DU DAS JAH R R
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DU DAS JAH R R
DU R CH DAS JAH R Robert Delaunay: Rhythmus, Lebensfreude 184 Das neue Jahr Wissen möcht man unbedingt, was das neue Jahr uns bringt. Wart ein bisschen! Hinterher weißt du mit Bestimmtheit mehr. Hoffentlich erfüllt das Jahr jeden Wunsch, der wichtig war! Unbekannter Verfasser Vom Frühling zum Winter Vom Frühling zum Sommer, vom Sommer zum Herbst, vom Herbst zum Winter, da braucht es viel Zeit. Ganz langsam werden die Blumen bunt. Ganz langsam werden die Birnen süß. Ganz langsam fallen die Blätter ab. Ganz langsam kommt über die Berge der Schnee. Elisabeth Borchers 185 Durch das Jahr Sehnsucht nach dem Frühling O, wie ist es kalt geworden und so traurig öd und leer! Raue Winde wehn von Norden und die Sonne scheint nicht mehr. Auf die Berge möcht ich fliegen, möchte sehn mein grünes Tal, möcht in Gras und Blumen liegen und mich freun am Sonnenstrahl. Schöner Frühling komm doch wieder, lieber Frühling, komm doch bald, bring uns Blumen, Laub und Lieder, schmücke wieder Feld und Wald! Hoffmann von Fallersleben Winteraustreiben Nun treiben wir den Winter aus, den alten, kalten Krächzer. Wir jagen ihn zum Land hinaus, den Griesgram, Brummbär, Ächzer, und laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein. Das faule Stroh, das dürre Reis und alles, was vermodert, das geben wir dem Feuer preis, dass hoch die Flamme lodert, und laden uns den Frühling ein mit Blumen und mit Sonnenschein. 186 Volksgut Februar Es ist ein großes Warten im Februar im Garten. Die Amsel gixt, sie will singen, doch ganz will’s noch nicht gelingen. Bald wird mein Garten voller Schneeglöckchen sein. Bald fällt meiner Amsel ihr Lied wieder ein. Josef Guggenmos Vogel auf weiter Reise Christian Rohlfs: Singvogel Er kann nicht reden, mein Vogel, mein kleiner, er kann nicht erzählen wie unsereiner, er kann nicht berichten lange Reisegeschichten. Doch kommt er wieder, dann setzt er sich nieder, dann singt er mir zum Fenster herein sieben Lieder und noch ein Trillerlein. Josef Guggenmos 187 Durch das Jahr Apriltag So ein warmes, schönes Wetter und die Apfelbäume blühn. Auch die Birke hat schon Blätter, und das Gras ist nicht nur grün – Gänseblümchen, Löwenzahn malen es mit Farben an. Heute gehe ich zum Fluss, lasse Kieselsteine springen. Heute üb ich mit Genuss, alte Lieder neu zu singen. Ich erfinde einen Gruß: „Bis zum nächsten Regenguss!“ Georg Bydlinski Ostereier Eier hat der Hase da und dort versteckt. Wie er in den Garten kam durch die Hecke irgendwo – keiner hat’s entdeckt. Ob er aber oberhalb oder aber unterhalb oder aber ob er gar durch das Türlein kroch – Hauptsache, er fand ein Loch! Josef Guggenmos 188 Liebe Mutter! Du bekommst zum Muttertag einen Blumenstrauß von mir: gelbe Tulpen, rote Rosen, weißen Flieder und Mimosen. Eine, die dir sehr gefällt, kauf ich um mein Taschengeld, doch die andern mal ich dir – mit bunten Farben auf Papier. Christine Rettl Zum Muttertag Zum Muttertag, zum Muttertag sag ich dir, dass ich dich mag, sag ich dir, dass ich dich brauch. Und den Papa auch! Ein Sträußlein Waldmeister Weiß und grün ist mein Strauß, hübsch bescheiden sieht er aus. Frisch vom Wald kommt er herein. Rieche nur, er duftet fein. Nimm! Vom Frühling ist’s ein Stück. Ich wünsch dir, Mutter, lauter Glück! Josef Guggenmos Georg Bydlinski Liebe Mama Ich mag’s nicht, wenn ich was aufsagen muss. Mein Gedicht ist ein Kuss. Georg Bydlinski 189 Durch das Jahr Das Gewitter Hinter dem Schlossberg kroch es herauf: Wolken – Wolken! Wie graue Mäuse, ein ganzes Gewusel. Zuhauf jagten die Wolken gegen die Stadt. Und wurden groß und glichen Riesen und Elefanten und dicken, finsteren Ungeheuern, wie sie noch niemand gesehen hat. „Gleich geht es los!