Das Laserschwert der Jedi-Ritter
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Das Laserschwert der Jedi-Ritter
Physik und Science-Fiction PdN-PhiS 1/59. Jg. 2010 Das Laserschwert der Jedi-Ritter Physik mit Star Wars F. Finocchi This is the weapon of a Jedi knight. Not as clumsy or random as a blaster. An elegant weapon, for a more civilized age. Obi-Wan Kenobi Star Wars Episode IV: A New Hope 1 ❙ Star Wars und die Naturwissenschaften ● Sämtliche Werke aus dem Science-Fiction-Bereich – egal ob Filme oder Literaturwerke – setzen als Ausdruck eines imaginären Universums den technischen Fortschritt in den Vordergrund. Die Star WarsSaga bildet in dieser Hinsicht keine Ausnahme von der Regel und die Technologie ist allgegenwärtig. Die sechs Filme präsentieren uns ein Universum, in dem so gut wie alle Aspekte der Naturwissenschaften fester Bestandteil der Handlung sind: Der Zuschauer lernt zahlreiche fremde Planeten kennen, deren Oberflächen öde und vereist sein können, aber auch fast vollständig mit Wasser bedeckt oder vulkanisch sehr aktiv. Unter denen befindet sich ein Wüstenplanet namens Tatooine, der sogar zwei Sonnen umkreist. Selbstverständlich beherbergen alle diese Planeten seltsame Kreaturen, die sich den dortigen Bedingungen angepasst haben. Intelligente Roboter – die so genannte Droiden – gehören zum Alltag der Protagonisten. Diese Maschinen können nicht nur sprechen, sehen und hören: Sie denken, fühlen und drücken Emotionen aus. Sie sind auf jeden Fall selbständig genug, um selber Krieg zu führen. Das Star Wars-Universum ist reich an Raumschiffen und Fahrzeugen jeder Couleur. Manche Raumschiffe erreichen mühelos die Lichtgeschwindigkeit, während einige Fahrzeuge wie der berühmte Landspeeder von Luke Skywalker mehrere Zentimeter über dem Boden schweben. Scheinbar ist den Protagonisten ohne weiteres möglich, Gravitationsfelder abzuschalten, so ähnlich wie das Abschirmen eines elektrischen Feldes durch eine metallische Oberfläche. Dieser Wunschtraum der Physiker unserer Zeit erlaubt die Eroberung der dritten Dimension: Während wir uns auf asphaltierten Straßen fortbewegen, befinden sich manche Star Wars-Autobahnen in schwindelerregenden Höhen. Da wiederum die Akteure der Star Wars-Galaxie sich immer "mit dem Kopf nach oben“ in ihren Raumschiffen bewegen, können wir annehmen, dass die Erzeugung einer künstlichen Gravitation in dieser weit entfernten Galaxie möglich geworden ist. Eine künstliche Schwerkraft in einem Raumschiff ließe sich erreichen, in dem das Schiff mit der passenden Geschwindigkeit um eine bestimmte Achse rotiert, wie beispielsweise beim Klassiker 2001: Odyssee im Weltraum. In der Star Wars-Welt rotieren die Schiffe glücklicherweise nicht (es wäre für die Zuschauer eine echte Herausforderung), was vermuten lässt, dass eine Art „Gravitationsgenerator“ irgendwo untergebracht ist. Zuletzt müssen wir noch die mystische Macht erwähnen, die von Obi-Wan Kenobi als alles durchdringendes Energiefeld beschrieben wird, das die Galaxis zusammenhält. Diejenigen, die die Gabe haben, die Macht effektiv anzuwenden, besitzen meisterhafte Kräfte, wie Telepathie, Telekinese, Vorherwissen und geistige Beeinflussung anderer Lebewesen [1]. Wie in dieser Einleitung erwähnt, enthält ein Science-Fiction-Werk wie Star Wars zahlreiche wissenschaftliche Aspekte und Fragestellungen aus den Gebieten der Astrophysik, der Planetologie, der Biologie, der Robotik und der Bionik. Anhand der von der Mathematik und der Physik gelieferten Hilfsmittel können wir versuchen, diese seltsame Welt besser zu verstehen und die brennende Frage „Was wäre, wenn?