Heinsberger Narren

Transcrição

Heinsberger Narren
Heinsberger
Narren-Zeitung
Blumenprinz
Adolf der Deftige
läßt Blumen sprechen
§11
Für einen reibungslosen Ablauf der gesamten Arbeiten sind die Komitee-Mitglieder, die Präsidenten
und die Ex-Prinzen haftbar. Jeder, der die BlumenAktionen griesgrämig stört, wird von der Kehrmaschine des Fuhrparks hinweggefegt. Außerdem
werden alle Mauerblümchen, alle verwelkten Rosen
und alle Veilchen, die im verborgenen blühn, vom
Komitee und von meiner Leibgarde rücksichtslos
entblättert!
Gegeben zu Heinsberg, am 5. Februar A. D. 1964
Adolf I.
Blumenprinz von Heinsberg
Proklamation Seiner Tollität Adolf I.,
Blumenprinz von Heinsberg
Ich, Prinz Adolf I., Blumenprinz von Heinsberg,
einschließlich Vongelaak und Trompes, tue hiermit
kund und zu wissen:
§1
Jeder Bürger der Stadt Heinsberg hat ab sofort
nach meinem Motto zu leben: „Blumen der Freude
überall, einmal im Jahr nur ist Karneval!"
§2
Um diesem Motto sichtbaren Ausdruck zu verleihen, verfüge ich:
Sämtliche Einwohner Heinsbergs vom elften Monat
bis zum 99. Lebensjahr haben bis Aschermittwoch
Blumenschmuck anzulegen. Meine männlichen
Untertanen sollen die Kinder Floras im Knopfloch
tragen, während dem zarten Geschlecht erlaubt
wird, die Blumen als Haarputz zu verwenden.
§3
Aus diesem Grund werden alle Partei-Embleme,
Vereinsabzeichen, Wappen, Siegel, Verdienstmedaillen, Orden und Ehrenzeichen außer Kraft
gesetzt. An ihre Stelle treten Blumen, die Charakter
und Beruf ihrer Träger symbolisieren sollen.
§4
Ich habe deshalb bestellt: Schwarze Orchideen für
die CDU, roten Mohn für die SPD, schwankendes
Schilf für die FDP, Pusteblumen für die UWG,
Löwenmaul für den DGB, Glockenblumen Für den
Einzelhandel zur Weihnachtswerbung, Vergißmeinnicht für die Förderer des Strandbades am Lago
Laprello, Pfefferminzblüten für die Arzte, Schwertlilien
für die Rechtsanwälte, Sauerampfer für die ,Richter,
Eichenkränze für die Sportler, Stilblüten für lie Presse,
Maßliebchen für die Funkenmariechen, ,Männertreu
für die Damen-Kegelklubs.
§5
Folgende Blumenauszeichnungen werde ich besonders verdienten Persönlichkeiten der Stadt verleihen: Tausendschön für Bürgermeister Eifler, Lorbeer für Stadtdirektor Nouvertne, Stolzen Heinrich
für Stadtkämmerer Schnock, Fleißiges Lieschen für
Stadtbaumeister Schmitz, Ackerschachtelhalm für
Polizei-Oberkommissar Opitz, Immergrün für Stadtamtmann Huken, Gartenzwergastern für KomiteePräsident Karl Lennartz.
§6
Die blumenfreudige Stadt Heinsberg soll in diesem Jahr ihre Neuanpflanzungen vor den öffentlichen Gebäuden, auf Straßen und Plätzen ebenfalls
beziehungsvoll gestalten: Ein Wall von Unkraut vor
dem
Rathaus,
Stiefmütterchen
auf
dem
Bahnhofsvorplatz,
undurchdringliche
Dschungelpflanzen auf dem Markt, Kakteen vor der
Polizei, Schlüsselblumen vor dem Hauptzollamt,
Feuerlilien vor dem Spritzenhaus, Goldregen an der
Sparkasse, Brennesseln vor dem Amtsgericht,
Wacholderbeeren am Fuhrpark, Disteln an der
Stadtkasse, Wasserrosen vor der Prinzenburg und
Sumpfblumen auf dem Kirmesplatz.
§7
Nach meinem Sturm auf das Rathaus am Karnevalssonntag will ich sämtliche Büros der Stadtverwaltung ebenfalls geschmückt sehen. Dem bekannten Einfallsreichtum unserer Beamten sind dabei
keine Grenzen gesetzt. Zum Beispiel: Gänseblümchen im Vorzimmer des Stadtdirektors; Wacholder
im Dienstzimmer desselben, Tulpen im Bauamt,
P R O G R A M M:
Donnerstag, 6. Februar 1964, 20.11 Uhr
Altweiber-Ball
Stadthalle
Seine Tollität ADOLF I. von Heinsberg
Schleierkraut in der Kämmerei, Zittergras im Standesamt, Bambusrohr im Hauptamt, afrikanische Sonnenblumen im Ordnungsamt, Schlinggewächse im
Steueramt und Strohblumen im neuen Sitzungssaal
des Rates. Jedes Büro hat außerdem Anspruch auf
einen bemoosten Ruheplatz.
