Big Brother

Transcrição

Big Brother
Eine Möglichkeit,
ethische und medienpolitische
Problemstellungen der TV-Programmentwicklung aktuell und anschaulich zu
diskutieren.
Fachstelle für Schulberatung Luzern
Inhalt:
Einleitung ...................................................................................................................
Big Brother – Worum geht es ....................................................................................
Weitere Angaben zur Sendung .................................................................................
Steckbrief TV3 ..........................................................................................................
Weshalb machen Leute mit? .....................................................................................
Spielregeln ................................................................................................................
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der zweiten Staffel .........................................
Weshalb schauen so viele zu? ..................................................................................
Was fasziniert junge Leute an Big Brother? (Fachartikel) ...............................................
Zweite Staffel noch besser gestartet (Pressemitteilung) .................................................
Wie alltäglich ist der Big-Brother-Alltag? ...................................................................
Schaut euch eine Sendung gemeinsam an ...............................................................
Woher kommt der Name Big Brother ........................................................................
Aufnahmen rund um die Uhr .....................................................................................
Überwachung im Alltag .............................................................................................
Überwachung – Im Visier von Big Brother (Beobachter Artikel) ......................................
Vermarktung .............................................................................................................
50 Tage Big Brother – 50 Tage Schwindel? (Artikel NLZ) .............................................
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Weitere Materialen zum Thema:
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Dokumentation zum Thema „TV-Serien“
Sie enthält einen Überblick über die Merkmale der verschiedensten Serienformate, ihre typischen
Gestaltungselemente und eine Menge Ideen für den Unterricht rund um das Thema „TV-Serien“.
Abrufbar unter: www.fsb-luzern.ch -> Medienberatung -> Arbeitsmaterialien -> Fernsehen
-
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Internet:
www.bigbrother.ch
www.tv3.ch
www.flimmo.de
www.fsb-luzern.ch
www.cornelsen.de
Offizieller Internetauftritt von Big Brother Schweiz
Offizieller Internetauftritt des Fernsehsenders TV3
Programmberatung für Eltern. Berücksichtigt nur deutsche Sender
Internetseiten der Fachstelle für Schulberatung, Luzern
Verlag für Bildungsmedien: Arbeitsblätter zu Big Brother Deutschland
waren Grundlage für die vorliegende Dokumentation
Diese Dokumentation ist auch im Internet als PDF-Datei greifbar.
www.fsb-luzern.ch -> Medienberatung -> Arbeitsmaterialien -> Fernsehen -> TV-Serien
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Seite 2
Vom 28. Januar bis zum 13. Mai 2001 läuft auf dem Fernsehsender TV3 zum zweiten Mal die Game-Soap „Big
Brother“. Trotz – oder vielleicht gerade auch wegen – massiver Kritik an der Sendung hat das junge Format einen regelrechten Triumphzug angetreten. Die Einschaltquoten der
vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen beliebten Show übertrafen bei der ersten Ausgabe im Herbst
des letzten Jahres die Erwartungen der TV3-Verantwortlichen bei weitem.
Die Variationen der Grundidee, Menschen „wie du und ich“
in pseudo-authentischen Situationen abzufilmen, wachsen
denn auch wie Pilze aus dem Boden: „Expedition Robinson“, „Abenteuer Schweiz“, „Girlscamp“, „Der Frisör“ ....
Kritische Stimmen sind weitgehend verstummt; Forderungen nach einem Verbot der Sendung, wie sie 1999 in
Deutschland diskutiert wurden, ganz verschwunden.
Und trotzdem kann es sich lohnen, Fragen wie „Wird die
Würde der Leute im Container missbraucht?“, „Langweilig
oder gefährlich?“ oder „Wie authentisch ist Big Brother?“ mit
Schülerinnen und Schülern zu diskutieren. Dabei werden sie
sich nicht nur mit Big Brother auseinandersetzen, sondern
eine ganze Menge Selbsterfahrungen einbringen, sich im
Beurteilen und kritischen Hinterfragen üben und nicht zuletzt
ein Stück zusätzlicher Medienkompetenz erlangen.
Einschaltquoten
der 1. Staffel von Big
Brother:
254‘000 Zuschauerinnen und
Zuschauer (durchschnittlich)
Vergleich:
10vor10: 679'000
Wetten dass: 989'000
(Zahlen Okt. 2000)
Luzern, Februar 2001
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Medienberatungsstelle: Kurt Schöbi
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Worum geht es?
Während 15 Wochen leben fünf Frauen und fünf Männer ,
die sich vorher noch nie gesehen haben, abgeschnitten von
der Aussenwelt in einer „Wohngemeinschaft“. Mit ihrer Teilnahme haben sie eingewilligt, sich an die vom Sender vorgegebenen Spielregeln zu halten. 27 Kameras und 60 Mikrofone überwachen ihr Leben Tag und Nacht. Es gibt keinen Raum, in dem sie nicht mit Hilfe der Technik beobachtet
und belauscht werden. Fast alles kann veröffentlicht werden. Lediglich die Aufzeichnungen von der Toilette werden
nicht gesendet.
Täglich (ausser samstags) bringt TV3 einen Zusammenschnitt vom Tag, eingeleitet mit einem kurzen Rückblick.
Die Live-Aufzeichnungen eines Grossteils der Kameras sind
rund um die Uhr im Internet abrufbar.
Alle zwei Wochen muss eine Person das Haus verlassen.
Die „Wohngemeinschaft“ und das Fernsehpublikum nominieren je drei Personen. Darauf entscheiden die Fernsehzuschauerinnen und –zuschauer interaktiv (via Telefon), welche nominierte Person ausscheiden muss. Wer am Schluss
übrigbleibt gewinnt den Preis von Fr. 150'000.-.
Der Container und der angrenzende Garten, in denen die
Bewohnerinnen und Bewohner ihren ungewöhnlichen Alltag
verbringen, sind völlig abgeschottet. Es gibt weder Fernsehen noch Radio, Telefon oder Natel; sie erhalten absolut
keine Informationen darüber, was sich in der Welt abspielt.
Es ist ein Leben ohne Luxus, ohne Komfort. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben die Möglichkeit, sich im
hauseigenen Garten teilweise selbst zu versorgen. Die restlichen Lebensmittel werden von aussen angeliefert. Wer von
sich aus das Haus verlassen will, kann jederzeit gehen.
Die Mitspielerinnen und Mitspieler erhalten von der Regie
per Lautsprecher regelmässig Spielaufgaben. Erfüllen sie
die Aufgaben, können sie sich die sparsam gestaltete Einkaufsliste etwas versüssen.
Die Bewohnerinnen und Bewohner werden im Bedarfsfall
rund um die Uhr medizinisch und psychologisch betreut.
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Weitere Informationen
TV3 – Ausstrahlungszeiten:
Mo – Fr, 20.00 Uhr
Big Brother Schweiz – Der Rückblick
Mo – Fr, 20.10 Uhr
Big Brother Schweiz
So, 20.00 Uhr
Big Brother Weekend
So, 21.00 Uhr
Big Brother Schweiz live
Der Talk mit Eva Wannenmacher
13. Mai
letzte Sendung – Das Finale
Casting:
Interessenten
Gecastete
8550 Personen
400 Personen
Die Crew:
Mitarbeiter am Gesamtprojekt: Rund 110 Personen
Das Haus:
Wohnbereich
Garten
Zaunhöhe
Technik:
146 m2
210 m2
4.5 m
27 Kameras
60 Mikrofone
Moderation:
Big Brother live
Aussenmoderation
Eva Wannenmacher
Yves Schifferle
Produktion:
Idee und ©:
TV3
Endemol Entertainment, Holland
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Steckbrief TV3
TV3 ist der erste private Fernsehsender der Schweiz mit einem Vollprogramm; gegründet von der TA-Media AG (u.a.