“ zu beantworten. Denn wir erleben als Zuschauer durch ein „Fenster“ eine Geschichte, die sich in einer realen Welt abspielt. Nehmen wir einfach an, dass die Technologie wirklich solch gewaltige Fortschritte gemacht hätte. Lässt sich die Star Wars-Welt wissenschaftlich erklären? Können wir die Realität von der Fiktion trennen? Das Ziel einer solchen Untersuchung sollte nicht sein, die „wissenschaftlichen Fehler“ aufzuspüren, sondern nach plausiblen Erklärungen für die gezeigten Handlungen zu suchen. Was wir nicht erklären können, wollen wir einfach als Fragestellung offen lassen. Eine ausführliche Behandlung aller Aspekte der Star Wars-Technologie würde selbstverständlich den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Dafür möchte ich auf Krauss [2] und vor allem Cavelos [3] hinweisen. Letztere streift mit wissenschaftlichem Blick die Hauptthemen, die in den Star Wars-Filmen zu finden sind. Zum Schluss möchte ich noch den französischen Astrophysiker Roland Lehoucq erwähnen [4], der mich zu solchen Präsentationen inspiriert hat. Sein kleines Buch [5] – bisher nur in französischer Sprache erschienen – enthält ebenfalls zahlreiche wissenschaftliche Erklärungen zu einigen der markantesten Besonderheiten von Star Wars. 2 ❙ Motivationen ● Als Basis für den vorliegenden Beitrag dient eine einstündige Präsentation, die ich gelegentlich für die Schüler halte. Dieser Beitrag stellt in erweiterter Form den Inhalt dieser Präsentation dar. Unter allen Aspekten der Star Wars-Technologie habe ich mich für das emblematische Laserschwert (siehe Abb. 1) entschieden. Einer der Gründe ist, dass diese Waffe meines Erachtens am besten das Star Wars-Universum in der kollektiven Imagination darstellt. Selbst die Schüler, die sich nie für Star Wars interessiert haben, kennen diese Fechtwaffe als gelungene Mischung aus Spitzentechnologie und japanischer Kampfkunst feudaler Abb. 1: Zwei Jedis vor einem Kampf mit dem Laserschwert. 13 14 Physik und Science-Fiction Zeiten. Außerdem lassen sich zahlreiche Aspekte der „Laserschwerttechnologie“ mit einfachen Schülerexperimenten und alltäglichen Gegenständen demonstrieren. Der Einsatz von Spielfilmen im Physikunterricht ist vor allem motiviert durch den Wunsch, die Physik als attraktiv, zugänglich, anwendungsbezogen und vor allem realitätsnah zu präsentieren. In dieser Hinsicht konfrontieren Spielfilme die Schüler mit anschaulichen Situationen, die der alltäglichen Wahrnehmung am nächsten sind, auch wenn die gezeigten Situationen fiktiv sind [6]. Die primäre Motivation für diese Präsentation war allerdings, das kreative Potenzial der Schüler anzuregen, indem sie sehen, dass es möglich ist, einen imaginären Gegenstand auf eine realistische Art und Weise physikalisch zu beschreiben. Dafür werden sie während des Vortrages mehrmals dazu aufgefordert, einen kritischen, dynamischen Blick auf das vorgestellte Universum zu werfen. Durch gezielte Fragen sollen sie selber auf die verschiedenen Aspekte der Schwerter achten (z. B. Länge, Farbe, Gewicht) sowie das vorgestellte Star Wars-Universum analysieren. Außerdem lernen die Schüler indirekt die Arbeit eines Physikers kennen, der zuerst ein Phänomen beobachtet und anschließend versucht, aus seinen Beobachtungen logische Rückschlüsse zu ziehen. Ein wichtiger Punkt ist jedoch, dass wir die vorgestellte Filmhandlung weder beeinflussen noch modifizieren können. In der Regel können Physiker durch Experimente in das untersuchte physikalische System eingreifen und es „zum Sprechen bringen“. Im Falle einer Filmanalyse sind wir jedoch leider nur Zuschauer einer Geschichte und müssen uns mit den gezeigten Informationen begnügen. Selbstverständlich sollte eine solche Präsentation auch demonstrieren, dass man mit Physik etwas Neues lernen kann und gleichzeitig dabei Spaß hat. Dies klingt für die meisten Schüler allzu oft widersprüchlich, fördert aber ihre Neugier. 