Evaluation der Integrierten Sonderschulung in der
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Evaluation der Integrierten Sonderschulung in der
Forschung und Entwicklung – Institut für Schule und Heterogenität Evaluation der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) im Kanton Zürich Evaluationsbericht 2015 Prof. Dr. Alois Buholzer lic. phil. Jeanine Grütter Dr. Cécile Tschopp Forschungsbericht Nr. 46 PH Luzern – Pädagogische Hochschule Luzern www.fe.phlu.ch Luzern · Pädagogische Hochschule Luzern Forschung und Entwicklung Institut für Schule und Heterogenität Töpferstrasse 10 · 6004 Luzern T +41 (0)41 228 71 45 · F +41 (0)41 228 71 60 [email protected] · www.phlu.ch 2 PH Luzern Evaluation der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) im Kanton Zürich Evaluationsbericht 2015 Prof. Dr. Alois Buholzer lic. phil. Jeanine Grütter Dr. Cécile Tschopp Juni 2015 Bitte wie folgt zitieren: Buholzer, A., Grütter, J. & Tschopp, C. (2015). Evaluation der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) im Kanton Zürich. Evaluationsbericht 2015. Forschungsbericht Nr. 46 der PH Luzern – Pädagogische Hochschule Luzern. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 3 Zusammenfassung Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat beim Institut für Schule und Heterogenität (ISH) der Pädagogischen Hochschule Luzern eine wissenschaftliche Evaluation zur Umsetzung der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) im Kanton Zürich in Auftrag gegeben. Der nun vorliegende Evaluationsbericht befasst sich mit der Umsetzung der Förderung im Rahmen der ISR-Settings, dem entsprechenden Abklärungs- und Zuweisungsverfahren sowie der Integration der Schülerinnen und Schüler mit ISR-Status in den Klassenverband. Als Evaluationsmethoden kamen eine Dokumentenanalyse, schriftliche Befragungen der Lehrpersonen, Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, Schulleitenden und Eltern sowie Fallanalysen von acht ISR-Settings zur Anwendung. Im Rahmen der Fallanalysen wurden auch die betreffenden Kinder mit ISR-Status interviewt. Nach Abschluss der Umfrage und der Bereinigung der Daten konnten die Antworten von 216 Lehrpersonen, 210 Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, 66 Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, 118 Schulleitenden und 208 Eltern für die Auswertung berücksichtigt werden. Dies entspricht einem durchschnittlichen Gesamtrücklauf von 75%. Insgesamt liegen Informationen zu 311 Kindern mit ISR-Status vor. Bei der Auswertung der erhobenen Daten gelangten inferenzstatistische Analysen, u.a. auch Mehrebenenanalysen, zum Einsatz. Mit der ISR wird das schulische Angebot in den Volksschulen des Kantons Zürich erweitert. Die Angebote der Integrativen Förderung (IF) und der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Sonderschulen (ISS) bleiben weiterhin bestehen. Schülerinnen und Schüler mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen können jedoch neu auch im Rahmen von ISR unterstützt werden. ISR ist Teil der (Regel-)Schule und setzt somit bei allen involvierten Personen eine Bereitschaft voraus, Kinder mit besonderen Bildungsbedürfnissen zu fördern. Damit ist die Schule als Ganzes (einzelne Lehrperson, Lehrerinnen- und Lehrerteam, Schulleitung und Schulpflege) in ihrer „Integrationsfähigkeit“ gefordert. Die Evaluation fokussierte im Auftrag des Volksschulamts auf die drei Schwerpunkte Umsetzung der Förderung im Rahmen des ISR-Settings, Abklärungs- und Zuweisungsverfahren sowie Integration in den Klassenverband. Die zentralen Ergebnisse und Empfehlungen werden in den nächsten drei Abschnitten aufgelistet. Zur Umsetzung der Förderung im Rahmen des ISR-Settings Der erste Schwerpunkt der Evaluation befasst sich mit der Frage, wie ISR in den Schulen des Kantons Zürich konkret umgesetzt wird. Dabei wird geprüft, ob das ISR-Setting den Förderbedürfnissen der Sonderschülerinnen und Sonderschüler entspricht und ob die grundsätzlichen Voraussetzungen zur Durchführung von ISR an den Schulen vorhanden sind. Die Ergebnisse zu dieser Fragestellung lassen sich in folgenden Aussagen zusammenfassen: • • • 4 Die befragten Fachpersonen und Eltern erachten die Wahl des ISR-Settings im Vergleich zu anderen Formen der Förderung für das ausgewählte Kind als passend. Die konkrete Ausgestaltung des ISR-Settings wird zudem als angemessen beurteilt. Die dem ISR-Setting zugrunde liegenden Indikationen sind vielfältig und stellen daher hohe Anforderungen an dessen Umsetzung. Entsprechend vielfältig sind auch die Förderschwerpunkte. Die Kooperation zwischen den Lehrpersonen und den Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sowie mit dem Schulpsychologischen Dienst (SPD) und den Eltern wird von vielen Befragten als qualitativ gut und als der Umsetzung eines ISR-Settings PH Luzern • • • • dienlich eingestuft. Dies gilt in besonders hohem Masse für die Qualität der Schulischen Standortgespräche. Allerdings zeigen die Fallanalysen auch auf, dass es Schulen gibt, in denen die Kooperation nicht gut eingespielt ist. Zudem wünschen sich gewisse Eltern mehr Unterstützung. Mit Blick auf die Schule als Ganzes sind bei der Umsetzung auch die Schulleitungen von grosser Bedeutung. Sie sind in verschiedene Funktionen eingebunden, so etwa im Rahmen des Abklärungs- und Zuweisungsprozesses, als Scharnierstelle zwischen Schule und Behörden oder als Ansprechperson bei Fragen rund um die ISR. Die involvierten Lehrpersonen sind in Bezug auf die ISR im Schnitt kritischer eingestellt als Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. Bei negativer Einstellung nehmen die befragten Personen die konkrete Ausgestaltung eines ISR-Settings als weniger angemessen wahr. Was die Fachlichkeit der Lehrpersonen und teilweise auch der Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen anbelangt, sind Schulleitende sowie Schulpsychologinnen und Schulpsychologen der Meinung, dass diese nicht überall gegeben sei. Hinzu kommt, dass nur eine kleine Minderheit der Lehrpersonen spezifische Weiterbildungen besucht und nur zwei Drittel der an den Schulen tätigen heilpädagogischen Fachpersonen über eine adäquate Ausbildung verfügen oder sich in einer entsprechenden Ausbildung befinden – dies, obwohl die Analyseergebnisse zeigen, dass eine hohe Fachlichkeit der Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen mit den Verbindlichkeiten in der Planung und Ausgestaltung eines ISR-Settings einhergeht. Hohe Fachlichkeit bringt zudem positivere Einstellungen gegenüber der schulischen Integration mit sich. Die Aufsicht über die