Wer schuf den Altar in der Hospitalkirche Hof?
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Wer schuf den Altar in der Hospitalkirche Hof?
Wer schuf das spätgotischen Alterretabel der Hospitalkirche in Hof? Foto: Johannes Taig Einführung Von dem einst reichen Kirchenschmuck in der Stadt Hof ist leider nur wenig auf uns gekommen. Drei bedeutende mittelalterliche Altaraufsätze haben sich zu unser aller Freude erhalten. Es sind dies 1. der berühmte „Hofer Altar“ von Hans Pleydenwurff, datiert 1465, der jetzt als eines der Hauptwerke mittelalterlicher Tafelmalerei in der Alten Pinakothek in München ausgestellt ist, 2. der sogenannte „Hertnid-Altar“ von 1466/67 in der Lorenzkirche, benannt nach dessen Stifter Hertnid von Stein, 3. und schließlich das oben abgebildete Altarretabel unserer Hospitalkirche von 1511, dessen Künstler bislang nicht bekannt war. -2Man mutmaßte als Schöpfer einen Maler Hans, der in den zeitgenössischen Hofer. Matrikeln erwähnt wird. Die beiden Kleeblattwappen in den Predella-Flügeln mit den Buchstaben M und H regten dazu an. Auch als das Namenskürzel eines Stifters hat man sie in Erwägung gezogen. 1955 veröffentlichte der Hofer Oberlehrer und Heimatforscher Hans Hofner seine Schrift „Hof als Kräftezentrum der bildenden Künste von der Spätgotik bis zum Hochbarock“, als 17. Bericht des Hofer Langnamenvereins. Darin schrieb Hofner das Altarretabel der Hospitalkirche einer hypothetischen „Hofer Werkstatt IV“ zu. Der damalige Kulturbeauftragte der Stadt Hof, Dr. Edgar Schindler, lehnte diese Deutung aufgrund der viel zu geringen Beweislage entschieden ab. Hofners kleines Büchlein nahm ich als Schüler zur Vorlage für mein Pflichtreferat im Deutschunterricht. Wobei insbesondere das Hospitalretabel mein Interesse weckte. Vor diesem Altar wurde eine ganze Reihe meiner Vorfahren, meine Mutter eingeschlossen, getauft und konfirmiert. Mich bewegte dabei die Frage, ob von dem Bildschnitzer unseres Retabels nicht auch noch andere Werke erhalten sind. Auch wenn es sich bei diesem spätgotischen Altaraufsatz nicht um ein Werk im Range eines Riemenschneiders, Multschers oder Syrlins handelt, stammt es doch aus der Werkstatt eines gut ausgebildeten Meisters. Aus dieser Werkstatt mußte es doch noch mehr Arbeiten geben! Dieser Gedanke hat mich sein über fünfzig Jahren beschäftigt und meine Freizeit bereichert. Denn auf der Suche nach Ähnlichem spürte ich durch Franken, Württemberg, Oberösterreich. Dabei entdeckte ich für mich den Reichtum an Kunstwerken in unseren Kirchen. Zunächst aber lade ich Sie ein zu einer Zeitreise zurück in das Jahr 1500, also über eine Zeitspanne eines halben Jahrtausends. Vorher erlauben Sie mir noch ein paar stilgeschlichtliche Begriffe zu klären. -3Der stilgeschichtliche Begriff Gotik Gotik, diesen stilgeschichtlichen Begriff kennen wir alle noch aus dem Geschichtsunterricht. Das ist doch der Stil mit den Spitzbogen, den himmelwärtstrebenden Kathedralen in Regensburg, Ulm, Köln usw. Eben Mittelalter pur! Anders aber als bei der karolingischen Kunst, oder der sich auf die Baukunst des römischen Reiches beziehende Romanik, oder der ebenfalls aus dieser Quelle gespeisten Renaissance, Abschnitte der Kunstgeschichte, deren Bezeichnung den Inhalt genau beschreiben, hat die Gotik mit den namengebenden Goten überhaupt nichts zu tun. Deren Zeit, die Völkerwanderung, war Mitte des 13. Jhdts., als die Gotik in Nordfrankreich ihren Anfang nahm, längst abgelaufen. (Immerhin hatten die Goten bei Ihrem Zug durch das damalige Gallien es sich dort gut gehen lassen, so daß das Sprichwort „er lebt wie Got' in Frankreich“ bis auf unsere Tage gekommen ist.) Im 15. Jhdt. taucht der Begriff „Gotik“ erstmals in italienischen kunsthistorischen Schriften auf. Im 16 Jhdt. verurteilt der Kunsthistoriker Vasari den nach seiner Meinung barbarischen Stil, die „maniera detesca“ oder „maniera dei Goti“. Moliere polemisiert 1669 gegen den faden Geschmack gotischer Verzierungen, gegen die monströsen Scheußlichkeiten vergangener Jahrhunderte der Barbarei. Heute ist die Bezeichnung Gotik in aller Welt ein Stilbegriff ohne nationalistische Inanspruchnahmen, auch wenn in der Vergangenheit Franzosen und Deutsche um „ihren“ Stil