3 ❙ Ein Laserschwert ... ● Wie wir gesehen haben, ist das Laserschwert, manchmal auch Lichtschwert genannt, eine Fechtwaffe mit einer Klinge aus hell leuchtendem Licht. Es ist zuerst einmal nötig sich davon zu überzeugen, dass die Klinge des Schwertes nicht aus einem gewöhnlichen Laserstrahl bestehen kann. In dieser Hinsicht ist die englische Originalbe- PdN-PhiS 1/59. Jg. 2010 zeichnung lightsaber besser, die glücklicherweise auf den Begriff „Laser“ verzichtet. Ein sehr primitives Laserschwert lässt sich für einige Euros in jedem gutsortierten Schreibwarengeschäft bzw. Fachgeschäft für Elektronik erwerben. Kaufen wir einfach einen gewöhnlichen Laserpointer. Ein Laserpointer ist in der Tat ein Laserschwert in Kleinformat mit einem Griff und einem Knopf, der einen Laserstrahl aktiviert. Zuerst merkt man, dass das Laserlicht unsichtbar ist, im Gegensatz zu den Klingen der JediRitter, die extrem hell leuchten, egal wo die Jedis kämpfen. Es gibt sicherlich in der Luft mikroskopische Staubpartikel, die einen winzigen Teil des Lichts in Richtung der Zuschauer streuen, aber diese Lichtmenge ist viel zu gering, um den Strahl sichtbar zu machen. Die Illusion eines Kampfes mit zwei Schwertern lässt sich dann in einer sehr benebelten bzw. sehr verrauchten Umgebung erzielen: Man nimmt einfach zwei Laserpointers (rot und grün, damit der Kampf noch echter wirkt) und die Illusion ist perfekt. Dieses Experiment funktioniert übrigens in einer sehr nebligen Nacht mit zwei handelsüblichen Taschenlampen. Wenn die Klinge eines Laserschwerts doch aus einem Laserstrahl bestehen würde, müssten wir annehmen, dass die Kämpfe à la Star Wars ständig in solchen verrauchten Umgebungen stattfinden. Ein weiteres, interessantes Merkmal des Laserschwerts ist die begrenzte Länge der Klingen (meistens ca. 1 m). Im Gegensatz dazu ist der Strahl unseres Laserpointers im Prinzip von unbegrenzter Länge. Wenn es die Decke des Raumschiffes nicht gäbe, würde sich das Licht – rein theoretisch – bis ans Ende des Universums ausbreiten. Da die Wände der Raumschiffe sehr oft aus auf Hochglanz poliertem Metall bestehen, ist eine Begrenzung der Klingenlänge äußerst zu empfehlen, denn sonst würden die verspiegelten Flächen den Strahl hin und her reflektieren und dem Raumschiff und seinen Insassen erhebliche Schäden zufügen. Man kann sich verschiedene Mechanismen überlegen, um diese begrenzte Länge zu erklären. Am einfachsten könnte das Betätigen des Knopfes das Herausfahren eines kleinen Spiegels bewirken, der das Laserlicht reflektieren würde. Dieser Spiegel sollte sich direkt über dem Griff auf ca. 1 m Höhe befinden, damit das ganze funktioniert. Wie der Spiegel in der Luft schweben soll, ist jedoch unklar. Die Verwendung der Macht und die damit verbundene Telekinese1 liefert eine – allerdings nur in der Star Wars-Welt – plausible Erklärung. Da die Telekinese jedoch dem Bereich der Spekulation angehört, wollen wir erstmals davon Abstand nehmen und die Hypothese des schwebenden Spiegels vergessen. Bei Kämpfen mit dem Laserschwert fällt dem Zuschauer außerdem auf, dass die Klingen fest sind, ganz wie bei normalen metallischen Schwertern. Im Gegensatz dazu lässt sich schnell demonstrieren, dass zwei Laserstrahlen sich ungestört durchkreuzen und vor allem ohne diesen Stoßklang, der bei Star Wars-Kämpfen üblich ist. 4 ❙ ... oder ein Plasmaschwert? ● Somit kann die Klinge des Schwerts eines Jedi-Ritters nicht aus einem Laserstrahl bestehen. Eine andere plausible Erklärung wäre, dass die Jedis im Besitz eines Plasmaschwerts sind. Als Plasma bezeichnet man ein ionisiertes Gas, das zu einem nennenswerten Anteil freie Ladungsträger wie Ionen oder Elektronen enthält. Man erhält ein Plasma, indem man z. B. ein Gas auf eine Temperatur von mehreren Tausend Kelvin bringt. Aufgrund dieser Energiezufuhr werden einige oder alle Elektronen der Elektronenhülle der Atome entrissen. Die positiv geladenen