ticket - Dajiale China Restaurant
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S6 ESSEN & TRINKEN DER TAGESSPIEGEL NR. 22 151 / SONNTAG, 31. AUGUST 2014 Der Von TISCH zu TISCH Fernschmecker Er weiß alles über die chinesische Küche – aber in China war er nie. Schweineohr in Ingwer, Fünf-Farben-Salat, Tofublätter: Matthias Meyer futtert sich durch Berlins Restaurants, er kostet, fragt, notiert, empfiehlt. Drei Lokaltermine Friedrich Franz Steinbutt mit Mango-Curry und Minze Von Bernd Matthies N och mal eine Landpartie, bevor der Winter kommt, noch mal ein Stück weiter. Heiligendamm! Ja, sind denn die nicht pleite? Sind sie nicht, nicht mehr. Seit das Hotel dem Hannoveraner Steuerberater Paul Morczinsky gehört, der schon die Halloren-Kugel gerettet hat, geht es dort fühlbar und stabil bergauf. Die Truppe wirkt wieder motiviert und ausgeglichen, viele Kinder treiben dem hehren Gemäuer die früher typische Steifheit aus, und investiert wird auch – neue Teppiche und Fernsehgeräte sind schon da, der Saunabereich soll umgebaut werden, und ein Außenbecken ist geplant. Ich würde allen, die offensiv zur Schau gestellten Luxus ertragen oder ihn womöglich selbst zur Schau stellen wollen, unbedingt zu einem Besuch raten. Denn es ist wieder schön dort. Ronny Siewert, der Küchenchef im Restaurant „Friedrich Franz“, ist inzwischen zusammen mit Restaurantleiter Norman Rex vermutlich einer der dienstältesten Mitarbeiter und gilt als bester Koch Meck- Von Jens Mühling B eim Essen sagt Matthias Meyer gerne Sätze wie diesen: „Die Huai-Yang-Küche ist eine hochgradig verfeinerte Künstlerküche, die viele Chinesen gar nicht kennen.“ Oder diesen: „Mao hat die Chili politisiert, der Revolutionär isst scharf.“ Oder diesen: „Mich interessiert das chinesische Verhältnis zwischen Essen und Erotik.“ Es dürfte in Berlin nicht viele Menschen geben, die sich mit chinesischem Essen so gut auskennen wie Matthias Meyer. Sein Wissen verdankt der Literaturwissenschaftler einer schier unglaublichen Anzahl von China-Reisen. Die Anzahl lautet: null. Meyer, der Fernschmecker, war nie in China, sein Wissen hat er sich angegessen und angelesen. „Ich bin“, sagt er über sich selbst, „so etwas wie der Karl May der chinesischen Küche.“ Schöneberg, Goebenstraße, vierspurig fließt der Verkehr an Nachkriegsbauten vorbei, es ist nicht die hübscheste Ecke des Bezirks. Versteckt zwischen einem Textildiscounter und einem dunklen Café mit „Ab 18“-Warnschild an der Tür liegt das Restaurant „Da Jia Le“. Drinnen, zwischen lindgrün gestrichenen Wänden, sitzt ein schmaler Mensch von 28 Jahren, dem die Vorliebe fürs Essen körperlich schwer anzusehen ist. „Hier hat alles angefangen“, sagt Matthias Meyer. Ein Jahr ist es her, da landete er zum ersten Mal im „Da Jia Le“, allein, obwohl er eigentlich mit einer Frau dort hatte landen wollen, einer chinesischen, aber das sind Details, die zu einer anderen Geschichte gehören. Allein nahm Meyer Platz, und da ihm die Karte wenig sagte, bat er die Inhaberin um Empfehlungen. Sie brachte Schweinebauch, teegekochtes Ei, Schanghai-Kohl, mariniertes Gemüse. Meyer kaute und schmeckte und schluckte und staunte, und danach war nichts mehr, wie es gewesen war. „Ich hatte zwar schon vorher chinesisches Essen probiert“, sagt Meyer, dessen Literaturstudium im englischen Oxford und im amerikanischen Cambridge ihm erste unbeeindruckende Begegnungen mit chinesischen Auslandsrestaurants bescherte. „Aber die Reichweite der Küche verstand ich erst an jenem Abend.