Frankreich mit dem Rad

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Frankreich mit dem Rad
Frankreich mit dem Rad
Urlaub mit Weltkulturerbe: Radeln am Canal du Midi. (© France écotours)
URLAUB Gemütliche Radwege am Canal du Midi, ökologische Weinberge und pittoreske Städte –
das Département Aude hat viel zu bieten. // Xenia Schein
Es ist schon eine Herausforderung: Eine Radreise mit Schwerpunkt Weinbau im Süden Frankreichs
anzutreten, wenn man weder ein passionierter Weintrinker noch begeisterter Radfahrer ist. Doch so eine
Presse-Gruppenreise klingt nach Abenteuer. Also los!
Die Tour beginnt in Carcassonne und führt uns über Homps und Pouzols-Minervois mit Halt in Narbonne
bis ans Mittelmeer nach Gruissan.
Neben Carcassonne mit seiner mittelalterlichen Festung fasziniert mich besonders die Begegnung mit BioWinzer Eric und seiner Frau Clementine, deren biodynamisches Weingut in La Prade schon auf den ersten
Blick durch den grünen Bewuchs zwischen den Reben auffällt. Die beiden bewirtschaften 24 Hektar
Anbaufläche in dritter Generation – die Erhaltung der Biodiversität sorgt für sehr nährstoffreichen Boden
und macht den Einsatz künstlicher Mittel zur Insektenbekämpfung überflüssig, da die verschiedenen Arten
für eine > natürliche Regulierung sorgen. Schädliche Pilze zum Beispiel können sich nicht ausbreiten, weil
Wildkräuter den Platz zwischen den Reben einnehmen. Der Duft dieser Kräuter liegt auf den Weinbergen
immer in der Luft und er verändert auch das Aroma des Weines: Bei unserer Weinprobe ist es deutlich
intensiver wahrnehmbar als bei Weinen aus konventionellem Anbau.
Ohne Schweiß kein Preis – und abends wartet die Weinprobe! (Foto: France écotours)
Mehr Emotion im Bio-Wein
Für mein Empfinden schafft die Mischung aus Kräuterduft und natürlichem Pflanzenwachstum eine ganz
eigene Atmosphäre. Das Prinzip der Biodynamik ist für Eric und seine Frau ein selbstverständliches – ich
habe wirklich das Gefühl, die beiden behandeln Grund und Boden als etwas Lebendiges, von dem man
lernen kann. Andächtig zeigt Eric unserer Gruppe ein Stück Erde auf der Hand, um zu demonstrieren, wie
locker der Boden durch die zahlreichen Regenwürmer ist.
„Im Bio-Wein ist mehr Emotion“, sagt auch Jean-Marc, Bio-Winzer aus Homps, den wir am nächsten Tag
besuchen. Tatsächlich ist zwar im Geschmack kein direkter Unterschied zu herkömmlich angebauten
Weinen spürbar, aber selbst ich stelle fest: Der Geschmack bleibt länger erhalten, er „hallt“ noch nach.
„Tous les matins, on caresse nos vignes“ („Jeden Morgen herzen wir unsere Weinreben“), scherzt JeanMarc, aber so abwegig erscheint das nicht – die Bio-Winzer haben einen direkten Bezug zu ihrem Produkt.
Manchmal müssen sie sogar dafür kämpfen: Ein Bio-Winzer aus der Region Bourgogne wehrte sich erst
kürzlich gegen die Anordnung, Pestizide in seinem Gebiet einzusetzen und war erfolgreich, weil er
nachweisen konnte, dass seine Pflanzen vom fraglichen Schädling gar nicht befallen waren. Allein der
ständige Wind hält in der Minervois-Region mögliche Schädlinge ab und macht den Einsatz von Pestiziden
so gut wie überflüssig, so ist die Region für den biologischen Weinanbau besonders interessant.
Übernachten im Weinberg
„Die anderen sind einfach nur eifersüchtig“, fasst Winzer Jean-Marc kurz und bündig zusammen.
Irgendwann müsse man sich entscheiden zwischen der industriellen Arbeitsweise und traditionellem
Handwerk. „Außerdem haben wir Geschichten zu erzählen“, sagt Winzerin Anne aus Pouzols-Minervois.
Die Bio-Winzerin vermietet gemütliche Gästezimmer, kocht hervorragend und ist gern bereit, Gästen die
Weinberge zu zeigen und mit ihnen zu plaudern. Auf den Tisch kommen bei ihr auch selbst gekochte
Marmeladen und Produkte aus der Region wie die bekannten, sehr geschmacksintensiven PicholineOliven. Bei Anne sind zwei Übernachtungen eingeplant und ich schlafe dort so fest wie nie.