rangen. Zu Beginn des 20. Jhdts. versuchte man die Gotik als germanischen Stil von der Holzbauweise der Wikinger herzuleiten. Die Pfeilerhallen der Kathetralen als Nachformung nordischer Wälder! Entstanden ist der sogenannte Gotische Stil aber eindeutig in Nordfrankreich und in England. Der Spitzbogen ist ein Import aus dem Orient, der über die maurischen Kailifate in Spanien und durch die Kreuzzüge nach Europa kam. Für das die Gotik ebenso charakterisierende Kreuzgewölbe liegen die Ursprünge in Byzanz und Armenien. Es ist ebenfalls über die arabische Baukunst auf uns gekommen. (Wenn Sie sich bei Gelegenheit einmal den Turm der Neuen Pfarre in Bamberg genau anschauen und diesen mit der Giralda, dem Glockenturm der Kathedrale von Sevilla vergleichen, werden sie feststellen, daß mitten in der Domstadt Bamberg ein maurisches Minarett steht. Allerdings ohne die Aufschrift seines spanischen Pendants, die da lautet: „Es gibt nur einen Gott, Allah, und Mohammed ist sein Prophet“. Das steht nicht an jeder katholischen Kirche.) Als erstes gotisches Bauwerk, als „opus novum“, gilt die 1144 von Abt Suger geweihte Abteikirche von St. Denis. Im 12 Jhdt. noch in einer Siedlung vor den Toren der Stadt Paris, liegt sie heute in dem Pariser Stadtteil gleichen Namens. Der unbekannte Architekt war der Schöpfer des neuen Baustils. Seine Kirche wurde maßgebend für die meisten französischen Kathedralen danach. Mit diesen immer gewaltigeren Kathedralen demonstrierten die aufstrebenden Städte ihre wirtschaftliche und wachsende politische Bedeutung. Experimentell tasteten sich die Baumeister an die Grenzen der Statik heran. Das gesammelte Wissen gab man in den Bauhütten nur an Eingeweihte weiter. -4Wenngleich der neue Stil sehr bald auf die bürgerliche Architektur und das feudale Kunstschaffen wirkte, war er doch in erster Linie als Sakralarchitektur und -Stil zu verstehen. Mittelalterliche Autoren sehen den Kirchenbau als Haus Gottes, in dem er auch tatsächlich wohnt. Der Kirchentempel ist Abbild des himmlischen Jerusalems, des Paradieses. In ihm versammelt sich die Ekklesia, die Versammlung der erwählten Gläubigen. Das war zwar kein neuer Gedanke, aber die Kunst der Gotik gab diesen Gedanken wesentlich stärker und überzeugender als vorangegangene Kunststile wider. Die himmelstürmenden Kathedralen, die geradezu am Himmel andocken, das überirdische, mystisch gebrochene Licht der riesigen Glasfenstermosaiken, das den Raum durchdringt wie die Gnade Gottes den Gläubigen, der Figurenschmuck und die Malereien stellen den Gläubigen ohne zeitliche Distanz direkt in das Heilsgeschehen hinein. Die Kathedrale ist nicht mehr nur ein Raum zur Verkündung der göttlichen Wahrheit, sie ist vielmehr Abbild der religiösen Idee und Verkündigung selbst. Gleichzeitig entspricht hierarchische Ordnung der einzelnen Bauglieder zu einem einheitlichen Ganzen ganz der Sichtweise der mystischen Strömungen des 12. bis 14. Jhdts. Die Gotik entwickelt sich ja auch zur selben Zeit und am gleichen Ort wie die Scholastik von Abäliard bis Albertus Magnus. Unser Retabel ist ein Produkt der Spätgotik, der Epoche in der nach unserer Geschichtsschreibung das Mittelalter ausklingt. Man unterscheidet, wie in anderen Stilarten auch, bei der Gotik eine Früh-, eine Hoch- und eine Spätform. Beobachtbar wandeln sich die Ausdrucksformen der verschiedenen Stile von einer anfänglich archaisch strengen Ausprägung hin zu detaillierten sinnlichen Formen in der Spätphase, in der sich gleichzeitig Veränderungen und Umwälzungen hin zu neuen Zeitaltern ankündigen. Zeitumstände Was war das für eine Zeit, in die hinein unser Rentabel geschaffen wurde? Um 1445 erfindet Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg, in Mainz den Buchdruck mit gegossenen Bleilettern und entfacht damit eine Medienrevolution. 1453 erobert Sultan Mehmed II. Konstantinopel und befreit Rom vom Konkurrenten. 1477 beginnt mit der Hochzeit Maximilians v. Habsburg mit Maria von Burgund der Aufstieg Habsburgs. 1484 Papst Innozenz VIII. leitet mit der Bulle „Summus Desiderantis Affectibus“ eine massive Welle der Hexenverfolgung ein. 1492 entdeckt Kolumbus Amerika, wird Iwan III. Großfürst von Moskau und macht Moskau zur Großmacht, weist Spanien seine Juden aus, fällt das letzte iberische Kalifat Granada. 