Mexiko - Native Trails
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Mexiko - Native Trails
TOURTIPP TOURTIPP MEXIKO MEXIKO Wüste, Kakteen & Wale Mexiko: Beiderseits des Golfs von Kalifornien Höhepunkt und Endpunkt der NiederkalifornienTouren. Baden erlaubt: „El Arco“ – das Felstor trennt Pazifik und Golf von Kalifornien 72 Clever reisen! 2/10 TOURTIPP TOURTIPP MEXIKO MEXIKO Genau 1.708 Kilometer misst die Straße längs durch Niederkalifornien – und alle paar Kilometer wechselt die Landschaft. Die Nationalstraße Mexico Nr. 1 führt streckenweise am Pazifik entlang, um dann an den Golf von Kalifornien, den die Mexikaner lieber Sea of Cortez nennen, auf der anderen Seite von Baja California überzuwechseln. I Wale kommen von Mitte Januar bis Ende März an die Küsten Niederkaliforniens rgend etwas machen die Mexikaner Niederkaliforniens falsch. Das an einem ExtraSchalter im Amtrak-Bahnhof von San Diego Fahrscheine für den stündlich fahrenden Bus zum Flughafen der mexikanischen Grenzstadt Tijuana verkauft werden, weiß kaum jemand. Obwohl dies die schnellste und dabei sicherste Verbindung rund um die inzwischen als gefährlich eingestufte Stadt ist: Direkt zu innermexikanischen Flügen und – für Niederkalifornien-Besucher wichtiger – zu den international bekannten Mietwagenanbietern sowie zu den Schnellbussen, die genau von hier aus bis ganz hinunter an die Spitze der Halbinsel nach Cabo San Luca fahren. Am preiswertesten ist es mit dem Bus, am bequemsten mit dem Mietauto. Niederkalifornien ist weitgehend „naturbelassen“ und deshalb auch ein Paradies für Extremsportler. Etwa solche, die sich auf schmalen starken Motorrädern zwischen Riesenkakteen hindurchschlängeln wollen. Sie fahren meist im Pulk („allein macht es keinen Spaß“) und haben alles dabei, was ein Schrauber braucht, um einen möglicherweise stotternden Motor wieder zum kraftvollen Summen zu bringen. Die Baja macht süchtig und sorgt für Reisefieber In „Baja California“ gibt es viel mehr Cordon Kakteen als Menschen „Auf Baja California solltest du besser keine Panne haben“, meint Don Nelson aus Arizona, eine Tankstellenbekanntschaft. Er sei „Bajasüchtig“, erklärt er den Anhänger an seinem Kleinbus. „Der ist für Dirtbikes, Motorräder, mit denen Du überall durchkommst“. Und für solche Über-Stock-und-Stein-Bikes gäbe es hier die einzig wahren Pisten. Hier in El Rosario, noch im oberen Drittel der Halbinsel Niederkalifornien, die hier nur „Baja“ genannt wird, wartet man immer an der Tankstelle. Don rät: „Mach den Tank ganz voll. Die nächste Tankstelle kommt erst nach 314 Kilometern, riskier´ nichts“. Alle anderen in der Warteschlange denken offensichtlich wie Don. Ohnehin lohnt es, an jeder Zapfsäule unterwegs zu halten. Die Landkarte für Baja ist extra lang, und diese mexikanische Halbinsel, die Fortsetzung des amerikanischen Kaliforniens, wirkt darauf - in zwei Hälften geteilt auf der Vorder- und Rückseite - wie ein Schlauch. Es gibt nur eine Straße von der Grenze zu den USA bis an die Südspitze der Halbinsel. Entlang der 1708 Kilometer dieser „Carretiera Peninsular“ sind 20 Tankstellen markiert. Mehr nicht. EXTRATIPP: Der Tank muss immer voll sein.Die nächste Tankstelle ist weit oder – böse Überraschung – könnte geschlossen sein. Bis zur nächsten Zapfsäule kann es schon mal fast 400 Kilometer weit sein. Die Versorgung ist kein Problem. In jeder der 15 meist kleineren Orte entlang der Strecke gibt es einen Supermarkt. In Ensenada kann dazu der Kofferraum mit allem aufgefüllt werden, was haltbar ist und vielleicht