Mieter wollen auch künftig bezahlbare Wohnungen
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Mieter wollen auch künftig bezahlbare Wohnungen
Cottbus 21.09.2007 9:11 Uhr Seite 1 Nachrichten aus dem Mieterverein Cottbus-Guben Mieter wollen auch künftig bezahlbare Wohnungen Interview von Kerstin Kircheis mit der Cottbuser Baubeigeordneten Marietta Tzschoppe ■ K. Kircheis: Wie viele Wohnungen wurden seit Beginn des Stadtumbauprozesses in Cottbus „vom Markt genommen“, also abgerissen? Wie viele Wohnungen wurden im gleichen Zeitraum neu gebaut? M. Tzschoppe: Mit Stand 30. Juni 2007 wurden seit Beginn des Stadtumbauprozesses im Jahre 2000 in Cottbus 5965 WE vom Markt genommen. Im gleichen Zeitraum wurden 2337 WE dem Wohnungsmarkt zugeführt. K. Kircheis: Der Wohnungsneubau findet überwiegend im selbst genutzten Eigentumsbereich statt. Blieb der Mietwohnungsneubau in Cottbus auf der Strecke? M. Tzschoppe: Seit dem Jahr 1992 wurden unter Inanspruchnahme von Fördermitteln des Landes Brandenburg 1294 Mietwohnungen nach der MietwohnungsbauR und 13 Mietwohnungen nach der ModInstR neu geschaffen. Die letzten Bewilligungen von Fördermitteln durch die InvestitionsBank des Landes Brandenburg (ILB) in Potsdam erfolgten 2001. K. Kircheis: Wie viele Wohnungen haben die beiden großen Wohnungsunternehmen GWC und GWG „Stadt Cottbus“ in den letzten zehn Jahren neuge- baut – und wie hoch sind dort die Mieten? M. Tzschoppe: Die GWC GmbH hat im benannten Zeitraum in der Stadtpromenade 10–12 elf Penthouse-WE neu geschaffen. Im Bereich Geschwister-Scholl-Straße wurden Dachgeschosswohnungen ausgebaut sowie Reihenhauswohnungen neu errichtet, wovon jeweils vier WE Mietwohnungen der GWC GmbH sind. Der überwiegende Teil befindet sich jedoch in Eigentum der damaligen Erwerber. Die Wohnungen wurden ohne Inanspruchnahme von Fördermitteln der ILB neu geschaffen. Die Mietpreise in den neu errichteten WE bewegen sich in folgendem Rahmen: Stadtpromenade 10–12 (6,90 Euro bis 7,16 Euro pro qm Wohnfläche), DachgeschossWE in der Geschwister-SchollStraße (5,80 Euro bis 6,39 Euro pro qm Wohnfläche), Reihenhaus-WE in der GeschwisterScholl-Straße (5,38 Euro bis 6,14 Euro pro qm Wohnfläche). Die GWG „Stadt Cottbus“ e. G. hat im Zeitraum 1997/1998 287 WE gebaut, danach erfolgte kein Neubau mehr. Für den Neubau von 232 WE wurden Fördermittel der ILB in An- spruch genommen. Die Mieten bewegen sich in einer Spanne von 5,23 Euro bis 6,60 Euro pro qm Wohnfläche. K. Kircheis: Viele „Häuslebauer“ waren früher Mieter. Hätte man sie mit frühzeitiger großzügiger Wohnungsmodernisierung als Mieter halten können? Heute droht vielen von ihnen Überschuldung. Hätte hier die Stadt nicht sehr früh gegensteuern müssen? M. Tzschoppe: Nach Ansicht der GWG hätten Angebote für modernisierte Wohnungen bauwillige Häuslebauer nicht abhalten können. Die GWC GmbH hat seit Beginn der 90er Jahre einen Großteil ihrer Wohnungen in allen Stadtteilen modernisiert. Die Aufwendungen dafür betragen mehr als eine halbe Milliarde Euro. Das hat dennoch einige dort wohnende Mieter nicht davon abgehalten, sich für ein Eigenheim zu entscheiden. Auch angebotene Grundrissveränderungen oder