Rassismus im Kontext - Fakultät Wirtschafts
Transcrição
Rassismus im Kontext - Fakultät Wirtschafts
Rassismus im Kontext Geschlecht, Klasse, Nation, Kultur und Rasse Wulf D. Hund Vor nahezu zweihundert Jahren schreibt ein Autor unter dem gut gemeinten Pseudonym Fürchtegott Leberecht Christlieb: »Wir Teutsche haben […] die große Entdeckung gemacht, daß […] wir ein Volk sind […]. Seitdem ist unter uns ein reger Eifer entstanden alles Fremde von uns auszuschließen«.1 Er spricht damit einen Zusammenhang an, der nicht nur bei der modernen Nationalstaatsbildung eine Rolle spielt, sondern alle Formen herrschaftlicher Vergesellschaftung prägt. Historisch wird er von wachsenden Differenzierungen und Abhängigkeiten bestimmt. ›Geschlechter‹, ›Klassen‹, ›Nationen‹, ›Kulturen‹ und ›Rassen‹ vermitteln die Prozesse sozialer Einschließung und Ausschließung. Sie repräsentieren den geschichtlichen Verhältnissen entsprechend ausgeprägte Kategorien der Integration und Ausgrenzung, die miteinander verbunden sind, sich überlagern, gegeneinander verschieben lassen und zu komplexen ideologischen Mustern verwoben werden können. Christliebs Überlegungen beziehen sich auf das in Deutschland nach der Napoleonischen Ära wachsende Nationalbewusstsein und seine Verbindung mit dem sich zusammen mit der Emanzipation der Juden radikalisierenden Antisemitismus. Für diesen ist die gehässige Rhetorik eines Karl Wilhelm Friedrich Grattenauer oder Hartwig Hundt von Radowsky ebenso kennzeichnend wie die in ganz Deutschland zahlreich registrierten Ausschreitungen und Krawalle. Doch wird er nicht allein von zweitrangigen Skribenten und irritierten Volksmassen befördert. Seine Virulenz geht ganz wesentlich auch von den Beiträgen bekannter Philosophen und geachteter Schriftsteller aus.2 In ihnen vermischen sich kulturelle mit naturbezogenen Argumenten. Als Achim von Arnim die christlich-deutsche Tischgesellschaft mit antisemitischen Ausfällen unterhält, betet er zunächst die durch religiös geprägten Judenhass über Jahrhunderte tradierten Stereotype von Ritu17 almord, Hostienschändung und Brunnenvergiftung her. Sie werden um die Vorwürfe der Verschwörung und Verstellung, der wirtschaftlichen Ausplünderung anderer, der Vaterlandlosigkeit und der Schmutzigkeit ergänzt. Anschließend kommen die »Kennzeichen eines Juden« zur Sprache, die, »innerlich begründet auch physisch sich offenbaren«. Nach einer elenden Aufzählung angeblicher »Erbkrankheiten« sollen sie dadurch ermittelt werden, dass man einen Juden zunächst im Mörser zerstößt und zerreibt, um ihn anschließend »bis zum Durchglühn« zu erhitzen. Die folgende Untersuchung ergebe neben fünfzig Prozent Bosheit, zehn Prozent eingeatmeten Silbers, fünf Prozent verschluckter falscher Wechsel und anderem mehr auch vier Prozent Christenblut – »heimlich durch sündliche Mischung gewonnen«.3 Eine nicht weniger trübe Melange aus Vorurteilen, Gewaltfantasien und Idiosynkrasie rührt Johann Gottlieb Fichte an, als er die Parolen der Französischen Revolution gegen deren Kritiker verteidigt. Nachdem er das Judentum als Staat im Staate bezeichnet und ihm körperliche Schlaffheit und egoistischen Handelsgeist zugeschrieben hat, klagt er es der ökonomischen Ausplünderung der Bürger an, deren Rechte die Juden nicht erhalten dürften. Stattdessen sei es besser, sie zu deportieren. Denn, so fügt er hinzu, der einzige Weg, auf dem Juden Bürger werden könnten, bestehe darin, »in einer Nacht ihnen allen die Köpfe abzuschneiden, und andere aufzusetzen, in denen auch nicht eine jüdische Idee sei«. Abgesehen von jener nahezu Nacht-und-Nebel-Atmosphäre dieser Überlegung vermengt auch sie kulturelle und naturalistische Argumente und besteht trotz aller Aufklärung darauf, dass Juden die ihnen eigentümlichen Ideen nur zusammen mit ihren Köpfen aufgeben können.4 Zur selben Zeit geht es in anderen Zusammenhängen ebenfalls um Köpfe. Und auch hier dienen sie der Begründung von Differenz und sollen natürliche Tatsachen mit kulturellen Möglichkeiten vermitteln. Samuel Thomas Soemmerring entwickelt eine solche Argumentation für Frauen ebenso wie für Afrikaner. Er misst bei von ihm zunächst Mohren dann Neger genannten Menschen ein kleineres Gehirnvolumen als bei Europäern. Deswegen meint er, sie in größerer Nähe zum Affen ansiedeln zu müssen. Für Frauen stellt er fest, dass sie zwar kleinere Köpfe als Männer, im Verhältnis zum Skelett jedoch relativ größere Schädel haben. Angesichts dieser statistischen Misere wechselt er beherzt den Bezugspunkt und erkennt an der vergleichbar großen Menge weiblichen Hirns, dass es weicher als bei Männern sei. Seine Konsistenz scheint ihm, ganz 18 wie die Proportion von Körper und Kopf, den Verhältnissen bei Kindern zu ähneln. Für Frauen wie für Afrikaner gilt damit als ausgemacht, dass sie von Natur aus weniger zur menschlichen Kultur beitragen können als europäische Männer.5 Dieses Verdikt wird in unterschiedlichen Abstufungen auch über andere so genannte Rassen verhängt. Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist bei weitem nicht der erste, der eine klare Vorstellung von ihrer Rangfolge hat, wenn er »Amerikaner« ein »verschwindendes schwaches Geschlecht« nennt, »Neger« für eine »Kindernation« hält, die in »interesselose[r] Unbefangenheit« lebe, bei »der asiatischen Race« den »Geist« immerhin »erwachen« sieht und schließlich allein »der kaukasischen Race« bescheinigt, in ihr käme »der Geist zur absoluten Einheit mit sich selber«, nur sie bewirke den »Fortschritt der Weltgeschichte«.6 Mit der Konstruktion von Rassen mag sich sein philosophischer Hang zur Differenz indessen nicht bescheiden. Er erstreckt sich auch auf die Unterteilung der kaukasischen oder weißen Rasse in Nationen, bei denen er Zusammenhänge zwischen natürlicher Veranlagung und kultureller Entwicklung vermutet und sich mit mehr oder weniger Penetranz dem Lob des eigenen Volkes widmet. Dabei zögert er nicht, auch dies noch einer Binnengliederung zu unterwerfen, in unterschiedliche Klassen zu ordnen und von deren sozialer Lage auf ihre natürliche Befähigung zu schließen. Christoph Meiners, der die hohe Schule der Ausgrenzung beherrscht und nahezu alle diskriminiert, die sich nicht als männliche Mitteleuropäer aus gutem Hause legitimieren können, teilt die Menschen in Mongolen und Kaukasier, die er auch gern die Hässlichen und die Schönen nennt. Bei letzteren unterscheidet er »drei Racen«, Kelten mit den ihnen zugerechneten Germanen, Slawen und Morgenländer, bei denen er insgesamt »nicht nur größere Vorzüge des Cörpers, sondern auch des Geistes findet« und aus denen er die Kelten dann deutlich herausragen lässt.7 Johann Gottfried Herder, der einerseits den Begriff der Rasse zurückweist, weil bei den Unterschieden zwischen den Menschen »zuletzt alles nur Schattierung eines und desselben großen Gemäldes« sei, weiß andererseits trotzdem Völker und Nationen nach natürlichen und kulturellen Eigenschaften zu unterscheiden. So hätten es zwar die Chinesen zu einiger Bildung gebracht, wären damit aber insgesamt nicht weit gekommen. Sie haben »nach europäischem Maßstabe in Wissenschaften wenig erfunden«. In fast »allen Künsten« mangele es ihnen »am geistigen Fortgange und am Triebe zur Verbesserung«. Ihre Moral sei nur ein 19 »Kinderversuch« des Verstandes. All dies könne indessen bei einem »Volksstamm mit kleinen Augen, einer stumpfen Nase, platter Stirn […] und einem dicken Bauch« wenig verwundern: »Was diese Organisation hervorbringen konnte, hat sie hervorgebracht; etwas anders kann man von ihr nicht fordern«. Zu höheren Taten bedürfe es anderer Voraussetzungen. Die sieht auch Herder nicht bei den Slawen. Sie »nehmen auf der Erde einen größeren Raum ein, als in der Geschichte«. Dagegen wird die historische Leistung der Griechen nachdrücklich gewürdigt. Richtig schwärmen aber lässt sich erst über die Deutschen, jenen »Völkerstamm, der durch seine Größe und Leibesstärke«, durch »Kriegsmut« und »Heldengeist« in Europa mehr bewegt hätte als alle anderen Völker.8 Wie den Nationen, so geschieht auch den Klassen. Zwar wird die Bedeutung von Umwelt und Entwicklung durch die Aufklärung betont. Doch sie steht unter dem Vorbehalt von Eigentum und Herrschaft. Wie in einem Wetterleuchten tritt das grell hervor, als Voltaire in Rousseaus Abhandlung über die Ungleichheit liest. Zunächst unterstreicht er wenig und beschränkt sich auf sparsame Kommentare. Das ändert sich schlagartig, als