gebraucht wird. Hier gibt es die größten Shoppingmalls entlang der Strecke.Cabo San Luca – an der Südspitze von Baja California – ist die Spielwiese der Reichen und Schönen von Nordamerika und von Mexiko. Entsprechend teuer ist hier alles. In La Paz, 220 Kilometer davor, ist alles deutlich günstiger zu haben. Mitten in der „Desierto Central“, der Zentralwüste von Baja, die hinter El Rosario beginnt, und vor dem einzigen Hotel weit und breit, dem „Desert Inn“, entlädt Don seinen Bike-Anhänger. „Für mich ist die Carretiera nichts, höchstens ein gut ausgebauter Zubringer“, begründet der Amerikaner, warum er sich mit seinen Bikerfreunden, mit denen er sich hier trifft, so schnell es geht, in die Büsche schlagen will. Die Wüste hier oben in 1.000 Metern Höhe wirkt, als hätte es Granitblöcke geregnet. In den Lücken dazwischen wachsen Cardón-Kakteen. Sie wirken mit ihren nach oben gereckten Seitenarmen immer so, als hätte jemand gerade „Hände hoch“ gerufen. Mit ihrer Größe von bis zu 20 Metern überragen sie hier alles. Sie kämpfen um die besten Plätze mit den Cirios. Das sind Wüstenpflanzen, schlank und hoch wie Schiffsmasten. Ihre Blätter sehen so aus, als wären sie an den Stamm angeklebt. Elefantenbäume mit ihren dicken Stämmen stehen Don und den anderen Bikern bei ihren Querfeldein-Touren oft im Weg. Dabei reichten ihnen für das Vorwärtskommen Spalten zwischen den Steinen und Pflanzen, die nicht viel breiter sind als die Bike-Reifen. „Das ist die Herausforderung“, sie wächst, wenn es mal – selten aber immerhin – regnet. Das kommt zwanzigmal seltener vor als etwa in Frankfurt, reicht aber für die Pflanzen hier, sich deutlich zu vergrößern. „Kaktusrippen können sich dehnen wie eine Ziehharmonika“, erklärt Don das Prinzip.„Dann wird es an einigen Engpässen noch enger“. EXTRATIPP: Amerikanische Mietwagenfirmen schließen Fahrten nach Mexiko in ihren Bedingungen meist aus. Dafür aber haben sie mexikanische Tochterfirmen. Die Alternative zu den Bussen sind die regelmäßigen Linienbusse. Die einfachste Art alles zu sehen bieten deutsche Spezialveranstalter an. Die kümmern sich um alles und kennen alle Attraktionen und die Hotels dazu.Die Hauptstraßen sind gut ausgebaut und werden gepflegt, zu abgelegenen Stränden führen dagegen oft Rumpelpisten. Auf den ersten 112 Kilometern gibt es eine mautpflichtige Autobahn von Tijuana nach Ensenada (wo die US-Kreuzfahrtschiffe ankern), ursprünglicher aber ist die Nationalstraße 1, für die keine Gebühren verlangt wird. Cleverreisen! reisen!2/10 2/10 Clever 73 73 TOURTIPP MEXIKO TOURTIPP MEXIKO Zu den Grauwalen geht es über Pisten und Feldwege - aber dann ist das Erlebnis einmalig schön Wo die Biker Mantas treffen Die Biker, die im Nirgendwo der Baja-Wüsten unterwegs sind, pflegen seltsame Bräuche. Eine beliebte Tour etwa führt über schwierige Abhänge bis hinunter zum Golf von Kalifornien. Dort wartet Maria, die Wirtin des „Costa del Sol“ Motels in Bahia de los Angeles direkt an der Golfküste, mit dem Essen auf diese Gäste. Eine Wand im Restaurant des Hotels ist schon voll mit Biker-Kappen. Und die Biker bringen ihr immer mehr mit. EXTRATIPP: Wer zu den abgelegenen Stränden will, braucht eine Landkarte mit den Schotterpisten. Die große Mexiko-Karte, wie sie in Deutschland verkauft wird, reicht nicht aus. Autoclubmitglieder fragen speziell nach der Baja California Karte. Der Straßenplan des amerikanischen AAA (der dortige Automobilclub) reicht völlig aus und lässt den Mietwagenfahrer nicht im Stich. Diese Engelsbucht zwischen Wüste und Meeresarm ist wegen