 (±16)
51/230
110 (±24)
<0.001
Tage nach OP
50/407
133 (±71)
50/627
255 (±141)
<0.001
Sphäre (D)
–1.25/1.75
0.05 (±0.43)
–1.50/2.00
0.11 (±0.41)
<0.001
UDVA(1)
–0.20/0.70
–0.01 (±0.10)
–0.20/1.00
–0.01 (±0.09)
0.869
CDVA(2)
–0.20/0.10
–0.05 (±0.05)
–0.20/1.00
–0.04 (±0.07)
0.001
SIA* (D)
(ME(3))
0.00/1.25
0.29 (±0.29)
0.00/1.25
0.23 (±0.26)
0.002
EI(4)
0.19/1.39
0.97 (±0.18)
0.40/2.00
0.98 (±0.17)
0.741
SI(5)
0.75/1.45
1.06 (±0.11)
0.69/2.00
1.03 (±0.14)
0.020
Intra-OP
Flapdicke [um]
Post-Op
Tab. 1: Epidemiologische und refraktive Daten
Die hochgestellten Gruppenbezeichnungen weisen auf eine statistische Signifikanz im Gruppen­vergleich hin
† getestet mit Pearson Chi-Square
* surgically induced astigmatism vector [D] (1) uncorrected distance visual acuity; (2) corrected distance
visual acuity; (3) magnitude of error; (4) efficacy index; (5) safety index
refraktive Zylinder (= SIA) betrug 0,75 dpt oder mehr in 116 (11,1 %) von 1045 Augen. Dies wurde in 44 (12,8 %) von 344 (SBK) und 72 (10,3 %) von 701 (M90) Fällen
beobachtet. Der durchschnittlich niedrigste SIA wurde in der M90-Gruppe erhalten.
Der postoperative refraktive Zylinder betrug 0,25 dpt oder weniger in 739 (70,7 %)
Augen, d. h. in 226 (65,7 %) SBK- und 513 (73,2 %) M90-behandelten Augen. Die mittlere Effizienz der LASIK etwa 0,97 und 0,98 in beiden MK-Gruppen. Es gab zwar einen
statistisch signifikanten Unterschied in der Sicherheit zugunsten der SBK-Gruppe
(p = 0.020, ANOVA), aber beide Gruppen hatten eine mittleren Sicherheitsindex von
1.0 oder mehr (Tab. 1).
Obwohl die mediane Gesamteffizienz und Sicherheit auf ein sehr präzises, sicheres
und effizientes Verfahren hindeuten, gab es statistisch signifikante Unterschiede
145
Excimer
N
SBK
M90
66
127
OD
2
Flapdicke [um]
97.29 ± 17.55 (Min/Max: 60.0/147.0)
117.56 ± 24.60 (Min/Max: 58.0/174.0)
SIA1
0.31 ± 0.30 (Min/Max: 0.0/1.0)
0.20 ± 0.22 (Min/Max: 0.0/0.8)
OS
3
Flapdicke [um]
93.77 ± 14.19 (Min/Max: 64.0/138.0)
104.11 ± 21.01 (Min/Max: 59.0/157.0)+
SIA
0.25 ± 0.27 (Min/Max: 0.0/1.3)
0.19 ± 0.24 (Min/Max: 0.0/1.0)
Flap OD>OS (%)
63.6
77.2
Tab. 2: Flapdicke und induzierter Astigmatismus (surgically induced astigmatism, SIA) im Vergleich
rechtes vs. linkes Auge bei Patienten mit präoperativem plano-refraktiven Zylinder und chirurgischer
Behandlung mit identischem Mikrokeratom an beiden Augen
1 surgically induced astigmatism vector [D]
2 rechtes Auge
3 linkes Auge
+getestet mit paired t-test. Signifikante Differenz gegenüber „rechtes Auge“ auf 0.05 Level
(p = 0.002) in SIA. In 116 (11,1 %) von 1045 Augen war der postoperative refraktive
Zylinder (= SIA ) 0,75 dpt oder mehr. Dieses wurde in 44 (12,8 %) von 344 (SBK) und 72
(10,3 %) von 701 (M90) Augen beobachtet. Es sollte jedoch angemerkt werden, dass
hinsichtlich der klinischen Praxis nicht mehr als eine mittlere Größe von 0,35 dpt
Astigmatismus induziert wurde und dies unabhängig von der Art des MK war. Ebenso
unabhängig vom MK war SIA geringfügig höher in den Augen, die zuerst behandelt
wurden (pro Patient). Es ist bekannt, dass bei Verwendung eines M2-MK, die Flapdicke des zweiten Auges geringer als die des ersten Auges ist [7]. Abweichungen
der Flapdicke könnten SIA, vor allem in Augen mit präoperativ plano-refraktivem
Zylinder, erklären und sollten daher berücksichtigt werden. Wir untersuchten den
Einfluss der Lateralität und stellten fest, dass, wenn mit M90 behandelt, ein statis­
tisch signifikanter Unterschied in der Flapdicke zwischen beiden Augen eines Patienten existiert (Tab. 2).
Die aktuellen Daten unterstützen unsere vorherige Studien [4], die zeigen, dass
ein bestimmter Anteil der Augen mit niedrigem präoperativen Zylinder im Hinblick auf die astigmatische Komponente überkorrigiert wird. Die aktuelle Studie
zeigt, dass ein chirurgisch induzierter Astigmatismus auch in Augen mit präoperativem plano-refraktiven Zylinder eine Rolle spielt. Dennoch sollte beachtet werden, dass – unabhängig von der Art der MK – nicht mehr als eine mittlere Größe
von 0,35 dpt des Zylinders nach LASIK dokumentiert wurde.
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Frings et al.: Induzierter Astigmatismus nach LASIK in myopen Augen ...
Literatur
1. Slade SG: The use of femtosecond laser in the customization of corneal flaps in laser in situ keratomileusis.
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5. Alpins NA: A new method of analyzing vectors for changes in astigmatism. J Cataract Refract Surg 1993;19:524–
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M2 microkeratome. J Cataract Refract Surg 2004;30:1902–1908
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