§8
Um mein Motto auch bei der Bürokratie bis ins
letzte zu verwirklichen, wird das Rathaus ab heute in
„Edel-Treibhaus" umbenannt, denn aus der Verwaltung sind schon ungezählte Blüten hervorgegangen. Im Stellenplan des neuen Etats, der jetzt verabschiedet wird, findet die neue Rangordnung des
Edel-Treibhauses ihren Niederschlag: Beamte bis
einschließlich Oberinspektor werden in die Besoldungsgruppe der Treiber, die Stellen ab Amtmann
aufwärts in die Gruppe der Ober-Treiber eingestuft.
Nur der Verwaltungschef darf sich Edel-Treiber nennen. Die weiblichen Schreibkräfte dagegen sind in
den Tarif der Getriebenen einzuordnen.
§9
Kraft meines hohen Amtes entziehe ich dem heimischen Blumengewerbe die Konzession, um jegliche Konkurrenz auszuschalten. Bis Aschermittwoch
werden in sämtlichen Heinsberger Blumengeschäften
Gaststätten eingerichtet, um wenigstens dem
dringendsten Bedürfnis abzuhelfen. Deshalb dürfen
über Fleurop nur noch Blumen auf dem Bier verkauft
werden. Die Treibhäuser der einheimischen
Gartenbaubetriebe werden für Karnevalsveranstaltungen beschlagnahmt, um zu verhindern, daß
Heinsberger Gesellschaften über die Dörfer gehen
müssen.
§10
Mit der Durchführung sämtlicher oben angeordneten Blumen-Maßnahmen werden die städtischen
Arbeiter beauftragt. Deren Personal wird bis Aschermittwoch um die Elferräte der Heinsberger Karnevalsgesellschaften verstärkt. Die Funkenmariechen
können zum Blumenbinden herangezogen werden.
Ihre Arbeitszeit darf sich jedoch nicht über 24 Uhr
hinaus erstrecken.
Kostümprämiierung
durch Prinzengarde
Samstag, 8. Februar 1964, 20.11 Uhr
Kostüm-Ball
Sonntag, 9. Februar 1964, 11.11 Uhr
Schlüsselübergabe an Prinz Adolf I.
bei der Stadtverwaltung
anschließend Zug durch die Stadt
19.11 Uhr Prinzen-Ball
Montag, 10. Februar 1964, 20.11 Uhr
Rosenmontags-Ball
Dienstag, 11. Februar 1964 16.11 Uhr
Kindersitzung
mit Prinz Adolf I.
Gäste: HKV-Junggarde und Heinsberger Chorkinder
Für die Karnevalstage empfiehlt
sich das
Stadthotel
Heinsberg
Eheleute Heinz Dicks
Büttenredner bei einer HKV-Sitzung
Glockenchronik
Bei der Einweihung der ersten zwei Glocken halten der Bürgermeister und der Stadtdirektor eine
Ansprache.
Anschließend
werden
beide
aufgehängt.
Carl nun mach' Dich auf die Socken,
Dein Nachbar braucht doch neue Glocken
Wagen aus dem Karnevalszug 1963
Exprinz Ernst Schnock
Aus dem Fußball
Beim letzten Spiel Heinsberg gegen Tüddern errang
der Schiedsrichter die dickste Beule. Das Spiel endete 1:1.
Beide Mannschaften spielten so ausgeglichen, daß das
Resultat auch hätte umgekehrt lauten können.
Mehr hierüber war bei Redaktionsschluß nicht zu erfahren.
Mein Ideal!
Franz-Josef Florack
Präsident
des HKV
seit 1960
Der Wetterbericht
An den Karnevalstagen in Heinsberg ständige
Heiterkeit. Abends ziemlich starker Alkoholnebel.
Katereinflüsse von Norden bis Aschermittwoch. Zunehmende Bevölkerung. Weitere Aussichten: Hochdruckgebiet über der Stadthalle.
Wie war es früher schön in uns'rer Stadt,
als man zum Geh'n noch Promenaden hat.
Es war tatsächlich alles gut und schön,
man konnt' auf Ost und West spazierengeh'n,
Urahne, Großmutter, Mutter und Kind
recht oft und gerne dort gewandert sind.
Heut' sagen wir schon: „Ja, es war einmal,
es war doch alles ideal!"
