Empathie bei Sexualstraftätern - Martin-Luther
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Empathie bei Sexualstraftätern - Martin-Luther
Fragebogen zur Erfassung von Empathie bei Sexualstraftätern (FEES) – eine Pilotstudie – Kathrin Richter & Claudia Dalbert Vorgänger/Originalversion: Der Fragebogens zur Messung der Empathie bei Sexualstraftätern orientiert sich an den Vignetten des "Child Molester Empathy Measure" (CMEM) von Fernandez, Marshall, Lightbody und O´Sullivan (1999). Anwendungsbereich: Dieser Fragebogen wurde für die Messung von Empathie bei Straftätern speziell bei Sexualstraftätern entwickelt. Er soll als Kriterium für den Einsatz therapeutischer Maßnahmen im Hinblick auf die Förderungen von Empathie allgemein und Opferempathie im Besonderen dienen und auch eine Verlaufsmessung zur Abbildung therapeutischer Erfolge ermöglichen. Bearbeitungszeit: 10 Minuten Kurzbeschreibung: Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung von Empathie mit drei Vignetten à 9 Items. Theoretischer Hintergrund: Seit dem 1. Januar 2003 sind behandlungsfähige Sexualstraftäter mit einer Haftstrafe von mehr als zwei Jahren in einer Sozialtherapeutischen Anstalt (SothA) zu behandeln. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass behandelte Straftäter gegenüber unbehandelten Straftätern ein reduziertes Rückfallrisiko, eine geringere Rückfallschwere und ein größeres Rückfallintervall aufweisen. Eine gewisse Wirksamkeit von Psychotherapie gilt als erwiesen, jedoch können die bedeutsamen Komponenten der angebotenen Therapien bisher nicht benannt werden. Die vielfältigen therapeutischen Maßnahmen weisen Gemeinsamkeiten auf, z.B. die Förderung von Empathie. Obwohl der empirische Nachweis bisher fehlt, wird ein Mangel an Empathie in der Delinquenzforschung als ein Prognosekriterium für eine erhöhte Rückfallgefährdung angesehen (Lübcke-Westermann, 2003). Bisher finden sich lediglich Studien zur Erfassung allgemeiner Empathie bei Sexualstraftätern, die allerdings zu inkonsistenten Ergebnissen führten. Marshall, Hudson, Jones und Fernandez (1995) haben darauf hingewiesen, dass empathische Reaktionen bei Sexualstraftätern wahrscheinlich opfer-spezifisch sind und nicht notwendigerweise einen globalen empathischen Mangel repräsentieren. Um neben allgemeiner Empathiefähigkeit auch diese opfer-spezifische Empathie zu erfassen, entwickelten Fernandez, Marshall, Lightbody und O´Sullivan (1999) das "Child Molester Empathy Measure" (CMEM). Empirische Untersuchungen, in denen dieser Fragebogen zum Einsatz kam, belegen, dass Sexualstraftäter ein Empathiedefizit gegenüber ihren eigenen Opfern, aber keinen globalen Empathiemangel haben. Entwicklung des Fragebogens: Dieser Fragebogen untersucht, ob Sexualstraftäter empathische Defizite in einem oder mehreren der drei folgenden Kontexte aufweisen: gegenüber Personen allgemein (Vignette_I), gegenüber Personen, die Opfer von sexueller Gewalt wurden (Vignette_II), gegenüber den eigenen Opfern (Vignette_III). Dabei sind die empathischen Reaktionen gegenüber Personen allgemein und gegenüber Opfern sexueller Gewalt ein Maß genereller Empathie, während empathische Reaktionen auf die eigenen Opfer ein Maß opfer-spezifischer Empathie darstellen. Aufbau und Auswertung: Es gibt eine Variante des Fragebogens für Missbrauchstäter und eine für Vergewaltiger, die jeweils vergleichbar aufgebaut sind und drei Vignetten umfassen. Variante für Missbrauchstäter: Vignette_1 – Missbrauchstäter: Empathie gegenüber einem Kind, das in einen Verkehrsunfall verwickelt und entstellt wurde, Vignette_2 – Missbrauchstäter: Empathie gegenüber einem Kind, das von einem unbekannten Angreifer über eine bestimmte Zeit hinweg sexuell missbraucht wurde, Vignette_3 – Missbrauchstäter: Empathie gegenüber den eigenen Opfern. Variante für Vergewaltiger: Vignette_1 – Vergewaltiger: Empathie gegenüber einer Frau, die in einen Verkehrsunfall verwickelt und entstellt wurde, Vignette_2 – Vergewaltiger: Empathie gegenüber einer Frau, die von einem