Ionen und die negativ geladenen Elektronen bilden am Ende eine Art „Teilchensuppe“. Interessant für unser Plasmaschwert ist, dass die Materie in diesem Zustand über völlig neue physikalische Eigenschaften verfügt: Plasmen sind zum Beispiel in der Regel elektrisch sehr leitfähig und durch Magnetfelder stark beeinflussbar. Diesen letzten Punkt werden wir später vertiefen. Obwohl dieser Zustand der Materie äußerst seltsam wirkt, sind wir umgeben von Plasmen: Die äußere Schicht unserer Atmosphäre ist ein Plasma, Gewitterblitze bestehen zum Teil aus Plasma und die Materie in einer gewöhnlichen „Neonröhre“ ist ein Plasma (mit einer Neonröhre lässt sich übrigens ein täuschend echtes Laserschwert herstellen – nur die Glaswand würde einem realen Kampf nicht lange überleben). Wissenschaftler vermuten sogar, dass mehr als 99 % der sichtbaren Materie im Universum sich im Plasmazustand befindet, da die Sterne und möglicherweise das Innere von Planeten aus Plasmen bestehen. Daraus lässt sich schließen, dass die Materie, wie wir sie auf der Erde kennen, eine Ausnahme im Universum ist. 1 Unter Telekinese versteht man die Ortsveränderung von Gegenständen, die durch rein geistige Einwirkung hervorgerufen werden soll. [7] Physik und Science-Fiction PdN-PhiS 1/59. Jg. 2010 5 ❙ Eine Frage der Energie ● Eine Vorrichtung, die in gewissen Punkten einem Plasmaschwert ähnelt, ist der sogenannte Plasmabrenner, manchmal auch Plasmafackel genannt. Ein strömendes Gas wird durch einen Lichtbogen ionisiert und auf Temperaturen von 10 000 bis 20 000 K aufgeheizt. Plasmabrenner werden typischerweise zum Schneiden von Metallteilen eingesetzt. Die französische Firma Aérospatiale verwendet ebenfalls eine Plasmafackel, um z. B. die Widerstandsfähigkeit der Hitzeschilder von Raumschiffen bei ihrem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zu testen. Solche Plasmafackeln erzeugen eine mehrere Zentimeter lange Flamme, die in wenigstens zwei Punkten der Klinge eines Lichtschwertes ähnlich aussieht: • Die Flamme ist auch ohne staubige Umgebung von allen Seiten sichtbar, da das Plasma in allen Richtungen Licht abstrahlt, • Die Länge der Flamme ist begrenzt, auch wenn sie bei den meisten Plasmabrennern für unsere Bedürfnisse immer noch zu klein ist (einige cm). Viele Plasmabrenner sind immerhin einige 10 kg schwer, also für einen durchschnittlich gebauten Jedi-Ritter auf Dauer viel zu umständlich. Laut Lehoucq [5] verfügt die Firma Aérospatiale über Plasmafackeln, deren leuchtendes strömendes Gas eine Länge von ca. 1 m erreicht, also für unser Lichtschwert perfekt ist. Zwei Nachteile müssen allerdings erwähnt werden: Solche Vorrichtungen wiegen mehrere Tonnen, was einen Kampf zwischen guten und bösen Jedis erheblich erschweren würde. Außerdem ist eine gewaltige Energiemenge nötig, um eine solche Plasmafackel zu betreiben. Anhand der Informationen, die wir aus den Star Wars-Filmen gewinnen können, wollen wir nun versuchen, die Problematik der Energieversorgung deutlicher zu machen. Der Griff des Laserschwerts, in dem die Energiequelle sich befindet, ist ca. 30 cm lang mit einem Durchmesser von etwa 5 cm, also alles in allem relativ klein (siehe Abb. 2). Seine Masse dürfte nicht höher als einige Hundert Gramm sein. Die gewaltige Energiemenge, die in diesem kleinen Volumen erzeugt wird, kommt in der Verfilmung Episode I – The Phantom Menace besonders zur Geltung. Ca. 6,5 min nach Beginn des Films sieht man, wie der Jedi-Ritter Qui-Gong Jinn eine schwere Stahltür mit seinem Laserschwert innerhalb von ein paar Sekunden aufbricht, indem er ein Loch hin- Abb. 2: Griff eines Laserschwerts. Der Aktivierungsknopf ist gut erkennbar. Abb. 3: Der Todesstern. einschmilzt. Wenn wir die spezifische Wärmekapazität von Stahl kennen sowie seine spezifische Schmelzwärme L und