er zu Rousseaus Kritik des Privateigentums kommt. Mit Verve notiert er eine längere Anmerkung, die in den Ausruf mündet: »Das ist die Philosophie eines Bettlers, der möchte, daß die Reichen von den Armen bestohlen werden«.9 Angesichts solcher Gefahren sichert die Aufklärung ihren Entwicklungsbegriff durch die Zusammenschau kultureller, sozialer und natürlicher Differenz. Paul Thiry d’Holbach umschreibt sie euphemistisch als »Vielfältigkeit«. Die sieht er zwischen Geist und Geschmack der Menschen ebenso wie zwischen ihren Körperkräften und ihren Gesichtszügen. Sie gilt ihm als Garant sozialer »Ungleichheit«, die nicht nur die »Grundlage der Gesellschaft« bilde, sondern durch die auch die menschliche »Gattung in verschiedene Klassen eingeteilt« würde.10 Vor diesem Hintergrund lassen sich aufgeklärte Maximen mit alten Legenden und neuen Verdächtigungen verbinden. Zum Traditionsbestand gehören die verschiedenen Varianten des arischen Mythos. Sie postulieren einen Zusammenhang von Klassen und Völkern. Je nach sozialem oder politischem Standort reklamieren sie die Abstammung von Goten, Franken und Normannen oder betonen die Tugenden von Galliern und Angelsachsen. Überlagert werden sie von dem mit der Entwicklungstheorie einhergehenden Verdacht, wer es während Jahrhunderten zu nichts gebracht habe, verfüge womöglich nur über beschränkte Bildungsmöglichkeiten. 20 Der arische Mythos richtet sich nach außen gegen andere Völker und Rassen, nach innen gegen die unteren Klassen und mündet schließlich in den Begriff der Degeneration. Besonders perfide wird er immer dann, wenn er mehrere Dimensionen der Diskriminierung kombinieren kann. So ist etwa David Humes dezente Bemerkung, dass das einfache Volk in der Schweiz rechtschaffener sei als in Irland nur die vornehme Variante jener offenen Verachtung, die irische Arbeitsmigranten in England zu Affen oder Wilden erklärt.11 Der Maßstab, der all diesen Operationen der Ausgrenzung zugrunde liegt, ist eine unnachgiebige Vorstellung von Kultur, die Europa zum allein möglichen Bezugspunkt aller Entwicklung macht. In ihr entfaltet der Bildungsbegriff der Aufklärung sein gesamtes Drohpotenzial: »Müssen sich alle Nationen eines Tages dem Zustand der Zivilisation nähern, den die aufgeklärtesten, freiesten und vorurteilslosesten Völker, wie die Franzosen und die Anglo-Amerikaner, erreicht haben? Muß der gewaltige Abstand nach und nach verschwinden, der […] zwischen ihnen und der Barbarei der afrikanischen Stämme, der Unwissenheit der Wilden klafft?« Diese von Condorcet nur rhetorisch als Frage verkleidete Überzeugung schließt die Verurteilung all jener ein, die auf dem von ihr gewiesenen Weg der Zivilisation versagen. Das kulturelle Niveau der Europäer gilt als Garant dafür, dass »zahlreiche Völker […] nur darauf warten, von uns die Mittel zu erhalten, die sie zu ihrer Zivilisation benötigen«. Die Verbreitung der Europäer über die gesamte Erde wird zur kulturellen Pflicht. Dadurch ist gesichert, dass sie »die wilden Nationen, die dort noch weite Gebiete innehaben, zivilisieren oder selbst ohne Eroberung zum Verschwinden bringen« werden.12 Lange vor Darwin und Gobineau hat die Aufklärung entschieden, wer auf der Welt als stark und schwach gelten soll, wie sich was durchsetzen wird und wem welcher Platz gebührt. Sie hat ihre Überlegungen in ein geschichtsphilosophisches Konzept des Fortschritts gefasst, das der Menschheit den Weg zum Glück weist und gleichzeitig all jene zum Untergang verurteilt, die ihn nicht beschreiten wollen oder können. Da es sich mit der Vernunft im Bunde weiß, führt es solch kulturelles Unvermögen entschlossen auf natürliche Unfähigkeit zurück. Dadurch gelingt es ihm, gleichzeitig einen epochalen Bruch zu markieren und doch das Erbe der historischen Formen der Diskriminierung anzutreten. Seine Begründungen von Ausgrenzung und Integration kann es so bis in die Antike zurückverfolgen. 21 Die klassische griechische Philosophie hat bereits alle wesentlichen Muster entwickelt, um soziale Differenz durch der Natur zugeschriebene Ungleichheit zu legitimieren.13 Sie werden benutzt, um Staaten, Völker und Ethnien auseinander zu halten, Griechen und Barbaren zu unterscheiden, Freie von Sklaven abzugrenzen, die Gesellschaft nach Klassen zu gliedern und die Geschlechter auf ihre Plätze zu verweisen. Die Unterteilung der Geschlechter liefert die Blaupause für alle weiteren kategorialen Unterscheidungen, die den Göttern oder der Natur unterstellen, hierarchische Unterscheidungen zwischen den Menschen vorgesehen zu haben. Als er die Geschichte Pandoras erzählt, behauptet Hesiod, sie sei von Zeus den Männern zur Strafe erschaffen worden. Und er bezeichnet sie als erste Frau, auf die das Geschlecht, die Gattung und die Stämme der Frauen zurückgingen, die er mit dem Begriff génos gynaikôn zu einer eigenen Rasse erklärt.14 Die große Philosophie mag hinter solcher Zuschreibung nicht zurückstehen. Auch Platon lässt die Welt zunächst aus Männern bestehen. Von denen würden die Feiglinge als Frauen, die Leichtgläubigen als Vögel, die Unverständigen als Landtiere und die Dummen als Wassertiere wiedergeboren. Dabei ist von den Frauen wie den verschiedenen Tierarten als je eigener Gattung (génos) die Rede. Aristoteles schreibt diese Auffassung fort und erklärt, dass Männer, deren Samen sich bei der Zeugung nicht durchsetzt, Töchter zeugen würden. Da die ihren Vätern nicht glichen, gelten sie ihm als missgestaltet und aus der Art (génos) gefallen.15 Die hier beschworene Differenz besteht nicht nur auf der Andersartigkeit der Frau. Mit ihrer Hierarchisierung der Geschlechter verweist sie auch auf die darin nur mühsam verborgene soziale Unterdrückung. Die kommt nicht nur den Männern der herrschenden Klassen zugute, deren herrschende Moral die Frauen aus der öffentlichen in die private Sphäre verweist. Xenophon demonstriert die Vorteile der Ausgrenzung der Frauen aus der Politik und ihre Integration ins Haus in einem schamlosen Beitrag zur Ökonomie. Mit ihrer Hilfe lassen sich gleichzeitig legitime Erben sichern, die Hausarbeit wie deren Beaufsichtigung an die Frauen delegieren und so zusätzliche Zeit für männliche Muße schaffen. Aristoteles schätzt die herrschaftliche Organisation des Geschlechterverhältnisses ähnlich ein und erklärt das Dienen zur Tugend der Frauen. Gleichzeitig verweist er auf die Dialektik der Herrschaft. Als soziale Beziehung auf Frauen und Sklaven gerichtet, soll sie dem psychischen Ver22 hältnis von Vernunft, Affekten und Leib entsprechen. Die männliche Vernunft regiere die weiblichen Affekte und die sklavische Leiblichkeit. Dabei gerät sie freilich mit der Verfassung der Männer selbst in Konflikt. Denn »bei Lasterhaften oder Schwächlingen« werde die Seele vom Leib dominiert, weil sich beide in einem »widernatürlichen Zustand« befänden.16 Der durch die Versuchung des Fleisches drohende Kontrollverlust wird in der sexistischen Aufteilung der Geschlechter dem unzivilisierten Wesen der Frauen angelastet. Zwar kann er gelegentlich auch ironisch behandelt werden. Doch selbst in der spaßigen Verkehrung der Rollen von Mann und Frau durch Aristophanes gelingt es Lysistrate nur mit Mühe, einen Sexualstreik zu organisieren. Dauernd klagt sie über das lüsterne Wesen der Frauen. Die Männer hingegen befinden einmal mehr: »Wild, unbändig, wie die Weiber, ist kein Tier«.17 In der Zuordnung der Frauen zu Natur und Wildheit liegt nicht nur Herablassung, sondern auch Wut. Hesiod äußert sie unverhohlen. Er wirft den Frauen vor, für Übel und Mühsal der Menschen verantwortlich zu sein.18 Nachdem er seine Version der Selbstbeherrschung vorgetragen hat, ein arbeitsames Leben, bestimmt von rigider Ökonomie der Güter wie der Zeit, gönnt er sich und seinen Lesern etwas Ruhe. An einem schattigen Plätzchen genießt er Brot, Fleisch und Milch. Sogar ein Schluck Wein ist erlaubt. Doch der soll schon wieder kontrolliert, das heißt, mit drei Teilen Wasser verdünnt, getrunken werden. Die Szene spielt zur »Zeit des lähmenden Sommers«, in der nicht nur »der Wein am besten« ist, sondern auch »die Geißen am fettesten« und »die Weiber am geilsten« sind. Nur die Männer fühlen sich »am schlappsten«. Ebenso lüstern wie unmäßig, werden die Frauen der Natur zugeschlagen und den Männern gegenüber gestellt, die sich in vernunftvoll vorausschauender Arbeit erschöpft haben wollen. Mit den ihnen unterstellten ungezügelten Begierden gelten sie als