“, sagten im Kaufhaus Dronten drei Tanten und rannten heim, so schnell sie konnten. Da fuhr ein Blitz mit helllichtem Schein, zickzack, blitzschnell in einen Alleebaum hinein. Und ein Donner schmetterte hinterdrein, als würden dreißig Drachen auf Kommando lachen, um die Welt zu erschrecken. Alle Katzen in der Stadt verkrochen sich in die allerhintersten Stubenecken. Doch jetzt ging ein Platzregen nieder! Die Stadt war überall nur noch ein einziger Wasserfall. Wildbäche waren die Gassen. 190 Plötzlich war alles vorüber, die Sonne kam wieder und blickte vergnügt auf die Dächer, die nassen. Josef Guggenmos Rot leuchten die Johannisbeeren Mittagsstille. Sommerzeit Gartenwelt voll Friedlichkeit. Rot leuchten die Johannisbeeren. Sie leuchten – locken zum Verzehren. Ein schwarzes Vogelwesen sitzt stillvergnügt im Busch und pickt. Da rennt ein Mann hinzu und schreit. Die Amsel flieht, doch nicht sehr weit. Sie zetert laut, ist sehr empört, weil man sie bei der Mahlzeit stört. „Bleib von den Beeren!“, schreit der Mann. Die schwarze Amsel hört sich’s an. Der Menschen-Mann verlässt den Ort, geht heim zum Haus, verschwindet dort. Die Amsel huscht zum Busch zurück. Mittagsstille. Sommerglück. Josef Guggenmos 191 Durch das Jahr So was! Ich mag die warme Sonne und schwimme gern im Meer. Ich mag die bunten Wiesen und solche Dinge mehr. Drum ist mein größter Wunsch seit langer, langer Zeit: Ein Weihnachtsfest im Sommer, damit es ja nicht schneit. Manfred Mai Rezept Damit es was Besondres gibt, sehr begehrt und hoch beliebt bei allen Kindern, die ich kenn, nimm F und E und R und N . Zwar, das schmeckt noch etwas fade und das wär doch wirklich schade. Drum nimm ein Ei, schlag’s entzwei, rühr mal um tu’s hinein in das fade Wörtlein fern. Was herauskommt, hast du gern. Josef Guggenmos 192 Septembermorgen Im Nebel ruhet noch die Welt, noch träumen Wald und Wiesen: Bald siehst du, wenn der Schleier fällt, den blauen Himmel unverstellt, herbstkräftig die gedämpfte Welt in warmem Golde fließen. Eduard Mörike Der Schaukelstuhl auf der verlassenen Terrasse Ich bin ein einsamer Schaukelstuhl und wackel im Winde, im Winde. Auf der Terrasse, da ist es kuhl, und ich wackel im Winde, im Winde. Und ich wackel und nackel den ganzen Tag. Und es nackelt und rackelt die Linde. Wer weiß, was sonst wohl noch wackeln mag im Winde, im Winde, im Winde. Christian Morgenstern 193 Durch das Jahr Der Herbst steht auf der Leiter Der Herbst steht auf der Leiter und malt die Blätter an, ein lustiger Waldarbeiter, ein froher Malersmann. Er kleckst und pinselt fleißig auf jedes Blattgewächs und kommt ein frecher Zeisig, schwupp, kriegt der auch ’nen Klecks. Die Tanne spricht zum Herbste: Das ist ja fürchterlich, die andern Bäume färbste, was färbste nicht mal mich? Die Blättern flattern munter und finden sich so schön. sie werden immer bunter. Am Ende fall’n sie runter. Peter Hacks 194 Warum