entsprechende Muster-WE (Maisonette-WE) hielten sie nicht auf. Eine stärkere Bindung an das Unternehmen wäre sicherlich in Einzelfällen eingetreten, wenn die GWC GmbH alte Bürgerhäuser modernisiert hätte. Nach wie vor ist die Nachfrage nach solchen Wohnungen groß und das Beispiel Berliner Straße 134 – ein Haus aus der Gründerzeit – zeigt, dass selbst sehr große Wohnungen (bis 155 qm) sich immer noch vermieten lassen, während 4- und 5-RaumWohnungen in Plattenbauten schwer vermietbar sind. Den meisten Bürgern geht es aber auch künftig darum, bezahlbare Wohnungen in angemessener Größe zu bekommen. Die Nachfrage nach 1-, 2-, und 3Raum-Wohnungen ist stärker ausgeprägt, als der Wunsch nach Luxus-Wohnungen. Eine wesentliche Rolle für die Entscheidung zum Wohneigentum bildeten u. a. auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen, wie z. B. Subventionen des Staates und des Landes (Eigenheimzulage, steuerliche Vergünstigungen), die Bereitstellung zinsgünstiger Darlehen zum Erwerb bzw. zur Modernisierung von selbst genutztem Wohnraum (z. B. ILB-Darlehen, KfW-Programme), Unterstützung durch Zuschüsse (z. B. Freizieher-Richtlinie), die zur Verfügungstellung von preisgünstigem Bauland und nicht zuletzt das Argument der „Vorsorge fürs Alter“. Vielen Dank für das informative Gespräch. Hilfe für Hartz-IV-Empfänger bei Betriebskostennachschlägen ■ Kooperationsvereinbarung mit Leistungsträgern abgeschlossen Damit Mieterinnen oder Mieter, die Leistungen nach Hartz IV empfangen, bei hoch ausfallenden Betriebskostennachforderungen nicht in Not geraten, hat der Mieterbund Cottbus-Guben eine Kooperationsvereinbarung mit dem Sozialdezernat der Stadtverwaltung Cottbus abgeschlossen. Dazu Mieterbundsvorsitzende Kerstin Kircheis: „In dem gemeinsamen Interesse, ungerechtfertigte Geldforderungen aus Mietverträgen gegenüber 18 Leistungsbeziehenden abzuwehren, die sonst möglicherweise zu Leistungsmissbrauch führen könnten, haben wir uns zu helfenden Verfahrensfragen verständigt.“ Der Hintergrund sind die flächendeckenden teilweise sehr hoch steigenden Betriebskosten für Wärme, die bei den demnächst eintreffenden Nebenkosten-Nachforderungen für manche Mieter unliebsam hoch ausfallen können. Hier will der Mieterbund durch die Vereinba- rung mit der Stadt helfend eingreifen: Bei Nachzahlungsforderungen über mehr als 300 Euro, die an Mieter seit dem 1. Juli 2007 verschickt worden sind, sollen Senkungen oder sonstige Erleichterungen den Betroffenen helfen. Voraussetzung hierfür: Die vorgelegte Betriebskostenabrechnung gibt dazu Veranlassung. Dann wird der Mieterbund Leistungsbeziehende beraten und außergerichtlich gegenüber den Vermietern vertreten, sofern das Sozialamt Cottbus (Leistungsträger nach dem zwölften Buch Sozialgesetzbuch SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz – AsylblG) oder die ArGe Cottbus (Leistungsträger nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II) ihre Zustimmung durch einen Auftrag erteilt hat. ■ Mieterbund Cottbus-Guben u. Umgebung e. V., Friedrich-Ebert-Straße 34, 03044 Cottbus, Tel. 03 55/70 22 04. Verantwortlich für den Inhalt der Seite 15: Kerstin Kircheis 5/2007 MieterZeitung 15