Kein Wunder – der Weg in Annes Weinberge hinauf mit dem Fahrrad war zeitweise recht sportlich.
Insgesamt ist die Tour aber auch für eher Untrainierte gut zu schaffen. Und sie ruft mir in Erinnerung, wie
erholsam so ein Tag auf dem Fahrrad doch sein kann.
Von den Bergen ans Wasser
Das trifft natürlich besonders für die anschließende Tour am Canal du Midi zu, der 1996 von der
UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Die Strecke ist bequem zu fahren, allerdings nicht überall
für Familien mit kleinen Kindern geeignet, da sie oft in recht schmalen, auch manchmal holprigen Wegen
verläuft. Platanen, Pinien und Zypressen säumen den Weg, auf dem Kanal treiben malerische Hausboote.
Der heiße Mistral sorgt auch auf den flachen Wegen ohne Steigung für etwas Anstrengung; dafür gibt es
aber auf dem Weg an der Küste nach Gruissan auch ordentlich Rückenwind.
Nachhaltige Urlaubsregion
Das Konzept des sanften Tourismus in der Stadt Gruissan mit den berühmten Pfahlbauten am Strand
(bekannt geworden durch den französischen Kultfilm „Betty Blue“) ist angelegt, aber noch ausbaufähig: Im
Rahmen des EU-Projekts „Odyssea“ vermieten die engagierten Mitarbeiterinnen des Tourismusbüros
Elektroautos und E-Bikes. Außerdem bieten sie geführte Ausflüge mit Segways in die Umgebung an.
Der Hafen und die Strände von Gruissan sind mit dem Umweltzertifikat „Blaue Flagge“ ausgezeichnet, ein
nahes Naturschutzgebiet für Vögel lohnt Entdeckungstouren. Die Organisatorinnen hoffen auf
weitergehende Unterstützung durch das Odyssea-Projekt und auf Besucherinnen und Besucher, deren
Ideen und Impulse für die Umsetzung neuer Projekte in Sachen Nachhaltigkeit sorgen könnten. Gerade
das nahe gelegene Vogelschutzgebiet bietet da viele Möglichkeiten – laut Veranstalter entwickelt der
Vogelschutzbund LPO (Ligue pour la protection des oiseaux) erste Ansätze.
Eine spannende Region, die ich mit einer Flasche Wein des Schauspielers Pierre Richard als Souvenir
verlasse – er baut in Gruissan seinen eigenen Wein an. Ich werde ganz bestimmt bald wieder hierher
kommen.
Mehr zum Thema
‣ Anbieter
Konzipiert hat die Reise der Frankfurter Anbieter „France écotours“ (www.france-ecotours.com).
Tel 069-97 78 86 77
E-Mail: [email protected]
Die Reiseprogramme folgen dem Kriterienkatalog des Verbandes „forum anders reisen e.V.“ und
das Unternehmen wird seit März 2010 von TourCert nach den Vorgaben der „Corporate Social
Responsibility“ zertifiziert.
‣ Informationen zur Region
Aude Agence de Développement touristique de L’Aude
Allée Raymond-Courrière - 11855 Carcassonne
Cedex 9 Tel 00 33 (0)4 68 11 66 00 - Fax 00 33 (0)4 68 11 66 01
[email protected]
www.audetourisme.com
Canal du Midi: Entlang des Weltkulturerbes von Toulouse ans
Mittelmeer
wetterfest, reißfest, mit GPS-Tracks-Download
Esterbauer Verlag, 2014, 140 Seiten, 13,90 Euro
Erschienen in Ausgabe 09/2015
Rubrik: Leben&Umwelt
Urlaub_Reisen
Kommentare
Christine
15.09.2015
Über den Reisebericht in eine meiner französischen Lieblingsregionen habe ich mich sehr gefreut.
Überhaupt endlich mal was anderes als immer nur Toskana, Provence, Andalusien! Was mich etwas ärgert
sind die mangelnden Angaben zu den Winzern und Weinen. Jean-Marc aus Homps, Anne aus PouzolsMinervois, die auch Zimmer vermietet ... Kann man deren Weine auch in Deutschland bekommen? Leider
konnte ich auch nach längerer Suche im Internet nichts über diese Winzer finden, vor allem auch ohne
Nachnamen. Ein paar mehr Angaben, und der Artikel wäre für mich abgerundeter gewesen.
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