des stahlblauen Wassers und den vielen Inselchen und Inseln mit die schönste Bucht auf der Ostseite von Baja. Einige Bootsbesitzer laden die Besucher ein, sie zu den Pelikankolonien, den Nistplätzen der Heermann-Möwen, Fischadler oder Prachtfregattvögeln hinaus zu fahren, die man in diesem Naturschutzpark in unübersehbaren Scharen beobachten kann. Mit etwas Glück zeigen sich unterwegs dazu Mantas, Hammerund Tigerhaie oder auch mal Wale. Delphine umschwimmen fast immer die Boote. Wer nur wegen der Wale nach Baja California kommt, fährt allerdings zur Pazifikküste und trifft dort auf Esido Beneito Juarez . Immer ab Mitte Januar bis in den späten März holen er und seine Fischer-Kollegen von Guerro Negro die Netze aus ihren Booten, bauen Sitze ein und fahren die Walbegeisterten hinaus auf die „Laguna Ojo de Liebre“. Warum genau Grauwale aus der 9700 Kilometer entfernten eisigen Beringsee hierher an die Küsten von Baja schwimmen, weiß er auch nicht. „Wärmeres, 74 74 Clever reisen! 2/10 Clever reisen! 2/10 salzhaltigeres Wasser, das gibt mehr Auftrieb, die Walbabys lernen leichter schwimmen und Luft holen“, sei ein Grund, meint er. Wenn es aber um die Wale selbst geht, weiß Esido genau Bescheid. „16 Meter lang, 40 Tonnen, die Walkälber wiegen eine Tonne bei der Geburt und brauchen tagtäglich 200 Liter Muttermilch, um stark genug zu sein, mit der Mutter zurück in die Arktis zu schwimmen“, kann er in leidlichem Englisch erzählen. Doch wenn sich dann - irgendwo in der riesigen Meereslagune - zunächst ein großer grauer Rücken aus dem Wasser erhebt, gefolgt von einem kleinen, muss er nichts mehr sagen. Alle wissen „Walmutter mit Baby“. Erstaunlich, wie Riesentiere Menschen anrühren können. EXTRATIPPS: Von Mitte Januar bis Mitte März bringen Wale in seichten Buchten vor der Küste ihre Kälber zur Welt.Wer gleich (über Pisten wie Feldwege) zu den Fischern geht, die zum„Whale-Watching“ hinausfahren, spart Geld und erspart sich den Gruppenzwang, der entsteht, wenn Vermittler die Hotels abklappern, um Gruppen zusammen zu bekommen. Die Anfahrt ist kilometerweit, aber hinter Guerrero Negro angenehmer und - wegen der Salzlagunen in der Wüste - interessanter, als von San Ignacio aus. Die Küsten mit ihren einsamen Stränden sind ohne Ausnahme beiderseits der Halbinsel Niederkaliforniens schön. Aber mindestens so interessant ist das Land dazwischen. Die Baja-California-Nationalstraße führt durch Geröllwüsten und über hochgebirgsähnliche Pässe hinweg. Die Militärposten unterwegs winken Europäer in Mietwagen durch. Sie stehen etwa alle 100 Kilometer an der Straße und fahnden nach Angehörigen von Drogenkartellen.Deutsche Mietwagenfahrer gehören wohl nicht zu ihrem „Beuteschema“. Flutwarnschilder.Wer fragt,was das soll, wird daran erinnert, dass man in der wasserarmen Baja leicht ertrinken kann.„Auf jedes Unwetter folgen Sturzbäche, dann solltest du besser nicht gerade eine Straßensenke durchfahren“, sagen die Baja-Mexikaner und richten sich auch danach. Die Wüste Baja lebt, aber nicht immer so, wie man sich das vorstellt. In der Desierto de Viscaino geht es durch lehmbraunes, pflanzenloses Land direkt auf einen großen dunkelgrünen Palmenwald zu. „Dattelpalmen, 100 000 insgesamt“, weiß in San Ignacio jeder. „Spanische Mönche haben sie zu unserer Oase gebracht und auch die Kirche bauen lassen“. Sie zählt zu den schönsten Missionskirchen entlang des Pazifiks insgesamt und ist auch wegen ihrer Bauweise eine Besonderheit: „Wände, dick wie für Festungsmauern“. Die Missionare auf Baja haben sich sichtbar