1497 malt Leonardo da Vinci sein berühmtes Abendmahl. -51500 vollendet Albrecht Dürer sein großes Selbstportrait in der Art der bis dahin Christusdarstellungen vorbehaltenen symmetrischen Frontansicht. 1503 schält Michelangelo in Florenz die monumentale Statue des David aus einem Marmorblock. 1505 richten Thurn und Taxis erste Postverbindungen ein, von Wien nach den Niederlanden, Paris und Madrid. 1506 beginnt Bramante mit dem Bau der Peterskirche in Rom. Finanziert durch den Peterspfennig der deutschen Katholiken. 1510 baut in Nürnberg Peter Henlein die erste Taschenuhr. 1511 Die Bauarbeiten am Stephansdom in Wien werden nach 375 Jahren Bauzeit eingestellt. Dollart und Jadebusen an der deutschen Nordseeküste erhalten durch die Antoniusflut ihre heutige Gestalt. Unser Retabel wird in der Hofer Hauptkirche St. Michaelis aufgestellt. Es wird dort nicht lange bleiben. Aus Sachsen dringt bald die Botschaft Martin Luthers von der notwendigen Erneuerung der Kirche, der Reformation ins Vogtland; Hof wird sich sehr früh der neuen Lehre öffnen. Während also in Italien der Kunststil der Renaissance bereits in voller Blüte steht, feiert im deutschen Sprachraum noch die Spätgotik ihre Höhepunkte. Zwischen dem 12. und dem 16. Jhdt. hat die Gotik die künstlerischen Ausdrucksformen geprägt. Vor allem in Mittelund Süddeutschland, wie auch in Österreich entstehen die großen Schnitzaltäre als Mittelpunkt der Kirchenaustattungen. In diesen spätgotischen Schreinaltären sind Malerei, Plastik und Architektur zu einem Gesamtkunstwerk vereinigt. Sie bestehen in der Regel aus einem Unterbau der Staffel oder Predella, dem eigentlichen Altarschrein mit Klappläden, den Flügeln und dem bekrönenden Auszug oder Gesprenge. Je nach räumlichen Gegebenheiten (und natürlich den Geldbeuteln der Auftraggeber) entstanden so die Höhepunkte mittelalterlicher Sakralplastik vom intimen Andachtsbild für eine Dorfkirche bis zum monumentalen, den Chorraum füllenden Renommierstück. Eines der größten deutschen Schnitzretabel der Spätgotik liefert nach 13jähriger Arbeit übrigens Veit Stoß aus Nürnberg für den Hochaltar der Marienkirche in Krakau, in dessen Ornamentik der Schnitzer bereits Formen des Barock vorwegnimmt. Mir ist im Laufe meiner Nachforschungen aufgefallen, daß gerade in den evangelischen Teilen unseres Vaterlandes viele gotische und zeitbedingt daher vorreformatorische Bildwerke erhalten sind. Zwar hat es in den Anfangsjahren der Reformation die Bilderstürmer gegeben – ich nenne nur den Namen Thomas Münzer – aber Martin Luther hat diesem Treiben persönlich Einhalt geboten. Schließlich war er ja ursprünglich ein guter Katholik und ist auch zeitlebens katholischer geblieben, als uns Protestanten heute geläufig ist. Mit der Einführung der Reformation entstand für die jungen evangelischen Gemeinden ein pekuniäres Problem. Der Ablaß entfiel; mit der Finanzierung von Bildwerken für die Kirchen lies sich kein Sündenerlaß mehr erkaufen, so daß das „Sponsoring“ für die Ausschmückung der Kirchen bescheidener ausfiel. Unterstützt durch die Sparsamkeit unserer Altvorderen blieben daher auch in den reformierten Gegenden viele im Geiste der alten Kirche geschaffenen Kunstwerke erhalten. -6Vielleicht hat auch die Erinnerung an die hohen Kosten der Anschaffung die damaligen Kirchenvorstände dazu bewogen ihre Heiligenfiguren nicht zu Brennholz zu verarbeiten. In den katholischen Landen besorgte im Zuge der Gegenreformation die Barockisierung der Kirchen, und vor allem Ende 18. bis Anfang 19. Jhdt. die Aufklärung und die Säkularisation die Trennung von dem alten gotischen „Plunder“. Ein schmerzlicher Verlust, der die Verluste des Bombenterrors im zweiten Weltkrieg bei weitem übersteigt. Deswegen können wir uns heute über den Erhalt unseres Retabels ganz besonders freuen. Das Bamberger Domkapitel war übrigens recht froh, daß es 1910 für die Regotisierung des Heinrichsdomes wenigstens ein spätgotisches Altarretabel aus unserer Gegend erwerben konnte, nämlich den unserem Hospitalretabel zeitgleichen „GattendorferAltar“. Heute betrachten wir also gemeinsam den spätgotischen Altaraufsatz, das Retabel wie