Herausgeberin des Tages Anzeigers) und der in Luxemburg
beheimateten Scandinavian Broadcasting System S.A.
TV3 sendet ausschliesslich in deutscher Sprache und setzt
auf News, Talk und Unterhaltung. TV3 will national und zugleich sehr schweizerisch sein und richtet sich vor allem an
die 20- bis 45jährigen.
Innert dreier Jahre möchte TV3 bei den Zuschauerinnen
und Zuschauern einen Marktanteil zwischen 10 und 15 Prozent erreichen. Damit würde TV3 die Nummer zwei in der
deutschen Schweiz.
Der grösste Teil der Talk- und Unterhaltungssendungen
wird im Auftragsverhältnis hergestellt. Werbung akquiriert
das Unternehmen in eigener Regie.
Der Sender startete 1998 mit einem Programmbudget von
rund 60 Millionen Franken. Der Break-Even (Übergang zur
Gewinnzone) ist für das vierte Betriebsjahr vorgesehen.
Geschäftsführer von TV3 ist Jürg Wildberger, früherer Chefredaktor des Nachrichtenmagazins "Facts" und bekannt als
ehemaliger Moderator des Nachrichtenmagazins 10vor10
von SF DRS.
An der TV3 AG halten die beiden Partner Scandinavian
Broadcasting System SBS und TA-Media AG je 50 Prozent
Kapital- und Stimmenanteil.
Sitz der Firma TV3 AG ist Zürich. Das Studio befindet sich
in Schlieren ZH.
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Weshalb machen Leute mit?
Für die zweite Staffel von „Big Brother Schweiz“ meldeten
sich 8550 Personen. In Deutschland waren es gar 70'000
Personen.
400 der 8550 Personen durchliefen ein Auswahlverfahren
(Casting).
„Diese extremen Formen der TV-Unterhaltung spiegeln den
Trend in der Freizeitgestaltung“, so Endemol-Manager Axel
Beyer. „Viele Leute suchen Aktivitäten, die nicht ohne Risiko
sind, von S-Bahn-Surfen bis Canyoning.“
1. Welches sind mögliche Motive, sich zu bewerben
und mitzuspielen? Ergänzt die Liste und diskutiert
in der Klasse darüber. Überlegt euch auch, welche
Risiken sie eingehen.
Aussagen von Teilnehmenden:
Meine Motivation mitzumachen war ....
... die Tatsache, dass ich total auf Verrücktheiten stehe.
... eigene Grenzen auszuloten, die Sucht nach Abenteuer.
... etwas erleben, worüber Millionen sprechen.
...
...
Dr. Lermer, Psychologe:“ In erster Linie ist es Neugierde,
ein Experiment mitmachen zu dürfen, das total neu ist ...
Das ist vergleichbar mit einer Schiffsreise. Menschen lernen
sich selbst neu kennen.“
Das Mitmachen ist an die Einhaltung von 7 Spielregeln geknüpft; auf der folgenden Seite sind sie aufgeführt.
2. Hat es Spielregeln darunter, die dir Mühe bereiten
würden? Weshalb?
3. Hast du dich in deinem Alltag auch an Regeln zu
halten: Zu Hause, in der Schule, im Verein, auf der
Strasse ...
Welche findest du sinnvoll? Mit welchen Regeln
hast du eher Mühe oder welche findest du sogar
überflüssig?
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4. Wer bestimmt welche Regeln? Wo hast du ein Mitbestimmungsrecht?
5. Spielt ein Spiel und ändert die Regeln beliebig ab.
Beobachtet und diskutiert, was sich dadurch verändert: Wird das Spiel spannender? Bevorzugt es bestimmte Fertigkeiten? ....
6. Welche Regeln würdet ihr bei Big Brother ändern?
Oder welche würdet ihr neu hinzufügen?
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Spielregeln
Regel c
Die zehn Bewohner haben sich vor dem Start von BIG BROTHER noch nie
getroffen.
Jeder hat vor dem Start intensive psychologische und medizinische Tests erfolgreich durchlaufen. Die ärztliche Betreuung während den 100 Tagen ist jederzeit
gewährleistet.
Regel d
Die Gruppe ist von der Außenwelt hermetisch abgeschlossen.
Das Team kommuniziert nur im Sprechzimmer mit den Kandidaten. Die Bewohner
selbst haben keine Möglichkeit, mit der Aussenwelt Kontakt aufzunehmen.
Regel e
Als Lebensstil im BIG BROTHER Haus gilt das Prinzip "Back To Basics".
Kein Luxus, Holz zum Heizen wird gehackt, Brot selbst gemacht. Pro Woche steht
der Gruppe ein geringes Budget zur Verfügung, um Einkäufe zu bestellen. Heisses
Wasser gibts nur eine Stunde pro Tag.
Regel f
27 Kameras beobachten die Kandidaten 24 Stunden am Tag.
Regel g
Wenn BIG BROTHER es wünscht, müssen die Bewohner im Sprechzimmer Red
und Antwort stehen.
Sie sollen dort über ihre individuellen Erfahrungen, Gefühle und Konflikte reden,
können auch einfach ihr Herz ausschütten. Die andern Bewohner können nicht mithören.
Regel h
Alle zwei Wochen muss ein Bewohner die Gruppe verlassen.
Jeder Teilnehmer nominiert im Sprechzimmer zwei Mitbewohner, die gehen sollen.
Auch die Zuschauer haben eine Nominationsstimme. Jene Bewohner, die am häufigsten genannt wurden, sind zur Abwahl nominiert. Wer tatsächlich gehen muss,
entscheiden die TV3-Zuschauer in der Woche bis zum folgenden Sonntag.
Regel i
Jeder Bewohner darf zu jedem Zeitpunkt aus freien Stücken das BIG BROTHER
Haus verlassen.
Die Haustüre ist immer offen. Einmal draussen ist das Spiel für ihn unwiderruflich
vorbei. Nur wer 100 Tage übersteht, hat die Chance 150 000 Franken zu gewinnen.
Quelle: Internet www.bigbrother.ch
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Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
der zweiten Staffel von Big Brother Schweiz
Stand 15. Februar 2001
Patrick
Sabrina
Remo
Eugene
Tiana
Christian
Raphael
Patrizia
Kiyomi (Ersatz für Laila)
Laila (freiwillig ausgeschieden)
Sara (abgewählt)
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7. Welche Person übt welchen Beruf aus? Rätselt in der Klasse darüber und tauscht
eure Mutmassungen aus.
Beruf
Ausbildung
Sternzeichen
Geschäftsführerin
Musiker
Bankangestellte
Publizistikstudent
Kaufmännische Angestellte
Koch
Verwaltungsbeamtin
Kaufmännische Angestellte
Maurer
Geschäftsführer
Bankangestellte
Verkaufsleiterin
Hotelier
Kaufmännische Lehre
Matura
Matura (Typus E)
Koch
Kaufmännische Lehre
Kaufmännische Lehre
Maurer
Elektromonteur, dipl. oec.
Kaufmännische Lehre
Zwilling
Stier
Steinbock
Steinbock
Fisch
Zwilling
Jungfrau
Löwe
Krebs
Fisch
Waage
Die Lösung und mehr Informationen über die Mitspielerinnen und Mitspieler findet ihr im Internet unter:
www.bigbrother.ch
Die genauen Kriterien von TV3 zur Auswahl und Zusammensetzung der Teilnehmenden sind nicht bekannt. Soll die
Gruppe aus möglichst harmonischen Personen oder gegensätzlichen Charakteren gebildet werden? Was spricht dafür,
was dagegen?
„So verschieden die Leute auch sein mögen, auskommen
müssen sie miteinander dennoch. Feindschaften muss man
keine konstruieren, Streitereien gibt es so oder so.“
Psychoanalytikerin Elisabeth Geiger:
Sie führte bei der ersten Staffel die psychologischen Tests durch.