nicht mit Halbheiten zufrieden gegeben. Das tut auch die Tekate-Brauerei nicht. Wo es in den Trockenzonen entlang der Hauptstraße passte, ließ sie 2-Meter-Dosen auf hohe Masten setzen. Die Werbung hat Erfolg, dieses Bier gibt es überall dort, wo mehr als drei Hütten nebeneinander stehen. Das beste Brot der Welt Hinter den„Los Tres Virgines“ (drei Jungfrauen), vor 250 Jahren erloschene Vulkane, die mit ihren bis zu 1920 Meter hohen Bergkegeln den Weg nach Süden durch viele Serpentinen verlängern, gibt es „das beste Brot der Welt“. Das wenigstens behauptet der 72 Jahre alte Arturo Castélun Arce, der mit einigen Kollegen die 1901 gegründete Bäckerei der französischen Minengesellschaft El Boleo in Gang hält. Hier in Santa Rosalía haben die Franzosen reiche Kupfervorkommen ausgebeutet und Arturo und Freunden das Brotbacken beigebracht. Noch etwas erinnert an Frankreich. Alexandre Gustave Eiffel hat nicht nur den nach ihm benannten Pariser Eiffelturm gebaut, er entwarf auch einen Stahlbaukasten für leicht zusammen zu schraubende Kirchen für Übersee. Dies ist der ideale Ort für solch ein „Fertigbaugotteshaus“. In der trockenen Luft von Baja rostet Stahl kaum. Vorbei an Mulegé, wo ein unterirdischer Fluss zu Tage tritt, geht es nach Loreto, ein historisch bedeutsamer Ort. Hier setzte 1607 ein Schiff den Pater Juan Maria Salvatierra an Land. Er gründete in Loreto die erste aller Missionen Kaliforniens. Loreto wurde danach für lange Zeit zum weltlichen und geistlichen Zentrum von Nieder- und Hoch-Kalifornien, dem heutigen US-Staat California, in dem Arnold Schwarzenegger gegenwärtig als Gouverneur regiert. Spätestens hier packt das KapFieber die Touristen. Ihr Sehnsuchtsziel ist Cabo San Lucas, das Kap des heiligen Lucas, und der dortige Felsbogen „Los Arcos“. Hier treffen der Golf von Kalifornien und der Pazifik aufeinander, und er ist das Ziel der vielen Glasbodenboote, die von der Stadt am Kap ständig zum Arcos und zurück fahren. Unter dem Boot schwimmen riesige Fischschwärme hindurch und auf den Felsen darüber warten die Seelöwen, Möwen und Pelikane, um Beute machen zu können. Los Arcos ist der sehenswerte Endpunkt von Baja, ein Granitfelsen, der aussieht wie ein Drachen, der im Meer trinkt. Hinter Los Arcos beginnt das weite Meer. TOURTIPP TOURTIPP MEXIKO MEXIKO Zwischenstopp mit Verkauf am höchsten Punkt der ChepeEisenbahnlinie durch das Gebirge. Von der Bahn ist es nicht weit zu den spektakulärsten Schluchten Mexikos Tief st leisanschluss und AAusblick usblick iefst stee Schluch Schluchtten - mit GGleisanschluss Fünfzehn Stunden per Bahn zwischen 3.000 Meter hohen Gipfeln und kilometertiefen Canyons hindurch Oben Eis und Schnee, unten Südfrüchte – Größer als der Grand Canyon! Z u einer senkrecht abfallenden Felswand, fünfmal so hoch wie der Berliner Fernsehturm, hält man besser etwas Abstand. Nicht so die junge Schweizerin Danielle, die gerade auf einen Felsbrocken direkt am Abgrund klettert. Oben angekommen, springt sie in die Luft. Einmal und immer wieder. „Eine Alpinistin“, beruhigt ihr Freund zufällige Zuschauer. „Sie kann Risiken einschätzen!