stete Gefahr für mühsame Triebkontrolle. Und weil sie nicht nur in der Liebe und im Genuss, sondern auch in Intrigen und Rachsucht maßlos sein sollen, mündet das Verhältnis der Geschlechter in die blutigen Gemetzel der Tragödie. Schließlich lässt nur noch die Fortpflanzung Frauen als notwendiges Übel erscheinen. »Nachkommen schaffen sollten sich auf anderm Weg | Die Menschen, nicht mehr sollte sein der Fraun Geschlecht«, räsoniert Jason in seinem Hader mit Medea.19 Schon im ersten Anlauf mündet die philosophische Verknüpfung von Herrschaft und Selbstbeherrschung in den Wunsch, die Anderen mögen 23 aufhören zu existieren. Dabei sind Aversion und Wut konfliktreich mit Interessen verwoben. Die Vorteile der Hauswirtschaft werden mit den Kosten der Triebökonomie verrechnet. Die Notwendigkeit einer Reglementierung der Affekte wird dabei auf die Frauen projiziert und soll ihre Erniedrigung zu Dienerinnen rechtfertigen. Herrschaft erscheint so nicht nur legitim, sondern auch als Bedingung für die Existenz der Anderen, die gleichzeitig unter der Drohung steht, sich ihrer bei Eigensinn und Widerstand zu entledigen. Wo immer soziale Diskriminierung ihren Maßstab auf angeblich unterschiedliche Distanz zur Natur gründet, findet sich diese Mischung aus Unterwerfung und Vernichtung. Triebhaftigkeit und Mangel an Vernunft werden Frauen wie unteren Klassen und niederen Rassen zugeschrieben. Ihre Integration in das System herrschaftlicher Vergesellschaftung geht deswegen mit ihrer Ausgrenzung als andersartig einher. Wenn Aristoteles das, »was nicht ohne einander bestehen kann, […] paarweise miteinander vereint« und Mann und Frau zur »Fortpflanzung« und Herrn und Knecht zur »Lebenserhaltung« zusammenfasst, wird deren Gemeinschaft durch Herrschaft konstituiert. Die aber beruhe nicht auf einem »Mehr« oder »Minder«, sondern auf einem »Artunterschied«.20 Die Logik der Ausgrenzung ist deswegen auch dann schon rassistisch, wenn der Begriff der Rasse noch nicht entwickelt worden ist. Und sie ist auch dort rassistisch, wo sie Geschlechter oder Klassen, Nationen oder Kulturen unterscheidet. In der aristotelischen Bestimmung der Sklaverei überlagern sich all diese Muster der Diskriminierung. Die Kategorien Sklave, Frau, Banause und Barbar sind analytisch und argumentativ verknüpft. Drastisch zeigt das die Behauptung, dass »bei den Barbaren Weib und Sklave dieselbe Stellung haben«.21 Erstens unterscheidet sie die Stellung von Frauen und Sklaven bei Barbaren und Griechen und rückt so Frauen und Sklaven statistisch zusammen. Für den größten Teil der Menschheit gilt, dass beide nicht sonderlich auseinander gehalten würden. Zweitens unterscheidet solche Auffassung Griechen und Barbaren durch die Fähigkeit zur Herrschaft. Sie wird den Barbaren abgesprochen, weil sie Frauen und Sklaven nicht trennen können. Dadurch werden alle Barbaren zu potenziellen Sklaven erklärt. Drittens unterscheidet diese Bestimmung die Abstände von Männern zu Frauen und von Herren zu Sklaven. Das schlägt sich in einer Körpermetaphorik nieder, die Vernunft, Begierde und Leib hierarchisch ordnet und mit Mann, Frau und Sklaven vergleicht. Viertens unterscheidet eine derartige Annahme auch die Stel24 lung der sozialen Klassen. Weil sich die Armen keine Sklaven leisten könnten, müssten sie selbst arbeiten und ihre Frauen zu Sklavendiensten verwenden.22 Damit ist eine ideologische Gemengelage geschaffen, in der die niederen Klassen in eine prekäre Situation geraten. Als Bürger können ihre Angehörigen von den Sklaven unterschieden und zum Staat gerechnet werden. Als abhängig Arbeitende lassen sie sich mit den Sklaven vergleichen und aus der politischen Gemeinschaft verweisen. Ausgrenzung und Integration sind nicht nur eng verwoben, sondern enthalten neben dem Angebot, sich mit der eigenen Polis oder der hellenischen Kultur zu identifizieren, auch die Drohung, der sklavischen Lebensweise wegen als barbarisch identifiziert zu werden. Die rassistische Konstruktion der Frauen wie der Barbaren schlägt auf die der Klassen durch. Die Bereitschaft zur Ausgrenzung wird zur Bedingung der Integration gemacht. Sie verlangt, dass man »über andere so sehr hervorragt wie der Mann über das Weib […] oder der Herr über die Sklaven« und dass man dem »Geschlecht der Griechen« angehört, welches »Mut« und »Denkvermögen« vereint und deswegen bestimmt ist, »die Herrschaft über alle anderen Völker zu gewinnen«.23 Neben solch ordinären Nutzanwendungen sind alle diese ideologischen Operationen auf den flexiblen Umgang mit der Frage fokussiert, in wieweit jemand ein Mensch sei. Die herrschaftlich bestimmte Zuschreibung unterschiedlicher Grade des Menschseins mit Hilfe kulturalistischer und biologistischer Kriterien ist der Kern rassistischer Diskriminierung. Ihr Prototyp ist die Abstufung der Geschlechter. Sie wird auf die Binnendifferenzierung der Gesellschaft wie auf ihre Beziehungen nach außen übertragen. Ihre Modi sind Ausgrenzung und Integration. Herrschaft muss, um als legitim gelten zu können, gleichzeitig ausschließen und einschließen. Die Konstruktion von außen stehenden Minderwertigen erlaubt denen, die innerhalb der Gesellschaft herabgemindert werden, sich ihr trotzdem zurechnen zu können. Rassismus begründet Differenz und vermittelt den Zusammenhalt der Ungleichen in einem. Das dazu von der Antike entwickelte Instrumentarium wird für die abendländische Kultur vor allem vom Christentum weiterentwickelt. Schon die Kirchenväter machen sich ausführlich Gedanken darüber, wie sich die Schöpfungsgeschichte mit der Unterteilung der Menschheit und der Herabminderung ihrer angeblich sündigen, verstockten und zum Dienen bestimmten Gruppen und Völker vereinbaren ließe. Die Bereiche, in denen sie bis in die Neuzeit wirksame Begründungen rassistischer 25 Diskriminierung formulieren, sind Frauenfeindschaft und Judenfeindschaft. Bereits im zweiten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung behauptet Aristides, »daß es auf der Welt vier Gattungen von Menschen gibt: Barbaren und Griechen, Juden und Christen«.24 Justinos erklärt die Juden zu Gehilfen des Teufels und Meltion beschuldigt sie der Ermordung Gottes. Ein Jahrhundert später interpretiert Tertullian Kain und Abel als Ursprung der zwei Völker der Juden und Christen. Letzteres sei zur Seligkeit berufen, ersterem die Hölle bestimmt, verkündet Origenes. Im vierten Jahrhundert bezeichnet Eusebios die Juden als dauerhaft verdammt und zur Sklaverei verurteilt. Hilarius nennt sie »ein Volk von Schlangen« und »Söhne eines teuflischen Willens«. Zeno spricht vom »stinkende[n]« Passahmahl, und Athanasios erscheinen die Juden »so abstoßend durch ihren Charakter wie Eselskentauren«. Ephräm gelten sie als ein Volk, das sein Brot mit dem Blut Christi vermische und mit Knoblauch verzehre und dessen »Geruch« ebenso »stinkend« wäre, »wie seine Sitten«. Im fünften Jahrhundert nennt Ambrosius die Juden aussätzig, habgierig und unsittlich und hält es für keine Straftat, eine Synagoge, »Stätte des Unglaubens« und »Schlupfwinkel tollen Wahnsinns«, in Brand zu stecken. Johannes Chrysostomos gilt die Synagoge als »Bordell« und »Bollwerk des Teufels«, das bekämpft werden müsste. So wie unnütze Tiere zu Schlachtvieh würden, wären die Juden durch Gottlosigkeit »untüchtig« und »geeignet zur Schlachtung geworden«. Zur gleichen Zeit riecht Maximus den »Gestank des Unglaubens«, und Rufinus interpretiert die Beschneidung als Kainszeichen. Hieronymus gesteht seinen »Widerwillen gegen Beschnittene«, deren Rabbiner nur Geschwätz verbreiteten und deren Gottesdienst dem Grunzen von Schweinen und Wiehern von Eseln gliche. Augustinus betrachtet die Juden gleichzeitig als Feinde und als Sklaven der Christen. Neben ihrer ewigen Knechtschaft begründet er ihre Verurteilung zu fortwährender Zerstreuung. Petrus Chrysologus rügt ihre Geldgier, und Isaak von Antiocheia vergleicht sie mit heuchlerischen Ausbeutern. Angesichts all ihrer angeblichen Schandtaten hat nicht nur Fulgentius die »feste Gewißheit«, dass »alle Heiden, […] alle Juden, Häretiker und Ketzer […] in das ewige Feuer gehen werden«. In solchen Behauptungen, Überzeugungen und Vorwürfen finden sich bereits im spätantiken Imperium Romanum wesentliche Elemente des mittelalterlichen Antisemitismus. Die Juden werden als Volk von Gottesmördern gebrandmarkt und den Christen gegenüber als Feinde 26 isoliert. Diese Konfrontation wird in die Vergangenheit bis