die Blätter gelb werden Im Winter braucht ein Ahorn seine Blätter nicht. So ist das bei fast allen Laubbäumen. In der Kälte wäre es für den Baum zu schwer, alle Blätter am Leben zu erhalten. Es ist wichtiger, dass Wurzeln, Stamm und Äste überleben. Das Grüne in den Blättern nennt man Chlorophyll. Mithilfe von Sonnenenergie stellt das Chlorophyll einen Teil der „Nahrung“ für den Ahorn her. Deswegen legt sich der Ahorn einen „Vorrat“ für den Winter an: Stamm und Äste saugen alle Nahrung, alle Säfte auf. Das Gelbe in den Blättern ist die ganze Zeit da gewesen, wir haben es nur nicht gesehen. Sogar ein bisschen Rot war in den Blättern. Wenn der Ahorn sich aus den Blättern versorgt hat, fangen die Blattstiele an, sich von den Zweigen zu lösen. Und eines Tages schwebt das erste Herbstblatt zur Erde. Da, wo es am Zweig gesessen hat, ist nur noch eine kleine Narbe. Aber hinter der Narbe liegt schon jetzt ein klitzekleines Blatt und wartet auf den Frühling. Das ist gut zu wissen, finde ich. Christina Björk und Lena Andersen Der Herbst Ich bin, das lässt sich nicht bestreiten, die herbste aller Jahreszeiten: raue Winde, scharf wie Säbel, welke Wälder, graue Nebel. Die Vögel klagen leise, leise und gehen auf die Winterreise. Dann lischt die Sommersonne aus. Holt eure Gummischuhe raus! Mascha Kal.eko 195 Durch das Jahr Das Gewicht der Schneeflocke „Es schneit“, sagte der Wolf. „Was du nicht sagst, Gevatter“, brummte der Bär. „Mehr als tausend Schneeflocken“, sagte der Fuchs, „aber auf meinem Pelz spüre ich sie überhaupt nicht!“ „Sie schmelzen auf meiner Hasennase“, sagte der Hase und dann fügte er noch nachdenklich hinzu: „Man spürt sie nicht. Doch sie haben ein Gewicht!“ „Eine Schneeflocke wiegt weniger als nichts“, knurrte der Wolf. „Und sie hat keine Kraft“, brummte der Bär. „Aber sie wiegt doch etwas und sie hat auch Kraft“, sagte der Hase. Die Tiere gerieten in Streit, ob eine Schneeflocke etwas wiegt oder nicht. „Wir wollen die Schneeflocken zählen, die da auf den alten, dicken Ast fallen“, sagte der Hase. „Da wird man ja sehen, ob eine Schneeflocke Gewicht hat.“ Der Bär und der Wolf lachten so laut, dass es durch den ganzen Wald schallte. Aber weil sie gerade nichts Besseres zu tun hatten, zählten sie mit: Eins . . . zwei . . . drei . . . vier . . . fünf . . . sechs . . . sieben . . . Als sie bei zweitausendachthundertsiebenundsechzig angekommen waren, machte es plötzlich „Krach“ und der dicke, mächtige Ast brach ab. „Der Hase hat Recht“, knurrte der Wolf, und sogar der Bär wunderte sich über die Kraft der Schneeflocken. Fredrik Vahle 196 Schneezauber Schneeverhangen die Tannen, brechend unter der Wucht. Nebel spinnen und spannen sich um Pfade und Schlucht. Knackt ein Ast nur zuzeiten, fern ein Vogelruf schallt, sonst kein Laut in den Weiten, im verzauberten Wald. Lulu von Strauß und Torney Blankes Eis überm Bach Blankes Eis überm Bach – ein gläsernes Dach. Munter, hellwach das Bächlein darunter. Wie es singt! Immerfort! Ich versteh ab und zu fast ein Wort. Josef Guggenmos Warum bilden sich Eiszapfen? Wenn es lange schneit, liegt auf den Dächern eine Schneedecke. Die Wärme im Haus bringt die unterste Schneeschicht zum Schmelzen. Das Wasser tropft an den Seiten herunter. An der kalten Luft wird es zu Eis. Ein Tropfen friert am nächsten fest und ein Eiszapfen entsteht. 197