Segmentale Untersuchung - Veterinärmedizinische Fakultät
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Segmentale Untersuchung - Veterinärmedizinische Fakultät
V eterinärmedizinische Fakultät Propädeutik Neugeborenenuntersuchung TÄ Manuela Heine Ambulatorische und Geburtshilfliche Tierklinik der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig Veränderungen nach der Geburt Neonatale Adaptation = Umstellung bzw. Anpassung der Organfunktionen an extrauterines Leben Herz-Kreislaufsystem Atmung Verdauungssystem Thermoregulation Nierenfunktion Verhalten Herz-Kreislauffunktion Fetaler Kreislauf: Über Plazenta gelangt oxygeniertes Nabelvenenblut in Fetus → V.portae → Leber → V. cava caudalis Vermischung mit venösem Blut → in rechten Vorhof → durch Foramen ovale in linken Vorhof → linke Kammer → Aorta bzw. in A. pulmonalis und dann über Ductus arteriosus in Aorta Sauerstoffverbrauch in Endstromgebieten → über Nabelarterien zurück Aus Schnorr, Kressin: „Embryologie der Haussäugetiere“ Herz-Kreislauffunktion Umstellung bei der Geburt: plazentare Durchblutung fällt weg Anreicherung von CO2 im Blut Atmung setzt mit Entfaltung des Brustkorbes und der Lunge ein Senkung des pulmonalen Widerstandes, Öffnung des Lungenkreislaufs, mehr Blut durch linken Vorhof, weniger durch den rechten, da Nabelvene verschließt durch Druckminderung im rechten Vorhof: Verschluss des Foramen ovale Verschluss des Ductus arteriosus durch Druckminderung in A. pulmonalis (kann bis 72 Std. p.n. dauern) Herz mit kleinem Schlagvolumen muss Blut in ein Gefäßsystem mit großem Widerstand pumpen → hohe Herzfrequenz beim Neonaten, hoher Energieverbrauch, schnelle Ermüdung, labile Kreislaufsituation Atmung Durch verminderte plazentare Durchblutung steigt CO2-Gehalt im Blut = Stimulus für das Einsetzen der Atmung Entfaltung der Alveolen mit erstem Atemzug, hier Surfactant zur Senkung der Oberflächenspannung, ohne Surfactant kollabieren die Alveolen(= Lungenatelektase) Surfactant-Bildung bei Fohlen ab 300.Trächtigkeitstag bei Kälbern ab 265.Trächtigkeitstag Klinisch: Kurze Phase der Apnoe post natum Dann kurze Phase der Schnappatmung Übergang zur regelmäßigen Atmung (höhere Atemfrequenz als beim Adulten) Verdauungssystem Aufnahme, Abbau und Resorption der Milch Resorption von maternalenAntikörpern aus Kolostrum (“Biestmilch“) nötig, da bei Haussäugetieren keine AK über Plazenta in Fetus gelangen → passive Immunabwehr lokale Wirkung von IgA und Wachstumsfaktoren aus dem Kolostrum → Ausreifung des Darmepithels Fähigkeit zur Resorption zeitlich begrenzt! (im Allgemeinen 12 bis max. 24 Stunden p. n.) Thermoregulation / Nierenfunktion • Fähigkeit der Wärmebildung stark an Nahrungszufuhr und die endogenen Energiereserven gekoppelt → Gefahr der Hypothermie beim Neonaten • Nierenfunktion erst postnatal (Wasser-und Salzretention) • Störungen führen schnell zur Überbelastung → schnelle Austrocknung von Neonaten (Exsikkose) Verhalten des Neugeborenen • • • • • Nach der Geburt