“ Es blieb nicht bei dem einen Besuch im „Da Jia Le“, mit dessen chinesischen Inhabern Meyer inzwischen gut befreundet ist. Auch heute noch, nachdem er sich durch so ziemlich alle China-Restaurants der Stadt gegessen hat, hält er das unscheinbare Lokal an der Goebenstraße Friedrich Franz im Grand Hotel Heiligendamm, Tel. (038203) 740 62 10, nur Abendessen, Mi-So. Foto: Doris Spiekermann-Klaas für das eindeutig beste in Berlin. Die hier servierte Dong-Bei-Küche, die aus dem Nordosten Chinas kommt, ist außerhalb des Landes wenig bekannt, sie ist geprägt durch Pekinger Einflüsse, aber auch durch die Nähe zu Korea und Russland. Meyer empfiehlt, die regionaltypischen Spezialitäten aus dem hinteren Teil der Karte zu bestellen: Salat aus Tofublättern, frittierte Schweinefleischscheiben, gebratene Aubergine, Fünf-Farben-Salat, gedämpften Wolfsbarsch. Nach dem ersten Besuch im „Da Jia Le“ hatte Meyer das Gefühl, eine Welt entdeckt zu haben, von der er bislang nichts geahnt hatte. Er begann, sich nach anderen Restaurants umzusehen, er googelte, telefonierte, fragte Bekannte. Der Freund eines Freundes spielte ihm schließlich ein Word-Dokument zu, das Meyer „die Schatzkarte“ nennt: eine Liste hauptstädtischer China-Restaurants, zusammengestellt und weitergereicht von verzweifelten Studenten aus Fernost, die in Berlin unter kulinarischem Heimweh leiden. Charlottenburg, Otto-Suhr-Allee. Nicht weit entfernt vom Hauptgebäude der Technischen Universität stehen drei Plastiktische auf dem Bürgersteig, neben einem Loch in der Wand, das man im Vorbeigehen leicht übersieht. „Tu Long“ heißt der Laden. Ein paar junge Chinesen beugen sich über dampfende Nudelsuppen, die Speisekarte ist ein A4-Zettel in einer Klarsichthülle. Genauer gesagt gibt es zwei Speisekarten, eine für deutsche und eine für chinesische Gäste, und die interessantere bekommt man als Deutscher nur auf Nachfrage. Matthias Meyer findet, dass marinierte Schweineohren gut klingen. Die chinesische Kellnerin sieht das anders. „Das können Sie nicht essen!“, protestiert sie. „Das ist für chine- Chinesischer geht’s nicht in Berlin: Im Schöneberger Restaurant Da Jia Le lernte Matthias Meyer die chinesische Küche lieben. Unten: Weili Wu, Inhaberin des Lokals. Fotos: Thilo Rückeis sischen Geschmack! Deutscher Geschmack ist ganz anders!“ Meyer insistiert, die Kellnerin bleibt stur. Erst nach einigem Hin und Her zuckt die Frau resigniert mit den Schultern, als wolle sie zu verstehen geben: Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt. Die Schweineohren sind knorpelig-knusprig und schmecken nach Ingwer. Lecker, sagt Matthias Meyer, was die Kellnerin erst skeptisch, dann aber doch irgendwie glücklich zur Kenntnis nimmt. Geduldig beantwortet sie schließlich Meyers Fragen: Ja, der Koch kommt aus Hongkong, nein, er kocht nicht nur kantonesisch. Was hier angeboten wird, ist gemischte Bistro-Küche,Studentenfutter sozusagen, wenn auch auf hohem Niveau. Matthias Meyer hat sich angewöhnt, beim Erstbesuch eines Restaurants immer die gleichen Fragen zu stellen: Woher kommt Ihr Koch? Wo hat er seine Ausbildung gemacht? Ist er auf eine bestimmte Regionalküche spezialisiert? Was zeichnet die aus? Welche Gerichte können Sie empfehlen, welche sind typisch? Die Antwor- Interessierte ten notiert Meyer säuberlich auf klei- nimmt er nen Notizzetteln, er mit auf hat einige davon vollgeschrieben im Lauf kulinarische des vergangenen Jah- Rundreisen res. Was die Restaurantinhaber ihm verraten, ergänzt er durch Lektüre: Thomas Höllmanns „Kulturgeschichte der chinesischen Küche“, Marcus Hernigs „China in sechs Gängen“, die Kochbücher der englischen China-Expertin Fuchsia Dunlop. Neben seiner Literatur-Promotion