nach der Vertreibung aus dem Paradies zurückverfolgt und in die Zukunft bis in die Ewigkeit von Himmel und Hölle ausgedehnt. Zur Begründung dient der angeblich teuflische Charakter der Juden, der nicht nur auf das Verderben anderer aus wäre, sondern sie (durch rituelle Zeichen, tierisches Verhalten und einen abstoßenden Geruch) auch physisch kenntlich mache. Im westgotischen Spanien führen solche Zuschreibungen bereits im ausgehenden siebten Jahrhundert zu einer Politik, die die Juden vor die Wahl der Zwangstaufe oder der Emigration stellt und anschließend die Getauften weiter als Juden verfolgt. Schließlich werden sie enteignet und versklavt. Ihre Kinder werden ihnen weggenommen, um christlich erzogen und mit Christen verheiratet zu werden. Erst mehr als weitere siebenhundert Jahre christlicher Zeitrechnung später begründet der katholische Antisemitismus in Spanien eine ähnliche Politik mit dem Begriff der Rasse, den restriktive Definitionen zur Voraussetzung von Rassismus machen möchten.25 Zur selben Zeit findet sich die Kategorie Rasse in der Querelle des femmes.26 Auch zu deren Wurzeln gehören die Lehren der Kirchenväter. In einer elenden Verquickung von misogynen Ressentiments der griechischen Philosophie, der Briefe des Paulus und der Erzählung der Genesis dekretieren sie ein minderes Menschsein der Frau. Augustinus hält sie für dem Mann doppelt untergeordnet. Durch die Schöpfung sei sie zur Gehilfin des Mannes bestimmt und deswegen von Anfang an geringer als er und seiner Herrschaft unterworfen. Entsprechend beschränkt sei ihre Hilfsfunktion. Sie diene nur zum Austragen und Gebären von Kindern. Arbeiten und kommunizieren könnten Männer besser miteinander. Zudem laste auf der Frau die Strafe für den Sündenfall, die eng mit ihrem durch fleischliche Begierden geprägten Charakter verknüpft und dem durch überlegende Geistigkeit gekennzeichneten Mann gegenübergestellt wird.27 Diese Unterordnung geht mit erheblichen Idiosynkrasien einher. »Die Schönheit des Leibes wohnt nur in der Haut. Und wahrlich, wenn die Männer sähen, was sich unter der Haut befindet, würde der Anblick der Frauen ihnen Ekel einflößen«, erklärt Johannes Chrysostomos angesichts der weiblichen Körperlichkeit. Drastisch fährt er fort: »Wir würden es nicht ertragen, Auswurf oder Kot auch nur mit den Fingerspitzen anzufassen; wie können wir dann den Wunsch haben, einen solchen Haufen Kot zu umarmen?« Doch hindert ihn seine fäkale Fantasie nicht 27 an der praktischen Einweisung der Frau in die ideologisch tradierten Räume, den »Haushalt«. Denn Gott habe, »unter Berücksichtigung […] der Hierarchie, jedem Geschlecht seine Aufgabe zugeteilt: Dem Mann die notwendigste, die wichtigste, der Frau eine weniger wichtige, minderwertige«.28 Die Tradierung solcher Bilder und die Kanonisierung des hierarchischen Konzepts der Geschlechter führt schließlich bei Christine de Pizan zu einem weiblichen Selbsthass, aus dem sie sich nur mit großer Mühe befreien kann. Weil sie in den Büchern der Gelehrten nur negative Urteile über Frauen findet, glaubt sie schließlich, »Gott habe mit der Frau ein niederträchtiges Wesen erschaffen«. Sie verachtet sich selbst und »das gesamte weibliche Geschlecht, als wäre es ein Irrtum der Natur«.29 In dieser Lage entdeckt sie die Dialektik von Fremdeinschätzung und Selbstbewusstsein. Das ermöglicht ihr, der herrschenden Misogynie ein positives Frauenbild entgegenzusetzen. Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, es könne »nicht der geringste Zweifel daran bestehen, daß die Frauen ebenso zum Volke Gottes und zu den menschlichen Wesen gehören wie die Männer, daß sie keineswegs zu einer anderen Art [race] oder zu einem verschiedenartigen Stamm [espèce] gehören«. Die diskriminierenden Texte der Vergangenheit werden als rassistische Herabminderung der Frauen gelesen. Trotz solcher Kritik wird die Frage »Ob die Weiber Menschen seyn, oder nicht?« weiter diskutiert.30 Bei ihrer Beantwortung artikuliert sich dieselbe Frauenfeindlichkeit wie im Verlauf der Hexenverfolgungen. Die betreffen zu einem sehr hohen Prozentsatz Frauen, weil sie traditionell als moralisch schwach, intellektuell unterlegen und sexuell unersättlich gelten.31 Das wird nicht nur von kleinen Geistern wie Heinrich Kramer, sondern auch von großen Gelehrten wie Jean Bodin auf die Minderwertigkeit der Frau zurückgeführt. Dem Verfasser des Hexenhammers gelten Frauen als »Fehler der Natur«, »unvollkommene Lebewesen«, die »in allen Kräften, der Seele wie des Körpers, mangelhaft sind«. Sie scheinen ihm deswegen »von einer anderen Art zu sein als die Männer«. Der Autor der Démonomanie weiß nicht nur um die »[v]iehische […] begirlichkeit, welche das Weib […] antreibet«, sondern auch, dass deswegen »Plato das Weyb zwischen den Menschen und das Vieh setzet«. Die Gründe dafür liegen ihm auf der Hand: »Dann man sicht auch, das […] innerliche Glieder und Eingeweid in den Weiber grösser seind, dann bey den Maennern […]. Hingegen aber seind der Mannsbilder Haeupter viel 28 groesser, und darumb haben sie auch mehr Hirns, Verstands unnd Weißheit dann die Weibsbilder«. Wie schon in der Antike gibt es auch im Mittelalter und in der Renaissance zahlreiche Versuche, das Menschsein anderer herabzusetzen und die dadurch entstehenden Gruppen hierarchisch zu ordnen. Das gilt nicht nur für Frauen und Männer oder Juden und Christen, sondern auch für die sozialen Klassen. Zum einen existiert die Institution der Sklaverei ununterbrochen fort. Die klassischen Argumente ihrer Legitimation und damit auch die Herabstufung der menschlichen Eigenschaften der Sklaven werden beibehalten. Die Rhetorik des Aristoteles prägt noch die Auseinandersetzung um die Sklaverei im Zuge der europäischen Expansion.32 Zum anderen werden die Menschen im Rahmen einer organischen Staatsauffassung auf die ihren angeblich natürlichen Fähigkeiten angemessenen Plätze verwiesen. Die politische Körpermetaphorik vermittelt dabei Ausgrenzung und Integration. Auch die geringeren Glieder gehören zum Organismus, aber eben in nachgeordneter Stellung. Wie Abstufung, Zurechnung und Ausschluss sich dabei vereinbaren lassen, zeigt das Gesellschaftsbild, das Wilhelm von Conches im 12. Jahrhundert entwirft. Er begreift den Staat als Stadt und vergleicht deren Aufbau mit dem menschlichen Körper. Wie der vom Kopf, dem Sitz der Vernunft, so werde sie von der Burg, dem Sitz des Adels aus, regiert. Wie der Körper seine Stärke dem Herz verdanke, so die Stadt die ihre den Kriegern. Wie im Unterleib die Begierden angesiedelt seien, so lebten in der Unterstadt die Gewerbetreibenden. Und wie der Körper der Füße, so bedürfe die Stadt der Bauern und Hirten. Diese Teile des Ganzen werden ihrer Minderwertigkeit wegen »extra muros«, außerhalb der Stadtmauern, angesiedelt.33 Dass sich Ausgrenzung und Integration auch im Weltmaßstab denken lassen, demonstriert Dante ein Jahrhundert später. Er vergleicht die ganze Menschheit mit einem Körper. Wie bei diesem der Daumen zu etwas anderem als die Hand, diese vom Arm verschieden und dieser wiederum nicht zu dem da sei, wofür »Gott in seiner Kunst, welche die Natur ist«, den ganzen Menschen geschaffen habe, so verhalte es sich auch mit der Hausgemeinschaft, dem Dorf, der Stadt und schließlich dem global gedachten Imperium. Zu dessen Beherrschung sei das römische Volk berufen, das »die Unterwerfung des Erdkreises von Rechts wegen vollzogen« habe. Schließlich gelte seit Aristoteles, »daß nicht nur einzelne 29 Menschen, sondern auch Völker geeignet sind zum Herrschen, gewisse andere zum Gehorchen und Dienen«.34 Mit der Entdeckung der neuen und der Umsegelung der ganzen Welt wird diese Überzeugung zur Grundlage kolonialistischer und imperialistischer Politik. Datiert man die »Geburt« des Rassismus auf das Jahr »1492«, weil dieser sich von da ab mit dem Rassenbegriff entwickelt, der in der Politik der Reinheit des Blutes zum Ausdruck kommt, die sich nach innen gegen konvertierte Juden und nach außen gegen unterjochte und versklavte Völker richtet, dann zeigt schon die mit solchem Einschnitt verbundene Unterscheidung von »Rassismus« und »Proto-Rassismus«, dass eine solche Abgrenzung eher willkürlich erfolgt.35 Außerdem ist unter dieser Perspektive der Hexenhammer versehentlich einige Jahre zu früh, nämlich 1486 erschienen. Die in ihm betriebene rassistische Diskriminierung der Frauen wird zudem mit vorgefertigten Argumenten betrieben, gegen