der Fachmann sagt, hier in unserer Hospitalkirche. Doch auch hierzu zunächst Erklärendes: Altar und Retabel Ursprünglich bestand der Altar nur aus der mensa, dem Tisch. Häufig, in Erinnerung an das Herkommen von den antiken Brandopferältären, in Form eines Herdes für offenes Feuer gestaltet. Die Altarfront schmückte man sehr bald mit dem sogenannten Antependium, einer meist vergoldeten Schmuckwand. Später wurde es üblich, Behälter mit den Reliquien z.B. des Kirchenpatrons, auf der mensa aufzustellen. Aus solchen Altaraufsätzen entwickelte sich im Laufe der Zeit das Retabel, die Rückwand, als aufwendigste Art des Altaraufsatzes.. In Italien und Frankreich waren vor allem bemalte Bildtafeln als Retabel üblich, wobei gerne das antike Triptychon, das aus drei Teilbildern zusammengefügte Bild gebraucht wurde. (Wenn Sie Ihre Wege einmal in die Skatstadt Altenburg führen sollten, der östlichsten Stadt Thüringens, nördlich von Zwickau gelegen, finden Sie im dortigen Lindenau-Museum die größte Sammlung frühitalienischer Tafelmalerei nördlich der Alpen.) Der deutsche Sprachraum ist vor allem die Heimat der Schnitzaltäre. Das Tryptichon wird in Form des Flügelaltares interpretiert und in den zwei-, drei- und mehrfach ausklapparen Wandelaltar weiterentwickelt. Das Retabel, der Altaraufsatz, erhält wiederum einen Unterbau zum Aufsetzen, die Predella. Ein Untersatz, der vom farbig gefaßten Brett, über ornamentale und gegenständliche Bemalung bis zur plastischen Ergänzung des eigentlichen Retabels reicht. Hier in unserer Hospitalkirche ergänzt eine Darstellung des Marientodes das Bildgeschehen in der Etage darüber. Unser Retabel ist ein Wandelaltar, der bei geschlossenen Altarflügeln die Festtagseiten verbirgt. Dem Betrachter werden bei geschlossenen Flügeln Tafelbilder angeboten, die in durchaus agitatorischer Absicht das Leiden und Sterben von Christen zeigen, die von den bösen Heiden gemartert und getötet werden, wie das z.B. die Legende von der Hl. Ursula, oder das Martyrium der thebäischen Legion zeigen. -7- Malerei und Schnitzwerk können dabei durchaus von einer Hand stammen. Im Mittelalter war die Aufplitterung in die verschiedenen Zünfte und auch der Zunftzwang noch nicht soweit gediehen wie in den nachfolgenden Jhdtn. Der große Bildschnitzer Peter Breuer ist in den Matrikeln der Stadt Zwickau als „Maler“ verzeichnet. Allerdings war es bereits zu Breuers Zeiten üblich einen Maler für die Tafelbilder hinzuzuziehen, wenn nicht gar ein zur Werkstatt gehörender Maler nicht nur die Fassmalereien, sondern auch die Tafelbilder besorgte. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß die Faßmaler, die ja erst die Figuren „zum Leben erweckten“ i.d.R. besser bezahlt wurden als die Bildhauer! Nur wenige, und dann hervorragende Bildhauer waren mutig genug, auf eine Bemalung teilweise oder ganz zu verzichten, weil sie vom Wert und von der Wirkung ihrer Schnitzereien überzeugt waren. Zu nennen ist hier in erster Linie Riemenschneider. Wobei vom Bildhauer erwartet wurde, daß er seine Kunst sowohl in Holz als auch in Stein auszuüben im Stande war. Die meiste Zeit des Jahres war der Altar zugeklappt. Foto: Johannes Taig -8- Nur an den hohen Festtagen und zu besonderen Anlässen wie Patronatsfesten, hoher geistlicher oder weltlicher Besuch etc. war auch die Festtagsseite des Retabels zu sehen. Unser 1511 geschaffenes Retabel wurde von „Unser lieben Frauen Fronleichnam Bruderschaft“ für die erste Kapelle der St. Michaeliskirche gestiftet. Der Hauptaltar, auch Hochaltar, trug damals als Retabel den bereits erwähnten „Hofer Altar“ in der Alten Pinakothek. Unser Retabel zierte also einen der Maria geweihten Seitenalter. Allerdings zeichnet ihn die Aufstellung in der ersten Kapelle als wichtigsten Seitenaltar aus. Im Zentrum des Schreines steht Maria mit dem Jesuskind. Sie hält einen goldenen Apfel in der linken Hand als Symbol des künftigen Reiches ihres Sohnes. Das Jesuskind streckt mit Blick zum Himmel seine Hände segnend und ergreifend nach diesem „Erdapfel“ aus. Maria ist barhäuptig, mit offenen langen Haaren. Das weist sie der Sitte der Zeit entsprechend als Jungfau aus. Verheiratete Frauen bedeckten ihr Haar mindestens mit einem Kopftuch, dem