8. Nach welchen Kriterien würdest du die Personen
auswählen? Wie würde sich „deine“ Wohngemeinschaft zusammensetzen?
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Weshalb schauen so viele zu?
TV3 selber wirbt auf Plakaten mit folgendem Slogan für die
Sendung:
9. Was bedeutet für dich das Wort „Wahnsinn“, „gewöhnlicher Wahnsinn“? Macht dich dieser Slogan
„gluschtig“ zum Zuschauen?
10. Welches könnten Gründe sein, sich die Sendung
immer wieder anzusehen? Ergänzt die Liste.
-
Wie gehen die Bewohnerinnen und Bewohner miteinander um?
Wie verhält sich eine ganz bestimmte Person? Wie
ergeht es ihr?
Welche Probleme beschäftigen die Mitglieder der
„Wohngemeinschaft“?
Wer scheidet als nächste / nächster aus?
-
11. Welches könnten Gründe sein, sich die Sendung
nicht (mehr) anzusehen? Ergänzt die Liste.
-
Big Brother Schweiz:
Bilanz der 1. Staffel
Die am 3. Sept. 2000 gestartete RealLife-Soap „Big Brother Schweiz“ fand
sehr schnell eine Fangemeinde und
sicherte
TV3
hervorragende
Zuschauerzahlen. Während den 105
Tagen verfolgten unter der Woche
durchschnittlich 254'200 Zuschauer
aller Altersgruppen die täglichen
Highlights aus dem Big Brother-Haus
in
Glattfelden
und
deren
Wiederholung. In der Zielgruppe der
15bis
49Jährigen
lag
der
durchschnittliche
Marktanteil
der
Erstausstrahlung bei 22.4%, bei den
15- bis 24Jährigen gar bei 29.9% ...
.... Damit wurden die Erwartungen der
TV3-Macher (10 – 12%) bei weitem
übertroffen.
Auszug aus der Medienmitteilung
vom 20. Dezember 2000
Die Sendung ist langweilig.
Meine Favoritin / mein Favorit ist ausgeschieden.
Für Big Brother möchte ich nicht jeden Tag eine
Stunde investieren.
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Was fasziniert junge Leute an Big Brother?
Der folgende Bericht – etwas gekürzt – ist das Ergebnis einer Befragung von Kindern und
Jugendlichen durch das Institut Jugend, Film und Fernsehen JFF zu Big Brother.
Er wurde u.a. in der Programmberatungsbroschüre
für Eltern „Flimmo“ www.flimmo.de veröffentlicht.
Voll das Leben? - Kinder, Jugendliche und
Big Brother
"Ein Held unserer Zeit" - fett prangt die Schlagzeile
auf der Titelseite der Tageszeitung. Der Held ist
Zlatko, und wer den nicht kennt, der hat in den
letzten Wochen kein Radio gehört, keine Zeitung
gelesen und erst recht nicht ferngesehen. Stichwort
"Big Brother". Zlatko ist einer von den 10 Kandidatinnen und Kandidaten aus dem Wohncontainer.
Dort, "wo man leben soll, wie man sich fühlt", ohne
Kontakt zur Außenwelt und ganz in der Gewissheit,
"nie allein zu sein". Zlatko ist jetzt berühmt, und mit
ihm sind es Kerstin, Manu, Alex, Jürgen, John, Sabrina ... und RTL2. Der Medienrummel um den "TVKnast" oder den "berühmtesten Käfig Deutschlands"
sucht seinesgleichen. Kaum ein Tag, an dem nicht
irgendwo zu lesen, zu hören oder zu sehen ist, was
im und um das "Big-Brother"-Haus vor sich geht und
was davon zu halten sei. RTL2 ist's recht. Denn
auch wenn Kritik an einer derartigen Sendung oder
Spott über die Mitwirkenden laut werden, "Big
Brother" bleibt im Gespräch, und das bringt Quote.
Damit sich daran nichts ändert, hält der Sender sein
Publikum bei der Stange und vermarktet die Containergemeinschaft nach allen Regeln der Kunst. Das
Hochglanzmagazin zur Sendung machte den Anfang, es folgten eine CD, ein Spiel, Autogramme
ohne Ende, eine Sendung für und mit Zlatko und
immer wieder: Talks, Talks und noch mal Talks.
Was Erwachsene von "Big Brother" halten, erfuhr
man in den vergangenen Wochen zur Genüge.
Fachleute aller Art taten ihre Meinung kund, und
auch der eine oder andere Politiker hielt das für angebracht. Nur von Kindern und Jugendlichen - wie
wir wissen, Expertinnen und Experten, wenn's ums
Fernsehen geht - war bisher nichts zu hören. Nun
hat FLIMMO sie befragt: Ob sie sich "Big Brother"
ansehen, und wenn ja, was sie gut daran finden und
was nicht. Ein Ergebnis gleich vorweg: Bei Kindern
im Grundschulalter macht "Big Brother" keinen
Stich. "Was die da reden" im Haus, ist ihnen schlicht
zu langweilig. Junge Leute im Teenageralter - und
solche, die kurz davor stehen - lockt die Sendung
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jedoch vor den Bildschirm. Darum kommen dieses
Mal im FLIMMO Mädchen und Jungen zwischen 11
und 16 Jahren zu Wort.
Sehen, wie es anderswo zugeht ...
"Es ist interessant zu sehen, wie sich die Leute verhalten, was sie reden, wie sie zusammenleben, sich
streiten und Freundschaften schließen." Für Elena
(14) ist Neugierde der Grund, warum sie sich "Big
Brother" ansieht. Damit steht sie nicht alleine. Auch
die anderen 11- bis 16-Jährigen wollten sehen, wie
"es anderswo zugeht", wie andere (erwachsene)
Menschen sind, was sie bewegt, was sie denken,
fühlen und wie sie miteinander umgehen. Kurz: An
"Big Brother" versuchen Heranwachsende das
‚richtige Leben' zu studieren und ihre Vorstellungen
vom näherrückenden Erwachsenendasein auszubauen. Eine Soap, die Alltag mit "echten Menschen,
nicht mit Schauspielern" täglich ins Wohnzimmer
bringt, trifft da für viele ins Schwarze. Denn hier
können Menschen wie du und ich "sagen, was sie
denken", und es ist "nichts gestellt". Absolute Gegner wie Georg (13), der "Big Brother" "einfach nur
blöde" findet, waren denn auch die Ausnahme. Den
meisten erging es wohl eher wie Nina (11): "Wenn
man es einmal gesehen hat, muss man es immer
wieder gucken." Schließlich wachsen einem die
Leute ans Herz, "man lernt sie besser kennen" und
will nicht "verpassen, wie's weitergeht". Gelungene
Serienbindung nennt man das.
Die Neugierde hat Grenzen
So sehr Kinder und Jugendliche am alltäglichen
Leben anderer Menschen interessiert sind, ihre
Neugierde hat klare Grenzen. Eine solche Grenze
ist eindeutig erreicht, wenn Intimes über den Bildschirm flimmert. Sexszenen, auch wenn diese nur
unter der Bettdecke zu vermuten sind, kommen gar
nicht gut an. Besonders den 11- bis 13-Jährigen
geht das zu weit. Einige Jugendliche sehen dabei
auch die Privatsphäre verletzt: "Wenn die miteinander schlafen, dann geht das keinen etwas an",
Seite 13
bringt ein 16-Jähriger das auf den Punkt. Der indiskrete Gafferblick der Kamera beim Duschen oder
"Umziehen im Schlafzimmer" provoziert ebenfalls
Unmut. Vor allem bei den Mädchen, was einen guten Grund hat, denn die Containerbewohnerinnen
sind besonders begehrte Objekte der Kamera. Neben der Schlüssellochguckerei entzündet sich die
Kritik des jungen Publikums auch am Miteinander
der Kandidatinnen und Kandidaten. Wenn im
Wohncontainer "ordentlich gelästert" wird und sich
"die Leute gegeneinander aufhetzen", hörte für die
Teenager der Spaß auf. Dass solches Verhalten
ganz schön verletzend sein kann, wissen sie nur zu
gut. "Es wird noch viel Tränen geben, auch viel
Streit", lautet die Prophezeiung eines Jungen.