“ Und überhaupt, das seien Freudensprünge. Für das Paar erfülle sich hier und jetzt ein lang gehegter Traum. Dieser Traum hat gleich mehrere Namen. In der Sierra Madre Occidental, dem Mexikanischen Küstengebirge, gibt es zwischen den Dreitausendern tiefere Schluchten und schroffere Felsen als überall sonst in Nordamerika. Die Barranca de Urique ist 1870 Meter tief und bildet mit den Barrancas de Sinforosa und de Batopilas (beide 1799 Meter), der Barranca de Tararecua (1425 Meter), der Barranca del Cobre (1759 Meter) und kleineren Nachbar-Barrancas ein Canyon System, vier mal so groß wie der US-amerikanische Grand Canyon zwei Flugstunden weiter nördlich. Sie heißen „Kupferschluchten“, und das, so die Mexikaner, die hier leben, aus gutem Grund. „Ihr könnt es sehen, die Felsen leuchten in allen Farben des Kupfers auf. Morgens sind sie rot-gold, mittags dann strahlend gelb-braun und abends wird aus einem Rot ein bräunliches Violett, wie bei Kupfer, das anläuft“. Kupfer wurde hier übrigens nie gefunden. EXTRATIPP: Dies ist ein Spätherbst-,Winter- und Frühlingsziel. Im Sommer kann es entlang der Küste glühend heiß werden. Die Fahrt mit der Kupferbahn lässt sich bestens mit einem Badeurlaub verbinden. Die Busverbindungen zu den Stränden von Matzatlàn sind gut und der Bus fährt regelmäßig. Per Fähre sind die Strände der Südspitze von Baja California, auf der anderen Seite des Golfs von Kalifornien, erreichbar. Hier wie dort ist es immer warm genug für Badeferien – es muss ja nicht Acapulco sein. Das Tiefgrün unten auf der Sohle der in der Höhe bis zu 10 Kilometer breiten Schluchten, habe jedoch mit den Kupferfarben nichts zu tun: „Da wachsen Zitronen und Orangen mit ihren dunkelgrünen Blättern und etliche tropische Pflanzen“. Gibt es an den Canyon Rändern schon mal Eis und Schnee, in der Tiefe bleibt es immer warm. In den USA ist der Grand Canyon eines der beliebtesten Ziele für Touristen. Verglichen damit ist es hier sehr ruhig. Von der Küste her schaffen es nur schwere Allradfahrzeuge zu den Canyons hier hinauf und natürlich „unsere Maultiere“. Deshalb müssen alle, die aus Richtung Los Mochis kommen, dem Westen also, den Zug nehmen. Die Geschichte dieser KupferschluchtenBahn liest sich wie ein Fortsetzungsroman. Die Gründer – allesamt Amerikaner – wollten für ihre Güterzüge eine kürzere Verbindung von der See nach Kansas, dem Staat genau in der Mitte der USA schaffen. Ihre Pazifik-Kansas-Linie sollte gegenüber der bestehenden Linie Kalifornien-Kansas 600 Kilometer einsparen. Das hätte sich gelohnt! Das Vorhaben aber stand unter keinem guten Stern. Die mexikanische Revolution, Finanzkrisen und politische Querelen verzögerten den Bau immer wieder. Es dauerte letztlich 80 Jahre, bis alle Schienen verlegt waren. 1961 konnte die „Ferrocarril Chihuahua Al Pacifico“, abgekürzt „Chepe“, endlich über die Sierra Madre fahren. Clever reisen! 2/10 Clever reisen! 2/10 75 75 TOURTIPP MEXIKO TOURTIPP MEXIKO finden. Danielle erklärt, das sei nicht nur billig, sondern auch praktisch – man könne jederzeit aussteigen und bleiben, wo es einem gerade gefällt. Für Menschen mit BergsteigerErfahrung ist es hier überall schön. EXTRATIPP: Eine Fahrt mit dem Chepe sollte in El Fuerte beginnen, auch wenn der Zug in Los Mochis eingesetzt wird. Das erste Teilstück der Strecke führt durch flaches Ackerland und es ist dazu angenehmer gegen neun Uhr in den Zug zu steigen und nicht schon um sechs! Blick hinunter in 1870 Meter Tiefe – die Kupferschlucht bei Posada Barrancas. In Creel kaufen die Rarámuri-Indianer alles, was sie nicht selbst herstellen Eisenbahntechnisch zählt der Chepe zu den kühnsten Bergbahnen mit Normalspur überhaupt – ein Meisterstück der Eisenbahnbauer! Obwohl El Fuerte auf der einen Seite der Berge vom auf der anderen Seite gelegenen Creel nur 70 Kilometer – Luftlinie – entfernt ist, mussten in der Sierra Madre 400 Kilometer Gleise verlegt werden. 