sogenannten Wimpel. Im Rankenvorhang über Maria, fast versteckt, sind zwei Engel gerade mit der Krönung Mariens beschäftigt. Heiligen Jungfrauen stand eine Krone als Kopfschmuck zu. Die Krönung Mariens zur Himmelskönigin, ein beliebtes Thema der Marienikonographie, soll hier wohl eher nicht dargestellt sein, da dies in der Regel durch ihren Sohn, bzw. durch die Heilige Dreifaltigkeit erfolgte. -9- Assistiert wird Maria von zwei heiligen Jungfrauen; Katharina und Barbara; Vom Betrachter zur Linken ist das die Heilige Katharina von Alexandria. Eine der 14 Nothelfer. Sie trägt eine Blattkrone, die sie als jungfräuliche Märtyrerin ausweist. Dieser Heiligen ist die Vita der Hypathia, einer jungen Griechin, allerdings einer Heidin, unterlegt. 1969 wurde Katharinens Gedenktag aus dem römischen Heiligenkalender gestrichen. Wahrscheinlich weil ihre Geschichte doch schon sehr legendär erscheint. Seit 2001 erscheint sie wieder im Generalkalender. Wohl auch deswegen, weil wohl in fast jeder größeren christlichen Stadt eine Katharinenkirche vorhanden ist. Von ihren Attributen hat unsere Katharina die Jungfrauenkrone, das Buch und das Schwert. Das zerbrochene Rad fehlt. Sie gilt unter anderem als Schutzpatronin der Frauen vom Mädchen bis zur Ehefrau, der Hochschulen samt Bibliotheken, Theologen, Juristen, Professoren und Studenten etc., einer ganzen Reihe von Handwerkern, der Krankenhäuser und aller Berufe, die mit Rädern zu tun haben. Die vom Betrachter aus gesehen rechte Assistenzfigur stellt die Heilige Barbara dar. Wie Katharina ebenfalls eine Jungfrau und Märtyrerin. Wegen ihrer Schönheit sperrte sie ihr Vater in einen hohen Turm ein. Trotzdem gelang es dem Kirchenvater Origines sie zum christlichen Glauben zu bekehren. Daraufhin ließ sie ihr heidnischer Vater zum Tode verurteilen. - 10 Sie ist ebenfalls in den Kreis der 14 Nothelfer aufgenommen und Schutzpatronin u.a. der Bergleute, Soldaten Artilleristen, Pioniere, Glockengießer und Glöckner und aller Berufe die mit Feuer und Sprengstoffen zu tun haben. Ihre Attribute sind der Kelch mit oder ohne Hostie, der Turm mit drei Fenstern und natürlich die Krone der Märtyrerin. Der Mode der Zeit entsprechend tragen die drei Heiligen Jungfrauen lange Kleider mit Gürtel, darüber einen vor der Brust offenen Mantel. Die Kleidung entspricht patrizischer oder höfischer Mode der Entstehungszeit. Katharina und Barbara tragen unter ihren Kronen noch einen gewunden Stoffkranz, den sogenannten Schapel. Der Schreinhintergrund ist mit einem goldenen Wandvorhang ausgestattet. In den Malgrund hat man ein Granatapfelmuster eingedrückt und nach dem Aushärten des Grundes den Vorhang vergoldet. Das Muster imitiert ein kostbares Florentiner Brokattuch. Derartige Wand-teppiche waren im Mittelalter in gehobenen Interieurs üblich. Damit minderte man die kalte Abstrahlung der Wände in den nur mangelhaft und intermittierend geheizten Wohnräumen. Über dem Wandteppich ist ein gemalter Sternhimmel zu sehen. Die Seitenflügel beschreiben im Uhrzeigersinn, links oben beginnend, in vier Szenen, die Verkündigung und Geburt Jesu;. Weiter ist dargestellt der Besuch der Heiligen Drei Könige, die ja nach dem Neuen Testament Magier waren, und die hier aufgrund ihrer Kleidung und Hautfarbe als Vertreter der drei damals bekannten Kontinente auftreten. Im letzten Relief sehen wir die Beschneidung des Jesusknaben. Letztere wurde im Mittelalter als erstes Blutopfer Jesu und als Vorschattung auf seinen Erlösungstod gedeutet. - 11 - Diese Reliefs beinhalten eine Reihe liebenswerter Details, so in der Verkündigungsszene, in der Gottvater persönlich ein Baby sozusagen per Luftpost der Maria zusendet, oder der Beobachter im Fenster des betlehemitischen Stalles, den das Weihnachtsgeschehen wohl nicht gerade mitreißt. Interessant ist ein Detail bei der Anbetung der drei Könige: Dort trägt das Jesuskind doch tatsächlich ein rotes Korallenkettchen zum Schutz vor Krankheiten und zur Abwehr des bösen Blicks! War Maria etwa abergläubisch?? In der Beschneidungszene stehen auf dem Altar des Tempels die steinernen Gesetzestafeln vom Berg Sinai. Ein Blick also ins Allerheiligste des Tempels und ein Hinweis, daß Jesus als Jude geboren wurde. Die