Falsch liegt er damit nicht. Dafür sorgt schon RTL2.
Wer ist hier eigentlich echt?
Der Sender hat kräftigen Anteil daran, wie sich das
Leben im Container gestaltet. Warmes Wasser zum
Duschen gibt's pro Tag nur eine Stunde, und das zu
immer wieder anderen Zeiten. Die Wochenaufgaben
erweisen sich mitunter als schier unlösbar, und das
lässt das Haushaltsgeld der Gemeinschaft
schrumpfen. Die Themen der allabendlichen Diskussionsrunden sind vorgegeben, zu spontanen
Festen wird aufgefordert ... Beständig diktiert RTL2
den Frauen und Männern, "so zu leben, wie sie sich
fühlen"!? Nein: so zu leben, wie der Sender es will,
damit das Publikum gebannt am Bildschirm bleibt
und Quote bringt. Ruhe und Harmonie sind dafür
wenig geeignet; wenn's kracht und knistert, hat das
Fernsehpublikum spannende Unterhaltung. Das sehen auch die meisten befragten Mädchen und Jungen so. Doch nicht allen gelingt es, sich die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Fernsehwelt immer
bewusst zu machen. Vor allem den Jüngeren fällt
das schwer. Verwunderlich ist das nicht. "Big
Brother" kommt daher wie eine Soap (nennt sich ja
auch Reality-Soap). Folglich wird die Sendung auch
gesehen wie eine Soap, als "coole Serie", die am
Leben anderer teilhaben lässt. Dabei gerät dann
schon mal in Vergessenheit, dass Zlatko, Manu,
Kerstin, Jürgen oder Sabrina keine Rollen wie die
Schauspielerinnen und Schauspieler in "Gute
Zeiten, schlechte Zeiten" spielen, sondern Zlatko,
Manu, Kerstin, Jürgen oder Sabrina sind. Dabei
gerät auch in Vergessenheit, dass RTL2 aus 23
Stunden Leben im "Big-Brother"-Haus (1 Stunde ist
ohne Beobachtung) die ‚Highlights des Tages'
zusammenstellt. Der Maßstab dafür ist nicht, wie die
Frauen und Männer wirklich sind, sondern wie der
Sender meint, wie sie vom Publikum wahrgenommen werden sollen. Dann werden Jürgen und Sabrina zu kölschen Frohnaturen mit Hang zum Zotigen, wird Manu das Dummchen und Zlatko der ‚ehrliche Junge' aus dem Volk, als der er jetzt vermarktet wird. Also doch nur Spielfiguren, die am
Schneidetisch geschaffen werden? Wenn auf der
einen Seite in Daily Soaps das Leben ‚wie in echt'
von Schauspielerinnen und Schauspielern gespielt
wird, wenn auf der anderen Seite in Reality-Soaps
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wie "Big Brother" das Leben von wirklichen Menschen am Schneidetisch gemacht wird, dann kann
dem Publikum schon mal was durcheinandergeraten, nicht nur Kindern und Jugendlichen.
Kein Ende in Sicht
Wie immer, wenn eine Sendung Quote bringt, wird
sie nicht einmalig bleiben. So wird auch zu "Big
Brother" bereits die Fortsetzung organisiert. Und da
im Quotenrennen keiner hintan stehen will, haben
andere Sender auch schon was in petto: Die Insel,
Expedition Robinson, Der Maulwurf ... - FLIMMO rät
da:
· Augen offen halten, was sich in der Fernsehlandschaft tut.
· Kindern und Jugendlichen immer mal wieder daran
erinnern, dass Fernsehen auch dann gemacht ist,
wenn es vorgibt, die Wirklichkeit zu zeigen.
· Und schließlich: Es ist nicht alles ein Vergnügen,
was als solches verkauft wird.
Hauptsache, die Quote stimmt
Die Kamera ist immer dabei! Life, in Farbe und
hautnah: real eben. Wenn Menschen in Gefahr geraten, in Notsituationen Ängste ausstehen oder gar
ernstlich verletzt werden. Solche und ähnliche Situationen werden dann als "Highlights" zur besten
Sendezeit gezeigt: In Sendungen wie "echt wahr",
"Total verrückt" und ähnlichen Angeboten. Privates
Videomaterial, Filme aus dem Polizeiarchiv oder
von Überwachungskameras dokumentieren dramatische Unglücksfälle und Katastrophen. Menschen
in Ausnahmesituationen werden zu Unterhaltungszwecken vorgeführt, ihre Ängste als Unterhaltungsware verkauft. Wenn es um die Quote geht, ist
wohl weder Rücksichtnahme noch Mitgefühl gefragt.
Selbst wenn die Betreffenden nicht ernstlich zu
Schaden kommen, "spaßig" fanden sie die Gefahrensituation, den Unfall , an dem sie beteiligt waren, bestimmt nicht.
Für Kinder ist diese Art von Reality-TV problematisch: Die realen Katastrophen, bei denen echte
Menschen beteiligt sind, können ihnen sehr nahe
gehen. Besonders, wenn drastische Bilder zu sehen
sind und die Ängste und Schmerzen der Beteiligten
nicht ausgespart werden. Aus pädagogischer Sicht
sind Programmangebote wie diese, deren
Unterhaltungswert sich auf die Befriedigung voyeuristischer Instinkte beschränkt, zudem mehr als
fragwürdig - und zwar ungeachtet des Alters der
Zusehenden.
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PRESSEMITTEILUNG
Schlieren, 29. Januar 2001
Zweite BB-Staffel noch besser gestartet als erste
Höchst erfreulich ist "Big Brother Schweiz" gestern in
die zweite Runde gestartet. Durchschnittlich verfolgten
341'700 Personen aller Altersgruppen die Auftaktsendung. Damit lag das Interesse der Fernsehzuschauer
höher als bei der Einzugssendung der ersten Staffel.
Durchschnittlich verfolgten 341'700 Personen aller Altersgruppen wie Eva Wannenmacher und Yves Schifferle souverän durch die Auftaktsendung zur zweiten Big BrotherStaffel führten und Experten sowie Angehörige und Freunde
der neuen Bewohner interviewten. Als Tiana, Laila, Patrick,
Eugene und ihre Mitbewohner kurz nach zehn Uhr ihr neues
Wohnquartier bezogen, schnellte die Zuschauerzahl (3+)
gar auf 428'500 hinauf. Bei der am 3. September 2000 gestarteten ersten Staffel verzeichnete die Auftaktsendung
durchschnittlich 308'600 Zuschauerinnen und Zuschauer
(3+). Beim jüngeren und jungen Publikum erfreut sich "Big
Brother Schweiz" nach wie vor hoher Popularität: So betrug
der Marktanteil der 15- bis 49jähgrigen Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer 24,3% (gegenüber 23,2% der
Auftaktsendung der ersten Staffel).
Nun darf man gespannt sein, wie sich die zehn neuen Big
Brothers im Haus zusammenraufen: der Berner Musiker
Eugene, die kaufmännische Angestellte Tiana, der Zürcher
Geschäftsführer Patrick, die Verwaltungsbeamtin Sara, der
Koch Remo aus dem Kanton Schwyz, die Bankangestellte
Laila, die St. Galler Bankangestellte Patrizia, die Zürcher
Geschäftsführerin Sabrina, der Solothurner Publizistikstudent Raphael und der Berner Maurer Christian.
