Produktbezogener Carbon Footprint erfordert neue
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Produktbezogener Carbon Footprint erfordert neue
Titelthema – Aufsatz Fertigungsplanung, Automobilindustrie, Software Produktbezogener Carbon Footprint erfordert neue Vorgehensweisen der Bewertung Von der Technologiekette zum produktspezifischen CO2-Fußabdruck F. Klocke, D. Lung, B. Döbbeler, M. Binder Im Fachbeitrag wird eine Methodik zur Bestimmung des produktbezogenen „Carbon Footprints“ im Kontext industrieller Produktion aufgezeigt und ein generisches Software-Werkzeug vorgestellt, das die Umsetzung ohne ökologisches Fachwissen im Bereich der Metallverarbeitung ermöglicht. Das Vorgehen ist angelehnt an die Lebenszyklusbilanzierung nach DIN EN ISO 14040/44 und wird veranschaulicht anhand zweier Technologieketten aus der Automobilindustrie. The product related carbon footprint demands new evaluation methodologies Within this article a methodology to determine the product-related Carbon Footprint in industrial production is presented and a generic software tool is introduced, that enables users to conduct an ecological analysis without detailed knowledge about environmental assessment in the context of metal-working processes. The approach is based on DIN EN ISO14040/44 and is illustrated by means of two process chains of automotive industry. 1 Einleitung und Motivation Der Begriff Carbon Footprint – die CO2-Emissionen des Lebenszyklus eines Produkts – hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht nur etabliert, sondern gewinnt vor Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing E.h. Dr. h.c. Dr. h.c. Fritz Klocke, Dipl.-Ing. Dieter Lung, Dipl.-Wirt.-Ing. Benjamin Döbbeler, Dipl.-Wirt.-Ing. Marvin Binder Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen Steinbachstr. 19, D-52056 Aachen Tel. +49 (0)241 / 80-27400, Fax +49 (0)241 / 80 22293 E-Mail: [email protected] oder [email protected] Internet: www.wzl.rwth-aachen.de Info Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Förderschwerpunkt „Ressourceneffizienz in der Produktion“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor. 76 dem Hintergrund der politischen Entwicklung an Bedeutung. Obwohl keine eindeutige und normierte Definition besteht, werden unter dem Carbon Footprint die direkten CO2-Emissionen (etwa durch Verbrennung) und indirekten Emissionen verstanden. Die indirekten Emissionen lassen sich Produkten dann zuordnen, wenn beispielsweise elektrische Energie zu deren Herstellung verwendet wird. Die CO2-Emissionen, die während der Energieherstellung durch Verbrennung fossiler Brennstoffe entstehen, können den Produkten mit Verrechnung des elektrischen Energieverbrauchs zugeordnet werden. Üblicherweise werden hierfür nicht nur die bekannten CO2-Emissionen, sondern auch andere Treibhausgase wie Methan oder Fluorkohlenwasserstoffe betrachtet. Mithilfe von Umrechnungsfaktoren lassen sich somit die äquivalenten CO2-Emissionen (CO2e) bestimmen und als Carbon Footprint verwenden. Die Vorgehensweise der Zurechnung von direkten und indirekten Einflüssen wird üblicherweise über den gesamten Lebenszyklus angewendet und somit in einer Ökobilanzierung nach DIN EN ISO 14040/44 durchgeführt [1, 2]. In der politischen Ausrichtung – sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene – wurden Klimaziele erlassen, die mithilfe von Effizienzmaßnahmen in allen Bereichen der Industrie umzusetzen sind. So sollen 20 % der KohlendioxidEmissionen bis 2020 im Verhältnis zum Jahr 1990 eingespart werden [3]. Diese Ziele haben bereits einige große Unternehmen in ihre Nachhaltigkeitsstrategien und Unternehmensziele integriert und weisen jährlich aus, wie hoch die äquivalenten Emissionen sind [4]. Ebenso verfährt die Bundesregierung, die im Rahmen des Nachhaltigkeitsberichts jährlich dokumentiert, ob die für 2020 gesetzten Ziele einzuhalten sind und wie sich der aktuelle Stand darstellt [5]. Bisherige Maßnahmen des CO2-Zertifikatshandels führten bislang nicht zum gewünschten Erfolg, da die Zertifikate zu