Darstellung des Marientodes im Kreis der Jünger in der Predella oder Staffel des Retabels ist jedoch kein biblisches Thema, aber gestorben ist Maria ja bestimmt auch. Was unserem Retabel fehlt ist der krönende Auszug oder das Gesprenge, das leider beim Umzug von der Michaeliskirche hierher verlorengegangen ist. Das Bild rechts zeigt einen vollständigen Retabelaltar von Peter Breuer aus der Burgkapelle Gnandstein bei Altenburg. Einen ähnlichen Aufsatz müssen wir uns für unser Retabel vorstellen. In der Taufecke sind uns ein Kruzifix und eine anbetende Frauenfigur erhalten, die aus der Zeit des Retables stammen. Ergänzt um den fehlenden Johannes könnten diese Schnitzwerke durchaus aus einem verloren gegangenen Auszug stammen. Aber ich will hier nicht spekulieren. - 12 - „M H“, wer verbirgt sich dahinter? Nun, begleiten Sie mich bitte weiter auf der Suche nach dem Schöpfer unseres Retabels. Wie eingangs erwähnt, bin ich ihm seit einem halben Jhdt. auf der Spur. Die längste Zeit war der Erfolg sehr mäßig. Ich nahm Witterung auf: Zunächst in Richtung Nürnberg und Mainfranken. Riemenschneider war sehr vielversprechend. Seine Madonnen haben offensichtlich auch auf die Maria unseres Retabels abgefärbt. Sollten unseren Bildschnitzer seine Wanderjahre durch Süddeutschland geführt haben? Für unsere Betrachtung wichtige Bildschnitzer der Spätgotik: 1400 - 1467 Hans Multscher (Reichenhof bei Leutkirch/Ulm), Begründer der Ulmer Schule 1460 - 1531 Tilman Riemenschneider (Heiligenstadt/Würzburg) 1425 - 1492 Jörg (Georg) Syrlin d.Ä. (Ulm), Chorgestühl 1455 - 1521 Jörg Syrlin d.J. 1440 - 1522 Michael Erhard (Ulm), mit seinem Blaubeurener Altar Dieser erlauchte Kreis außerordentlicher Skulptureure hat die spätgotische Plastik in Süddeutschland bestimmend beeinflußt. Unser Retabel ist ganz offensichtlich von der süddeutschen und insbesondere der Nürnberger Schule beinflußt. Nach der Grenzöffnung nahm ich eine neue Spur auf. In Steinsdorf und Straßberg bei Plauen entdeckte ich in den dortigen Retabeln stilistische Nähe zu unserem Hospitalaltar. Das setzte sich fort in Zwickau, im Erzgebirge und im Altenburger Land. Dort haben die Bildwerke auch einen Namen: Peter Breuer, ein Schüler Riemenschneiders und neben anderen Meistern seiner Zunft der große Bildschnitzer der Gotik in Westsachsen. Mit seiner Pieta im Zwickauer Dom, der Marienkirche, schuf er ein Bildwerk von europäischem Rang. Zwei Kruzifixe in den Kirchen von Töpen und Trogen bei Hof werden ihm zugeschrieben. 1472/73 wurde er als Sohn eines Messerschmiedes geboren. Das Bildhauerhandwerk hat er vermutlich in Zwickau bei einem einheimischen Meister erlernt. Dem schloß sich die damals übliche Wanderzeit an für die wir durchaus einen Zeitraum von von mindestens fünf bis sechs Jahren und länger ansetzen können. Daß er dabei auch nach Franken kam, belegt ein Eintrag in den Ratsbüchern der Stadt Würzburg. Dort ist er 1492 als Malergeselle aus Zwickau eingetragen. Und daß er sich in Würzburg beim ersten Meister seines Faches verdingt hat, dürfen wir unterstellen. Der Einfluß Riemenschneiders auf sein Oeuvre ist nicht zu übersehen. Im thüringischen Bibra wird Riemenschneider eine Verkündigungsszene zugeschrieben, die das Markenzeichen Breuers trägt: eine in den Zwickauer Stadtfarben rot/weiss gekästelte obere Abschlußkante an dem Wandteppich der Schreinrückwand. Zufall? Oder hat der Geselle Breuer an diesem Retabel mitarbeiten dürfen? Oder ist das Bandmuster Breuers Souvenir aus Würzburg? Würzburgs Stadtfarben sind ja auch Rot und Weiß bzw.Silber. Der Wandteppich zeigt ebenfalls das Granatapfelmuster, ähnlich dem Wandteppich unseres Retabels. Nach seiner Wanderzeit kehrte Breuer nach Zwickau zurück. Das erste Werk von seiner Hand ist der Altaraufsatz in Steinsdorf bei Plauen. Breuer ist erfolgreich. Der Markt ist hart umkämpft. Mehrere sehr begabte Meister suchen ebenfalls Aufträge. Breuer gelangt mit Fleiß und Können zu bescheidenem Wohlstand. Aber die Einführung der Reformation in Zwickau und Umgebung trifft ihn hart. 1421 liefert er sein letztes Altarwerk ab. Für Schnitzaltäre und Heiligenfiguren besteht kein Bedarf mehr. Als letztes Werk ist ein Kruzfix von 1539 belegt, das der Rat der Stadt