Für weitere Auskünfte wenden Sie sich bitte an:
TV3 AG
Wagistrasse 6
8952 Schlieren
Andrea Hemmi
Pressesprecherin
Tel. 01 733 43 45
Natel 079 436 28 06
[email protected]
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Seite 15
Wie alltäglich ist der Big Brother-Alltag?
Big Brother zeigt das Zusammenleben verschiedener
Männer und Frauen. Authentizität ist das oberste Gebot. Die
Zuschauer erhalten einen ungeschminkten Einblick in das
Alltagsleben der Hausbewohner. Big Brother ist eine LifeSoap mit realen Darstellern.
(Auszug aus Eigendarstellung von Big Brother Schweiz)
12. Wie definierst du die folgenden Wörter:
- Authentizität
– ungeschminkter Einblick
– Alltagsleben
13. Wie beeinflussen die Regeln und
Rahmenbedingungen das Verhalten der
Teilnehmerinnen und Teilnehmer?
14. Regel Nummer sechs besagt, dass alle zwei Wochen
eine Bewohnerin / ein Bewohner die Gruppe
verlassen muss. Welchen Einfluss könnte diese
Regel auf das Verhalten in der Gruppe haben?
Hast du selbst schon einmal in einer ähnlichen
Situation gesteckt (Ausgrenzung)? Was hast du
dabei erlebt und wie hast du dich verhalten?
In Bezug auf die dauernde Beobachtung durch die Kameras
beschreiben Teilnehmende ihre Erfahrungen wie folgt:
... In den ersten Tagen war dies etwas ungewohnt. Aber
nach ein paar Tagen ist das ganz normal. Dann ist es eher
unbewusst. Man hört sie, man sieht sie, aber man denkt
nicht ununterbrochen daran. Man gewöhnt sich daran.
... Ich habe mich in meinem Verhalten von den Kameras
nicht beeinflussen lassen.
15. Würde dir das genauso ergehen? Was spricht dafür,
was dagegen, dass die Beschreibungen der
Wahrheit entsprechen?
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Schaut euch eine Sendung gemeinsam an
16. - Worum geht es?
- Wer ist an der Situation alles beteiligt?
- Wie verhalten sich die einzelnen Personen?
- Habt ihr über die beteiligten Personen etwas Neues
erfahren?
- Ist das für dich langweilig, spannend,
ungewöhnlich?
Ein Leben, in dem es einer Person womöglich gut geht, ist
in diesem Genre nahezu unglaubwürdig und langweilig.
Unfälle, Intrigen, Seitensprünge, Neid und Eifersucht sind
für gewöhnlich der Stoff der Seifenopern.
17. Kannst du dieser Aussage zustimmen? Was heisst
das für deinen Alltag? Wann geht es dir gut?
18. Schaut euch vielleicht zwei, drei Wochen später
erneut eine Sendung an.
– Hat sich das Verhalten einzelner Personen
verändert?
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Woher kommt der Name Big Brother?
Der Grosse Bruder – George Orwells Roman „1984“
Aussagen von Kindern und Jugendlichen,
warum die Sendung "Big Brother" heisst:
"Weil RTL der grosse Bruder ist" (Alexander,
15)
"Der letzte, der übrig bleibt, ist Big Brother"
(Lamis, 12)
"Dass wir alle miteinander leben müssen, wie
Brüder vielleicht" (Elena, 14)
"Grosse Brüder sind immer die Bewacher von
kleinen Brüdern, und so ist es halt auch, der
Bewacher schaut auf die kleinen Brüder"
(Anthony, 16)
"Das heisst ja grosser Bruder. Und das soll
heissen, dass die zusammenhalten sollen wie
Brüder und Schwestern“ (Isabell, 11)
"Wegen dem Buch 1984" (Laura, 16)
Georges Orwells Roman „1984“
Der Titel der Fernsehserie „Big Brother“ ist
dem Roman „1984“ entlehnt. Darin hatte
der englische Schriftsteller George Orwell
1948 eine negative Zukunftsvision beschrieben.
Auf Plakaten und in allgegenwärtigen Monitoren personifiziert der „Grosse Bruder“
ein perfektes Propaganda- und Überwachungssystem: Alle Regeln des Zusammenlebens, des Wissens und der Sprache
haben sich verselbstständigt. Täglich werden sie durch ein unübersehbares Heer
staatlicher Angestellter umgeschrieben.
Auch der letzte Winkel des Alltags ist zum
Zweck des Machterhalts durchorganisiert.
Das Schlimmste: Für niemanden ist
durchschaubar, um wessen Macht es sich
dabei handelt. Jeglicher Versuch, auf das
gesellschaftliche Leben Einfluss zu nehmen, muss an dem anonymen, unfassbaren Gegner scheitern. In dieser ausweglosen Situation kämpft Winston, die Hauptfigur, darum, seine Individualität und Menschenwürde zu bewahren.
Auszug aus „1984“
George Orwell, Ullstein, 1997, S. 6 und 7
„Die Welt draussen sah selbst durch die
geschlossenen Fenster kalt aus. Drunten
auf der Strasse wirbelten schwache Windstösse Staub und Papierfetzen in Spiralen
hoch, und obwohl die Sonne strahlte und
der Himmel leuchtend blau war, schien
doch alles farblos, ausser den überall angebrachten Plakaten. Das Gesicht mit
dem schwarzen Schnurrbart blickte von
jeder beherrschenden Ecke herunter. Ein
Plakat klebte an der unmittelbar gegenüber liegenden Hausfront. „Der grosse
Bruder sieht dich an!“ hiess auch hier die
Unterschrift, und die dunklen Augen
bohrten sich tief in Winstons Blick ...
... Hinter Winstons Rücken schwatzte die
leise Stimme aus dem Televisor noch im-
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mer von Roheisen und von der weit über
das gesteckte Ziel hinausgehenden Erfüllung des neunten Dreijahresplans. Der
Televisor war gleichzeitig Empfangs- und
Sendegerät. Jedes von Winston verursachte Geräusch, das über ein ganz leises
Flüstern hinausging, wurde von ihm registriert. Ausserdem konnte Winston, solange er in dem von der Metallplatte beherrschten Sichtfeld blieb, nicht nur gehört, sondern auch gesehen werden. Es
bestand natürlich keine Möglichkeit festzustellen, ob man in einem gegebenen
Augenblick gerade überwacht wurde. Wie
oft und nach welchem System die Gedankenpolizei sich in einen Privatapparat einschaltete, blieb der Mutmassung überlas-
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sen. Es war sogar möglich, dass jeder
einzelne ständig überwacht wurde. Auf
alle Fälle aber konnte sie sich, wenn sie
es wollte, jederzeit in einen Apparat einschalten. Man musste in der Annahme leben – und man stellte sich tatsächlich instinktiv darauf ein –, dass jedes Geräusch,
das man machte, mitgehört und, ausser in
der Dunkelheit, jede Bewegung beobachtet wurde.
Winston richtete sich so ein, dass er dem
Televisor den Rücken zuwandte. Das war
sicherer, wenn auch, wie er wohl wusste,
sogar ein Rücken verräterisch sein kann.“
Orwells Roman „1984“ hat Roemer (einer der Produzenten von „Big Brother") vor 20 Jahren
als Schüler, aber nicht zur Vorbereitung der Show gelesen. Mit der Parabel auf Totalitarismus und Zensur habe seine Sendung „nichts zu tun”. Eher damit, dass die Beobachtung
durch Kameras inzwischen ganz normal geworden ist und niemanden mehr aufregt. Roemer
konstatiert das nur, er bewertet es nicht. Vor zehn Jahren hätte man eine Show wie „Big
Brother“ noch für Science-Fiction gehalten. Heute weiss jeder Camcorder-Besitzer, was
technisch alles geht. In der Welt von Paul Roemer gibt es nicht nur einen, sondern Millionen
Big Brothers.