ISR obliegt gegenwärtig mehrheitlich der Schulpflege. Bei 20% respektive 16% der Schulen übernimmt die Schulleitung respektive die Fachleitung/Fachstelle Sonderpädagogik diese Aufgabe. Die Empfehlungen bezüglich der Umsetzung der Förderung richten sich in erster Linie auf die Reflexion der Einstellungen zur schulischen Integration, die Verbindlichkeit der Kooperation in den Schulen auf allen Ebenen, die Verantwortlichkeiten der Schulleitungen bei der Einrichtung und Durchführung von ISR-Settings, die Sicherstellung der Fachlichkeit bei den involvierten Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen und Lehrpersonen sowie die Gewährleistung einer professionellen Aufsicht zur Umsetzung der ISR-Settings. Zum Abklärungs- und Zuweisungsverfahren Der zweite Schwerpunkt der Evaluation befasst sich mit dem Abklärungs- und Zuweisungsverfahren. Von besonderem Interesse ist hier die Frage, ob das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren an der Schule geregelt ist und wie die Eltern über das Ergebnis der Abklärung informiert werden. Dabei zeigt sich Folgendes: • • Das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren ist nicht in allen Gemeinden geklärt und schriftlich festgehalten. In einigen Schulen erfolgt dieser Prozess daher lediglich auf der Basis mündlicher Absprachen oder er wird mehr oder weniger individuell von den beteiligten Personen bestimmt. Dabei zeigen die Evaluationsergebnisse, dass in Schulen, die das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren klar geregelt haben, alle Beteiligten von einer angemesseneren Förderung berichten. Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen gaben an, sie würden die betreffenden Eltern stets über den „Sonderschulstatus“ des Kindes informieren. Diese Informationen scheinen aber nicht bei allen Eltern anzukommen: Knapp ein Viertel der befragten Eltern äusserte sich dahingehend, dass ihnen nicht klar sei, dass ihr Kind offiziell als Sonderschülerin oder Sonderschüler gelte. Des Weiteren gaben rund 40% der Eltern an, nicht über das Beschwerderecht informiert worden zu sein. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 5 Angesichts dieser Erkenntnisse richten sich die Empfehlungen zum Abklärungs- und Zuweisungsverfahren hauptsächlich auf eine Klärung der Verfahrensabläufe, eine transparente und verständliche Informierung der Eltern in Bezug auf den Sonderschulstatus ihres Kindes und das Beschwerderecht. Zur Integration in den Klassenverband Der dritte Schwerpunkt der Evaluation befasst sich mit der Integration der Kinder mit ISRStatus in den Klassenverband. Dazu interessieren die Fragen, wie die Kinder am Unterricht partizipieren, wie stark sie in soziale Netzwerke eingebunden sind und wie das Wohlbefinden und das Klassenklima eingeschätzt werden. Vorausgeschickt werden muss, dass die Erhebung der sozialen Integration auf Aussagen von Lehrpersonen und Eltern beruht (und nicht auf einem unabhängigen Mass, etwa ausgehend von Peernominationen). Die Ergebnisse in Bezug auf den Schwerpunkt der Integration lassen sich in folgenden Aussagen zusammenfassen: • • • Kinder mit ISR-Status werden überwiegend integrativ im Unterricht gefördert. Allerdings ist gemäss Eltern, Lehrpersonen sowie Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen nur die Hälfte von ihnen gut in das soziale Netzwerk der jeweiligen Klasse eingebunden – dies, obwohl die soziale Einbettung eine wichtige Grundlage für die soziale Entwicklung darstellt. Das Wohlbefinden der Kinder mit ISR-Status wird von den befragten Personen als eher hoch eingeschätzt, wobei hohe Werte bei sozialen Interaktionen mit einer signifikant höheren Einschätzung des Wohlbefindens der Kinder einhergehen. Da die sozialen Interaktionen wiederum mit dem Vorhandensein von Freundschaften und einer Cliquenzugehörigkeit zusammenhängen, können diese Merkmale ebenfalls als sehr bedeutsam für das Wohlbefinden angesehen werden. Das Klassenklima wird in der vorliegenden Studie von den befragten Personen als eher positiv erlebt, wobei die Eltern allerdings eine etwas weniger positive Perspektive einnehmen als die Lehrpersonen und die Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen. In einem Klima, das Unterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern begrüsst, werden Kinder mit ISR-Status stärker akzeptiert und das Wohlbefinden dieser Kinder wird als besser beurteilt. Zudem wird beim Vorliegen eines solchen positiven Klassenklimas auch die Förderung signifikant angemessener eingeschätzt. Die Empfehlungen zur Integration in den Klassenverband beziehen sich auf die Weiterentwicklung eines Unterrichts, der sich an alle Schülerinnen und Schüler richtet und allen eine aktive Teilnahme ermöglicht, sowie auf die gezielte Unterstützung der Kinder mit ISR-Status bei der Gestaltung von sozialen Beziehungen. 6 PH Luzern Vorwort Die Bildungsdirektion des Kantons Zürich gab dem Institut für Schule und Heterogenität (ISH) der Pädagogischen Hochschule Luzern eine wissenschaftliche Evaluation zur Umsetzung der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) im Kanton Zürich in Auftrag. Die Evaluation dient als Bestandsaufnahme der Umsetzung der ISR. Die Ergebnisse der Evaluation sollen dem Ausbau und der Weiterentwicklung von unterstützenden Unterlagen, Weiterbildungsangeboten und der kantonalen Steuerungs- und Aufsichtstätigkeit dienen. Die Ergebnisse der Evaluation sind im vorliegenden Bericht enthalten. Sie stützen sich auf eine Dokumentenanalyse, auf schriftliche Befragungen involvierter Fachpersonen und Eltern sowie auf Fallanalysen von acht ISR-Settings. Die Ergebnisse münden in Empfehlungen und ein ergänztes und erweitertes Instrumentarium zur Aufsicht der ISR. Inhaltlich befasst sich die Evaluation mit der Umsetzung der Förderung im Rahmen des ISRSettings, dem Abklärungs- und Zuweisungsverfahren sowie der Integration von Schülerinnen und Schülern mit ISR-Status in den Klassenverband. Damit sind zentrale Fragen zur schulischen Integration insgesamt genannt. Eine vertiefende Erörterung aller Aspekte der vielschichtigen Thematik hätte den Rahmen des vorliegenden Berichts gesprengt. An verschiedenen Stellen der Evaluation mussten daher Kompromisse eingegangen werden. So konnte die Umsetzung der Förderung im Rahmen eines ISR-Settings nur über Selbstauskünfte von Lehrpersonen sowie Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen ermittelt werden und nicht über unabhängige Leistungsmessungen. Trotz dieser eingeschränkten Möglichkeiten konnten mittels der Analysen interessante Erkenntnisse gewonnen werden, welche über den