Zunächst war es einfach „eine weitere Übersetzung“

Transcrição

Zunächst war es einfach „eine weitere Übersetzung“
STABIQ – Classic Car Collectors Centre
Zunächst war es einfach „eine weitere Übersetzung“
It was initially just “another translation”
Was waren Ihre ersten Gedanken, als man mit die­
sem Auftrag an Sie gelangt ist? Wir erstellen seit vielen Jahren Übersetzungen für
Norbert Seeger, die überwiegende Mehrheit davon
sind Rechtstexte über Liechtensteinische Treuhandge‐
setze und die Dienstleistungen seiner Treuhandgesell‐
schaft. Zunächst war es einfach „eine weitere Überset‐
zung“. Das Probekapitel „Der Gentleman“ beginnt mit
einer bildhaften Beschreibung in Form einer Metapher eines Fahrzeuges, das am Horizont erscheint: „Wie ein Gentleman im grauen Flanellanzug mit passender roter
Seidenkrawatte und weissen Handschuhen tritt uns dieser Bentley entgegen.“ Dieses Kapitel enthält litera‐
rische Elemente, wie sie häufig in Romanen Anwen‐
dung finden, ebenso wie technische Details. Nachdem
wir das erste Kapitel fertig gestellt hatten, wurde uns
bewusst, dass diese Übersetzung anders ist. Einige
Kapitel später wurde uns klar, dass diese Übersetzung
wirklich anders ist. Tony fand schnell heraus, dass seine Herkunft aus England, die Nähe zur Produktions‐
stätte in Derby, die Tatsache, dass sowohl sein Gross‐
vater als auch sein Stiefvater einen Rolls‐Royce gefah‐
ren hatten, zusammen mit seinen persönlichen Kon‐
takten in England, sich schon bald als unentbehrliche Vorteile herausstellen würden. Was unterscheidet dieses Buch von anderen Über­
setzungen, die Sie sonst machen? Fast alle der insgesamt 58 Bücher, die wir geschrieben und vom Deutschen oder ins Deutsche übersetzt ha‐
ben, waren pädagogische Werke über Methodik, Text‐
bücher für Unterrichtszwecke, Bücher über Business
und Wirtschaft und, in einem konkreten Fall, über an‐
gelsächsisches Recht. Alle Bücher und Übersetzungen
hatten eine spezifische Ausrichtung. „motors finest” umfasst literarische, technische und historische Ge‐
sichtspunkte. Peter Müller hat drei völlig verschiedene
Schreibstile und Aspekte in einem Buch harmonisch
vereint – eine ungewöhnliche Leistung, der wir in vol‐
lem Umfang gerecht werden wollten. What was your first impression
when you were offered this contract?
We have been translating texts for
Norbert Seeger for many years, the
vast majority of which are legal texts
on Liechtenstein’s trust laws and the
services of his trust company. It was
initially just “another translation”. The
test chapter “The Gentleman” begins
with descriptive imagery in the form of
a metaphor of a car appearing on the
horizon: “This Bentley greets you as an
apparition of a gentleman dressed in a
grey flannel suit, sporting a red silk tie
which is complemented by white
gloves”. This chapter has literary elements often found in novels but also
technical details. After finishing the
first chapter, we realised that this
translation would be different. Several
chapters later, we knew that this contract would be very different indeed.
Tony discovered that his background in
England, living near to the Derby factory, having a grandfather and stepfather who both drove Rolls-Royces,
together with his personal contacts in
England, was soon to become a tremendous asset.
Why is this book different to books
you normally translate?
Of the 58 books that we have written
and translated into or from German,
nearly all of them were either educational books on methodology, text
books for teaching purposes, books on
business and economics and, in one
particular case, Anglo-Saxon Law. All
the books and translations were of a
particular style. “motors finest” incorporates literary, technical and historical
aspects. Peter Müller had successfully
married three completely different
styles of writing and aspects into one
book – an unusual accomplishment –
and one which we were committed to
serve.
STABIQ – Classic Car Collectors Centre
Ein Buch in diesem Umfang zu übersetzen ist sicher keine leichte Aufgabe, wie sind Sie vorgegangen? Ein Buch dieser Grössenordnung zu übersetzen ist eine
Frage von Ausdauer und Flexibilität. Zunächst haben
wir die Kapitel einfach nach und nach, wie sie herein‐
kamen, übersetzt. Bei Beginn unserer Übersetzungstä‐
tigkeit waren nur wenige Kapitel abgeschlossen. Die meisten waren noch nicht einmal begonnen. Wir sind
einem Standardablauf gefolgt. Die wichtigste Voraus‐
setzung ist, den Text in elektronischer Form vorliegen
zu haben. Wir haben die einzelnen Abschnitte dupli‐
ziert und dann eine Kopie ins Englische übersetzt, bis
das Kapitel abgeschlossen war. Anschliessend haben
wir den deutschen und englischen Text gegengelesen
und überprüft, dass alle Details vorhanden und die
Absicht des Autors angemessen wiedergegeben wurde.