deutlich an Wert verloren haben und somit kein Kostendruck die Anlagenbetreiber zu massiven Einsparungen gezwungen hat [6]. Zudem mussten produzierende Unternehmen nur bei eigenen Anlagen zur Energieerzeugung am Emissionszertifikatshandel teilnehmen. Um die gesteckten Ziele auf nationaler und europäischer Ebene zu erreichen, ist es denkbar, dass der Gesetzgeber produzierende Unternehmen in Zukunft am Zertifikathandel beteiligt. In der neuen Periode des Zertifikatshandels, die 2013 beginnen wird, ist mit einer deutlichen Steigerung der Kosten für die Zertifikate zu rechnen, sodass wt Werkstattstechnik online Jahrgang 103 (2013) H. 1/2 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf Titelthema – Aufsatz Bild 1. Technologieketten der Fallstudien sich voraussichtlich auch der Kostendruck entsprechend erhöht. Spätestens dann werden zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit umfangreiche Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen von den Unternehmen gefordert sein. Hierbei sind dann nicht nur neue, sondern auch bestehende Anlagen betroffen [6]. Zusätzlich beginnen Automobilhersteller bereits in den Einkaufsbedingungen, die Ausweisung des Carbon Footprints auf Komponentenebene von den Zulieferern zu fordern [7]. Bisher sind höhere Emissionen kein Ausschlusskriterium, allerdings wird der Carbon Footprint in Zukunft als ein weiteres Kriterium die Zulieferer in unterschiedliche Qualitätsklassen einstufen und somit die Auswahl mit entscheiden. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass Unternehmen in der Lage sind, für ihre Produkte den Carbon Footprint nach DIN ISO 14040/44 zu bestimmen und nachzuvollziehen, welche Verbesserungen und Änderungen zu welchen Auswirkungen führen. 2 Vorgehensweise und Ermitteln des „ökologischen Rucksacks“ Um bauteilbezogene Kennwerte wie den Carbon Footprint angeben zu können, müssen Produkte gemäß DIN EN ISO 14040/14044 ökologisch bilanziert werden. Dazu sind Informationen über Energie und Stoffströme auf Prozess-Level erforderlich. Die meisten Unternehmen sind nicht in der Lage, diese Ströme zu beziffern. Weiterhin besteht Unklarheit darüber, welche Ströme von Bedeutung und welche vernachlässigbar sind. Im BMBF-geförderten Projekt BEAT („Bewertung der Energieeffizienz alternativer Prozesse und Technologieketten“) wurden zwei spanenden Technologieketten im Detail bilanziert und analysiert. Gemeinsam mit den Firmen Robert Bosch Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf GmbH und Daimler AG wurden die Prozessketten zur Fertigung eines Einspritzventils für den Commonrail-Dieselinjektor sowie ein Getrieberad der A- und B-Klasse untersucht (Bild 1). Die Ökobilanzierung erfordert zunächst eine Definition der Zielgröße sowie des Bilanzrahmens. Im Fall einer bauteiloder produktbezogenen Bewertung ist die Bezugsgröße das gefertigte Bauteil/Produkt. Die Bilanzgrenze wird um die Fertigungskette gezogen. Bei einer sogenannten Cradle-toGate-Bilanzierung werden Materialien, Halbzeuge und sonstige Stoffe, die der Produktion zugeführt werden, von der Gewinnung (Cradle) miteinbezogen; die Betrachtung endet ausgangsseitig am Hallentor (Gate). Im nächsten Schritt wird die Sachbilanz erstellt. Dazu werden alle zur Produktion genutzten Energien und Stoffe identifiziert und quantifiziert. Das Detail-Level und die Art der Datenerfassung richten sich dabei nach dem Ziel der Studie; die Datengrundlage ist aber maßgeblich für die Qualität der getroffenen Aussagen einer Ökobilanzierung. Die erfassten Ströme müssen sich bei der Sachbilanz auf die Ausbringungsmenge der Zielgröße beziehen. Es wird der Verbrauch an elektrischer Energie in kWh pro Bauteil oder die Materialnutzung in kg pro Bauteil erfasst. Einzubeziehen sind neben den direkten Verbräuchen an den Maschinen und Anlagen auch die Verbräuche an zentralen Einheiten, wie Kühlschmierstoff (KSS)-Aufbereitung oder Drucklufterzeugung. Nach Abschluss der Sachbilanz verfügt der Anwender über eine unbewertete Input/Output-Bilanz seiner Prozesse. Um anschließend die verschiedensten