die sich Christine de Pizan schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit dem Hinweis wehrt, Männer und Frauen seien keine verschiedenen Rassen. Auch die Verfolgung der Conversos hat eine weit zurückreichende Vorgeschichte und die Unterdrückung und Versklavung der Indianer und Afrikaner greift auf die hergebrachte Verachtung von Barbaren zurück. Zudem sind die verschiedenen Muster der Herabminderung auch schon früher verbunden worden. So behauptet im 13. Jahrhundert der Anatom Thomas de Cantimpré, dass jüdische Männer menstruieren. Die Entwicklung des Hexenstereotyps bedient sich von Anfang an antisemitischer Vorstellungen, nicht zuletzt bei den Bezeichnungen ›Hexensabbat‹ oder ›Synagoge‹, die wiederum ältere, schon im 12. Jahrhundert gegen Häretiker vorgebrachte Beschuldigungen aufnehmen. Der Vorwurf des Kannibalismus wird in verkappter Form Juden gegenüber erhoben, die des Ritualmords und der Hostienschändung beschuldigt werden, gilt Hexen, die angeblich kleine Kinder verzehren und wird schließlich zum Stereotyp für die Bewohner Amerikas.36 Das in der Renaissance ausgearbeitete Programm von der Machbarkeit des Glücks entwickelt im Verein mit Geldwirtschaft und Kolonialismus eine Dynamik, die den Gegensatz von Kultur und Barbarei mit einer Vielzahl neuer Daten anreichert, die nach alten Mustern interpretiert werden.37 Die Entwicklung der Kategorie Rasse zum Ordnungsbegriff führt dazu, dass sie neu arrangiert werden. Die überkommene Mischung kulturalistischer und biologistischer Argumente wird am Magnetfeld des in europäische Interessengebiete eingeteilten Globus ausgerichtet. Die 30 Unterscheidung von Zivilisierten und Barbaren findet sich in einer Hierarchie der Rassen wieder, die der europäischen Expansion als Kompass dient. Die Aufklärung liefert ihr die philosophische Legitimation und entwickelt ein abgestuftes Tableau von Entwicklungsstadien, das gleichzeitig die Geschichte der Menschheit widerspiegelt und ihre zur Kultur unterschiedlich befähigten Teile in natürlich bestimmte Gruppen gliedert. Indem Immanuel Kant Geschichte als Fortschritt »aus der größten Rohigkeit […] zur Glückseligkeit« bestimmt und diese Entwicklung an die nach Rassen geteilte Fähigkeit bindet, »unsere Gattung von der untersten Stufe der Tierheit an allmählich bis zur höchsten Stufe der Menschheit […] zu führen«, synchronisiert er den Prozess der Zivilisation mit dem weltpolitischen Herrschaftsanspruch der Europäer.38 Die sich daraus ergebende Einteilung der Menschenrassen macht die weiße Rasse zur Trägerin des Fortschritts, zu dem die farbigen Rassen im Rahmen ihrer Möglichkeiten beitragen dürfen.39 Auf der untersten Stufe der Menschheit steht demnach das »Volk der Amerikaner«. Ihnen fehlen sämtliche »Triebfedern« der Entwicklung. Sie sind »faul« und »nehmen gar keine Cultur an«. Ihre »halb erloschene Lebenskraft« macht sie »zu schwach für schwere Arbeit«, weshalb sie »noch tief unter dem Neger« rangieren. Die »Race der Neger« hat zwar »Triebfedern«. Die reichen aber nur für eine »Cultur der Knechte«. Einerseits bleiben sie deswegen ewig »Kinder«, die »unfähig« sind, »sich selbst zu führen«. Andererseits lassen sie sich aber abrichten, was, weil sie »stark« und »gelenkig« sind, zwar erfolgversprechend, weil »alle Neger stinken«, aber nicht leicht ist. Ihnen gegenüber nimmt die »hindistanische Rasse« der »Hindus« oder »Indianer« schon »Bildung im höchsten Grade an«. Weil die aber »niemals zu abstrakten Begriffen« führt, bleiben sie »immer Schüler«. Das zeigen auch die »Zigeuner«, die »ihrem Abstamme nach Indier sind« und in Europa »niemals einen zu ansässigen Landanbauern oder Handarbeitern tauglichen Schlag abgeben wollen«. Dagegen verfügt die »Race der Weißen« über »alle Triebfedern und Talente«. Sie hat »alle Anlagen zur Cultur und Civilisierung«. Ihre Mitglieder sind die einzigen, »welche immer in Vollkommenheit fortschreiten« und so die Entwicklung der menschlichen Kultur verbürgen. Deren Erfolge sind »immer von den Weißen bewirkt worden und die Hindus, Amerikaner, Neger haben niemals daran Theil gehabt«.40 Diese Konzeption ist für die angeblichen Weißen Versprechen und Drohung in einem. Denn wie die Vorstellung der Barbarei ist auch die 31 der Rassen gleichzeitig kulturalistisch und biologistisch und setzt auf die Verknüpfung von Herrschaft und Selbstbeherrschung.41 Wie für die Freien der Polis sind damit für die unteren Klassen der bürgerlichen Gesellschaft Ausgrenzung und Integration eng mit einander verbunden. Zur propagierten Gemeinschaft der Kulturträger wird nur zugelassen, wer seinen Hang zu Faulheit und Untätigkeit unterdrückt. Selbst das ist für all jene, denen auch größte Anstrengung zu keinen leidlichen Lebensverhältnissen verhilft, ein schwacher Trost. Sie können sich an der Wut auf die schadlos halten, denen zugeschrieben wird, ihre Tage in träger und triebhafter Wildheit zu verbringen. Unter diesen Vorzeichen wird die Kategorie Rasse im 19. Jahrhundert zum Leitbegriff rassistischer Diskriminierung. Antisemitismus, Sexismus, Nationalismus und Klassendünkel bedienen sich der durch sie bereitgestellten Argumentationsmuster. Bei der Bestimmung der Nation werden Staat, Kultur und Volk amalgamiert und nach außen wie innen abgegrenzt.42 Ihre zarte Konstitution, zyklische Schwächung und kränkliche Verfassung sollen die Unterlegenheit der Frau begründen und die Geschlechter biologisch gegeneinander abschotten.43 Auf die soziale und politische Dynamik der Klassenbeziehungen reagiert die Eugenik mit rassenhygienischen Programmen zum Schutz der Gesellschaft vor der Vermehrung der Kranken und Schwachen.44 Die Evolutionstheorie unterstützt solche Versuche mit dem Hinweis auf die Logik der Natur, die sowohl den angeblich wachsenden Abstand zwischen den Geschlechtern als auch zwischen den Wilden und den Zivilisierten zu erklären vorgibt.45 Zwischen diesen Mustern der Herabminderung findet ein reger Austausch von Argumenten statt. Schon im 18. Jahrhundert verdächtigt Edward Long die Frauen der Unterschichten, sie hätten nicht nur eine besondere Vorliebe für Schwarze, sondern würden es auch mit Tieren treiben. Hundert Jahre später ist sich Gustave Le Bon sicher, dass Frauen »eine der minderwertigsten Formen der Menschheitsentwicklung darstellen«, deren Gehirnkapazität eher mit Gorillas als mit Männern verglichen werden müsse. Gleichzeitig betrachten seine Zeitgenossen Frauen der arbeitenden Klassen als vermännlicht und vergleichen sie mit Wilden. Das korrespondiert mit der Auffassung, die Unterschichten seien eine degenerierte Rasse. Dessen unbeschadet wird die Rassentypologie um nationale Varianten bereichert. Robert Knox hält die Angelsachsen für die Edelsten der Weißen, Armand de Quatrefages entlarvt die Preußen als eine Abart der Mongolen, die sich als Germanen aufspielen. 32 Auch Juden gelten als eigene Rasse, die sowohl aus einer Mischung mit Negern hervorgegangen als auch feminin sein soll, nur dass die Medizin mittlerweile die männliche Menstruation durch die Diagnose zyklischen Nasenblutens ersetzt hat.46 Weil die Wissenschaften sich unter den Auspizien des Rassenbegriffs mit einem umfangreichen technischen und statistischen Instrumentarium bewaffnen, besteht der wesentliche Unterschied zu den traditionellen rassistischen Diskriminierungen darin, dass sie vorgeben, deren Vorurteile messen zu können. Tatsächlich unterteilen auch sie die Menschheit aus dem Blickwinkel von Männern gehobenen sozialen Milieus, die sich für Angehörige von Kulturnationen halten. Im Bemühen, die alte Überzeugung von der Herrschaft der Vernunft auf neuen Wegen zu belegen, lassen sie sich die gewagtesten Methoden durchgehen. Gustave Le Bon darf auf Zustimmung rechnen, wenn er das Maß der Intelligenz in der Größe des Kopfes sucht. Ohne sich lächerlich zu machen, kann er die in der Kundenkartei eines Hutmachers erheben. Dass er dabei nur Männerhüte in Betracht zieht, bedarf keiner weiteren Begründung.47 Während mit Unterstützung aus Bayreuth der rassenphilosophische Versuch eines kulturhistorischen Dilettanten propagiert wird und die in Deutschland entstehende völkische Bewegung ihre Ideologie um ein mythologisch aufgeladenes Rassenverständnis gruppiert,48 fasst Friedrich Nietzsche die philosophische Tradition rassistischer Diskriminierung noch einmal zusammen. »Neger« betrachtet er als »Repräsentanten des vorgeschichtlichen Menschen«. Von den »arbeitsamen Rassen« wünscht er, dass sich in ihnen »ein Typus Chinese zum Stande herausbilde«, weil »zum Wesen einer Kultur das Sklaventum gehöre«. Eine Mischung der »Stände« hält er für »Rassenmischung«, die zur »Blutvergiftung« führe, durch die »alles verjüdelt« und »verpöbelt«. »Emanzipation des Weibes« erklärt er zum Programm der »Schlechtweggekommenen« und wettert gegen den innerlichen »Feminismus« der »Moderne«, der dazu führe, dass die Frauen sich nicht mehr fürchten und nicht mehr dienstbar sein wollen, dass »das Weib […] seine weiblichsten Instinkte preis[gibt]« und »entartet«. Gegen die »Rasse […] des Ressentiment« plädiert er für die »Herren-Rasse« der »Arier« und glaubt, den »zukünftigen Menschen« durch »Züchtung« und durch »Vernichtung von Millionen Mißratener« schaffen zu können.49 Aus solcher Melange aus Idiosynkrasie und Herrenwahn können sich auch philosophisch weniger geschulte Gemüter bedienen. 