einige Sekunden regungslos Heben des Kopfes, Schütteln/Niesen Einnehmen der Brustbauchlage mit angewinkelten Extremitäten Erste Aufstehversuche nach wenigen Minuten sicheres Stehen → Aufsuchen des Euters mit saugenden Maulbewegungen in Minuten: erste Aufstehversuche erstes Stehen erster Saugakt Kalb 20 30-60 90-120 Lamm 10 15-30 30-60 Fohlen 10-20 20-40 30-60 Ferkel unmittelbar p.n. unmittelbar p.n. 20-100 Häufigkeit des Saugens am Muttertier pro Tag in der ersten Lebenswoche Fohlen: 60-70 x Kalb: 6-8 x Lamm: 12-50 x Ferkel: 18-28 x Aus Walser, Bostedt: „Neugeborenen- und Säuglingskunde der Tiere“ Beurteilung des neonatalen Verhaltens beim Fohlen nach dem Gießener Vorsorgeschema I (1.- 60. min. p.n.) Bostedt et al., 1997 1. Lage und Situation unmittelbar nach der Geburt (1-2 Minuten) Kopf-Brust-Lage und regelmäßige Atmung, (Mundspalt geschlossen) Seiten-Lage und regelmäßige Atmung Seiten-Lage und gestörte Atmung (Mundatmung, unregelmäßige Frequenz) 2. Lage und Situation bis zu 30 Minuten nach der Geburt Erste Aufstehversuche Verharren in Brust- oder Seiten-Lage Verharren in Brust- oder Seiten-Lage und Krampfanfälle 3. Lage und Situation bis zu 60 Minuten nach der Geburt Sicheres Stehen und erster Euterkontakt Unsicheres Stehen, häufiges Liegen, Kopf jedoch angehoben Weiteres Verharren in Liegeposition (Seitenlage, aufgestützter Kopf) Gesamt Pûnkte: 9-8 vital; 7-6 gefährdet; <6 hochgradig gefährdet 3 2 1 3 2 1 3 2 1 Gießener Vorsorgeschema II ( 2.-24. Lebensstunde) für Fohlen Bostedt et al.,1997 1. 2. 3. 4. Stehvermögen Vollständiges Stehvermögen und koordinierte Bewegung Stehvermögen unsicher, taumelnde, unkoordinierte Bewegung Häufiges Liegen, schwerfälliges Aufstehen, unkoordinierte Bewegung Körpertemperatur 38,2 - 39,0°C > 39,2°C < 38,0°C Mekoniumabgang normal bis 8 Stunden nach der Geburt, dann Milchkot Geringe Mengen, häufiges Pressen, zunehmende Unruhe Kein Kotabsatz beobachtet, häufiges Pressen, Unruhe, Liegen und Wälzen Harnabsatz Normal im Strahl mehrfach nach der Geburt in genügender Menge Häufiger Harndrang mit Absatz kleiner Portionen oder in Tropfen Kein Harnabsatz, trotz häufiger Harnabsatzposition 3 2 1 3 2 1 3 2 1 3 2 1 Gießener Vorsorgeschema II ( 2.-24. Lebensstunde) für Fohlen Bostedt et al.,1997 5. 6. Atmung Regelmäßig und gleichmäßig Unregelmäßig Stoßweise-flach, geblähte Nüstern Kontakt mit Stute Regelmäßiger Kontakt mit Aufsuchen des Euters und Sauggeräusche Abstand zur Mutter erheblich, kaum oder abnehmender Euterkontakt Umherirren ohne Mutterkontakt, kein Aufsuchen des Euters Gesamt 18 Punkte : normale Entwicklung 17 bis 15 Punkte : gefährdet, Tierarztkontrolle notwendig < 15 Punkte : hochgefährdet, sofortige Konsultation eines Tierarztes notwendig 3 2 1 3 2 1 Vitalitätsbeurteilung und Risikokategorisierung mittels modifiziertem APGAR-Schema Bewertungskriterien in Punkten 0 1 2 Atemtätigkeit fehlt unregelmäßig, flach kräftig, regelmäßig Schleimhäute blass bläulich, rötlich rosarot Reflexerregbarkeit fehlt herabgesetzt voll vorhanden Muskelspannung und Bewegung fehlen herabgesetzt, verzögert spontan 0-3 Punkte: lebensschwach 4-6 Punkte: gefährdet 6-8 Punkte: vital Segmentale Untersuchung Zur Erfassung von krankhaften Symptomen, kongenitalen Missbildungen und geburtsbedingten Verletzungen unerlässlich! 