anschließend die geschmolzene Stahlmasse m abschätzen, lässt sich die nötige Energiemenge E anhand der folgenden Formel bestimmen: E = m c ∆T + m L. ∆T ist die Temperaturerhöhung des Stahls, d. h. die Differenz zwischen der Temperatur im Raumschiff, die wir auf 20°C festlegen können, und der Schmelztemperatur des Stahls: Sie beträgt ca. 1500°C. Wenn das Schwert von QuiGong Jinn einen Kubikmeter Stahl der Dichte 7,85 g/cm3 schmilzt, beträgt die Stahlmasse m =7850 kg. Mit c = 0,46 kJ/kg K und L = 285 kJ/kg erhalten wir E = 7,6 ·109 J. Diese Energiemenge würde reichen, um eine 100 W-Glühbirne fast zweieinhalb Jahre lang rund um die Uhr zu betreiben! Ein mobiles Telefon könnte übrigens mit einer solchen Energiequelle ein menschliches Leben lang funktionieren, ohne es jemals aufladen zu müssen. Die verwendeten Batterien – wenn es im Griff welche gibt – sind in der Tat wahre Wunder der Technik. Wir dürfen außerdem nicht vergessen, dass das Laserschwert nach dieser Heldentat immer noch „geladen“ und für weitere Kämpfe einsatzbereit ist. Diese Rechnung zeigt auf jeden Fall, dass die Protagonisten des Star WarsUniversums eine hohe Beherrschung der Energieversorgung erreicht haben. Damit das Laserschwert, wie in den Filmen gezeigt, Knochen, Metalle und andere Materialien mühelos durchschneiden kann, sollte das Plasma laut Cavelos [3] zehn Millionen mal dichter und zehn mal heißer sein (d. h. immerhin 200 Millionen K) als die Plasmen, die wir auf der Erde erzeugen kön- nen. Jedes Material würde dann in Kontakt mit der Klinge buchstäblich verdampfen. Diese Beherrschung der Energie wird in folgender Szene besonders deutlich, obwohl diese Sequenz keinen direkten Bezug zum Laserschwert hat: Ca. 57 min nach Beginn von Episode IV – A New Hope demonstriert der böse Jedi Darth Vader seine Macht, indem er anhand des sogenannten Todessterns (Death Star) den Planeten Alderaan vernichtet. Der Todesstern ist die Bezeichnung einer riesigen Raumstation, die gleichzeitig die Superwaffe des Imperiums ist, da seine Feuerkraft ausreicht, einen ganzen Planeten mit einem einzigen Laserschuss zu zerstören. Diese Szene enthält genug Informationen, um die dafür verwendete Energiemenge ziemlich präzise abzuschätzen (siehe Abb. 3). Wir können vernünftigerweise annehmen, dass Alderaan etwas so groß ist wie die Erde. Die sichtbaren Merkmale dieses Planeten (Wiesen, Berge, flüssiges Wasser, üppige Fauna und Flora) sind unseren Erdlandschaften vergleichbar. Außerdem sind die Gravitationsbedingungen ebenfalls sehr ähnlich. Die Masse könnte somit M = 6·1024 kg betragen und der Radius hätte einen Wert von R = 6400 km. Die Explosionsszene zeigt, dass die Bruchstücke des Planeten innerhalb von 2 s eine Entfernung zurücklegen, die ungefähr zwei mal dem Durchmesser des Planeten entspricht (siehe Abb. 4). Die Bruchstücke fliegen somit mit der phänomenalen Geschwindigkeit von ca. v = 46000000 km/h. Die Energie, die der Superlaser transportiert, wird in diesem Fall vollständig in kinetische Energie umgewandelt (angenommen, der Wirkungsgrad 15 16 Physik und Science-Fiction PdN-PhiS 1/59. Jg. 2010 Abb. 4: Zerstörung des Planeten Alderaan. Die Laserstrahlen werden zuerst gebündelt, um anschließend den Planeten komplett zu vernichten. Der Durchmesser des Todessterns lässt sich anhand eines holografischen Bilds ca. 48 min nach Beginn der Episode VI – Return of the Jedi bestimmen, da er zusammen mit dem Mond Endor gesehen werden kann, dessen Größe wiederum bestimmbar ist. Anhand einer einfachen Argumentation kommt Lehoucq [5] zu dem Ergebnis, dass der Todesstern einen Durchmesser von ca. 750 km haben muss. Wenn wir annehmen, dass er aus einem gewöhnlichen Metall besteht (mit einer Dichte von ca. 7 g/cm3) und dass das bewohnbare Volumen die Hälfte des Gesamtvolumens ausmacht, muss der Todesstern