Die Regatta ihres Lebens

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Die Regatta ihres Lebens
M 4 BOOT
D I E W E LT / W E LT A M S O N N TAG
S A M S TAG / S O N N TAG , 2 3 . / 2 4 . N OV E M B E R 2 013
Die Regatta ihres Lebens
Beim Clipper Round
The World Race segeln
Amateure um die Welt.
Ein Ausflug, bei dem
viele an ihr Limit
gehen
D
ie Wellen, die hier
durchs Wasser ziehen, sind wandernde
Gebirge. Nirgends ist
im Seegang die Energie von so vielen
Stürmen gespeichert
wie hier. Die Dünung im Southern Ocean, der die Erde südlich der Landmassen von Afrika, Australien und Südamerika umspannt, ist gewaltig.
Für das Clipper Round The World
Race gehört der Southern Ocean zu den
Standard-Strecken.
VON HANS-HARALD SCHACK
CLIPPER VENTURES
„Ich saß an Deck, wir haben geredet,
und plötzlich kam aus dem Nichts diese
riesige Welle und hat mich und Ben und
das ganze Schiff umgeschmissen, alles
flog herum“, erinnert sich Jim Hendry,
67, an Schrecksekunden auf der Clipper-70-Yacht „Great Britain“. Sein CrewKamerad Ben Pate, 30: „Ich sah mich
um, und da lag Jim, der Kopf in einer
merkwürdigen Lage, und es sah erst
nicht aus, als ob er atmet. Aber dann
hustete er.“ Während der Rudergänger
weiter Kurs hielt, schafften die anderen
ihren benommenen Mitsegler unter
Deck und checkten ihn durch, er hatte
Ruhe vor dem Sturm: Der Start zur Etappe Derry–Londonderry verlief noch ruhig, später gerieten die zwölf Yachten in schwere See mit orkanartigen Böen
sich nichts gebrochen oder gerissen.
Als Jim Hendry gleich wieder auf seine Wache an Deck wollte, verordnete
Skipper Simon Talbot, 44, ihm erst mal res Versprechen des Veranstalters lautet: ler sein oder Segelscheine besitzen. Die Der Mann wurde gerettet. Mann-über- ren, und sie haben alles erlebt, was daeine Pause. Alltag im Clipper Round The „No experience required“ – Erfahrung ist zwölf Skipper des Rennens sind die Bord-Manöver werden im Training di- bei schiefgehen kann. Wenn jemand eiWorld Race 2013/14, dessen dritte Etappe nicht nötig. Was der Bewerber mitbringen Profis, und die Crews werden so zusam- verse Male geübt, und zwar realitätsnä- nen Menschen aus dem Wasser bergen
sich als die härteste in allen bisherigen muss, sind Energie, Zeit und Geld. Eine mengestellt, dass Handwerker, Ärzte, her, als man das von Segelscheinprü- kann, dann sind es diese Segler.
Bei der Ausbildung wird alles traiClipper-Regatten zeigt.
Etappe kostet zwischen 5200 und 6500 Krankenschwestern und routinierte fungen kennt: Es wird dabei ein 85-KiZwölf 70-Fuß-Yachten mit Crews von Euro, plus drei Trainings (rund 5000 Eu- Segler gerecht verteilt sind.
lo-Dummy über Bord geworfen, meis- niert, was an Bord wichtig ist, also auch
je 20 Männern und Frauen segeln zur- ro), plus Reisekosten. Unter 12.000 Euro
Die erste und die zweite Etappe des tens in einem unerwarteten Moment.
Kloputzen, Logbuchführen, Großreinezeit in einer 40.000-Meilen-Regatta um ist das Rennen nicht zu haben.
Rennens 2013/14 waren anstrengend
Ein Nebeneffekt dieses Trainings: machen („deep clean“), Kochen, SegelEs ist nützlich, wenn man segeln und anspruchsvoll, die dritte, die Ende Während die Crew-Mitglieder in ihrer wechseln und Steuern. Die „Sicherheit“
die Welt, die Segler zahlen dafür und
schuften und schlafen wochenlang im kann, aber man muss kein geübter Seg- der Woche in Albany (West-Australien) Regattavorbereitung ein paar Dutzend hat dabei den höchsten Stellenwert.
Vier-Stunden-Rhythmus. Es
zu Ende geht, war ausgespro- Mann-über-Bord-Manöver proben, ha- Auch wenn es den Trainees übertrieben
ist ein Rennen für Amateure,
chen hart. Auf „Derry-Lon- ben die Skipper Hunderte davon gefah- erscheint, bei Windstärke 3 eine
für Lkw-Fahrer und Lehrer,
donderry“ verletzte sich eine
Krankenschwestern und Phy36-Jährige den Arm. Er schien
siker, Großmütter, Unternehzunächst gebrochen, aber es
DAS RENNEN UM DIE WELT
mer, Studenten und Abenteuwaren „nur“ Prellungen und
rer. Eine Grundregel lautet:
Bänderrisse. Die Yacht segelte
Jeder ist Crew, und es ist an
zurück nach Südafrika und
London
Bord unerheblich, wie einer
übergab die Frau der Küsten15 1 16
New York
San Francisco
sein Leben an Land bestreitet.