Stand der Umsetzung von ISR im Kanton Zürich Auskunft geben. Konkret konnten im Rahmen der Evaluation zu 311 Kindern mit ISRStatus Informationen, Beurteilungen und Einschätzungen aus verschiedenen Perspektiven zusammengetragen werden. Die befragten Lehrpersonen, Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen und Schulleitungen nahmen nicht nur allgemein Stellung zur Umsetzung der ISR, sondern bezogen einen Teil ihrer Aussagen auch spezifisch auf ein, zwei oder drei Kinder, die in einem Zufallsverfahren ausgewählt worden waren. Dieses Vorgehen erwies sich in der Durchführung als aufwendig, und zwar in Bezug auf verschiedene Aspekte: das Einholen des Einverständnisses der Eltern für die Befragung, den Datenschutz sowie die Datenerhebung und -auswertung. Diese komplexe Datenstruktur erforderte spezielle Analysen, sogenannte Mehrebenenmodelle. Dank des gewählten Vorgehens konnte jedoch die Güte der Evaluationsergebnisse erhöht werden. Die vorliegende Evaluationsstudie hätte ohne die Unterstützung und Mitarbeit zahlreicher Personen nicht realisiert werden können. Deshalb möchten wir an dieser Stelle allen, welche die Studie ermöglicht oder daran mitgewirkt haben, herzlich danken. Wir danken den Verantwortlichen des Volksschulamtes des Kantons Zürich für das Vertrauen und die Finanzierung der Studie. Ein besonderer Dank gilt dabei Urs Meier und Philippe Dietiker, die uns bei der Vorbereitung und Durchführung der Evaluation zielführend unterstützt haben. Lic. phil. Peter Nussbaum danken wir für die detaillierten und konstruktiven Rückmeldungen sowie für die vertiefenden Analysen zu ausgewählten Fragestellungen. Einen grossen Dank schulden wir auch MSc. ETH Michel Philipp, der uns bei der Erstellung des Forschungsdesigns sowie bei der Datenerhebung und -auswertung wertvolle Unterstützung geboten hat. Die Instrumente und die Zwischenergebnisse der Evaluation wurden von der breit abgestützten Begleitgruppe „Evaluation und Aufsicht ISR“ in insgesamt fünf Sitzungen besprochen und dis- Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 7 kutiert. Für die Anregungen und die interessanten Diskussionen möchten wir herzlich danken. Ein weiteres besonderes Dankeschön richtet sich sodann an die Schulleitungen der beteiligten Volksschulen sowie an alle Lehrpersonen, Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen und Schulpsychologinnen und Schulpsychologen, die sich die Zeit für Befragungen und Interviews genommen haben. Danken möchten wir auch den Eltern, die uns die Einwilligung dazu gegeben haben, den involvierten Lehr- und Fachpersonen Fragen zu ihrem Kind zu stellen. M.Sc. Martina Brülisauer danken wir herzlich für ihre Vorarbeiten zur Evaluation und die organisatorische Unterstützung. Für die zuverlässige elektronische Erfassung des Onlinefragebogens sowie für die Sicherstellung des technischen Supports während der Online-Erhebungen danken wir lic. phil. Sandra Zulliger herzlich. Danken möchten wir auch dem Lektor lic. phil. Philipp Frei und der Lektorin lic. phil. Jonna Truniger. Astrid Portmann schliesslich danken wir herzlich für die administrative Unterstützung sowie für die sorgfältige Erstellung des Layouts. 8 PH Luzern Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung ................................................................................................................ 4 Vorwort .................................................................................................................................... 7 1 Einleitung .................................................................................................................. 11 1.1 Ausgangslage ............................................................................................................. 11 1.2 Evaluationsauftrag und Fragestellung ........................................................................ 13 1.3 Theoretischer Hintergrund und Evaluationsdesign ..................................................... 14 2 Methodik .................................................................................................................... 18 2.1 Modul A: Dokumentenanalyse .................................................................................... 18 2.1.1 Vorgehen .................................................................................................................... 18 2.1.2 Stichprobenziehung .................................................................................................... 18 2.2 Modul B: Schriftlich Befragung ................................................................................... 18 2.2.1 Vorgehen .................................................................................................................... 18 2.2.2 Fragebogen ................................................................................................................ 19 2.2.3 Stichprobenziehung .................................................................................................... 19 2.2.4 Stichprobenbeschreibung ........................................................................................... 20 2.2.5 Datenauswertung und Besonderheit der Datenstruktur .............................................. 22 2.2.6 Angaben zur Effektstärke ........................................................................................... 23 2.3 Modul C: Gruppeninterviews ...................................................................................... 23 2.3.1 Vorgehen .................................................................................................................... 23 2.3.2 Interviewleitfaden ........................................................................................................ 23 2.3.3 Stichprobenziehung .................................................................................................... 23 2.3.4 Stichprobenbeschreibung ........................................................................................... 24 2.4 Modul D: Weiterentwicklung des Aufsichtsinstruments .............................................. 24 Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 9 3 Ergebnisse der Fragebogenerhebung .................................................................... 25 3.1 Umsetzung der Förderung im ISR-Setting ................................................................. 25 3.1.1 Den Förderbedürfnissen der Kinder mit ISR entsprechendes Setting ........................ 25 3.1.2 Gewährleistung der Fachlichkeit der Förderung durch Lehr- und Fachpersonen ...... 