unbekannten Angreifer über eine bestimmte Zeit hinweg sexuell missbraucht wurde, Vignette_3 –Vergewaltiger: Empathie gegenüber den eigenen Opfern. Für jede dieser Vignetten soll der Proband die Gefühle des Kindes bzw. der Frau beurteilen (Teil A) und eine Einschätzung seiner eigenen Gefühle vornehmen (Teil B). Dafür stehen Items aus folgenden Dimensionen zur Verfügung. Teil A Teil B 1) Schuld, 1) Schuld, 2) Wut, 2) Wut, 3) positive Gefühle 3) Hoffnungslosigkeit Jede Dimension umfasst 3 Items, so dass die Gefühle der Opfer (Teil A) und die eigenen Gefühle (Teil B) mit je 9 Items beschrieben werden können. Der Fragebogen wurde in einer sozialtherapeutischen Anstalt an N = 52 Insassen, wobei es sich überwiegend um Sexualstraftäter handelte, überprüft. 1 Gütekriterien: Objektivität: Der FEES ist in seiner Durchführung und Auswertung standardisiert und deshalb als objektiv einzuschätzen. Reliabilität: Für die Skalen konnten bis auf eine Ausnahme (Teil A Vignette_II – Vergewaltiger: positive Gefühle: α = .41) befriedigende Homogenitätskoeffizienten erzielt werden. Die interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha) variierte zwischen α = .63 bis .97. Faktorielle Validität: Die Hauptkomponentenanalyse mit anschließender Varimaxrotation bestätigte die a priori postulierte Struktur. Die Skalen des FEES weisen keine signifikanten Korrelationen mit sozialer Erwünschtheit (erfasst mit der Sozialen-Erwünschtheits-Skala-17 von Stöber, 1999) auf. Konstruktvalidität: Zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen den Skalen des FEES und anderen Empathiemaßen wurden Korrelationen mit der Empathie-Skala (“empathy”) des Saarbrückener Persönlichkeitsfragebogens SPF (Paulus, 2000) berechnet. Mit Ausnahme der Skala Hoffnungslosikeit in der Vignette_I (Teil A) und der Skala Wut in Vignette_I (Teil B) zeigten sich keine signifikanten Korrelationen, was der Hypothese eines positiven Zusammenhangs beider Empathiemaße widerspricht. Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Skalen des FEES etwas anderes zu erfassen scheinen als die Empathie-Skala des SPF. Daher können die Skalen des FEES nicht als valide bezeichnet werden. Aber auch die Validität des SPF ist noch nicht hinreichend bestätigt. Somit sind weitere Untersuchungen zur Überprüfung der konvergenten Validität erforderlich. Anmerkung: Wegen der Zusendung der Instrumente wenden Sie sich bitte an: [email protected] 1 Die Erhebung wurde in Zusammenarbeit mit der Sozialtherapeutischen Anstalt Halle (Saale) und dem Projekt „Kriminologische Evaluation der Sozialtherapeutischen Anstalt Halle (Saale)“ unter der Leitung von Prof. Dr. KaiD. Bussmann, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Juristische Fakultät durchgeführt. Literatur: Fernandez, Y.M., Marshall, W.L., Lightbody, S., & O'Sullivan, C. (1999). The Child Molester Empathy Measure: Description and an examination of its reliability and validity. Sexual Abuse: A Journal of Research and Treatment, 11, 17-31. Lübcke-Westermann, D. (2003). Persönlichkeitsstörung, Sexualstraftat und Empathie: Theorie, Empirie und Biographie. Frankfurt am Main: Lang. Marshall, W.L. Hudson, S.M., Jones, R. & Fernandez, Y.M. (1995). Empathy in sex offenders. Clinical Psychology Review, 15, 99-113. Paulus, C. (2000). Der Saarbrücker Persönlichkeitsfragebogen SPF (IRI). Verfügbar unter: http://www.uni-saarland.de/fak5/ezw/abteil/motiv/paper/SPF(IRI).pdf Stöber, J. (1999). Die Soziale-Erwünschtheits-Skala-17 (SES-17): Entwicklung und erste Befunde zu Reliabilität und Validität. Diagnostica, 45, 173-177. ITEMSCHLÜSSEL: Dimension Schuld: Schuldgefühle, schuldig, schlechtes Gewissen Dimension Hoffnungslosigkeit: hoffnungslos, entmutigt, verzweifelt Dimension Wut: verärgert; wütend, zornig Dimension positive Gefühle: freudig, frohgemut, angenehm ITEMSCHLÜSSEL gekürzte Fassung: Teil A Dimension Schuld Dimension Wut Dimension positive Gefühle Teil B 2, 4, 6 3, 7, 9 1, 5, 8 Dimension Schuld Dimension Hoffnungslosigkeit Dimension Wut 1, 3, 5 4, 6, 8 2, 7, 9