Die schöne Stadt bestand just tausend Jahr,
als hier ein großes Fest in Heinsberg war. Da
nahm man Abschied von der guten Zeit, und
vieles Gute liegt zurück so weit.
Zu Fuß kennt man sich längst hier nicht mehr aus,
denn plötzlich steht im Weg ein Krankenhaus. Du
kannst nicht werter dort wie dazumal,
das ist gewiß nicht ideal!
Als Blanke Berens reisten noch per Pferd,
als noch der alte Groschen war was wert,
wenn du mit fünfzig Pfennig Kirmesgeld
dich fühltest damals wie ein starker Held,
da war die alte Stadt noch richtig schön,
du konntest rund ums Heimatstädtchen geh'n.
Doch das war ja - ich sagt' es schon einmal -, da
war noch alles ideal!
Heut' kann man viele Autoschilder seh'n,
hier darfst du fahren nicht und dort nicht steh'n.
Und willst du halten einmal in der Stadt,
setzt man mit Parkverboten dich noch matt.
Auf Promenaden, die einst Heinsbergs Stolz,
c!a fahren Laster voll mit Kies und Holz, mehr
noch als 30 Tonnen an der Zahl,
das ist längst nicht mehr ideal!
Suchanzeige - Industrie
Gesucht wird für Heinsberg eine Aufnehmerfabrik. Sie
muß im Stande sein, jedes gewünschte Darlehen in
beliebiger Höhe aufnehmen zu können. Zwecks (Weiterausbau) Finanzierung des Industriezentrums sowie
des neuen Rathauses in Heinsberg. Angebote unter
Richard postlagernd.
Das einz'ge, was uns blieb im Städtchen fein,
das ist der Karneval und sein Verein.
Da wird's wie früher immer noch gemacht,
da wird - Punkt eins - nach altem Brauch gelacht, Und
daß das Lachen für uns so gesund,
dafür bürgt Adolf mit dreihundert Pfund. Der Prinz, er
ist beim heut'gen Karneval ganz ideal, ganz ideal!!!
H. Py.
Theo Kaussen, Vorsitzender des HKV
In jenen Tagen
Als Kaiser Karl, der 2,70 Meter Große, im Jahre 815
nach Christus den halben Mond planieren ließ und
die Erbauung eines germanischen Richt- und
Ronkelefuhrplatzes anordnete, lebten am Karittenberg (dem heutigen Lago Laprello) die ersten Menschen. Sie betrieben Rindviehzucht, bauten Vanille
an und ernährten sich von Kottelets und Pudding.
Den sonstigen Lebensbedarf kauften sie damals im
Dremmener Konsum. Die Glanzstoff mästete noch
Schweine und verkaufte noch Büstenhalter. Franz
Florack war damals noch mit dem Neubau des
Springbrunnens beschäftigt, der heute noch seiner
Vollendung entgegensieht. Tag und Nacht wurde
Heinsberg von Spitzbuben und Vagabunden heimgesucht, und im Klevchen war man gezwungen,
Hühner und Enten in der Küche übernachten zu lassen. Auch begann das große Christbaumstehlen auf
Klosterhof. Johann der I. von Heinsberg war der
erste, der energisch durchgriff, und ihm verdanken
wir, daß heute noch Ruinen auf unserer Burg stehen
und daß hier nicht wie in Wassenberg aus der alten
Burg Kapital geschlagen wird.
Im 18. Jahrhundert begann dann das Handwerk in
Heinsberg seinen großen Anfang. Mit Fleiß und
Ausdauer baute man an der Roermonder Straße die
ersten Siedlungshäuser unter dem Motto: „Ihr glaubt
nicht, wie schnell es hält!" Darum steht gerade die
genannte Straße, wie auch die „Gerd Laugs-Straße",
in Punkto Beleuchtung der Innenstadt in keiner
Weise nach.
So blieb der halbe Mond völlig im Dunkel, bis ein
neuer König geboren wurde, der heute noch als Prinz
unter Adolf der Däftige in Heinsberg regiert. Mit ihm
ging endlich das erste Licht am Mond auf, das
ununterbrochen Tag und Nacht alles ringsherum
erleuchtet und immer brennt.
Seine Däftigkeit vermählte sich mit Ihrer Lieblichkeit
Käthe, deren von Bartz von Aphoven. Beide allein
wiegen viele ihrer Vorgänger nebst Gefolge bei
weitem auf.
Und sie bürgen dafür, daß der Name „Heinsberger Karnevals-Verein" für alle Zeiten bestehen bleiben wird.
Heinsberg, Anno 1964.
Alaf! Heipe
Die Heinsberger Prinzengarde (Stippeföttche-Tanz)
Prinz Jupp IL (Esser) 1939