47 3.1.3 Rahmenbedingungen von ISR .................................................................................... 53 3.1.4 Zusammenhang verschiedener Faktoren der Umsetzung der Förderung im ISRSetting mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung ............................ 59 3.2 Abklärungs- und Zuweisungsverfahren ...................................................................... 60 3.2.1 Übereinstimmung zwischen Zuweisungsverfahren und gesetzlichen Grundlagen ..... 65 3.2.2 Information der Erziehungsberechtigten über Rechte, Pflichten und Anlaufstellen bei Schwierigkeiten ..................................................................................................... 66 3.3 Integration in den Klassenverband ............................................................................. 68 3.3.1 Soziale Integration von Kindern mit ISR ..................................................................... 68 3.3.2 Sonder- und Regelklassenschülerinnen und -schüler profitieren voneinander .......... 73 3.3.3 Adäquate Übergänge in die nächsten Schulstufen und in die Berufsausbildung ....... 76 4 Ergebnisse aus den Fallanalysen ........................................................................... 79 5 Ergebnisse der Dokumentenanalyse ...................................................................... 84 6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen ............................................................... 87 6.1 Umsetzung der Förderung im ISR-Setting ................................................................. 87 6.2 Abklärungs- und Zuweisungsverfahren ...................................................................... 91 6.3 Integration in den Klassenverband ............................................................................. 92 6.4 Empfehlungen ............................................................................................................ 94 7 Dokumentierter Kriterienkatalog ............................................................................. 99 8 Literatur ................................................................................................................... 101 9 Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... 104 Anhang ................................................................................................................................ 105 10 PH Luzern 1 Einleitung Der vorliegende Evaluationsbericht enthält neben der Einleitung (Kapitel 1) und den methodischen Hinweisen (Kapitel 2) in Kapitel 3 die Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung, in Kapitel 4 die Befunde aus den Fallanalysen und in Kapitel 5 die Resultate der Dokumentenanalyse. Wer einen Überblick über die zentralen Ergebnisse und die Schlussfolgerungen der gesamten Evaluation gewinnen möchte, findet diese in Kapitel 6. In Kapitel 7 sind die Hinweise und Ergänzungen zu den Qualitätskriterien zu ISR aufgeführt. Abschliessend folgen Literaturangaben und das Abkürzungsverzeichnis. Der Anhang mit den eingesetzten Fragebögen liegt in einem separaten Dokument vor. 1.1 Ausgangslage Im Kanton Zürich steht es den Schulgemeinden seit dem Schuljahr 2011/2012 offen, Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) durchzuführen. Die verbindlichen Rahmenbedingungen dazu sind im Konzept „Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR)“ vorgegeben (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt, 2011a). Die einzelnen Gemeinden verfügen dabei jedoch über die Möglichkeit, individuell angepasste Settings zu entwerfen. Dieser Gestaltungsspielraum der Gemeinden liefert einerseits Chancen, ihr Angebot unter Einhaltung der gesetzlichen Angaben und im Rahmen der verfügbaren Mittel frei zu gestalten. Andererseits birgt er bei fehlendem professionellem Wissen auch Gefahren in sich, beispielsweise die Kinder nicht angemessen zu fördern. Das Volksschulamt (VSA) hat deshalb sogenannte „Empfehlungen zum Einrichten einer Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule“ formuliert (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt, 2011b). Basierend auf Konzeptvorgaben und Empfehlungen, legt jede Schule oder Schulgemeinde in einem eigenen sonderpädagogischen Konzept die Grundsätze und das Vorgehen der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule fest. Zielgruppe der ISR sind Schülerinnen und Schüler mit einer geistigen Behinderung, Sinnes-, Körper- oder Mehrfachbehinderungen, Lern-, Verhaltens-, Sprach- oder Autismusspektrumsstörungen. Die Aufnahme der betreffenden Kinder in die ISR erfolgt gestützt auf das standardisierte Abklärungsverfahren (SAV; EDK, 2014). In Schulischen Standortgesprächen (SSG) werden die Förderziele und Massnahmen jährlich überprüft. Das interkantonale Sonderpädagogik-Konkordat (Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich Sonderpädagogik; EDK, 2007) sowie das Bundesgesetz zur Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz; Bundeserfassung, Art. 8 Abs. 4) bilden den Hintergrund der integrativen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung. Sowohl das Sonderpädagogik-Konkordat als auch das Behindertengleichstellungsgesetz ziehen die integrative Schulung von Kindern mit einer Behinderung einer separativen Lösung vor. Allerdings bilden das Kindeswohl, die Entwicklungsmöglichkeiten des betreffenden Kindes wie auch das Schulumfeld wichtige Voraussetzungen, um eine integrative Schulung durchführen zu können. Wir können im Rahmen des vorliegenden Berichts den Forschungsstand zur integrativen Sonderschulung oder gar zur Umsetzung der inklusiven Bildung nicht aufarbeiten. Mit ausgewählten Studien zur integrativen Sonderschulung aus der Schweiz werden an dieser Stelle wichtige Ergebnisse skizziert, an welche diese Evaluation anknüpft. Im internationalen Kontext wird die integrative Sonderschulung als Teil der inklusiven Bildung verstanden. Zu deren Umsetzung liegen u.a. von der European Agency for Development in Special Needs Education (2014) Empfehlungen vor, wie die Verschiedenheit der Lernenden im Bereich der Bildung als Ressource genutzt werden kann. Die Agency stellt zur Umsetzung 11 PH Luzern einer integrativen Bildung fünf Hauptaussagen in den Mittelpunkt. Die erste Hauptaussage betont, dass die Förderung so früh wie möglich ansetzen solle. Dies erfordert Abstimmung und Zusammenarbeit unter den Akteuren – respektive Trägern. (2) Inklusive Bildung soll gemäss der zweiten Hauptaussage allen zugutekommen. Die Agency schreibt: „Um eine inklusive Schule aufzubauen, bedarf es der