Ströme auf eine zentrale Bewertungsgröße, wie den Ausstoß an CO2-Äquivalenten zu beziehen, müssen sie bewertet werden. Dies geschieht im dritten Schritt, der Wirkungsabschätzung. In der Wirkungsabschätzung wird einem Strom an elektrischer Energie beispielsweise über den Strommix am Standort ein äquivalenter CO2-Ausstoß zugeordnet. Analog wird mit allen Energie- und wt Werkstattstechnik online Jahrgang 103 (2013) H. 1/2 77 BMBF – Produktionsforschung Bild 2. Aufteilung des „Carbon Footprints“ auf Material und Prozessverbräuche Stoffströmen verfahren, sodass für ein Produkt letztendlich ein Ausstoß an CO2-Äquivalenten angegeben werden kann. Die Informationen, wie die anfallenden Ströme zu bewerten sind, stammen zumeist aus Ökobilanz-Datenbanken, die teils kostenfrei, teils gebührenpflichtig zugänglich sind. Im Rahmen der Untersuchungen im Projekt BEAT wurden die Energie- und Stoffströme beider Technologieketten mit sehr hohem Detaillierungsniveau erfasst, weil keine Kenntnis über die Relevanz einzelner Ströme vorhanden war. Die Ergebnisse der Sachbilanz wurden bewertet unter Verwendung der Ökobilanz-Datenbank „GaBi 5“ (Ganzheitliche Bilanzierung) der Firma PE International AG und unter anderem nach dem Treibhauspotential ausgewertet. Im Bild 2 (links) ist anteilig für die Produkte der ermittelte relative CO2-Ausstoß – aufgeschlüsselt nach Material und Prozesskette – dargestellt. Der Materialanteil enthält die bewerteten Aufwände zur Bereitstellung des Halbzeugs inklusive der Rohmaterialgewinnung und -veredlung, reduziert um einen Recyclinganteil, der durch die Wiederverwendung von Spänen begründet ist. Weiterhin ist anteilig der „Impact“ des Durchlaufes der Prozessketten abgebildet, die mittels Datenerhebung bilanziert wurden. Grundsätzlich hängt der Anteil, der auf das Material zurückzuführen ist, enorm vom Werkstoff und dem Verhältnis von Bauteilgewicht und Bearbeitungsintensität ab. Beim Getrieberad ist der Materialanteil deutlich höher als beim Ventil, da das Bauteil über ein höheres Gewicht verfügt und somit mehr Werkstoff benötigt wird. Bild 2 (rechts) untergliedert die Anteile der Prozessketten im Detail. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind nur die wichtigsten Verbrauchsarten dargestellt. Sowohl bei der Prozesskette von Daimler als auch bei der von Bosch ist ein großer Teil des in der Prozesskette verursachten, äquivalenten CO2-Ausstoßes auf die direkte elektrische Prozessleistungsaufnahme zurückzuführen. Die weiteren Anteile verteilen sich auf Betriebsstoffe wie KSS, Werkzeuge, Öl oder Prozessgase sowie die verbrauchsgerecht zugeordneten Verbräuche zentraler Anlagen wie Drucklufterzeugung, Absaugung oder KSSAufbereitung. Insgesamt liegt der Anteil der zentralen Anlagen bei 28 % in der Daimler-Prozesskette und bei 38 % in der 78 Bosch-Prozesskette. Die Betriebsstoffe stechen in der Bilanz der Daimler-Prozesskette hervor, da die Wärmebehandlung des Getrieberades unter Verwendung von Brennstoff geschieht und nicht mit elektrischem Strom. Im Anschluss an die Bewertung der Ströme erfolgt die Auswertung der Ergebnisse. In dieser Phase der Bilanzierung sollte kritisch reflektiert werden, ob Bilanzgrenzen sauber gezogen wurden und die Datengrundlage plausibel ist. Sollte Bedarf nach Anpassung der Zieldefinition, Sachbilanz oder Bewertung erkennbar sein, lässt sich die Studie iterativ anpassen, bis die gewünschte Ergebnisqualität vorliegt. Das Vorgehen zum Ermitteln bauteilbezogener Bewertungsgrößen wie dem Carbon Footprint ist schematisch in Bild 3 dargestellt. Bild 3. Vorgehensweise zum Ermitteln des Carbon Footprints wt Werkstattstechnik online Jahrgang 103 (2013) H. 1/2 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf BMBF – Produktionsforschung Bild 4. Dateneingabe in dem Software-Werkzeug „BEATool“ Im Rahmen des Projekts wurde ein generisches SoftwareWerkzeug („BEATool“) mit der Firma PE International AG entwickelt, das Nutzern die Bilanzierung von Technologieketten ohne tiefgreifendes Expertenwissen um Ökobilanzierung ermöglicht. Es erleichtert