Zwickau gnadenhalber bei ihm in Auftrag gab. 1541 stirbt er verarmt. Seinem römischen Glauben ist er zeitlebens treu geblieben. Aber Peter Breuer ist der Meister des Hofer Retabels nicht. Zu jugendlich und zu schlank sind die drei Hauptfiguren. Breuer hat vermutlich seine Frau Modell gesessen. Sie ist mit Ihrem Meister auch älter geworden und mit ihr ebenso die Madonnen und heiligen Damen aus Breuers Hand. Aber die Blattkronen ober Lilienkronen – wie von gleicher Hand, die Details der Rankenvorhänge etc. Das Zwickauer und das Altenburger Land wimmeln geradezu von Vergleichbarem. Aber Greifbares bekam ich nicht zu fassen. Lernte und arbeitete etwa unser Meister bei Peter Breuer? Da lese ich im Frühjahr 2007, daß in Chemnitz im Schloßbergmuseum das Heilige Grab nach abgeschlossener Generalsanierung wieder zu besichtigen ist. Es ist in in der Tat ein großartiges Werk aus gotischer Zeit. - 14 - Heiliges Grab, wieder ein neuer Begriff! Darunter verstand man im Mittelalter zwei unterschiedliche Traditionen, die sich allerdings in der Praxis bunt und vielfältig mischten. Zum einen handelt es sich um i.d. R. steinerne Erinnerungsbauten in Form von mehr oder weniger ähnlichen Nachschöpfungen der Grabkirche zu Jerusalem. Wie das Görlitzer Heilige Grab in der nebenstehenden Abbildung. Solche Ersatzbauten boten für weniger betuchte oder unabkömmliche Gläubige Ersatz für eine Pilgerfahrt ins Heilige Land einschließlich des damit verbundenen Ablasses. Zum anderen gab es Heilige Gräber in Form von Schreinen oder Sargkophagen aus Stein oder Holz. Interessanterweise sind nur drei spätgotische hölzerne Heilige Gräber als erhalten bekannt. Davon eines aus Garamszentbenedek, jetzt im Christlichen Museum Esztergom in Ungarn und zwei im evangelischen Stammland Sachsen. In Chemnitz, im Schloßbergmuseum steht das links abgebildete Heilige Grab. Ein weiteres steht in Zwickau. Wobei es sich das Zwickauer noch am ursprünglichen Bestimmungsort, in der Marienkirche, dem Zwickauer Dom , befindet. Die hölzernen Hl. Gräber waren beweglich und dienten in der Osterliturgie der mittelalterlichen Kirche zur gegenständlichen Darstellung der Grablegung und Auferstehung Christi. Am Gründonnerstag zog ein geschnitzter Christus auf einem Esel, dem sogenannten „Palmesel“, in die Kirche ein. Am Karfreitagnachmittag rollte man ein hölzernes Heiliges Grab in die Kirche (in Esztergom sind die Räder an dem Grabschrein noch erhalten) in das man dann am späten Nachmittag einen geschnitzten lebensgroßen, in Leintücher gewickelten Leib Christi legte. Am Morgen des Ostersonntags entnahm man die Figur dem Grabschrein und präsentierte den Auferstandenen, geschmückt mit Lendentuch und Siegesfahne, der Gemeinde. Die Figur des Auferstandenen wurde dann am Himmelfahrtstag in das Kirchengewölbe hinaufgezogen. Uns erscheinen heutzutage Bräuche eher etwas befremdlich. solche Innenraum des Heiligen Grabes in Zwickau mit Darstellung des Leichnams Christi Es überrascht, daß sich zwei dieser Heiligen Gräber gerade im protestantischen Kernland Sachsen erhalten haben, lehnten doch die Reformatoren jegliche Vergegenständlichung der Gottesdiensthandlungen ab, die Sakramente ausgenommen. Gründe hierfür können der hohe Kunstwert beider Schreine und die sicher hohen Kosten für deren Anschaffung gewesen sein. Alle anderen hölzernen Kunstwerke dieser Art fielen den Bilderstürmern aber auch der Geringschätzung späterer Generationen zum Opfer. In den katholischen Landen wandten sich Klerus und Landesfürsten im Gefolge der Aufklärung Ende des 18. und Anfang des 19. Jhdts. mit strengen Verboten energisch gegen solche Formen der Liturgie und Volksfrömmigkeit. Nur Weihnachtskrippe und Kruzifix existieren noch als ranghohe religiöse Symbole in den Gotteshäusern. In Südeuropa und in den Alpenländern haben sich noch am ehesten die alten Bräuche erhalten, wobei dabei sicher auch folkloristische und touristische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, denkt man an z.B. an Passionsspiele etc. Bei der Besichtigung des Chemnitzer Hl. Grabes fiel mir ein, daß ja auch im Zwickauer Dom, der Marienkirche, dieser Schatzkammer der Gotik, der Renaissance und des Barock noch ein Heiliges Grab meiner