wache, die sie ins Kranken2
14
11
Quingdao 10
Der Veranstalter „Clipper
haus transportierte. Auf „MisVentures“ nennt es „das Rension Performance“ riss sich
13
nen, das Ihr Leben verändern
ein 40-jähriger Australier an
12
wird“. Die deutsche Teilnehmeeinem Beschlag die Wade auf,
9
rin Marlis Haase, 49, aus Neueine Krankenschwester an
stadt/Holstein war auf der ersBord kämpfte ihre SeekrankRio de Janeiro 3
8
ten Etappe dabei, von London Vicky Ellis ist Skipperin auf der „Switzerland“. Sie ist Proheit nieder und versorgte den
4 Kapstadt
5
6
Sydney
über Brest nach Rio. Sie findet fiseglerin und führt das Schiff um die Welt
Verletzten. Auch er wurde an
Albany
7
zwar nicht, dass der Törn ihr LeLand gebracht.
Bei acht Clipper-Races hat es bisher
ben verändert hat, aber sie ist begeistert
keine Todesfälle gegeben. Das ist einervon dem Abenteuer, dem Crew-Geist, der
IN ELF MONATEN UM DEN GLOBUS
seits Glück, andererseits aber auch kein
Segelei unterm glitzernden SternenhimDIE ETAPPEN sind zwischen 3600 Meilen
York geht es zurück nach Europa.
Zufall. Es gab Materialschäden, eine
mel, bei Nebel, Flaute und Sturm. „Es hat
(Rio–Kapstadt) und 7950 Meilen (BrisbaGesamtdauer elf Monate.
Strandung, einen gebrochenen Mast und
alle Anstrengungen gelohnt, und es ist etne–Singapure–Qingdao) lang.
DIE SEGLER stammen aus 40 Ländern,
drei Dutzend geprellte und gebrochene
was, das keiner vergisst.“ Das Clipper
DIE STRECKE des Rennens führt über
448 Männer und 230 Frauen nehmen teil.
Rippen. Dreimal ging ein Segler über
Round The World Race ist, wie jedes WeltRio, Kapstadt, Albany und Sydney erstBriten (391) und Australier (67) sind am
Bord, einer davon wurde im Southern
rennen heute, eine kommerzielle Veranmals im „Sydney-Hobart Race“ nach
stärksten vertreten. Bordsprache ist
Ocean von einer Welle über Bord gewastaltung, nur dass hier das GeschäftsmoMarlis Haase,
Tasmanien. Über Singapur, Qingdao, San
Englisch. Aktuelle Informationen über
schen, die das Schiff in dem Moment
dell nicht auf Profisportlern und SponsoTeilnehmerin aus Deutschland
Francisco, Panama, Jamaica und New
clipperroundtheworld.com
traf, als er an Deck stieg und seine Siren-Etats basiert, stattdessen zahlen die
cherheitsleine noch nicht eingehakt war.
Teilnehmer selbst fürs Segeln. Ein weite-
„Es ist ein
Abenteuer, das
keiner vergisst“
CLIPPER VENTURES(2)
Schwimmweste zu tragen oder bei
Windstärke 2 mit Sicherheitsgurten an
Deck zu gehen – es sind Verhaltensweisen, die in Fleisch und Blut übergehen
sollen. Denn Menschen gehen nicht
über Bord, wenn sie damit rechnen,
sondern wenn das Schicksal oder eine
große Welle sie auf dem falschen Fuß
erwischt. Und die Statistik ist nicht auf
Seiten der Veranstalter. Bei über
500.000 Seemeilen, die die zwölf Boote
der Flotte alle zwei Jahre segeln, nimmt
die Wahrscheinlichkeit zu, dass irgendwann mal etwas Ernstes passiert.
Die dritte Etappe heißt im Clipper-Jargon die „Schlittenfahrt“, denn es gibt
starken achterlichen Wind und rauschende Surfs die großen Wellen hinab.
In diesem November glich die Schlittenfahrt einer Schussfahrt über eine Buckelpiste. Beim ersten Sturm gab es zwei
Verletzte, aber beim nächsten nur einige
blaue Flecken und Materialschäden. Obwohl es mit 50 bis 80 Knoten Windgeschwindigkeit blies und in Böen bis zu
130 Knoten gemessen wurden. Windstärke 12, also Orkan, beginnt bei 63 Knoten.
Den Skippern kommt unter diesen Bedingungen auch die Aufgabe zu, die
Stimmung der Crew und einen geordneten, also sicheren Bordbetrieb aufrechtzuerhalten.
Vicky Ellis, 30, auf der „Switzerland“
heiterte ihre „Schäfchen“ mit den Worten auf, dass der Sturm auf See nur wie
der Sommer in Schottland sei. Und
„Henri Lloyd“-Skipper Eric Holden, 33,
mailte, dass er seine Crew nicht mehr als
Amateure betrachte: „Was die erlebt haben, erleben die meisten Profis in ihrem
ganzen Leben nicht.“
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