Unterstützung der gesamten Gemeinschaft, von den Entscheidungsträgern bis hin zu den Endnutzern (Lernende und ihre Familien). Zusammenarbeit ist auf allen Ebenen erforderlich, und alle Interessenvertreter benötigen eine langfristige Perspektive in Bezug auf ihren (Bildungs-)Auftrag. Es bedarf Veränderungen der Terminologie sowie von Einstellungen und Werten, die den Zugewinn von Diversität und gleichberechtigter Teilnahme widerspiegeln“ (European Agency for Development in Special Needs Education, 2014, S. 6). Die dritte Hauptaussage betont die hohe Qualifizierung aller Fachleute, die an der inklusiven Bildung mitwirken. Die vierte Hauptaussage betrifft die Fördersysteme und Finanzierungsmechanismen. Es bedarf u.a. der Beobachtung und Messung der Effizienz, um finanzielle Mittel auf erfolgreiche Ansätze abzustimmen. Und schliesslich ist laut der fünften Hauptaussage eine aussagekräftige, zuverlässige Datenerfassung erforderlich, welche Rückschlüsse auf Zusammenhänge zwischen Lernenden, Einstufung, Bildungsangeboten, Lehrpersonen und Ressourcen ermöglicht. Der Bericht der Agency fasst die Hauptaussagen so zusammen: „der Prozess der Planung und Umsetzung der inklusiven Bildung betrifft das gesamte Bildungssystem und alle Lernenden; Gerechtigkeit und Qualität sind miteinander verbunden; inklusive Bildung muss als ein sich ständig entwickelndes Konzept betrachtet werden, in dem Fragen zur Diversität und Demokratie an Bedeutung zunehmen“ (European Agency for Development in Special Needs Education, 2014, S. 6). Diversität bedeutet dabei Unterschiedlichkeit und beschreibt diese auf einem Kontinuum zwischen den beiden Polen „alle sind gleich“ und „alle sind verschieden“. Auch Heterogenität bedeutet Verschiedenheit oder Unterschiedlichkeit (Prengel, 2006) und ist im Konstrukt Diversität enthalten. Heterogenität greift jedoch stärker als die Diversität auf Kategorien, zum Beispiel auf Kinder mit und ohne Behinderung zurück. Diversität definiert als Unterschiede zwischen Individuen jegliche Art von Merkmalen, die dazu führen können, dass sich eine Person von einem selbst unterscheidet (van Knippenberg, De Dreu & Homan, 2004). Stärker noch als der Begriff Heterogenität fokussiert das Konzept der Diversität das gleichzeitige Vorhandensein von Gleichheit und Differenz sowie von veränderlichen und unveränderlichen Aspekten der Diversität. Inklusion in Erziehung und Bildung fordert einen „diversitätssensiblen Blick auf Heterogenität“ (Kappus & Kummer Wyss, 2015) und hat zum Ziel, dass alle Lernenden ungeachtet ihrer Voraussetzungen an Schule und Unterricht teilhaben können. Diversität soll so als Chance für das gemeinsame Lernen genutzt werden (Boban & Hinz, 2003). Ziel des Inklusionsprozesses ist es, den Weg zu finden, um am besten mit Diversität umzugehen, von ihr zu lernen und sie als etwas Positives zu beschreiben (Ainscow, 2004). Die ersten drei Hauptaussagen der Agency (vgl. oben) werden durch die Längsschnittstudie von Klaus Joller-Graf und Sabine Tanner bekräftigt. In der Studie zeigte sich, dass ausreichende Ressourcen sowie Kompetenzen der Regellehrperson und die Einsatzbereitschaft der beteiligten Akteure wichtige Gelingensfaktoren einer integrativen Sonderschulung von Kindern mit einer geistigen Behinderung darstellen: Fühlt sich die Schulische Heilpädagogin oder der Schulische Heilpädagoge als Bestandteil des Teams und stehen die Eltern der integrativen Beschulung positiv gegenüber, so trägt dies viel zu einer gelingenden Integration in die Regelklasse bei (Joller-Graf & Tanner, 2011). Die zweite Hauptaussage der Agency wird von Grütter und Meyer (2014) gestützt. Sie verdeutlichen, dass eine gelungene soziale Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen massgeblich durch die Einstellung der Lehrperson bezüglich Diversität beeinflusst wird. Stehen Lehrpersonen der Unterschiedlichkeit in der Kasse positiv gegenüber, so partizipieren Kinder mit besonderen Bedürfnissen stärker am sozialen Geschehen in der Klasse, als wenn dies nicht der Fall ist. 12 PH Luzern Hinsichtlich der Wirkung der Integrierten Sonderschulung konnten Sermier Dessemontet, Benoit und Bless (2011) zeigen, dass Kinder ohne besondere Bedürfnisse durch die Integration von geistig behinderten Kindern nicht in ihrer schulischen Entwicklung gehindert oder gebremst werden. In Fächern wie Mathematik und Sprache erreichten sie vergleichbare Leistungen wie Kinder in Regelklassen ohne integrierte Kinder mit besonderen Bedürfnissen. In Bezug auf die Lernfortschritte von Kindern mit besonderen Bedürfnissen zeigten Sermier Dessemontet et al. (2011), dass die integrative Beschulung gegenüber der separativen Beschulung dann zu Vorteilen im Sprachbereich führt, wenn die Kinder entsprechende sonderpädagogische Unterstützung erhalten. In der Studie von Venetz, Tarnutzer, Zurbriggen und Sempert (2012) zeigte der Vergleich zwischen Schülerinnen und Schülern mit besonderem Bildungsbedarf in integrativen Schulklassen und Kindern in Klein- oder Sonderklassen, dass sich die Qualität des (subjektiven) Erlebens – gesamthaft betrachtet – bei den Kindern nur „geringfügig unterscheidet“ (S. 197). Die Studie von Grütter, Meyer und Glenz (2015) wiederum untersuchte mittels sozialer Netzwerkanalysen die Freundschaftsnetzwerke von Kindern in integrativen Schulklassen und zeigte, dass Kinder mit besonderem Bildungsbedarf gleich viele gegenseitige Freundschaften unterhielten wie Kinder ohne besonderen Bildungsbedarf. Zudem fiel die soziale Akzeptanz mit zunehmender Diversität der Schulklasse höher aus. 1.2 Evaluationsauftrag und Fragestellung Mit dem Ziel, eine Bestandsaufnahme der ISR zu erstellen, gab die Bildungsdirektion des Kantons Zürich eine wissenschaftliche Evaluation der Umsetzung der ISR im Kanton Zürich in Auftrag. Konkret ist die Bildungsdirektion des Kantons Zürich daran interessiert, inwiefern die kantonalen Vorgaben umgesetzt werden. Dies soll im Hinblick darauf geprüft werden, ob die Kriterien angepasst und die darin festgehaltenen Freiräume präzisiert werden müssen. Da in der Umsetzung der ISR die Regelschule entscheiden kann, wie die zusätzlichen Ressourcen für die Förderung der zu integrierenden Schülerinnen und Schüler eingesetzt werden, liegen auf kantonaler Ebene bisher nur wenige Steuerungsmöglichkeiten vor. Mit der Evaluation soll Wissen generiert werden, das der Qualitätssicherung der ISR dient. Zudem soll auf der Basis der Evaluation der Kriterienkatalog zur Qualitätsprüfung der ISR überprüft und weiterentwickelt werden. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse der Evaluation auch dazu dienen, den Unterstützungsbedarf der Schulen (z.B. hinsichtlich Weiterbildung oder Regelungen) zu bestimmen. Die in dieser Evaluation untersuchten Fragestellungen beziehen sich auf die Umsetzung der Förderung, das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren durch den Schulpsychologischen Dienst sowie die Integration der betroffenen Schülerinnen und Schüler in die Klassen. Die Fragestellungen wurden aus den Empfehlungen zum Einrichten einer ISR abgeleitet (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt, 2011b). Umsetzung der Förderung 1. Entspricht das ISR-Setting den Förderbedürfnissen der Sonderschülerinnen und Sonderschüler, sodass diese innerhalb des Regelunterrichts eine ihrer Behinderung angemessene Förderung erhalten? 2. Ist die Fachlichkeit der Förderung durch Lehr- und Fachpersonen mit entsprechenden Aus- und Weiterbildungen und/oder durch den Einbezug behinderungsspezifisch qualifizierter Fachstellen gewährleistet? 3. Werden für jede Sonderschülerin und jeden Sonderschüler unter Einbezug der Erziehungsberechtigten in einer Förderplanung individuelle Entwicklungs-, Lern- und Therapieziele festgehalten und wird deren Erreichung regelmässig überprüft? Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 13 Abklärungs- und Zuweisungsverfahren 1. Erfolgt die Zuweisung fachlich indiziert und nicht willkürlich personen- und ortsabhängig? 2. Entspricht das Zuweisungsverfahren den gesetzlichen Grundlagen? 3. Werden die Eltern respektive Erziehungsberechtigten über ihre Rechte und Pflichten sowie über Anlaufstellen bei Schwierigkeiten schriftlich informiert? Integration in den Klassenverband 1. Sind die Sonderschülerinnen und Sonderschüler, soweit dies sinnvoll möglich ist, sozial in den Klassenverband integriert, partizipieren sie an möglichst allen Aktivitäten, lernen sie am gemeinsamen Lerngegenstand? 2. Profitieren Sonder- und Regelklassenschülerinnen und -schüler sowie sonderpädagogische Fachpersonen und Regelklassenlehrpersonen voneinander? 3. Werden adäquate Übergänge in die nächsten Schulstufen und in die Berufsausbildung gefunden? Einschränkend muss beachtet werden, dass die Umsetzung der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschulen erst seit dem Schuljahr 2011/2012 möglich ist (gestützt auf die Verordnung über die sonderpädagogischen Massnahmen VSM; Kanton Zürich, 2007). Aufgrund dieser kurzen Laufzeit können bezüglich der Evaluationsfragen lediglich erste Tendenzen erfasst werden. Vieles ist in Entwicklung begriffen und die Prozessabläufe, Instrumente und Verantwortlichkeiten müssen teilweise erst noch geklärt werden. Dieser Umstand musste bei der Festlegung des Forschungsdesigns berücksichtigt werden, welches nachfolgend vorgestellt wird. 1.3 Theoretischer Hintergrund und Evaluationsdesign Wie durch die Ausführungen der Agency dargelegt wurde (vgl. oben), hat die Realisierung der inklusiven Bildung weitgehende Auswirkungen auf die Schulen. Nicht nur einzelne Schulen sind gefordert, die neuen schulischen Angebote weiterzuentwickeln, Prozesse zu definieren und Rollen zu klären; vielmehr ist aus der Sicht der Schultheorie (Fend, 2006) das Bildungssystem als Ganzes von einer solchen Veränderung betroffen. Ein weitverbreitetes Referenzsystem, mit dessen Hilfe Merkmale des Bildungssystems beschrieben und evaluiert werden, liegt dem jährlichen Bildungsbericht „Education at a Glance“ der OECD (2014) zugrunde. Das Referenzsystem ist so ausgelegt, dass mithilfe von Indikatoren der gegenwärtige Stand der Bildung eines Staates im internationalen Vergleich bewertet werden kann. Es wird nachfolgend ausgeführt, um die vorliegende Evaluation zu situieren. Die Indikatoren sind im Referenzsystem thematisch in zwei Dimensionen gegliedert. Die erste Dimension umfasst die verschiedenen Akteure im Bildungssystem. Die zweite Dimension beinhaltet Themen, mit denen sich die Akteure befassen. Konkretisiert werden die Dimensionen mit Indikatoren respektive Gruppen von Indikatoren. Die erste Dimension umfasst die folgenden Gruppen von Indikatoren: (I) einzelne Teilnehmende am Bildungssystem, (II) der Unterricht, (III) Anbieter von Bildungsleistungen sowie (IV) das Bildungssystem als Ganzes. Die zweite Dimension wird mit den folgenden Gruppen von Indikatoren umschrieben: (1) Bildungsund Lernergebnisse, (2) politische Ansatzpunkte und Zusammenhänge, welche die Bildungserfolge beeinflussen, und (3) Gegebenheiten und Bedingungen, die von der Politik zu berücksichtigen sind. Die Kombination der beiden Dimensionen ergibt zwölf Felder (siehe Tabelle 1): 14 PH Luzern Tabelle 1: Indikatoren und ihr konzeptioneller Rahmen (OECD, 2014, S. 21) 1. Bildungs- und Lernergebnisse 2. Politische Ansatzpunkte und Zusammenhänge, die welche Bildungserfolge beeinflussen 3. Gegebenheiten und Bedingungen, die von der Politik zu berücksichtigen sind I. Einzelne Teilnehmende am Bildungssystem 1.I Qualität und Verteilung der individuellen Bildungsergebnisse 2.I Einstellungen, Engagement und Verhalten des Einzelnen in Bezug auf Lehren und Lernen 3.I Persönlicher Hintergrund des einzelnen Lernenden und Lehrenden II. Der Unterricht 1.II Qualität des Unterrichts 2.II Pädagogische Methoden und Lernstrategien sowie das Unterrichtsklima 3.II Unterrichts- und Lernbedingungen der Lernenden und Arbeitsbedingungen der Lehrenden III. Anbieter von Bildungsdienstleistungen 1.III Abschlussquoten und Leistungen der Bildungseinrichtungen 2.III Organisation und Ausstattung der Bildungseinrichtungen 3.III Merkmale der Anbieter von Bildungsdienstleistungen und ihres Umfelds IV. Das Bildungssystem als Ganzes 1.IV Gesamtleistung des Bildungssystems 2.IV Systemweite institutionelle Struktur, Zuweisung von Mitteln und politische Massnahmen 3.IV Jeweiliger nationaler, bildungspolitischer, sozialer, wirtschaftlicher und demografischer Kontext Auch die Umsetzung von ISR kann mithilfe dieser Dimensionen und Indikatoren beschrieben und evaluiert werden. Beispielhaft können bezogen auf ISR für die Gruppen von Indikatoren der ersten Dimension die folgenden Stichworte genannt werden: • • • • Einzelne Teilnehmende am Bildungssystem: z.B. Schülerinnen mit und ohne ISR-Status, Eltern, Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Lehrpersonen, Schulleiterinnen und Schulleiter, Schulpsychologinnen und Schulpsychologen etc.; Unterricht: z.B. Unterrichtsgestaltung, ISR-Fördersetting; Anbieter von Bildungsleistungen: z.B. Gestaltung von Übergängen zwischen den Schulstufen, Zuweisungs- und Abklärungsprozesse; (kantonales) Bildungssystem als Ganzes: z.B. kantonale Vorgaben und Regelungen zu ISR. Die Umsetzung von ISR kann zudem entlang der zweiten Dimension beschrieben werden: • • • Bildungs- und Lernergebnisse: z.B. Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern mit ISRStatus, Grad der sozialen Integration; politische Ansatzpunkte und Zusammenhänge, welche die Bildungserfolge beeinflussen: z.B. Einstellungen und Fachlichkeit von Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen; Gegebenheiten und Bedingungen, die von der Politik zu berücksichtigen sind: z.B. organisatorische Voraussetzungen zur Umsetzung von ISR, Finanzierung, Steuerung der schulischen Integration. Gemäss dem Auftrag des Volksschulamts hat die Evaluation auf die Umsetzung der ISRSettings, das Zuweisungs- und Abklärungsverfahren sowie die Integration in den Klassenverband zu fokussieren. Diesem Auftrag entsprechend berücksichtigt die Evaluation nicht alle Felder der Matrix in gleicher Weise, sondern bildet einzelne Schwerpunkte ab. Diese beziehen sich primär auf die ersten beiden Indikatorengruppen der ersten Dimension: Die Evaluation befasst sich mit ausgewählten Teilnehmenden am Bildungssystem sowie mit dem Unterricht und der Förderung im Kontext von ISR. Punktuell werden auch Aspekte aus der dritten IndikaEvaluationsbericht ISR Kanton Zürich 15 torengruppe (Anbieter von Bildungsdienstleistungen) aufgenommen. Hinsichtlich der zweiten Dimension befasst sich die Evaluation mit ausgewählten Bildungs- und Lernergebnissen, ausgewählten politischen Ansatzpunkten und punktuell mit kontextuellen Gegebenheiten. Module der Evaluation Um die Evaluationsfragen gemäss Auftrag zu beantworten, war eine Breitenbefragung bei den ISR-involvierten Akteuren – also den Klassenlehrpersonen (LP), den Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen (SHP), den Schulleitungen (SL), den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen (SP) sowie den betroffenen Eltern der integrierten Kindern im Kanton Zürich – erforderlich. Die zuvor aufgeführten Evaluationsfragen implizierten das Aufzeigen eines Überblicks (z.B. kantonsweit) oder die Darstellung eines Gesamtbildes der aktuellen Situation in den Primar- und Sekundarschulen des Kantons Zürich. Die Befragung wurde bei LP, SHP, SP und SL online durchgeführt, bei den Eltern mithilfe von Papierfragebögen. Die Entwicklung der Items basierte auf einer vorgeschalteten Dokumentenanalyse. Zusätzlich wurden auch die vom Auftraggeber vorgelegten Fragen einbezogen. Auf der Grundlage der Ergebnisse aus der Breitenbefragung wurden in einem weiteren Schritt einzelne Fälle ausgewählt, um eine vertiefte, qualitative Analyse der ISR-Praxis zu ermöglichen. Auf diese Weise gelangte für die Evaluation der ISR im Kanton Zürich aus methodischer Sicht ein „klassisches“ Vorgehen zur Anwendung. Es umfasste folgende Bestandteile: a) qualitative Dokumentenanalyse, b) Breitenbefragung einer Stichprobe und c) qualitative Analysen von ausgewählten Fällen und Einzelinterviews mit den involvierten Akteuren zwecks Vertiefung einzelner Fragestellungen. Basierend auf den Evaluationsergebnissen folgte das letzte Modul, nämlich d) die Weiterentwicklung des Kriterienkatalogs zur Qualitätsprüfung der ISR. Modul A: Dokumentenanalyse Mit Modul A wurde das Ziel verfolgt, die Konzepte der Gemeinden zur ISR respektive die entsprechenden Teile aus den sonderpädagogischen Konzepten und die weiteren Unterlagen zur Umsetzung der integrativen Sonderschulung zu analysieren. Daraus wurden Fragen für die Online-Befragung gewonnen. Die Ergebnisse aus der Dokumentenanalyse, ausgeführt in Kapitel 5, ergänzen die Resultate der Online-Befragung. Die Dokumentenanalyse war den Modulen B, C und D vorgelagert. Modul B: Schriftliche Befragung bei den involvierten Akteuren Modul B dient der Einsicht in die Praxis der ISR. Dazu nahmen nach einem Multi-Informantund Multi-Method-Ansatz die an der Studie beteiligten LP, SHP, SP und SL an einer OnlineBefragung teil, während die Eltern der integrierten Kinder mittels eines Papierfragebogens befragt wurden. Das heisst, vergleichbare Information zum Untersuchungsgegenstand wurde einerseits von verschiedenen Akteuren gesammelt und anderseits aus verschiedenen Perspektiven (Selbst- versus Fremdeinschätzung). Die Ergebnisse aus der schriftlichen Befragung werden in Kapitel 3 detailliert dargestellt und grafisch illustriert. Modul C: Acht Fallanalysen Modul C dient der vertieften Analyse der momentanen Praxis der ISR aus der Sicht der verschiedenen Gruppen von Akteuren anhand von Interviews. Im Rahmen von acht Fallanalysen wurden Interviews mit dem Kind, der jeweiligen Klassenlehrperson, der Schulischen Heilpädagogin oder dem Schulischen Heilpädagogen sowie der Schulleitung durchgeführt. Die Fälle wurden entlang der Dimensionen der Einstellung zu Diversität (hoch versus tief) und der durchschnittlichen Einschätzung der Akteure in Bezug auf die Angemessenheit der Unterstüt- 16 PH Luzern zung des Kindes (hoch versus tief) ausgewählt. Die Ergebnisse aus den Gruppeninterviews werden in Kapitel 4 erläutert. Modul D: Weiterentwicklung der Kriterien zur Qualitätssicherung Auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse wurde in Modul D der bestehende Kriterienkatalog für die Qualitätssicherung von ISR überarbeitet (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt, 2014b). Dieses Instrument dient der Bildungsdirektion und den Schulpflegen als Grundlage für die Aufsicht der ISR. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 17 2 Methodik 2.1 Modul A: Dokumentenanalyse 2.1.1 Vorgehen Für die Dokumentenanalyse wurden 50 Schulgemeinden mit ISR zufällig ausgewählt. Die betreffenden Schulleitungen wurden am 17. März 2014 per E-Mail mit der Bitte angeschrieben, dem Evaluationsteam alle ISR-relevanten Dokumente wie Leitfäden zur Ausgestaltung und zum Ablauf von ISR, Empfehlungen und Richtlinien zur Umsetzung von ISR sowie Informationen an die Eltern zukommen zu lassen. Zusätzlich nahm die zuständige Ansprechperson des Volksschulamtes Kontakt mit den betreffenden Schulleiterinnen und Schulleitern auf und half bei der Zusammenstellung der Dokumente mit. Dank diesem kombinierten Vorgehen gingen Rückmeldungen von 40 Schulen ein, was einem Rücklauf von 80% entspricht. 