33 Anmerkungen 1 Fürchtegott Leberecht Christlieb, Warum versagt ihr den Juden das Bürgerrecht?, in: Nemesis, Jg. 8 (1816), S. 50f. Auf die im Folgenden angesprochenen literarischen und populistischen Dimensionen des Antisemitismus wird im Zusammenhang mit Christliebs Kritik unter anderem verwiesen von Susanna Moßmann, Das Fremde ausscheiden. Antisemitismus und Nationalbewußtsein bei Ludwig Achim von Arnim und in der ›Christlich-deutschen Tischgesellschaft‹, in: Hans Peter Herrmann, Hans-Martin Blitz, Susanna Moßmann, Machtphantasie Deutschland. Nationalismus, Männlichkeit und Fremdenhaß im Vaterlandsdiskurs deutscher Schriftsteller des 18. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1996, S. 123 und von Rainer Erb, Werner Bergmann, Die Nachtseite der Judenemanzipation. Der Widerstand gegen die Integration der Juden in Deutschland 1780-1860. Berlin 1989, S. 20 und 186f. 2 Zur antisemitischen Rhetorik vgl. Nicoline Hortzitz, ›Frühantisemitismus‹ in Deutschland (1789-1871/72). Strukturelle Untersuchung zu Wortschatz, Text und Argumentation. Tübingen 1988; zu den antisemitischen Ausschreitungen siehe Jacob Katz, Die Hep-Hep-Verfolgungen des Jahres 1819. Berlin 1994; zum philosophischen Antisemitismus vgl. Paul Lawrence Rose, Revolutionary Antisemitism in Germany from Kant to Wagner. Princeton 1990; zum literarischen Antisemitismus siehe Gunnar Och, Imago Judaica. Juden und Judentum im Spiegel der deutschen Literatur 1750-1812. Würzburg 1995. 3 Vgl. Achim von Arnim, Über die Kennzeichen des Judentums, in: Werke, Bd. 6: Schriften. Hg. v. Roswitha Burwick, Jürgen Knaack, Hermann F. Weiss. Frankfurt am Main 1992, S. 363 (Ritualmord usw.), S. 363f. (Verschwörung), S. 386 (Ausplünderung), S. 374 (Vaterlandslosigkeit), S. 373, 381 (Schmutzigkeit), S. 379 (Kennzeichen), S. 379ff. (Erbkrankheiten), S. 382f. (Mörser), S. 383 (Christenblut). 4 Vgl. Johann Gottlieb Fichte, Beitrag zur Berichtigung der Urteile des Publikums über die französische Revolution, in: ders., Schriften zur Revolution. Hg. v. Bernard Willms. Frankfurt am Main, Berlin, Wien 1973, S. 174f. (Staat im Staate, Schlaffheit, Handelsgeist, Ausplünderung), S. 176 (Deportation, Kopfabschneiden). 5 Vgl. dazu Peter Martin, Schwarze Teufel, edle Mohren. Hamburg 1993, S. 229ff., 270 sowie Edith Stolzenberg-Bader, Weibliche Schwäche - männliche Stärke. Das Kulturbild der Frau in medizinischen und anatomischen Abhandlungen um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert, in: Aufgaben, Rollen und Räume von Frau und Mann. Hg. v. Jochen Martin, Renate Zoepffel. Freiburg, München 1989, Teilbd. 2, S. 763 und 776f. unter Verweis auf Samuel Thomas Soemmerring, Über die körperliche Verschiedenheit des Mohren vom Europäer. Mainz 1784, S. 32 (größere Nähe zum Affen) und, als 2. Aufl. dieser Schrift, ders., Über die körperliche Verschiedenheit des Negers vom Europäer. Frankfurt am Main, Mainz 1785, S. 53 (Gehirnvolumen) sowie ders., Vom Baue des menschlichen Körpers. 5 Theile. Frankfurt am Main 1800/01, Th. 5: Hirn- und Nervenlehre, S. 20 (Frauenschädel) und S. 390 (weicheres Hirn); siehe ferner Georg Lilienthal, Samuel Thomas Soemmerring und seine Vorstellungen über Rassenunterschiede, in: Die Natur des Menschen. Probleme der physischen Anthropologie und Rassenkunde (1750-1850). Hg. v. Gunter Mann, Franz Dumont. Stuttgart, New York 1990, S. 31ff. 6 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, System der Philosophie. 3. Teil. Die Philosophie des Geistes, in: ders., Sämtliche Werke. Hg. v. Hermann Glockner. Bd. 10, Stuttgart 1929, S. 73ff. 34 7 Christoph Meiners, Grundriß der Geschichte der Menschheit. Königstein 1981 (Nachdruck der Ausgabe Lemgo 1793), S. 4ff. (hässlich, schön), S. 75 (Racen), S. 111 (Geist), S. 115 (Kelten); vgl. u.a. Friedrich Lotter, Christoph Meiners und die Lehre von der unterschiedlichen Wertigkeit der Menschenrassen, in: Geschichtswissenschaft in Göttingen. Hg. v. Hartmut Boockmann, Hermann Wellenreuther. Göttingen 1987 sowie Susanne Zantop, The Beautiful, the Ugly, and the German. Race, Gender and Nationality in Eighteenth-Century Anthropological Discourse, in: Gender and Germaness. Cultural Productions of Nation. Hg. v. Patricia Herminghouse, Magda Mueller. Providence, Oxford 1997. 8 Johann Gottfried Herder, Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, in: Herders Werke. Hg. v. Ernst Naumann. Berlin, Leipzig, Wien, Stuttgart o. J., Buch 7.2 - Bd. 4, S. 45 (Gemälde), Buch 11.1 - Bd. 5, S. 14 (europäischer Maßstab), S. 17 (Künste, Moral), S. 11 (Volksstamm, Organisation), Buch 16.4 - Bd. 6, S. 22 (Slawen), Buch 15.4 - Bd. 5, S. 196 (Griechen), Buch 16.3 - Bd. 6, S. 17 (Deutsche). 9 Voltaire (d. i. François Marie Arouet), zit. n. George R. Havens, Voltaire’s Marginalia to the Pages of Rousseau. Columbus/Ohio 1933, S. 15. 10 Paul Thiry d’Holbach, System der Natur oder von den Gesetzen der physischen und der moralischen Welt. Frankfurt am Main 1978, S. 105f. 11 Zum arischen Mythos vgl. Léon Poliakov, Der arische Mythos. Zu den Quellen von Rassismus und Nationalismus. Hamburg 1993; zur Degenerationstheorie siehe J. Edward Chamberlain, Sander L. Gilman (Hg.), Degeneration. The Dark Side of Progress. New York 1985; Humes Äußerungen finden sich in David Hume, Of National Characters, in: ders., The Philosophical Works. Hg. v. Thomas Hill Green, Thomas Hodge Grose. Bd. 3. Aalen 1964 (Nachdruck der Ausgabe London 1992), S. 244; zur Diskriminierung der Iren vgl. Liz Curtis, Nothing But the Same Old Story. The Roots of Anti-Irish Racism. 6. Aufl., London 1991. 12 Condorcet (d. i. Marie-Jean-Antoine-Nicolas Caritat, Marquis de Condorcet), Entwurf einer historischen Darstellung der Fortschritte des menschlichen Geistes. Hg. v. Wilhelm Alff. Frankfurt am Main 1976, S. 193ff. 13 Ähnliche Traditionslinien gibt es auch in der Geschichte der außereuropäischen Klassengesellschaften, so etwa in China: vgl. Wolfgang Bauer (Hg.), China und die Fremden. 3000 Jahre Auseinandersetzung in Krieg und Frieden. München 1980; Frank Dikötter (Hg.), The Construction of Racial Identities in China and Japan. London 1997; Gudula Linck-Kesting, Regenwolke und Sonnenstrahl. Geschlechtsspezifische Leitbilder im alten China, in: Journal für Geschichte, Jg. 6 (1985); in Indien: vgl. Peter Robb (Hg.), The Concept of Race in South Asia. New Delhi 1997; Werner F. Menski, Geschlechterrollen bei den Hindus, in: Aufgaben, Rollen und Räume von Frau und Mann. Hg. v. Jochen Martin, Renate Zoepffel. Freiburg, München 1989, Teilbd. 1; oder im Nahen Osten: vgl. Bernard Lewis, Race and Color in Islam. New York 1971; Angela Degand, Geschlechterrollen und familiale Strukturen im Islam. Untersuchungen anhand der islamisch-juristischen Literatur des 7./13. bis 9./15. Jahrhunderts. Frankfurt am Main 1988; Wiebke Walther, Die Frau im Islam. 3., überarb. Aufl., Leipzig 1997. 14 Vgl. Hesiod, Theogonie, 590f., u.a. in: ders., Werke in einem Band. Hg. v. Luise und Klaus Hallof. Berlin, Weimar 1994, S. 26; siehe auch Nicole Loraux, Sur la race des femmes et quelques-unes de ses tribus, in: Arethusa, Jg. 11(1978), H. 1/2, S. 44. 