Dann legten wir das Kapitel mindestens einen Tag lang
zur Seite. Die Überarbeitung begann und wir verfolg‐
ten das Ziel, das Kapitel – wie wir es nannten – „se‐
xy“ zu machen. Das beinhaltet z.B. deutsche Sätze, die
meist negativ formuliert sind, in das entsprechende
englische Gegenstück umzuwandeln, das oft positiv
formuliert ist: „Zwei Dumme, ein Gedanke“ wörtlich
übersetzt bedeutet “Two idiots – one thought”; die
tatsächliche Übersetzung ist jedoch: „Two great minds
think alike” („Zwei brillante Denker denken gleich“.)
Gleichzeitig haben wir überprüft, dass Wörter und
Formulierungen sich nicht wiederholten. Anschlies‐
send begannen die Nachforschungen. Ein englisches
Zitat, das ins Deutsche übersetzt worden war, wurde
in die englische Originalversion zurückübersetzt. Peter Müller zitierte Sir Henry Royce: „Ich bin kein Erfinder,
Erfinder gehen bankrott.” Dies könnte übersetzt wer‐
den mit: „I’m not an inventor, inventors go broke”, „I’m
not an inventor, inventors go bust”, „I’m not an inven‐
tor, inventors go bankrupt”. Alle diese Übersetzungen
sind möglich und richtig, aber was hat er wirklich ge‐
sagt? Um Genauigkeit zu gewährleisten, ist die Nach‐
forschung unerlässlich. To translate an entire book is by no
means a small feat. How did you go
about it?
Translating a book of this size is a
question of endurance and flexibility.
At first, we simply translated the chapters that were sent to us, as they
came. When we started to work only a
few of the chapters were finished. The
majority had not even been started.
The procedure we followed is fairly
standard. The most important thing is
to have the text in digital format. We
then duplicated each paragraph, translating one of the duplicates into English until the chapter was finished.
Then, we read the English and the
German text and cross-checked to
make sure that all the details were
correct and the intention of the author
had been captured. We then ignored
the chapter for at least 24 hours. The
rework began, our goal was to make
the chapter, what we term, “sexy”. This
means e.g. taking German sentences
and phrases which are normally
phrased negatively and turning them
into their English counterparts which
are often phrased positively: “Zwei
Dumme, ein Gedanke” literally translated means “Two idiots – one
thought”. The real translation of course
is “Two great minds think alike”.
At
the same time, we checked to make
sure that words and phrases were not
repetitive, after which research began.
It is necessary to ensure that an English statement, which had been translated into German, is translated back
into English into its original form. Peter
Müller quoted Sir Henry Royce “Ich bin
kein Erfinder, Erfinder gehen bankrott”
which could be translated into „I’m not
an inventor, inventors go broke”, „I’m
not an inventor, inventors go bust”, „I’m
not an inventor, inventors go bankrupt”. All of these translations are possible and correct but what did he actually say? In order to ensure accuracy,
you are compelled to conduct research.
Was waren die grössten Herausforderungen an Sie als Übersetzer? Es gab eine Reihe von Herausforderungen. Die erste
war sicherlich, Peter Müllers Redegewandtheit und
literarische Geschmeidigkeit widerzuspiegeln. Das Buch war noch nicht einmal vollständig geschrieben,
als wir mit der Übersetzung begannen – eine unge‐
wöhnliche Situation. Die meisten Übersetzungen wer‐
den vorgenommen, nachdem ein Buch veröffentlicht
ist. Bei den ersten acht Kapiteln hatten wir keine Be‐
zugsfotos; wir beschrieben also Dinge, die wir nicht
anschauen konnten. Peter hat Kapitel und Texte oft
überarbeitet, Informationen aktualisiert, Abschnitte
herausgenommen, um das Kapitel zu kürzen und neue
Quellen hinzugefügt. Aus den acht Kapiteln wurden
schnell 16, dann 23 und wir glauben zu diesem Zeit‐
punkt wusste niemand wirklich, wie viele es sein wür‐
den. Ein grosser Teil der technischen Angaben war in Zentimeter, Meter und Kilometer umgerechnet wor‐
den, wobei die Originalmasse in Zoll, Fuss und Yards
waren. Es war wichtig, sicherzustellen, dass die „impe‐
rial gallon“ und nicht die „US gallon“ richtig umge‐
rechnet worden war. Das Überprüfen und Nachforschen der Originalzitate
entwickelte sich zu einer unterhaltenden Aktivität.