harrt. Vom Kirchenschiff aus kaum sichtbar, steht es abgesperrt auf der Empore, so daß ich es trotz wiederholter Besuche im Dom noch nicht in Augenschein genommen hatte. - 16 - Also auf der Rückreise nach Zwickau! Der Zutritt zur abgesperrten Empore wird mir freundlichst gestattet und dann stehe ich vor dem Heiligen Grab. Zunächst der großartige Eindruck: Eine hölzerne Miniatur-Kathedrale, ähnlich der Sainte Chapelle in Paris oder der Kirche in Kuttenberg, jetzt Kutna Hora in Böhmen. Links das Zwickauer Heilige Grab in voller Größe. Links unten: das Rankenwerk, die Blüten, die Drolerien, das ist die gleiche Hand wie bei unserem Retabel! Und da liegt auch noch das Reh aus unserer Predella! - 17 - Allerdings im Wappen ein M und ein R. Aber das bezeichnet den Stifter Martin Römer. Die Ähnlichkeit des Schnitzwerks mit dem des Hofer Retabels ist nicht zu übersehen. Und plötzlich sitzt da dem Sockelsims und Wappenschild mit Kleeblatt und dem entgegen. ein kleiner Löwe auf hält mir lächelnd ein einem dreipässigem Monogramm M H Ja, sagt Dombaumeister Dr. Kühn, der „MH“ ist uns bekannt. Das war der Michael Heuffner, ein Zeitgenosse Breuers. In der freien Reichsstadt Eger geboren, der Nürnberger Schule zugerechnet, wirkte er in Zwickau. Das Heilige Grab entstand 1507, für die Reinsdorfer Kirche schuf er 1510 ein Altarretabel, dessen Figuren heute im Städtischen Museum in Zwickau stehen. Unser Retabel schuf er 1511, also auf der Höhe seines Schaffens. - 18 - In Thurm, im schönen Mülsental östlich von Zwickau, ist von Heuffner, neben einem Breuer-Retabel, die Büste eines Herrgotts als Rest einer Ölberggruppe, erhalten und sehr gut restauriert. Zwei weitere Figuren dieser Ölberggruppe sind im Schloßbergmuseum Chemnitz ausgestellt. Im städtischen Museum Zwickau befindet sich eine Gruppe Figuren als Reste aus dem Reinsdorfer Altaraufsatz. Im Kunstgewerbemuseum Dresden-Zweigstelle Pillnitz steht eine Mondsichelmadonna von Michael Heuffner. Ich kann Ihnen kaum beschreiben mit welchem Glücksgefühl ich die Heimfahrt nach Hof antrat. Ein Traum meiner Kindheit hatte sich nach einem halben Jahrhundert erfüllt. Foto: Werner Markgraf, Thurm Unser Altarretabel hat jetzt einen Namen: Michael Heuffner * 1483/1484 in Eger, Bildschnitzer, + 1511 in Zwickau Hat er in der Breuer-Werkstatt gearbeitet? War er, wie Breuer, in Süddeutschland auf Wanderschaft, hat er Riemenschneider, die Ulmer Schule, den Blaubeurer Altar etc. kennengelernt? Heuffner soll angeblich 1511 gestorben sein? Unser Retabel sein letztes Werk? Das Heilige Grab in Zwickau ist ohne Zweifel das Hauptwerk Heuffners. Unmittelbar im Range danach folgt aber der Heuffner-Alter der Hospitalkirche in Hof! Der Vorzug unseres Retabels ist der sehr gute Erhaltungszustand mit weitghend originaler Farbfassung ohne größere Übermalungen; fast ein halbes Jahrtausend alt. In drei Jahren, 2011, feiern wir mit unserem Altaraufsatz das 500jährige! In unserer Hospitalkirche steht der Altar allerdings erst seit 471 Jahren. 1529 wurde Hof ja lutherisch, ein Marienaltar war daher in der Michaeliskirche nicht mehr en vogue. 28 Jahre nach seiner Weihe verbrachte man ihn deshalb hierher, anläßlich einer dringend notwendigen Erneuerung unserer Kirche anno 1557. Unsere Gemeinde hat sich damals sicher ebenso an diesem Kunstwerk erfreut, wie wir heutzutage auch noch. - 19 - Das Retabel erzählt uns aber auch etwas über die Zeit seiner Entstehung am Vorabend der Reformation in Hof. Über die wirtschaftliche Ausrichtung der vogtländischen Stadt Hof hin zum thüringischen und zum westsächsischen Wirtschafts- und Kulturraum. Nicht ohne Grund liegt der Studentenberg im Norden Hofs. Die Hofer studierten früher in Leipzig, in Wittenberg und in Jena. Hof's Wirtschaft profitierte von der Nähe zum westsächsischen Wirtschaftsraum, der Boomregion des späten Mittelalters. Von Franken aus besiedelt, vom fränkischer Handwerkskunst befruchtet, haben uns unsere sächsischen Nachbarn mit diesem Altaraufsatz etwas ganz besonders wertvolles zurückgegeben. Wappenschild am Heiligen Grab in der Wappenschild in der Predella der Hofer Zwickauer Marienkirche (Dom) Hospitalkirche Rudolf Strößner. Hof, zum Tag des offenen Denkmals, am 14. September 2008.