(01.11.99 Spiegel)
19. Fasst zusammen, weshalb der Serie
der Titel „Big Brother gegeben wurde?
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Aufnahmen rund um die Uhr
Die Skizze zeigt einen Lageplan der Wohnräume im „Big
Brother“-Container. Überall sind verspiegelte, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer undurchsichtige Fenster eingebaut. Aufgezeichnet wird mit 27 Kameras in der Wohnung
und im Garten. Einige Kameras werden von Kameraleuten
bedient (Kameragänge), andere sind fest installiert oder
werden per Joystick aus der Regie gesteuert. Infrarotkameras übertragen bei Dunkelheit. 60 Mikrophone plus ein Körpermikro je Teilnehmer zeichnen den Ton auf.
In einem davon getrennten zweiten Container-Komplex befindet sich, unterstützt von zahlreichen Technikern, die Senderegie. Hier werden die Aufnahmen der verschiedenen
Kameras und Mikrofone zusammengeschnitten.
Die oben abgebildeten Kameras sind die „Live-Cams“, die
via Internet Einblick in das Leben im Container bieten. Die
Kameras 4,5 und 6 können nur von Abonnenten des Internetanbieters „Bluewin“ angewählt werden.
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Im folgenden geht es um Ähnlichkeiten und Unterschiede
zwischen der Situation im „Big Brother“-Haus und der in
Winstons Wohnung (George Orwell):
(Mehr Infos über Winstons Wohnung erhaltet ihr auf den
Seiten 20 und 21)
20. Würdest du das, was bei „Big Brother“ läuft, als
Überwachung bezeichnen?
21. Vergleiche die Technik in beiden Wohnungen.
22. Was ist damit gemeint, wenn Orwell vom Televisor
als gleichzeitigem Empfangs- und Sendegerät
spricht? Gibt es das im „Big Brother“-Haus auch?
In der Gesellschaft von „1984“ gibt es den „grossen Bruder“,
der mit Hilfe der „Gedankenpolizei“ die Aufnahmen aus allen
Wohnungen für seine Zwecke verwertet.
Bei der Serie „Big Brother“ gibt es die Senderegie, die die
Aufzeichnungen auswählt und zusammenschneidet. Und es
gibt die Zuschauer, die die täglichen Folgen im Fernsehen
sehen können. Darüberhinaus sind im Internet ein Grossteil
der Kameraaufnahmen ungeschnitten und live abrufbar.
Beteiligte:
Winston, Gedankenpolizei
Big-Brother-Mitspieler, Senderegie/Produktionsfirma, Zuschauer
23. Untersucht die beiden unterschiedlichen Konstellationen genauer:
a) Welche Möglichkeiten der Beeinflussung der Bilder haben die Beteiligten?
b) Wieviel wissen sie voneinander?
c) Welche Ziele können sie verfolgen?
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Überwachung im Alltag
Orwell (siehe Seite 19) könnte heute auf Fakten statt
Fantasien bauen: Grosse Augen, grosse Ohren gibt’s
inzwischen überall. Landesweit begleiten uns Zehntausende
von Überwachungskameras durch den Alltag. Natürlich
dient all dieses High Tech primär einem guten Zweck – etwa
der Diebstahls- und Verbrechensbekämpfung. Oder gar
unserem persönlichen Wohlbefinden. Beispiel Global
Positioning System (GPS): Das ursprünglich für militärische
Zwecke entwickelte Ortungssystem lenkt Autofahrer per
Satelliten durch den Verkehr.
Was man bei solchen technischen Wundermitteln gern
vergisst: Wer Informationen sendet, kann auch
Informationen empfangen; kann also – wie beim
Mobilfunknetz – den Empfänger problemlos orten.
Wer bewahrt uns hier vor schlimmen Pannen oder grobem
Missbrauch?
Das Gesetz besagt, dass Kameras zu Recht eingesetzt
werden, wenn Diebstahl, Raub und Verkehrschaos
vermieden
werden
können.
Überwachungsund
Kontrollsysteme, die das Verhalten der Arbeitnehmer am
Arbeitsplatz überwachen, dürfen hingegen nicht eingesetzt
werden.
24. Nenne Orte, an denen du installierte Kameras
gesehen hast oder vermutest.
25. Für welchen Zweck wurden sie eingerichtet?
26. Definiere die folgenden Begriffe, auch in
Abgrenzung gegeneinander.
Zuschauen
Beobachten
Überwachen
Kontrollieren
27. Was haltet ihr von Kameras auf dem Schulareal?
Würde das euer Verhalten ändern?
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Quelle: Beobachter 21/2000
ÜBERWACHUNG - Im Visier von „Big Brother“
„Big Brother“ läuft auch ohne Container: Kontrolle rund um die Uhr ist Realität.
Videokameras begleiten uns überall - meist im Einklang mit dem Gesetz.
VON UELI ZINDEL
Andreas Weber steigt in St. Gallen in sein
Auto. Er hat in Zürich einige Dinge zu erledigen. Die Fahrt durch St. Gallen führt durch
einen Tunnel - jeder Meter wird mit Kameras
überwacht. Webers Wagen passiert die Einfahrten Winkeln, Kreuzbleiche, Sankt Fiden,
Neudorf. Verkehrsüberwachung auch dort:
Videogeräte lauern überall am Strassenrand.
Im Schöneichtunnel in Zürich halten sieben
Linsen den Verkehrsfluss fest; im Milchbucktunnel sind 17 Kameras installiert, und an
dessen Ende thront ein schwenkbarer Videokopf über dem Verkehrsgeschehen. Andreas
Weber tankt seinen Wagen auf; die Anlage ist
elektronisch überwacht. Er stellt sein Auto im
Parkhaus ab - unweit eines Videogeräts. Per
Bancomat löst er 200 Franken: neben ihm
das Videoauge. Sein Gang durch das Kaufhaus wird von mehreren Kameras verfolgt,
ebenso der Weg durch den Hauptbahnhof:
Hier haften 60 Videogeräte an den Wänden.
Überwachungsgeschäft floriert
Es gibt kein Entrinnen, Video ist überall:
elektronische Augen an Ampeln, bei Brücken,
in Discos und Museen, vor Toiletten und Abfalldeponien. Laut Schätzungen sind hierzulande zwischen 15 000 und 20 000 Sicherheits- und Überwachungskameras im Einsatz:
Sie werden betrieben vom Bund, von den
Kantonen und von privaten Firmen.
Gemäss «Cash TV» werden in der Schweiz
Jahr für Jahr 3000 neue Kameras installiert zwei Drittel davon fungieren als Ersatz für
ausgediente Modelle. Der Umsatz der 12
Schweizer Firmen, die sich auf Überwachung
spezialisiert haben, wird auf 60 Millionen
Franken geschätzt.
Ist der Kampf um die Privatsphäre verloren?
Wer kontrolliert die Kontrollierenden? Ist die
laufende Entwicklung noch kontrollierbar?
«Wo immer Kunden und Passanten ungefragt
und erkennbar gefilmt werden, müssen sie
darauf aufmerksam gemacht werden», sagt
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der Mitarbeiter des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Kosmas Tsiraktsopulos.
Und: «Videoaufzeichnungen im öffentlichen
Raum sowie auf privatem Grund sind nur
dann erlaubt, wenn ein höheres Rechtsgut
gefährdet ist.» Die Massnahme müsse den
Sicherheitsaspekt gewährleisten, und ebenso
«muss erwiesen sein, dass andere Massnahmen nicht genügen - oder keine anderen
Mittel zur Verfügung stehen.»