Eines der Badges, das Peter beschrieben hatte, gehört
zu einem Automobilclub. Im ursprünglichen deutschen Text stand ein bestimmter Artikel. Die „Automobile Association“ bestätigte, dass dies nicht ihre Plakette sei und von diesem Moment an kamen Tonys Bezie‐
hungen zu England ins Spiel. In einem speziellen Fall
waren Buckingham Palace, die “Automobile Associati‐
on”, der “Royal Automobile Club”, der „Rolls‐Royce Enthusiasts’ Club“ und das „Rolls‐Royce Museum“ be‐
müht, festzustellen, zu welchem Club diese Plakette
gehört. Wenn das Buch bereits veröffentlicht gewesen
wäre, hätten wir eine „Anmerkung der Überset‐
zer“ hinzugefügt. Ein dankbarer Peter Müller änderte
einfach den bestimmten in einen unbestimmten Arti‐
kel. Es ist eine Ehre und auch ein Vergnügen, sich auf
diese Art mit dem Autor des Buches, das man über‐
setzt, absprechen zu können Ihr Fazit zum Buch? Dieses Buch könnte auch einfach “Müller’s Finest”
heissen, da es eine aussergewöhnliche Dokumentation
einer aussergewöhnlichen Automobilsammlung dar‐
stellt, die “Seeger Collection”. Obwohl wir das Buch
mehr als 15 Mal auf Deutsch und Englisch gelesen ha‐
ben, ist es nach wie vor fesselnd, faszinierend und be‐
zaubernd. Es gibt zahlreiche technische Einzelheiten
und Beobachtungen, derer man sich nie bewusst ge‐
worden wäre, wenn Peter sie nicht so ergreifend be‐
schrieben hätte. Und wer weiss? Vielleicht möchten Sie
das Buch als Ganzes lesen oder in Abschnitten, um
dann nach einer Reflexionszeit wieder zum Gelesenen
zurückzukehren. Die Fotos und Darstellungen der Fo‐
tografen Heinrich Hecht, Andi Schmid, Dan Saladin und
Michel Zumbrunn und das ästhetische Design und Lay‐
out von Urs Stuber und Susanna Entress gepaart mit
Peters Beschreibungen schaffen eine Symbiose, die
man nur als brillant bezeichnen kann.
What was the biggest challenge for you as
translators?
There were a number of challenges. The first of
course was to mirror Peter Müller’s eloquence
and descriptive agility. The book had not even
been finished when we started – an unusual
situation. Most translations are done after the
book has been published. We had no photographs of the first eight chapters to refer to,
which meant we were describing things we could
not see. Peter often revised chapters and texts,
updating them with new information, taking out
pieces to shorten the chapter and including new
references. The eight chapters soon grew to 16
and then to 23 and we think, at that point, noone really knew when they were going to stop.
Much of the technical information had been converted into centimetres, meters and kilometres
whereby the original measurements were in
inches, feet and yards. Making sure that the
imperial gallon and not the US gallon had been
converted into litres correctly was an important
factor.
Cross-checking and referencing original quotes
and descriptions turned into an amusing activity.
One of the badges that Peter had described,
belonged to an automobile association. In the
original German text this was with a definite
article. The Automobile Association confirmed it
was not their badge so from that point on Tony’s
connections to England came into play and in
one particular instance, we had Buckingham
Palace, the Automobile Association, the Royal
Automobile Club, the Rolls-Royce Enthusiasts’
Club and the Rolls-Royce Museum all working to
find out to which association the badge belonged. In a book that had already been published, we would have entered a translator’s
comment. A grateful Peter Müller simply
changed the definite to the indefinite article. It is
an honour and also a pleasure to be able to
have this sort of discourse with the author of the
book you are translating.
Your conclusion about “motors finest”?
This book could easily be renamed “Müller’s
Finest” as it is an exceptional documentation of
an exceptional collection of automobiles: “The
Seeger Collection”. Having read the book in both
German and English over 15 times, it never
ceases to intrigue, fascinate and enthral. There
are numerous technical details and observations
which one would never be aware of until Peter
so poignantly describes them. And who knows?
You may want to read the book as a whole or in
part and then refer back after reflection to what
you have read. The pictures and images produced by the photographers Heinrich Hecht,
Andi Schmid, Dan Saladin and Michel Zumbrunn
and the aesthetic design and layout by Urs Stuber and Susanna Entress together with Peter’s
descriptions create a symbiosis which can only
be described as brilliant.