36 Brücken und 87 Tunnel waren nötig, damit größere Steigungen vermieden werden konnten, die die Lokomotiven überfordert hätten. Dazu musste die Bahn um die Barrancas herum und entlang der Schluchten gebaut werden. Brücken über breiteste und dabei kilometertiefe Schluchten zu schlagen, war unmöglich. EXTRATIPP: Mietwagen taugen für die Tour durch die Kupferschluchten nicht.Passierbare Straßen gibt es nur auf der zweiten Hälfte der Strecke durch die Sierra Mardre Occidental von Chihuahua aus bis etwa hinter Divisadero. Vom Meer her gibt es nur den Schienenweg und einige Pisten, die zeitraubend nur mit besonders schweren und geländegängigen Wagen befahren werden können. Das ist nichts für Menschen, die nicht an steile Hänge mit Schotterwegen gewohnt sind. Chepe lässt Herzen höher schlagen Bahnenthusiasten reisen aus aller Welt an, um diese einzigartige Strecke zu erleben. Für sie gilt: „Der Weg ist das Ziel“, und entsprechend genießen sie es, wenn der Chepe, um Höhe zu gewinnen, auf der einen Seite eines Tales bis zur Hälfte hinauf fährt, das Tal mit einem Viadukt überquert, um sich dann auf der anderen Seite weiter bergan zu kämpfen. Mehrfach geht es über enge Schleifen hinweg, von denen aus man den letzten und den nächsten Streckenabschnitt sehen kann. Die Schaffner machen auf besonders hohe Brücken, spektakuläre Tunnel und spiralig angelegte Bergstrecken rechtzeitig aufmerksam, wenn man sie darum bittet. Zwei mal pro Tag fährt der Chepe vom Meer über die Berge und entsprechend oft zurück in die Gegenrichtung. Danielle und ihr Freund bevorzugen den Bummelzug, der an jedem Kaktus hält und in dem erstaunlich viele Mexikaner mit unglaublich vielen Traglasten Platz In den schnelleren Erste-Klasse-Chepes, dem„Primera Express“, sitzt auf weichen, wenn auch mitunter schon sehr abgenutzten Polstern, wer die Hotels entlang der Strecke vorgebucht hat. Das sei die bequemste Methode, die Barrancas/Canyons/Schluchten zu erleben, empfehlen die Reiseveranstalter – zu recht übrigens! Von El Fuerte aus braucht der Zug etwa vier Stunden für den ersten Teil der Bergstrecke, hinauf bis Bahuichivo. An der winzigen Station, direkt an einem Bahnübergang, über den, nachdem der Zug gehalten hat, ein Hausierer sein Muli treibt, erwartet ein Hotelbus Gäste. Sein Ziel ist der 11 Kilometer entfernte Missionsort Cerocahui mit seinem alten Hotel. Unterwegs macht der Fahrer auf das höchst gelegene Rebland Mexikos aufmerksam - „das stammt noch von den Missionaren“. Kaum sind die Koffer ausgeladen, wartet er am Hoteleingang, um die Besucher noch weiter hinauf in den Hochwald zu bringen. „Nirgendwo gibt es einen schöneren Blick auf die Stadt Urique tief unter uns in der Barranca als von den Lichtungen hier“, sagt er, während er den Kleinbus so nahe an einer Felswand parkt, dass kaum noch eine Hand zwischen Fels und Bus passt. „Achtung, der Wahnsinnige kommt!“ Ein gelber Linienbus – der Typ, mit dem in Amerika Schulkinder transportiert werden – braust vorbei und wirbelt eine gewaltige Staubwolke auf. „Das ist der Linienbus hinunter nach Urique-Stadt. Der junge Mann am Steuer glaubt immer, er müsse Rennen fahren“. Vier Stunden braucht der Bus, der Weg führt steil hinunter und ist streckenweise schlecht ausgebaut. Dem „Wahnsinnigen“ überlässt hier jeder liebend gern die Vorfahrt. Immerhin: „Bisher ist noch nie etwas passiert!