Mesotheliom bei einer Ziege - Zurich Open Repository and Archive
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Mesotheliom bei einer Ziege - Zurich Open Repository and Archive
University of Zurich Zurich Open Repository and Archive Winterthurerstr. 190 CH-8057 Zurich http://www.zora.uzh.ch Year: 2009 Ultraschallbefunde bei einer Ziege mit Aszites infolge Mesotheliom Braun, U; Irmer, M; Steininger, K; Schade, B Braun, U; Irmer, M; Steininger, K; Schade, B (2009). Ultraschallbefunde bei einer Ziege mit Aszites infolge Mesotheliom. Schweizer Archiv für Tierheilkunde, 151(8):397-400. Postprint available at: http://www.zora.uzh.ch Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich. http://www.zora.uzh.ch Originally published at: Schweizer Archiv für Tierheilkunde 2009, 151(8):397-400. Ultraschallbefunde bei einer Ziege mit Aszites infolge Mesotheliom 1 2 3 1 U. Braun, 1M. Irmer, 1K. Steininger, 2 B. Schade 1 Klinik für Wiederkäuer und 2 Institut für Veterinärpathologie der Universität Zürich 4 5 6 7 8 Zusammenfassung 9 Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die klinischen, sonographischen und pathologisch- 10 anatomischen Befunde bei einer Ziege mit Mesotheliose zu beschreiben. Die Ziege zeigte als 11 Hauptbefund ein massiv dilatiertes Abdomen. Weitere abnorme Befunde waren ein gestörtes All- 12 gemeinbefinden, Abmagerung, Untertemperatur und erhöhte Herzfrequenz. Die Ultraschall- 13 untersuchung ergab eine massive Ansammlung von echoarmer Flüssigkeit im gesamten Abdomen 14 und knotige Veränderungen auf Peritoneum, Netz und Psalteroberfläche. Basierend auf den 15 sonographischen Befunden wurde die Diagnose Aszites, vermutlich infolge tumoröser Erkrankung 16 gestellt, und die Ziege wurde euthanasiert. Die pathologisch-anatomische Untersuchung bestätigte 17 diesen Verdacht. Die histologische Untersuchung ergab, dass es sich bei den tumorösen 18 Veränderungen um ein Mesotheliom handelte. 19 20 Schlüsselwörter: Ziege, Aszites, Sonographie, Tumor, Mesotheliom 21 22 Ultrasonographic findings in a goat with ascites due to a mesothelioma 23 The aim of this case report was to describe the clinical, ultrasonographic and postmortem findings in 24 a goat with a mesothelioma. The most striking clinical sign was marked bilateral distension of the 25 abdomen caused by ascites. Other signs included abnormal general condition, weight loss, 26 hypothermia and increased heart rate. Ultrasonographic examination revealed accumulation of a 27 massive amount of hypoechoic fluid in the abdominal cavity and nodular lesions on the peritoneum, 28 omentum and wall of the omasum. Based on the clinical and ultrasonographic findings, a tentative 29 diagnosis of ascites attributable to neoplasia was made, and the goat was euthanized. Postmortem 30 examination confirmed the diagnosis, and based on the results of histological examination, a 31 mesothelioma was diagnosed. 32 33 Keywords: goat, ascites, ultrasonography, tumour, mesothelioma 34 35 Einleitung 36 Mesotheliome sind primäre Tumoren des Peritoneums oder der Pleura, die von der Serosa ausgehen 37 und bei Mensch und Tier vorkommen (Barker, 1993). Die Mesotheliose wurde auch bei 38 Wiederkäuern beschrieben, unter anderem bei Rind (Wolfe et al., 1991; Pizarro et al., 1992; Renner 39 und Ruager, 1993; Tammen et al., 1994; Braun et al., 2004; Takasu et al., 2006), Schaf (Brown und 40 Weaver, 1981) und Ziege (McCullagh et al., 1979; Krametter et al., 2004). Mit einer Ausnahme 41 (Wolfe et al., 1991) handelte es sich immer um Einzelfälle. Mehrere Autoren haben auch die 42 sonographischen Befunde von Rindern (Wolfe et al., 1991; Milne et al., 2001; Braun et al., 2004) mit 43 Mesotheliose beschrieben. Typisch sind eine massive Ansammlung von echoarmer Flüssigkeit im 44 Abdomen und/oder im Thorax und knotige Veränderungen auf dem Netz und/oder dem Peritoneum. 45 Bei einer Ziege mit Mesotheliom wurden echogene Massen auf der Pansen- und Haubenwand 46 gefunden (Krametter et al., 2004). Die beim Rind typischen knotigen Veränderungen wurden bisher 47 bei der Ziege nicht sonographisch beschrieben. Es war deshalb das Ziel der vorliegenden Arbeit, 48 solche Veränderungen bei einer 10-jährigen Bündner Strahlenziege zu beschreiben, um einen Beitrag 49 zur Diagnostik des Mesothelioms am lebenden Tier zu leisten. 50 51 Vorbericht und klinische Befunde 52 Die Ziege stammte aus einem Betrieb mit 12 Milchziegen im Kanton Graubünden, der frei von CAE 53 war. Dem Besitzer war aufgefallen, dass das Tier seit einiger Zeit erschwerte Atmung, verminderte 54 Fresslust, Schwäche und Grössenzunahme des Abdomens zeigte. Die Milchleistung war komplett 55 zurückgegangen. Die Ziege war nicht trächtig. Laut Vorbericht war sie vor drei Wochen letztmals 56 entwurmt worden. Da die zugezogene Tierärztin keine Diagnose stellen konnte, wurde das Tier zur 57 Untersuchung in die Klinik eingeliefert. Das Allgemeinbefinden war mittelgradig gestört, die Ziege 58 knirschte mit den Zähnen und trippelte mit den Hinterbeinen. Die Fresslust war stark reduziert. Die 59 Ziege war sehr mager. Die rektale Temperatur war mit 37.9 °C erniedrigt, die Herzfrequenz mit 132 60 Schlägen pro Minute erhöht. Die Herzauskultation war jedoch unauffällig, und es wurden keine 61 Zeichen einer Herzinsuffizienz wie gestaute Jugularvenen und Ödeme festgestellt. Die Atemfrequenz 62 war mit 24 pro Minute normal. Die Auskultation der Lunge ergab beidseits mittelgradig verstärkte 63 vesikuläre Atemgeräusche. Die Pansenmotorik war stark reduziert und der Pansen war leicht gebläht. 64 Der Kot war gebällt und hart. Das auffälligste Symptom war ein beidseitig hochgradig ausgeprägtes 65 dilatiertes Abdomen (Abb. 1). Die Untersuchung von Harn und Pansensaft war unauffällig. An den 2 66 übrigen Organen wie Zentralnervensystem, Klauen und Euter wurden keine abnormen Befunde 67 erhoben. 68 69 Blutbefunde und Kotparasitologie 70 Die hämatologische und biochemische Untersuchung einer Blutprobe und die Durchführung einer 71 venösen Blutgasanalyse waren, abgesehen von einer leichtgradigen Hypokalzämie, 72 Hypophosphatämie und Hypomagnesämie, unauffällig. Bei der parasitologischen Untersuchung einer 73 Kotprobe wurden Trichostrongyliden- und Trichuris-Eier sowie Protostrongyliden-Larven 74 festgestellt. 75 76 Ultraschallbefunde und Diagnose 77 Die Ultraschalluntersuchung, welche den Thorax und das Abdomen umfasste, ergab eine massive 78 Ansammlung von echoarmer Flüssigkeit im gesamten Abdomen (Abb. 2). Alle Organe schwammen 79 im Abdominalerguss. Auf dem Peritoneum und dem grossen Netz waren echogene, zum Teil knotige 80 Veränderungen vorhanden. Ähnliche Veränderungen waren auf der Psalteroberfläche zu sehen. An 81 der Leber und ihren Gefässen sowie der Vena cava caudalis konnten keine auf eine Stauung 82 hinweisende Veränderungen gesehen werden. Das Bauchhöhlenpunktat war hell und trüb. Sein 83 spezifisches Gewicht betrug 1028 und der Proteingehalt 30 g/l. Bei der Ultraschalluntersuchung des 84 Thorax konnte die Lunge kaum dargestellt werden, da sie durch das Zwerchfell weit nach kranial 85 verdrängt war. Basierend auf den sonographischen Befunden wurde die Diagnose Aszites, vermutlich 86 infolge tumoröser Erkrankung gestellt. Aufgrund der knotigen Veränderungen bestand Verdacht auf 87 eine Mesotheliose, da analoge Veränderungen wenige Jahre vorher bei einer Kuh mit Mesotheliose 88 festgestellt worden waren (Braun et al. 2004). Die Ziege wurde infolge infauster Prognose 89 euthanasiert und seziert. 90 91 Pathologisch-anatomische Befunde 92 Bei der Eröffnung des Abdomens kam es zum Abfliessen von ca. 15 Litern einer übelriechenden, 93 gelb-roten, mit Fibrin durchsetzten Flüssigkeit (Abb. 3). Das Peritoneum, das grosse Netz und der 94 Psalter wiesen multiple knotige Veränderungen mit einem Durchmesser von wenigen mm bis zu 95 einem cm auf (Abb. 4). Die Brusthöhle enthielt ca. einen Liter einer klaren, rötlichen Flüssigkeit, 96 durchsetzt mit wenigen Fibrinfetzen. Histologisch bestanden die Zubildungen aus einzelnen oder in 97 kleineren Verbänden liegenden, grossen, kubischen Zellen mit eosinophilem, wenig vakuolisiertem 98 Zytoplasma, umgeben von einem gut vaskularisierten bindegewebigen Stroma (Abb. 5 A und B). Die 3 99 grossen, pleomorphen und hyperchromatischen Zellkerne beinhalteten häufig zwei Nukleolen. 100 Doppelkernige neoplastische Zellen waren regelmässig zu sehen, Mitosen hingegen äusserst selten. 101 Hinweise auf ein infiltratives Wachstum lagen nicht vor. Immunhistochemisch stellten sich diese 102 Tumorzellen positiv für Zytokeratin (Monoclonal Mouse Anti-Human, Clone MNF 116, DAKO, 103 Denmark) und Vimentin (Monoclonal Mouse Anti-Cow, Clone: Vim 3B4, DAKO, Denmark) dar 104 (Abb. 5 C und D). Aufgrund sämtlicher Befunde wurde die Diagnose Mesotheliom gestellt. 105 106 Diskussion 107 Die Ultraschalluntersuchung erwies sich im vorliegenden Fall diagnostisch und prognostisch als 108 wertvoll. Mit ihrer Hilfe konnten der Aszites und die knotigen Veränderungen im Abdomen exakt 109 dargestellt werden. Diese Befunde erlaubten die Verdachtsdiagnose einer tumorösen Erkrankung. Ein 110 nicht entzündlicher Aszites aufgrund anderer Ursachen (Braun, 1997; Milne et al., 2001) wie Rechts- 111 herzinsuffizienz, Vena-cava-caudalis-Thrombose oder Kompression und portale Hypertonie konnte 112 aufgrund der klinischen und sonographischen Befunde ausgeschlossen werden. Bei einer 113 Rechtsherzinsuffizienz wären die Jugularvenen gestaut gewesen, bei einer Kompression oder 114 Obstruktion der Vena cava caudalis wäre diese auf dem Ultraschallbild oval oder rund und dilatiert 115 gewesen und bei einer portalen Hypertonie wären im Leberparenchym Veränderungen zu sehen 116 gewesen und die Portalvene wäre dilatiert gewesen. Nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen 117 werden konnte ein entzündlicher Aszites aufgrund einer Peritonitis, da das Punktat leicht trüb war. 118 Allerdings sprachen das Fehlen von Fieber, Leukozytose, Hyperproteinämie und 119 Hyperfibrinogenämie nicht für eine primär entzündliche Erkrankung. Neben einem Mesotheliom 120 wurden auch andere Tumoren wie Karzinome und Sarkome (Barker, 1993), Serosentuberkulose und 121 Fettgewebsnekrose in Betracht gezogen. Zur weiteren Abklärung hätte ohne grossen Aufwand noch 122 eine Biopsie unter Ultraschallkontrolle entnommen werden können. Da der Zustand des Tieres jedoch 123 schlecht und die Prognose aufgrund der Tumorknoten ungünstig war, wurde darauf verzichtet. 