1. 2. 3. Anamnese: Geburtsverlauf, Stehversuche/-vermögen, Kolostrumaufnahme, Harnabsatz und Kotabsatz Erhebungen am Muttertier: Allg. US, EZ, Verletzungen, Ausfluss aus der Scham, Euter, Milch, gründliche Untersuchung der Plazenta Allgemeine Kriterien am Neugeborenen: Verhalten, EZ,PZ, Bewegungsabläufe, Entwicklungsstand und Reifegrad, Puls/Atmung/Temperatur Innere Körpertemperatur • • • • • • • • • • Pferd: 37,5-38,0°C Fohlen: 37,5-38,5°C Rind: 38,3-38,8°C Kalb: 38,5-39,2°C Ziege: 38,3-39,0°C Zicklein: 38,5-39,5°C Schaf: 38,5-39,5°C Schaflamm: 38,5-40,0°C Schwein: 38,3-38,8°C Ferkel: 39,5°C (Voraussetzung: Ruhezustand und mittlere Außentemperatur) Hypothermie Hyperthermie Fieber - infektiöses Fieber - aseptisches Fieber - nervales Fieber Segmentale Untersuchung 4. Segmentale Untersuchung „von Kopf bis Fuß“ - Kopf: Form, Augen, nasolabialer Bereich, Gaumen, SH, Kieferstellung, Zahnanlagen, Lid- u. Saugreflex usw. - Hals: Beweglichkeit, Schilddrüsenanlage, Venenstauprobe, Husten? - Thorax: Atmung (Frequenz-Intensität-Rhythmus-Typus) Auskultation Herz Intensität-Rhythmus-Abgesetztheit-Nebengeräusche) Rippenpalpation (Frequenz- Segmentale Untersuchung - Abdomen: Palpation (Füllungsgrad, Bauchdeckenspannung) Auskultation (Darmgeräusche) Nabel - Anogenitalbereich: Afteranlage, Kotbeurteilung Geschlechtsorgane Harnabsatz - Gliedmaßen: Gelenke (Beweglichkeit, Wärme, Schmerzhaftigkeit, Gelenkinhalt) allg. Muskeltonus Beurteilung der Reife (Fohlen) Gestationsalter 320 bis 387 Tage klinisches Erscheinungsbild Gewichtsentwicklung: hypotroph / eutroph / hypertroph Hypotrophie durch: - ungenügende Plazentation - Infektionen,Stoffwechselstörungen, Mangelernährung - Mehrlingsgraviditäten - schwere Erkrankungen der Stute im letzten Drittel der Trächtigkeit Reife: Prämaturität (Unreife): Geburt vor dem 320. Trächtigkeitstag zwischen 300. und 320. TT etwa 70-75% Überlebensrate Dysmaturität (Reifungsstörung): normales Gestationsalter keine Unterschiede im klinischen Erscheinungsbild und der Ätiologie (Plazenta- bzw. endokrine Dysfunktion) Beurteilung der Reife: Prä- und Dysmaturität Symptome: noch nicht durchgebrochene Prämolaren Instabilität des Säure-Basen-Haushaltes durch unreife Lunge fetale Kopfform kurzes seidiges Fell weiche, biegsame Nase und Ohren Untergewicht Hyperextension Varus- / Valgusstellung der Gliedmaßen Koordinationsstörungen, Fehlen von Reflexen starke Dehydratation erniedrigte Körpertemperatur Literatur • Walser, Bostedt : „Neugeborenen- und Säuglingskunde der Tiere“ • D.C. Knottenbelt : „Neonatologie der Pferde“ • W. Baumgartner : „Klinische Propädeutik“ • G. Rademacher : „Kälberkrankheiten“ • Köhler, Leendertse : „Fohlenkrankheiten“