die Bilanzierung, indem es die notwendigsten Eingaben vorgibt, durch Kopplung an die GaBiDatenbank automatisch bewertet und die gewünschten Kenngrößen wie den Carbon Footprint ausgibt. So minimiert sich der Aufwand zum Bestimmen ökologischer Kennzahlen für den Anwender deutlich. In Bild 3 ist angedeutet, in welchen Schritten der Nutzer bei der Durchführung seiner Analyse unter Verwendung des BEATools unterstützt wird. 4 Der CO2-Fußabdruck zweier Fallstudien 3 Das Software-Werkzeug BEATool Das im beschriebenen Projekt entwickelte BEATool fokussiert auf eine einheitliche und für industrielle Unternehmen einfach nutzbare Dateneingabe, auf Basis derer im Folgenden automatisch der Carbon Footprint und andere ÖkobilanzWirkungskategorien berechnet werden. Grundsätzlich teilt sich die Dateneingabe des Werkzeugs auf in allgemeine Daten (wie Werkstoffauswahl oder Fertigungsstandort), zentrale Anlagen und prozessspezifische Verbrauchsangaben (siehe Bild 4). Bei den allgemeinen Daten finden sowohl unterschiedliche Grundwerkstoffe wie Gusseisen, Edelstahl oder Aluminium als auch unterschiedliche Standorte Berücksichtigung. So kann auch eine Standortentscheidung mithilfe von CO2-Emissionsprognosen unterstützt werden. Wie bereits in der Einleitung erwähnt, resultieren die Zusammensetzungen Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf der Stromerzeugung in unterschiedlichen Staaten in jeweils spezifischen Kohlendioxidemissionen. Die Kennwerte für zentrale Anlagen erlauben die Um- und Zurechnung von Verbrauchern (wie Beleuchtung, Heizung und Belüftung), aber auch von Anlagen, die Medien bereitstellen oder abtransportieren (zum Beispiel Druckluftkompressoren oder zentrale Absaugungen). Bei den zentralen Medien wird in einem ersten Schritt der Verbrauch pro bereitgestellter Einheit des Mediums (beispielsweise kWh elektrische Energie pro m³ Druckluft) bestimmt. Dieser Verbrauch lässt sich dann anhand der prozessspezifischen Verbräuche an den Maschinen auf die Einzelprozesse anrechnen, sodass reale Verbrauchsdaten pro Bauteil bestimmt werden können. Die tatsächlichen Verbräuche der einzelnen Prozessschritte einer Fertigungskette stellen ein zentrales Element dar. Dementsprechend sind innerhalb des BEATools 15 generische Prozessschritte implementiert, die beliebig mit unterschiedlichen Verfahren und deren Verbrauchsdaten gefüllt werden können. Jedem Prozess lassen sich allgemeine Informationen wie Taktzeiten, Ausschussquoten und anteilige Zeiten der Betriebszustände „Prozess“, „Standby“ und „ausgeschaltet“ zuweisen. Über die Zuweisung betriebszustandsabhängiger Leistungsdaten von elektrischer Energie, Druckluft, technischer Kälte oder Wärme sowie weiterer Betriebsstoffe und Energien ist das Werkzeug in der Lage, bauteilbezogene Verbrauchsdaten zu generieren und diese in den Carbon Footprint umzurechnen. Die Umrechnung des Carbon Footprints wird hierbei auf Basis umfangreicher Daten der GaBi 5-Datenbank durchgeführt und durch Updates stets aktuell gehalten, sodass auch Veränderungen beispielsweise in der Zusammenstellung der Erzeugung elektrischer Energie berücksichtigt werden können. Auch innovative oder optimierte Herstellungsverfahren von Werk- und Betriebsstoffen lassen sich somit integrieren. Die Ergebnispräsentation des BEATools erfolgt in einem umfangreichen Bericht, der alle berechneten Daten in unterschiedlichen Ansichten enthält. Zusätzlich lassen sich die Daten exportieren, sodass die unternehmensspezifische Weiterverarbeitung und Einbindung in existierende SoftwareLösungen vereinfacht wird. Im Folgenden werden typische Auswertemöglichkeiten auf Basis der vom BEATool bereitgestellten Daten anhand der vorgestellten Fallstudien präsentiert und diskutiert. Um den Informationsgehalt des BEATools zu verdeutlichen, wird anhand der bereits beschriebenen Fallstudien eine bauteilbezogene Auswertung aufgezeigt. Grundsätzlich sind die Auswertungen auf Basis der durch das Tool bereitgestellten Daten in zahlreicher Art und Weise durchführbar, um die Adaption auf unternehmensspezifische