Zu Deutsch: Wenn Diebstahl, Raub und Verkehrschaos zu vermeiden sind, werden Einkaufszentren, Parkhäuser und Tunnels zu
Recht überwacht. Nur elektronische Mittel
scheinen den Gefahren des elektronisierten
Zeitalters gewachsen zu sein.
Überwachungskameras sind längst Teil unseres Alltags geworden. Die moderne Halbleitertechnik funktioniert 24 Stunden, 365 Tage
lang - fast ohne Abnützungserscheinungen.
Das Speichervolumen ist gigantisch, und die
Daten können unbeschadet über grosse Distanzen ausgetauscht werden - in Sekundenbruchteilen.
Am Portal des Aargauer Bareggtunnels auf
der A 1 wurden während knapp einem halben
Jahr alle Autokennzeichen erfasst. Die Daten
rasten per Glasfaserleitung nach Bern und
wurden dort mit dem zentralen Fahrzeugfahndungsregister abgeglichen. Fiel das Signal positiv aus, ging die Nachricht als Alarm
an die Aargauer Verkehrsleitzentrale. Nach
einer Überprüfung konnte die Patrouille eine
allfällige Verfolgung aufnehmen. Nachdem
die Aargauer Polizei das Experiment abgeschlossen hat, wird die gleiche Methode inzwischen auch am Zürcher Sihlquai getestet.
Erkennungsquote der Autoschilder 1998 am
Baregg: 35 Prozent.
Erkennungsquote heute in Zürich: 85 Prozent.
Und bis eine Technik 100 Prozent der Nummernschilder erkennt, wird es nicht mehr
lange dauern.
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Elektronik gegen Gauner
So beklemmend die Kameraaktivitäten auch
sind: Aus der Sicht des Datenschutzes sind
sie unbedenklich, solange die Informationen
über unbescholtene Bürgerinnen und Bürger
nicht gehortet, zentral gespeichert oder miteinander vernetzt werden. Je nach den Möglichkeiten der verwendeten Technik dürfen sie
höchstens 90 Tage aufbewahrt werden. Autobesitzer, die eine Fahndungskamera passieren, hinterlassen im System keine Spur. Was
die Verkehrsüberwachung betrifft: Die Kennzeichen der gefilmten Autos sind nicht erkennbar, denn diese Geräte besitzen kein
Zoom. Zudem betonen sämtliche Betreiber
von Überwachungssystemen: Die anfallenden
Daten werden nicht gesammelt.
«Punktuell» führte die Migros schon vor einigen Jahren die Videoüberwachung ein. «Professionell» geschieht dies laut Sicherheitsschef Marco Conazzi «seit fünf Jahren - vor
allem in grösseren Läden». Dort sind zum Teil
Anlagen eingerichtet, die 80 Prozent der Ladenfläche erfassen. Im Zweifelsfall kann ein
Kunde herangezoomt werden. Corazzi: «Es
handelt sich um Endlosbänder von 180 Minuten, die dauernd überspielt werden - bis sie
nicht mehr brauchbar sind.» Auch Bruno Veit,
Verkaufschef von Coop Ostschweiz, legt Wert
auf einen gesetzmässigen Umgang mit Videodaten. Wie viele Diebe jedoch dank den
Kameras überführt werden, ist unklar. Veit:
«Die präventive Wirkung ist nicht zu unterschätzen.»
«Videoaufnahmen sind ein ergänzendes Beweismittel zu Beobachtungen von Detektiven
oder zu Zeugenaussagen», sagt der Zürcher
Bezirksanwalt Christoph Winkler. Für ihn sind
die Bilder ein wichtiges Beweismittel, wenn
Delinquenten in flagranti überführt werden und
ihre Tat bestreiten. Es komme auch vor, dass
man einen Täter zu einem späterem Zeitpunkt
anhand der Aufnahme wieder erkenne. Winkler: «Videoaufnahmen können auch entlastend sein.» Bei der Beweiswürdigung gelte
auch hier der richterliche Grundsatz: Für eine
Verurteilung dürfen keine Zweifel mehr bestehen, dass es sich beim Gefilmten um den Angeklagten handelt.
In England sind juristische Konfrontationen
mit Videokameras an der Tagesordnung. Im
Londoner Stadtteil Newham sind rund 150
Videokameras fest installiert - rund um die
Uhr werden die Gesichter der Passanten mit
Porträts von Verbrechern verglichen. Wer das
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Pech hat, mit einer gesuchten Person grosse
Ähnlichkeit zu haben, läuft in die Falle des
Rechners - und wenig später in die Fänge der
Polizei.
Hierzulande wächst die Sensibilität der Bevölkerung. Die Videokamera im Churer Fontanapark wurde wegen lauter Proteste nach
kurzer Zeit wieder demontiert. Der Berner Polizeidirektor Kurt Wasserfallen erntete wegen
seiner Überwachungspläne in der Innenstadt
heftige Kritik - das Projekt wurde vom Gemeinderat abgeschmettert. Und die Kamera
der Zürcher Seepolizei, die im Internet auch
unbescholtene Zivilisten zeigte, wurde ausgeschaltet.
Bei Kosmas Tsiraktsopulos, dem Mitarbeiter
des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, häufen sich inzwischen vorab Anfragen aus dem privaten Bereich: «Die eigene
Haustür zu überwachen ist legal - nicht aber
den Garten des Nachbarn.»
Kameraschutz für Angestellte
150 Linsen sollen demnächst im Spielkasino
Luzern montiert werden - falls das Haus die
Betriebsbewilligung erhält. «Der Spielbankenkommission muss nachgewiesen werden
können, dass sauber gespielt wird», sagt Geschäftsführer Roger Kubli. Er betont: «Eine
Überwachung des Personals findet nicht
statt.»
Eine solche wäre auch nicht legal. Artikel 26
des Datenschutzgesetzes hält fest: «Überwachungs- und Kontrollsysteme, die das Verhalten der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz
überwachen sollen, dürfen nicht eingesetzt
werden.» So wurde die Videokamera im
Briefzentrum Basel, die die Belegschaft bespitzelt hatte, entfernt: Der Datenschutzbeauftragte hatte interveniert. Auch eine Berner
Sicherheitstechnikfirma, die «zur Effektivitätssteigerung» Cafeteria und Telefonzentrale
überwachte, musste ihre Kameras abmontieren.
Bisweilen verschwinden die Geräte auch ohne
staatlichen Druck. Im Zürcher Bahnhof Wiedikon wurden die Überwachungskameras gestohlen. Ebenso erging es einem Apparat in
Brig VS. Der Wildhüter hatte die Kamera unter
freiem Himmel montiert. Eines Tages war sie
weg. Genauso wie der Wolf, den sie hätte
überführen sollen.
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Vermarktung
Big Brother ist weit mehr als bloss eine Fernsehsendung.
Neben der täglichen Ausstrahlung im Fernsehen setzt TV3
in erster Linie auf das Internet. Entsprechend professionell
und aktuell wird der Auftritt auch bewirtschaftet – ebenfalls
mit viel Erfolg. Während der ersten Staffel wurden auf den
Websites von www.bigbrother.ch fast 25 Millionen Zugriffe
registriert. Täglich waren dies durchschnittlich 230'000. Das
grosse Interesse am Internet belegen auch die 58'000
Mitteilungen auf dem Messageboard, die 7'700 NewsletterAbonnenten und die 3'200 SMS-Abonnenten.
Als Internet-Partner kann TV3 auf den führenden InternetService-Provider der Schweiz – bluewin – zählen. Bluewin
unterhält auch die Web-Cams und “belohnt” seine
Kundinnen und Kunden, indem einzelne Kameras
ausschliesslich über den Provider “bluewin” zugänglich sind.
