Association Internationale de Droit des Assurances Übung
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Association Internationale de Droit des Assurances Swiss Chapter Übung Versicherungsrecht FS 2014 HELMUT HEISS / ANTON K SCHNYDER Praxisfall (Internationales Transportversicherungsrecht) - in Zusammenarbeit mit AIDA Swiss Chapter Die Volksrepublik China plant den Bau einer Zellstofffabrik an einem Nebenfluss des Yangtse Flusses in Wuhan/China. Für den Bau beauftragt sie als Generalunternehmer die Firma Contractor Ltd. Im Vertrag wird Contractor mit dem gesamten Bau der Fabrik betraut und trägt unter anderem alle Risiken im Zusammenhang mit dem Transport der Werkteile zum Werk. Die anwendbaren Bestimmungen in diesem Vertrag sind die Conditions of Contract for Works of Civil Engineering Construction 1987 der International Federation of Consulting Engineers (FIDIC). Für den Bau des Werkes sollen mehrere Boiler nebst Zubehör von Finnland nach China transportiert werden. Ein Boiler alleine wiegt ca. 100 Tonnen. Da die Tiefe des Nebenflusses an einzelnen Stellen relativ gering ist, chartert die Contractor Ltd. von der Shipowner Ltd. für die Dauer der Arbeiten das Stückgutschiff "BBC Canada", welches einen - für die Grösse des Schiffs geringen Tiefgang von lediglich rund 6.5 m hat. Die Contractor Ltd. schliesst einen Versicherungsvertrag mit der P&I Insurance Ltd. eine sog. Charterers‘ Liabilities Versicherung ab, worin ihre Haftpflicht als Charterer und die Leistung von Sicherheiten im Schadensfall gedeckt sind. Die P&I Insurance Ltd. ist auch Haftpflichtversicherer der Shipowner Ltd., für die eine separate Shipowner’s liability insurance abgeschlossen wird. Die Contractor Ltd. kauft auch eine sog. Bauleistungsversicherung oder Contractors' All Risk (CAR) Insurance bei der CAR Insurance Ltd. ein, womit die Sachschäden beim Bau des Werks abgedeckt werden. Eingeschlossen sind auch Schäden, die Page 1 of 3 Association Internationale de Droit des Assurances Swiss Chapter während des Inlandtransports und der Lagerung (On- und Offsite) entstehen. Ausschlussklauseln sind vorgesehen für Schäden zufolge: - Consequential losses - Contractor's financial failure Die Contractor Ltd. verfügt auch über eine generelle Betriebshaftpflichtversicherung beim Versicherer Liability Insurance Ltd., womit deren Haftpflicht aus Sach- und Köperschäden gedeckt sind. Vereinbart wurden als AVB die Musterbedingungen des SVV (Ausgabe 2012). Beim Versicherer Cargo Insurance Ltd. schloss sie zuletzt noch eine Transportversicherung nach den ABVT 2006 ab, womit beim Transport entstehende Schäden gedeckt werden sollen. Das Schiff wird in Finnland beladen. Auf der Fahrt gerät das Schiff in starken Seegang und rollt aufgrund des geringen Tiefganges heftig. Beim Entladen des Schiffs herrscht erneut schweres Wetter und starker Seegang, und die Entladung des Schiffs muss zur Vermeidung von Schäden an Schiff unterbrochen werden. Das Schiff verlässt den Kai, fährt auf den Fluss und hat einen Ruderschaden. Eine Dichtung an der Ruderhydraulik gibt unerwartet ihren Geist auf, so dass die BBC Canada manövrierunfähig wird. Um im Fluss nicht weiter abzutreiben, wirft sie den Anker, allerdings in einer in der Seekarte eingezeichneten "No Anchoring Zone". Beim Hochziehen des Ankers beschädigt sie ein in der Karte nicht eingezeichnetes, geheimes "Kommunikationskabel" der Chinese People's Liberation Army (PLA). Die PLA lässt das Schiff mitsamt den Boilerteilen verarrestieren, um ihre möglichen Haftpflichtansprüche zu sichern. Das Schiff wird am Kai im benachbarten Hafen an die Kette gelegt. Das zuständige Gericht verlangt für die Freigabe von Schiff und Ware eine Sicherheit in Geld von umgerechnet rund USD 50 Mio. Die P&I Insurance, obwohl in der Policy verpflichtet, tut sich schwer mit der Leistung einer Kaution zur Freigabe des Schiffs, vermutlich weil sie befürchtet, dass sie dieses Geld nie mehr sehen wird. Ware und Schiff bleiben für rund sechs Monate unter Arrest, so dass sich die Fertigstellung der Zellstofffabrik um rund ein Jahr verzögert. Während dieser sechs Monate ist das Schiff mehreren Stürmen ausgesetzt. Die Shipowner Ltd. Musste sodann Konkurs anmelden. Page 2 of 3 Association Internationale de Droit des Assurances Swiss Chapter Die Boiler sind bei Ablieferung zwar leicht verbeult, aber noch vollgebrauchsfähig. Diese marginalen Schäden werden vor Ort durch die Contractor Ltd. repariert. Nach Fertigstellung der Fabrik steigen die gelieferten Boiler nach kurzer Betriebszeit aus. Es stellt sich heraus, dass im Innern der Boiler verbaute elektronische Sensoren nicht richtig funktionierten und dadurch falsche Resultate zum Säuregehalt im Innern an die Steuerung übermittelten, die für die Produktion des Zellstoffs wichtig waren. Bis zum Erkennen des Fehlers werden bei der Produktion 10'000 Tonnen Zellstoff produziert, die nicht verkäuflich waren. Nach Erkennen der Produktionsprobleme muss die Zellstofffabrik zum Finden des Fehlers und zur Reparatur für mehrere Monate vom Betrieb genommen werden. China macht nun gegenüber Contractor Ltd. Schadenersatz geltend. Page 3 of 3