Kennzahlensysteme zu gewährleisten. Im Folgenden werden die jeweiligen Einflüsse der Prozesse der Technologieketten aufgezeigt. Bild 5 verdeutlicht für beide Technologieketten die Verteilung der prozessspezifischen Verbräuche auf alle Prozessschritte. In diesem Fall sind die Einflüsse der zentralen Anlagen bereits auf die Schritte umgerechnet, sodass reale Ergebnisse des Kohlendioxid-Fußabdrucks pro Bauteil ersichtlich sind. Es zeigt sich, dass vor allem im Bereich der Wärmebehandlung und bei Prozessen der Zerspanung wesentliche Ver- wt Werkstattstechnik online Jahrgang 103 (2013) H. 1/2 79 BMBF – Produktionsforschung Bild 5. Verteilung des äquivalenten Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes auf die Prozessschritte ursacher für äquivalente CO2-Emissionen zu sehen sind. Diese Information können Unternehmen gezielt nutzen, um ökologische Ziele durch spezielle Einsparungen und Prozessverbesserungen zu erreichen. Aber nicht nur die Verursachung der Emissionen, sondern auch die Emissionen pro Bauteil lassen sich mit der Software bestimmen. Der besondere Vorteil gegenüber bisherigen Lösungen ist die Nutzung der umfangreichen Datenbank für unterschiedlichste Energien, Medien und Materialien sowie die prozesskettenorientierte Dateneingabe. Angesichts der rapide wachsenden Weltbevölkerung und dem Streben nach Wohlstand der Schwellenländer wird die globale Produktion in Zukunft steigen. Im Spannungsfeld steigender Nachfrage und begrenzter Verfügbarkeit von Ressourcen nimmt die Bedeutung von Effizienz auf ökonomischer sowie ökologischer Ebene weiter zu. Es wird daher auch für produzierende Unternehmen in Zukunft zu einer zentralen Herausforderung, ihren Ressourcenverbrauch zu reduzieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. ? 5 Zusammenfassung und Ausblick In diesem Beitrag wurde eine Methodik zur Bestimmung des Carbon Footprint auf Produkt-Level vorgestellt. Die im Rahmen des Projektes BEAT erzielten Ergebnisse anhand zweier Prozessketten aus der Automobilindustrie wurden genutzt, um das Vorgehen zu illustrieren. Weiterhin wurde mit dem BEATool eine nutzerfreundliche Software-Lösung zum Ermitteln des Carbon Footprints vorgestellt, die auch auf dem Gebiet der Ökobilanzierung unerfahrenen Nutzern die Möglichkeit eröffnet, mit überschaubarem Aufwand ihre Produkte zu bilanzieren. Literatur [1] N. N.: DIN EN ISO 14040: Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen. Deutsches Institut für Normung, Berlin. Letzte Aktualisierung: November 2009 [2] N. N.: DIN EN ISO 14044: Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen. Deutsches Institut für Normung, Berlin. Letzte Aktualisierung: Oktober 2006 [3] N. N.: Europäische Kommission (Hrsg.): Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Region. Ressourcenschonendes Europa – eine Leitinitiative innerhalb der Strategie Europa 2020 Brüssel. Stand: 2011 80 Kontaktdaten Projektträger Dipl.-Ing. Rüdiger Sehorz Projektträger Karlsruhe Produktion und Fertigungstechnologien (PTKA-PFT) Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Hermann-von-Helmholtz-Platz 1 D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen Tel. +49 (0)721 / 608-25287 E-Mail: [email protected] Internet: www.produktionsforschung.de [4] N. N.: Daimler Nachhaltigkeitsbericht 2011. Internet: http://nachhaltigkeit.daimler.com. Daimler AG, Stuttgart. Zuletzt aufgerufen am 13.11.2012 [5] N. N.: Nationale Nachhaltigkeitsstrategie – Fortschrittsbericht 2012. Herausgegeben vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Berlin, 2012 [6] Brockmann, K. L.; Heindl, P.; Löschel, A.; Lutz, B.; Schumacher, J.: CO2-Barometer 2012 – Anreizwirkung des EU-Emissionshandels auf Unternehmen gering – Klimapolitische Regulierung wenig relevant für Standortentscheidungen. Herausgegeben von der KfW Bankengruppe Frankfurt am Main, 2012 [7] N. N: Internationale Einkaufsbedingungen für Produktionsmaterial. BMW Group, München, 2010 wt Werkstattstechnik online Jahrgang 103 (2013) H. 1/2 Copyright Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf