und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 01 / 2016

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und Spätaussiedlerfragen Rundschreiben 01 / 2016
Landesbeirat für Vertriebenen-,
Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen
Rundschreiben 01 / 2016
www.landesbeirat.nrw.de
Landesbeirat für Vertriebenen-,
Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen
Rundschreiben 01 / 2016
Liebe Leserinnen und Leser,
nein, es ist noch nicht vorbei. Das haben die Diskussionen
in der Sondersitzung des Landesbeirates am 5. Februar
und in der regulären Sitzung am 9. März gezeigt. Die Verunsicherung unter vielen Spätausgesiedelten durch Einflussnahme von außen – Stichworte russische Medien
und rechtsradikale Parteien – ist bedenklich, und sie hält
an. Für mich als Vorsitzender des Landesbeirates und
Integrations-Staatssekretär bedeutet dies, dass ich mich
gerade in diesen Tagen hinter die Selbstorganisationen
der Spätausgesiedelten stelle, und das sind neben der
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland die beiden
Jugendorganisationen und die vielen Vereine in NRW. Mit
denen können und wollen wir arbeiten.
Viele von Ihnen wissen, dass unsere Gesellschaft auch
viele Aussiedler aus Polen aufgenommen hat. Wir haben
das Jubiläum 25 Jahre deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag in 2016 zum Anlass genommen, die Integration
der bei uns lebenden Polinnen und Polen zu analysieren.
Das zentrale Ergebnis unserer kürzlich veröffentlichten
Studie: Menschen polnischer Herkunft sind in NordrheinWestfalen überdurchschnittlich gut integriert. Meine Bewertung ist klar: Die Integration der aus Polen stammenden Menschen in NRW ist eine Erfolgsgeschichte. Das
zeigen beispielsweise die Daten zur Bildung und Qualifikation, zur Arbeitslosigkeit und Inanspruchnahme von
öffentlichen Transferzahlungen, wie etwa die Hilfe zum
Lebensunterhalt. In allen diesen Bereichen schneiden
Menschen mit polnischem Migrationshintergrund überdurchschnittlich ab. Dies ist besonders erfreulich, weil die
564.000 Menschen polnischer Herkunft in NRW eine der
größten Zuwanderungsgruppen bilden, über die aber wegen ihrer guten Integrationserfolge öffentlich kaum gesprochen wird. Damit wird deutlich, dass die Gruppe der
Menschen mit polnischem Hintergrund ähnlich groß ist
wie die der Spätausgesiedelten. Hier hatten wir ja 2013
eine Zahl von rund 620.000 ermittelt. Auch die Integration
der Deutschen aus Russland war insgesamt positiv bewertet worden.
Die erste Ausgabe des Rundschreibens erscheint aus technischen Gründen leider erst nach Ostern. So wünsche ich
Ihnen heute einen schönen Frühlingsanfang. Möge das
Wiedererwachen der Natur Ihnen und uns die Kraft geben
für eine gute Integrationsarbeit!
Herzlichst,
Ihr Thorsten Klute
Staatssekretär für Integration im Ministerium für
Arbeit, Integration und Soziales und
Vorsitzender des Landesbeirates für Vertriebenen-,
Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen
Inhaltsverzeichnis
1
Kurz notiert
6
2
Wettbewerbe / Projektförderung / Stellenangebote /
Stipendienprogramme 23
3
Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen /
Bildungsangebote
26
4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer
Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
36
5
Veröffentlichungen
64
6
Anlagen
72
1
Kurz notiert
1
Kurz notiert
Aussiedlerzahlen im Jahr 2015 in Nordrhein-Westfalen
Im Jahr 2015 sind in Nordrhein-Westfalen insgesamt 1.300
Aussiedler (einschließlich Familienangehörige) aufgenommen worden. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren
es 1.257 Personen.
Hier die Aufnahmezahlen nach Herkunftsländern:
Ehemalige UdSSR
1.289
Republik Polen
9
Rumänien
2
Sonstige
0
Gesamt
1.300
Aufnahmezahlen bundesweit
In der Bundesrepublik sind im Jahr 2015 insgesamt 6.118
Aussiedler (einschließlich Familienangehörige) aufgenommen worden. Im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren
es 5.649 Personen.
Ehemalige UdSSR
Republik Polen
Rumänien
Sonstige
Gesamt
6.096
13
7
2
6.118
(Bundesverwaltungsamt)
(Kompetenzzentrum für Integration -KfI-)
Aufnahmezahlen vom 1.1. bis 29.2.2016 bundesweit
Aussiedlerzahlen vom 1.1. bis 31.3.2016
in Nordrhein-Westfalen
In der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. März 2016 sind in
Nordrhein-Westfalen insgesamt 289 Aussiedler (einschließlich Familienangehörige) aufgenommen worden. Im
gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 220 Personen.
Hier die Aufnahmezahlen nach Herkunftsländern:
Ehemalige UdSSR
288
Republik Polen
1
Rumänien
0
Sonstige
0
Gesamt
289
(Kompetenzzentrum für Integration -KfI-)
6
In der Bundesrepublik sind in der Zeit vom 1. Januar bis
zum 29. Februar 2016 insgesamt 836 Aussiedler (einschließlich Familienangehörige) aufgenommen worden. Im
gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 689 Personen.
Ehemalige UdSSR
Republik Polen
Rumänien
Sonstige
Gesamt
834
2
0
0
836
(Bundesverwaltungsamt)
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Die Kommunalen Integrationszentren (KI) sind das Herzstück des 2012 verabschiedeten Teilhabe- und Integrationsgesetzes NRW. Die ersten KI haben 2013 ihre Arbeit
aufgenommen. Zu den Aufgaben zählen beispielsweise die
Koordinierung von Querschnittsaufgaben und Sprachangeboten, die interkulturelle Schul- und Unterrichtsentwicklung, Orientierungshilfen für junge Migrantinnen und
Migranten im Schul- und Ausbildungssystem, die Unterstützung von sogenannten Brückenkitas in Flüchtlingsheimen, die die Integration von Flüchtlingskindern in die
Regelkitas vorbereiten sollen, und die Begleitung und
Qualifizierung von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern.
Minister Rainer Schmeltzer. Foto: MAIS / G. Protze
50. Kommunales Integrationszentrum des Landes im
Kreis Coesfeld eröffnet
Das Land fördert die Arbeit der Kommunalen Integrationszentren mit jährlich rund 10 Millionen Euro. Das Integrationsministerium finanziert in jedem KI mit 170.000
Euro 3,5 Personalstellen. Aus dem Etat des Schulministeriums werden jeweils zusätzlich zwei Lehrerstellen,
wobei eine Lehrerstelle rund 50.000 Euro entspricht, zur
Verfügung gestellt. Außerdem fördert das Land eine landesweite Koordinierungsstelle zur Unterstützung der KI.
Schulministerin Sylvia Löhrmann und Integrationsminister Rainer Schmeltzer haben im Kreis Coesfeld das
50. Kommunale Integrationszentrum in NRW eröffnet.
„Mit den 50 Kreisen und kreisfreien Städten haben wir
jetzt eine nahezu flächendeckende Struktur aufgebaut, mit
der wir die Angebote zur Integration der zugewanderten
Menschen in den Kommunen koordinieren. Viele Bundesländer beneiden uns um diese starken Partner in der kommunalen Integrationsarbeit, da sie eine Bündelung aller
Integrationsangebote vor Ort ermöglichen und die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe unterstützen“, sagte Schmeltzer
in Lüdinghausen.
Beide Minister betonten, dass die Bedeutung der Kommunalen Integrationszentren angesichts der aktuellen
Flüchtlingszuwanderung noch einmal gewachsen ist.
Deshalb erhalten die KI aus dem aktuellen Landesprogramm „KOMM-AN NRW“, das für die Jahre 2016 und
2017 mit jeweils rund 13 Millionen Euro ausgestattet ist,
Geld für zusätzliche Personalstellen. Mit den Maßnahmen
aus dem Programm KOMM-AN werden auch die Wertevermittlung und die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe unterstützt. So können beispielsweise Treffpunkte für Flüchtlinge eingerichtet oder auch mehrsprachige Informationsbroschüren für Flüchtlinge erstellt werden.
Ministerin Löhrmann sagte: „Integration ist eine gemeinschaftliche Aufgabe, mit Bildung als wichtigem Schlüsselelement für eine erfolgreiche gesellschaftliche Teilhabe.
So ist das Erfolgsrezept der Kommunalen Integrationszentren denkbar simpel: Integration muss vor Ort als
Bildungs- und Querschnittsaufgabe gestaltet werden. Es
sind die vielen engagierten Menschen in den Kommunen,
die diesen Leitsatz durch ihre Arbeit mit Leben füllen und
damit Perspektiven für viele Zuwanderinnen und Zuwanderer schaffen. Ihnen allen gebührt an dieser Stelle mein
großer Dank.“
Weitere Infos zu den Kommunalen Integrationszentren finden Sie im Internet unter: www.mais.nrw und
www.kommunale-integrationszentren-nrw.de
Ministerin Löhrmann und Minister Schmeltzer:
Darum beneiden uns andere Bundesländer
(Mitteilung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung
und des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales
vom 12.2.2016)
Ministerin Löhrmann und Minister Schmeltzer freuten sich,
dass sich der Kreis Coesfeld, der als ländlicher Kreis im
Münsterland einen vergleichsweise niedrigen Migrantenanteil hat, nun auch zur Einrichtung eines Kommunalen
Integrationszentrums entschlossen hat: „Ausschlaggebend
waren sicher die guten Erfahrungen in Nachbarkreisen
und nicht zuletzt die Flüchtlingszuwanderung, die dem
Thema Integration noch einmal einen zusätzlichen Schub
gegeben hat.“
7
1
Kurz notiert
Landesbeirat für Vertriebene: Düsseldorfer Erklärung
In einer Sondersitzung hat der Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen NordrheinWestfalen unter Vorsitz von Integrationsstaatssekretär
Thorsten Klute über die aktuelle Stimmung bei Deutschen
aus Russland beraten. Im Nachgang zu dieser Sitzung haben die Deutschen aus Russland im Landesbeirat mit den
Mitgliedern der Vorstände der Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland, LMDR e.V., VIRA e.V. und des
Jugendverbandes JSDR e.V. die folgende „Düsseldorfer
Erklärung“ abgegeben:
Düsseldorfer Erklärung der Deutschen aus Russland
im Landesbeirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen Nordrhein-Westfalen, von Mitgliedern
der Landesvorstände der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland, LMDR e.V., VIRA e.V. und des Jugendverbandes JSDR e.V. sowie von weiteren Funktionsträgern
der Deutschen aus Russland in Nordrhein-Westfalen: Die
Ereignisse um die angebliche Vergewaltigung eines russlanddeutschen Mädchens aus Berlin-Marzahn und die
folgenden Demonstrationen vor allem gegen Flüchtlinge
haben speziell die Deutschen aus Russland auch in Nordrhein-Westfalen tief betroffen gemacht und erheblich irritiert. Die Verunsicherung hält an. Mit dieser „Düsseldorfer
Erklärung“ möchten wir im Nachgang zur Sondersitzung
des Landesbeirates für Vertriebenen-, Flüchtlings- und
Spätaussiedlerfragen unter Vorsitz von Herrn Integrations-Staatssekretär Thorsten Klute am 5. Februar 2016
Politik, Medien, Kirchen und die Öffentlichkeit über Folgendes informieren:
Wir bekräftigen:
Die überwiegende Mehrheit der Deutschen aus Russland in Nordrhein-Westfalen sind gesetzestreue Mitbürger-
innen und Mitbürger, gut integriert, und schätzen es sehr, dass wir in einem freiheitlichen, demokratischen Rechtsstaat leben.
Wir lehnen jeglichen Verstoß gegen die Werte unseres Grundgesetzes und andere Rechtsvorschriften ab.
Wir treten deshalb entschieden jeglicher Form von Het- ze, Hass und Gewalt gegen Ausländer einschließlich der „neuen“ Flüchtlinge entgegen. Dies schließt im Beson- deren die Ablehnung der unsäglichen Propaganda über
russische Medien, das Internet und soziale Netzwerke ein.
Wir verurteilen jegliche Form der Zusammenarbeit mit rechtsradikalen Kräften.
8
Wir bitten:
Es fehlt uns an Anerkennung für unseren Beitrag zur
politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung unseres Landes. Die Gesellschaft möge anerkennen, dass wir fleißige, anständige und hilfsbereite Mitbürgerinnen und -bürger sind, die sich auch bei der Integration der „neuen Flüchtlinge“ engagieren. Es ist notwendig, dass nicht nur wir auf andere zugehen, sondern dass auch auf uns zugegangen wird.
Die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung, aber auch in der Katholischen und Evangelischen Kirche so-
wie in den öffentlichen Einrichtungen auf Bundes-,
Landes- und lokaler Ebene sollten erkennen, dass ihre Maßnahmen zur Unterstützung der Integration von Deutschen aus Russland einschließlich der politischen Bildung nicht nur beibehalten, sondern ausgebaut wer-
den müssen.
Aus unserer Sicht sollte verstärkt untersucht werden, wie bestimmte Kreise versuchen, Einfluss auf die Spät-
ausgesiedelten und ihre Organisationen zu erlangen, wer den Hass wie steuert und von dessen Entstehen pro- fitiert.
Wir halten es für falsch, wenn verschiedene Medien „die“ Deutschen aus Russland „in einen Topf“ werfen und den Eindruck vermitteln, wir wären alle Helfer der russischen Regierung in Deutschland und würden sogar mit rechts-
radikalen Kräften zusammenarbeiten. Wir wünschen uns
eine differenzierte Berichterstattung, die auch unsere erfolgreiche und wichtige Integrationsarbeit vor Ort ein-
schließt. In diesem Zusammenhang regen wir nochmals einen Journalistenpreis zu diesem Thema an. Besonders die öffentlich-rechtlichen Sender sollten überlegen, Pro-
gramme und Beiträge mit den Deutschen aus Russland
aufzulegen. Es sollte mehr mit uns und nicht nur über uns gesprochen werden.
Wir danken der Landesregierung und den anwesenden
Landtagsabgeordneten dafür, dass wir uns in der Sondersitzung zu dem Thema austauschen und eindeutig positionieren konnten. Wir bleiben im Gespräch und werden die
Umsetzung unserer Bitten im Landesbeirat und an anderer Stelle thematisieren und besonders an deren Realisierung verstärkt mitarbeiten.
Übersetzung ins Russische unter:
www.landesbeirat.nrw.de/materialien/LBR3_ru.pdf
Weitere Informationen unter:
www.landesbeirat.nrw.de/
Rundschreiben Nr. 1
Fremde Federn: Thorsten Klute und Jochen Welt –
was wir von der Aussiedlerpolitik lernen können
Lange Zeit galt Deutschland als einwanderungs- und integrationspolitischer Nachzügler. Auch das Staatsangehörigkeitsrecht musste sich den Vorwurf gefallen lassen,
ethnonational und ausgrenzend zu sein. Heute können wir
feststellen: All das ist passé! International vergleichende
Studien stellen sogar übereinstimmend fest, dass Deutschland bei der Integration seiner Einwanderer weiter als andere Länder ist. Der Abstand zur alteingesessenen Bevölkerung bei Bildung, Arbeit und Einkommen ist geringer,
und auch die Einbürgerung ist keine unüberwindbare Hürde mehr. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen
für Integration und Migration schlussfolgert entsprechend,
Deutschland habe, „ohne groß darüber zu sprechen, ein
fortschrittliches migrationspolitisches Instrumentarium
(für Drittstaatsangehörige) entwickelt, das mit dem allgemein als vorbildlich eingestuften kanadischen Einwanderungsregime ohne Weiteres Schritt halten kann“.
Gibt es eine Einwanderergruppe, die exemplarisch für Integrationserfolge steht und von der man für die heute anstehende Herausforderung der Eingliederung von Flüchtlingen lernen kann? Ja, die gibt es – an sie wird nur viel zu
selten erinnert, auch weil sie sich nahezu geräuschlos in
die Gesellschaft einfügte. Die Rede ist von den Aussiedlern
und Spätaussiedlern. Seit dem Beginn ihrer Aufnahme im
Jahr 1950 sind 4,5 Millionen – einschließlich der Familienangehörigen – nach Deutschland eingewandert, allein seit
1990 rund 2,5 Millionen. Laut NRW-Teilhabe- und Integrationsbericht liegt ihre Erwerbstätigenquote mit 76,5 %
sogar über jener der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Auch die berufliche Qualifikation ist beeindruckend:
74,5 % haben eine abgeschlossene Berufsausbildung oder
einen Hochschul- oder Meisterabschluss.
Wie sind solche Resultate möglich? Was ist das Geheimnis
dieser Erfolgsgeschichte? Dass die Aussiedler Deutsch gesprochen hätten, taugt als Erklärung jedenfalls nicht. Tatsächlich war Russisch spätestens von den neunziger Jahren an die Muttersprache der meisten, gerade auch der
Jüngeren. Auch kamen viele Jugendliche eher unfreiwillig
nach Deutschland, wurden gegen den eigenen Willen von
ihren Eltern mitgenommen, in ein Land, das ihnen kaum
als Heimat erschien, und hatten somit zunächst erschwerte Voraussetzungen für den Start.
Zwar beruhte die Aufnahmebereitschaft Deutschlands auf
der Annahme gemeinsamer kultureller Wurzeln, doch waren diese gerade bei Jugendlichen oft kaum noch vorhanden. Gleichwohl war genau diese Annahme die Basis dafür,
die Aussiedler von Beginn an und ohne Einschränkung als
„zugehörig“ zu betrachten und sie in einmaliger Art und
Weise bei Spracherwerb, Qualifizierung und sozialer Inte-
April 2016
gration zu fördern. Es gab dazu auch unmissverständliche
gesetzliche Vorgaben. In § 7 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge heißt es:
„Spätaussiedlern ist die Eingliederung in das berufliche,
kulturelle und soziale Leben in der Bundesrepublik
Deutschland zu erleichtern. Durch die Spätaussiedlung
bedingte Nachteile sind zu mildern.“
Die Eingliederung der Aussiedler und Spätaussiedler kostete damals Milliarden DM. Aber es war gut angelegtes
Geld. In Form von Steuern und Abgaben ist seitdem ein
Vielfaches davon wieder zurückgeflossen. Es gab staatliche
Hilfen bei der Unterbringung in Übergangswohnheimen,
bei der Wohnraumversorgung und der Erstausstattung
der Wohnungen, es gab Sprach- und schulische Fördermaßnahmen, passgenaue Hilfen bei der beruflichen Eingliederung, Kredite zur Förderung einer selbstständigen
Erwerbstätigkeit und die Einbeziehung in die Sozialversicherung.
Ein Programm ragt aus den vielen Hilfen heraus: der bundesfinanzierte Garantiefonds. Mit ihm wurden junge Aussiedler bis zum vollendeten 27. Lebensjahr gefördert, aber
auch jüdische Kontingentflüchtlinge und Asylberechtigte.
Angeboten wurden Intensivsprachkurse, Nachhilfeunterricht, Umschulungen, Fortbildungen und zahlreiche berufliche Integrationsmaßnahmen. Für den Garantiefonds
standen allein von 1990 bis 1992 1,5 Milliarden DM zur Verfügung. Für die jungen Menschen öffnete er das Tor in
unsere Gesellschaft. Sie haben es ihr durch Fleiß und
Leistungsbereitschaft gedankt.
Einen umfassenden integrationspolitischen Ansatz wie
damals für die Aussiedler brauchen wir auch heute für
junge Flüchtlinge mit Bleibeperspektive in Deutschland.
Natürlich ist jede Einwanderergruppe anders, wie jeder
Mensch anders ist. Aber Unterschiede, etwa der Religion,
verlieren dann an Trennendem, wenn die aufnehmende
Gesellschaft den Flüchtlingen mit Bleibeperspektive von
Beginn an „Zugehörigkeit“ anbietet. Wenn wir die Flüchtlinge, die hier sind und hier bleiben, umfassend fördern
und sie zugleich auffordern, ihre Talente zu entwickeln und
einzubringen, dann kann auch ihre Integration zu einer Erfolgsgeschichte werden. Zu einer Erfolgsgeschichte, auf
die wir einst mit dem gleichen Stolz zurückblicken können,
wie wir jetzt auf die Integration der Aussiedler und Spätaussiedler schauen. Ein Garantiefonds 2.0, angepasst an
die heutige Situation, das könnte etwas sein. Wenn wir
jetzt die Weichen richtig stellen, dann kann auch die aktuelle Zuwanderung unser Land stärken, verjüngen und damit zukunftssicherer machen.
9
1
Kurz notiert
Thorsten Klute (SPD) ist Staatssekretär im Ministerium für
Arbeit, Integration und Soziales in Nordrhein-Westfalen,
Jochen Welt (SPD) war von 1998 bis 2004 Beauftragter
der Bundesregierung für Aussiedlerfragen.
Öffentliche Transferzahlungen als überwiegende Quelle
für den Lebensunterhalt spielen bei Personen polnischer
Herkunft eine geringere Rolle (10,2 %) als bei Personen
mit Migrationshintergrund insgesamt (15,5 %).
(F.A.Z. vom 22.12.2015, Gastbeitrag von Thorsten Klute
(SPD), Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Integration
und Soziales in Nordrhein-Westfalen und Jochen Welt
(SPD) war von 1998 bis 2004 Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und ist heute Geschäftsführer der Otto Benecke Stiftung e.V.)
Hintergrundinformationen:
Staatssekretär Klute: Die Integration der Polen in
NRW ist eine Erfolgsgeschichte
Menschen polnischer Herkunft sind in Nordrhein-Westfalen
überdurchschnittlich gut integriert. Dies ist das zentrale
Ergebnis einer Studie, die Integrationsstaatssekretär
Thorsten Klute in Düsseldorf zum 25-jährigen Jubiläum
des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages vorgestellt hat.
„Die Integration der aus Polen stammenden Menschen in
NRW ist eine Erfolgsgeschichte“, sagte Klute, „das zeigen
beispielsweise die Daten zur Bildung und Qualifikation, zur
Arbeitslosigkeit und Inanspruchnahme von öffentlichen
Transferzahlungen, wie etwa die Hilfe zum Lebensunterhalt.“ In allen diesen Bereichen schneiden Menschen mit
polnischem Migrationshintergrund überdurchschnittlich
ab. „Dies ist besonders erfreulich“, so Klute weiter, „weil
die 564.000 Menschen polnischer Herkunft in NRW eine
der größten Zuwanderungsgruppen bilden, über die aber
wegen ihrer guten Integrationserfolge öffentlich kaum gesprochen wird.“
Die Untersuchung zeigt im Vergleich zur Bevölkerung mit
Migrationshintergrund insgesamt bei den Menschen polnischer Herkunft eine günstigere Bildungs- und Qualifikationsstruktur. Sie sind seltener ohne allgemeinbildende
Abschlüsse (3,9 % bei polnischer Herkunft im Vergleich
zu 13,7 % bei Migrationshintergrund insgesamt). Bei der
Fachhochschul- oder Hochschulreife liegen sie mit 37,8 %
dagegen vor den Menschen mit Migrationshintergrund
insgesamt (31,5 %).
Auch bei den beruflichen Abschlüssen liegen Menschen
polnischer Herkunft weit vorne: 56,7 % verfügen über eine
abgeschlossene Berufsausbildung, aber nur 38,6 % der
Menschen mit Migrationshintergrund allgemein. 22,5 %
der Bevölkerung mit polnischem Migrationshintergrund
dagegen sind ohne abgeschlossene Berufsausbildung,
aber 43,5 % der Migrantinnen und Migranten insgesamt.
Zudem ist ihre Erwerbstätigenquote mit 70,6 % sehr hoch.
10
Bei der Neuzuwanderung aus der EU sind die Menschen aus Polen die größte Gruppe; bei 173.361 Neuzuwanderungen aus der EU im Jahr 2014 stammten 45.518 Men-
schen aus Polen. Nach den Menschen mit türkischer Herkunft (21 %) bilden die Menschen polnischer Her-
kunft mit 13,6 % die größte Gruppe der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund. Auch im Vergleich zu den rund 49.000 Asylbewerberinnen und -bewerbern im Jahr 2014 zeigt sich die zahlenmäßig große Bedeutung der aus Polen nach NRW gekommenen Menschen.
Datenbasis für diese in ihrer Aktualität bundesweit ein-
zigartige Auswertung durch IT.NRW als Statistisches Landesamt ist der Mikrozensus Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2014.
Der „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit“ wurde 1991 durch die Parlamente ratifiziert.
Der Landtag hatte die Landesregierung Ende 2014 be-
auftragt, den Nachbarschaftsvertrag zu evaluieren. Die Studie des Integrationsministeriums ist ein erster Bei-
trag hierzu.
Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute ist auch
Ansprechpartner der Landesregierung für die Belange der in NRW lebenden Menschen mit polnischem Hinter-
grund sowie Ko-Vorsitzender des Ausschusses für
interregionale Zusammenarbeit der Deutsch-Polnischen Regierungskommission für grenzüberschreitende und interregionale Zusammenarbeit.
Die Studie im Netz: www.mais.nrw
unter: https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.
de/broschuerenservice/mais/zur-integration-vonmenschen-polnischer-herkunft-in-nordrheinwestfalen/2123
(Pressemitteilung des Ministeriums für Arbeit, Integration
und Soziales vom 26.1.2016)
Rundschreiben Nr. 1
Der neue Adel im „gefährlichsten Staat der Welt“
Der russische Geheimdienstfachmann Soldatow erklärt,
warum Enthüller vom Typ Snowdens in seinem Land
keine Chance hätten. (Gerhard Gnauck)
Manchmal gibt Deutschland Rätsel auf. Das größte EUMitgliedsland steht für die Geheimdienste Russlands im
Zentrum ihrer Aufmerksamkeit. Etwa drei Millionen Menschen sind seit 1989 aus der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten zugewandert. Deutschland hat Tausende von
Osteuropa-Experten. Die deutschen Geheimdienste warnen seit Jahren verstärkt vor Spionage aus Russland und
China. Aber es gibt in Deutschland, anders als in den meisten Ländern des „alten Westens“, an Hochschulen und
Denkfabriken keinen einzigen Experten für die russischen
Geheimdienste. Auch Medien und Buchverlage mieden
(bis Anfang 2016, bis zum „Fall Lisa“) dieses Thema weitgehend.
Das kann verschiedene Gründe haben. In der Zeit der Männerfreundschaft Schröder - Putin galt es nicht als fein, sich
mit diesem Thema zu befassen – obwohl man in deutschen
Zeitungen schon zu Putins erster Amtszeit lesen konnte,
dass dieser reihenweise Geheimdienstleute in Spitzenpositionen hievte. Wenn das Thema in anderen Ländern auftauchte, etwa mit dem Auffliegen des Agentenrings um
Anna Chapman in Amerika, reagierte die deutsche Öffentlichkeit reflexartig mit James-Bond-Folklore. Erst als die
deutschen Behörden 2013 entschieden, mit einem seit 20
Jahren aktiven russischen Agentenpärchen (ihr Pseudonym: Anschlag) auch einmal einen hiesigen Fall öffentlich
zu machen, hat sich die Optik etwas verändert. Und erst
die Bürgerproteste in Russland gegen Wahlfälschungen haben bildschirmtauglich gezeigt, was man eigentlich auch
vorher wissen konnte: dass das Land auch innenpolitisch
den Rückwärtsgang eingeschlagen hat, zurück in den Geheimpolizeistaat.
Die russischen Dienste haben, anders als die westlichen,
tatsächlich noch die Vorsilbe „Geheim-“ verdient. Wer sich
über ihre Entwicklung ein Bild machen will, muss sich vor
allem auf zwei Russen stützen. Die Moskauer Journalisten
Andrej Soldatow und Irina Borogan, beide heute Ende 30,
haben früh begonnen, sich auf dieses Thema zu spezialisieren – bereits 2000, im Jahr des Amtsantritts Wladimir
Putins. Beide trennten sich damals von ihrem einstigen
Arbeitgeber, der „Iswestija“, und gründeten die Internetseite „agentura.ru“. Damals war in Russland noch mehr
möglich als heute. Inzwischen sind die beiden die im Ausland meistzitierten russischen Fachleute zu diesem Thema.
April 2016
Russland – ein Geheimpolizeistaat? Zu diesem Schluss
kommen Soldatow und Borogan in ihren Publikationen.
Besonders eindrucksvoll ist dies in ihrem schon 2010
veröffentlichten Buch nachzulesen, das zuerst auf Englisch erschien: „The New Nobility“ (Der neue Adel. Die
Restauration des russischen Sicherheitsstaates und das
nachwirkende Erbe des KGB). Es bietet einen Abriss der
Entwicklung in den zwei Jahrzehnten seit dem Ende der
Sowjetunion. Das ist keine Kreml-Astrologie: Die Geheimdienste, ihre politischen Auftraggeber, die Legislative, die
Kritiker, die Medien – sie alle in Russland äußern sich hin
und wieder zum Thema. Die Autoren zitieren penibel offene Quellen und hin und wieder auch eigene, verdeckte.
Es ist ein beklemmendes Bild. Zwar hat man in der Ära
Jelzin durch Aufspaltung des alten KGB „checks and
balances“ angestrebt und daher verschiedene Dienste
geschaffen, um eine Rückkehr der totalitären Diktatur und
ihrer Machtzentralisierung zu verhindern. Von heute aus
betrachtet, muss man sagen: Der Plan ist misslungen. Im
Jahr 2000 wechselte der langjährige KGB-Hauptamtliche
Putin, zuletzt Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB (Föderaler Sicherheitsdienst), in den Sessel des Staatspräsidenten. Seitdem hat der FSB einen enormen Machtzuwachs erfahren: Durch Eingliederung anderer Einheiten
wuchs er von 80.000 auf heute vermutlich 350.000 hauptamtliche Mitarbeiter. Damit ist er pro Kopf der Bevölkerung
größer als der KGB in den Zeiten der Diktatur. Er darf
inzwischen auch im Ausland tätig werden. Viel kleiner ist
dagegen der eigentliche Nachrichtendienst SWR.
Ein neuer Adel? Zumindest dem Selbstverständnis und
dem gesellschaftlichen Gewicht nach ist diese Aussage
berechtigt. Sie stammt von einem, der es wissen muss:
Putins Nachfolger im Amt des FSB-Chefs, Nikolaj Patruschew, sagte schon 2000 in einer Rede vor seinen Untergebenen, sie alle vereine „ihr Dienstethos. Sie sind, wenn
Sie so wollen, unser neuer Adel.“ Untersuchungen der
russischen Elite haben ergeben, dass von den 1.000
wichtigsten Personen im Staat schon in den ersten zwei
Amtszeiten Putins, je nach Zeitpunkt, bis zu 78 % frühere
hauptamtliche Geheimdienstler waren. Seitdem sind viele
Spielfilme und Dokudramen entstanden, die das Bild von
NKWD, KGB und den anderen Diensten als historischer
Elite Russlands in der Gesellschaft festigen sollen.
11
1
Kurz notiert
Heute warnen kritische Beobachter, etwa Putins früherer
Wirtschaftsberater Andrej Illarionow oder der polnische
Russlandexperte Andrzej Nowak, in keinem Land seien
die Geheimdienste so mächtig wie im einstigen Kernland
der Sowjetunion. Während jedoch früher der KGB klar der
Partei untergeordnet war, fehle heute diese übergeordnete Instanz. „Russland ist heute der gefährlichste Staat
der Welt“, sagt Nowak, der an der Universität Krakau Geschichtsprofessor ist. „Es ist der einzige Staat, der de facto
von den Geheimdiensten regiert wird.“
Wie es dazu kommen konnte, haben Soldatow und Borogan
beschrieben. Die 90er-Jahre waren eine Zeit der Enthüllungen über die Praktiken des KGB, der neuen Versuchungen, die zu großer Korruption auch in den Geheimdiensten
führten, und chaotischer Zustände in weiten Bereichen
des Staates. Das alles hat sich zentralisiert: Jetzt wird
größtenteils von oben entschieden, wer korrupt sein darf
und gegen wen enthüllt wird. Zugleich wurde die Macht
der Dienste per Gesetz erweitert.
Soldatow sieht beim Machtzuwachs der Geheimen eine
große Rolle des Tschetschenien-Konflikts, der „für sich
genommen größten Herausforderung“ der Dienste. Bis in
die ersten Jahre der Putin-Ära zeigte sich der Staat immer
wieder extrem verwundbar. Zum einen durch Terrorismus,
zum anderen durch Internetseiten, auf denen tschetschenische Rebellen ihre Erfolge verkündeten. 2002 hackten
dann erstmals russische Studenten (aus Tomsk) die wichtigste Website der Tschetschenen; der örtliche FSB billigte
öffentlich ihr Vergehen. Seitdem, so Soldatow, sind immer
wieder russische Hacker und Cyber-Krieger aufgetreten –
gegen kaukasische Rebellen, gegen unliebsame Medien,
gegen Oppositionsgruppen wie die des Schachweltmeisters Garri Kasparow, sogar – wenn es im „russischen
Interesse“ lag – gegen verwundbar scheinende Staaten
wie Litauen und Estland. Die Geheimdienste hätten sich
derweil bedeckt gehalten – nur selten wurden die Querverbindungen sichtbar –, aber auf geschickte Weise „erreichten sie ihre weiter gesteckten Ziele“.
Bald traten die Dienste immer dreister auf. Im Oktober
2012 wurde der russische Oppositionelle Leonid Raswoschajew, der in der Ukraine Asyl beantragen wollte, vor
dem Kiewer Büro des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge
von vier Männern in ein Auto gezerrt. Zwei Tage später
war er im Gefängnis – in Moskau; dort sitzt er offenbar bis
heute. Raswoschajew berichtete aus der Haftanstalt, die
Entführer hätten gedroht, ihm Frau und Kinder zu ermorden.
12
Leider enthält das Buch nicht viel über die Aktivitäten der
Geheimdienste im Ausland. Mit einer Ausnahme: Eine
besonders enge Zusammenarbeit verbindet die russischen Dienste mit jenen der zentralasiatischen Diktaturen.
Da Regimegegner aus diesen Ländern (bisher) gern in
Russland Zuflucht suchen, hatten die Diktatoren großes
Interesse daran, dort freien Zugriff zu bekommen. So
entstand im Rahmen der Shanghai-Staatengruppe die
„Regionale Antiterroristische Struktur“ (RATS). Inzwischen hat Russland den Partnerländern, Soldatow zufolge,
zahlreiche Oppositionelle überstellt, auch begonnen,
Anhänger der Falun-Gong-Sekte an China auszuliefern,
wo diese als Regimegegner verfolgt werden.
Und die Überwachung im Internet? Sie ist in Russland so
selbstverständlich wie die Verletzung des Bankgeheimnisses, über das Präsident Putin während einer Diskussion
mit Wirtschaftsführern einmal lakonisch sagte: „Gab es
das?“ Mit dem Internet lässt sich viel anfangen; ausgerechnet nach Beginn von Barack Obamas „Neustart“ der
Beziehungen zu Moskau tauchte im Netz ein Sex-Video
auf, das (angeblich) den US-Diplomaten Kyle Hatcher
zeigte. Seinem britischen Kollegen James Hudson erging
es genauso. Interessant die Reaktionen: Die Briten zogen
ihren Diplomaten ab; die Amerikaner verteidigten ihren
Mann gegen die „Verleumdungskampagne“ und stärkten
ihm den Rücken.
Im vorigen Jahr (2015) haben Soldatow und Borogan ein
neues Buch herausgebracht: „The Red Web. The Struggle
between Russia’s Dictators and the New Online Revolutionaries“ (Verlag PublicAffairs, New York). Darin behandeln sie, wie der Titel sagt, den Kampf des russischen Regimes um die Kontrolle des Internets. Auch dieses Buch
hat bisher keinen deutschen Verleger gefunden. Wie Soldatow auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft
für Osteuropakunde im März 2016 in Mainz berichtete,
habe es in Moskau Pläne gegeben, Russland vollkommen
vom ausländischen Internet abzutrennen. Als realistischere Variante habe man dann eine Teilsperrung in den Blick
genommen, wobei eine Reihe „harmloser“ Internetseiten
wie www.booking.com auf einer „weißen Liste“ ausgenommen werden sollten.
Wohin geht die Reise? Der Geist des FSB, sagt Soldatow,
„ist von sowjetischer und zarischer Geschichte geprägt:
misstrauisch, nach innen gewandt und clanartig. Aber die
Antworten auf neue Probleme können doch nicht in den
Lektionen der Vergangenheit liegen.“
Rundschreiben Nr. 1
Interview Andrej Soldatow
Gerhard Gnauck: Herr Soldatow, Sie haben schon 2010
ein wichtiges Buch über die russischen Geheimdienste
geschrieben. Haben deutsche Verlage Interesse bekundet?
Soldatow: Das Buch ist in Amerika, Russland, Estland,
Frankreich, Finnland, Großbritannien und China erschienen. Wir haben kein Signal, dass deutsche Verleger Interesse hätten. Das bedauern wir sehr. Eigentlich müsste
das Thema die deutschen Leser sehr interessieren, wenn
man die intensiven Kontakte zwischen Russland und
Deutschland bedenkt.
Gerhard Gnauck: Sie schreiben, die Dienste Russlands
müssten keine Angst vor einem „Whistleblower“ wie
Snowden haben, anders als die amerikanischen. Warum
ist das so?
Soldatow: Die absolut notwendige Bedingung, damit
„Whistleblower“ tätig werden können, sind unabhängige
und starke Medien. Ein Beispiel: Im Sommer 2010 entstand die Internetseite lubyanskayapravda.com, die offenbar von unzufriedenen Mitarbeitern des FSB betrieben
wurde. Dort waren sehr interessante FSB-Dokumente zu
sehen, darunter solche über Operationen des FSB in der
Ukraine und anderen GUS-Staaten. Die Internetseite existierte nur zwei Wochen – vermutlich deshalb, weil keine
einzige russische Zeitung sich entschloss, darüber zu
schreiben, obwohl die Autoren viele Zeitungen kontaktiert
hatten.
April 2016
DIE WELT: Wie groß ist bei Ihrer Arbeit Ihr Spielraum? Wo
endet er?
Soldatow: Wir finden, dass wir nur bestätigte Tatsachen
veröffentlichen sollten. Das Problem liegt darin, dass es
mit jedem Tag schwieriger wird, Informationen mithilfe
unabhängiger Quellen zu überprüfen. Diese Regel einzuhalten wird immer schwieriger. Deshalb wird der Informationsfluss über diese Geheimdienste immer dünner. Auch
wird es zunehmend schwerer, Publikationen zu finden, die
mit uns zusammenarbeiten wollen. Sogar die (Kremlkritische) „Nowaja Gaseta“ hat die Zusammenarbeit eingestellt. Damit jetzt etwas von uns erscheint, veröffentlichen wir es erst im Westen auf Englisch. Erst danach sind
russische Verlage bereit, das auf Russisch zu drucken.
Das ist sicherer.
DIE WELT: Wie finanzieren Sie Ihre Arbeit?
Soldatow: Wir arbeiten so wie viele Journalisten auf der
Welt, die keine feste Anstellung haben: Wir bekommen
Honorare für Texte in verschiedenen Medien.
(Gerhard Gnauck ist Osteuropa-Korrespondent der „Welt“
mit Sitz in Warschau)
Gerhard Gnauck: Bis 1989 haben die Geheimdienste des
Ostblocks gegen die Bundesrepublik sogenannte „aktive
Maßnahmen“ eingesetzt, Operationen zur Desinformation
der Öffentlichkeit. Gibt es das heute wieder?
Soldatow: Das kann man wohl annehmen. Zumindest hat
mir das Sergej Tretjakow erzählt, ein Oberst des Auslandsgeheimdienstes SWR, der sich 2000 in die USA abgesetzt
hat. Er sagte, die „aktiven Maßnahmen“ des KGB seien
lediglich umbenannt worden in „Operationen des Zusammenwirkens“ (operazii sodejstwija), aber der Inhalt sei
derselbe geblieben. Tretjakow hatte selbst solche Operationen geplant und durchgeführt, als er der SWR-Resident
bei der UNO in New York gewesen war.
13
1
Kurz notiert
Erneuter Anstieg der Zuzugszahlen – allerdings
deutlicher Rückgang der Anträge
Zu den Zugangszahlen deutscher Aussiedler im Jahr
2015 erklärt der Beauftragte der Bundesregierung für
Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut
Koschyk MdB:
Der Zuzug von Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen in die Bundesrepublik Deutschland hat sich das
dritte Jahr in Folge erhöht. Diese Entwicklung ist insbesondere auf das Zehnte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes zurückzuführen, das am 14.9.2013
in Kraft getreten ist. Durch die Gesetzesnovellierung wurden die Voraussetzungen für die Aufnahme als Spätaussiedler sowie die Familienzusammenführung bislang getrennter Spätaussiedlerfamilien wesentlich erleichtert.
Während im Jahr 2013 noch 2.427 Spätaussiedler und deren Familienangehörige aufgenommen wurden, waren es
in 2014 mit 5.649 Personen bereits mehr als doppelt so
viele. Im Jahr 2015 kamen im Vergleich zum Vorjahr mit
6.118 Personen nochmals rund 500 Personen mehr nach
Deutschland. Die führenden Herkunftsländer sind seit Jahren die Russische Föderation, Kasachstan und die Ukraine.
Mehr als 90 % (5.674) der Spätaussiedler kamen 2015
aus diesen Ländern.
Während sich die Zuzugszahlen weiter erhöht haben, hat
sich die Zahl der Anträge auf Aufnahme als Spätaussiedler, Ehegatte oder dessen Abkömmling – die i.d.R. vor einer Ausreise gestellt und bewilligt werden müssen – im
Vergleich zum Vorjahr erheblich reduziert. Wurden in 2014
noch 30.009 Anträge gestellt, waren es 2015 nur noch
18.011.
Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen
und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB
Diese Zahlenentwicklung bestätigt die Aussiedlerpolitik
der Bundesregierung und zeigt, dass der von uns 2013 mit
der Gesetzesänderung verfolgte Zweck, Familienzusammenführungen weiter zu erleichtern, erreicht wurde. Das
ist sehr erfreulich. Natürlich sind diese Zahlen nicht mehr
mit den früheren Aufnahmezahlen zu vergleichen; dennoch konnten wir in den letzten drei Jahren einen nicht
unerheblichen Anstieg der Zuzugszahlen verzeichnen.
Besonders positiv wirkt sich die Zuwanderung von Spätaussiedlern und ihren Familienangehörigen laut dem aktuellen Migrationsbericht 2014 (http://www.bamf.de/DE/
DasBAMF/Forschung/Ergebnisse/Migrationsberichte/
migrationsberichte-node.html) des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge auch auf die Altersstruktur der
Bevölkerung in Deutschland aus. Da die zuwandernden
Spätaussiedler relativ jung sind (77 % sind unter 45 Jahre)
federt der Zuzug deutscher Aussiedler die demografische
Entwicklung in Deutschland ab.
Spätaussiedler nehmen nicht nur hoch motiviert die vielfältigen Integrationsangebote wahr. Sie engagieren sich
auch für die Integration anderer Zuwanderergruppen im
Bund der Vertriebenen und der Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland. So stehen gerade viele als Berater und ehrenamtliche Betreuer der Migrationsberatung,
aber auch als Lotsen, Paten und Mentoren allen Zugewanderten als Ansprechpartner zur Verfügung. Angesichts der
vielen Flüchtlinge, die derzeit zu uns kommen, sind wir
auf diese Erfahrung und auf dieses Engagement dringend
angewiesen.
(Pressemitteilung des BMI vom 13.1.2016)
14
Rundschreiben Nr. 1
Bundeskabinett beschließt Weiterentwicklung der
Förderkonzeption nach § 96 Bundesvertriebenengesetz
Koschyk würdigt insbesondere die Verbesserungen für
Aussiedler und Deutsche Minderheiten
Die Bundesregierung hat am 24.2.2016 auf Vorschlag der
Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
(BKM) die vorgelegte „Weiterentwicklung der Konzeption
zur Erforschung, Bewahrung, Präsentation und Vermittlung
der Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen
Europa nach § 96 Bundesvertriebenengesetz (BVFG),
Deutsche Kultur und Geschichte im östlichen Europa:
Erinnerung bewahren – Brücken bauen – Zukunft gestalten,“ beschlossen. Sie kommt damit einem Auftrag aus
dem Koalitionsvertrag nach.
Nach § 96 BVFG haben Bund und Länder den gesetzlichen
Auftrag, das Kulturgut der historischen deutschen Ostgebiete und der deutschen Siedlungsgebiete im östlichen
Europa im Bewusstsein der Vertriebenen und Flüchtlinge,
des gesamten deutschen Volkes und des Auslandes zu erhalten. Zu dieser wichtigen kulturpolitischen Aufgabe gehört die Förderung von Archiven, Museen und Bibliotheken, Wissenschaft und Forschung sowie von Projekten der
kulturellen Vermittlung. Der vorliegende Entwurf, der jetzt
dem Deutschen Bundestag zugeleitet wird, entstand in
enger Abstimmung mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten,
Hartmut Koschyk MdB.
April 2016
Bundesbeauftragter Koschyk würdigte weiter, dass die
angestammten verbliebenen Deutschen Minderheiten
nunmehr ausdrücklich als Träger deutscher Kultur im östlichen Europa und in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion sowie als Brückenbauer zwischen
Deutschland und ihren Heimatstaaten anerkannt worden
sind. Mit der Beauftragten für Kultur und Medien hat er
vereinbart, die Diskussion um etwaige Anknüpfungspunkte und Synergieeffekte zwischen den unterschiedlichen
Bundesförderungen zugunsten deutscher Minderheiten im
Ausland, die derzeit in Verantwortung des Bundesministeriums des Innern, des Auswärtigen Amtes und der BKM
umgesetzt werden, fortzusetzen.
Als eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft bezeichnete Bundesbeauftragter Koschyk die verbesserte
Abstimmung und Zusammenarbeit der Selbstorganisationen der Deutschen Minderheiten und der jeweiligen
Landsmannschaften der Heimatvertriebenen in der Bundesrepublik Deutschland. „Dieses gewaltige Potenzial ist
bei Weitem noch nicht ausgeschöpft“, so der Bundesbeauftragte.
(Mitteilung des BMI vom 24.2.2016)
Bundesbeauftragter Koschyk hob insbesondere hervor,
dass durch die Weiterentwicklung endlich die seit dem
Epochenjahr 1989/90 verstärkt in die Bundesrepublik
Deutschland gekommenen Aussiedler, v.a. aus Polen,
Rumänien und den Nachfolgestaaten der früheren Sowjetunion, angemessen in den Blick genommen werden. Das
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold, wo private Initiative bereits reiche Früchte hervorgebracht hat, soll in die Lage versetzt werden, als museale
Institution seine Beziehungen in die Ursprungsregionen
auszuweiten, sich wissenschaftlich weiter zu vernetzen
und seine wachsenden Aufgaben der Bewahrung und der
Präsentation russlanddeutscher Kultur und Geschichte in
Deutschland wahrzunehmen. Dank des Einsatzes von Bundesbeauftragtem Koschyk und weiteren Parlamentariern
der Koalitionsfraktionen konnte in den Haushaltsberatungen im Herbst 2015 auch Vorsorge für einen Einstieg in
die Bundesförderungen getroffen werden. Der gewachsenen Bedeutung der Aussiedler kommt der Bund nunmehr
auch mit drei neu geschaffenen Kulturreferenten-Stellen
nach, jeweils eine für die Deutschen aus Russland, die
Oberschlesier und die Siebenbürger Sachsen.
15
1
Kurz notiert
„Russlanddeutsche in Deutschland – Herausforderungen und Ziele“
Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltung
„70 Jahre nach Kriegsende – Russlanddeutsche
gestern und heute“
In der Veranstaltung „70 Jahre nach Kriegsende – Russlanddeutsche gestern und heute“, die von der Deutschen
Gesellschaft e.V. in Kooperation mit der Vertretung des
Freistaates Thüringen beim Bund, des Bundesministeriums des Innern und der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland organisiert wurde, nahm der Beauftragte der
Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, nach seinem einleitenden Grußwort an der Podiumsdiskussion „Russlanddeutsche in Deutschland – Herausforderungen und Ziele“
teil. Mit ihm diskutierten unter der Moderation von Prof.
Dr. Victor Dönninghaus, stellv. Direktor am Institut für
Kultur und Geschichte der Deutschen in Nordosteuropa in
Lüneburg, der Botschafter der Russischen Föderation in
Deutschland, Wladimir Grinin, der Bundesvorsitzende der
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland, Waldemar Eisenbraun, sowie die Leiterin des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte Detmold, Dr. Katharina
Neufeld.
Bundesbeauftragter Koschyk bekräftigte zu Beginn der
Podiumsdiskussion die Politik der Bundesregierung, dass
es auch künftig die persönliche Entscheidung eines jeden
einzelnen Russlanddeutschen sein soll, nach Deutschland
auszusiedeln oder in seiner Heimat zu verbleiben. In beiden Fällen werde die Bundesregierung in Übereinstimmung
mit dem Willen des Bundestages Unterstützung leisten.
Die Integration der Aussiedlerinnen und Aussiedler in ihrer
neuen Heimat sei eine Erfolgsgeschichte. Der Fokus der
öffentlichen Diskussion verschöbe sich mehr und mehr
von den Fragen der Integration hin zur wachsenden Bedeutung der Brückenfunktion, welche sowohl die Russlanddeutschen in Deutschland, organisiert in der Landsmannschaft und anderen Vereinigungen, als auch die in der Heimat verbliebenen Angehörigen der deutschen Minderheiten in Russland und in den anderen Nachfolgestaaten der
früheren Sowjetunion mit ihren jeweiligen Selbstorganisationen mittlerweile ausüben.
Auf ausdrückliche Zustimmung Koschyks stieß die Aussage von Botschafter Wladimir Grinin, dass Integration nicht
Assimilation bedeuten sollte. Unter Verweis auf zahlreiche
Beispiele in Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft bezeichnete der Botschafter die Integration der Aussiedlerinnen
und Aussiedler als insgesamt erfolgreich. Deutsche wie
russische Unternehmen würden sehr stark von den Russlanddeutschen mit ihren Sprachkenntnissen und ihrem
16
Verständnis für beide Kulturen profitieren. Botschafter
Grinin plädierte daher nachdrücklich für ein verbessertes
Russisch-Angebot an deutschen Schulen, damit auch
nachgeborene Russlanddeutsche ihre russischen Sprachkenntnisse pflegen und weiterentwickeln können.
Der Vorsitzende der Landsmannschaft Waldemar Eisenbraun stellte in den letzten Jahren eine deutlich positivere
Wahrnehmung der Russlanddeutschen in der bundesrepublikanischen Gesamtöffentlichkeit fest. Deshalb könne
sich die Landsmannschaft nun, nachdem sie sich nicht
mehr länger unbegründeter Vorwürfe zu erwehren habe,
noch stärker der Vernetzung und der Brückenfunktion zuwenden. Eine stabile Brücke benötigte allerdings starke
Pfeiler, die fest in der Erde verankert seien. Für die Aussiedlerinnen und Aussiedler sei dieses die Bundesrepublik
Deutschland.
Museumsleiterin Dr. Katharina Neufeld betonte den Wert
der historisch-politischen Bildungsarbeit gerade für die
nachgeborenen Aussiedlergenerationen, die nur noch von
Erzählungen der Großeltern von den früheren Lebensbedingungen ihrer Vorfahren in der Sowjetunion erfahren.
Das von ihr geleitete Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold stelle die besondere, gleichzeitige Bikulturalität der Russlanddeutschen, die sowohl in der
deutschen wie auch in der russischen Kultur wurzelten,
dar und habe somit ein Alleinstellungsmerkmal in der ganzen Welt. Neufeld dankte Bundesbeauftragtem Hartmut
Koschyk und dessen Parlamentskollegen Heinrich Zertik
für deren Unterstützung für die für den Bundeshaushalt
2016 erstmalig bewilligte Bundesförderung für das Museum in Höhe von je 200.000 Euro in den kommenden
Jahren.
(Pressemitteilung des BMI vom 8.12.2015)
(v.l.n.r) Bundesbeauftragter Hartmut Koschyk MdB, S.E.
Botschafter Wladimir Grinin, Landsmannschaftsvorsitzender
Waldemar Eisenbraun, Museumsleiterin Dr. Katharina
Neufeld, Moderator Prof. Dr. Victor Dönninghaus. Foto: BMI
Rundschreiben Nr. 1
Heinrich Zertik trifft russlanddeutschen JuniorBoxweltmeister Jan Meiser im Deutschen Bundestag
April 2016
Meiser erklärte, dass ihn sein Weg zum Profiboxer „vor der
schiefen Bahn bewahrt hat“. Mit wolgadeutschen Wurzeln
wuchs der Profiboxer in Berlin-Hellersdorf auf, wo er als
10-Jähriger nach dem tragischen Tod seiner Mutter von seinem großen Bruder erzogen wurde.
Die schwierige Kindheit prägte Meiser und er drohte auf
die schiefe Bahn zu geraten. Aus diesem Umfeld holte Olaf
Pollex, Geschäftsführer der Pollex-Box-Promotion GmbH,
den talentierten Boxer heraus. Mit einem Managervertrag
gab er ihm in der Gemeinschaft seines Boxstalls Struktur,
ein geborgenes und professionelles Umfeld, und nahm ihn
erst unter Vertrag, nachdem er den Gesellenbrief seiner
Dachdecker-Ausbildung hatte. Meiser selbst sieht sich als
Vorbild für Jugendliche und den Boxsport als Alternative
zur Straße.
Heinrich Zertik MdB
Der erste russlanddeutsche Bundestagsabgeordnete,
Heinrich Zertik MdB, hat zusammen mit dem Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, Hartmut Koschyk MdB, den russlanddeutschen Profiboxer Jan Meiser im Deutschen Bundestag getroffen. Meiser kam als Sechsjähriger mit Mutter,
Großmutter und seinem älteren Bruder aus Kasachstan
nach Deutschland.
MdB Zertik und Bundesbeauftragter Koschyk dankten Jan
Meiser für sein Engagement für die Schüler der Berliner
Sonnen-Grundschule Neukölln und wünschten dem jungen russlanddeutschen Boxer auch weiterhin sportlichen
Erfolg. Jan Meisers Weg soll Menschen verschiedener Herkunft Mut machen und Ansporn sein, in Deutschland Fuß
zu fassen.
(Pressemitteilung von Heinrich Zertik MdB vom 8.2.2016)
Der 21 jährige Jan Meiser ist Juniorenweltmeister der WBO
im Mittelgewicht und ehemaliger zweifacher Junior-Weltmeister IBF und GBC Mittelgewicht, deutscher Meister im
Mittelgewicht und dreimal Berliner Meister (Amateur).
Meiser boxt seit seinem 9. Lebensjahr. Seit 2014 ist er Profiboxer und hat elf von elf Profikämpfen, davon fünf durch
K.-o.-Siege, gewonnen. Vorher hatte er von 25 Amateurkämpfen 23 gewonnen.
Seit einem Jahr engagiert sich der Profiboxer Jan Meiser
für junge Schüler der Neuköllner Sonnen-Grundschule, an
der sich zurzeit zahlreiche Familien der Grundschüler um
Verwandte aus Krisengebieten kümmern, die als Flüchtlinge nach Berlin kommen. Unter dem Motto „Integration
durch Sport“ spricht die Grundschule mit „Showtrainings“
die Kinder aller Klassenstufen an und begeistert sie frühzeitig für den Sport. Meiser hat auch ein Herz für Kollegen:
Die komplette Börse seines ersten WM-Fights spendete
er für den Krankentransport des Schwergewichtprofis
Dennis Boytsov von Berlin in eine Reha-Klinik in Hamburg.
(v.r.n.l.) Treffen im Bundestag. Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten,
Hartmut Koschyk MdB mit Jan Meiser, russlanddeutscher
Profiboxer, Heinrich Zertik MdB und der Geschäftsführer der
Pollex Box Promotion GmbH, Charlie Podehl. Foto: BMI
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1
Kurz notiert
5. Staffel JUMPin.NRW.
Die Bewerbungsfrist ist am 28.3.2016 abgelaufen!
JUMPin.NRW
JUMPin.NRW bietet den in das Programm aufgenommenen Jugendlichen Seminare, Studienfahrten, Praktika und
Begegnungen mit Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens
und erwartet im Gegenzug ehrenamtliches Engagement.
Das Projekt ermöglicht den Teilnehmenden, ihre überfachlichen Fähigkeiten auszubauen, das Demokratieverständnis zu schärfen und ihre Netzwerke zu erweitern.
„Reinspringen“ können junge Menschen mit Migrationsgeschichte zwischen 18 und 28 Jahren, ständigem
Wohnsitz in NRW und sozialem und gesellschaftlichem
Engagement.
JUMPin.NRW – 4. Staffel 2015 erfolgreich
abgeschlossen
Das Projekt JUMPin.NRW, durchgeführt von der OttoBenecke-Stiftung e.V., bietet ehrenamtlich engagierten
jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund aus NRW
ein umfangreiches Bildungsprogramm mit diversen Themenseminaren, Kontakten zu Politikern und ehrenamtlichen Initiativen sowie eine Studienfahrt nach Berlin und
Praktika.
Ende letzten Jahres empfing der Staatssekretär für Integration, Thorsten Klute, die Teilnehmenden der diesjährigen Staffel im Ministerium für Arbeit, Integration und
Soziales des Landes NRW. In einem angeregten Austausch
schilderten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Erfahrungen mit dem Programm: Es hat sie in vielfacher Hinsicht angeregt, ihr ehrenamtliches Engagement zukünftig
auszubauen. Die Themenseminare, wie z. B. Projektmanagement und Bewerbungstraining, empfanden sie als
sehr wertvolle Unterstützung in ihren verschiedenen Arbeitsbereichen. Die Teilnehmenden zeigten sich hocherfreut über die Möglichkeit, im Programm JUMPin.NRW
mitwirken zu können.
Staatssekretär Klute dankte den Teilnehmenden für ihr
Engagement und überreichte ihnen Zertifikate über die
erfolgreiche Teilnahme an dem einjährigen Projekt. Die
sehr gut miteinander vernetzte Gruppe hat sich vorgenommen, den Kontakt untereinander aufrechtzuerhalten
und sich gegenseitig weiter zu unterstützen.
Abschlussveranstaltung im MAIS mit Teilnehmenden der
4. Staffel von JUMPin.NRW
Das seit 2011 vom Ministerium für Arbeit, Integration und
Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAIS) geförderte und von der Otto-Benecke-Stiftung e.V. (OBS)
durchgeführte Projekt JUMPin.NRW richtet sich an junge
Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte im Alter
von 18 bis 28 Jahren, die ihren Lebensmittelpunkt in NRW
haben und sich gesellschaftlich und politisch interessieren
und engagieren.
(Dorothee Leufgen, Projektleitung)
18
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
„Wie vom Himmel geschickt“
Friedlandhilfe – ein zuverlässiger Ansprechpartner
der Deutschen aus Russland
Unzählige Orts- und Kreisgruppen der Landsmannschaft
und engagierte Spätaussiedler haben in den vergangenen
Jahren die Förderung der Friedlandhilfe in Anspruch genommen.
„Die Friedlandhilfe ist wie vom Himmel geschickt. Wir können ihr nicht oft genug danken; ohne ihre Unterstützung
würde so manche Veranstaltung, die der Integration der
Spätaussiedler dient, nicht zustande kommen. Keiner hat
uns in den vergangenen Jahren mehr geholfen als die Friedlandhilfe“, spricht Anna Glok, Vorsitzende der Ortsgruppe
Bochum der Landsmannschaft, zahlreichen Landsleuten
aus der Seele.
Die Friedlandhilfe fördert ehrenamtliches Engagement
und Maßnahmen, die die Eingliederung von Spätaussiedlern unterstützen, vornehmlich in den Bereichen Kultur,
Sport und Freizeit. Das geschieht in Zusammenarbeit mit
dem BMI und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Auch in Niedersachsen werden Jahr für Jahr zahlreiche
kulturelle und sportliche Veranstaltungen der Deutschen
aus der ehemaligen Sowjetunion von der Friedlandhilfe gefördert. Beim Adventsempfang Anfang Dezember 2015 im
Tagungshaus St. Clemens in Hannover überreichte die
Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft, Lilli Bischoff, dem Vorsitzenden des Vereins
Friedlandhilfe, Karl-Heinz Keudel, eine Ehrenurkunde und
die Katharinen-Medaille der Landsmannschaft als Ausdruck
der Dankbarkeit für die langjährige Unterstützung der Integrationsarbeit der Landsmannschaft.
Hilfsorganisation seit über 50 Jahren
In zentraler Funktion ist die Friedlandhilfe Bindeglied zwischen Spendern, Bundesregierung und Wohlfahrtsverbänden, um die Mittel für eine erste Versorgung bei wechselnden Spätaussiedlerzahlen sicherzustellen. Während die
Spenden nach wie vor für die Erstbetreuung der Aussiedler
im Grenzdurchgangslager Friedland eingesetzt werden,
handelt es sich bei den von der Friedlandhilfe verwalteten
Fördermitteln ausschließlich um Mittel aus dem Haushalt
des BMI, die zur Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements von Spätaussiedlern verwendet werden.
Mehr als 50 Jahre Friedlandhilfe und Spendeneinnahmen
von über 60 Millionen Euro seit der Gründung, dazu unzählige neue und neuwertige Sachspenden bestätigen, dass
die Idee der Gründungsväter auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Sie sind ein eindrucksvolles Zeichen mitmenschlicher Anteilnahme der bundesdeutschen Bevölkerung für
die heimkehrenden Landsleute. Auch im Jahr 2015 hat die
Friedlandhilfe wieder ca. 500.000 Euro an Betreuungsmitteln ausgeschüttet.
Die Friedlandhilfe mit Sitz im 1945 eingerichteten Grenzdurchgangslager Friedland wurde 1957 gegründet. Hunderttausende von Flüchtlingen, Vertriebenen und Heimkehrern
waren seit Kriegsende bereits aufgenommen worden, nun
kamen als neue Herausforderung die Aussiedler aus den
ost- und südosteuropäischen Staaten hinzu. Mittel der in
der Betreuungsarbeit stehenden Wohlfahrtsverbände aus
privaten Spenden und öffentlichen Zuwendungen gingen
zurück, sie reichten lediglich für die dringend notwendige
Erstversorgung der Eintreffenden. Diese Situation führte
zur Gründung der Friedlandhilfe mit dem Ziel, Geld- und
Sachspenden zur Erstbetreuung der Landsleute aus dem
Osten von allen Kreisen der Bevölkerung und Wirtschaft
zu erbitten und für deren umgehende und gerechte Verteilung durch die Wohlfahrtsverbände zu sorgen.
Seit der Geburtsstunde der Friedlandhilfe im Jahr 1957
war Johanne Büchting, der „Engel von Friedland“, Impulsgeberin und Organisatorin zugleich. Die heutige Ehrenvorsitzende nahm sich bereits 1954 der Menschen im Grenzdurchgangslager Friedland an. Ihr Bestreben galt nicht nur
der Organisation dieser Zufluchtsstätte, vielmehr stand
die menschliche Anteilnahme stets im Mittelpunkt ihres
Wirkens. Sie leistete auch moralischen und seelischen
Beistand, den viele nach den Fluchtstrapazen und dem
Verlust ihrer Heimat bitter benötigten. 1969 trat sie als
Schatzmeisterin in den geschäftsführenden Vorstand ein,
den sie später von 1978 bis 2000 leitete. 1979 erhielt
Johanne Büchting das Bundesverdienstkreuz am Bande
und 1996 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse.
19
1
Kurz notiert
Von Beginn an konzentrierte sich die Aufgabe der Friedlandhilfe nicht nur auf das Grenzdurchgangslager Friedland, sondern auch auf die anderen Erstaufnahmeeinrichtungen, etwa in Nürnberg, Gießen und Berlin-Marienfelde.
Nach der Wende wurden diese Lager, außer Friedland,
allmählich aufgegeben. Dafür wurden Aufnahmeeinrichtungen in Rastatt, Unna-Massen, Hamm, Empfingen,
Bramsche, Schönberg-Holm und Dranse geschaffen.
Je nach Lage der Weltpolitik war auch die Anzahl der eintreffenden Aussiedler starken Schwankungen unterworfen. Während z. B. 1974/75 nur 23.500 Personen zu betreuen waren, steigen die Zahlen im Zuge der Öffnung
zwischen Ost und West bis auf weit über 200.000 jährlich.
Ab 1988/89 war die Friedlandhilfe darum nicht mehr in
der Lage, ihre Arbeit ohne Zuwendungen des Bundes
durchzuführen.
Inzwischen ist das Grenzdurchgangslager Friedland alleinige Erstaufnahmeeinrichtung in Deutschland. Alle Spendenmittel der Friedlandhilfe gehen somit an die hier tätigen Wohlfahrtsverbände (Caritas, Deutsches Rotes Kreuz,
Diakonisches Werk). Der ehrenamtlich arbeitende Vorstand der Friedlandhilfe mit OStD a.D. Karl-Heinz Keudel
an der Spitze setzt sich zusammen aus Vertretern von
Wohlfahrtsverbänden. Mit Anna Welz von der Landesgruppe Niedersachsen ist auch die Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland repräsentiert.
Mehr zum Thema unter: www.friedlandhilfe.de
(VadW 01 / 2016)
20
Die Vorsitzende der Landesgruppe Niedersachsen der Landsmannschaft, Lilli Bischoff, überreicht dem Vorsitzenden des
Vereins Friedlandhilfe, Karl-Heinz Keudel, eine Ehrenurkunde
und die Katharinen-Medaille der Landsmannschaft.
Rundschreiben Nr. 1
Adolphe Binder wird neue Intendantin des Tanztheater
Wuppertal Pina Bausch
Wuppertal am 1. Februar 2016. Es geht heiter los im
Schauspielhaus auf der Kulturinsel am Wupperbogen. Die
Ministerin für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport
des Landes Nordrhein-Westfalen, Christina Kampmann,
begrüßt auf dem Podium zu ihrer Linken „die junge Dame
neben mir“. Die derart charmant Eingeführte muss herzlich auflachen: Adolphe (mit betontem auslautenden „e“)
Binder trägt offenes dunkelbraunes Haar, eine weiße Bluse
unter dem dunklen Nadelstreifen-Blazer. Die 46-jährige
gebürtige Kronstädterin strahlt, schmeichelfrei, Vitalität
und weibliche Eleganz aus, wirkt dynamisch, temperamentvoll, entschieden präsent. Bei dieser Pressekonferenz wird
Frau Binder, derzeit noch künstlerische Direktorin der
Danskompani an der Staatsoper in Göteborg, als designierte Intendantin der Tanztheater Wuppertal Pina Bausch
GmbH mit Tätigkeitsbeginn ab Mai 2017 vorgestellt; ähnlich einer Initiation soll sich eine neue Beziehung öffentlichkeitswirksam entfalten, dauerhaft und nachhaltig,
keine Frage.
„Wichtigstes Tanzensemble der Welt“
Auf die weihevollen „Vorschusslorbeeren“ erwidert Adolphe
Binder: „Ich freue mich tatsächlich, in mediterranere Gefilde zu ziehen aus dem hohen Norden – Göteborg ist die
regenreichste Stadt Skandinaviens – in die regenreichste
Stadt Deutschlands. Vor allen Dingen freue ich mich, das
kann ich kaum in Worte fassen, dieses unglaublich ikonenhafte, traditionsreiche und aus meiner Sicht wichtigste
Tanzensemble der Welt leiten zu dürfen.“ Dass sie, wiewohl ursprünglich dem Schauspiel zugeneigt, sich seit
nunmehr über 20 Jahren im Tanz engagiere, verdanke
sich im Wesentlichen „der Arbeit von Pina Bausch, dem
Sehen von Pina Bauschs Kunst“. Es sei ihr „immer eine
große Inspiration gewesen, mich an dem Mut und an der
Kraft, an der Neugierde, Offenheit und Weltoffenheit von
Pina Bausch zu erinnern“, die sie „zwei- oder dreimal persönlich getroffen“ habe …
Die Idee von Gemeinschaft gemeinsam neu definieren
Adolphe Binder ist 1969 in Kronstadt geboren, in der
burzenländischen Gemeinde Schirkanyen aufgewachsen
(der Ortsname wird erstmals 1235 in einer Papsturkunde
Gregor IX. als „Sarcam“ erwähnt), in Kronstadt zur Schule
gegangen. Ihre Großeltern hat sie nicht mehr kennengelernt; sie fielen nach dem Zweiten Weltkrieg der Russlanddeportation zum Opfer, starben getrennt voneinander in
sibirischen Arbeitslagern. Im Juni 1978 reist Adolphe Binder mit ihrer Familie – dem aus Kirchberg stammenden
April 2016
Vater Andreas Binder (von Beruf Dreher), Mutter Sieglinde,
geborene Zerbes (Schneiderin) und Bruder Erhard – nach
Deutschland aus. In Hannover studiert sie Literatur, Geschichte und Politik, arbeitet erst als Schauspieldramaturgin, später als Projektmanagerin des Kulturprogrammes
der Expo in Hannover, danach an der Komischen Oper
Berlin und zudem in ihrer 2004 in Berlin gegründeten, auf
die kreative Unterstützung und Realisierung von Kunstund Kulturprojekten spezialisierten Agentur BPB. Seit
2011 leitet sie an der Staatsoper in Göteborg die Danskompani, die Arbeitssprache ist Englisch. In einer Beziehung
lebend, wohnt und wirkt die künstlerische Direktorin und
Dramaturgin (der Deutschlandfunk bezeichnete sie in
einem Bericht fälschlich als „Marketing-Frau“ und „Managerin“) in der schwedischen Metropole, während ihr Vater
bei Hannover lebt. Ihre Mutter ist bereits 1998 verstorben.
Die elektronische Kontaktaufnahme zu der viel beschäftigten Künstlerin erweist sich als angenehm unkompliziert.
Die Siebenbürgische Zeitung ist ihr nicht nur ein Begriff,
sie genießt offensichtlich auch ihre Wertschätzung – keine
Selbstverständlichkeit in diesen Tagen, wo andernorts
„Lügenpresse, Lügenpresse!“ laut skandiert wird. Gerne
ist sie bereit, die nachfolgenden Fragen zu beantworten,
der knappen Ressource Zeit zum Trotz („Bei mir brennt
grad die Hütte. Es ist mir jedoch wichtig“).
„
Auf Ihrem Lebens- und Karriere-Weg von Kronstadt
nach Wuppertal liegen verschiedene europäische und
auch außereuropäische Stationen. Was hat sich die Künstlerin Adolphe Binder an Prägendem aus Siebenbürgen
bewahrt?
“
„Ich war 9 Jahre alt, als wir Siebenbürgen verließen. Ich
habe also meine prägenden Kinderjahre in Rumänien verbracht, zwischen Kronstadt und Schirkanyen. Ich bin als
Mensch, als Mädchen dort geformt und all das fließt in
mein Denken, meine Haltung und meine Reflexion, in sämtliche künstlerische Prozesse ein. Der Sinn von Zugehörigkeit und Empathie, Gerüche und Klänge, Mischung von
Kulturen und deren Einflüsse. Musik. Die Erinnerung an
Menschen (und deren hartes Leben). Das gespaltene Verhältnis zu Autorität in einer Diktatur, das Bewusstsein von
Einschränkung, von Freiheit und die Sehnsucht danach,
die Erfahrung und die Energie der Menschen um einen,
Verlust, Schmerz, Hoffnung. Auch die unterschwellige
Angst der Menschen und die Kontrolle. Der protestantische Fleiß und der Wille und Wunsch, etwas zu bewegen,
sich auszudrücken, unzensiert. Vor allem aber vielleicht
der Mut, in Neues, Unbekanntes zu gehen, gespeist aus
der Erfahrung, dass nichts bleibt, wie es ist, und alles
ständig fließt. Der Schmerz des Zurücklassens und der
anfänglichen Verlorenheit aller Migranten. Und sicher auch
eine Portion Dankbarkeit. All das fließt in mein ‚Schaffen‘
ein.“
21
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Kurz notiert
„ Im 7. Jahr nach dem Tod der Choreografin Pina Bausch
werden Sie ab Mai nächsten Jahres in Wuppertal ein legendäres Ensemble leiten. Was bewegt Sie vorausblickend
am stärksten bei dieser neuen Herausforderung? Welche
Akzente wollen Sie in Wuppertal setzen?
“
„Die Aufgabe und wunderbare Herausforderung wird sein,
den unglaublichen Schatz, den Pina Bausch über 40 Jahre
und mit ebenso vielen Stücken geschaffen hat, zu bewahren und auf hohem künstlerischen Niveau am Leben zu
erhalten und in die Zukunft zu bringen, damit das Œuvre
nicht verloren geht. Tanz als flüchtigste Kunstform existiert ja nur im Moment seiner Aufführung, umso wichtiger
ist dies. Es ist mir aber auch wichtig zu vergegenwärtigen,
dass Tradition jedoch vor allem das Weiterreichen der
Flamme ist, also des Geistes Pina Bauschs, die diese tolle
Bühnenkunst ermöglichte. Ihre Weltoffenheit, ihre Courage,
ihre Neugierde auf Neues und ihren Mut, andere Kunstformen zu umarmen. Auch ihre Unbedingtheit, zu dem zu
stehen, was sie für richtig hielt, anfänglich gegen viel
Unmut des Publikums. Diesen Esprit in der Öffnung der
Compagnie für andere Künstler und eine neue Ära neu
anzufachen, das ist sehr spannend. Auch im Hinblick auf
den Bau des Pina-Bausch-Zentrums. Die nationalen und
internationalen Tourneen werden ebenso eine Rolle spielen wie das Wiederentdecken ihrer Methodik, auch angesichts von Residenzen im Ausland.“
„ Wir erleben in Europa gegenwärtig, als Reaktion auf die
Flüchtlingsströme, eine Renaissance der Grenzen, ein
Wiedererstarken von Nationalismus und nationalem Egoismus. Davor genossen wir Reisefreiheit, nach dem Fall
des Eisernen Vorhangs und der Berliner Mauer. Die Vision
von einem Europa ohne Grenzen verblasst, Abschottung
nimmt zu. Mit welchen Sorgen, Hoffnungen, Erwartungen
betrachten Sie die aktuellen Entwicklungen?
“
„Ich habe mich in meinem Leben viel mit Grenzen und
deren Überschreitung auf allen Ebenen beschäftigt: im
Semantischen, Topografischen, Geschlechtlichen, Medizinischen, mit Biopolitik und ‚gated communities‘ und
anderem mehr. Ich arbeite derzeit mit Menschen in meiner Compagnie, die aus 17 Ländern kommen. Ich kann mir
nichts Bereichernderes vorstellen. Mein Leben war eines
von Grenzgängen und von Zwischenräumen, von Nomadentum und dem „weder hier noch dort“. Hier ist es, wo
Kreativität passierte.
22
Angst und Gier führen wieder zu mehr Verschlossenheit.
Ich finde vieles, was passiert und geschürt wird, sehr bedrohlich und versuche, Weltoffenheit und Durchlässigkeit
zu leben und auf die Bühne zu bringen. Migration und
Bewegung ist so alt wie die Menschheit, sie hat alle evolutionären Prozesse und Innovationen angestoßen. Die Welt
ist wieder in Bewegung, und es kommen neue Zeiten, andere Menschen, vieles wird sich verändern, man wird es
nicht verhindern und soll es auch nicht. Wir werden daran
wachsen, und das ist wunderbar. Viele werden Dinge und
überkommene Ideen loslassen müssen, auch die Idee des
Nationalstaats. Leben ist nur, wo Durchlässigkeit ist, wo
Sauerstoff, also Frischluft rein kann und Räume nicht hermetisch abgedichtet werden. Veränderung ist etwas
Positives. Man muss den Menschen die Angst vor dem
Fremden nehmen. Das ist sicherlich nicht einfach, aber
unabdingbar. Die Idee von Gemeinschaft muss gemeinsam neu definiert werden. Es ist eine riesige Herausforderung, aber wir müssen uns ihr anders stellen als durch
Abwehr.“
Uns bleibt nur, der herausgeforderten Künstlerin für ihre
neue Aufgabe in Wuppertal weiterhin fruchtbares Schaffen zu wünschen und dem neugierigen, weltoffenen Menschen Adolphe Binder ein kulturfreundliches Klima in einer
offenen und toleranten Gesellschaft.
(Aus Siebenbürgische Zeitung vom 25.2.2016
von Christian Schoger)
Rundschreiben Nr. 1
2
April 2016
Wettbewerbe / Projektförderung /
Stellenangebote / Stipendienprogramme
Abbau von Barrieren – eine Herausforderung für die
ganze Gesellschaft
Sozialminister Rainer Schmeltzer hat den Inklusionspreis NRW 2016 ausgeschrieben. Ein mit insgesamt
12.000 Euro dotierter Hauptpreis wird in der Kategorie
„Barrieren abbauen – Zugänge schaffen“ ausgelobt.
„Barrierefreiheit ist mehr als Rampen für Rollstuhlfahrer
und akustische Ampelsignale für Sehbehinderte“, sagte
Schmeltzer. „Barrierefreiheit ist vor allem auch eine Frage
der Einstellungen. Barrieren zu überwinden und Zugänge
zu schaffen, ist also eine Herausforderung für die ganze
Gesellschaft. Menschen mit Behinderungen müssen in
allen Lebensbereichen eine Chance auf echte Teilhabe bekommen. Nur dann werden wir mit Recht von einer inklusiven Gesellschaft sprechen können.“
Bewerben können sich Vereine, Initiativen, Netzwerke,
Selbsthilfegruppen, Kirchen, freie und öffentliche Träger,
Unternehmen, Verbände, Bildungseinrichtungen, Kindergärten und Schulklassen aus NRW, die sich das Thema
Inklusion auf ihre Fahnen geschrieben haben.
Der Inklusionspreis soll gelungene Beispiele inklusiver
Praxis bekannt machen. Neben den drei Hauptpreisen in
der Kategorie „Barrieren abbauen – Zugänge schaffen“
(1. Preis: 5.000 Euro, 2. Preis: 4.000 Euro, 3. Preis:
3.000 Euro) gibt es vier Fachpreise in den Kategorien
„Arbeit und Qualifizierung“, „Schulische und außerschulische Bildung und Erziehung“, „Freizeit, Kultur und Sport“
sowie „Partizipation“ (jeweils mit 3.000 Euro dotiert).
Weitere Infos zu den Kommunalen Integrationszentren unter: www.mais.nrw und
www.kommunale-integrationszentren-nrw.de
Die Bewerbungsfrist ist am 31.3.2016 abgelaufen!
(www.mais.nrw/Inklusionspreis2016). Die Preisverleihung
findet am 1. Juli 2016 statt.
(Mitteilung des Ministeriums für Arbeit, Integration
und Soziales vom 11.2.2016)
Auf die erstmalige Ausschreibung des Inklusionspreises
NRW im vergangenen Jahr hatten sich insgesamt 275
Projekte und Initiativen beworben. „Ich würde mich freuen, wenn auch in diesem Jahr wieder viele interessante
Bewerbungen bei uns eingehen, die die ganze Bandbreite
des Themas Inklusion in NRW abbilden“, sagte der Minister.
Die Jury besteht mehrheitlich aus Vertreterinnen und Vertretern der Behindertenselbsthilfe, aber auch Gewerkschaften, Arbeitgeber und natürlich die Landesbehindertenbeauftragte sind beteiligt.
23
2
Wettbewerbe / Projektförderung / Stellenangebote / Stipendienprogramme
63. NRW-Schülerwettbewerb „Begegnung mit
Osteuropa“ 2016: „Ein Europa – viele Gesichter“.
Wettbewerb: EU-Kommission sucht Ideen zur
Unterstützung von Flüchtlingen und Migranten
Die Einsendefrist für die Wettbewerbsprojekte 2016 ist
am 31.1.2016 abgelaufen!
Die Europäische Kommission hat den Wettbewerb
2016 zur sozialen Integration in Europa gestartet.
Wir danken für die zahlreichen Einsendungen. Die Wettbewerbsbeiträge werden Ende Februar 2016 von einem
Jurorengremium bewertet. Die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger werden im April benachrichtigt.
Ziel ist die Unterstützung der Aufnahme und Integration
von Flüchtlingen und Migranten in Europa. In dem Wettbewerb werden kreative Konzepte zur Nutzung des Potenzials von Flüchtlingen und Migranten gesucht, damit
diese zum gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen
und politischen Leben ihres Aufnahmelandes beitragen
können. Unter dem Motto „Integrierte Zukunftsperspektiven“ werden drei Preise in Höhe von jeweils 50.000 Euro
für die besten Ideen verliehen. Bewerbungsschluss ist der
8. April 2016.
„Ein Europa – viele Gesichter“ lautete das Motto des
NRW-Schülerwettbewerbs „Begegnung mit Osteuropa“.
Weitere Informationen zum Wettbewerb:
www.schuelerwettbewerb.eu
Kontakt:
Sonja Wissing (Wettbewerbsleiterin)
Bezirksregierung Münster
Projekt „Schülerwettbewerb“
Albrecht-Thaer-Str. 9
48147 Münster, Deutschland
Telefon 0251/41 13 340
(aus dem Ausland: 0049 251/41 13 340)
Fax 0251/41 13 342
(aus dem Ausland: 0049 251/41 13 342)
[email protected]
Bestellung von Broschüren und Einsendung
von Wettbewerbsbeiträgen:
Bezirksregierung Münster
„Projekt Schülerwettbewerb“
Albrecht-Thaer-Str. 9
48147 Münster, Deutschland
[email protected]
Schülerwettbewerb
24
Der demografische Wandel und die Migration stellen nicht
nur eine Herausforderung dar, sondern auch eine Gelegenheit, um neue integrative Gemeinschaften aufzubauen und
das Wachstum der europäischen Wirtschaft zu fördern.
Viele Flüchtlinge und Migranten haben das Potenzial zum
Unternehmer und zum Innovator, aber ohne die richtige
Unterstützung bleiben die Fertigkeiten der Neuankömmlinge vielleicht ungenutzt und die Betroffenen können möglicherweise ausgegrenzt werden.
Ziel des Wettbewerbs ist es, die innovativsten Vorschläge
bei der Umsetzung in konkrete und nachhaltige Projekte
zu unterstützen. Dreißig der aussichtsreichsten Bewerber
werden für das Halbfinale ausgewählt und zur Teilnahme
an einem Mentoring-Seminar zum Thema „soziale Innovation“ eingeladen, das im Juli in Berlin stattfinden wird
und bei dem sie ihre Ideen voranbringen können.
Unter dem Motto „Integrierte Zukunftsperspektiven“ ist
der Wettbewerb darauf ausgerichtet, Innovationen für
Produkte, Technologien, Dienstleistungen und Modelle zu
finden, die die Aufnahme und die Integration von Flüchtlingen und Migranten fördern können, etwa (aber nicht
beschränkt auf) Ideen zu:
Bildung und Entwicklung von Fertigkeiten
Beschäftigung und Unternehmergeist
Zugang zu angemessenen Wohnungen und Gesund-
heitsleistungen
Sicherheit und Menschenrechten
Kohäsion der Gemeinschaft und kultureller Vielfalt
Der Wettbewerb steht Privatpersonen, Gruppen und Organisationen in der gesamten Europäischen Union und in
Ländern, die am EU-Programm „Horizont 2020“ teilnehmen, offen. Bewerbungen, bei denen Flüchtlinge und
Migranten federführend sind oder die von diesen mitgestaltet werden, sind besonders willkommen.
Rundschreiben Nr. 1
Die drei besten Lösungen erhalten bei der Preisverleihung
im Oktober 2016 in Brüssel einen Preis in Höhe von jeweils
50.000 Euro. Bewerbungsschluss ist Freitag, der 8. April
2016, 12:00 Uhr MEZ.
Der Wettbewerb zur sozialen Innovation in Europa wurde
zum Gedenken an Diogo Vasconcelos ins Leben gerufen.
Er wird von der Europäischen Kommission europaweit bereits zum vierten Mal durchgeführt. Das Motto des Wettbewerbs 2016 lautet „Integrierte Zukunftsperspektiven“.
Ziel ist es dabei, Innovationen für Produkte, Technologien,
Dienstleistungen und Modelle zu finden, die die Integration
von Flüchtlingen und Migranten unterstützen können.
Ausführliche Informationen unter:
http://ec.europa.eu/growth/industry/innovation/policy/
social/competition/
Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern beantwortet
der Infopunkt der Berliner Vertretung der Europäischen
Kommission per E-Mail oder telefonisch unter:
030/22 80 29 00.
(http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases /
14047_de.htm vom 26.2.2016)
(Newsletter jugendsozialarbeit.info Nr. 384 / 2015)
Auslandsaufenthalte für Jugendliche
Das europäische Jugendinformationsnetzwerk Eurodesk
möchte mit dem Portal www.rausvonzuhaus.de die Mobilität von jungen Menschen weltweit unterstützen. Auf der
Webseite erhalten interessierte Jugendliche Informationen und Ansprechpartner zu verschiedenen Programmen
sowie kurz- und längerfristigen Einsätzen im Ausland wie
Workcamps, Praktika, Freiwilligendienste etc.
Weitere Informationen:
www.rausvonzuhaus.de/
April 2016
START – Das Schülerstipendienprogramm für
motivierte, neu zugewanderte Jugendliche
Unsere Gesellschaft steht aktuell vor einer besonderen
gesellschaftlichen Aufgabe – der erfolgreichen Integration
einer großen Gruppe neuer Zuwanderer. Bildung kommt
dabei eine Schlüsselrolle zu, denn Bildung schafft Perspektiven. Uns ist es ein besonderes Anliegen, die neu zugewanderten Jugendlichen bei der Gestaltung ihrer Bildungsbiografie zu unterstützen. Daher vergibt START
Stipendien an Jugendliche, die erst seit wenigen Jahren in
Deutschland leben, und begleitet sie zwei Jahre lang auf
ihrem Bildungsweg. Mit unserem Stipendium unterstützen
wir sie dabei, schneller in Deutschland anzukommen, ihre
Potenziale zu entfalten und einen Bildungsabschluss zu
erreichen, der ihren Fähigkeiten entspricht.
Weitere Infos zur START-Bewerbung:
www.start-stiftung.de/bewerbung.html
Du kannst Dich bei START bewerben, wenn Du
motiviert bist, Dich persönlich und schulisch weiterzu-
bilden,
erst seit wenigen Jahren in Deutschland lebst (bis zu etwa 5 Jahren),
offen, interessiert und hilfsbereit bist, gern mit anderen arbeitest und Dich aktiv einbringst,
mindestens die 8. Klasse einer allgemein- oder berufs-
bildenden Schule in einem der 14 START-Bundesländer (alle außer Bayern und Baden-Württemberg) besuchst
und noch mindestens zwei weitere Jahre zur Schule gehst,
zwischen 14 und 21 Jahre alt bist,
in schwierigen finanziellen Verhältnissen lebst und zu-
sätzliche Unterstützung benötigst.
Bewirb Dich bis zum 20.5.2016 auf:
www.start-stiftung.de
(www.start-stiftung.de/stipendium.html)
(jugendsozialarbeit.info Nr. 398 / 2016)
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Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote
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Tagungen / Veranstaltungen /
Ausstellungen / Bildungsangebote
Kompetenzzentrum für Integration
Kultur-Terminkalender des Kompetenzzentrums für
Integration 2016
Das Kompetenzzentrum für Integration unterstützt mit
der Pflege des Kultur-Terminkalenders das Kennenlernen
anderer Kulturen. Zudem werden Theaterstücke aufgenommen, die die Diskussion zum Thema „Integration und
Teilhabe“ fördern.
Mitteilungen zu Veranstaltungen zur Veröffentlichung in dem Terminkalender sind willkommen, und
zwar unter: http://www.kfi.nrw.de/Termine/Tagungs_
Seminarkalender/index.php#_0415
„Sprachanker“ – ein Qualifizierungsangebot für
ehrenamtliche Sprachlehrkräfte
Speziell für ehrenamtliche und nicht einschlägig für
„Deutsch als Zweitsprache“ ausgebildete Lehrkräfte hat
das Bildungswerk der Erzdiözese Köln e.V. das Qualifizierungsangebot „Sprachanker“ entwickelt. Es soll besonders
Ehrenamtliche unterstützen, die in Gemeinden, Willkommensinitiativen oder anderen Zusammenhängen Sprachangebote für Geflüchtete durchführen oder durchführen
möchten.
Mehr Informationen unter:
https://bildung.erzbistum-koeln.de/bw-erzdioezese-koelnev/aktuell/xSprachankerx_-_ein_Qualifizierungsangebot_
fuer_ehrenamtliche_Sprachlehrkraefte/
Handreichung für die Gestaltung von Deutschkursen
mit Flüchtlingen als Download unter:
https://bildung.erzbistum-koeln.de/.content/.galleries/
downloads/SPRACHANKER-Handreichung.pdf
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Servicetelefon zur Anerkennung ausländischer
Berufsabschlüsse
Soweit Ratsuchende nicht die Möglichkeit haben, eine
Beratungsstelle in NRW aufzusuchen, können sie auf die
Unterstützung des mobilen Beratungsteams des IQ Netzwerks NRW zurückgreifen. Hier führen erfahrene Beraterinnen und Berater umfassende Fachberatungen zur
beruflichen Anerkennung per Telefon und E-Mail durch.
Mehr Informationen unter:
http://www.kfi.nrw.de/Aktuelle_Meldungen/
Servicetelefon-zur-Anerkennung-auslaendischerBerufsabschluesse/IQ_NRW_Servicetelefon_Berufliche_
Anerkennung.pdf
Veranstaltungsorganisation
Bezirksregierung Arnsberg
Dezernat 36 – Kompetenzzentrum für Integration
Seibertzstraße 1
59821 Arnsberg
Ansprechpartner
Dietmar Faltus
Telefon 02931/82-2917
Fax 02931/82-2944
[email protected]
www.kfi.nrw.de
(Newsletter des Kompetenzzentrums
für Integration 01 / 2016)
Rundschreiben Nr. 1
Haus Schlesien, Königswinter
Dokumentations- und Informationszentrum für
schlesische Landeskunde
Aktuelle Sonderausstellungen:
Eisern gesammelt
Gleiwitzer Eisenkunstguss aus der Sammlung
Gerhard Biadacz
31. Januar bis 8. Mai 2016
Junge Kunst aus Breslau
Małgorzata Zukterowska und Łukasz Morawski
zu Gast im Haus Schlesien
bis August 2016
Die Post in Gleiwitz 1817 – 1945
150 Jahre Postgeschichte aus der Sammlung von
Ingo von Garnier
31. Januar bis 8. Mai 2016
Öffnungszeiten der Ausstellungen:
Di – Fr 10:00 – 12:00 und 13:00 – 17:00 Uhr,
Sa, So und Feiertag 11:00 – 18:00 Uhr
Sammeln verbindet
Eröffnung der Ausstellungen „Eisern gesammelt“ und
„Die Post in Gleiwitz 1817 bis 1945“ im Haus Schlesien
Sammeln verbindet – es verbindet Menschen, so zum Beispiel die Sammler untereinander, Sammler und Betrachter
oder auch Sammler und Ausstellungsmacher. Es verbindet aber auch Gegenstände, die alleine nur ein „Ding“ sind
und durch das Sammeln Teil eines Ganzen werden – zum
Teil einer Sammlung. So entstehen Verbindungen zwischen Einzelstücken, die zusammen Geschichte und Geschichten erzählen. Das macht es für die meisten Sammler
zu einem interessanten Zeitvertreib, denn mit jedem Stück,
das sie ergänzen, fügen sie der Geschichte ihrer Sammlung
ein Puzzleteil hinzu, und so gewinnen die vorhandenen
Stücke oft neue Bedeutung. Seit 2014 widmet sich Haus
Schlesien in einer Ausstellungsreihe regelmäßig einzelnen
Sammlern und erzählt von diesen Geschichten. Vom
31. Januar bis zum 8. Mai werden gleich zwei Sammlungen
präsentiert, die zunächst keine Gemeinsamkeiten zu haben scheinen. Aber nur auf den ersten Blick, denn hier zeigt
sich, dass es manchmal auch umgekehrt sein kann, dass
nämlich ein Einzelstück Sammlungen verbindet.
April 2016
Das Beispiel hierfür ist eine Archivkarte der Firma „Frankotyp Berlin“ aus der Sammlung von Ingo von Garnier. Dieser sammelt seit seiner Jugend postalische Ganzstücke
und zeigt im Haus Schlesien unter dem Titel „Die Post in
Gleiwitz 1817 bis 1945“ nun einen Teil seiner Spezialsammlung zur Post im oberschlesischen Gleiwitz. In dieser
befinden sich auch mehrere Archivkarten von Frankotyp
Berlin. Die Firma legte zu jeder ausgelieferten Absenderfreistempelmaschine eine Karteikarte an, auf der die Merkmale, der erste Abschlag sowie alle Veränderungen festgehalten wurden. Eine solche Karte wurde seinerzeit auch
für die an die Kunstgießerei Gleiwitz ausgelieferte Stempelmaschine angefertigt.
Dieses Stück aus der Ausstellung zur Gleiwitzer Postgeschichte könnte aber auch ein Exponat in der zweiten Ausstellung „Eisern gesammelt – Gleiwitzer Eisenkunstguss
aus der Sammlung Gerhard Biadacz“ sein. Die Sammlung
des gebürtigen Gleiwitzers Biadacz ist zwar noch vergleichsweise jung, denn seine Liebe zum Eisenkunstguss
entdeckte er erst vor knapp zehn Jahren, doch mit mehr
als 200 Stücken in ihrem Umfang beachtlich. Einer der
Schwerpunkte liegt auf den Entwürfen von Peter Lipp, der
von 1924 bis zur kriegsbedingten Schließung 1944 in der
Eisengießerei in Gleiwitz tätig war und ab 1947 in der
Firma Buderus in Hirzenhain erfolgreich die Abteilung für
Kunstguss aufbaute.
(v.l.n.r.) Eröffnung Hartmut Koschyk, MdB, Beauftragter
der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale
Minderheiten, Ingo von Garnier, Nicola Remig, Leiterin des
Dokumentations- und Informationszentrums für schlesische
Landeskunde und Gerhard Biadacz im großen Ausstellungsraum.
27
3
Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote
Eisenkunstguss, 1855, Gleiwitz
Archivkarte, 1937, Sammlung Ingo von Garnier.
Bei der Eröffnung beider Ausstellungen äußerte sich auch
der Schirmherr Hartmut Koschyk, Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten, ganz im Sinne der Idee, dass Sammeln verbindet.
In seinem Grußwort sprach er von der Brückenfunktion
solcher Ausstellungen. Als Beispiel, wie sehr diese Brücken
bauen können, führte Koschyk die Biografie des Sammlers Gerhard Biadacz an, mit dem ihn eine jahrzehntelange
Freundschaft verbindet. Biadacz war mit 19 Jahren als Aussiedler von Gleiwitz nach Westdeutschland gekommen,
hat hier einen Beruf erlernt, sich selbstständig gemacht
und eine neue Heimat gefunden, aber zugleich seine Wurzeln in Oberschlesien behalten. Schon als junger Mann hat
er sich sehr für die Geschichte und Kultur Schlesiens interessiert. In seiner Geburtsstadt Gleiwitz wurde schließlich
auch die Leidenschaft für den Eisenkunstguss geweckt.
Dies geschah, so erinnerte sich der Sammler später selbst,
als er dort 2007 eine Ausstellung mit Eisenkunstguss besuchte. Seine Sammlung stellt somit eine Brücke zwischen
Vergangenheit und Gegenwart, zwischen alter und neuer
Heimat her. Solche Sammlungen und Ausstellungen, so
führte Koschyk weiter aus, bauen aber auch in dem Sinne
Brücken, dass sie Beziehungen zwischen den Sammlern
sowie Kultureinrichtungen in Europa schaffen. Über die
gemeinsamen Traditionen, die Beschäftigung mit den Exponaten und die Auseinandersetzung mit den technischen
und historischen Zusammenhängen werden Kontakte und
Verbindungen zwischen Sammlern und Museen beider Nationen geknüpft, die für die Pflege des kulturellen Erbes
Schlesiens von großer Bedeutung sind.
Öffentliche Führungen
Eisern gesammelt
6. April 2016 um 18:00 Uhr (Sammler)
Die Post in Gleiwitz
17. März 2016 um 14:30 Uhr (Sammler)
Kontakt und Information:
Haus Schlesien
Dokumentations- und Informationszentrum
für schlesische Landeskunde
Dollendorfer Straße 412
53639 Königswinter
Telefon 02244/88 62 31
Fax 02244/88 62 30
[email protected]
www.hausschlesien.de
Aktuelle Informationen zu unseren Veranstaltungen und
Ausstellungen finden Sie auch auf Facebook.
(Silke Findeisen)
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Rundschreiben Nr. 1
Oberschlesisches Landesmuseum, Ratingen
Stiftung Haus Oberschlesien
Begegnung ohne Gegen- und fürs Miteinander
Die Stiftung Haus Oberschlesien und ihr Museum praktizieren und zelebrieren europäisches Zusammensein im
Zeichen der Kultur.
Der traditionelle, in Schlesien besonders hochgehaltene
Barbaratag am 4. Dezember ist für die Stiftung Haus
Oberschlesien (SHOS) in Ratingen-Hösel immer ein Grund
zum Feiern. 2015 wurde jedoch zugleich das 45-jährige
Bestehen der Stiftung gefeiert, deren Gründungstag der
4. Dezember 1970 war. Höhepunkt des ereignisreichen
Tages war die Feierstunde mit musikalischer Begleitung.
Viele deutsche und polnische Gäste aus dem politischen
und kulturellen Leben nahmen an der Veranstaltung teil.
Gemeinsam wurde auch die neue Sonderausstellung „Für
Leib und Seele“ und die Barbarafeier der Landsmannschaft
der Oberschlesier besucht. Das Festprogramm wurde vom
Heimatchor aus Gleiwitz-Stroppendorf und vom Oberschlesischen Blasorchester Ratingen begleitet.
Bei dem von Marie-Luise Fasse, MdL, Vorstandsvorsitzende
der Stiftung Haus Oberschlesien, moderierten Festakt
kamen Ehrengäste und Gastgeber zu Wort. Dr. Henryk
Mercik, Marschall der Woiwodschaft Schlesien, erinnerte
an die Zeit, als es noch den Eisernen Vorhang gab, der kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen zwischen Ost und
West schwierig bis unmöglich machte. Inzwischen – so
der hochrangige Gast aus Kattowitz – leben Deutsche und
Schlesier in einem gemeinsamen Europa, in dem die Rolle
der Stiftung und des Oberschlesischen Landesmuseums
sogar noch wichtiger sei als früher. Sein Wunsch ist, dass
die Rolle der Ratinger Stiftung und des Museums als
Brückenbauer zwischen Ost und West noch größer wird
und die Geschichte Oberschlesiens zusammen mit Partnerinstitutionen fortgeschrieben werden kann.
Staatssekretär Thorsten Klute vom Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen
blickte in seiner Rede auf die Etappen polnisch-deutscher
Annäherung zurück, die auch für die Arbeit der Stiftung
wegweisend gewesen seien: „Wenn 2016 der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag sein 25-jähriges Bestehen
feiern wird, freue ich mich, wenn sich die Stiftung mit
ihrem Museum in dieses Jubiläum einbringt. Gegenwärtig
ist die europäische Dimension wieder einmal gefordert.“
Weitere Ansprachen boten Michael Breuer, Präsident des
Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes und SHOSStiftungsratsmitglied, Direktor Dr. Stephan Kaiser, sowie
Bernard Gaida, Vorsitzender des Verbandes der deutschen
sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen, und Bogusław
Szyguła, Leiter der Bergbautraditionsstube in Knurow.
April 2016
Derzeit haben das Oberschlesische Landesmuseum und
die Stiftung Haus Oberschlesien elf Kooperationsabkommen mit Partnern in Polen und Tschechien vorzuweisen.
Das ist eine beachtliche Leistungsbilanz, die man auch am
Jubiläumstag hervorhob.
In diesem Sinne gab es noch vor dem Festakt gleich zwei
Vertragsunterzeichnungen, die als Grundlage für die Fortsetzung der vielfachen grenzüberschreitenden Projekte
gelten. Das Oberschlesische Landesmuseum erneuerte
sein seit 2010 bestehendes Kooperationsabkommen mit
der Bergbautraditionsstube in Knurow. Ein neuer Vertrag
wurde zwischen der Stiftung Haus Oberschlesien und dem
Verband der deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in
Polen (VdG), dem Dachverband der deutschen Minderheiten, geschlossen.
Die Arbeit von Stiftung und Museum ist ein Brückenschlag
zwischen kultureller Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sowie zwischen Osten und Westen mit Blick auf
schlesische Regionen im großen europäischen Zusammenhang. Auch künftig will man die grenzüberschreitenden
Kooperationen entsprechend dem Motto „Wir beleben
Zusammenarbeit“ im Auge behalten. Es wird einmal mehr
deutlich, dass die Idee der Begegnungsstätte immer noch
so aktuell ist wie eh und je – für Schlesier und Nichtschlesier aus allen Regionen.
Als am 4. Dezember 1970 der Grundstein für die Stiftung
Haus Oberschlesien gelegt wurde, tat man es mit der Absicht, eine Begegnungsstätte für die oberschlesische Volksgruppe in Deutschland zu schaffen. Das war nötig und
wichtig, weil sich die deutschen Vertriebenen im Laufe
der 1960er-Jahre im Wesentlichen integriert und eine
gesicherte neue Lebensgrundlage gefunden hatten. Auch
aus dem polnischen Oberschlesien kamen viele Menschen
als Aussiedler nach Deutschland, und diese hatten ebenfalls das Bedürfnis des Kontaktes untereinander. Vorrangig
wurde der Ansatz einer Begegnungsstätte verfolgt, und
dazu wurde 1983 auch das Stiftungsgebäude in RatingenHösel fertiggestellt. Des Weiteren ging es um den Museumsgedanken mit einer ersten Etappe der Eröffnung
einer Dauerausstellung im Haus Oberschlesien. Es folgten
dann unter günstigen Konstellationen mit Bundesunterstützung die Bauplanung, Finanzierung und Einrichtung
des 1998 eröffneten separaten Museumsfunktionsbaus.
Einen Meilenstein in der Geschichte setzte kurz nach der
formellen Stiftungsgründung Bundeskanzler Willy Brandt
mit seinem Kniefall in Warschau. „Was wir heute in zeithistorischer Verbindung sehen können, war damals kein
zielgerichteter Weg“, erklärte Dr. Stephan Kaiser beim
Festakt.
29
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Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote
Seit 1970 ist die Stiftung Haus Oberschlesien in Ratingen
fester Bestandteil der deutschen Aktivitäten zur kulturellen Bildung und Verständigung mit ost- und mitteleuropäischen Partnern. Zusammen mit dem vom Land NordrheinWestfalen geförderten Oberschlesischen Landesmuseum
trägt sie laufend zu öffentlichen und grenzüberschreitenden Begegnungen bei.
Vertragsunterzeichnung. Foto: D. Göllner
Dr. Stephan Kaiser M. A., geschäftsführendes Vorstandsmitglied und Direktor der Stiftung, Dipl.-Ing. Paul Schläger,
Marie-Luise Fasse, Vorsitzende und Mitglied des Landtages
Nordrhein-Westfalen, Klaus Plaszczek, Staatsminister a. D.,
Professor Dr. Christoph Zöpel und Klaus Konrad Pesch, der
Bürgermeister der Stadt Ratingen, gehören dem Vorstand
der Stiftung Haus Oberschlesien in der Amtsperiode 2015
bis 2018 an.
(Dieter Göllner, Kulturpolitische Korrespondenz [KK]
vom 25.1.2016)
Kunst und Kultur baut Brücken zwischen Ost und West
Ukrainische Ostereier und Ostertraditionen im
Oberschlesischen Landesmuseum
Ehrengäste in der neuen Sonderausstellung. Foto: D. Göllner
Der Heimatchor von Gleiwitz-Stroppendorf und das
Oberschlesische Blasorchester Ratingen vor den Gästen
der Jubiläumsveranstaltung. Foto: D. Göllner
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Fest in ukrainischer Hand war Ende Februar das Oberschlesische Landesmuseum bei der Eröffnung seiner siebten
Osterei-Ausstellung, die den Blick über die Grenzen Schlesiens und Polens hinaus auf die benachbarte Ukraine und
deren Osterei-Kunst sowie Ostertraditionen lenkt. Rund
150 Gäste waren gekommen, um an dieser besonderen
Feier teilzunehmen. Die Botschaft war eindeutig: Über
Kunst und Kultur lassen sich Brücken bauen und politische
Barrieren überwinden. Gelebtes Brauchtum gibt gerade in
unserer schnelllebigen technisierten Zeit Orientierung und
Halt. Mit allen Sinnen konnten die Besucher dies erleben:
mit gefühlvoller ukrainischer Volksmusik, eindrucksvoll
dargeboten von der Sängerin Radmila und dem Pianisten
Yaroyr Bozhenko, sowie mit mahnenden Wortbeiträgen,
die auch auf die schwierige politische Situation in der
Ukraine Bezug nahmen. Marie-Luise Fasse, MdL und SHOSVorstandsvorsitzende, sowie Ratingens Bürgermeister
und SHOS-Vorstandsmitglied Klaus Konrad Pesch begrüßten die Gäste. Über die Ausstellungsidee, ukrainische
Ostertraditionen und Osterei-Kunst sprachen Dr. Irina
Jastreb, Vorsitzende des Vereins Ukrainisches Haus e. V.
in Düsseldorf, und Jaroslava Tkachuk, Generalmuseumsdirektorin über vier Museen aus der West-Ukraine. Dazu
gehört auch das Osterei-Museum in Kolomyia, das einzige
Museum dieser Art weltweit, das mit seinen mehr als
10.000 Exponaten zu den Hauptsehenswürdigkeiten der
westlichen Ukraine zählt.
Rundschreiben Nr. 1
Bei der Eröffnung gab es landestypische Speisen. Zu den
Gästen gehörten auch zwei ukrainische Geistliche, die die
Ausstellung und einige Osterspeisen segneten. Der Generalkonsul der Ukraine in Düsseldorf, Vladislav Egorov,
war mit seinem Sohn nach Ratingen gekommen. So werden Traditionen auch an die nächste Generation weitergegeben.
Den weitesten Weg mit über 1.600 km hatte aber die
ukrainische Delegation auf sich genommen, um die Ausstellung in Ratingen zu eröffnen: Generalmuseumsdirektorin Jaroslava Tkatchuk, Museumsdirektorin Bogdana
Fashtryha mit ihrem Mann und die Osterei-Künstlerin und
Buchautorin Wira Manko. Die Künstlerin hatte bereits am
Tag zuvor einen Workshop zur traditionellen Verzierkunst
von Ostereiern in der Wachsbatiktechnik im Museum angeboten und führte diese besondere Technik auch am
Eröffnungstag in der Ausstellung vor. Interessierte Besucher konnten der Künstlerin dabei nicht nur über die
Schulter schauen, sondern auch selbst tätig werden. In
der Ukraine werden die Muster mit Wachs auf die Eier
gezeichnet und diese nach und nach in verschiedenen
Farbtönen überfärbt. So entstehen wahre Kunstwerke,
die in der Landessprache „Pysanky“ heißen. Als Malgerät
dient der „Pysatschok“, eine Art Füllfederhalter. Diesen
taucht man entweder in flüssiges Wachs oder füllt ihn mit
kleinen Wachsstückchen, die schmelzen, wenn der Pysatschok über eine Flamme gehalten wird. Farben und Formen haben symbolische Bedeutungen und alten Legenden
nach auch magische Kräfte. Rot ist das Symbol für die
Liebe, Lebensfreude und die Hoffnung auf Heirat. Gelb
symbolisiert den Mond, die Sterne und landwirtschaftliche
Ernte. Die Farbe Grün steht für Frühling und Natur – bunte
Eier wurden mit dem Familienglück in Verbindung gebracht. So sollten die geschenkten Ostereier vor allem
Glück bringen.
Die ukrainischen Gäste freuten sich sehr, viele ihrer in
Nordrhein-Westfalen ansässigen Landsleute wiederzusehen. Glücklich war vor allem Dr. Irina Jastreb, die die Ausstellung mit dem OSLM vorbereitet hatte. Genau ein Jahr
zuvor war von ihr und Kristof Klitza die Idee einer gemeinsamen Osterei-Ausstellung mit ukrainischem Schwerpunkt geboren worden, die das OSLM gerne aufgegriffen
hat. Ein Jahr später ist die Ausstellung nun im OSLM zu
sehen – mit über 200 ukrainischen Ostereiern, Videobeiträgen, Fotografien und Textilien aus der Privatsammlung
von Irina Jastreb und Exponaten aus dem Osterei-Museum
in Kolomyia. Bei den ausgestellten, prachtvoll gestalteten
ukrainischen Ostereiern handelt es sich hauptsächlich um
Kopien von Originalen, die sich im Osterei-Museum in
Kolomyia befinden. Von dem schönen Ergebnis der Zusammenarbeit konnten sich die vielen Gäste bei der Eröffnung überzeugen. Von der fröhlichen Stimmung sicht-
April 2016
lich angetan, verweilten auch die zahlreich erschienenen
Vertreter der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik nach
dem offiziellen Eröffnungsprogramm noch lange in der
Ausstellung. Im Erdgeschoss wurden Kaffee und Kuchen
geboten. Gleichzeitig gab es zwei gut besuchte KuratorenFührungen durch die große Sonderausstellung zu Schlesiens Ess- und Trinkkultur. Das alles fügte sich wunderbar
zusammen zu einem erlebnisreichen Nachmittag im Oberschlesischen Landesmuseum.
Wer kein handwerkliches Geschick und keine Geduld für
dieses Kunsthandwerk mitbringt, der kann handgefertigte
Ostereier aus der Ukraine und aus Oberschlesien im Oberschlesischen Landesmuseum erwerben.
Ausstellung
Immer wieder neu – rund ums Ei
Ostereier und Bräuche in Schlesien und in der Ukraine
21. Februar – 3. April 2016
Oberschlesisches Landesmuseum in Ratingen (Hösel)
Parallel präsentiert das OSLM die Sonderausstellung
„Schlesische Ostereier und Osterbräuche“
vom 26. Februar – 9. April 2016
im Haus der Heimat in Wiesbaden
Bund der Vertriebenen Landesverband Hessen e.V.
Friedrichstr. 35, 65185 Wiesbaden
Telefon 0611/33 39 77
www.bdv-hessen.de
„Begegnung am Annaberg / Gora Sw. Anny“
9. April – 16. Mai 2016
Deutsch-Polnisches Ausstellungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Bund Bildender Künstler / BBK Bonn,
Rhein-Sieg e.V.
Eröffnung: Samstag, 9. April 2016, 15:00 Uhr
Traditionell: Die Osterei-Künstlerin Wira Manko führte in
der Ausstellung das Verzieren der „Pysanky“ – so heißen die
ukrainischen Ostereier – in der traditionellen Wachsbatiktechnik vor. Foto: OSLM
31
3
Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote
410 Meter hoch ragt der Sankt Annaberg in der Landesmitte Oberschlesiens auf dem Gebiet der Gmina Lesnica
(Leschnitz oder Bergstadt) zwischen Tarnowitz und
Oppeln. Er ist ein symbolträchtiger und vielschichtiger
deutsch-polnischer Ort der Erinnerung und Verständigung,
religiöse Wallfahrtsstätte und zu verschiedenen Zeiten
auch politischer Schauplatz. Es ist der wichtigste katholische Wallfahrtsort Oberschlesiens und er ist in jeder Hinsicht inspirierend und berührend.
Seit 2006 veranstaltet der Bund Bildender Künstler, BBK
Bonn, Rhein-Sieg e.V. alljährlich eine zweiwöchige internationale Künstlerbegegnung in Annaberg. In der Regel nehmen daran zwischen 14 bis 20 Künstler aus verschiedenen
Orten in Deutschland und Polen teil. Auch befreundete
Künstler aus Russland haben sich der Gruppe angeschlossen. Im Laufe der Jahre haben sich schon über hundert
Künstler auf die Begegnung am Annaberg eingelassen,
viele sogar mehrfach. Die Künstler arbeiten frei in und um
die Wallfahrtsstätte. Die Begegnung endet stets mit einer
kleinen gemeinsamen Abschlussausstellung in der Galerie
im Hotel ANNA. Die Leitung des Projekts liegt bei Almuth
Leib, der Ersten Vorsitzenden beim BBK Bonn, Rhein-Sieg
e.V., und bei Dr. Damian Pietrek, Vorstandsmitglied im
Künstlerverband ZPAP-Oberschlesien und Dozent an der
Kunstakademie Kattowitz.
Feierlich: BBK Bonn,
Rhein-Sieg e.V.
Dem Wunsch, die vielfältigen künstlerischen Ergebnisse
aus diesen alljährlichen Begegnungen auch in einem größeren Zusammenhang zu zeigen, hat das Oberschlesische
Landesmuseum gerne entsprochen. Wichtiger denn je ist
dieser Beitrag zum europäischen Zusammenwachsen, der
von der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit
gefördert wird.
Für die Ausstellung im Oberschlesischen Landesmuseum
haben sich 24 polnische, russische und deutsche Künstler
zusammengefunden, die diese Ausstellung gemeinsam gestalten. Sie alle haben sich vom besonderen Geist in und
am Annaberg inspirieren lassen. Die Ausstellung mit zweisprachigem Katalog wird zu einem späteren Zeitpunkt auch
in Polen gezeigt.
Gruppenbild mit Ehrengästen: (v.l.n.r.) Pianist Yaromyr
Bozhenko, Werner Jostmeier MdL, OSLM Ausstellungskuratorin Dr. Susanne Peters-Schildgen, SHOS-Stiftungsratsvorsitzender MinRat Johannes Lierenfeld, SHOS-Vorstandsvorsitzende Marie-Luise Fasse MdL, Generalmuseumsdirektorin
Jaroslava Tkachuk, OSLM-Direktor Dr. Stephan Kaiser,
Kristof Klitza, Ratingens Bürgermeister Klaus Konrad Pesch,
Elisabeth Müller-Witt MdL, Dr. Irina Jastreb, Vorsitzende des
Vereins Ukrainisches Haus e.V., und der Generalkonsul der
Ukraine Vladislav Egorov mit seinem Sohn. Foto: OSLM
Nicht auf dem Bild, aber zu den Ehrengästen gehörten Kerstin
Griese MdB und SHOS-Vorstandsmitglied Paul Schläger.
32
Rundschreiben Nr. 1
Für Leib und Seele
Von der Kultur des Essens und Trinkens
bis Februar 2017
Auf mehr als 500 qm und mit rund 1.000 Exponaten breitet die Ausstellung ein Panorama mit umfassenden Einblicken in das spannende Thema der Kultur des Essens und
Trinkens aus, das jeden von uns betrifft.
Ob Dreschmaschine, Kochhexe, Eisschrank oder andere
längst in Vergessenheit geratene Küchenhelfer und Maschinen – vieles von dem, was in früheren Zeiten zum Anbauen, Ernten, Kochen, Backen, Rühren, Einmachen, Einlegen, Einfrieren, Mixen, Entkernen, Rösten, Mahlen usw.
verwendet wurde, zeigt diese Ausstellung. Zu sehen sind
außerdem verschiedene Tierpräparate, schlesisches Porzellan, Tischwäsche und seltene historische Aufnahmen.
Sie illustrieren eindrucksvoll Getreideanbau und Ernte,
aber auch das Brauwesen und andere Bereiche der Essund Trinkkultur. Der Fokus ist dabei stets auf die landestypischen Besonderheiten der historischen und aktuellen
Nahrungsmittelerzeugung Schlesiens gerichtet.
April 2016
Weitere Information:
Oberschlesisches Landesmuseum (OSLM)
Bahnhofstr. 62
40883 Ratingen (Ortsteil Hösel)
Telefon 021 02/96 50
[email protected]
www.oslm.de
www.facebook.com/Oberschlesisches.Landesmuseum
Öffnungszeiten:
täglich außer montags von 11:00 – 17:00 Uhr
Geschlossen: 25.3. – 26.3.2016
Geöffnet: 27.3. – 28.3.2016
(Dr. Susanne Peters-Schildgen,
Oberschlesisches Landesmuseum)
Begleitend und an die unterschiedlichen Jahreszeiten angepasst gibt es Führungen, Workshops und Aktionstage
mit kleinen Verkostungen und praktisch-kreativen Programmteilen.
Kreativangebote für Kinder finden statt am:
Samstag, 30.4.2016, 14:30 – 16:30 Uhr
Es geht um den Ursprung unserer Lebensmittel, ihre Verpackung und ihren Verkauf. Außerdem gestalten und bedrucken die Kinder ihre eigene Einkaufstasche.
Blick in die Ausstellung Foto: OSLM
Internationaler Museumstag
Samstag, 28.5.2016, 14:30 – 16:30 Uhr
Dieses Angebot befasst sich mit Sitten und Bräuchen beim
Essen. Die Kinder entwerfen ihren eigenen Teller: Blumen,
Autos, Minions – alles ist erlaubt!
Preis: jeweils 9 Euro inkl. Materialien und Eintritt
Die nächsten öffentlichen Sonntagsführungen als
Kombiangebot mit anschließendem schlesischen Kuchen
und Kaffee finden statt am:
3.4. und am 28.5. (Internationaler Museumstag)
Preis: 10 Euro (Führung + Eintritt, Kaffee und Kuchen)
Feierlich: Die Ausstellung und einige Osterspeisen werden
von einem ukrainischen Geistlichen geweiht. Foto: OSLM
33
3
Tagungen / Veranstaltungen / Ausstellungen / Bildungsangebote
Martin-Opitz-Bibliothek
Veranstaltungen
April 2016
7.4.2016, 19:00 Uhr
Dr. Heidi Hein-Kircher: „Polnisches Bollwerk gen
Osten“ oder „Stadt der verwischten Grenzen“?
Lemberg 1870 – 1918. In Kooperation mit der VHS
Herne
Im polnischen historischen Bewusstsein hat sich seit der
Frühen Neuzeit die Vorstellung entwickelt, dass Polen eine
Vormauer der Christenheit (antemurale christianitatis)
sei. Einen besonderen Aspekt dieses politischen Mythos
stellt die Bollwerk-Funktion dar, die Lemberg polnischerseits zuerkannt und mit einer besonderen kulturellen
Mission verbunden wurde. Dagegen wurde gerade durch
die deutsch-jüdische Literatur der Zwischenkriegszeit der
Mythos der „Stadt der verwischten Grenzen“ (J. Roth)
geprägt. Der Vortrag will anhand dieser divergierenden
Lemberg-Bilder die Polonisierung der Stadt an der Wende
zum 20. Jahrhundert beleuchten, da durch sie die nationalen Konflikte eskalierten.
Zur Person:
Studium der Osteuropäischen Geschichte, Neueren und Mittleren Geschichte und Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Promotionsstudium der Osteuropäischen und Neueren Geschichte sowie der Jiddistik an der Heinrich-Heine-
Universität Düsseldorf
Seit 2004 Lehrbeauftragte an der Philipps-Universität Marburg, Fachbereich 6 Geschichte und Kulturwissen-
schaften
Seit 2009 Leiterin der Abteilung Wissenschaftsforum am Herder-Institut
Arbeitsgebiete: Geschichte Polens im 19. und 20. Jahr-
hundert, Politische Kulte, Mythen und Erinnerungs kulturen, Stadt- und Verwaltungsgeschichte Ostmittel-
europas, Geschichte der nationalen Minderheiten, Nationsbildungsprozesse in Ostmitteleuropa, Geschichte der Juden im östlichen Europa
Mai 2016
2.5. – 4.5.2016
Einladung und Call for Papers – 45. ABDOS-Tagung
2016 in Herne
Weitere Information: http://www.martin-opitzbibliothek.de/de/aktuell__show/kalender/352
21.5.2016, 10:00 – 16:00 Uhr
AGoFF-Genealogie-Workshop
34
Juni 2016
16.6.2016, 19:00 Uhr
Dr. Katharina Neufeld: Deutsche Siedler um Sankt
Petersburg: eine historische Kulturlandschaft – in
Kooperation mit der VHS Herne
Die Entstehung der deutschen Kolonien rund um St. Petersburg, ihr wirtschaftlicher Aufstieg, das Leben in der Sowjetzeit vor und nach dem II. Weltkrieg – das ist das Thema
der Sonderausstellung, die von Prof. Irina Tscherkazjanowa
in Kooperation mit dem Deutsch-Russischen Begegnungszentrum an der Petrikirche Sankt Petersburg und mit dem
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte erarbeitet
und hergestellt würde. Über die Inhalte der Sonderausstellung wird im Referat von Dr. K. Neufeld eine Einführung
gegeben.
Dr. Katharina Neufeld ist Leiterin des Museums für russlanddeutsche Kulturgeschichte in Detmold.
Juli 2016
14.7.2016, 19:00 Uhr
Prof. Dr. Sabine Seelbach: Die heilige Hedwig im
Wandel der Zeit – in Kooperation mit der VHS Herne
Die hl. Hedwig von Schlesien (1174/78 – 1243) hat vom ausgehenden Mittelalter bis in die Gegenwart als Brückenfigur
der europäischen Geschichte, insbesondere der Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen fungiert. Neben
dem hl. Adalbert und dem hl. Stanislaus blieb sie die wichtigste Schutzheilige Schlesiens und Polens. Die für die
Lebensgeschichte Hedwigs ergiebigste Quelle ist die um
1300 anonym verfasste lateinische Vita beate Hedwigis.
Der Vortrag wird eine Neuedition der Legende vorstellen
und dabei auf das historisch wandelbare Muster weiblicher
Adelsheiliger eingehen.
Sabine Seelbach (geb. 1960 in Berlin) hat an der Universität
Leipzig Germanistik und Philosophie studiert. Nach der
Habilitation (Heidelberg 1999) folgten Gastprofessuren
u. a. in Osnabrück und Freiburg. Von 2003 bis 2009 war
sie Professorin für Literaturwissenschaft und Ästhetik an
der Universität Opole (Polen), 2009 – 2010 Universitätsprofessorin in Wien. Seit 2011 hat sie die Universitätsprofessur für Ältere deutsche Literatur und Sprache an der
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt inne.
Weitere Informationen:
Martin-Opitz-Bibliothek
Berliner Platz 5
44623 Herne
Tel.: 02323/16-28 05
Fax: 02323/16 26 09
www.martin-opitz-bibliothek.de
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Komi startet Online-Museum „Die Deutschen in der
Republik Komi“
Die deutsche nationale Kulturautonomie in der Republik
Komi stellte auf seiner Website ein neues Projekt vor, das
von politischer Repression bedrohter Russlanddeutscher
handelt, die von 1930 bis 1950 aus dem Wolgagebiet, der
Ukraine, Weißrussland, dem Nordkaukasus, der Krim und
dem Baltikum nach Komi verbannt wurden.
Nach Informationen des Ministeriums für nationale Politik
der Republik ist das Online-Museum „Die Deutschen in der
Republik Komi“ (http://www.nnka.biz/deutsch/) Teil eines gesamtrussischen Projekts. Dies thematisiert die Geschichten und Schicksale der Russlanddeutschen auf dem
Informationsportal RusDeutsch. Die virtuellen Museen der
Republik Komi und dem Rest Russlands sind mit einer gemeinsamen Zentrale miteinander verbunden, die einer
breiteren Leserschaft Informationen bietet.
Die elektronischen Daten der Online-Museen beinhalten
Fotos, Dokumente, Erinnerungen, die aus elf ethnografischen Expeditionen der deutschen nationalen Kulturautonomie hervorgehen. Die Expeditionen, die zur Erforschung
der Geschichte der Russlanddeutschen dienten, fanden
von 2004 bis 2015 statt. Die Teilnehmer recherchierten in
den Kreisen Kortkerossk (2004), Ust-Zilemsk (2006),
Uchtinsk und Sosnogorsk (2007), Kojgorodsk (2008),
Petschorsk (2009), Sysolsk (2010), Syktyvdinsk (2011),
Ust-Kulomsk (2012), Ust-Bymsk (2013), Prilusk (2014)
und Workutinsk (2015).
Bisher sind die Materialien der Kreise Uchtinsk, Kortkerossk
und Kojgorodsk zugänglich. Die Arbeit zur Vervollständigung des Online-Museums wird bereits fortgesetzt.
Das Online-Museum „Die Deutschen in der Republik Komi“
wird durch die Unterstützung des Ministeriums für nationale Politik der Republik Komi und im Rahmen des föderalen Programms „Festigung der Einheit der russischen Nation und ethnokultureller Vielfalt der Nationen Russlands“
(2014 – 2020) finanziert.
Zum Online-Museum: www.nnka.biz/deutsch/
(www.rusdeutsch.eu/Nachrichten/3173
vom 9.2.2016)
35
4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer
Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.
Waldemar Eisenbraun
Bundesvorsitzender
„Deutsche aus Russland – auffällig unauffällig?“
Bericht zum Pressegespräch am 4.2.2016 in Berlin
„Deutsche aus Russland – auffällig unauffällig?“ war das
Thema eines Pressegesprächs, zu dem die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland am 4.2.2016 in Berlin
eingeladen hat. Hintergrund war das Bedürfnis um öffentliche Aufklärung und Stellungnahme der Landsmannschaft
zu den aktuellen bundesweiten Protesten, die von der russischsprachigen Bevölkerung ausgegangen sind. In dem
einstündigen Gespräch haben die Mitglieder des Bundesvorstands der Landsmannschaft, Waldemar Eisenbraun,
Ernst Strohmaier und Walter Gauks, sich zu Fragen von
Vertretern deutscher und russischer Medien geäußert. Anwesend waren unter anderem das Focus-Magazin, Funkhaus Europa, RBB und RIA Novosti. Klärungsbedarf gab
es im Einzelnen auch hinsichtlich der Möglichkeiten zur
Stärkung der Verbandsarbeit hin zu mehr Attraktivität,
vor allem für die Jugend. Vor dem Hintergrund der vermehrten Demonstrationen wurde auch der Erfolg der Integrationsgeschichte von Deutschen aus Russland diskutiert.
36
Dem Bundesvorsitzenden Waldemar Eisenbraun war es
wichtig, in seiner Eröffnungsrede deutlich zu machen,
dass die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
die Kundgebungen in den vergangenen Wochen weder
organisierte noch zur Teilnahme daran aufrief. Die Verantwortung für den Verlauf und die Inhalte liegt allein bei
den Veranstaltern, mit denen die Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland in keinerlei Form zusammenarbeitet. Die Landsmannschaft distanziert sich ausdrücklich
von den Organisatoren der Demonstrationen.
Der stellvertretende Vorsitzende, Ernst Strohmaier, bedauerte zudem, dass der Fall des 13-jährigen Mädchens
Lisa dazu genutzt wurde, chauvinistisches Gedankengut
in die Öffentlichkeit zu tragen. Die Anstifter seien bekannt,
bereits in der Vergangenheit habe man sich entschieden
von ihnen distanziert. Ihre Art, mit den Nöten und Ängsten
der Öffentlichkeit zu spielen, verurteilte Herr Eisenbraun
im Namen der Landsmannschaft aufs Schärfste.
Die Politisierung des Falls Lisa habe außerdem gezeigt,
dass es von russischer Seite aus Bemühungen gab, die
öffentliche Meinung in Deutschland medial und politisch
zu beeinflussen. Die Aufklärung des Falls hat deutlich gemacht, wie voreilig und unbegründet sich die Intervention
in diesem Fall darstellte.
Rundschreiben Nr. 1
Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland versteht sich seit ihrer Gründung im Jahr 1950 als Interessenvertretung, Hilfsorganisation und Kulturverein aller
Deutschen aus Russland in der ganzen Welt. Sie setzt sich
für eine gelebte Integrationspolitik in Deutschland ein und
ist der größte Verband der Deutschen aus Russland mit
direkten politischen Ansprechpartnern. Der Vorstand hat
ebenfalls ganz deutlich unterstrichen, dass die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland dabei absolut
autonom handelt.
Einige der politisch sonst so unauffälligen Deutschen aus
Russland haben sich über die letzten Wochen Protesten
angeschlossen. Die Befürchtung kam auf, Russlanddeutsche drifteten nach rechts ab. Der Vertreter der Jugend
LmDR, Walter Gauks, warnte vor Verallgemeinerungen bezüglich der hier lebenden Deutschen aus Russland und
machte deutlich, dass die aktuelle Situation eine differenzierte Berichterstattung seitens der Medienvertreter erfordere. Wie in jeder Gesellschaft, gibt es auch innerhalb
der Deutschen aus Russland unterschiedliche politische
Haltungen. Wenige Extreme haben eine Öffentlichkeitsresonanz gewonnen, die nicht repräsentativ ist. Eisenbraun
betonte, dass bis auf wenige Ausnahmen die Deutschen
aus Russland weder radikal noch medial fremdgesteuert
seien.
Strohmaier machte deutlich, dass die berufliche und
sprachliche Integration der Mehrheit der rund vier Millionen Deutschen aus Russland vor allem eine Erfolgsgeschichte sei. Die Integrationsbemühungen konzentrierten
sich aber bisher vielmehr auf wirtschaftliche Integration
und ein symbolisches „Ankommen“. Ein Deutscher aus
April 2016
Russland wird heute deshalb eher im Baumarkt als im
Parlamentsaal anzutreffen sein, sagte Eisenbraun. Die in
Sowjetzeiten antrainierte politische Apathie wirke zudem
oft auch in Deutschland nach. Die aktuellen Ereignisse
machen zudem deutlich: Es gibt Nachholbedarf in der politischen Integration. Diese Form der Integration wurde bisher vernachlässigt. Walter Gauks möchte deshalb sein
Augenmerk auf die Präventionsarbeit legen und damit die
bereits umfangreiche Arbeit des Jugendverbands stärken.
Je mehr für Bildung und Integration getan werde, desto
geringer sei die Gefahr der Anfälligkeit für rechtes Gedankengut.
Zum heutigen Zeitpunkt erreicht die Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland durch ihre bundesweite Arbeit in
den ca. 130 Landes- und Kreisgruppen sehr viele Deutsche
aus Russland. Diese Arbeit wird zum größten Teil ehrenamtlich geleistet. Strohmaier merkte an, dass die Finanzierung der Koordinationsarbeit überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden oder auf Projektbasis bestritten werde.
Institutionelle Förderung erhalte man nur vom Land
Baden-Württemberg in Form eines symbolischen Betrags
für die Erhaltung des Hauses der Deutschen aus Russland.
Um weiterhin effektiv und wirksam sein zu können und
seine politische Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit
fortzusetzen, hat der Verband dringenden Bedarf an Unterstützung und Ressourcen. Aus diesem Grund wurde um
Vertrauen, Rückhalt und Unterstützung seitens der Mitglieder und aller Interessierten bei den aktuellen Aufgaben
und Herausforderungen geworben.
Weitere Informationen: http://lmdr.de/bericht-zumpressegespraech-am-04-02-2016-in-berlin/#more-8941
(Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
von Olga Schmidt vom 8.2.2016. Fotos: Lena Arent)
(v.l.) Ernst Strohmaier, stellvertretender Vorsitzender
der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland,
Bundesvorsitzender Waldemar Eisenbraun mit dem
Vertreter der Jugend LmDR, Walter Gauks.
Jürgen Arnhold, der neue Bundesgeschäftsführer der
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.
37
4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Jürgen Arnhold, Nachfolger von Ernst Strohmaier
Am 1. Januar 2016 trat Jürgen Arnhold die Nachfolge
von Ernst Strohmaier als Bundesgeschäftsführer der
Landsmannschaft der Deutschen aus Russland an.
Der Sozialausschuss der Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland informiert: Fragen zur
russischen Rente
Ernst Strohmaier hatte das Amt seit 2013 ehrenamtlich
ausgeübt und bleibt als stellvertretender Bundesvorsitzender und stellvertretender Vorsitzender der Landesgruppe
Baden-Württemberg weiterhin im Einsatz für die Landsmannschaft.
Jürgen Arnhold ist 35 Jahre alt und als Diplom-Ingenieur
der Fahrzeugtechnik (FH) seit 2007 als Unternehmensberater und in mehreren Projekten selbstständig tätig. Er lebt
seit 1992 in Deutschland und ist seit 2000 ehrenamtlich in
der Jugendarbeit tätig. Jürgen Arnhold wohnt unweit von
Stuttgart und ist ein erfahrener Manager.
Als aktuelle Ziele formulierte er die Gewinnung neuer Mitglieder, die Optimierung interner Prozesse und die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit.
(VdaW 02 / 2016)
Der Bundesvorsitzende der Landsmannschaft, Waldemar
Eisenbraun (r.), mit dem neuen Bundesgeschäftsführer
Jürgen Arnhold.
Adolf Braun, Leiter des
Sozialausschusses der
Landsmannschaft.
Auslandsrenten sind seit dem 1. Juli 2011 nach § 228 Abs. 1
Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der
Krankenversicherung und nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Elftes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) beitragspflichtig. Damit
hat der Gesetzgeber eine Grundlage geschaffen, dass entsprechend Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
Renten aus dem Ausland hinsichtlich der Eigenschaft als
beitragspflichtige Einnahme mit den deutschen Renten
(Renten der Gesetzlichen Rentenversicherung) identisch
behandelt werden.
Die Änderungen in § 228 Absatz 1 SGB V und § 57 Absatz
1 SGB XI haben ihre Grundlage im „Gesetz zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa“.
Dieses Gesetz ist am 29. Juni 2011 in Kraft getreten und
regelt, wie die Verordnungen der Europäischen Union (EU)
– Verordnung (EG) Nr. 883/2004 und Verordnung (EG)
Nr. 987/2009 – umgesetzt werden.
Bis Juni 2011 unterlagen lediglich Versorgungsbezüge aus
dem Ausland der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung. Unerheblich ist hinsichtlich der Beitragspflicht, aus welchem Staat ein Versicherter die Rente bezieht, also ob es sich um einen Staat der Europäischen
Union oder um einen anderen Staat handelt.
Von der Beitragspflicht sind vorwiegend Grenzgänger betroffen. Grenzgänger sind Personen, die in Deutschland
leben und in einem anderen – meist benachbarten – Staat
arbeiten und dementsprechend auch dort Rentenanwartschaften erwerben.
Ernst Strohmaier,
stellvertretender
Bundesvorsitzender
38
Rundschreiben Nr. 1
Begrenzung der Beitragshöhe
Sofern eine Person Renten aus mehr als einem Staat erhält, darf der insgesamt zu leistende Beitrag nicht den
Betrag überschreiten, den eine Person zahlen müsste, die
denselben Betrag an Renten in dem zuständigen Staat
zahlen müsste. Dies wird in Artikel 30 der Verordnung
(EG) Nr. 987/2009 zur Festlegung der Modalitäten für
die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004
geregelt.
Diese Regelung ist deshalb von Bedeutung, da sich in
Deutschland der Rentenversicherungsträger an den
Krankenversicherungsbeiträgen beteiligt. So trägt vom
Gesamtbeitragssatz (derzeit 15,5 %) der Rentenversicherungsträger 7,3 % und der Rentner 8,2 %. Zu einer solchen Beteiligung kann ein ausländischer Rentenversicherungsträger nicht verpflichtet werden. Damit ist der
Beitrag durch den Rentner alleine aufzubringen, weshalb
hier „nur“ 8,2 Prozentpunkte berechnet werden.
In der Sozialen Pflegeversicherung erfolgt keine Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an den Beiträgen.
In diesem Sozialversicherungszweig muss damit ein Versicherter 1,95 Prozentpunkte (Kinderlose: 2,2 Prozentpunkte), ab dem 1. Januar 2013 2,05 Prozentpunkte (Kinderlose: 2,3 Prozentpunkte) tragen.
Beitragsrechtliche Zuordnung
In Deutschland werden die Renten als gleichbleibende
Monatsrenten ausgezahlt. Ausländische Renten hingegen
werden nicht immer in gleichbleibenden Monatsrenten in
Höhe von jeweils 1/12 der Jahresrente geleistet. Beispielsweise gibt es Staaten, die neben der monatlichen Rente
noch Einmal- bzw. Sonderzahlungen vorsehen. Beispielsweise nehmen im Ausland die Rententräger teilweise die
Zahlung einer 13., 14. oder 15. Monatsrente – als „Urlaubsgeld“, „Weihnachtsgeld“ oder „Ostergeld“ – vor. Ebenfalls
kann es vorkommen, dass die Renten nur vierteljährlich,
halbjährlich oder sogar jährlich ausgezahlt werden, insbesondere bei geringen monatlichen Auszahlungsbeträgen.
Auch kann der Zahlungsrhythmus ein anderer als ein monatlicher sein, beispielsweise ein zwei- oder vierwöchiger
Zahlungsrhythmus.
Bezüglich der besonderen Zahlungsweisen ausländischer
Renten hat der GKV-Spitzenverband – Fachkonferenz Beiträge – am 22. Februar 2012 eine Ergebnisniederschrift
verfasst, damit eine korrekte Erhebung der Beiträge auch
bei den besonderen Zahlungsweisen erreicht wird.
April 2016
Sonder-/Einmalzahlungen neben laufenden
Rentenleistungen
Werden neben laufenden Rentenleistungen Sonder- bzw.
Einmalzahlungen geleistet, sind diese Zahlungen ebenfalls
als ausländische Rente im Sinne des § 228 Abs. 1 Satz 2
SGB V zu klassifizieren, sofern vom Versicherten keine abweichenden Nachweise erbracht werden.
Beitragsrechtlich müssen grundsätzlich Einmalzahlungen
entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) bei Pflichtversicherten dem Monat
zugeordnet werden, in dem entweder der Anspruch entsteht oder in dem sie geleistet werden. Das hätte allerdings
zur Folge, dass der Beitrag in manchen Monaten angehoben werden müsste und keine monatlich gleichbleibende
Beitragszahlung möglich wäre. Daher wurde aus Praktikabilitätsgründen und aus Sicht der Verwaltungseffizienz
geregelt, dass zu erwartende Sonder-/Einmalzahlungen
mit einem Zwölftel neben der monatlichen Rente berücksichtigt werden.
Bei freiwillig Krankenversicherten und bei Versicherten
nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V erfolgt die beitragsrechtliche
Zuordnung einmaliger Rentenzahlungen entsprechend § 5
Abs. 1 Satz 1 „Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler“
dem jeweiligen Beitragsmonat mit einem Zwölftel des zu
erwartenden Betrags für zwölf Monate. Fällig ist der Beitrag am 15. des dem jeweiligen Beitragsmonat folgenden
Monats (§ 23 Abs. 1 Satz 1 SGB IV i. V. m. § 10 Abs. 1 „Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler“).
Laufende Rente wird viertel-, halb- oder jährlich
geleistet
Laufende deutsche Rentenleistungen werden entsprechend
§ 228 Abs. 2 und § 255 Abs. 3 SGB V beitragsrechtlich
dem Monat zugeordnet, für den sie bestimmt sind. Dieser
Grundsatz gilt auch dann, wenn sie für ausländische Renten für bestimmte Zeiträume nicht monatlich, sondern in
größeren Abständen im Voraus oder auch im Nachhinein
geleistet werden.
Wird die ausländische Rente im Voraus in größeren Zeitabständen als monatlich gewährt, ist diese den jeweiligen
Zeiträumen zuzuordnen, für die sie vorausgezahlt werden
bzw. für die sie bestimmt werden.
39
4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Wird die ausländische Rente im Nachhinein in größeren
Zeitabständen als monatlich gewährt, ist diese, zumindest
de facto, als Rentennachzahlung anzusehen. Beitragsrechtlich ist diese Nachzahlung mit ihrem jeweiligen Teilbetrag sowohl für Pflichtversicherte als auch freiwillig
Versicherte und Versicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V
(§ 228 Abs. 2 SGB V, § 240 Abs. 2 Satz 5 SGB V) dem
jeweiligen Monaten zuzuordnen, für die die Rente nachgezahlt wird.
Die Beiträge würden grundsätzlich erst dann fällig, wenn
die gesamte Nachzahlung geleistet worden ist. Mit Blick
auf den Zweckmäßigkeitsgrundsatz (§ 9 Satz 2 Zehntes
Buch Sozialgesetzbuch) wäre dies jedoch nicht zu rechtfertigen. Darüber hinaus kann es auch vorkommen, dass
eine Auszahlung in der Mitte des Auszahlungszeitraums
erfolgt und diese damit teils als Vorauszahlung, teils als
Nachzahlung zu sehen wäre. Bei einer im Nachhinein zu
leistenden Rente ist grundsätzlich die Rentenhöhe bereits
im Vorfeld bekannt, sodass auch hier im Vorfeld der Auszahlungen die Beiträge monatlich erhoben werden. Fällig
sind die Beiträge damit für Pflichtversicherte und für freiwillig Versicherte jeweils am 15. des Folgemonats.
Mehrwöchiger Zahlungsrhythmus
Da die Beiträge im Beitragsrecht nach dem Fälligkeitsprinzip monatlich zu erheben sind, muss eine im Wochenrhythmus zu leistende Rente entsprechend umgerechnet
werden. Denn würde eine im Wochenrhythmus zu leistende Rente nach den tatsächlichen Beträgen den jeweiligen
Kalendermonaten zugeordnet, würden monatlich unterschiedlich hohe beitragspflichtige Einnahmen entstehen.
Rentenzahlungen mit einem mehrwöchigen Zahlungsrhythmus müssen daher in fiktive monatliche beitragspflichtige
Einnahmen umgerechnet werden. Für die Umrechnung auf
eine monatliche beitragspflichtige Einnahme kann § 223
Abs. 2 Satz 2 SGB V herangezogen werden. Nach dieser
Rechtsvorschrift ist für die Beitragsberechnung die Woche
zu sieben Tagen, der Monat zu 30 Tagen und das Jahr zu
360 Tagen anzusetzen.
Der (fiktive) beitragspflichtige Monatsbetrag der Rente
wird ermittelt, indem der mehrwöchig zu leistende Rentenbetrag durch die tatsächlichen Kalendertage dividiert wird,
für die er geleistet wird (also beträgt bei einem zweiwöchigen Zahlungsrhythmus der Divisor 14), und der ungerundete (in Anlehnung an die Beitragsverfahrensverordnung)
mit 30 multipliziert wird.
(VdaW 02 / 2016)
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Landsmannschaft der Deutschen aus Russland e.V.
Nordrhein-Westfalen und VIRA-Verein zur Integration
von russlanddeutschen Aussiedlern e.V.
Zwischen Tradition und Arbeit
Der zur Tradition gewordene Neujahrsempfang der Ortsgruppen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland (Landesgruppe NRW) fand dieses Jahr in Neuss vom
9. bis 10. Januar 2016 statt. Gastgeber dieses Jahres war
die Neusser Ortsgruppe, die den Empfang vorbereitete.
Zur Tradition gehörte auch die Eröffnungsrede vom
Staatssekretär für Integration im Ministerium für Arbeit,
Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen.
Staatssekretär Thorsten Klute betonte in seiner Rede die
vielseitige und hervorragende ehrenamtliche Tätigkeit der
Landsmannschaft und wünschte, dass diese Arbeit erfolgreich weitergeführt werden sollte.
Vorsitzende und Vertreter der Vorstände aus ca. 20 Ortsgruppen nahmen an diesem Auftakt-Seminar teil. Als
Ehrengäste kamen zum Empfang der Bundesvorsitzende
der LmDR, Waldemar Eisenbraun, Pfarrer Edgar Born,
Aussiedlerbeauftragter der EKvW, und der Bundestagsabgeordneter, Heinrich Zertik, der in seiner Begrüßungsrede über die politische Situation in Deutschland sprach.
Auch Heinz Sahnen, Stadteilabgeordneter aus NeussErfttal, der sich als Initiator für die Gründung des Vereins
„Freundeskreis der Deutschen aus Russland“ 1998 einsetzte, begrüßte die Gäste. Er berichtete über die erfolgreiche Arbeit des Vereins bei der Integrationsarbeit im
Stadtteil Erfttal.
Nach dem Bericht des Landesvorsitzenden Alexander Kühl
wurden Urkunden und Auszeichnungen an die Mitglieder
überreicht. Auch einzelne Ortsgruppen wurden für ihre
Tätigkeit mit einer Urkunde und einem Preis ausgezeichnet. Ebenso erhielten Mitglieder der Landsmannschaft,
Wladimir Karanow, Irina und Alexander Müller, Ella Kühl,
Emma Brull, Alexander Morasch und Anna Glock eine
Urkunde für die besonderen Verdienste für ihre geleistete
Arbeit.
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Am späten Abend gab es nochmal ein gemütliches Beisammensein mit Kulturprogramm, vorbereitet von Irina
Müller (Kulturreferentin des Vorstandes) und Alexander
Müller. Für gute Stimmung sorgte der Chor aus Mettmann
unter der Leitung von Maria und Alexej Kosin, die als Gäste
ein Konzert gegeben haben.
Am zweiten Tag der Veranstaltung stand der Bundesvorsitzende, Waldemar Eisenbraun, für viele Fragen zur Verfügung.
Gruppenfoto mit Staatssekretär Thorsten Klute
(Mitte, hintere Reihe)
Valentina Fischer, Kassenwartin der Landesgruppe, berichtete zur Kassenlage und half den Ortsgruppen bei der
Vorbereitung ihrer Kassenberichte. Die neue Tradition,
den Neujahrsempfang in den verschiedenen Ortsgruppen
durchzuführen – die sich seit dem letzten Jahr durchgesetzt hat – bekam große Zustimmung bei allen Ortsgruppen. So kann man vor Ort viel mehr von den einzelnen
Ortsgruppen lernen und diese können sich und ihre Arbeit
persönlich vorstellen.
Da der Empfang im Bürgerhaus stattfand, sorgte die Ortsgruppe Neuss an beiden Tagen für das leibliche Wohl ihrer
Gäste. Alle waren von dem Mittagsmenü des Caterers
L. Maier begeistert.
Teilnehmende am Neujahrsempfang in Neuss
Der Neujahrsempfang der Landsmannschaft der Deutschen
aus Russland e.V. hat Tradition in NRW!
Weitere Informationen: www.lmr-nrw.com
Alexander Kühl überreicht Frau Brull eine Anerkennungsurkunde für die gute Organisation des Liederfestivals.
Eröffnungsrede vom Staatssekretär für Integration im
Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes
Nordrhein-Westfalen, Thorsten Klute
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Orts- und Kreisgruppe Hattingen
Wanderausstellung „Deutsche aus Russland“ in
Hattingen
gemachten Kuchen unter der Leitung von Frau L. Zernikel
und Frau Schmitt unterstützt. Auch wurden selbsterstellte
Bastelarbeiten angeboten, deren Erlös der Flüchtlingsarbeit mit Kindern zugutekommen soll.
(Markus Ackermann)
Die Landsmannschaft der Deutschen aus Russland hat
Ende Februar, in Kooperation mit der Stadt Hattingen in
der Stadtbibliothek Hattingen, die Wanderausstellung
„Deutsche aus Russland“ eröffnet. Bei der Eröffnung unter
der Leitung von Jakob Fischer zusammen mit der Kreisgruppe Hattingen unter der Leitung der 1. Vorsitzenden
Alla Weber waren zahlreiche Gäste erschienen.
Der Bürgermeister Dirk Glaser sprach ein Grußwort der
Stadt Hattingen und ging dabei auch auf die derzeitige
Problematik in Hattingen mit Zuwanderung und Asyl ein.
Hattingen zeigt sich dabei sehr gut aufgestellt. Herr Glaser
sprach auch einen Dank für das Interkulturelle Zentrum
Magnet und die Landsmannschaft Hattingen aus, die sich
dem Thema Asyl auch nicht verschlossen haben und gute
Arbeit leisten mit speziellen Deutschangeboten und PCStunden für Asylsuchende. Herr Glaser ist von dem ehrenamtlichen Einsatz der Migrantenorganisation in Hattingen
sehr beeindruckt und sieht in dieser Ausstellung auch eine
gute Möglichkeit, anderen die Kultur und die Geschichte
von Zugewanderten, Migrantinnen und Migranten näherzubringen.
Die stellvertretende Landrätin des Ennepe-Ruhr-Kreises,
Sabine Kelm-Schmidt, hat neben einem herzlichen Gruß
von dem Landrat Olaf Schade auch die gute Arbeit der
Landsmannschaft Hattingen und des Interkulturellen Zentrums Magnet für den Ennepe-Ruhr-Kreis hervorgehoben.
In Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum
des Ennepe-Ruhr-Kreises in Schwelm führt das Zentrum
Magnet sehr effektive Integrationsarbeit im Bereich Asyl
und Migration durch.
Die Beigeordnete für den Bereich Kultur und Soziales der
Stadt Hattingen, Beate Schiffer, begrüßte die Ausstellung
als guten Schritt der Hattinger Bevölkerung, die Kultur
von Zuwanderern näherzubringen und betont vor allem
den Bildungseinsatz der Landsmannschaft Hattingen in
den Bereichen Kultur und Bildung.
Weitere Gäste waren die stellvertretende Bürgermeisterin
Magrit Melsa, die Mitglieder des Rats der Stadt Hattingen,
Frank Staarken und Markus Ackermann, sowie die Vorsitzende des Integrationsrates, Rita Nachtigall.
Zur Begrüßung hat die Gesangsgruppe „Goldene Brücke“
der Kreisgruppe Hattingen einen Auftritt. Diese Gruppe ist
bekannt aus landesweiten Auftritten und auch beim Hattinger Altstadtfest. Zusätzlich hat die Frauengruppe der
Landsmannschaft die Veranstaltung mit Kaffee und selbst-
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Die Vorsitzende der Landsmannschaft Hattingen, Alla Weber
mit Jakob Fischer.
Folkloregruppe „Goldene Brücke“ der Kreisgruppe Hattingen.
Verein „Dialog+“ e.V.
„Durch die Märchenwelt zur Integration und
Perspektive“
Das im letzten Jahr vom Verein „Dialog+“ e. V. gestartete
Projekt „Durch die Märchenwelt zur Integration und Perspektive“ wurde mit der Premiere der Märcheninszenierung
„Schneewittchen und die sieben Zwerge“ kürzlich erfolgreich abgeschlossen. An dem von Aktion Mensch e. V. geförderten Projekt nahmen Kinder und Jugendliche von
2 bis 25 Jahre aus den verschiedenen Kulturkreisen mit
und ohne Behinderung teil. In dieser Zeit haben wir mit
35 Kindern die Aufführung des Bühnenstücks erarbeitet.
16 Personen waren an der Premierenaufführung beteiligt.
Da die Kinder bzw. ihre Eltern aus sieben verschiedenen
Ländern stammen, unterschiedlichen Religionen und Kulturkreisen angehören, zudem auch aus sozial schwachen
Familien kommen, war es für uns sehr wichtig, Gemeinsamkeiten zu finden und ein Gefühl des Vertrauens aufzubauen. Das haben wir durch die Geschichte von Schnee-
Rundschreiben Nr. 1
wittchen, den Zwergen (für Hilfsbereitschaft), der Königin
(für Neid, Egoismus) und der Jäger (für Mitgefühl) in spielerischer Form verarbeitet und ein positives pädagogisches Ergebnis erreicht.
Als besonders gelungen sehen wir die Eingliederung von
einem 5-jährigen Jungen in unser Team an, der im August
2015 mit seinen Eltern nach Deutschland kam und die ersten deutschen Worte bei uns lernte.
Die Aufführung des schönen Kinderspiels, begleitet von
Musik, Gesang und Bildern, fand im Gerhart-HauptmannHaus vor vollem Saal statt. Alle Kinder sowie Regisseurin
Evgenia Tarutin und die Musikgestalterin und Regieassistentin Julia Fendrikova bekamen eine Auszeichnung vom
Verein „Dialog+“ e. V.
Am 18.6.2016 planen wir die Durchführung des Kulturfestivals „Heimatklang“ und am 19.11.2016 das Kulturfestival
„Freundschaft“. Wir bitten alle interessierten Vereine
und Privatpersonen, sich unter den Telefonnummern
0211/74 96 132 (Lydia Bitsch) oder 0211/17 99 683 (Lydia
Münch) anzumelden. Weitere Einzelheiten erfahren Sie bei
der Anmeldung.
April 2016
Zu den Beratungen in allen Fragen vereinbaren Sie bitte
einen Termin!
Vorstand des Vereins „Dialog+“ e.V.
Lydia Bitsch, 1. Vorsitzende
Tel. 0211/74 96 132, [email protected]
Kreisgruppe Unna der Landsmannschaft
Zu Weihnachten
nehme ich den Zauberstab,
und fliege! Und singe! Und glaube!
Und schaffe das Wunder!
Was für eine schöne Stimmung ist es jedes Jahr bei uns
zu Weihnachten! Alle Kinder sind gespannt auf die Weihnachtsgeschenke! Jeder springt in glücklichen Gedanken
und denkt an Zeiten, in denen man mit Spannung und großen Kinderaugen Weihnachten erlebt hat. Genauso war es
auch dieses Jahr bei uns im Bürgerhaus Kamen-Methler,
Kreis Unna! Zu unserer Weihnachtsfeier hatten wir einen
besonderen Märchengast – eine Märchenfee (Anna Kusmin), die den ganzen Saal und alle Kinder sofort verzaubert hat! Die Kinder waren schnell in Schauspieler verwandelt und in einem Märchenland gelandet! Alle hatten viel
Spaß daran! Es wurde gespielt, getanzt, gesungen, gerätselt und alle waren mit großer Freude dabei! Aber später
haben die Kinder gemerkt, dass der Weihnachtsmann
fehlte und fingen an zu rufen! Als er kam, war die Stimmung im Saal noch besser geworden, mit viel Jubel und
Getöse! Dem Weihnachtsmann (Rimma Lohrel) wurden
viele Gedichte erzählt und dazu viele Lieder gesungen!
Jedes Kind wurde mit wunderbaren Geschenken beschert!
Bei Kaffee und Kuchen wurden rege Gespräche geführt
und Lieder gesungen! Es war ein Fest der Liebe!
Ich möchte einen besonderen Dank an alle richten, die Kuchen gespendet haben und beim Fest mitgeholfen haben!
Möge das neue Jahr uns alle Wünsche erfüllen und freuen
Sie sich auf ein vielversprechendes neues Jahr 2016!
Die 7 Zwerge mit Schneewittchen
Der Märchenprinz
auf dem Weg
zur Prinzessin
(Vorsitzende Irina Bestvater)
(v.l.n.r.) Irina Bestvater (Vorsitzende), Anna Kusmin
(Märchenfee), Lili Schnar, Weihnachtsmann (Rimma Lohrel),
Olga Andreew, Valentina Friz, Olga Rommel, Elli Meisler, Erna
Gottfried
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Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
VIRA-Verein zur Integration von russlanddeutschen
Aussiedlern e.V.
Sonderausstellung mit Werken von Theodor Herzen,
einem der berühmtesten deutschen Künstler
Kirgisistans
Eröffnet seit 14. Februar 2016
Tanzfestival und Tanzwettbewerb „Neue Welle” in
Duisburg, 14. – 15. Mai 2016
Die VIRA e.V. – in Zusammenarbeit mit der Tanzschule
Let’s Dance aus Altenkirchen – und die Landsmannschaft
der Deutschen aus Russland e.V. laden alle interessierten
Tanzschulen, Tanzgruppen oder auch Privatpersonen zur
Teilnahme am Tanzfestival 2016 ein.
Alle Tanzrichtungen von Hip-Hop bis zu klassischem Ballett
werden zwei Tage lang auf der Bühne zu sehen sein:
Information:
Telefon 02137/93 35 33, 02681/98 23 46
Anmeldungen:
Fax 02681/80 34 74
[email protected]
[email protected]
Alexander Kühl, Diplom-Pädagoge (ru)
Telefon 0211/17 11 114
Lortzingstr. 14
41470 Neuss
[email protected]
www.vira-ev.de
Das Schaffen von Theodor Herzen wird als vielseitig, ganzheitlich, akademisch und lyrisch dargestellt. Das ist das
Schaffen eines überzeugten Realisten, der die Menschen
und die Natur liebt, der seine großen Vorgänger verehrt
und bestrebt ist, trotz avantgardistischer Prioritäten in der
modernen Kunst traditionell weiterzuarbeiten. Seine Arbeiten und sein persönliches Leben senden Botschaften
der Verständigung, des Miteinanders, der gegenseitigen
Achtung und des Friedens unter den Menschen aus. Sein
Leben und Schaffen sind ganz besonders mit Kirgisistan
verbunden. Seine Liebe zur Kunst und zur Arbeit sowie
seine Zielstrebigkeit führten ihn in die erste Reihe der modernen kirgisischen Künstler. Seine Werke sind in vielen
Museen und Privatsammlungen in Kirgisistan und im Ausland zu finden.
Deutsch-russischer Jugendschreibwettbewerb –
ein gelungener Brückenschlag
Sieger des ökumenischen Schreibwettbewerbs sind
Pavel Kreismann, Alexander Kessler, Sofia Novitzkaja und
Angelika Wagner. Mit einem Sonderpreis wurden die ganze
Familie Warkentin (Kinder Ansgar, Coralie, Jost, David und
Mutter Julia-Maria) sowie Elena Dumrauf ausgezeichnet.
Veranstalter, Jury und Sieger des Schreibwettbewerbs.
Foto: Eduard Kessler
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Rundschreiben Nr. 1
Wie aus einem Bilderbuch zeigte sich Detmold am 6. Dezember 2015: festlich, passend zu der Vorweihnachtszeit
dekoriert und für einen Spaziergang oder Festeinkauf anlockend, unter strahlender Sonne und dem blauen Himmel,
trocken und freundlich. Es gab einen ganz besonderen
Grund, weshalb so viele Menschen besonders gekleidet
zum Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte in
Detmold (MRK) aus allen Himmelsrichtungen strömten.
Dort wurde eine ökumenische Adventsfeier und auch eine
Preisverleihung im internationalen Schreibwettbewerb
„Unsere Weihnachten“ veranstaltet, die von der Seelsorgestelle der Deutschen Bischofskonferenz für die Gläubigen
aus den GU-Staaten, der Aussiedlerseelsorge der Evangelischen Kirche von Westfalen sowie dem MRK organisiert
wurde. Visitator Monsignore Dr. Alexander Hoffmann berichtete, wie er im Sommer des letzten Jahres mit Agnes
Gossen-Giesbrecht über eine Idee eines internationalen
literarischen Schreibwettbewerbs sprach. Die Idee fruchtete. Über 50 Arbeiten wurden den literarischen Juroren
zugesandt und der Schreibwettbewerb hatte einen riesigen Erfolg. Dieser Erfolg ist nicht zuletzt Frau Agnes
Gossen-Giesbrecht zu verdanken, die sich bis zuletzt für
das Gelingen des Projekts einsetzte.
April 2016
Kirche von Westfalen sowie die Landsmannschaft der
Deutschen aus Russland und nicht zuletzt der Literaturkreis der Deutschen aus Russland die besten Arbeiten in
deutscher Sprache aus. Ziel des Preises ist es, über Ländergrenzen hinaus Aufmerksamkeit für deutschsprachige
Autoren zu schaffen. Die drei Juroren vom Literaturkreis,
Artur Böpple (Vorsitzender), Agnes Gossen-Giesbrecht
und Dr. Wendelin Mangold sowie Msgr. Dr. Alexander
Hoffmann, Pfarrer Edgar Born und Walter Gauks, prüften
alle eingereichten Arbeiten und stellten in der Feier die
Sieger des Jugendschreibwettbewerbs vor; zuvor lasen
diese aus ihren Arbeiten.
„Das wichtigste Fest meiner Volksgruppe“ stellte der erste
Preisträger Pavel Kreismann dar. Der 17-Jährige absolvierte
in diesem Jahr die 11. Klasse der Mittelschule und studiert
seitdem an der Philologischen Fakultät der Universität
Tomsk (Sibirien) Deutsch und Englisch. „Weihnachten –
ein Wort und so viele Erinnerungen! Erinnerungen an eine
kalte Jahreszeit, die dennoch wohlig und schön ist“, erzählt er. Er vertiefte dann seinen kurz gefassten Gedanken
Das Bläserensemble unter der Leitung von Jakob Penner
stimmte die Anwesenden zum Adventskonzert und auf die
Veranstaltung ein. Ebenso lud der Kinderchor der evangelischen Freikirche Detmold-Hohenlohe in den festlich dekorierten Saal ein und stimmte mit dem Lied „Komm, wir
gehen nach Bethlehem“ zum gemeinsamen Singen ein.
Moderator Helmut Rempel begrüßte Kinder und Erwachsene, Festgäste und Veranstalter, Juroren und Teilnehmer
des Wettbewerbs und lud den Weihbischof Dr. Reinhard
Hauke, Pfarrer der Evangelischen Kirche von Westfalen
Edgar Born, Mitglied des Bundestages Heinrich Zertik,
stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Detmold ChristDore Richter, Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft
der Deutschen aus Russland Waldemar Eisenbraun, Leiterin des Museums Dr. Katharina Neufeld und Bundesvorsitzenden der Jugend der Landsmannschaft Walter
Gauks zu einer Talkrunde „Advent persönlich“ ein. In einer
sehr interessanten Runde haben die Anwesenden erfahren, wie die Advents- und Weihnachtszeit früher gewesen
war und was in den Familien zu jener Zeit gemacht und
gegessen wurde.
Im Zusammenhang mit dem internationalen Jugendschreibwettbewerb zum Thema „Unsere Weihnachten. Erinnerungen und Gedanken an ein christliches Fest“ fand
dann die Vorstellung der Arbeiten der Gewinner und des
noch nach frischen Farben riechenden, 52 Seiten starken
Almanachs statt. Mit den Preisen zeichneten die Seelsorgstelle der Deutschen Bischofskonferenz für die Gläubigen
aus der GUS, die Aussiedlerseelsorge der Evangelischen
Kinderchor der evangelischen Freikirche. Foto: Eduard Kessler
Talkrunde „Advent persönlich“: (v.l.) Weihbischof Dr. Reinhard
Hauke, Pfr. Edgar Born vom Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW, Bundestagsmitglied Heinrich Zertik und die
stellvertretende Bürgermeisterin Christ-Dore Richter.
Foto: Andreas Gossen
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
an das christliche Fest über die Erzählungen seiner Großmutter, die Kultur und Traditionen des russlanddeutschen
Volkes, über seinen Aufenthalt in einem deutschen Kindergarten und einem Progymnasium sowie seine wohltätigen Taten in einem Kinderheim und an Heiligabend in der
Familie.
Abschließend meinte Pavel Kreismann: „Unsere Familie feiert jedes Jahr die Geburt Christi, doch meine Kindheitserinnerungen an das Frohe Fest bleiben sicherlich die schönsten und magischsten – sie sind einfach unvergesslich.“
Dr. Wendelin Mangold stellte das Werk „Meine Weihnachten in Russland“ dar, das er aus dem Russischen übersetzte und die Juroren mit dem zweiten Platz dotierten.
Die Autorin, die 17-jährige Sofia Novitzkaja, kam in Saratov
zur Welt, und schon mit vier Jahren beschloss sie, Ballerina
zu werden. Mit 12 Jahren betrat sie zum ersten Mal die
Bühne, besuchte die Musikschule und nahm am Klavierunterricht teil. In diesem Jahr machte sie ihr Abitur und
wird in einem Jahr das Kolleg als ausgebildete Ballerina
abschließen. In ihrem Werk berichtet sie über das Weihnachtsfest der katholischen Christen in Russland, wo es
leider kein gesetzlicher Feiertag ist, „was nicht heißt, dass
Weihnachten weniger bedeutungsvoll wäre“.
Alexander Kessler, der 22-jährige Student der Rechtswissenschaften an der Universität Heidelberg, bedankte sich
bei allen Organisatoren, Juroren und Mitveranstaltern für
die guten Rahmenbedingungen des Festes. Der gebürtige
Gmünder absolvierte in seiner Heimat das Gymnasium
und studiert derzeit im siebten Semester. Seine Geschichte „Der Farbenblinde“ erzählt über den steinigen Weg
eines Jungen, der in der Weihnachtszeit über das Fest, die
Geschenke, das Verhalten und Taten nachdenkt.
Im Anschluss an die Vorlesungen wurden die Sieger des
internationalen Jugendschreibwettbewerbs ausgezeichnet. Den ersten Platz belegte Pavel Kreismann. Die zweite
Treppe des Podestes teilten sich Alexander Kessler und
Sofia Novitzkaja. Mit dem dritten Platz wurde die Geschichte „Zufälliger Zeuge“ der 16-jährigen Angelika Wagner ausgezeichnet. Die Juroren zeichneten auch zwei Sonderpreise aus, die die ganze Familie Warkentin („Weihnachten früher und jetzt“) sowie Elena Dumrauf („Verlorene
Weihnachten“) gewonnen hatten.
Mit diesem Jugendschreibwettbewerb ist realisiert, was
schon lange ein Anliegen vieler Institutionen und Organisationen ist: Die Kultur der Deutschen aus Russland zum
Vorschein zu bringen, das „Dort“ und „Hier“ zu präsentieren, vor allem „unsere“ Sprache gezielt zu fördern und das
kulturelle Leben damit aktiv mitzugestalten. Die Idee wurde ordentlich umgesetzt und das Fest zur Preisübergabe
und die musikalische Umrahmung war ein voller Erfolg. Ein
besonderes Lob haben sich das Bläserensemble unter der
Leitung von Jakob Penner und der Kinderchor der Evangelischen Freikirche Detmold-Hohenlohe, der Oberstufenchor des August-Hermann-Franke-Gymnasiums sowie
der Chor Liederstrauß aus Dortmund verdient.
Weitere Informationen zum Museum und zum Leben
der Russlanddeutschen unter www.russlanddeutsche.de
Weitere Informationen:
Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte
Dr. Katharina Neufeld, Museumsleitung
Heinrich Wiens M.A., Öffentlichkeitsarbeit
Georgstraße 24, 32756 Detmold
Telefon 05231/92 16 17, Mobil 0160/53 93 233
[email protected]
www.russlanddeutsche.de
(Pressemitteilung des Museums für russlanddeutsche
Kulturgeschichte vom April 2015 von Heinrich Wiens)
Oberstufenchor des AHF-Gymnasiums. Foto: Andreas Gossen
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Weihbischof Dr. Reinhard Hauke bei der Preisverleihung.
Foto: Eduard Kessler
Rundschreiben Nr. 1
Literaturkreis der Deutschen aus Russland e.V.
April 2016
Das Buch kann entweder direkt über den Verein, den
Anthea-Verlag, über alle bekannten Online-Shops oder
über den regulären Buchhandel bezogen werden. Die erste
Buchvorstellung findet auf der Leipziger Buchmesse statt
– am 20. März 2016, 14:30 Uhr, Halle 4, Stand E 101, mit
Artur Rosenstern.
„Das (hoch-)gelobte Land“
Literaturblätter der Deutschen aus Russland, 2015/16
Hrsg. von Artur Böpple, Broschur, 14 x 21 cm,
ca. 320 Seiten, 14,90 Euro
Mit Abbildungen von Nikolaus Rode
ISBN 978-3-943583-49-6, März 2016.
Weitere Informationen:
Literaturkreis der Deutschen aus Russland e.V.
c/o Artur Böpple (Vorsitzender)
Stadtholzstr. 172, 32049 Herford
[email protected]
www.literaturkreis-autoren-aus-russland.de/
Der neue Literaturalmanach 2015/16 der Deutschen
aus Russland erschienen
Im Jahr 2015 feierte der Literaturkreis der Deutschen aus
Russland sein 20-jähriges Jubiläum. Das primäre Ziel des
Literaturkreises war es stets, die Literatur der Deutschen
aus Russland in den deutschen Literaturbetrieb zu integrieren. Der neue Sammelband der Literaturblätter der
Deutschen aus Russland mit dem Titel „Das (hoch-)gelobte Land“ greift viele relevante Literaturgattungen auf,
denn der Literaturkreis möchte auch fortan den literarischen Dialog zwischen Autoren verschiedener Herkunft
und unterschiedlichen Alters fördern. Themen wie Fremdsein, Sich-Fremdfühlen bzw. Heimatverlust sind in der Zeit
der „totalen“ Globalisierung aktueller denn je, jeder neue
Blickwinkel ist ein Gewinn. Es ist also eine bunte Mischung
aus Texten, die teilweise von prominenten Autoren stammen. Neben bereits vielen Lesern bekannten Namen wie
Eleonora Hummel, Andreas Peters, Elena Seifert, Agnes
Gossen oder auch Artur Rosenstern findet der aufmerksame Leser in diesem Band einige hochinteressante Neuentdeckungen. Es ist jedoch nach wie vor außerordentlich
wichtig, die Zeitzeugen zu Wort kommen zu lassen, denn
bis in die Achtzigerjahre hinein existierte in der Sowjetunion
weder eine russisch- noch eine deutschsprachige Publikationsplattform, die zensurfrei über alle Gräuel des Krieges,
den Verlust der autonomen Wolga-Republik und die Verbannung der Sowjetdeutschen nach Kasachstan und Sibirien hätte aufschlussreich informieren dürfen. Über viele
folgenschwere Schicksale wurde leider noch nicht berichtet, zahlreiche Aufzeichnungen von Zeitzeugen liegen
noch in den Schubladen und drohen verloren zu gehen.
Hafen der Hoffnung e.V.
Verein zur Förderung der Aussiedler im Kreis Kleve
Hafen der Hoffnung e.V. hat gewählt und stellt seinen
neuen Vorstand vor
(v.l.) Brigitte Angenendt ist Beisitzerin. Sie organisiert
u.a. Fahrten in diesem Jahr: am 25. Juni nach Köln und am
17. April nach Weeze zur Besichtigung des Museums Laarbruch mit anschließendem Kaffeetrinken im Bauerncafé
Winthuis.
Tatjana Martens ist stellvertretende Vorsitzende und
koordiniert die gesamten Vereinsveranstaltungen, wie
z. B. Ostereierbemalen, Frauenfrühstück etc.
Martina Gellert ist Beisitzerin. Sie ist Schriftführerin und
im Team für die Flüchtlingsarbeit zuständig.
Sneshanna Schwarz ist Geschäftsführerin und koordiniert
u. a. die Beratungen, Tanzabende und den Schriftverkehr.
Julia Weber ist 1. Vorsitzende. Sie koordiniert die gesamte Vereinsarbeit.
Kira Safonova ist Jugendvertreterin, die die Kinderfeste
koordiniert.
Svetlana Brak ist Beisitzerin und arbeitet bei der Vorbereitung der Kinderfeste mit.
Maja Keller ist Kassiererin und erledigt die gesamten
Abrechnungen.
Weitere Informationen: www.hafen-der-hoffnung.de
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Flüchtlinge haben zum Essen eingeladen – mehr als
50 Gäste sind gekommen!
Gemeinsames Kochen mit Geflüchteten
Mehr als 50 Gäste saßen an den Tischen in der Küche der
Landfrauen im Haus Riswick. Hähnchen-Döner und Kartoffeln mit Hähnchen, die von Flüchtlingen zubereitet wurden, schmeckten den Besuchern des Riswicker Bauernmarkts und den Flüchtlingen vorzüglich! Es entstanden
Gespräche und es wurden neue Kontakte geknüpft. Sicher
lag es an der Kochkunst, aber auch an dem Biofleisch. Das
Geflügel haben Elke und Ludger Grunden gespendet!
So ein Essen zuzubereiten und dazu einzuladen war möglich durch den Kontakt zu den Landfrauen, den Katharina
Michels hergestellt hat. Das Riswicker Bauerncafé hatte
zum Kaffetrinken ins Haus Riswick eingeladen. Und jetzt
konnte in der Landfrauenküche dieses leckere Mittagessen zubereitet werden.
(v.l.) Monika Vermeulen, Katharina Michels, Nino Mekantsishvili und Kuli Hesso bereiten Kartoffeln mit Hähnchen zu.
Dem Team des Sprechtrainings, das vom Hafen der Hoffnung e.V. seit einem Jahr im Jugendheim Theo in Materborn mit den Flüchtlingen das Deutschsprechen übt, ist
vor allem wichtig, ihr lebensorientiertes Sprechtraining
mit Praktischem zu verbinden. Im Thema „Rezept“ haben
Flüchtlinge viele unbekannte Wörter gelernt und über das
Essen in ihrem Land erzählt. Schwierig war es, als Julia
Weber versuchte, die Rezepte von zwei arabischen Gerichten zu Papier zu bringen, aber wo ein Wille, da ist vieles möglich.
Durch solche Aktionen möchte das Team erreichen, dass
fremde Menschen mehr voneinander erfahren, und zwar,
dass die Flüchtlinge den ersten Schritt machen, denn das
Agieren ist immer besser als Abwarten, bis jemand kommt
und hilft.
(v.l.)
Wael und Mohammad
aus Syrien bereiten
Hähnchen-Döner zu.
Die Aktionen der Gruppe finden in unterschiedlichen Einrichtungen statt, wie z. B. das Treffen mit dem Nikolaus im
SOS-Kinderdorf oder jetzt das Kochen auf Haus Riswick.
Die Kooperationsveranstaltung des Hafens der Hoffnung
mit der LVR „Menschen – wie Du und Ich“ war ein weiterer
Schritt, an dem die Flüchtlinge teilgenommen haben. Sie
haben an der Fahrt zum Landtag nach Düsseldorf und zum
Europäischen Parlament nach Brüssel teilgenommen.
Die Beratungszeiten werden im Hafen der Hoffnung sehr
gerne auch von Flüchtlingen in Anspruch genommen, wobei eins der Ziele ist, sie an andere geeignete Beratungsstellen zu vermitteln und zu begleiten.
(2.v.l.) Julia Weber, Vorsitzende Hafen der Hoffnung e.V. und
Integrationsrätin, mit Studenten der Hochschule Rhein-Waal
(v.l.) Ferdinand Niemann, Laura Otten und Otia Romanus
Ewah aus Kamerun.
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Das Team begrüßt weitere Angebote zur Kooperation und
freut sich über die Spenden, die unabdingbar sind, um die
Flüchtlingsarbeit zu intensivieren.
Rundschreiben Nr. 1
Weitere Informationen:
Hafen der Hoffnung e.V.
Julia Weber, Sneshanna Schwarz, Geschäftsführerin
Feldmannstege 2, 47533 Kleve
Telefon und Telefax 0 28 21/58 20 02 (AB)
Mobil 0177/52 101 38
[email protected]
www.hafen-der-hoffnung.de
Neuwahlen bei der Jugendorganisation der
Landsmannschaft
Bei der Bundesdelegiertenversammlung der Jugendorganisation der Landsmannschaft der Deutschen aus
Russland, die im Dezember im bayerischen Schweinfurt
stattfand, wurde Walter Gauks als Bundesvorsitzender
wiedergewählt.
Die Wahlen schlossen an eine Multiplikatorenschulung an,
die am selben Tag von der Jugend-LmDR in Schweinfurt
durchgeführt wurde. Die Maßnahme wurde in Kooperation
mit der Landesgruppe Bayern der Landsmannschaft im
Rahmen des Integrationsprojekts „Potenzial der jungen
Migranten fördern“ organisiert.
Zu Beginn der Schulung erörterte Walter Gauks die wichtigsten Aspekte der Jugendarbeit der Landsmannschaft.
Dazu gehören die außerschulische Bildungsarbeit, die
Durchführung internationaler Begegnungen, die interkulturelle und grenzübergreifende Jugendarbeit, ehrenamtliches Engagement und die Entwicklung von Netzwerken.
Anschließend stellte er den Jahresbericht der Jugendorganisation vor.
Auf dem Programm standen auch Tatjana Brodjuk mit einem Vortrag über russlanddeutsche Jugendliche in Kasachstan sowie Lena Arent, die über die Arbeit der Jugendredaktion im Jahr 2015 berichtete. Die junge Pop-Sängerin
Jenifer Brening rundete die Veranstaltung mit ihrem Song
„ASAP“ ab.
April 2016
In der konstituierenden Sitzung, die am 19. Dezember
stattfand, wurden Helena Goldt und Philipp Kirchner zu
stellvertretenden Bundesvorsitzenden gewählt.
Zudem wurden die folgenden Arbeitsgruppen gebildet:
Arbeitsgruppe „Verbandsinterne Pressearbeit“ („Volk auf dem Weg“) mit der Referentin Lena Arent;
Arbeitsgruppe „Verbandsexterne Pressearbeit“ mit dem Referenten Philipp Kirchner;
Arbeitsgruppe „Projektbeantragung“ mit den Referenten Katharina Martin und unterstützend Philipp Kirchner;
Arbeitsgruppe „Internationaler Studentenaustausch“ mit dem Referenten Dietmar Schulmeister;
Arbeitsgruppe „Kulturarbeit“ mit der Referentin Helena Kolb.
Nach den Wahlen bedankte sich Walter Gauks bei allen
Anwesenden für das Vertrauen und äußerte den Wunsch,
die Jugendorganisation der Landsmannschaft zu einem
stärkeren und einflussreicheren Jugendverband zu machen. Für die nächsten drei Jahre legte Walter Gauks folgende Schwerpunkte der Entwicklung der Jugendarbeit
bei der Landsmannschaft fest:
Ausbau der Jugendredaktion;
Professionalisierung der Jugendarbeit;
Erweiterung der Vernetzung mit den Jugendvereinen vor Ort;
grenzüberschreitender Studenten- und Kulturaustausch;
Beitrag zur Schaffung eines positiven Images junger Deutscher aus Russland in der Öffentlichkeit;
Vertiefung der Kommunikation mit Vertretern des politi-
schen Lebens in Deutschland;
aktives Werben neuer Mitglieder für den Jugendverband der Landsmannschaft durch die Kooperation mit Jugend verbänden in Deutschland und im Ausland.
(Die Redaktion der Jugend-LmDR)
Nach einem Grußwort des Bundesvorsitzenden der Landsmannschaft, Waldemar Eisenbraun, wurde das Präsidium
der Wahlversammlung gewählt und der bisherige Bundesvorstand der Jugend-LmDR entlastet.
Als Bundesvorsitzender wurde Walter Gauks, der inzwischen auch dem Bundesvorstand der Landsmannschaft
angehört, wiedergewählt. Dem neuen Vorstand der
Jugend-LmDR gehören an: Helena Kolb, Lena Arent,
Philipp Kirchner, Dietmar Schulmeister, Katharina MartinVirolainen, Alexander Korneev und Ivan Lemisev.
Teilnehmende an der Bundesdelegiertenversammlung der
Jugendorganisation der LmDR.
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Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Jugend- Studentenring der Deutschen aus Russland
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Bildungs-, Sport- und Kulturverein Kolorit e.V.,
Heinsberg
Kalender über die Grenzen
Ende 2015 hat der Jugendring der Russlanddeutschen
(Moskau, Russland: www.jdr.ru) eine Netzaktion zu
Weihnachten initiiert. Die Jugendlichen aus Clubs und
Organisationen der Russlanddeutschen aus verschiedenen Gegenden von Russland mussten gemeinsam einen
Adventskalender basteln.
Der Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland e.V. hat an der Aktion auch gern teilgenommen, der
JSDR als Gesamtverein und eine Gruppierung – JSDR
Heinsberg (BSK Kolorit e.V.). Beim Kolorit e.V. haben die
Kinder von der Malen-AG (Leiterin Marina Fritz) aus ihren
Bildern einen Buchstaben „A“ für einen Weihnachtsgruß
zusammengestellt und die Teilnehmer der Bastel-AG (Leiterin Ulrike Massow) einen Umschlag mit einem kleinen
Geschenk gebastelt. Die Umschläge von Kolorit e.V. und
JSDR e.V. wurden an die Vorsitzende des JdR, Margarita
Bauer, im Dezember in Düsseldorf beim JSDR-Forum
übergeben.
Diese Aktion war für uns eine interessante Erfahrung der
grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit unserem
Partner aus Russland. Solche gemeinsamen Aktionen stärken die Bande der internationalen Partnerschaft. Wir hoffen, dieses Projekt im neuen Jahr beispielhaft mit ebenso
viel Engagement auf größere gemeinsame Projekte übertragen zu können. Wir freuen uns schon über weitere Netzaktionen von JdR.
Fleißige Bastlerinnen
Der gemeinsam gebastelte Adventskalender
Verein Kolorit e.V. aus Kreis Heinsberg bei der
Interkulturellen Woche 2015
Im Jahr 2014 wurde im Kreis Heinsberg der Bildungs-,
Sport- und Kulturverein Kolorit e.V. gegründet, der als
Schwerpunkt Arbeit mit und für Spätaussiedler und anderen russischsprachigen Familien hat. Obwohl der Verein
erst vor Kurzem gegründet wurde, finden seine Freizeitund Gruppenaktivitäten bereits regen Zuspruch.
(Elsa Böttcher)
Viel Wert legt der Verein auf die Zusammenarbeit mit
anderen Akteuren im Integrationsbereich. Noch im Jahr
2014 haben die Mitglieder des Vereins an einer Schulung
für Integrationslotsen von der Integrationsagentur im Kreis
Heinsberg (Träger ist das Diakonische Werk im Kirchenkreis Jülich) teilgenommen. Der Verein Kolorit ist ein Mitglied beim Netzwerk der Migrantenselbstorganisationen
auf Kreisebene.
Teilnehmerinnen
an der Netzaktion
zu Weihnachten
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Unter dem Motto „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt“ ist
Ende September bis Anfang Oktober 2015 die Interkulturelle Woche bundesweit durchgeführt worden. Der Verein Kolorit e.V. hat aktiv an den Veranstaltungen im Rahmen dieser Woche im Kreis Heinsberg teilgenommen.
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Ende September wurde in der Aula des Gymnasiums in
Hückelhoven der Abend der Kulturen durchgeführt. Der
Verein stellte sich an dem Abend vor mit einer Präsentation zum Thema „Geschichte der Deutschen aus Russland“,
einer Tanzkomposition zum Werk „Frühlingswalzer“ von
F. Chopin der Theatergruppe unter der Leitung Maria Fritz,
einem Infostand und einer Ausstellung mit Werken von
Kindern aus der Brandmalerei-AG (Leiterin Ella Gilz).
Im Oktober organisierte Kolorit in Zusammenarbeit mit
der Jugendmusikschule Heinsberg eine Kulturveranstaltung „Klang der Seele“, ein russisch-deutsches Treffen
mit Literatur, Kunst und Musik, Gesang, einer Lesung
(Elena Hahnen) und Kunstausstellung. Mehr darüber im
Artikel der Heinsberger Zeitung: www.aachener-zeitung.
de/lokales/heinsberg/eine-russisch-deutschebegegnung-mit-kunst-und-musik-1.1195735
Im Juni 2015 hat auf Einladung von Kolorit e.V. eine tamilische Tanzgruppe vom Verein „First Audio Germany e.V.“
aus Geilenkirchen am Sommerfest teilgenommen. Die
Auftritte der tamilischen Mädchen waren eine Bereicherung
für das vielfältige Programm des Sommerfests und fanden
großen Zuspruch bei den Besuchern. Gerne hat der Verein
Kolorit eine Gegeneinladung zum Kulturfest „Ponmallai
Poluthu“ des tamilischen Vereins im Rahmen der Interkulturellen Woche angenommen, die im Oktober in der
Bürgerhalle Gangelt-Hastenrath stattfand. Bei der Veranstaltung präsentierten die Kindertanzgruppen von
Kolorit e.V. „Kalinka“ und „Löffeltanz“. Die jungen Tänzerinnen und Tänzer begeisterten auch die tamilischen
Zuschauer und ernteten großes Lob.
Kulturveranstaltung „Klang der Seele“, eine russisch-deutsche
Begegnung mit Kunst, Literatur und Musik, zu dem die Jugendmusikschule Heinsberg und der Bildungs-, Sport-, und Kulturverein Kolorit e.V. zum Abschluss der Interkulturellen Woche
ins Rondell im Heinsberger Klevchen eingeladen hatten.
Die Kindertanzgruppen von Kolorit e.V. mit Gastgebern vom
„First Audio Germany e.V.“ bei dem Kulturfest „Ponmallai
Poluthu“ in Gangelt.
Jetzt bereitet sich der Verein Kolorit e.V. darauf vor, auch
so erfolgreich bei der Durchführung der Interkulturellen
Woche 2016 teilzunehmen.
Kontakt:
Bildungs-, Sport- und Kulturverein Kolorit e.V.
Vorsitzender Dimitri Singer
Telefon 0176/70 63 13 56
[email protected]
www.bsk-kolorit.de
facebook.com/kolorit.heinsberg
Weitere Information:
Jugend-Studentenring der Deutschen aus Russland
Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V.
Vorsitzender: Siegfried Dinges
Mobil 0157/35 33 20 69
[email protected]
[email protected]
www.jsdr.de
www.jsdr-nrw.de
Die Organisatoren der Veranstaltung „Klang der Seele“
(v.l.) Helena Hahn und Theo Krings (beide von der Jugendmusikschule Heinsberg e.V.), Diana Heinen-Sturm (Verein
Kolorit e.V.), Olga Kreimer (Musikschule Geilenkirchen e.V.).
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Djo-Deutsche Jugend in Europa – Landesverband
NRW e.V.
Willkommen in Himmighausen!
Seit Anfang Dezember 2015 haben junge unbegleitete
Geflüchtete eine vorübergehende Bleibe in der djoBildungsstätte Himmighausen gefunden.
Die Teenager, alles männliche minderjährige Geflüchtete
zwischen 14 und 17 Jahren, kommen aus Afghanistan,
Syrien, Eritrea, Indien und Mali. Die Anzahl schwankt zwischen neun und 17 Bewohnern. Alle jungen Geflüchteten
kamen nahezu ohne jegliche Habe in Himmighausen an.
Das wenige, was sie besitzen, fand in den Schränken bequem Platz. Doch dank vieler Spenden konnten die Jugendlichen mit dem Wichtigsten ausreichend versorgt werden.
„Wegen freier Kapazitäten in den Wintermonaten war es
uns möglich, schnell zu helfen. Wir sind froh, dass wir hier
mit unserem Haus und dem überaus engagierten Personal
den jungen Menschen einen würdigen Start in einer neuen
Heimat geben können“, erklärt Christian Gradt, Landesvorsitzender NRW der djo-Deutsche Jugend in Europa.
Die Jugendlichen haben in Himmighausen einen festen
Tagesablauf, der das Eingewöhnen in die neue Situation
erleichtern soll: Um 9:00 Uhr wird gefrühstückt. Von 10:00
bis 12:30 Uhr haben alle Deutschunterricht, um 13:00 Uhr
folgt das Mittagessen. Nachmittags findet ein Angebot
„draußen“ statt. Mal geht es auf den Fußballplatz oder
zum Wandern. Ein anderes Mal steht ein Moscheebesuch
an oder es geht zum Shoppen in die Stadt. Um 19:00 Uhr
gibt es Abendbrot und im Anschluss noch etwas Unterhaltung bei Kino, Kickerturnier, Bingo-Abend etc. Um
22:00 Uhr ist dann offiziell Zapfenstreich. Die Pädagogen
von WolkenKratzer (www.wolken-kratzer.net) unterstützen die Jugendlichen und sind rund um die Uhr vor Ort.
Tagsüber betreuen drei bis vier Mitarbeiter von WolkenKratzer die Geflüchteten und ein Mitarbeiter ist in der
Nacht da.
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Die djo-Bildungsstätte Himmighausen ist mitten in
Ostwestfalen-Lippe.
Die Betreuung und die Arbeit mit den Jugendlichen läuft
sehr gut, kann Angelo Lombardo, Heimleiter der Bildungsstätte, berichten. „Alle sind sehr höflich und ordentlich.
Sie essen ohne Probleme, was aus der Küche kommt, und
auch der Deutschkurs wird mit großem Interesse angenommen. Es tut gut zu sehen, wie eifrig gelernt wird und
dass einige von ihnen erhebliche Fortschritte machen.
Sogar Hausaufgaben machen sie gerne, viele fragen nach
extra Vokabeln und Aufgaben.“
(Dr. Christian Kahl)
Rundschreiben Nr. 1
„B‘shayno. Willkommen.“ – Ein Projektstart!
“B‘shayno. Willkommen.“, so heißt das Anfang Dezember
2015 gestartete dreijährige Projekt, das einen Beitrag zur
Willkommenskultur in Deutschland leisten möchte! Das
„Willkommen“ richtet sich an Jugendliche mit und ohne
Fluchterfahrung, die die gesellschaftliche Inklusion gemeinsam gestalten möchten.
Der Fokus
Die djo-Deutsche Jugend in Europa, Landesverband
NRW e.V., konzentriert sich im Rahmen des Projekts gemeinsam mit dem Assyrischen Jugendverband Mitteleuropa e.V. (AJM) auf die Vermittlung und Begleitung von
Peer-to-Peer-Patenschaften.
Die Patenschaften setzen sich zusammen aus Jugendlichen
mit eigenem Migrationshintergrund und jungen Geflüchteten. Jugendliche und junge Erwachsene mit eigenem Migrationshintergrund fungieren in diesem Zusammenhang
als Paten oder Patinnen für junge Geflüchtete, besonders
aus dem Irak und Syrien. Dabei nehmen die jugendlichen
Paten oder Patinnen die Funktion als Integrationslotsen
oder Integrationslotsinnen ein.
April 2016
Die Zielgruppen
Die ehrenamtlichen Paten oder Patinnen aus den Ortsgruppen des AJM und die jungen Geflüchteten sprechen
oft die gleiche Sprache, sind gleichaltrig, haben ähnliche
kulturelle Hintergründe und leben, durch den Fokus auf
Ostwestfalen, in denselben Regionen. Diese Gemeinsamkeiten fördern eine hohe gegenseitige Identifikation und
ermöglichen das gemeinsame Wahrnehmen von bestehenden, lokalen Angeboten und eine Begegnung auf
Augenhöhe.
Die Idee
Die Peer-to-Peer-Patenschaften erhalten die Möglichkeit,
ihre Freizeit gemeinsam zu gestalten: Vom Kinobesuch
über sportliche Aktivitäten bis hin zum Erlernen von
Musikinstrumenten – das Projekt unterstützt die Ideen
und Wünsche der Jugendlichen inhaltlich und finanziell.
Neben gemeinsamen Freizeitaktivitäten werden über das
Projekt erlebnis- und medienpädagogische Angebote
organisiert. An diesen können die Peer-to-Peer-Patenschaften sowie weitere Jugendliche ohne Migrationshintergrund und mit verschiedensten Herkunftskulturen
teilnehmen.
Parallel zu den Patenschaften sind Qualifizierungsmaßnahmen und Austauschtreffen für die Paten oder Patinnen
und ihre Begleitung fester Bestandteil des Projekts. Sie
erfolgen über den gesamten Projektzeitraum.
Gemeinsame
Freizeitaktivitäten
Foto: Susanne Koch
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Eine Luftballonaktion
vor dem Haus begeisterte vor allem
die jüngeren Besucher.
Foto: Susanne Koch
Die Zielsetzung
Die ehrenamtlichen Paten oder Patinnen werden durch
das Projekt an das Ehrenamt und die damit verbundenen
Gestaltungsmöglichkeiten herangeführt und lernen die gesellschaftliche Bedeutung von sozialem Engagement
kennen. Durch die Qualifizierungsangebote und die Übernahme der Patenschaft entwickeln die Jugendlichen
soziale Kompetenzen wie Verantwortungsbewusstsein
und Teamfähigkeit.
Die jungen Geflüchteten wiederum erhalten Unterstützung
bei ihrer gesellschaftlichen Integration. Besonders der Kontakt zu Gleichaltrigen hat ein hohes inklusives Potenzial:
Die gemeinsamen Aktionen fördern die gesellschaftliche
Teilhabe, geben Orientierung und fördern die Sprachkompetenz.
Letztlich zielen die gemeinsamen Projekte und die interkulturellen Begegnungen auf das Fördern von Toleranz ab.
Das Miteinander des Projekts unterstützt das gegenseitige
Kennenlernen und voneinander Lernen und schafft somit
Respekt zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft.
Die pädagogische und kreative Arbeit ermöglicht die Begegnung auf Augenhöhe, gegenseitiges Verständnis und
bietet eine jugendgerechte Möglichkeit des Austausches!
(Nora Liebetreu/Projektleitung, djo-Deutsche Jugend
in Europa, Landesverband NRW e.V.,
Assyrischer Jugendverband Mitteleuropa e.V.)
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Rundschreiben Nr. 1
Unternehmerverband der Deutschen aus Russland
Unternehmerverband der Deutschen aus Russland e.V.
(UVDR e.V.) – von Landsleuten für Landsleute
Unternehmertreffen in Düsseldorf
Im Dezember 2015 hat das mittlerweile zur Tradition gewordene Unternehmertreffen anlässlich des von JSDR e.V.
(Jugend- und Studentenring der Deutschen aus Russland)
veranstalteten, interkulturellen Treffens der russlanddeutschen Jugend in Düsseldorf stattgefunden. Der Unternehmerverband der Deutschen aus Russland ist, wie auch
JSDR e.V., ein in Deutschland eingetragener Verein und
hat neben der Schaffung eines branchenübergreifenden
Netzwerkes unter den russischstämmigen Geschäftsleuten aus den Ländern der ehemaligen UdSSR auch den Aufbau und die Pflege der Partnerschaften mit den GUS-Staaten
zum Ziel. 2010 gegründet, vertritt er die Interessen seiner
Mitglieder vor allem aus dem Klein- und Mittelstand. Seine
Mitglieder entstammen den unterschiedlichsten Branchen:
vom Handwerk über Industrie bis zu Tourismus- und Handelsbranche hin ist alles vertreten. Der Verein steht für alle
offen, die an der Selbstständigkeit im In- oder auch Ausland interessiert sind, und richtet sich insbesondere an die
Einwanderer mit russischem Migrationshintergrund und
Interesse an den aktuellen Businessfragen. Beinah alle
Mitglieder des Vereins haben am Anfang und während des
Aufbaus ihrer Selbstständigkeit in Deutschland die gleichen oder ähnlichen Erfahrungen gemacht: Unsicherheit
in der Rechtslage, die Frage nach den richtigen Finanzierungsarten und -formen, Sprachbarrieren oder Schwierigkeiten bei der Anerkennung eigener Zeugnisse. Daher überwiegen oft die Bedenken bei der Frage nach der Eröffnung
des eigenen Unternehmens, wobei die Chancen, die ein
Migrationshintergrund oft mit sich bringt, außer Acht gelassen werden. Und das sind viele, wie zum Beispiel die
Kenntnis zweier Sprachen und Kulturen auf muttersprachlichem Niveau, die bereits bestehenden Verbindungen zu
der alten Heimat, die oft so notwendige Anpassungsfähigkeit und Flexibilität und vieles, vieles mehr. Von dieser
Verbindung der deutschen Technologien und der Möglichkeiten, welche die GUS-Länder bieten, profitieren bereits
jetzt die beiden Partnerseiten. Und natürlich, gerade in
diesem Kontext, darf es am Fachpersonal, das die rechtlichen und finanziellen Seiten der entstehenden Partnerschaften berücksichtigt, nicht fehlen. Auch diese Menschen sind in dem UVDR vertreten: erfahrene Juristen und
Steuerberater, die ihren Kollegen bei den Neugründungen
auf dem Gebiet der Länder ehemaliger UdSSR beistehen,
aber auch den russischen Geschäftsleuten bei Bedarf mit
April 2016
Rat und Tat zur Seite stehen. Einige der GUS-Staaten haben diese Funktion der mittlerweile in Deutschland ansässigen russischsprechenden Migranten längst für sich entdeckt und unterstützen diese auch mittels staatlich geförderter Programme. Insbesondere erwähnenswert ist hier
das am 20. März 2015 in Frankfurt am Main stattgefundene Forum mit einem Vortrag von Albert Rau, dem Vizeminister für Investitionen und Entwicklung der Republik
Kasachstan.
Die Erfahrung, wie wichtig der Aufbau eines branchenund länderübergreifenden Netzwerkes ist, haben einige
der Mitglieder bereits in ihrer Jugend gemacht: unter den
Gründern und den Mitgliedern des UVDR sind oft die ehemaligen Aktivisten des JSDR-Vereines zu finden. Ganz im
Sinne der Nachhaltigkeit wird auch hier zukünftig eine
enge Zusammenarbeit, zugegebenerweise nicht ganz
uneigennützig, angestrebt: Die heutigen Auszubildenden
und Studenten sind die Unternehmer und Fachkräfte von
morgen.
An diesem Punkt möchte ich mich für die Möglichkeit der
Teilnahme an dem Unternehmertreffen des UVDR bedanken und einige der Mitglieder des Verbandes vorstellen:
Herr Kolesnik ist Geschäftsführer der deutschen Niederlassung der CPK-Gruppe, CPK GmbH. Die Gruppe ist weltweit mit 7 Niederlassungen in Deutschland, Russland,
Weißrussland und Kasachstan vertreten und zählt zu den
größten Lieferanten für Industriebedarf und Antriebstechnik in Europa und den GUS-Ländern. Seit dem Frankfurter
Treffen ist er Mitglied des UVDR. Seine Prioritäten liegen
zum Ausgleich des normalen Geschäftslebens vor allem in
dem künstlerischen und theatralischen Bereich. Dies betrifft zum Beispiel einen finanziellen Beitrag für den Umzugswagen der Wuppertaler Bühnen sowie die Bereitstellung der Räumlichkeiten für einige Künstler. Für die
Zukunft sind eine weitere Zusammenarbeit in diesem
Bereich sowie die Unterstützung örtlicher Sportvereine
geplant.
Evgenij Kolesnik
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Max Leneschmidt ist Gründer und Geschäftsführer der
Le-Marc-Group mit Sitz in Lohne. Die Schwerpunkte der
geschäftlichen Tätigkeit liegen im logistischen Bereich
sowie der Hilfestellung in Form von rechtlicher Beratung
bei Neugründungen in den GUS-Ländern. Bei Leneschmidt
handelt es sich um eine Neumitgliedschaft des UVDR. Das
Wohltätigkeitsinteresse von Herrn Leneschmidt liegt in
der Unterstützung örtlicher Schul- und Sportvereine und
Förderung der jüngeren Generation. Eine Zusammenarbeit
fand bereits statt und soll in der Zukunft in Form weiterer
Projekte und Veranstaltungen fortgesetzt werden.
Waldemar Weiz ist sowohl der Inhaber und Geschäftsführer der Weiz-Industrie- und Robotertechnik GmbH in Kürten
als auch einer der Mitbegründer und somit bereits fünf Jahre Mitglied des UVDR. Aktuell bekleidet er das Amt des
Schatzmeisters innerhalb des Verbandes. Das Hauptmotiv
der Gründung war die Schaffung eines deutschlandweiten
Netzwerkes zwecks der gegenseitigen Unterstützung für
Geschäftsleute mit russischem Migrationshintergrund.
Aktuell unterstützt Weiz mit seinen Spenden den Sportund Kulturverein Adler e.V. in Kürten (Volleyballgruppe)
sowie die örtliche russischsprachige Kindertheatergruppe.
Eugen Schweizer ist der Teilinhaber und Geschäftsführer
der Schweizer-Getman-Group sowie Mitbegründer des
UVDR und zu dem jetzigen Zeitpunkt der stellvertretende
Vorsitzende des Verbandes. Er ist ebenfalls seit fünf Jahren Mitglied des Verbandes. Laut eigener Aussage und
Erfahrung war die Informationsbeschaffung bei rechtlichen und organisatorischen Fragen vor, während und
nach der Gründung zumeist nur auf dem privaten Wege
und somit nur sehr beschränkt möglich. Die Gründung
einer Austauschplattform kann sich daher für viele derer,
die entweder bereits Unternehmer sind oder sich für das
Unternehmertum interessieren, als hilfreich erweisen.
Neben der geschäftlichen Tätigkeit arbeitet Schweizer –
wie auch sein Kollege Weiz – eng mit der Jugendorganisation JSDR zusammen. Des Weiteren hat er in Zusammenarbeit mit weiteren UVDR-Mitgliedern den FC Dynamo
Erkelenz gegründet. Die Erwachsenenmannschaft soll in
der Zukunft mit einer Jugendmannschaft erweitert werden.
Die Informationen über die Geschichte, das aktuelle Geschehen und die geplanten Veranstaltungen können von
allen Interessierten auf dem Internetportal http://uvdr.de/
eingesehen werden. Bei weiteren Fragen stehen Ihnen die
Mitglieder des Vereines unter [email protected] zur Verfügung.
Kontakt:
Unternehmerverband der Deutschen aus Russland,
Geschäftsführer Waldemar Weiz
Postfach 1123, 51508 Kürten,
Telefon 02268/90 99 481
Fax 02268/90 99 480
[email protected]
www.uvdr.de
(Olga Winkler vom 15.12.2015)
Teilnehmende des UVD-Treffens in Düsseldorf im Dezember.
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Rundschreiben Nr. 1
Stehende Ovationen für Paderborner Jungpianisten
Simon Staub
Voller Rathaussaal wird von Konzert der DeutschRussischen Gesellschaft mitgerissen
Gerade 15 Jahre ist Simon Staub alt. Auf Einladung der
Deutsch-Russischen Gesellschaft gab der Jungstar im Dezember im bis auf den letzten Platz besetzten Rathaussaal
ein Konzert der Meisterklasse. Vor Beginn des Konzerts
mussten noch Sitzreihen angebaut werden, am Ende riss
es das Publikum vor Begeisterung von den Stühlen.
Der in Paderborn geborene Simon Staub hat schon früh
am Klavier angefangen. Nicht von ungefähr, denn sein
Vater, der Anfang der 90er-Jahre aus der ehemaligen
Sowjetunion nach Paderborn kam, betreibt in Altenbeken
eine Musikschule. Simon ist nicht nur Schüler des Pelizaeus-Gymnasiums, er besucht inzwischen auch die Musikhochschule in Detmold. Der Spagat zwischen Schule und
Leidenschaft scheint dabei nicht immer einfach. Auch in
den Freistunden am Pelizaeus wird oft am Flügel der Schule
geübt. Nachmittags und am Wochenende stehen Detmold
oder der heimische Flügel auf dem Programm. Staub ist in
seinem jungen Alter schon auf den Bühnen der Welt zuhause und Gewinner zahlreicher nationaler und internationaler Preise und Wettbewerbe. In seiner Heimatstadt
Paderborn war er bisher aber eher selten zu sehen. Das
hatte die Deutsch-Russische Gesellschaft zum Anlass
genommen, den jungen Pianisten einem breiten Paderborner Publikum zu präsentieren. Die Zuhörer wurden
nicht enttäuscht.
April 2016
Die Begeisterung für sein Instrument merkte man Simon
Staub an. Da waren keine Starallüren, auch wenn er von
sich selber selbstbewusst sagt, einmal Konzertpianist
werden zu wollen. Mit Werken von Beethoven, Bach und
Schumann, Rachmaninow und Ligeti zeigte Staub die ganze Breite seines Könnens. Standards aus dem Wohltemperierten Klavier von Bach meisterte er ebenso souverän
wie Schumanns Papilloten. Zu wahrer Höchstform lief er
aber bei dem österreichisch-rumänisch-ungarischen Komponisten György Ligeti auf. Ligeti, einer der bedeutenden
Komponisten des zwanzigsten Jahrhunderts, der erst
2006 verstarb, ist keine leichte Kost und schon gar nicht
leicht heruntergespielt. Mit atemberaubender Schnelligkeit bespielte Staub die gesamte Breite der Klaviatur. Derzeit sind nur eine Handvoll Pianisten willens und in der
Lage, Ligetis Etüden so zu meistern. Staub raste durch die
Läufe auf dem Flügel mit Bravour. Spätestens nach Ligeti
hatte er sich auch freigespielt und lieferte eine virtuose
Vorstellung ab, die so manchen älteren Kollegen in den
Schatten stellte. Mit Stücken von Schumann zeigte er,
dass er auch die langsameren Töne beherrscht. Rachmaninows schwungvolle fünfte Prélude brachte das Konzert zu einem fulminanten und kräftigen Abschluss, der
noch einmal auf die einladende Deutsch-Russische Gesellschaft verwies. Staub selber sagt von sich, dass er außer
von russischen besonders von südamerikanischen und
auch polnischen Komponisten stark beeinflusst ist. Musik
kennt auch in dieser Hinsicht für ihn keine Grenzen.
Der Wechsel zwischen alt und neu, klassisch und modern,
langsam und einfühlsam und rasanten Läufen in der Stückauswahl zeigte die Professionalität des jungen Musikers.
Was Staub aus dem Flügel des Rathauses herausholte, hat
man in Paderborn selten gehört. Bürgermeister Dreier, der
sich den Genuss nicht hatte entgehen lassen, fasste es am
Schluss des Konzertes so zusammen: Einfach unglaublich,
dass wir so ein Talent in Paderborn haben. Nicht nur der
Bürgermeister, auch das Publikum war begeistert und
applaudierte dem Musiker stehend.
(Pressemitteilung der Deutsch-Russischen Gesellschaft
vom 16.12.2015 von Stefan Schwan)
Der junge Pianist Simon Staub mit Bürgermeister Dreier.
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Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Deutsch-Russische Gesellschaft stellt
Jahresprogramm vor
Ein umfangreiches Jahresprogramm für das Jahr 2016
stellte die Deutsch-Russische Gesellschaft auf ihrem Neujahrsempfang im Westphalenhof vor. „Europa ist derzeit in
vielem uneins mit Russland. Wir versuchen, den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen“, bringt der Präsident der
Gesellschaft, Stefan Schwan, das Selbstverständnis des
Vereins auf den Punkt. Das umfangreiche kulturelle Programm wurde auf der traditionell im Rahmen des Neujahrsempfangs stattfindenden Mitgliederversammlung vorgestellt. Den kulturellen Auftakt für das Jahr 2016 machte
auf dem Neujahrsempfang der erst 10-jährige Edwin
Masurow auf dem Akkordeon.
Bereits für das letzte Jahr angekündigt war eine Veranstaltung mit der ehemaligen ARD-Moskau-Korrespondentin
Gabriele Krone-Schmalz. Diese Veranstaltung wird nun
am 15. April in der Aula der Theologischen Fakultät am
Kamp durchgeführt. „Das wird ein echtes Highlight“, verspricht der Präsident der DRG. Die Gesellschaft habe ihre
guten persönlichen Kontakte genutzt, um Krone-Schmalz
nach Paderborn zu holen. Sie spricht über die aktuellen
deutsch-russischen Beziehungen. Der Vorverkauf der Karten startet im März.
Darüber hinaus bietet der Verein wieder ein breites kulturelles Programm. Nicht nur Liebe gehe durch den Magen,
sondern auch die Begeisterung für andere Kulturen, führt
Schwan auf dem Neujahrsempfang mehrfach aus. Dementsprechend habe die Gesellschaft bereits im Jahr 2015
mehrere Kochabende mit russischem Essen organisiert.
Sehr erfolgreich, denn alle Abende waren meist innerhalb
kürzester Zeit ausgebucht. Dieses Format soll auf jeden
Fall auch 2016 fortgesetzt werden. Neben den in Kooperation mit der VHS durchgeführten Kochabenden will der
Verein auch 2016 wieder auf dem Fest der Begegnung in
Schloss Neuhaus russische Spezialitäten auf den Tisch
bringen und das Publikum zu weiteren kulturellen Leckerbissen mit russischen Spezialitäten locken. Auf dem Programm stehen in diesem Jahr ferner wieder zwei Filmabende in Kooperation mit Cineplex Paderborn, bei denen
schon traditionell russisches Gebäck und Tee aus dem
Samowar gereicht wird. Die DRG freut sich auf die Literaturverfilmungen von Alexander Puschkins „Onegin“ und
Tolstois „Anna Karenina“. Es handelt sich zwar in beiden
Fällen um keine russischen Verfilmungen, aber es ginge
hier vor allem um die sehr gelungene filmische Umsetzung
zweier russischer Klassiker.
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Bei den Reisen des Vereins werden in diesem Jahr durchweg kürzere Distanzen angegangen. Auf dem Programm
stehen zum Beispiel der Rheingau und Wiesbaden mit seinen vielfältigen russischen Bezügen. Ende des Jahres ist
eine Fahrt nach Berlin mit Besuch im Reichstag, Gesprächen mit Bundestagsabgeordneten zu den deutsch-russischen Beziehungen und Besuchen im Russischen Dorf in
Potsdam, der russischen Botschaft und dem DeutschRussischen Museum in Karlshorst geplant. Kleinere Fahrten
ins Sauerland und nach Bremen und Bremerhaven kommen hinzu. „Außerdem werden wir im Sommer eine schöne Ausstellung der deutsch-russischen Künstler Hermann
Fast und Tatjana Stöhr im Schoss in Neuhaus präsentieren können“, ergänzt Schwan. Zwei Konzerte sind für
Ende des Jahres geplant, darunter im November wieder
der Rossika-Chor aus Sankt Petersburg, der bereits in vergangenen Jahren ein großes Paderborner Publikum in seinen Bann gezogen hat.
Informationen zu allen Veranstaltungen mit Veranstaltungsorten und Terminen sind auf der Homepage des
Vereins www.drg-paderborn.de zu finden.
Weitere Information:
Präsident Stefan Schwan
Grube 4
33098 Paderborn
Telefon 05251/50 89 925
[email protected]
www.drg-paderborn.de/
(Irina Samuylova)
Neujahrsempfang der DRG Paderborn am 9.1.2016.
Foto: Tetyana Galzow
Rundschreiben Nr. 1
Bund der Vertriebenen
Dr. Gundula Bavendamm wird Direktorin der Stiftung
„Flucht, Vertreibung, Versöhnung“
„Sichtbares Zeichen“ muss endlich sichtbar werden
Nach der Sitzung des Stiftungsrates der Stiftung „Flucht,
Vertreibung, Versöhnung“ erklärt BdV-Präsident Dr. Bernd
Fabritius MdB:
Soeben hat der Stiftungsrat der Bundesstiftung „Flucht,
Vertreibung, Versöhnung“ Dr. Gundula Bavendamm einstimmig zur neuen Stiftungsdirektorin gewählt. Diese Personalentscheidung begrüße ich ausdrücklich. Die sechs
BdV-Mitglieder im Stiftungsrat haben diese wichtige Weichenstellung mitgetragen.
Als Historikerin und Kulturmanagerin verfügt Dr. Bavendamm über einen breiten Erfahrungsschatz: Ihre Expertise
bringt sie bereits u. a. in den Wissenschaftlichen Beirat
des Vereins „Unsere Geschichte – Gedächtnis der Nation“
ein, der von Prof. Dr. Guido Knopp und Hans-Ulrich Jörges
initiiert wurde. Als Kuratorin hat sie in den vergangenen
15 Jahren in vielen deutschen Städten Ausstellungen konzipiert und aufgebaut. Seit 2010 leitet sie das AlliiertenMuseum in Berlin.
Dr. Bavendamm muss sich nun der Aufgabe stellen, das
geltende Stiftungskonzept sowie die geplante Dauerausstellung als das „Sichtbare Zeichen“ umzusetzen und so
entsprechend dem gesetzgeberischen Auftrag dieses
Thema in der Mitte unserer Gesellschaft endlich auch
sichtbar werden zu lassen. Die Fundamente hierzu sind
gelegt. Da sich auch der BdV dafür stets konstruktiv eingesetzt hat, bauen wir auf eine gute Zusammenarbeit.
April 2016
Ich bin davon überzeugt, dass mit der neuen Direktorin
genau eine solch vielseitige Persönlichkeit und somit eine
Garantin für den baldigen Erfolg dieses Vorhabens gefunden wurde.
BdV – Bund der Vertriebenen
Bundesgeschäftsstelle Bonn
Godesberger Allee 72-74
53175 Bonn
Telefon +49 (0)228/81007 26/28
Fax +49 (0)228/81007 52
www.bund-der-vertriebenen.de
(Pressemitteilung vom BdV vom 22.2.2016)
Wechsel bei der Kulturstiftung der deutschen
Vertriebenen
Nach vier Jahren als Vorsitzender des Kuratoriums und
zwölf Jahren als Vorstandsvorsitzender hat Hans-Günther
Parplies zum Jahresende die Verantwortung für die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen in Bonn an BdVVizepräsident Reinfried Vogler weitergegeben. Wie bisher
gehören dem Vorstand Christine Czaja und Dr. Barbara
Drufar-Loeffke an. Neu hinzugewählt wurde BdV-Vizepräsident Oliver Dix.
Der bisherige Vorsitzende, Hans-Günther Parplies, wird
der Arbeit der Stiftung als Ehrenvorsitzender beratend
verbunden bleiben.
(http://kulturportal-west-ost.eu/korrespondenzen/wechsel-beider-kulturstiftung-der-deutschen-vertriebenen vom 25.1.2016)
Die vor Dr. Bavendamm liegenden Herausforderungen zeigen, dass zur Leitung dieser Bundesstiftung eine sprichwörtlich „eierlegende Wollmilchsau“ erforderlich ist: Diese
muss mit konstruktiver Unterstützung durch einen neu zu
besetzenden wissenschaftlichen Beraterkreis die darzustellenden Schicksale von Flucht und Vertreibung der
deutschen Zivilbevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg
in ihrem historischen Kontext und mit Empathie museal
darstellen, medial in die Mitte der Gesellschaft transportieren und das Projekt auch organisatorisch so weitervoranbringen können, dass die allseits erwartete Eröffnung
des Deutschlandhauses bald möglich wird.
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Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Landsmannschaft Weichsel-Warthe
Bundesverband e.V.
„Die Vertriebenen und ihr Blick nach vorn“
Bundeskulturtagung der LWW vom 21. bis 22. Mai 2016
Unter diesem Arbeitstitel führt die Landsmannschaft
Weichsel-Warthe ihre diesjährige Bundeskulturtagung in
Fulda durch. Nach den Grußworten der Ehrengäste sind
folgende Vorträge vorgesehen:
„Die Vertriebenen in der Sicht der Öffentlichkeit“ – Referent angefragt
„Die in die Zukunft schauende Zusammenarbeit von Prof. Dr. Gotthold Rhode mit der polnischen Wissen schaft“ – Referent angefragt
„Bedeutung der deutsch-polnischen Schulbuchkom mission“ – Götz Urban
„Die Gründung der drei Hilfskomitees vor 60 Jahren als Vorstufe zur Gründung der Landsmannschaft Weichsel-
Warthe“ – Dr. Martin Sprungala
Berichte unserer Gäste aus Polen und Sachstandsbe richte aus der Arbeit unserer landsmannschaftlichen Vereinigungen
Am Abend werden die diesjährigen Kulturpreise vergeben.
Der Kulturabend wird voraussichtlich von Vertretern des
Heimatkreises Kolmar gestaltet.
Heimatliche Morgenandacht, mit der Auswertung und
den Schlussworten der Tagungsleitung endet die Bundeskulturtagung.
Einladungen an die Vorsitzenden der LWW-Gliederungen
werden rechtzeitig versandt werden. Der Vorstand bittet
darum, den Beitragsverpflichtungen nachzukommen.
Interessierte Landsleute können sich über die Mitgliedsgruppen und Einzelmitglieder über die Bundesgeschäftsstelle anmelden.
Weitere Interessenten, die keiner unserer Gliederungen
angehören oder kein Einzelmitglied sind, können sich an
uns wenden und die Einladung erhalten, wenn sie bereit
sind, die Kosten für Unterkunft, Verpflegung und die Fahrt
selbst zu übernehmen.
Weitere Termine 2016
23. April: Treffen der Heimatfreunde Dresden gemein-
sam mit der Gemeinschaft Evangelischer Posener in Dresden, 14.00 Uhr, Begegnungsstätte des DRK
21. bis 30. Juni: Wolhynienfahrt des Historischen Vereins Wolhynien. Weitere Informationen und Anmeldung beim Freundeskreis Moczulki/Matschulek, Walter Manz, Goethestr. 17, 06485 QLB-Gernrode, 039485-610 446
28. bis 31. Juli: Traditionelle Heimatfahrt in den Heimat kreis Meseritz mit Herybert Schulz.
Weitere Information:
Landsmannschaft Weichsel-Warthe Bundesverband e.V.
Dr. Martin Sprungala
Bundesvorsitzender und Bundessprecher
Friedrichstraße 35 II
65185 Wiesbaden
Telefon 0611/37 97 87
Fax 0611/15 74 972
[email protected]
http://wiki.wolhynien.net/index.php/Landsmannschaft_
Weichsel-Warthe
(Dr. Martin Sprungala)
60
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Schlesische Trachten- und Jugendgruppe
Altvater/Rübezahl
Die Schlesischen Sommersänger waren wieder unterwegs – Winteraustreiben auf die traditionelle Art!
Am Sonntag, den 6. März 2016, dem traditionellen Sonntag Laetare (aus dem Lateinischen übersetzt bedeutet das
„Freuet Euch“), zogen 13 Kinder im Alter von 1 bis 17 Jahren mit ihren schlesischen Sommerstecken in Iserlohn zum
Sommer(an)singen und Winteraustreiben aus. Bereits um
10:00 Uhr morgens versammelten sich alle Kinder, einige
Eltern und die Betreuer/Fahrer im Ostlandheim in der
Stennerstraße. Frau Julia von Loh, Leiterin der im Februar
2014 gegründeten Kindergruppe, stimmte die traditionellen Sommeransingelieder an. Im Saal erschallte es laut
„Winter ade“. Das „Summer, Summer, Summer, ich bin a
kleener Pummer, ich bin a kleener Keenig, gabt mir net
zuwenig …“ in schlesischer Mundart und das Spottlied
„Geizhals“ schmettern alle Kinder gern. Schwungvoll
gingen dabei die Sommerstecken hoch und runter und
bekräftigten das Winteraustreiben. Insgesamt wurden vier
Gruppen gebildet, und es war sogar noch Zeit, um ein Erinnerungsfoto mit allen Kindern und Betreuern zu schießen.
Foto: Reinald Müller, privat
Schlesische Trachten- und Jugendgruppe
Altvater/Rübezahl
Herr Hans-Joachim Muschiol
In den Telgen 17
58638 Iserlohn
Telefon 02371/33 785
Ab 10:30 Uhr ging’s los in die Iserlohner Stadtteile Gerlingsen, Nußberg und Wermingsen. Dort wurden nicht nur
Schlesier besucht, sondern auch Iserlohner, die diesen
Brauch seit über 60 Jahren schätzen und lieben. Dass dieses Jahr nicht alle Kinder ihre farbenfrohen schlesischen
Trachten trugen, lag am eiskalten, wenn auch sonnigen
Wetter. Die Kinder wurden mit Süßigkeiten für ihren Gesang beschenkt. „Die Schlesische Trachten- und Jugendgruppe freut sich sehr über die Spenden. Sie werden verwendet für unsere Arbeit der Kindergruppe und für die
Ausgestaltung unserer neuen Gruppenräume in der ehemaligen Albert-Schweitzer-Schule in Letmathe“, so der
90-jährige Gruppenleiter der Schlesischen Trachten- und
Jugendgruppe „Altvater/Rübezahl“ Iserlohn, Hans-Joachim
Muschiol: „Ein herzliches ‚Vergelt’s Gott‘ allen Spendern!“
Nicht nur die Kinder und die Trachtengruppe sind glücklich, auch die Besuchten wurden von den Kindern beschenkt: Über 50 rote Tonpapier-Marienkäfer, gebastelt –
mithilfe ihrer Mutter Karin – von Muschiols jüngster Enkeltochter Anna aus Thüringen, wechselten am Sonntag ihre
Besitzer und baumeln nun an den vorösterlichen Zweigen
der Iserlohner. Hoffen wir, dass der Frühling bald Einzug
erhält!
(Barbara Müller)
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4
Mitteilungen russlanddeutscher und anderer Verbände und Vereine in Nordrhein-Westfalen
Stiftung Deutsche Kultur im östlichen Europa – OKR
Schlesienreise der Stiftung „Deutsche Kultur im östlichen Europa“ (OKR)
vom 20. bis 26. Mai 2016
Abfahrtsort : Görlitz
Weitere Informationen und Anmeldung:
Rüdiger Goldmann
Paul-Löbe-Str. 54
40595 Düsseldorf
Telefon und Fax: 0211/70 05 150
(Gesamtleitung der Begegnungs- und Kulturfahrt)
Sudetendeutsche Landsmannschaft, Landesgruppe
Nordrhein-Westfalen
Kontroverse Diskussionen und solidarisches
Zusammenstehen
Engagierte Meinungsäußerungen über den Prozess der inhaltlichen Neuausrichtung der Sudetendeutschen Landsmannschaft und große Geschlossenheit bei den anstehenden Neuwahlen prägten die Landesversammlung der
Sudetendeutschen Landsmannschaft, Landesgruppe
Nordrhein-Westfalen, die am 12. März 2016 im Saal „Sudetenland“ des Gerhart-Hauptmann-Hauses in Düsseldorf
stattgefunden hat.
Sowohl bei der Diskussion über den Bericht des Landesobmanns Günter Reichert „Die Sudetendeutschen in
Nordrhein-Westfalen – Bestandsaufnahme und Ausblick“
als auch im Anschluss an das Referat des Bundesgeschäftsführers der Sudetendeutschen Landsmannschaft,
Christoph Lippert, zu dem Thema „Die heimat- sowie kulturpolitische Kompetenz der Sudetendeutschen Landsmannschaft (SL) und ihre Bedeutung für die Ausgestaltung
der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Freistaats Bayern und der Tschechischen
Republik unter Einbeziehung der Sudetendeutschen Volksgruppe“ standen die Auseinandersetzung zu den Beschlüssen der Bundesversammlung der Sudetendeutschen
Landsmannschaft über die Änderung des Zweckparagrafen in der Satzung des SL-Bundesverbandes im Mittelpunkt. Während der Landesobmann, Günter Reichert,
vornehmlich die verfahrenstechnischen Aspekte und die
damit zusammenhängenden gerichtlichen Verfahren erläuterte, konzentrierte sich der Bundesgeschäftsführer
Christoph Lippert auf die – von einer breiten Mehrheit
der Bundesversammlung getragenen – inhaltlichen Fundamente der heimatpolitischen Ausrichtung der Volksgruppenorganisation.
62
Er verwies dabei auf die zentrale Zweckbestimmung in
der Neufassung der Satzung der Sudetendeutschen Landsmannschaft, „an einer gerechten Völker- und Staatenordnung mitzuwirken, in der die Menschen- und Grundrechte,
das Recht auf die Heimat und das Selbstbestimmungsrecht
der Völker und Volksgruppen für alle gewahrt und garantiert werden“, sowie auf die anschließende Forderung, „Verstöße gegen diese Rechte wie Völkermord, Vertreibungen,
ethnische Säuberungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, menschen- und völkerrechtswidrige Enteignungen sowie Diskriminierungen weltweit zu ächten und dort,
wo sie erfolgten, auf der Grundlage eines gerechten Ausgleiches zu heilen“. Und in der für die konkrete politische
Gestaltung maßgeblichen, im Jahr 2015 beschlossenen
Grundsatzerklärung sei ausdrücklich verankert: „Die Sudetendeutsche Landsmannschaft arbeitet darauf hin,
dass die Tschechische Republik die in den Jahren 1945/
1946 vom Präsidenten, der Regierung oder dem Parlament der damaligen Tschechoslowakei erlassenen und
fortwirkenden Dekrete, Gesetze und Verordnungen, die
Unrechtstatbestände – kollektive Entrechtung, Enteignung, Zwangsarbeit, Vertreibung und Ermordung – anordneten bzw. legalisierten, außer Kraft setzt.“
Lippert ging davon aus, dass diese Zielsetzungen grundsätzlich von der überwältigenden Mehrheit in der sudetendeutschen Volksgruppe geteilt werden. Unterschiedliche
Vorstellungen gebe es über den Weg, auf dem diese erreicht werden können. Über Jahrzehnte hinweg habe man
sowohl von der Führung der Landsmannschaft als auch
von interessierten Gruppen und Einzelpersonen in der
Volksgruppe versucht, mit Beschlüssen, Proklamationen,
Eingaben und Klagen bei den verschiedensten politischen
und rechtlichen Institutionen zum Erfolg zu kommen. Als
Ergebnis aller Bemühungen, gerade vor internationalen
Gerichten, sei festzuhalten, dass es allein in der Zuständigkeit und Verantwortung der tschechischen Regierung
liegt, die im Zusammenhang mit der Vertreibung erfolgte
Verletzung von Persönlichkeits- und Eigentumsrechten
der Sudetendeutschen zu heilen. Dazu werde es aber nur
kommen, wenn auf diplomatischem Weg ein neues Vertrauensverhältnis zwischen den politischen Verantwortungsträgern in der Tschechischen Republik und der sudetendeutschen Volksgruppe unter der Schirmherrschaft
der Regierung des Freistaats Bayern aufgebaut werde.
Nach mühsamen „kleinen Schritten“ in den vergangenen
zwei Jahrzehnten seien gerade in letzter Zeit durch den
demonstrativen Besuch des stellvertretenden Ministerpräsidenten der Tschechischen Republik, Pavel Belobrádek, mit dem Niederlegen eines Blumengebindes für
die Opfer der Vertreibung im Sudetendeutschen Haus
oder durch das atmosphärisch unbelastete, kurze Gespräch des Sprechers Bernd Posselt und des bayerischen
Landesobmanns Steffen Hörtler mit dem tschechischen
Rundschreiben Nr. 1
Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka bei dessen offiziellem Besuch vor wenigen Tagen in München Entwicklungen
in Gang gekommen, die vor einigen Jahren noch unvorstellbar gewesen wären und die nicht rückgängig gemacht
werden können.
Bei allem Respekt vor den tiefen Verletzungen, die vor allem die Erlebnisgeneration durch die Vertreibung aus ihrer
Heimat erlitten haben, appellierten sowohl Lippert als
auch Reichert an die skeptischen Landsleute, auch Respekt
gegenüber den Leitgedanken der Angehörigen der nachwachsenden sudetendeutschen Generationen zu zeigen,
die zwar in Kenntnis der Belastungen aus der Vergangenheit, aber im Willen zur Mitgestaltung eines neuen sudetendeutsch-tschechischen Verhältnisses Verantwortung
in der Volksgruppenorganisation übernommen haben.
„Wir wollen ein funktionsfähiger, ein präsenter und ein
lebendiger Verband bleiben, gerade als Begegnungsort für
junge Menschen mit böhmisch-mährisch-schlesischen
Wurzeln, die diese Herkunft ihrer Vorfahren als Bereicherung zu ihrer jetzigen Heimat in Bayern oder in NordrheinWestfalen empfinden“, so der SL-Bundesgeschäftsführer
Christoph Lippert.
In der Diskussion wurden von einigen Teilnehmern die Zweifel artikuliert, ob seitens der tschechischen Politik trotz
der entgegenkommenden Politik der Sudetendeutschen
Landsmannschaft überhaupt je eine Bereitschaft gegeben
sein werde, Gerechtigkeit walten zu lassen. Deutlich angemahnt wurde eine offensivere Erläuterung der für die
Volksgruppe bedeutsamen Artikel in der Europäischen
Grundrechte-Charta, die in der neuen Satzung verankert
ist, sowie eine bessere und sachliche Informationspolitik
gegenüber den Mitgliedern über den Stand der einzelnen
Gerichtsverfahren zu der Satzungsänderung.
Im Gegensatz zu der kontroversen, aber immer sachlichen
Aussprache über die heimatpolitische Ausrichtung erfolgten die Neuwahlen des Landesvorstands unter der umsichtigen Leitung von Peter Hucker (Kreisgruppe Bielefeld) in
großer Einmütigkeit. Zum Landesobmann wurde mit einer
Gegenstimme erneut Günter Reichert (KG Bonn) gewählt;
zu seinen Stellvertretern wurden Karin Fuhrmann, Rüdiger
Goldmann (beide KG Düsseldorf) und Franz Zinecker (KG
Bochum) berufen. Schriftführerin und Vermögensverwalter bleiben Irmgard Abelsmann (Wesel) und Roland Janik
(KG Bonn). Weiterhin gehören dem Vorstand Rüdiger
Eichhorn (KG Minden), Brigitta Gottmann (KG Lüdenscheid) und Gottfried König (KG Krefeld) als Beisitzer an.
Zur Landesfrauenreferentin wählten die Delegierten auf
Vorschlag der Landesfrauentagung wiederum Brigitta
Gottmann; ihre Stellvertreterinnen sind Irmgard Abelsmann und Christa Schmalbach (KG Krefeld).
April 2016
Mit großem Beifall wurde Brigitta Gottmann vom Bundesgeschäftsführer Christoph Lippert in Anerkennung ihres
Einsatzes für die Erhaltung der Kulturleistungen der sudetendeutschen Volksgruppe und für die Wiederannäherung
von Sudetendeutschen und Tschechen in der Heimat die
vom Bundesvorstand verliehene Adalbert-Stifter-Medaille
überreicht. Ihr westfälischer Ehemann Wilhelm Gottmann
wurde nach seiner bereits über ein Jahrzehnt dauernden
Tätigkeit als Obmann der Kreisgruppe Lüdenscheid mit
der Rudolf-Lodgman-Plakette ausgezeichnet. Schließlich
erhielt der in Krefeld lebende Rüdiger Müller für sein
bereits mehrjähriges Wirken als Obmann der Kreisgruppe
Dortmund das Ehrenzeichen der Sudetendeutschen
Landsmannschaft.
Zu Beginn der Landesversammlung würdigte Landesobmann Günter Reichert sowohl die Toten des 4. März 1919
als auch den Altsprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Staatsminister Franz Neubauer, und die langjährige Obfrau der Kreisgruppe Neuss, Doris Lubos, die in den
vergangenen Monaten verstorben waren. Einen großen
Dank und hohe Anerkennung zollten die Delegierten und
die zahlreich zu dem Vortrag von Christoph Lippert erschienenen Gäste den Mitgliedern der Kreisgruppe Düsseldorf unter Vorsitz von Karin Fuhrmann für das prächtige
Kuchen-Buffet, das die nordrhein-westfälischen Landsleute in großer Eintracht genüsslich geleert haben.
Weitere Informationen:
Landesversammlung der Sudetendeutschen
Landsmannschaft
Landesgruppe Nordrhein-Westfalen
Dr. Günter Reichert
53604 Bad Honnef, Krummölser Str. 6
Tel: 02224/80 864, Fax: 03222/37 16 619
[email protected]
(Günter Reichert)
Bundesgeschäftsführer Christoph Lippert (l.) und der NRWLandesobmann Günter Reichert überreichten die Auszeichnungen an Brigitta und Wilhelm Gottmann sowie Rüdiger
Müller.
63
5
Veröffentlichungen
5
Veröffentlichungen
Wesentliche Ergebnisse
2014 gab es die höchste Zuwanderung und den höchsten
Wanderungssaldo seit 1992. Die Zuwanderung hat sich
2014 im Vergleich zum Vorjahr um 19 % erhöht, die Zahl
der Fortzüge stieg um 15 %, der Wanderungsgewinn beträgt 550.000 Personen. Im Jahr 2015 ist aufgrund der
starken Asylzuwanderung mit einem weiteren deutlichen
Anstieg der Zuzüge zu rechnen. Die EU-Binnenmigration
macht 55 % des gesamten Zuwanderungsgeschehens
nach Deutschland aus. Obwohl die absolute Zahl der Zuzüge von Unionsbürgern weiter gestiegen ist, ist der Anteil
der EU-Binnenmigration an der Gesamtzuwanderung aufgrund der überproportionalen Zunahme der Asylzuwanderung rückläufig.
Migrationsbericht 2014
Bestellnummer: FFMB14
Der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erstellte Migrationsbericht 2014 wurde am 6. Januar 2016
durch Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière vorgestellt. Neben umfassenden Wanderungsdaten zu
Deutschland enthält der Bericht einen europäischen Vergleich zum Migrationsgeschehen und zur Asylzuwanderung. Er behandelt das Phänomen der irregulären Migration und informiert über die Struktur und Entwicklung der
Bevölkerung mit Migrationshintergrund.
64
Aufgrund der Zunahme von Krisenherden auf der Welt
hat sich der Anstieg der Asylbewerberzahlen im Vergleich
zum Vorjahr weiter fortgesetzt (+60 % auf 203.000
Antragsteller). In diesem Zusammenhang verzeichneten
auch die Indikatoren der irregulären Migration eine Zunahme. Im Jahr 2015 hat die Zuwanderung, insbesondere aufgrund der stark gestiegenen Zugänge an Asyl
suchenden Menschen, weiter deutlich an Dynamik gewonnen. So stieg die Zahl der Asylantragstellenden in den
ersten elf Monaten des Jahres 2015 (425.000 Personen)
um 134 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Registrierungen von Asylsuchenden im sog. EASY-System lag im gleichen Zeitraum
deutlich höher (965.000 Personen). Der Zuzug von Fachkräften aus Staaten außerhalb der Europäischen Union
stieg 2014 um 13 % gegenüber dem Vorjahr an.
Rundschreiben Nr. 1
Auch begannen mit 93.000 jungen Menschen, die ihre
Hochschulreife im Ausland erworben haben, so viele ihr
Studium in Deutschland wie nie zuvor. Hauptherkunftsland der Zugewanderten ist weiterhin Polen, wie schon
seit 1996. Die Zuzüge aus Rumänien und Bulgarien steigen seit dem EU-Beitritt im Jahr 2007 kontinuierlich an.
Seit dem EU-Beitritt zum 1. Juli 2013 nehmen auch die
Zuzugszahlen aus Kroatien merklich zu. In Deutschland
hat jeder fünfte Einwohner einen Migrationshintergrund,
bei Kindern unter zehn Jahren liegt dieser Anteil bereits
bei etwa einem Drittel.
Der Migrationsbericht der Bundesregierung wird jährlich
durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
erstellt.
Als Download unter:
www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/
Migrationsberichte/migrationsbericht-2014.pdf?__blob=
publicationFile
(Mitteilung des BAMF vom 6.1.2016)
Blickpunkt Integration 2015
April 2016
Internationale Jugendarbeit einfach erklärt
Eine neue Broschüre erklärt auf 16 Seiten das wichtigste Grundwissen über Ziele, Zielgruppen, Formate und
Finanzierung Internationaler Jugendarbeit und ihren
Nutzen für Kinder, Jugendliche, Fachkräfte und die
Gesellschaft.
Was ist Internationale Jugendarbeit? Wer selbst in diesem
Arbeitsfeld tätig ist, kennt die Herausforderung, Politiker(inne)n, Mitarbeiter(inne)n in Verwaltungen und Verbänden, Journalist(inn)en oder auch einfach Freund(inn)en
und Verwandten zu erklären, was Internationale Jugendarbeit ist und worin ihr Nutzen für Kinder, Jugendliche, Fachkräfte und die Gesellschaft besteht. Ein Redaktionsteam
bei IJAB hat sich des Themas angenommen und erklärt auf
16 Seiten das wichtigste Grundwissen über Ziele, Zielgruppen, Formate und Finanzierung. Die Broschüre kann –
auch in größeren Stückzahlen – kostenlos bestellt und
zum Beispiel für die eigene Öffentlichkeitsarbeit genutzt
werden.
Weitere Informationen unter:
www.ijab.de/aktuell/themenfilter/non-formale-bildung/
a/show/internationale-jugendarbeit-einfach-erklaert/
Die Sonderausgabe des Magazins „Blickpunkt Integration“
dreht sich ganz um das Jubiläum „10 Jahre Zuwanderungsgesetz – 10 Jahre Integrationsarbeit des Bundesamtes“.
www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/
BlickpunktIntegration/2015/2015-01.html
65
5
Veröffentlichungen
Viktor Krieger wirft einen vielfältigen Blick auf die
Vergangenheit und Gegenwart der Volksgruppe
Viktor Krieger: Kolonisten, Sowjetdeutsche, Aussiedler.
Eine Geschichte der Russlanddeutschen.
„In diese Arbeit sind meine ganzen 30-jährigen Erfahrungen und Kenntnisse der wichtigsten Themen der russlanddeutschen Problematik eingeflossen, sie ist buchstäblich mit Herzblut geschrieben“, sagt der Historiker
Dr. Viktor Krieger über sein kürzlich erschienenes Buch
„Kolonisten, Sowjetdeutsche, Aussiedler. Eine Geschichte
der Russlanddeutschen“ (Bonn 2015). In der Schriftenreihe
der Bundeszentrale für politische Bildung erschienen, ist
es eine wissenschaftlich gründlich untermauerte, aber
gleichzeitig für einen breiten Leserkreis gedachte Gesamtdarstellung der russlanddeutschen Geschichte. Die umfassende Publikation beinhaltet neue wissenschaftliche Erkenntnisse ebenso wie manche neuen Interpretationen
und Sichtweisen auf die Vergangenheit und Gegenwart
der Russlanddeutschen dort und hier.
66
Dr. Viktor Krieger (geb. 1959 im Gebiet Dschambul/
Kasachstan) hatte sich schon in der Sowjetunion den Ruf
eines anerkannten Historikers und pointierten Publizisten
verdient. Nach dem Geschichtsstudium in Nowosibirsk
war er wissenschaftlicher Mitarbeiter eines akademischen
Instituts in Nowosibirsk, Hochschullehrer in Dschambul,
promovierte über deutsche Siedler in der kasachischen
Steppe und in Turkestan vor 1917. Seit 1991 lebt der Wissenschaftler in Deutschland (Lobbach). Durch seine beruflichen Stationen am Generallandesarchiv Karlsruhe, Institut für Auslandsbeziehungen Stuttgart und an der Universität Heidelberg (seit 2003 Lehrbeauftragter am Seminar für Osteuropäische Geschichte) kamen Projektbeteiligungen zur russlanddeutschen Problematik zustande. Krieger hat zahlreiche Veröffentlichungen in Jahrbüchern, Lexiken und Sammelbänden.
Mehrfach wurden seine geschichtlichen Beiträge in den
Publikationen der Landsmannschaft der Deutschen aus
Russland (Info-Broschüren, Denkschriften, Heimatbücher,
fachliche Betreuung der Wanderausstellung „Deutsche
aus Russland. Geschichte und Gegenwart“) veröffentlicht.
Manche neue Themen der russlanddeutschen Geschichte
und Gegenwart wurden in enger wissenschaftlicher Kooperation mit russischen Kollegen (Nischnij-Tagil) oder in
Zusammenarbeit mit der Menschenrechtsorganisation
„Gesellschaft für bedrohte Völker e.V.“ durchleuchtet und
der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.
Seit 2001 tritt Dr. Krieger regelmäßig mit Vorträgen bei
wissenschaftlichen Konferenzen zu verschiedenen Fragestellungen der Geschichte und Kultur der Russlanddeutschen auf, hält Gast-/Sondervorträge an Universitäten
und öffentliche Vorträge, beteiligt sich an Podiumsdiskussionen und Expertenrunden. Seine Erkenntnisse hat er
auch in Buchpublikationen (in deutscher und russischer
Sprache) zusammengefasst. 2013 ist sein aufschlussreiches Buch „Bundesbürger russlanddeutscher Herkunft:
Historische Schlüsselerfahrungen und kollektives Gedächtnis“ (Berlin, Münster: Lit-Verlag, ISBN 978-3-643-12073-1)
erschienen. Durch seine fundierten Forschungen zur Vergangenheit der Deutschen im Russischen Reich bzw. in
der UdSSR sowie zahlreiche Publikationen zur gegenwärtigen Lage der Volksgruppe hat Krieger einen erheblichen
Beitrag zur Geschichte der Deutschen in/aus Russland
und der Sowjetunion geleistet.
Rundschreiben Nr. 1
In diese Reihe gehört auch sein jüngstes Werk „Kolonisten,
Sowjetdeutsche, Aussiedler. Eine Geschichte der Russlanddeutschen“, das einen weiten Bogen von den ersten
größeren Siedlerbewegungen im 18. Jahrhundert bis in
die Zeiten, in denen die Russlanddeutschen im vereinten
Deutschland eine neue Perspektive suchten, spannt. In
mehreren Kapiteln entwirft Krieger ein vielschichtiges Panoramabild der russlanddeutschen Geschichte und Gegenwart. In seiner Darstellung widmet sich Krieger neben der
historischen Entwicklung auch dem Beitrag der deutschen
Minderheit zum kulturellen, politischen und ökonomischen
Leben im Zarenreich und der Sowjetunion, wobei er die
Erfahrung jahrzehntelanger Abseitsexistenz und staatlicher Diskriminierungs- und Verfolgungspolitik während
der Herrschaft Stalins und danach ganz besonders unter
die Lupe nimmt.
Unter dem Titel „Deutsche Siedler im Russischen Reich“
wird die Bedeutung der deutschen Bauern und Handwerker in der Kolonisationspolitik des Zarenreiches sowie
die Etablierung der deutschen Siedlungsgebiete mit dem
schwierigen Spagat zwischen Integration und eigenständiger Entwicklung durchleuchtet, bis hin zum Ersten
Weltkrieg und dem Zusammenbruch der bestehenden
Ordnung.
Im Kapitel „Die Nachkommen der einstigen Kolonisten im
Sowjetstaat“ geht es um politische, kulturelle, demografische und ökonomische Umwälzungen in der Zwischenkriegszeit mit einem besonderen Blick auf die Deutschen
in der Sowjetunion als „Personen minderen Rechts“ –
nach 1941 hatte das Regime durch Deportation, Arbeitslager und Sondersiedlung die Deutschen in der Sowjetunion in einem eisernen Zangengriff. Auch die halbherzige
Rehabilitierung in den Jahren 1956 – 1985 und die Aufbruchsbewegung danach führten keine wirklich zufriedenstellenden Lösungen der „deutschen Frage“ in der Sowjetunion und ihren Nachfolgestaaten herbei. Diese Situation
löste letztendlich einen nie dagewesenen Massenausgang
der Deutschen in das Land ihrer Vorfahren aus – mit diesem schwierigen und schmerzhaften Prozess wie auch mit
dem Thema „Russlanddeutsche im Deutschen Reich und
in der Bundesrepublik“ beschäftigen sich die weiteren
Inhalte des Buches. „Die meisten Betroffenen waren letzten Endes nicht mehr bereit, ihren minderen Status weiterhin widerspruchslos hinzunehmen … Die ausgebliebene
Wiederherstellung der deutschen Wolgarepublik wird in
der russischen Gesellschaft auch weiterhin nicht selten als
handfeste Bestätigung ihrer vermeintlichen Schuld gedeutet …“, schreibt Krieger.
April 2016
Mit etwa derzeit 2,5 Millionen machen Bürger mit einem
russlanddeutschen Hintergrund mehr als drei Prozent der
Bevölkerung in Deutschland aus. Sie stellen auch einen
zunehmend wachsenden demografischen, wirtschaftlichen und soziokulturellen Faktor in diesem Land dar. „Die
Bürger russlanddeutscher Herkunft sind in Deutschland
die größte Bevölkerungsgruppe mit der längsten – knapp
über 70 Jahre währenden – Diktaturerfahrung. Ihre historischen Erlebnisse bilden die Grundlage einer eigenständigen Identität und sind inzwischen zu einem integralen Bestandteil der deutschen Geschichte geworden. Zunehmend
wird ihre Vergangenheit auch als Teil der europäischen
Erinnerungskultur wahrgenommen“, ist in der Einleitung
zum Buch nachzulesen.
Die aufschlussreichen Inhalte der neuen Publikation werden durch die Zeittafel „250 Jahre russlanddeutscher
Geschichte und Kultur“, ein umfangreiches Glossar zum
besseren Verständnis ausgewählter Begrifflichkeiten,
mehrere Konkordanztabellen sowie ein Orts- und Personenregister ergänzt. Nach jedem Unterkapitel gibt es ein
Literaturverzeichnis. Zahlreiche Karten, Tabellen und aussagekräftige Fotos (farbig und schwarz-weiß), die größtenteils zum ersten Mal veröffentlicht werden, veranschaulichen die Texte.
Viktor Krieger, „Kolonisten, Sowjetdeutsche, Aussiedler.
Eine Geschichte der Russlanddeutschen“, Bonn 2015,
272 Seiten, ISBN 978-3-8389-0631-7. Zu beziehen auch
unter www.bpb.de/shop/buecher/schriftenreihe/217258/
kolonisten-sowjetdeutsche-aussiedler (das Buch kostet
nur 4,50 Euro plus Versand).
(Nina Paulsen)
67
5
Veröffentlichungen
Migration und Integration: Kommentierte Bibliografie
– von 2000 bis 2013
Wladimir Süss
„Orte der Reformation“
Königsberg und das Herzogtum Preußen
In der Reihe „Orte der Reformation“ ist ein Heft erschienen, das sich dem Thema „Königsberg und das Herzogtum
Preußen“ widmet. Die 92 Seiten starke Publikation mit
über 80 Abbildungen ist von der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig veröffentlicht worden. Die Herausgeber –
Pfarrer i. R. Lorenz Grimoni, Leiter des Museums Stadt
Königsberg in Duisburg, und Dr. Andreas Lindner, Theologe am Martin-Luther-Institut der Universität Erfurt –
stellen in dieser 18. Ausgabe der Reihe einmal mehr ihre
hohe Fachkompetenz unter Beweis.
AV Akademikerverlag (27.10.2014 )
ISBN-13: 978-3-639-72651-0
ISBN-10:3639726510 Preis: 71,90 Euro
Nach wie vor ist das Interesse am Themenkomplex Migration und Integration in Deutschland sowohl vonseiten
der Wissenschaft als auch der Medien groß. So sucht die
vorliegende Bibliografie für die Recherche und Ausarbeitung von Publikationen zur Lebenssituation von Menschen
mit Migrationshintergrund, insbesondere im Bereich
Russlanddeutsche, die Arbeit zu erleichtern, indem es
Wissenschaftlern, Studierenden, öffentlichen Institutionen,
Verbänden und Parteien sowie der Presse und anderen
Medienvertretern den Zugang zu Informationen ermöglicht.
(www.akademikerverlag.de)
68
Dietrich Brauer, Bischof der Evangelisch-Lutherischen
Kirche Europäisches Russland (ELKER), betont in seinem
Vorwort: „Markgraf Albrecht von Brandenburg, persönlich
mit Luther und Melanchthon befreundet, führte die Reformation im Ordensstaat ein. Damit löste er 1525 den
alten Deutschordensstaat auf und gründete das Herzogtum Preußen. Es wurde eine Kirchenordnung verabschiedet und die erste deutsche evangelisch-lutherische Landeskirche etabliert.“ Dr. Andreas Lindner erläutert, wie im
günstigen Zusammenwirken Herzog Albrechts, der Bürger
Königsbergs und des von Martin Luther entsandten Johannes Briesmann die Einführung der Reformation und
der Aufbau der ersten evangelisch-lutherischen Landeskirche überhaupt begann. Lorenz Grimoni behandelt das
Thema der „Glaubensflüchtlinge in Preußen seit der Reformation“. Die Flüchtlinge kamen anfangs aus den Niederlanden und aus Böhmen. Später waren es die calvinistischen Hugenotten aus Frankreich, die Mennoniten aus
der Schweiz und nach 1731 die Salzburger Emigranten
sowie englische und schottische Puritaner, die in Königsberg und in der Provinz eine neue Heimat gesucht und
gefunden haben. Stephan Bitter, Superintendent i. R. und
Lehrbeauftragter für Kirchengeschichte an der Universität
Bonn, schildert in seinem Beitrag das Wirken der ersten
Generation von Reformatoren in Königsberg. Klaus Plorin, evangelischer Gemeindepfarrer in Bayern, beschreibt
Königsberg „als Ort evangelischer Kirchenlieder – Die
himmlische Kunst der Musica“. Bei Michael Ludscheidt,
Bibliotheksleiter im Augustinerkloster Erfurt und Germanist an der Universität Erfurt, steht die „Literatur in Königsberg zwischen Reformation und Barock“ im Mittelpunkt.
Rundschreiben Nr. 1
„Reformation in Königsberg und im Herzogtum Preußen“
ist auch der Titel der Ausstellung, die das ehrenamtliche
Museumsteam um Lorenz Grimoni als „Abschiedsgeschenk“ für den Standort Duisburg wählte. Hintergrund
ist, dass in der 18. Ausgabe der Publikation „Orte der Reformation“ zahlreiche Dokumente und Bilder aus den Beständen des Museums Stadt Königsberg erwähnt werden,
die die Besucher bei einem Rundgang durch die Ausstellung in Duisburg betrachten können.
Zu den Besonderheiten der Präsentation gehören die
erste Predigt des Bischofs Georg von Polentz sowie die
erste preußische Chronik von Petri de Dusburg und eine
wertvolle Bibel mit Bildern der Familie Luther. Eine Art
„geistigen Mittelpunkt“ bildet die Darstellung des im Krieg
zerstörten und wiederaufgebauten Königsberger Doms.
Ergänzend ist der Dom zu Königsberg mit der 1924 eingerichteten Grabstätte als Modell aus dem Jahre 1968 zu
sehen.
April 2016
Die Verbindung der Stadt Duisburg mit Königsberg geht
auf das Jahr 1951 zurück, als die Patenschaft für die geflüchteten und vertriebenen Bürger übernommen wurde.
Die am 5. Dezember 1992 im Kultur- und Stadthistorischen Museum am Johannes-Corputius-Platz eröffnete Museumseinrichtung löste das am 20. Oktober 1968 gegründete Museum Haus Königsberg ab. Die Betreuung des
Hauses übernahm die Stadtgemeinschaft Königsberg mit
der Stiftung Königsberg in Zusammenarbeit mit der Stadt
Duisburg. Der heute 76-jährige Museumsleiter Lorenz
Grimoni und sein inzwischen gealtertes Team sind überzeugt, dass die Arbeit an den gewachsenen Sammlungsbeständen des Hauses und die Koordinierung grenzüberschreitender Projekte in den Händen der jüngeren Mitarbeiter in Lüneburg bestens aufgehoben sind.
(Kulturpolitische Korrespondenz [KK]
von Dieter Göllner vom Dezember 2015)
Zum Begleitprogramm der Reformations-Ausstellung in
Duisburg gehörte der von Dr. Andreas Lindner gehaltene
Vortrag über Albrecht von Brandenburg-Ansbach und die
Reformation. In der Salvatorkirche Duisburg wiederum
fand in Anlehnung an die Präsentation zur Lutherdekade
ein Festgottesdienst mit Professor Dr. Margot Käßmann,
der „Botschafterin für das Reformationsjubiläumsjahr
2017“, statt.
Es ist inzwischen bekannt, dass das Museum Stadt Königsberg in Duisburg nach seiner 47-jährigen Tätigkeit seine
Pforten schließt und in das Ostpreußische Landesmuseum
in Lüneburg umzieht. Ein letztes Mal zeigt man hier, so
Klaus Weigelt, Vorsitzender der Stadtgemeinschaft Königsberg, bei der Vernissage, die europäische Strahlkraft der
früheren Provinzhauptstadt Ostpreußens im Rahmen einer Ausstellung. Doch Königsberg soll auch weiterhin in
Duisburg „zu Hause“ sein. Da sich die Stadt zum Fortbestand der Patenschaft bekannt hat, wird langfristig ein
Patenschaftsbüro betrieben werden. Außerdem wird weiterhin der „Königsberger Bürgerbrief“ erscheinen, der
über Themen zur Stadtgeschichte, über Ereignisse und
Personen vor 1945, über Entwicklungen im heutigen Kaliningrad sowie über die Tätigkeit der Stadtgemeinschaft
Königsberg informiert.
69
5
Veröffentlichungen
Roswitha Schieb: Breslau/Wrocław
Ein kunstgeschichtlicher Rundgang durch die Stadt
der hundert Brücken
Schieb, Roswitha: Breslau/Wrocław.
Ein kunstgeschichtlicher Rundgang durch die Stadt der
hundert Brücken, mit zahlreichen farbigen Abbildungen,
48 Seiten, gebunden, in Kooperation mit dem Verlag
Schnell + Steiner in der Reihe Große Kunstführer in der
Potsdamer Bibliothek östliches Europa,
Band 9, Regensburg/Potsdam 2015, 12,95 Euro,
ISBN 978-3-7954-2951-5
(www.kulturforum.info/de/startseite-de/1000305publikationen/1019383-kulturreisen/breslau-wroclaw)
Arne Franke (Hg.): Kleine Kulturgeschichte der
schlesischen Schlösser – 150 Adelssitze im Portrait
In Breslau ist es möglich, Architektur und Kunst in vier
Spaziergängen durch die Epochen hindurch nachzuvollziehen. So wie sich diese am Ring bereits im Kleinen zeigen,
erschließen sie sich – in einer nicht strengen, aber doch
markanten Chronologie – auf einer großen Runde durch
die Stadt. Zur Epoche der Gotik zählt das Rathaus mit der
Staupsäule, die Zeit des Barock zeigt sich im Kloster der
Kreuzherren mit dem Roten Stern, dem heutigen Ossolineum. Während die Synagoge zum Weißen Storch, 1827
bis 1829 von Carl Ferdinand Langhans erbaut, den Klassizismus spiegelt, markiert die Epoche des Historismus das
neobarocke Kaufhaus Barrasch, heute Feniks. Die Bestrebungen der Moderne sind an der berühmten Jahrhunderthalle von Max Berg abzulesen. Begleitet wird der Stadtrundgang von Zitaten berühmter Breslauer Dichter und
Schriftsteller. 2016 ist Breslau Kulturhauptstadt Europas.
Geschichte im Überblick
Inhalt:
1. Spaziergang
Gotik (1241 – 1500) und Renaissance (um 1500 – 1620)
Ring und Rathaus
Außerhalb des Rings
2. Spaziergang
Barock (um 1620 – 1750)
Barockkapellen im Dom
Außerhalb des Doms
3. Spaziergang
Klassizismus und Historismus (um 1750 – 1900)
4. Spaziergang
Moderne (um 1900 bis heute)
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Das durch den Kunsthistoriker und Herausgeber Arne
Franke inhaltlich konzipierte Buch fußt auf dessen Datenbank, in der er seit mittlerweile 20 Jahren alle herrschaftlichen Anlagen des Landes erfasst. Mittlerweile sind in dieser nahezu 3.000 Objekte für ganz Schlesien verzeichnet
– somit bietet diese eine solide Grundlage dafür, eine repräsentative Auswahl an Schlossbauten zu treffen, die
charakteristisch für die Kulturgeschichte des Landes sind.
Den inhaltlichen Schwerpunkt des Buches bildet die Darstellung der wichtigsten wohlerhaltenen bzw. restaurierten Adelssitze in bebilderten Kurzmonografien mit historischen Anmerkungen zur Bau- und Eigentümergeschichte
sowie knappen Baubeschreibungen, die summarisch einen
Überblick über fast 700 Jahre Baugeschichte Schlesiens
umreißen. Zudem werden in dem Handbuch aber auch
Bauten berücksichtigt, deren derzeitiger Zustand kaum
noch eine Instandsetzung erhoffen lässt und die durch
mangelnde Bauunterhaltung, Brandkatastrophen oder Vandalismus inzwischen zu eindrucksvollen Ruinen geworden
sind – und damit umso mehr das wechselvolle Schicksal
dieses einst so reichen Landes illustrieren.
Rundschreiben Nr. 1
Der Band enthält zudem ein ausführliches Personen- und
Ortsregister, abgerundet durch ein Kapitel mit zahlreichen
Personenbiografien sowie ein Glossar zu historischen und
kunstgeschichtlichen Fachbegriffen. Eine Übersichtskarte
mit der Verortung der Schlösser und touristische Hinweise
bei den zu besichtigenden Objekten vervollständigen diesen handlichen Führer und machen ihn zu einem praktikablen Cicerone.
Band 1. Niederschlesien
Bergstadtverlag Wilhelm Gottlieb Korn, Görlitz
(1. Auflage/2015), 404 Seiten
655 Illustrationen, Grundrisse sowie 1 Übersichtsplan
ISBN: 978-3-870-57336-2, Preis: 29,90 Euro
(www.arnefranke.de/kulturgeschichte-schlesischerschloesser/articles/schlesische-schloesser-haupttext.html)
Satire als Instrument der Humanität
Erich Pawlu erhielt den Gryphius-Preis
Der Schriftsteller und Publizist Erich Pawlu ist in Düsseldorf mit dem renommierten Andreas-Gryphius-Preis für
sein Gesamtwerk ausgezeichnet worden. Damit steht der
Dillinger Buchautor und Satiriker in einer Reihe mit Schriftstellern wie Siegfried Lenz, Wolfgang Koeppen, Otfried
Preußler, Peter Härtling und Walter Kempowski.
Erich Pawlu stammt aus dem nordmährischen Frankstadt
(heute Novy Malin). Von 1959 bis 1996 unterrichtete er
Deutsch, Geschichte, Erdkunde und Sozialkunde am
Johann-Michael-Sailer-Gymnasium Dillingen. 20 eigene
Bücher und 23.000 Einzelveröffentlichungen brachten
ihm schon bisher mehrere Literaturpreise ein. Für sein
kulturelles Schaffen wurde er 2011 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Gekürt werden die Gryphius-Preisträger nach strengen
Kriterien von einer Jury der Künstlergilde Esslingen. Deren
Bundesvorsitzender Hansjürgen Gartner und Professor
Dr. Winfrid Halder, Direktor des Gerhart-Hauptmann-Hauses Düsseldorf, würdigten im Rahmen einer Feierstunde
den Rang Erich Pawlus als Meister der Erzählkunst und
der konstruktiven Ironie. In der Laudatio der Germanistin
und Mediävistin Dr. Helga Unger, München, hieß es: „Erich
Pawlu ist ein Schriftsteller, der die allgemein menschlichen
und die drängenden Probleme im überzeitlichen Geist des
wahrhaft Humanen in vollendeter Sprachkunst zum Ausdruck bringt.
April 2016
Erich Pawlu verfügt als Schriftsteller über eine scharfe Beobachtungsgabe, einen ausgeprägten Sinn für Situationskomik und die Lust am Durchkomponieren, gepaart mit
einer humanistischen Grundhaltung.“ Inhaltlicher und
künstlerischer Reichtum seien vergleichbar mit dem des
Werks von Joachim Ringelnatz, Kurt Tucholsky, Erich
Kästner und Eugen Roth.
In seiner Dankesrede verwies Erich Pawlu auf sein frühes
Verständnis für das Werk des Barockdichters Andreas
Gryphius: „Meine eigene Erfahrung von Krieg und Vertreibung erleichterte mir den Zugang zu den elegischen Gryphius-Gedichten, die unter dem Eindruck des Dreißigjährigen Krieges entstanden.“ Erich Pawlu bedankte sich bei
seiner Frau sowie bei Freunden und Wegbegleitern für
Unterstützung und Förderung. Seine Rede schloss er mit
einem Sonett, „das sich in die Weltsicht des Andreas
Gryphius zwischen der Erkenntnis ‚Es ist alles eitel‘ und
der Lebenslust im ‚Peter-Squenz‘-Spiel einfühlen will und
zugleich augenblickliche Empfindungen in barocke Form
kleidet“.
Erich Pawlu
Danksonett
Wer schön und feierlich / in Gerhart Hauptmanns Schatten
dem großen Gryphius / zur Seite wird gestellt,
der spürt mit einem Mal / tief unter den Krawatten,
dass Leben schön sein kann / in einer harten Welt.
Er findet plötzlich gut, / trotz dunklem Hintergrunde,
was um ihn her geschieht. / Und gegen alle Trends
fühlt er sich angeregt / in dieser frohen Runde
zu unbeschwertem Spiel nach Art von Peter Squenz.
Zwar weiß auch er genau, / die Erde wird sich drehen,
sodass der Tagesruhm / in kurzer Zeit vergehen
und in den tiefen Fluss / der Lethe sinken muss.
Doch einmal wurde er / im Laufe schöner Stunden
in Düsseldorf mit Glanz / und urkundlich verbunden
dem Meister des Barocks: / Andreas Gryphius.
(Kulturpolitische Korrespondenz vom 25.12.2015)
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„Repatriierung“ der Russlanddeutschen nach dem
Ende des Zweiten Weltkriegs
Ebenso wie die Deportationen der Russlanddeutschen
ist auch ihre „Repatriierung“ nach dem Ende des II.
Weltkriegs als besonders dunkles Kapitel in die Geschichte eingegangen. Unter Repatriierung versteht
man allgemein die völkerrechtliche Rückführung von
Menschen durch den Aufenthaltsstaat und die Wiederaufnahme dieser Menschen durch den Heimatstaat
(meist in Zusammenhang mit Kriegsereignissen).
Nach Kriegsende kam es auch zu einer Repatriierungswelle von Russlanddeutschen aus Deutschland. Festlegungen
dafür waren im Rahmen eines Geheimabkommens zwischen sowjetischen und britischen Militärbehörden im
September 1944 getroffen worden. Schon damals hatten
die sowjetischen Verhandlungspartner nachdrücklich auf
die Notwendigkeit hingewiesen, ehemalige Bürger der Sowjetunion restlos zurückzuführen. Die rechtliche Handhabe
für die zwangsweise Rückführung von sowjetischen Staatsbürgern durch die sowjetischen Militärbehörden war endgültig mit den Abkommen der Alliierten von Jalta und
Potsdam 1945 gegeben. Die Vereinbarungen legten fest,
dass jede Besatzungsmacht „ihre“ Bürger ins eigene Land
zurückbringen durfte.
Demnach konnten sowjetische Staatsbürger auch gegen
ihren Willen an die Sowjetunion ausgeliefert werden. Dabei
ging es um die Rückführung ehemaliger Sowjetbürger, die
bis zum 1. September 1939 in den westlichen Landesteilen
der Sowjetunion gelebt hatten und nach 1943 durch Behörden des Deutschen Reiches in den Warthegau oder in
das Generalgouvernement umgesiedelt worden waren, wo
sie die deutsche „Reichangehörigkeit“ erhalten hatten.
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Zwar war die Sowjetregierung wohl hauptsächlich daran
interessiert, die Millionen von Russen, Weißrussen oder
Ukrainern, die zur Zwangsarbeit nach Deutschland gebracht worden waren, sowie die Überläufer und Kollaborateure sowie Männer der Wlassow-Armee in ihren Machtbereich zurückzuführen. Dennoch besaßen für sie auch
die ethnischen Deutschen, die als „Handlanger des faschistischen Imperialismus“ eingestuft wurden, einen hohen
Stellenwert, vor allem unter dem prestigegeladenen Aspekt der restlosen Bestrafung aller Schuldigen und der
völligen Zerschlagung des Faschismus. Dabei hatten die
Sowjets gerade bei Letzteren leichtes Spiel. Bei den
Deutschen der Sowjetunion konnte nämlich keiner der
Siegesstaaten besondere Nachsicht üben, und sie besaßen – anders als etwa Polen oder Ukrainer – keine mächtigen Fürsprecher im Westen in Gestalt dort tätiger Exilgruppen und -organisationen.
Lediglich die Mennoniten erfuhren eine vergleichbare Hilfe
vonseiten amerikanischer und kanadischer Mennonitenvertreter. Dank der guten Beratung und Fürsorge konnten
sich schließlich etwa 10.000 Mennoniten aus der UdSSR
vor der „Repatriierung“ in Sicherheit bringen.
Bereits im Oktober 1944 wurde ein Hauptkommissar (General Golikow) für die „Repatriierung“ sowjetischer Staatsbürger eingesetzt. Dabei wurde die Repatriierung von
sowjetischer Seite als „normaler Akt“ hingestellt und mit
dem Versprechen einer Heimkehr der Betroffenen in ihre
früheren Heimatorte „versüßt“. Dass sie stattdessen nach
Sibirien deportiert wurden und unter welchen unmenschlichen Bedingungen diese „Repatriierung“ für die „Heimkehrer“ wirklich verlief, erfuhren die Betroffenen meist
erst unterwegs.
Rundschreiben Nr. 1
Bereits beim blitzschnellen Vormarsch der Roten Armee
fielen Tausende russlanddeutsche Flüchtlinge, die versucht hatten, sich in den Westen zu retten, in die Hände
der sowjetischen Truppen. Ihr Schicksal besiegelten die
Übernahme durch die sowjetische Armee und die Verschickung nach Osten – in die Sondersiedlung sowie die
Straf- und Arbeitslager.
Die Deutschen aus der Sowjetunion, die in die vier Besatzungszonen Deutschlands gelangt waren, konnten sich nur
schwer dem Zugriff der sowjetischen Repatriierungskommissare entziehen. Ob sie sich nun in einem Lager oder in
einem privaten Unterschlupf befanden – regelmäßige und
intensive Razzien spürten sie immer wieder auf.
Die Massenrepatriierung aus Deutschland fiel in die Zeit
vom 20. Mai bis 30. Oktober 1945 und betraf vor allem
zwei Gruppen von Deutschen aus Russland:
zum einen die „Vertragsumsiedler“, die aufgrund der Festlegungen des Hitler-Stalin-Paktes in den Jahren 1939 bis 1941 aus den baltischen Ländern, Ostpolen und Bessarabien überwiegend in den Warthegau umgesie-
delt worden waren;
zum anderen die „Administrativumsiedler“, die meist aus der Ukraine stammten und beim Rückzug der Wehr-
macht 1943/44 in großen Trecks in den Warthegau und nach Ostdeutschland umgesiedelt worden waren. Zu dieser Gruppe zählten auch ca. 50.000 Deutsche aus der Sowjetunion, die sich bei Kriegsende in den westli-
chen Besatzungszonen befanden und von den West-
alliierten an die Repatriierungskommandos überstellt wurden.
April 2016
Amtlichen Angaben zufolge befanden sich 1945 mindestens
203.796 „Repatriierte“ in Sondersiedlungen des NKWD.
Auf dem Rücktransport auf sowjetisches Gebiet waren
zahlreiche „Repatriierte“ monatelang in Feldlazaretten
und Hospitälern; sie dürften in dieser Zahl nicht enthalten
sein. Zehntausende kamen unterwegs um, erlagen den
seelischen und physischen Strapazen. Ende 1949 sollen
sich 210.600 „Repatriierte“ in Sondersiedlungen des NKWD
befunden haben.
Geschätzte 100.000 Deutsche aus Russland in den westlichen Besatzungszonen konnten der „Repatriierung“ in
die UdSSR entgehen. Bis zu 30.000 von ihnen gelang es,
nach Übersee auszuwandern, während ca. 70.000 in der
Bundesrepublik blieben.
Die „Repatriierung“ in die Sowjetunion war im Herbst 1946
abgeschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt war der überwiegende Teil der Russlanddeutschen schon längst zurückgeführt worden. Die Betroffenen wurden wieder zu
Sowjetbürgern erklärt. In den Augen der einheimischen
Bevölkerung, aber auch für die Behörden galten sie als
„Vaterlandsverräter“ und „enge Kollaborateure des Naziregimes“.
Entgegen dem Versprechen, wieder in der alten Heimat
angesiedelt zu werden, kamen die Repatriierten vor allem
in den nördlichen Gebieten Russlands sowie in der Industrie
und Landwirtschaft Kasachstans und Mittelasiens zum
Einsatz, wo die deportierten Deutschen aus dem Wolgagebiet und anderen europäischen Regionen bereits seit
Jahren ihre „Schuld“ abbüßen mussten.
(VadW 01 / 2016)
Trotz reicher Literatur zum Thema lassen sich nach wie
vor keine gesicherten Zahlen und verbindliche Angaben
zum Anteil der Deutschen an der Gesamtheit der repatriierten sowjetischen Staatsbürger nennen. Nach wie vor ist
man auf Mutmaßungen angewiesen, die mit den Schätzungen der Landsmannschaft der Deutschen aus Russland
übereinstimmen.
Insgesamt sind nach diesen Schätzungen ca. 250.000
Deutsche aus der Sowjetunion, die sich nach Kriegsende
in von der Roten Armee kontrollierten Gebieten befanden,
sowie ca. 50.000 Russlanddeutsche aus den westlichen
Besatzungszonen in die Sowjetunion „repatriiert“ worden.
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Stefan Pabst – Meister der Illusion auf Papier
Spätestens seit der Galileo-Sendung bei Pro7 am
17. Oktober 2015 sind der russlanddeutsche Künstler
Stefan Pabst aus Minden und seine 3D-Bilder auch
bundesweit bekannt. Im weltweiten Netz machen sein
Name und seine Videos mit verblüffenden 3D-Zeichnungen schon seit einiger Zeit die Runde.
Bereits vor mehr als fünf Jahren strahlte ein amerikanischer Fernsehsender ein Video aus, das Pabst in Aktion
zeigte. 2014 präsentierte ein französischer Fernsehsender
Videos von Pabst und erreichte über 10 Millionen Zuschauer. 2015 postete der Radiosender El Circo bei Facebook
sein Video und sammelte 33 Millionen Klicks innerhalb
eines Monats. Video-Präsentationen des beeindruckenden
Talents von Stefan Pabst schafften es auch in Spanien,
Belgien, Italien, China, England, Norwegen, Dänemark,
Russland oder Japan ins Fernsehen. Die meisten Auftritte
hatte er im japanischen Fernsehen mit etwa acht Beiträgen.
Überall auf der Welt sind die Zuschauer davon begeistert,
wie der Künstler scheinbar mühelos, nur mit wenigen
Strichen, die perfekte Illusion einer dreidimensionalen
Darstellung – etwa einer Riesenspinne, eines Trinkglases
oder eines galoppierenden Pferdes – aufs Papier zaubert.
Aufgrund der meisterhaft ausgeführten Schattierungen
und Details täuscht Pabst Plastizität vor, die ein Lebewesen
oder einen Gegenstand buchstäblich zum „Leben“ erweckt.
Seine Technik hat der Künstler jahrelang perfektioniert.
Stefan Pabst wurde 1979 in Blagoweschtschenka in Westsibirien geboren, einer Region, in der es schon seit Beginn
des 20. Jahrhunderts deutsche Dörfer gegeben hat.
Als Kind war das Zeichnen seine Lieblingsbeschäftigung –
seit er einen Stift halten kann, zeichnet er. „Von meiner
Großmutter weiß ich, dass ich bereits mit fünf Jahren gerne komplizierte biblische Zeichnungen kopierte, während
sie mir aus einer 250 Jahre alten Bibel vorlas. Es handelte
sich dabei um realistische und aufwendige Federzeichnungen, deren Qualität mich begeisterte“, erzählt er.
Im Schulunterricht malte und zeichnete er in seine Hefte,
während er den Lehrern zuhörte. Schon bald galten seine
Schulhefte als Beweis seines künstlerischen Talents. Zu
den Motiven gehörten Lehrer und Tischnachbarn, Vögel
auf der Fensterbank und andere Dinge, die er aus dem
Fenster beobachtete. „Doch zu meiner Lieblingsbeschäftigung zählte das Zeichnen von Porträts, so dass am Ende
jede Seite meines Heftes mit einem Porträt verziert war“,
sagt er.
Die ersten „Aufträge“ erhielt er von seinen begeisterten
Mitschülern. Im Kunstunterricht dagegen fühlte er sich
meist unterfordert. „Wenn die Lehrerin uns eine Zeichenaufgabe gab, ging ich immer einige Schritte weiter und
zeichnete über das Vorgegebene hinaus. So sorgte mal
meine Zeichnung einer menschlichen Lippe in der Klasse
für Furore; alle sagten, sie sehe aus wie abfotografiert“,
erzählt der Künstler.
1995 siedelte die Familie Pabst nach Deutschland aus.
Hier besuchte der 16-Jährige einen Jugendklub, um sich
besser einzuleben und Deutsch zu lernen. Am meisten zog
ihn aber der Kunstraum mit Stiften und Zeichenblöcken
an. Eine seiner ersten Zeichnungen war ein Schädel im
3D-Effekt, der nicht nur die Gleichaltrigen beeindruckte.
Nach einer Woche nahm ihn der Lehrer mit zu einer Ausstellung, bei der sich Künstler und Bildhauer der Gegend
trafen. „Für mich war das sehr aufschlussreich, denn mir
fiel auf, dass hier abstrakte Kunst mehr gefragt war als
klassische Malerei“, erzählt Pabst. Zu Unrecht, meint er,
aufgrund seiner Vorliebe für klassische, realistische
Malerei.
Stefan Pabst absolvierte eine Ausbildung als Maler und
Lackierer. Für eine Zeitlang trat die Malerei etwas in den
Hintergrund, bis er eines Tages seinem Freund ein Porträt
zum Geburtstag schenkte, das er von einem Foto abgemalt hatte – zur allgemeinen Begeisterung der Gäste. Die
positive Resonanz, die er immer wieder auf seine Malkreationen erlebte, motivierte ihn, sein Hobby zum Beruf zu
machen.
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Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Die Idee, in Auftrag gegebene Porträts nach Fotovorlagen
zu malen, kam gut an. Nach dem Inserat „Portraitzeichnung von Ihrem Foto“ im Internet bekam Pabst Aufträge,
mit der Zeit wurden es immer mehr. 2007 machte er sich
als Porträtmaler selbstständig. Seitdem hat er viele Kunden
glücklich gemacht.
Bis zu zehn, zwölf Stunden täglich arbeitet Stefan Pabst
mit Pinsel und Bleistiften in seinem Atelier in Minden. Jogging oder für ein paar Stunden in der Natur zu sein, gehört
für ihn zum Ausgleich.
Stefan Pabst beim Malen
Mittlerweile bekommt er Aufträge nicht nur von Einzelpersonen oder Familien, sondern auch größere von Firmen
oder sozialen Einrichtungen, zum Beispiel 30 Kinderporträts für einen Kindergarten oder Porträts als Geschenke
für Kollegen. Auch Prominente sind unter seinen Auftraggebern, Bürgermeister, Sänger, Schauspieler, Regisseure
oder Profifußballer aus Deutschland, Italien und Russland.
Da viele Künstler und Kunstbegeisterte Stefan Pabst Fragen zu seiner Maltechnik stellten, kam er auf die Idee, sich
bei der Arbeit zu filmen, die Videos ins Internet zu stellen
und dadurch seine Arbeit für alle sichtbar zu machen.
Stefan Pabst und eines seiner Bilder –
zweidimensional, auch wenn es nicht so aussieht!
Er eröffnete einen YouTube-Kanal (www.youtube.com/
PortraitPainterPabst), wo man anhand der von ihm produzierten Videos die Entstehung seiner Bilder verfolgen und
sich Tipps holen kann. Schon ab 2009 verwendete eine
amerikanische Kunsthochschule seine Bilder und Videos
als Lehrmaterial. Und die online-Enzyklopädie Wikipedia
nutzt Pabsts Bilder als Veranschaulichung der Porträtmalerei in Öl-Trockenpinseltechnik.
Mehr dazu unter: www.portrait-gemalt-nach-foto.de
(VdaW von Nina Paulsen 01 / 2016)
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Zeuge des Untergangs
Eginald Schlattner (82) feiert im siebenbürgischen
Rothberg regelmäßig Gottesdienst ohne Gemeinde
Der Albtraum jedes Pfarrers ist im Leben von Eginald
Schlattner selbstbestimmte Realität. Seit vielen Jahren
feiert der 82-Jährige Sonntag für Sonntag Gottesdienst
vor komplett leeren Bänken. Denn Schlattners Gemeinde
Rothberg im rumänischen Siebenbürgen wanderte 1990
mit Mann und Maus nach Deutschland aus. Er will bleiben,
bis zum Ende.
Durch seine Beharrungskraft, die manche für Starrsinn
halten und manche für verrückt, ist Schlattner zum Symbol
einer untergegangenen Kultur geworden. Natürlich, es
gibt noch gut 10.000 Siebenbürger Sachsen in Rumänien,
aber die meisten von ihnen konzentrieren sich in den
Städten, auch dort kleine Minderheiten. In vielen Dörfern
leben noch vereinzelte Deutsche, sie hüten das kostbare
Erbe der gewaltigen Kirchenburgen, nur manchmal gibt
es noch ein evangelisches Gemeindeleben auf kleiner
Flamme. „Unsere Geschichte hat sich statistisch erledigt“,
sagt Schlattner.
Er empfängt in einem stattlichen Pfarrhof, der den Geist
alter Zeiten atmet, umgeben von alten Obstbäumen. Vor
der Veranda steht eine fahrtüchtige Kutsche, Baujahr 1906,
ein treffliches Symbol, dass dieses kleine Stücklein Erde
aus der Zeit gefallen ist wie sein Bewohner.
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Die meisten Besucher kommen nicht wegen des einsamen
Gottesdienstes, den Schlattner bei Wind und Wetter eisern
durchhält, sondern wegen seiner literarischen Meriten.
„Literarischen Tourismus“ nennt er das mit feinem Spott.
1992, die Gemeinde war weg und der gebliebene Pfarrer
verzweifelt, schrieb er sich in einem Roman den Frust von
der Seele. „Der geköpfte Hahn“ wurde zu einem vielfach
übersetzten und verfilmten Bestseller. Weitere Bücher
folgten, Schlattner sprach im „ZDF Fernsehgarten“, in
Lissabon und Istanbul. Überall in Europa entstanden Magisterarbeiten und Dissertationen, die sich mit seinen
Büchern auseinandersetzen. So wurde er zur deutschen
Stimme Siebenbürgens. Der Besuch beginnt formvollendet in der Kanzlei, einem pfarrherrlichen Arbeitszimmer
mit breitem Schreibtisch und hohen Bücherregalen, wandert dann hinüber in die Wohnstube mit all ihren kostbaren Möbeln, die Freunde und Verwandte bei ihrer Auswanderung zu treuen Händen hinterließen, und endet
nach einem kleinen Hausrundgang samt Küche und Bad
drüben in der Kirche. Das Gespräch ist ein Spiegel dieses
Weges – von der stilvollen äußeren biografischen Fassade ins Innerste der Seele, die Schlattner erstaunlich
freimütig öffnet. Nun ja, seine Frau verließ ihn nach 45 Ehejahren, Schlattner zeigt ein Foto aus alten Zeiten, er sitzt
neben ihr und redet, sie blickt zweifelnd: „Wir haben nie
eine gemeinsame Sprache gefunden.“
Heute besorgt ihm Carmen den Haushalt, eine junge
Romni. Vor vier Jahren habe sie sich, vom Bruder halbtot
geprügelt, zu ihm auf den Pfarrhof geflüchtet, erzählt er,
mit Kopfschütteln über die Mentalität der Roma, die
sich hier mit Stolz selber „Zigeuner“ nennen: „Ihr Vater
schimpfte seinen Sohn, er solle gefälligst seine Schwester
nicht so behandeln wie seine Frau, bei der wärs in Ordnung gewesen.“ Schlampig sei Carmen zwar, aber ein
Gottesgeschenk, denn Kochen und Putzen hat ein siebenbürgischer Landpfarrer nie gelernt. Immer, wenn Carmen
kurz hereinschaut, nimmt sie die Hand des „popa sasilar“,
des Sachsenpfarrers, und drückt einen strahlenden Kuss
darauf.
Rundschreiben Nr. 1
April 2016
Schlattner studierte Theologie erst im zweiten Anlauf. Im
Mittelpunkt seiner ersten Lebenshälfte steht das Trauma
seiner Biografie, die Verhaftung und Inhaftierung durch
den berüchtigten rumänischen Geheimdienst „securitate“.
Zwei Jahre saß er im verschärften Knast, durfte selten in
den Hof und nur auf Befehl aufs Klo gehen. Diese Erfahrungen prädestinieren ihn für den Job, den er heute offiziell tut, als Gefängnispfarrer der evangelischen Kirche in
Rumänien. Dass manche seiner unter Knastfolter erpressten Aussagen in Prozessen gegen Freunde und Verwandte verwendet wurden, nagt bis heute an ihm. Manche
konnten sich mit ihm versöhnen, manche nicht.
Es ist Mittag, Eginald Schlattner holt Talar und Barrett aus
dem Schrank. Wir gehen über die Obstwiese hinüber zur
Kirche, in der milden Herbstsonne tanzen die Schmetterlinge, und hinter den achthundertjährigen Mauern feiert
der 99. und letzte evangelische Pfarrer von Rothberg nun
die Mittagsandacht. Auf den Bänken liegen noch die wollenen Umhänge der Bäuerinnen, hinterlassen beim überstürzten Aufbruch nach Deutschland. Den Taufstein hat er
wegversetzt vom Triumphbogen, drüben steht ein Sarg
bereit für den nächsten der fünf evangelischen Greise, die
noch hier sterben werden. Ein Schweizer Orgelbauer hat
ihm vor einiger Zeit die Orgel saniert für Gotteslohn. So
kann ich selber Teil dieser Geschichte werden, denn oben
liegt noch ein vergessener Band mit Orgelmusik. Heute
erklingt über den leeren Bänken von Rothberg Schlattners
Ansprache an die Gemeinde, die an diesem Tag aus mir
besteht, und anschließend Bachs d-moll-Canzona. Gemeinsam singen wir bei jubelnder Orgel: „Nun danket alle
Gott“. „Wie habe ich heute gespürt, was wir verloren haben“, wird er mir tags drauf schreiben.
Eginald Schlattner, literarische Stimme Siebenbürgens,
vor der Rothberger Kirche. Foto: Thomas Greif
(Sonntagsblatt, Ausgabe 42 / 2015
vom 18.10.2015 von Thomas Greif)
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