28. Durchstreift den Internetauftritt von Big Brother und
hält fest, was euch besonders interessiert, resp. ihr
eher langweilig findet.
– Machen die Internetseiten “gluschtig” auf die
Fernsehsendung? Wenn ja, weshalb?
Im Weiteren gibt es bei Big Brother selbstverständlich auch
einen Shop (T-Shirt, Baseballcap, Jacke, Schirm, Brettspiel
etc.) und überdies wöchentlich am Kiosk das etwas weniger
bekannte Exklusiv-Magazin zur Sendung.
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Quelle: Neue Luzerner Zeitung, 21. Okt. 2000
50 Tage «Big Brother» - 50 Tage Schwindel?
Zu behaupten, das putzige «Meiringer Wochenblatt» hätte bisher in der Liga einer FAZ, «New York
Times» oder eines «Le Figaro» gestanden, wäre
doch eine kühne Behauptung. Dafür hat das Blättchen mit seiner Auflage von rund 5000 Exemplaren
doch ein zu geringes Gewicht. Doch letzten Dienstag war alles etwas anders. Grund dafür war ein Artikel, der das Gerücht in die Runde warf, „Big
Brother“ sei ein medialer Fake. Oder mal etwas
weniger anständig ausgedrückt: ein totaler Bschiss!
Quelle dieses Gerüchts war ein unbekannt bleiben
wollender Exmitarbeiter der BB-Endemol - also
jenes
TV-Giganten,
der
das
fröhliche
Ikea-Wohnmagazin für TV3 produziert. Die Behauptungen waren happig: Der Container stünde
leer, alle Folgen seien schon im Frühling beziehungsweise
Sommer
1999
im
«Big
Brother»-Container Holland abgedreht worden.
Knallhart nach vorgeschriebenen Drehbüchern. Einzig die Aussenszenen mit dem Ein- und Ausmarsch
der Kandidaten seien in der Schweiz gedreht worden - mit zahlreich gekauften Statisten, welche die
telegen jubelnde Kulisse bildeten.
Was heute dem Zuschauer täglich als «aktuell»
serviert werde, sei in Tat und Wahrheit nichts weiteres als alte Aufzeichnungen. Konservenfutter made
in Holland. So der Informant. Zudem seien alle Folgen nicht in 100, sondern gerade mal in 27 Tagen
runtergespult worden. Dies sei auch der Grund,
weshalb die «Kandidaten» immer in denselben
Kleidern zu sehen seien. Eine Merkwürdigkeit, die
den suchtveranlagten Zuschauer bei Remo schon
immer stutzen liess. Denn der Polizist war selbst
bei herbstlich-kühlen Temperaturen immer oben
ohne und in Shorts zu sehen.
Der Hammer der «Big Brother»-Enthüllung ist aber
ein ganz anderer Punkt: In diesem Artikel ist auch
aus «zuverlässiger Quelle» zu erfahren, dass die
Kandidaten in Tat und Wahrheit allesamt Schauspieler seien, die bei TV3 unter Vertrag stünden.
Natürlich sieht das inszenierte Schauspiel auch
einen klaren Ausgang vor. Will heissen: Der Sieger
stand schon vor dem ersten Drehtag fest. Es ist der
Polizist «Remo». Und «Remo» sei nicht «Remo»,
sondern in Wahrheit ein Willisauer Schauspieler
namens Dani Schöpfer, der sonst in Berlin im
«Theater der Freundschaft» auf der Bühne steht.
Wenn aber schon ein abgekartertes Spiel, warum
dann ausgerechnet der wortkarge «Remo» als Sieger, der bei den «Big Brother»-Fans nicht zu den
Darlings gehört? Aus Kalkül: Den bisher äusserst
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eindimensionale Sender TV3 plagen nicht nur
Quotenprobleme, sondern such Konzessionsbeschwerden. TV3 bietet zu wenig Filmproduktionen
mit Schweizer Filmemachern, was andererseits
aber in der Konzessionsbewerbung 1997 versprochen wurde. TV3 musste dem Bakom Besserung
geloben - und bringt im Frühling 2001 mit «Heisser
Asphalt» die erste eigene Krimiserie. Hauptdarsteller wird ... richtig «Remo» alias Dani Schöpfer.
Er wird die Rolle des Sondereinheitspolizisten Ben
Darkner spielen. Sein Auftritt im Container kommt
so einem brillanten Werbe-Warm-up für die neue
Krimiserie gleich. Und das erst noch zum doppelten
Nulltarif: Das Preisgeld bleibt im Haus TV3 und der
Sender muss auch nicht die (teure) Werbetrommel
für die Krimiserie anschmeissen.
Bei TV3 will zum Artikel des «Meiringer Wochenblattes» übrigens niemand Stellung beziehen. Chef
Jürg Wildberger liess in einem dürren Communiqué
ausrichten, er könne «nicht auf die Hirngespinste
jeder Schülerzeitung eingehen». Stutziger macht da
schon die Tatsache, dass das «Meiringer Wochenblatt» seit dem Artikel bei TV3 Hausverbot hat.
Bleibt jetzt natürlich die Frage, was denn die ganzen gepushten TED-Abstimmungen und die Abwahlen überhaupt sollen. «Die so genannte Zentrale
ist ein Computer, der einfach die Stimmen entgegennimmt - und gleich wieder löscht. Alles eine
Täuschung» - so der abgesprungene Mitarbeiter.
Eine Täuschung, die sich allerdings lohnt: Pro Minute kostet ein Anruf 2.13 Franken. Alle zwei Wochen haben bisher immer rund 120 000 Leute angerufen. Man rechne...
„Big Brother“ also alles nur Inszenierung? Alles
nur Bschiss statt ein Stück Leben für jedermann?
Es wäre doch so schön gewesen. Sozusagen ein
Zusammenleben mit Freunden per Knopfdruck.
OLIVER KRAAZ
Oliver Kraaz ist ehemaliger Gagschreiber von Harald
Schmidt und Dieter Moor. Heute arbeitet er unter
anderem als Autor für die ZDF-Sendung „Versteckte
Kamera“.
Seite 26
29. Hast du den Text „50 Tage Big Brother – 50 Tage
Schwindel?“ gelesen?
- Bist du sauer auf die Produzenten, weil sie dich im
Glauben liessen, die Sendung sei „echt“?
- Spielt es überhaupt eine Rolle, ob die Sendung total inszeniert ist oder nur teilweise (Rahmenbedingungen = Inszenierung)? Verändert dies deine Einstellung zur Sendung Big Brother?
Fortsetzung des Artikels
50 Tage „Big Brother – 50 Tage Schwindel?
Die Frage aber, die noch viel mehr bohrt: Muss man jetzt schon
das «Meiringer Wochenblatt» lesen, um nicht an der Nase
rumgeführt zu werden? Weil dort das steht, was uns andernorts
von den grossen Medienkonzernen vorgegaukelt wird? Nein.
Denn erstens gibt es das «Meiringer Wochenblatt» gar nicht. Den
Artikel über den «Big Brother»-Schwindel noch weniger. Das
Gerücht ist selber ein Bschiss. Aber weiss man das heute
überhaupt noch? Oder besser: Will man es überhaupt noch
wissen?
Tatsache ist aber auf jeden Fall, dass am Montag „Big Brother“
seinen 50. Tag feiert. Mit einem vollen Container. Und
wahrscheinlich auch mit vollen Kandidaten. Feiern wir also
ungebremst mit. Es gibt schliesslich nicht viel Wichtigeres auf
dieser Erde. Alles Gute, «Big Brother».
30. Fühlst du dich jetzt erst recht verschaukelt oder
hast du bereits beim Lesen des Textes an dessen
Glaubwürdigkeit gezweifelt? Wenn ja, weshalb?
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Medienberatungsstelle: Kurt Schöbi