15 Vgl. Platon, Timaios, 91a ff., u.a. in: ders., Sämtliche Werke. Hg. v. Walter F. Otto, Ernesto Grassi, Gert Plamböck. Bd. 5. Reinbek bei Hamburg 1963, S. 211f. und Ari- 35 stoteles, Von der Zeugung und Entwicklung der Tiere, 767 b, u.a. in: Aristoteles’ Werke. Bd. 3. Leipzig 1933, S. 301; siehe auch Giulia Sissa, Platon, Aristoteles und der Geschlechterunterschied, in: Georges Duby, Michelle Perrot (Hg.), Geschichte der Frauen. Bd. 1. Antike. Frankfurt am Main 1997, vor allem S. 81ff. 16 Aristoteles, Politik, 1254 b 1, zit. n. der Ausg. v. Wolfgang Kullmann. Reinbek bei Hamburg 1994, S. 52; siehe auch Maryanne Cline Horowitz, Aristotle and Woman, in: Journal of the History of Biology, Jg. 9 (1976), H. 2, vor allem S. 206ff.; zum vorhergegangenen vgl. a.a.O., 1260 a 20ff., S. 73 (Tugend der Frauen) u. Xenophon, Ökonomikus, Kapitel 7 - 10, zit. n. Xenophon’s Ökonomikus oder Über die Haushaltungskunst. Stuttgart 1866, S. 36ff. 17 Aristophanes, Lysistrate, 1014, u. a. in: ders., Sämtliche Komödien. Hg. v. Otto Weinreich. Zürich, Stuttgart 1968, S. 447; zum Vorwurf der Buhlerei und Lüsternheit vgl. a.a.O., S. 408, 435, 437. 18 Vgl. Hesiod, Werke und Tage, 90ff., zit. n. der Ausg. v. Otto Schönberger. Stuttgart 1996, S. 11; die folgende Zitate finden sich a.a.O., 581ff., S. 45f. 19 Euripides, Medea, 566ff., zit. n. der Ausg. Stuttgart 1972, S. 24. 20 Aristoteles, Politik, a.a.O., 1252 b 25ff., S. 45 u. 1259 b 35ff., S. 72. 21 Ebd., 1252 b 5, S. 45; zum Folgenden vgl. a.a.O., 1252 b 8, S. 45 (Barbaren sind Sklaven), 1327 b 30ff., 1277 a 5ff., S. 134 (Körpermetaphorik), 1323 a 5, S. 291 (Frauen der Armen); siehe auch Wolfgang Detel, Griechen und Barbaren. Zu den Anfängen des abendländischen Rassismus, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Jg. 43 (1995), H. 6, S. 1019ff. 22 Aristoteles wird nicht müde, die herrschaftliche Verfassung all dieser Differenzierungen auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Trotzdem muss er unter der Hand deren ideologischen Charakter eingestehen. So gebe es »Menschen, welche von Natur zum Regiertwerden […] bestimmt sind und dies doch nicht wollen«. Sie müssten mit Gewalt unterworfen werden. Ferner habe zwar »die Natur […] das Streben, auch die Leiber der Freien und Sklaven verschieden zu bilden«. Das misslinge jedoch häufig, so dass sich den Menschen oft nicht ansehen ließe, ob sie zur Sklaverei oder zur Freiheit bestimmt seien. Obwohl die Natur hier erhebliche Schwierigkeiten bei der Visualisierung der ihr zugeschriebenen rassistischen Machenschaften attestiert bekommt und damit die ganze Konstruktion auf sie zurückgeführter Herrschaft gefährdet wird, mag deren Logik nicht auf den Schluss verzichten, dass ihre natürliche Verschiedenheit den Menschen auch angesehen werden müsste, vgl. Aristoteles, Politik, a.a.O., 1256 b 25, S. 60 (Regiertwerden), 1254 b 26, S. 53 (Leiber). Um den Schwierigkeiten der Natur in dieser Frage abzuhelfen, hält Aristoteles für die Erziehung der Freien nicht nur körperliche Ertüchtigung (vgl. 1336 a 5ff., S. 336f.), sondern für deren Familienplanung auch die gesetzlich geregelte Euthanasie von Behinderten (vgl. 1335 b 20f., S. 335) für geboten. 23 Aristoteles, Politik, a.a.O., 1325 b 4f., S. 300 und 1327 b 30ff., S. 308f. 24 Die folgenden Hinweise sind entnommen aus und zitiert nach Heinz Schreckenberg, Die christlichen Adversus-Judaeos-Texte und ihr literarisches und historisches Umfeld (1. - 11. Jh.). Frankfurt am Main u.a. 1999 (4. überarb. u. erg. Aufl.), S. 179 (Aristides), S. 187 (Justinos), S. 203 (Meltion), S. 222 (Tertullian), S. 233ff. (Origenes), S. 267 (Eusebios), S. 280 (Hilarius), S. 282 (Zeno), S. 285 (Athanasios), S. 288 u. 291 (Ephräm), S. 309 u. 305 (Ambrosius), S. 326 (Johannes Chrysostomos), S. 332 (Maximus), S. 330 (Rufinus), S. 333 u. 338f. (Hieronymus), S. 359 u. 357f. (Augustinus), S. 377 (Chrysologus), S. 385 (Isaak von Antiocheia), S. 396 (Fulgentius). 36 25 Vgl. Werner Conze, Antje Sommer, Rasse, in: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hg. v. Otto Brunner, Werner Conze, Reinhart Koselleck. Bd. 5, Stuttgart 1984, S. 140: »Mit dem spanischen Zwangsbekehrungsedikt von 1492 traten die Juden als ›race‹ ins europäische Bewußtsein, und ihre Sonderstellung wurde zusätzlich noch durch die Forderung nach ›Reinheit des Blutes‹, limpieza de sangre, besiegelt, die sie über die Konversion hinaus […] aus der spanischen Gesellschaft ausschließen sollte«. Zum rassistischen Charakter dieser Politik vgl. Yosef Hayim Yerushalmi, L’antisémitisme racial est-il apparu au XXe siècle? De la limpieza de sangre espagnole au nazisme: continuités et ruptures, in: Esprit, Nr. 190 (1993); der sehr zurückhaltende George L. Mosse, Die Geschichte des Rassismus in Europa. Frankfurt am Main 1990, S. 27, meint ebenfalls, »das Konzept der ›Reinheit des Blutes‹« müsse als »Rassismus im modernen Sinne« betrachtet werden. Wie viele Vertreter der Auffassung, Rassismus sei eine Erscheinung der Moderne, zieht er daraus aber keine methodischen und analytischen Konsequenzen. Zwischen den hier angesprochenen Ereignissen liegen die Kreuzzüge, von denen gleich der erste mit Pogromen verbunden ist, in deren Verlauf viele jüdische Gemeinden vernichtet werden (vgl. Der Erste Kreuzzug 1096 und seine Folgen. Die Verfolgung von Juden im Rheinland. Düsseldorf 1996) und die Judenverfolgungen im Zusammenhang mit der Pest (vgl. František Graus, Pest – Geissler – Judenmorde. Das 14. Jahrhundert als Krisenzeit. Göttingen 1987). 26 Vgl. u.a. Joan Kelly, Early Feminist Theory and the Querelle des Femmes, 14001789, in: dies., Women, History and Theory. Chicago, London 1984; Claudia Opitz, Streit um die Frauen? Die frühneuzeitliche ›Querelle des femmes‹ aus sozial- und frauengeschichtlicher Sicht, in: Historische Mitteilungen, Jg. 8 (1995), H. 1. 27 Vgl. Kari Elisabeth Børresen, Subordination and Equivalence. The Nature and Role of Woman in Augustine and Thomas Aquinas. Mainz 1995; siehe auch Rosemary Radford Ruether, Misogynism and Virginal Feminism in the Fathers of the Church, in: dies. (Hg.), Religion and Sexism. Images of Woman in the Jewish and Christian Traditions. New York 1974; Katharina Fietze, Spiegel der Vernunft. Theorien zum Menschsein der Frau in der Anthropologie des 15. Jahrhunderts. Paderborn u.a. 1991, S. 65, fasst das Geschlechterbild bei Augustinus knapp zusammen: »Die topischen Zuordnungen des Weiblichen zu Fleisch, Begierde, Störung, Gehorsam, Niederem und des Männlichen zu Geist, Vernunft, Ruhe, Herrschaft, Höherem lassen das Weibliche zum minderen Menschsein werden. Die durch Eva definierte Frau gilt als geringeres Geschlecht (sexus inferior), geringerer Teil des Menschenpaares (pars inferior humanae copulae) mit geringerer Vernunft (parvus intellectus)«. 28 Johannes Chrysostomos, zit. n. Jacques Dalarun, Die Sicht der Geistlichen, in: Geschichte der Frauen. Hg. v. Georges Duby u. Michelle Perrot. Frankfurt am Main 1997, Bd. 2, S. 24 (Haut) und Emiel Eyben, Mann und Frau im frühen Christentum, in: Aufgaben, Rollen und Räume von Frau und Mann. Hg. v. Jochen Martin, Renate Zoepffel. Freiburg, München 1989, Teilbd. 2, S. 589f. (Haushalt). 29 Christine de Pizan, Das Buch von der Stadt der Frauen. München 1990, S. 37; das folgende Zitat findet sich a.a.O., S. 218; die Ergänzungen aus der französischen Ausgabe finden sich bei Katharina Fietze, Spiegel der Vernunft, a.a.O., S. 106. 30 Vgl. Gründ- und probierliche Beschreibung, Argument und Schluß-Articul, sampt beygefügten außführlichen Beantwortungen: Belangend die Frag, Ob die Weiber Menschen seyn, oder nicht? Anonym u. o.O. 1618; eine spätere Ausgabe ist abge- 37 druckt in Elisabeth Gössmann (Hg.), Ob die Weiber Menschen seyn, oder nicht. 2., überarb. u. erw. Aufl., München 1996. 31 Vgl. Brian L. Levack, The Witch-Hunt in Early Modern Europe. 2. Aufl., Harlow u.a. 1995, S. 134, 137; die folgenden Zitate stammen aus Heinrich Kramer (Institoris), Der Hexenhammer. Malleus Maleficarum (Kommentierte Neuübersetzung). Hg. v. Günter Jerouschek, Wolfgang Behringer. München 2000, S. 227 (Fehler), S. 231 (unvollkommen), S. 230 (mangelhaft, von anderer Art) und aus der Übersetzung der ›Démonomanie des Sorciers‹ Jean Bodins durch Johann Fischart, Daemonomania. Vom Außgelaßnen Wuetigen Teufelsheer der Unsinnigen Rasenden Hexen und Hexenmeister. Straßburg 1591 (Nachdruck Graz 1973), S. 265f. 32 Vgl. Charles Verlinden, L’esclavage dans l’Europe médiévale. 2 Bde., Bruges 1955 u. Grand 1977 sowie Lewis Hanke, Aristotle and the American Indians. London 1959. 33 Guillaume de Conches, Glosae super Platonem. Hg. v. Édouard Jeanneau. Paris 1965, S. 75. 34 Dante Alighieri, Monarchia, eingel., übers. u. komment. v. Ruedi Imbach u. Christoph Flüeler. Stuttgart 1989, S. 67 (Gott, Natur), S. 75ff. (Imperium), S. 141 (Unterwerfung), S. 147 (Herrschen, Gehorchen, Dienen). 