124 125 Literatur 126 Barker, I. K.: Neoplastic diseases of the peritoneum. In: Pathology of Domestic Animals, Vol 2. 4th 127 edn. Eds. K. V. F. Jubb, P. C. Kennedy, N. Palmer. Academic Press, San Diego, 1993, 443-445. 128 129 130 131 Braun, U.: Nicht entzündlicher Aszites. In: Atlas und Lehrbuch der Ultraschalldiagnostik beim Rind. Ed. U. Braun. Paul Parey, Berlin, 181-188. Braun, U., Gerspach, C., Metzger, L., Ziegler-Gohm, D.: Ultrasonographic findings in a cow with ascites due to a mesothelioma. Vet. Rec. 2004, 154: 272-274. 4 132 Brown, P. J., Weaver, A. D.: Malignant mesothelioma in a lamb. Vet. Rec. 1981, 109: 59. 133 Krametter, R., Bagó, Z., Floeck, M., Baumgartner, W.:Abdominal mesothelioma in a goat. New Z. Vet. 134 135 136 137 138 139 140 J. 2004, 52: 293-296. McGullagh, K. G., Mews, A. R., Pinsent, P. J. N.: Diffuse pleural mesothelioma in a goat. J. Vet. Pathol. 1979, 16: 119-121. Milne, M. H., Mellor, D. J., Barrett, D. C., Fitzpatrick, J. L.: Observations on ascites in nine cattle. Vet. Rec. 2001, 148: 341-344. Pizarro, M., Brandau, C., Sanchez, M. A., Flores, J. M.: Immunocytochemical identification of a bovine peritoneal mesothelioma. J. Vet. Med. A 1992, 39, 476-480. 141 Renner, J. E., Ruager, J.: Mesotheliose bei einer Kuh. Dtsch. Tierärztl. Wschr. 1993, 100: 369-370. 142 Takasu, M., Shirota, K., Uchida, N., Iguchi, T., Nishii, N., Ohba, Y, Maeda, S., Miyazawa, K., Murase, 143 144 145 146 T., Kitagawa, H.: Pericardial mesothelioma in a neonatal calf. J. Vet. Med. Sci. 2006, 68: 519-521. Tammen, F. C., Von Elling, U., Tammen, C., Fiedler, H. H., Stöber, M.: Schwere Geburtsbehinderung beim Rind durch Bauchfell-Mesotheliose des Kalbes. Tierärztl. Prax. 1994, 22: 121-123. Wolfe, D. F., Carson, R. L., Hudson, R. S., Boosinger, T. R., Mysinger, P. W., Powe, T. A., Claxton, 147 M. S., Angel, K. L.: Mesothelioma in cattle: Eight cases (1970-1988). J. Amer. Vet. Med. Assoc. 148 1991, 199: 486-491. 149 150 Korrespondenzadresse 151 Ueli Braun, Departement für Nutztiere, Winterthurerstrasse 260, CH-8057 Zürich, E-mail: 152 [email protected]; Fax: ++41 44 63 58 904 5 153 Legende zu den Abbildungen 154 Abbildung 1 : 10-jährige Bündner Strahlenziege mit hochgradig dilatiertem Abdomen infolge 155 Mesotheliom-bedingtem Aszites. 156 157 Abbildung 2 : Sonographische Befunde im Abdomen einer Ziege mit Aszites infolge Mesothelioms. 158 Die Ultraschalluntersuchung erfolgte im 10. Interkostalraum rechts mit einem 5-MHz- 159 Linearschallkopf. Die Leber und der Psalter sind von echoarmer Aszites-Flüssigkeit umgeben. Die 160 Psalterwand enthält knotige Veränderungen, welche sich bei der histologischen Untersuchung als 161 Mesotheliom herausstellten. 1 Bauchwand, 2 Aszites, 3 Leber, 4 Psalter, 5 Knotenförmige 162 Veränderungen in Psalterwand, Ds Dorsal, Vt Ventral. 163 164 Abbildung 3 : Sektion einer Ziege mit Aszites infolge Mesothelioms. Bei der Eröffnung des 165 Abdomens fliessen ca. 15 Liter einer gelb-roten, mit Fibrin durchsetzten Flüssigkeit ab. 166 167 Abbildung 4 : Sektion einer Ziege mit Aszites infolge Mesothelioms. Die Organe des Bauchraums, 168 hier der Psalter, weisen multiple knotige Veränderungen mit einem Durchmesser von wenigen mm 169 bis zu einem cm auf. 170 171 Abbildung 5 : Histologische Schnitte des Peritoneums mit zentral gelegenen neoplastischen Zellen (A 172 und B, Hämatoxilin-Eosin) sowie ihre positive (rot) immunhistologische Reaktion auf Zytokeratin 173 (C) und Vimentin (D). 6