eine Masse von ca. 4 ·1019 kg besitzen. Die Rückstoßgeschwindigkeit ist v TS = des Lasers beträgt 100 %, ansonsten ist die benötigte Energie noch höher): EK = ½ m v 2 = 5 ·1038 J. Diese Energiemenge entspricht immerhin der Energie, die von unserer Sonne in fast 40 000 Jahren in den Raum gestrahlt wird! Über die innere Energiequelle des Todessterns und im Allgemeinen über die Energieerzeugung in Star Wars bestehen doch zahlreiche Unklarheiten ... Man merkt, dass EK um mehrere Größenordnungen höher als die gravitative Bindungsenergie des Planeten ist. D. h. diejenige Energie, die benötigt wird, um einen durch Gravitation zusammengehaltenen Körper in sehr viele winzige Bestandteile zu zerlegen und diese unendlich weit voneinander zu entfernen [8]. Diese Energieform ist gegeben durch die Gleichung: EG = 3GM 2 . 5R G ist hier die Gravitationskonstante. Man erhält für Alderaan EG = 2,2 ·1032 J. Der Grund, weshalb EK um mehr als 6 Zehnerpotenzen EG übertrifft, ist ganz einfach: Würde der Superlaser genau die gravitative Bindungsenergie auf Alderaan übertragen, würden die Bruchstücke mit einer Geschwindigkeit von ca. 11 km/s ins All geschleudert werden. Sie fliegen mit der Fluchtgeschwindigkeit, also jener Geschwindigkeit, die ein Körper mindestens benötigt, um der Gravitationskraft eines astronomischen Körpers zu entfliehen. Die Zerstörung des Planeten wäre ebenso erfolgreich verlaufen. Warum also eine solche Energieverschwendung? Ganz einfach: In diesem Fall würde die Explosion fast 20 min dauern. Dieses Spektakel wäre für jeden Star Wars-Fan schnell langweilig. Außerdem legen die Streitkräfte des Imperiums sicherlich viel Wert auf spektakuläre Vernichtungsmethoden, damit sie ihre Macht noch effektiver demonstrieren können. Eine letzte, interessante Schwierigkeit, der Darth Vader und Co. sich leider nicht entziehen können, ist der als Folge der Impulserhaltung erzeugte Rückstoß des Todessterns. Ein solcher Rückstoß ist im Film nicht zu sehen. Ist die Geschwindigkeit des Todessterns unmittelbar nach dem Schuss wirklich sehr groß oder kann man sie doch vernachlässigen? Schließlich ist seine Masse sicherlich vergleichbar mit der eines kleinen Asteroiden und er besitzt deswegen eine beachtliche Trägheit. Sehen wir uns das Ergebnis genauer an. Ein Photon aus dem Laserstrahl besitzt den Impuls p = E/c. E ist die Energie des Photons und c die Lichtgeschwindigkeit. Wenn wir nun p als den Gesamtimpuls aller Photonen im Strahl bezeichnen, müssen wir für E die oben bestimmte kinetische Energie EK einsetzen. Mit mTS für die Masse des Todessterns und vTS für seine Rückstoßgeschwindigkeit nach dem Schuss, haben wir in Folge der Impulserhaltung: v TS = EK c mTS 5⋅1038 m = 4 ⋅1010 . 3⋅108 ⋅ 4 ⋅1019 s Der Todesstern sollte nach dem Schuss seine Bahn um Alderaan mit Überlichtgeschwindigkeit verlassen! Somit kann die abgeschätzte Masse nicht stimmen. Der interessierte Leser kann an dieser Stelle selber die Masse bestimmen, die der Todesstern haben müsste, um weiterhin stabil auf seiner Bahn zu bleiben ... 6 ❙ Ein Plasmaschwert ist doch besser ● Nun zurück zu unserem Plasmaschwert: Welche Vorteile würde ein Plasmaschwert gegenüber einem Laserschwert bieten? Zuerst zeigen genaue Beobachtungen der Kämpfe, dass die Klingen unterschiedliche Farben haben, z. B. blau, grün, rot oder lila. Die Temperatur des Plasmas sowie das Gas, aus dem das Plasma besteht, beeinflussen seine Farbe. Neon erzeugt eine rot-orange Farbe, Helium erzeugt im Plasma eine sehr helle Farbe zwischen blau und purpurrot während Krypton eine bläuliche weiße Farbe erzeugt [9]. Wir können vernünftigerweise annehmen, dass die Griffe der Schwerter über gewisse Regulierungsmechanismen verfügen, um möglichst genau die Temperatur sowie die Gasmischung zu steuern. Anschließend könnte ein starkes