“ EXTRATIPP: Auf den Erste-Klasse-Zug folgt mit größer werdendem zeitlichen Abstand der deutlich preiswertere Personenzug. Obwohl auch der Erste-Klassezug gemessen an europäischen Maßstäben nicht teuer ist, der Zweite-Klasse-Personenzug ist noch einmal preiswerter. Egal womit gereist wird: Hier gilt „der Weg ist das Ziel“. Man sollte mehrfach die Fahrt unterbrechen und entlang der Schluchten übernachten, sonst verpasst man den besten Teil der Reise. Im Abenteuerland der Indianer Salzfelder an der Laguna Ojo de Liebre 76 76 Clever reisen! 2/10 Clever reisen! 2/10 Ein ganzes Netz fußbreiter Wege durchzieht die Schluchten, sie schlängeln sich zu den Höhen hinauf und an den Rückseiten wieder hinunter. Diese Native Trails verbinden kleine, aus TOURTIPP TOURTIPP MEXIKO MEXIKO aufgeschüttetem Land gebildete Terrassen mit Bäumen und wohnzimmergroßen Äckerchen rund herum. Hier leben die Rarámuri, mexikanische Indianer. Ihre Hütten sind schwer zu erreichen - sie haben sich immer weiter in die Wildnis zurückgezogen, nachdem zuerst die spanischen Eroberer und danach Siedler kamen und das Land, auf dem sie lebten, in Besitz nahmen. Die Ráramuri sind als schnelle und ausdauernde Läufer bekannt, deshalb wählte die Chepe-Gesellschaft auch die traditionelle Rarámuri-Sandale als Vorlage für ihr Firmenzeichen aus. Überall dort in den Bergen, wo der Chepe hält, trifft man auf einige dieser farbenfroh gekleideten Indianer. In Divisadero hat der Zug den mit 2420 Metern höchsten Punkt der Strecke erreicht, und der 20minütige Stopp dient auch dazu, Gegenzüge passieren zu lassen. Bei den Touristen ist er beliebt, weil dies ein grandioser Aussichtspunkt ist, von dem aus zu sehen ist, wo die beiden Canyons Urique und del Cobre ineinander übergehen. Die Rarámuri bieten hier selbst geflochtene Körbchen, Masken, Flöten und Souvenirs jeder Art an. Mexiko in Deutschland: Mexikanisches Fremdenverkehrsbüro, Taunusanlage 21, 60325 Frankfurt a.M., Telefon 069 253 509, www.visitmexico.com BAJA CALIFORNIA USA Mexicali Ensenada Tucson San Felipe San Quintin Nogales lf MEXIKO o El Rosario © Kartographiebüro Jochen Fischer, FFB Phoenix San Diego Tijuana Bahia de Los Angeles Rosarito Guerrero Negro Hermosillo Santa Rosalia C San Ignacio a Mulege rn Villa Insurgentes ia Ciudad Constitución San Carlos Balandra Bay La Paz O z e a n 150 km Los Mochis fo li Loreto r Mietwagen: Wenn ein Mietwagen nur für eine Strecke gemietet werden soll, etwa weil es mit der Fähre (die keine Mietwagen mitnimmt!) weiter gehen soll oder zurück geflogen wird, muss geklärt werden, was die Rückführung des Wagens kostet. Wer sich die Sehenswürdigkeiten auf Hin- und Rückfahrt aufteilt, hat dieses Problem nicht. Die Rückführungskosten sprechen für Bus- oder Pauschalreisen auf dieser Halbinsel. Gesundheit: Weder die Berge der Sierra Madre, noch Niederkalifornien gehörten zu den Zentren der Schweinegrippe. Menschenansammlungen, in denen man sich anstecken kann, gibt es hier nicht – diese Regionen sind sehr dünn bevölkert. Deshalb hält das Centrum für Reisemedizin ( www.crm.de ) in Düsseldorf Reisen hierher für unbedenklich, wenn die allgemeinen Regeln für Hygiene eingehalten werden. Dazu gehört a) regelmäßiges Händewaschen mit Seife, b) Menschenansammlungen zu meiden und c) sich von Kranken fernzuhalten. Go Anreise: Los Mochis, der Ausgangspunkt der Bahn, ist per Flugzeug über Mexico-City oder diverse US-Flughäfen zu erreichen. Die Zahl der Flüge nach Chihuahua ist deutlich größer, die Stadt wird auch über Tucson, Phoenix, Houston oder El Paso angeflogen. Wer einen Badeurlaub mit der Bahnfahrt verbinden will, reist über Mazatlàn (per Bus weiter nach Los Mochis fahren) oder La Paz in Baja California (und weiter per Fähre) an. Die Reiseveranstalter fliegen Tjuiana , Ausgangspunkt für