35 Mark Terkessidis, Psychologie des Rassismus. Opladen, Wiesbaden 1998, S. 84ff.; zwischen »Rassismus« und »Proto-Rassismus« und dessen weiterer und engerer Vorgeschichte im Zusammenhang mit dem »Epochenjahr« 1492 unterscheidet Immanuel Geiss, Geschichte des Rassismus. Frankfurt am Main 1988, S. 19f. 36 Zu Cantimpré vgl. Sander L. Gilman, Jüdischer Selbsthaß. Antisemitismus und die verborgene Sprache der Juden. Frankfurt am Main 1993, S. 69f., zu ›Hexensabbat‹ oder ›Synagoge‹ vgl. Norman Cohn, Europe’s Inner Demons. Frogmore 1976, S. 101, und zu den Häretikern Jeffrey B. Russell, A History of Witchcraft. Sorcerers, Heretics and Pagans. London 1980, S. 62, zum Ritualmordvorwurf vgl. Rainer Erb (Hg.), Die Legende vom Ritualmord. Zur Geschichte der Blutbeschuldigung gegen Juden. Berlin 1993, zum Kannibalismusverdacht gegen Hexen Hedwig Röckelein, Hexenessen im Frühmittelalter, in: dies. (Hg.), Kannibalismus und europäische Kultur. Tübingen 1996, und gegen die Indianer Annerose Menninger, Die Macht der Augenzeugen. Neue Welt und Kannibalen-Mythos, 1492-1600. Wiesbaden 1995. 37 Vgl. Urs Bitterli, Die ›Wilden‹ und die ›Zivilisierten‹. Grundzüge einer Geistes- und Kulturgeschichte der europäisch-überseeischen Begegnung. München 1976, Arthur O. Lovejoy, Die große Kette der Wesen. Geschichte eines Gedankens. Frankfurt am Main 1985. 38 Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: ders., Werke in sechs Bänden. Hg. v. Wilhelm Weischedel. Darmstadt 1983, hier Bd. 6, S. 36; siehe auch Alex Sutter, Kant und die ›Wilden‹. Zum impliziten Rassismus in der Kantischen Geschichtsphilosophie, in: prima philosophia, Jg. 2 (1989), H. 2, und Wulf D. Hund, Im Schatten des Glücks. Philosophischer Rassismus bei Aristoteles und Kant, in: ders., Rassismus. Die soziale Konstruktion natürlicher Ungleichheit. Münster 1999, S. 110-126. 39 Auf den Zusammenhang von Farbgebung und Konstruktion der so genannten Menschenrassen verweisen u.a. Alden T. Vaughan, From White Man to Redskin. Changing Anglo-American Perceptions of the American Indian, in: The American Historical Review, Jg. 87 (1982), H. 4; Walter Demel, Wie die Chinesen gelb wurden. Ein Beitrag zur Frühgeschichte der Rassentheorien, in: Historische Zeitschrift, Bd. 255 38 (1992), H. 3; Wulf D. Hund, Die Farbe der Schwarzen. Über die Konstruktion von Menschenrassen, in: ders., Rassismus, a.a.O., S. 15-38. 40 Immanuel Kant, Menschenkunde (Die Vorlesungen des Wintersemesters 1781/82 [?] aufgrund der Nachschriften), in: Kant’s gesammelte Schriften. Hg. v. d. Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 25, Berlin 1997, S. 1187f. (Amerikaner u. fehlende Triebfedern, faul, Race der Neger u. deren Triebfedern, Hindus u. deren Bildung ohne abstrakte Begriffe, Race der Weißen mit Talenten, von denen immer der Fortschritt ausgeht); ders., Reflexionen zur Anthropologie, in: Kant’s gesammelte Schriften. Hg. v. d. Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 15, Berlin, Leipzig 1923, S. 877f. (keine Cultur bei Amerikanern, Cultur der Knechte bei Negern, Indianer als Schüler, alle Anlagen zur Cultur bei Weißen u. deren Fortschreiten zur Vollkommenheit); ders., Von den verschiedenen Rassen der Menschen, in: ders., Werke in sechs Bänden, a.a.O., Bd. 6, S. 22 (halb erloschene Lebenskraft, Neger stinken), S. 23 (Neger stark u. gelenk), S. 15 (hindistanische Rasse), ders., Über den Gebrauch teleologischer Prinzipien in der Philosophie, in: ders., Werke in sechs Bänden, a.a.O., Bd. 5, S. 159f. (Indianer schwach und tief unter dem Neger), S. 157 (Zigeuner untauglich als Landanbauer), ders., Bestimmung des Begriffs einer Menschenrasse, in: ders., Werke in sechs Bänden, a.a.O., Bd. 6, S. 81 (Zigeuner als Indier). 41 In diesem Sinn setzt Kant gegen die innere Südsee, das »Schattenbild des […] goldenen Zeitalters«, die »leere Sehnsucht […] eines sorgenfreien in Faulheit verträumten […] Lebens« (vgl. Immanuel Kant, Mutmasslicher Anfang der Menschengeschichte, in: ders., Werke in sechs Bänden, a.a.O., Bd. 6, S. 100f.), den durch Vernunft und Herrschaft organisierten Zwang zur Arbeit. 42 Vgl. u.a. Bernd Estel, Tilman Mayer (Hg.), Das Prinzip Nation in modernen Gesellschaften. Opladen 1994; Peter Alter, Claus-Ekkehard Bärsch, Peter Berghoff (Hg.), Die Konstruktion der Nation gegen die Juden. München 1999. 43 Vgl. Yvonne Knibiehler, Leib und Seele, in: Georges Duby, Michelle Perrot (Hg.), Geschichte der Frauen. Bd. 4: 19. Jahrhundert. Frankfurt am Main 1997, S. 373ff. sowie Claudia Honegger, Die Ordnung der Geschlechter. Die Wissenschaften vom Menschen und das Weib 1750-1850. Frankfurt am Main 1991; Thomas Laqueur, Auf den Leib geschrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud. München 1996, der auf S. 178 darauf hinweist, dass »die wissenschaftliche Rasse« sich »zur selben Zeit« entwickelt hat, »wie das wissenschaftliche Geschlecht« und das Fehlen einer »umfassenden Geschichte biologischer Ausschließungskategorien« beklagt. 44 Vgl. Peter Weingart, Jürgen Kroll, Kurt Bayertz, Rasse, Blut und Gene. Geschichte der Eugenik und Rassenhygiene in Deutschland. Frankfurt am Main 1992 und Paul Weindling, Health, Race and German Politics between National Unification and Nazism, 1870-1945. Cambridge 1989. 45 Vgl. u.a. Nancy Stepan, The Idea of Race in Great Britain 1800-1960. London, Basingstroke 1982, S. 47ff.; John C. Greene, Darwin as a Social Evolutionist, in: Journal of the History of Biology, Jg. 10 (1977), S. 1ff. sowie Rosalind Rosenberg, In Search of Woman’s Nature 1850-1920, in: Feminist Studies, Jg. 3 (1975/76), S. 141ff. und John Haller, Outcasts from Evolution. Scientific Attitudes of Racial Inferiority, 1859-1900. Urbana 1971. 46 Vgl. Winthrop D. Jordan, White over Black. American Attitudes toward the Negro, 1550-1812. Chapel Hill 1968, S. 239 (zu Long); Stephen Jay Gould, Der falsch ver- 39 messene Mensch. Frankfurt am Main 1988, S. 108f. (zu Le Bon, dort auch das Zitat); Anne McClintock, Imperial Leather. Race, Gender and Sexuality in the Colonial Contest. New York, London 1995, S. 100ff. (zum Blick auf Frauen der Unterklassen); Wulf D. Hund, Die sozialistischen Eugeniker. Rassenhygiene als Utopie, in: ders., Rassismus, a.a.O., S. 94ff. (zur Degeneration); George L. Mosse, Die Geschichte des Rassismus in Europa, a.a.O., S. 90ff. u. 112f. (zu Knox u. Quatrefages), Sander L. Gilman, Der ›jüdische Körper‹. Gedanken zum physischen Anderssein der Juden, in: Antisemitismus. Vorurteile und Mythen. Hg. v. Julius H. Schoeps, Joachim Schlör. München, Zürich 1995, S. 169 (zur »Kreuzung des Juden mit dem Neger«); Klaus Hödl, Die Pathologisierung des jüdischen Körpers. Antisemitismus, Geschlecht und Medizin im Fin de Siècle. Wien 1997, S. 210ff. (zum Bild des menstruierenden Juden). 47 Vgl. Marco Schütz, Rassenideologien in der Sozialwissenschaft. Bern u.a. 1994, S. 117. 48 Siehe Günther Deschner, »Gobineau und Deutschland«. Der Einfluß von J. A. de Gobineaus ›Essai sur inégalité des races humaines‹ auf die deutsche Geistesgeschichte 1853-1917. Erlangen-Nürnberg (masch. Diss.) 1967 und Michael D. Biddiss, Father of Racist Ideology. The Social and Political Thought of Count Gobineau. London 1970 sowie Uwe Puschner, Die völkische Bewegung im wilhelminischen Kaiserreich. Darmstadt 2001, der auf S. 66 darauf hinweist, das »Rasse« zum »Schlüsselbegriff der völkischen Weltanschauung« wird. 49 Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral, in: ders., Werke in drei Bänden. Hg. v. Karl Schlechta. München 1966, Bd. 2, S. 809 (Neger, vorgeschichtlicher Mensch), S. 781 (Blutvergiftung, alles verjüdelt), S. 878 (Feminismus), S. 784 (Rasse des Ressentiments), S. 776 (Herren-Rasse, Arier); ders., Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft, in: Werke, a.a.O., Bd. 2, S. 647 (arbeitsame Rassen), S. 647 (Ständemischung, Rassenmischung), S. 701f. (weiblichste Instinkte, entartetes Weib); ders., Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophiert, in: Werke, a.a.O., Bd. 2, S. 1017 (Typus Chinese); ders., Ecce homo. Wie man wird, was man ist, in: Werke, a.a.O., S. 1106 (Emanzipation, Schlechtweggekommene); ders., Fünf Vorreden für fünf ungeschriebene Bücher, in: Werke, a.a.O., Bd. 3, S. 278 (Kultur und Sklaventum); ders., Aus dem Nachlaß der achtziger Jahre, in: Werke, a.a.O., Bd. 3, S. 708 (alles verpöbelt), S. 427 (zukünftiger Mensch, Vernichtung Mißratener). 40