Magnetfeld, dessen Linien möglichst parallel zum Griff verlaufen sollten, die Form der Klingen erklären. Da das Plasma aus negativen Elektronen und positiv geladenen Atomkernen besteht, wirkt die Lorentz-Kraft auf diese Teilchen. Diese bewegen sich wiederum auf Spiralbahnen um die Magnetfeldlinien und können diesen magnetischen Einschluss nicht mehr verlassen. Die Lorentz-Kraft lässt sich vor Schülern anhand eines Elektronstrahls in einer Braunschen Physik und Science-Fiction PdN-PhiS 1/59. Jg. 2010 Röhre und einiger Magneten demonstrieren. Da bekannterweise die Stärke eines Magnetfeldes mit der Entfernung zur Quelle rapide abnimmt, sollte der Griff eine äußerst starke Magnetfeldquelle enthalten, damit das Plasma über die gewünschte Länge von ca. 1 m eingeschlossen bleibt. Sonst ist das Risiko groß, dass das (sehr heiße!) Plasma entweicht und für die Kämpfer äußerst gefährlich wird. Als Quelle wäre eine einfache Spule prinzipiell denkbar. Problematisch ist jedoch die Stärke des Feldes in der Nähe des Griffes, da das Feld einer Spule mit der dritten Potenz der Entfernung abnimmt. Wenn das Feld 1 m von der Klinge entfernt eine Stärke von 1 T (1 Tesla) haben soll2, beträgt die Stärke 1 mm vor dem Griff ca. 109 T, was ungefähr der Stärke auf der Oberfläche eines Neutronensterns entspricht [10]! Wir Bewohner der Erde müssen uns mit niedrigeren Werten zufrieden geben: Am National High Magnetic Field Laboratory der Universität Florida erreichen die Wissenschaftler mit einem sog. Hybridmagnet immerhin 45 T [11]. Ein Magnetfeld als „Plasmabehälter“ hat schließlich den Vorteil, dass – wie in den Filmen gezeigt – die Klingen „fest“ sein könnten. Wir müssen uns nur daran erinnern, dass ein Magnetfeld zwei Pole hat, welche mit Nord und Süd bezeichnet werden. Wir wissen, dass gleichnamige Pole (Nord-Nord bzw. Süd-Süd) sich abstoßen. Es würde somit genügen, wenn alle Magnetfelder aller Plasmaschwerter im Universum die gleiche Polung haben, damit bei jedem Kampf eine ordentliche Abstoßung stattfindet. Die Illusion von zwei festen Plasmaklingen wäre dann perfekt. Selbstverständlich müssten sich alle Jedi-Ritter der Galaxie an die vorgegebene Polarität halten, da sonst zwei Schwerter durch die starke Anziehungskraft „zusammenkleben“ könnten ... Der relativ kleine Griff eines Plasmaschwertes muss somit mindestens drei wesentliche Komponenten enthalten: • eine sehr starke Energiequelle, • einen Magnetfeldgenerator, • ein Kühlungssystem. Unmöglich? Wir sind in der Tat umgeben von Miniaturisierungswundern. Denken wir einfach an einen modernen tragbaren Computer, der mehr Rechenleistung besitzt als alle Computer, die eine Mondlandung ermöglicht haben [12]. Vielleicht wird doch in einer nicht zu fernen Zukunft der Bau eines solchen Griffes möglich sein ... 7 ❙ Vorsicht heiß! ● Wie wir gleich feststellen werden, sollte die von der Plasmaklinge abgestrahlte Wärmeenergie von den Jedi-Rittern allerdings sehr ernst genommen werden. Ein einfaches Lagefeuer lehrt uns, dass es viel Wärme seitlich abstrahlt. Die aus einem weißglühenden Stück Eisen (ca. 1000 K) abgestrahlte Wärme ist ebenfalls deutlich spürbar. Wenn wir nun annehmen, dass sich sowohl das Eisen als auch die Plasmaklinge wie ein schwarzer Körper verhalten, lässt sich das Stefan-Boltzmann-Gesetz anwenden. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz gibt die von einem schwarzen Körper thermisch abgestrahlte Leistung in Abhängigkeit von seiner Temperatur an. Wichtig für unsere Abschätzung ist die Tatsache, dass die abgestrahlte Leistung P pro Flächeneinheit proportional zur vierten Potenz der absoluten Temperatur T ist: P ∝ T 4. Da die Temperatur der Klinge ca. 10000 K betragen muss, also 10 mal höher als die 1000 K vom weißglühenden Eisen, bedeutet dies im Klartext, dass die Klinge pro Flächeneinheit 104 mal mehr Energie abstrahlt! Diese abgestrahlte Wärme könnte bei den Jedis unter Umständen seriöse Verbrennungen verursachen. Darth Vader, mit seinem Schutzhelm und seinen dicken Handschuhen, scheint ordentlich geschützt zu sein. Die anderen Jedis, die ständig ohne geeigneten Schutz kämpfen, sollten Bekleidungen für den Hitze- und Flammenschutz tragen, beispielsweise der Marke Nomex® von der Firma DuPont. Solche Einsatzkleidungen bestehen aus sog. Aramidfasern und schmelzen bei hohen Temperaturen nicht, sondern beginnen ab etwa 400 °C zu verkohlen. Schutzkleidungen aus Aramidfasern halten Temperaturen von über 1000 K aus, allerdings nur einige Sekunden lang, was die Dauer der Kämpfe stark begrenzen würde ... 8 ❙ Fazit ● Zum Schluss muss ich den aufmerksamen Leser leider enttäuschen. Eine Illusion verlieren heißt jedoch: um eine physikalische Wahrheit reicher werden3. Denn ein Plasmaschwert, gebaut nach dem wie bisher geschilderten Funktionsprinzip, wäre aus einem einfachen Grund leider unbrauchbar. Die Techniker des Star Wars-Universums wissen, dass die Magnetfeldkonfiguration, die das Plasma enthält, extrem stabil sein 2 Diese Zahl entspricht ungefähr der Stärke des Magnetfeldes auf der Oberfläche eines handelsüblichen Dauermagneten. 3 Frei nach dem österreichischen Dramatiker Arthur Schnitzler. muss. Die kleinste Störung in den Magnetfeldlinien würde dazu führen, dass das Plasma entweicht. Wie man sich leicht vorstellen kann, würde dieses freigesetzte Plasma aufgrund der hohen Temperaturen eine ernstzunehmende Gefahr für die Kämpfer darstellen. Lehoucq und andere [5, 13] sind auf die Idee gekommen, dass eine Handvoll kleiner Magnete, wie diejenigen, die zum Beispiel am Kühlschrank kleben und für Einkaufszettel verwenden werden, ausreichen könnte, um ein „Loch“ in diesem magnetischen „Käfig“ zu erzeugen. Durch dieses Loch würde das Plasma sofort ausströmen und ernsthafte Verbrennungen verursachen. Damit das Gute immer triumphiert, sollte der gute Jedi immer ein paar solcher kleinen Magnete versteckt halten und sie in einem günstigen Augenblick in Richtung des bösen Jedis werfen. Da die Jedis, egal ob gut oder böse, zu einer überentwickelten Spezies gehören, sind sie sicherlich alle auf diese einfache Idee gekommen. Wenn ein Kampf zwischen Gut und Böse so schnell zu Ende sein kann, ist ein Plasmaschwert jedoch nicht die geeignete Lösung. Für weitere Ideen bzw. Vorschläge zur Funktionsmöglichkeit des Laserschwerts wäre ich dem geduldigen Leser sehr dankbar. Literatur [1] Wikipedia – Star Wars. http://de.wikipedia.org/wiki/Star_Wars#Die_Macht [2] Krauss, L. M.: Die Physik von Star Trek, Wilhelm Heyne Verlag, München 1995 [3] Cavelos, J.: The Science of Star Wars, First St. Martin’s Griffin Edition, New-York 2000 [4] http://alliance-us.org/en/Page.Culture.Lecture.Lehoucq.aspx [5] Lehoucq, R.: Faire de la science avec Star Wars, Editions Le Pommier, Paris 2005 [6] Finocchi, F.: Hollywood Science – Hulk und Co. im Physikunterricht, in: Praxis der Naturwissenschaften – Physik in der Schule 3/58 (2009) [7] Wikipedia – Telekinese. http://de.wikipedia.org/wiki/Telekinese [8] Wikipedia – Bindungsenergie. http://de.wikipedia.org/wiki/Bindungsenergie#Gravitation [9] http://www.plasmatechnik.de/html/beispiele.html [10] Shapiro, S.L., Teukolsky, S.A.: Black Holes, White Dwarfs, and Neutron Stars, A Wiley-Interscience Publication, New-York 1983 (S. 450) [11] http://www.magnet.fsu.edu/about/tallahassee. html [12] Charles M. Duke, 10. Mensch auf dem Mond, Vortrag am 03.10.2008, Technik Museum Speyer. [13] http://infao5501.ag5.mpisb.mpg.de:8080/topx/archive?link=Wikipedia-Lip62/100280.xml&style Anschrift des Verfassers Dr. Frédéric Finocchi, Dietrich-BonhoefferGymnasium, Breslauerstr. 60, 69469 Weinheim E-Mail: F. [email protected] 17