Niederkalifornienreisen, meist über Mexico-City an. Die Alternative ist eine Anreise über die USA und von San Diego aus, wo von der Amtrak-Eisenbahnstation aus regelmäßig Linienbusse zum Flughafen Tijuana fahren und dorthin wieder zurück kommen. Die Busfahrt zum Flughafen dauert nur ein Drittel so lange, wie die Rückfahrt. Während Mexikaner den Bus durchwinken, bestehen auf der Rückfahrt die US-Kontrolleure darauf, dass alle Busreisenden samt Gepäck den Bus verlassen und die Personen- und Gepäckkontrollen passieren. Zum Bahnhof San Diego fahren nahezu stündlich Amtrak-Züge ab Los Angeles, einige kommen sogar von Nordkalifornien. Die Bahnfahrt ist preiswert – Studenten und Senioren fahren gegen Ausweis günstiger. Von den Fensterplätzen auf der rechten Seite des Zuges (Hinfahrt) aus hat man beste Aussichten auf den Pazifik. Der Zug wurde über lange Strecken hinweg oberhalb der Strände entlang gebaut. Die Kombination des Besuchs von US-Kalifornien und Niederkalifornien ist kein Problem. Wann? In der Wüste Niederkaliforniens und in Los Mochis – und selbst in den Bergen – kann es im Sommer glühend heiß (mit dann wieder kalten Nächten) werden. Entsprechend gelten die Sommermonate nicht als die angenehmste Reisezeit. Niederkalifornien und die Sierra Mardre Occidental sind ein gutes Winterreiseziel. Das Klima ist hier dann warm, aber nicht heiß. e Text: Armin E. Möller & Ursula Meister Wie und wer? Das größte Angebot für organisierte Reisen, sowohl mit dem Chepe-Zug als auch durch Baja California, bietet der Spezialist Olaf Bock von Gersum an, dessen Native Trails Agentur (Telefon 06035 920054 / www.NativeTrails.de ) sich auf diese Regionen Mexikos spezialisiert hat. Er ist in der Lage den Reiseplan sehr individuell zu gestalten. Einige wenige Pauschalreiseunternehmen haben ebenfalls den Chepe im Programm. Für die Tour mit dem Chepe sollte man drei bis sieben Tage einplanen. Solch eine Fahrt kostet bei NativeTrails (1. Klasse-Zug) inklusive Ausflugspaket und Übernachtungen 280 Euro (3 Tage) oder 680 Euro (7 Tage) mit einem größeren Ausflugspaket pro Person im Doppelzimmer. h s c f i P a z i Was sie mit dem Geld anfangen, zeigt sich zwei Stunden später am Gebirgsausgang in Creel. Hier kaufen die Rarámuri all das ein, was sie nicht selbst erzeugen können. Wer gerne und ausdauernd wandert, wie zum Beispiel Danielle und ihr Freund, kann von Creel aus auf Native Trails Indianersiedlungen, alte Silberminen und eine so genannte „vergessene Kathedrale“ – eigentlich ein Missionskirchlein – für sich entdecken. Die siebenstündige Nachtfahrt über die Hochebene nach Chihuahua kann schließlich warten. Draußen wird es dunkel und nur hin und wieder fährt der Zug an Dörfern vorbei, die von altersschwachen elektrischen Straßenlaternen beleuchtet werden. Die hell erleuchtete Großstadt Chihuahua wird erst gegen halb elf in der Nacht erreicht. Der Chepe hat für die 673 Kilometer von Los Mochis auf der Westseite des Gebirges bis hier hin ziemlich genau 15 Stunden gebraucht. Inf os: Mexiko-Tour Infos: San José Todos Santos del Cabo Playa Punta Lobo Cabo San Lucas Cabo San Lucas >ihndjg8=D>8: 6aVbd!YZgB^ZilV\ZcheZo^Va^hi^cCdgYVbZg^`Va~hhi>]cZcY^ZLV]a 8=D>8:Ä;gZ^ZBdYZaalV]a^cYZg\ZWjX]iZc @ViZ\dg^ZVck^ZaZcHiVi^dcZc ?jc\ZbdYZgcZ;V]goZj\ÓdiiZ <gdZhÓ~X]ZcYZX`ZcYZhHiVi^dchcZio 9ZjihX]ZB^ZikZgig~\ZVcVaaZcHiVi^dcZc 9ZjihX]hegVX]^\ZCVk^\Vi^dch\Zg~iZVcVaaZcHiVi^dcZc 9ZjihX]hegVX]^\Z`dhiZcadhZ')]"IZaZ[dc]dia^cZ LZ^iZgZ>c[dgbVi^dcZcÒcYZcH^ZVj[/lll#VaVbd#YZ '%&%6aVbdGZci"6"8Vg!A#A#8# Clever reisen! 2/10 Clever reisen! 2/10 77 77