schreibt Meyer inzwischen einen kulinarischen Blog, außerdem organisiert er mit der von ihm und zweiFreunden gegründeten „Kulinarischen Gesellschaft“ Restaurantbesuche. Als er zum ersten Mal zur „Kulinarischen Rundreise durch China in Berlin“ einlud, natürlich in sein Lieblingsrestaurant, meldeten sich überraschend mehr als 100 interessierte Freunde, die Meyer in drei Gruppen durchs „Da Jia Le“ schleusen musste. Inzwischen findet die „Rundreise“ regelmäßig statt. Prenzlauer Berg, Gleimstraße. Das Restaurant „Shan Shan“ versteckt sich in der Lobby eines kleinen Hotels. Auf der Karte stehen Backkartoffeln und Leberkäse, als Nachtisch gibt es „Schwedeneisbecher“. Auch hier muss man sich zu den chinesischen Gerichten erst durchfragen, dann aber bekommt man erstklassige Huai-Yang-Küche serviert – seltene Traditionsgerichte, „Poetenküche“, wie Meyer sagt, aufwendig zu kochen und teils nur auf Vorbestellung zu haben. „Der Koch ist wegen einer Frau in Berlin gelandet“, verrät Meyer flüsternd. „Er ist einer der besten der Stadt.“ Wer mit Matthias Meyer essen geht, kann vieles lernen. Vor allem, dass sich die authentische chinesische Küche in Berlin gut versteckt. Man findet sie in unerwarteten Gegenden, wie das „Da Jia Le“, man muss sich den Zugang zu ihr erkämpfen, wie im „Tu Long“, sie verbirgt sich hinter irreführenden Hotelspeisekarten, wie im „Shan Shan“. Und China – das echte, ferne China? Irgendwann, sagt Meyer, werde er auf jeden Fall dort hinfahren, er könne es im Grunde kaum erwarten. Er hoffe nur, fügt er lächelnd hinzu, dass seine erste echte Begegnung mit dem Land nicht so verlaufen werde wie Karl Mays erste Reise ins Land der Cowboys und Indianer – die endete nämlich mit einem Nervenzusammenbruch. — Im Web schreibt Matthias Meyer unter www.kulinarische-gesellschaft.de über chinesische Restaurants in Berlin. Einigeseiner Favoriten: „Da Jia Le“ (Dong-Bei-Küche), Goebenstraße 23, Tel. 214 59 745; „Tu Long“ (Bistro-Küche), Otto-Suhr-Allee 25, Tel. 383 77 797; „Shan Shan“ (Huai-Yang-Küche), Gleimstraße 24, Tel. 448 07 92. BERLINER SPITZENKÖCHE verraten ihre Tricks Kalte Melonensuppe THAILÄNDISCHES RESTAURANT & COCKTAIL LOUNGE Original Thai Food Tel. 030 / 21 01 86 73 www.suksan.de Wir freuen uns über die Nominierung unseres Küchenchefs Carsten Obermayr für die Brandenburger Meisterköche Reservierung unter 033055-950 [email protected] Alte Dorfstraße 33 16766 Kremmen OT Groß-Ziethen www.schlossziethen.de Ansbacher Straße 4 U-Bhf Wittenbergplatz Ansbacher Straße 4 10787 U-Bhf Berlin Wittenbergplatz 10787 Berlin TICKET Das handliche Veranstaltungsmagazin für Berlin und Potsdam im Tagesspiegel. Nutzen Sie die DIE TERMINE FÜR BERLIN UND POTSDAM Gelegenheit und präsentieren Sie sich und Ihre Angebote ein Woche lang in diesem aufmerksamkeitsstarken Umfeld. Rufen Sie uns einfach an. Telefon 030/29021- 15504 Von Carmen Krüger W enn Melonen so richtig schön reif sind, esse ich die schon sehr gerne. Für diese kalte Sommersuppe werden als erstes zwei reife Honigmelonen geschält. Dann schneidet man ein paar Kugeln raus, die später als Einlage in die Suppe kommen. Für jeden fünf Kugeln, die friere ich ein. Der Rest des Fruchtfleisches wird mit 100 Gramm Sahnejoghurt, 100 ml weißem Portwein und fünf Esslöffeln Mandelöl (wenn Sie das nicht kriegen, können Sie ersatzweise Olivenöl nehmen) im Mixbecher püriert und mit Zucker (ein paar Löffel, je nach Geschmack) und ein bisschen Zitronensaft abgeschmeckt. Wenn Sie die Suppe vorbereiten und sie ein paar Stunden im Kühlschrank steht, würde ich sie vor dem Servieren noch mal aufmixen. Dann auf vorgekühlte Teller oder Tassen verteilen, die geeisten Melonenkugeln hineintun und ein paar klein geschnittene Streifen von Basilikum drüberstreuen. Wer mag, kann auch noch mehr in die Suppe geben: Garnelen, Krebse, Aal, Räucherlachs, Zander ... Den Fisch muss man dann vorher zubereiten – den Zander pochiere ich –, aber er kommt auch kalt in die Suppe. Bei mir im Restaurant hänge ich kleine Spieße mit gebratener Entenleber über die Tasse, die knabbert man dann vom Spieß. Foto: Uwe Steinert SUKSAN — Carmen Krüger kocht in ihrem Restaurant in Eichwalde bei Berlin lenburgs. Dieser Meinung schließe ich mich an, allerdings mit der Einschränkung, dass es inzwischen droben hinsichtlich der Produkte und Aromenkombinationen stilistisch noch modernere Restaurants gibt. Doch in Heiligendamm erwartet ganz sicher niemand die Speerspitze der kulinarischen Avantgarde. Dies ist also eine artistisch ausdifferenzierte, handwerklich nicht zu übertreffende Küche, die sich auf die klassischen Produkte konzentriert, aber auch vertraute Exoten eingemeindet. Unser Favorit an diesem Abend war das saftige Steinbuttfilet mit Mango-Curry, Erbsen-Minzcreme, grünen Bohnen und einem Hauch von Zitronengras. Oft finden sich auf den Tellern die modischen Mikroelemente in fröhlichen Farben, aber man merkt meist zustimmend, dass sie geschmacklich nicht die Hauptrolle spielen sollen, die Tellermitte bleibt klar definiert. Siewert, der von Dieter Müller und Helmut Thieltges geprägt ist, gilt vor allem als großer Foie-Gras-Spezialist, was er sogleich unter Beweis stellt mit einer verspielten Anrichtung, in der Erdnusskrokant, grüner Pfeffer und Ingwer eine wichtige und köstliche Rolle spielen. Die herrlichen dänischen Langustinen werden mitsamt gebeizter Makrele sogleich ans Mittelmeer umgesiedelt, wo sie Jakobsmuscheln, Artischocken, Oliven und eine Sauce Bourride vorfinden. fein rosig wie gemalt liegt die Taubenbrust da, begleitet von Aprikose, Pilzen und einer nahöstlich gewürzten Linsencreme. Und dann kommt das Reh inmitten einer Leistungsschau des Küchenhandwerks: der Rücken mit Pecannüssen überkrustet, die Filets eingewickelt in einen mit Trüffel- und Kartoffelscheiben schuppenförmig geschmückten Mantel, dazu Pfifferlinge, weiße Pfirsiche, eine grüne Creme, Rehjus und noch irgendein Schichttörtchen – das war mir bei aller Finesse dann doch zu viel neunziger Jahre, das waren Effekte, die sich gegenseitig erschlugen, auch wenn natürlich alles erstklassig schmeckte. Die Patisserie arrangiert dagegen nicht weniger kompliziert, aber stilistisch hochmodern solche Kontraste wie Erdbeeren, weiße Schokolade und Basilikum oder Ananas, Kokos und Koriander, dass es ein reines Vergnügen ist. (Menüs 109/149 Euro und à la carte.) Natürlich ist das „Friedrich Franz“ in seiner geräumigen Grandezza kein Restaurant für jene, die es gern bistrohaft und lärmig mögen. Aber der Service schafft es dennoch, gleichzeitig präzise und leger zu arbeiten, und die neue Sommelière Aline Nagel erfreut mit treffsicheren Kombinationen aus einem äußerst umfangreichen Bestand. N och ein Hinweis auf ein ganz anderes Restaurant in der Nähe: Tillmann Hahn, Siewerts Vorgänger in Heiligendamm, hat gerade ein Gasthaus in Kühlungsborn eröffnet, also: wirklich ein Gasthaus. Flammkuchen, Fischsuppe mit Tomaten, Lammbratwürste mit Sauerkraut und hausgemachte Nudeln zu überwiegend einstelligen Preisen; draußen an der Promenade ist ein Grillbuffet aufgebaut. Alles ist schön einfach – und einfach schön. Ein kleines Ladenbistro gibt es auch noch. (Ostseeallee 2, Kühlungsborn, Tel. 038293-410214, täglich ab acht Uhr.)