2.1.2 Stichprobenziehung Die Grundgesamtheit für die Stichprobenziehung stellte die Anzahl Schulgemeinden mit Kindern, die im Rahmen der ISR gefördert werden, dar (n = 135). Weil Studien zeigen, dass die soziale Situation der Schülerinnen und Schüler einen grossen Einfluss auf die schulische Leistung hat (Angelone & Ramseier, 2012; OECD, 2013) und bei einem höheren Anteil von sozial benachteiligten Kindern ein höherer Bedarf an zusätzlicher schulischer Unterstützung nötig ist (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Bildungsplanung, 2012), wurde der Sozialindex der Schulgemeinde bei der Stichprobenziehung mitberücksichtigt. Der Sozialindex setzt sich aus der Ausländerquote, der Sozialhilfequote sowie der Einkommensquote einer Gemeinde zusammen und bewegt sich zwischen den Werten 100 und 120. Der Wert 100 stellt dabei Gemeinden mit dem geringsten und der Wert 120 Gemeinden mit dem höchsten pädagogischen Unterstützungsbedarf dar. Gemeinden mit höherem Sozialindex erhalten vom Volksschulamt etwas mehr Lehrerstellen zugeteilt als Gemeinden mit tieferem Sozialindex. In der Studie wurde bei der Stichprobenziehung zusätzlich auch die Schülerzahl pro Schulgemeinde mitberücksichtigt, da unklar war, wie die Schülerzahl mit der Umsetzung der ISR zusammenhängt. Einerseits verfügen Schulen mit einer hohen Schülerzahl und entsprechend mehr Schülerinnen und Schülern mit ISR gegebenenfalls über mehr Ressourcen und Erfahrungen, um mit komplexen schulischen Bedürfnissen umgehen zu können, als kleine Schulen. Andererseits ist die Organisation der ISR an kleineren Schulen allenfalls einfacher, weil die Situation personell übersichtlicher ist. Mit dem Ziehen einer geschichteten Stichprobe, welche diese beiden Faktoren berücksichtigte, konnte die Repräsentativität derselben gesteigert werden. Die Ziehung der Stichprobe in der Grösse von 50 Gemeinden erfolgte durch das Evaluationsteam, und zwar mithilfe des Pakets „sampling“ (Tillé & Matei, 2013) des Statistikprogramms R (R Development Core Team, 2011). 2.2 Modul B: Schriftlich Befragung 2.2.1 Vorgehen Die Einwilligung der Eltern zur Teilnahme an der Evaluation sowie ihre Erlaubnis, dass die weiteren Akteure (LP, SHP, SP und SL) Aussagen zu ihrem Kind machen durften, wurden via Schulleitungen eingeholt. Dazu erhielt die Schulleitung ein Schreiben mit der Bitte um Kontaktaufnahme mit den Eltern der ausgewählten Kinder und Einholung der Einwilligung. Zur Unterstützung lagen den Schulleitungen sowohl ein Informationsschreiben der PH Luzern als auch ein Brief des VSA in den Sprachen Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Tür18 PH Luzern kisch, Serbisch und Portugiesisch vor, der sich an die Eltern richtete. Nach der Einwilligung der Eltern zur Teilnahme an der Evaluation wurde ihnen der Papierfragebogen per Post zugestellt. Den weiteren Akteuren wurde der Zugang zur Onlineumfrage per E-Mail verschickt. Die Befragung wurde vom VSA durch die Bewilligung für den Schulfeldzugang im Kanton Zürich sowie ein Empfehlungsschreiben zur Studienteilnahme zuhanden der Schulleitungen unterstützt. 2.2.2 Fragebogen Der Fragebogen wies geschlossene und halboffene Items auf; diese wurden anhand der Evaluationsfragestellung und der Dokumentenanalyse zusammengestellt. Teilweise stützte sich die Wahl der Items auf Instrumente, die bereits in einem früheren Forschungsprojekt zur Integrierten Sonderschulung angewendet worden waren (siehe Joller-Graf & Tanner 2011). Weitere Fragen und Skalen stammten von Roos und Wandeler (2012) und Reusser, Stebler, Mandel und Eckstein (2013). Einige Fragen und Skalen wurden eigens für die Evaluation generiert. Die einzelnen Skalen und Items werden direkt bei den entsprechenden Ergebniskapiteln erklärt. Der Fragebogen wurde vor dem Versand von der Begleitgruppe geprüft. Den Eltern lagen vom VSA bereitgestellte Übersetzungen in den Sprachen Französisch, Englisch, Spanisch, Italienisch, Türkisch, Serbisch und Portugiesisch vor. Die Befragung fand im Juni 2014 statt. 2.2.3 Stichprobenziehung Die Stichprobenziehung durch das Evaluationsteam erfolgte mittels eines zweistufigen Verfahrens mit einer eigens programmierten Funktion im Statistikprogramm R (R Development Core Team, 2011). Bei diesem zweistufigen Verfahren wurden in einem ersten Schritt aus der Grundgesamtheit von 292 Schuleinheiten1 zufällig 250 Schuleinheiten gezogen. In einem zweiten Schritt wurden pro Schuleinheit maximal vier Schülerinnen und Schüler gezogen. Daraus resultierte eine Zufallsstichprobe von 700 Schülerinnen und Schülern mit ISR, welche auf einer Grundgesamtheit von 1271 Schülerinnen und Schülern mit ISR2 basiert. Stichprobenausfall: Ein erster Stichprobenausfall von 89 Schülerinnen und Schülern (13%) erfolgte, weil deren Sonderschulstatus vom jeweiligen Schulsekretariat nicht bestätigt werden konnte. Um diesem grossen Verlust entgegenzuwirken, wurden nach dem oben beschriebenen Vorgehen zusätzliche 152 Schülerinnen und Schüler gezogen. Somit bestand die korrigierte Bruttostichprobe aus 763 Schülerinnen und Schülern mit ISR. Von den angeschriebenen Schuleinheiten entschieden sich 26 wegen der starken Belastung der Schule durch andere Befragungen oder Umstrukturierungen gegen eine Teilnahme. Dies hatte einen Ausfall von 81 Schülerinnen und Schülern (11%) zur Folge. Zudem konnten 53 Eltern von ISR-beschulten Kindern (7%) aufgrund von schwierigen sozialen Verhältnissen, Wegzug oder sprachlichen Schwierigkeiten nicht angefragt werden. Von den letztlich 629 angefragten Erziehungsberechtigten gaben 309 (49%) ihr Einverständnis. 142 Erziehungsberechtigte (23%) waren nicht einverstanden und von 173 (28%) kam keine Rückmeldung auf die Anfrage. 1 2 Neun Schuleinheiten wurden nicht in die Grundgesamtheit aufgenommen, weil sie im Schulversuch starke Lernbeziehungen involviert waren oder im gleichen Zeitraum von der Fachstelle für Schulbeurteilung befragt wurden. 89 Schülerinnen und Schüler mit ISR des Kantons Zürich wurden in der Grundgesamtheit nicht berücksichtigt, weil ihre Schuleinheiten aus der Evaluation ausgeschlossen worden waren. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 19 2.2.4 Stichprobenbeschreibung Zur Erhebung der quantitativen Daten der fünf Gruppen von Akteuren erhielten 273 LP, 244 SHP, 102 SP sowie 156 SL per E-Mail den Zugang zum Online-Fragebogen; darüber hinaus wurden 311 Papierfragebögen an 309 Eltern versandt.3 Nach Abschluss der Umfrage und Bereinigung der Daten konnten die Antworten von total 216 LP (Rücklauf = 79%), 210 SHP (Rücklauf = 86%), 66 SP (Rücklauf = 42%), 118 SL (Rücklauf = 76%) und 208 Eltern (Rücklauf = 67%) für die Auswertungen berücksichtigt werden. Dies entspricht einem Gesamtrücklauf von 75%. Die LP waren mehrheitlich weiblich, über die Altersspanne von 21–65 Jahren verteilt mit einer Häufung in der Alterskategorien zwischen 21 und 30 sowie zwischen 51 und 60 Jahren; als Muttersprache wurde fast ausschliesslich (Schweizer-)Deutsch angegeben (siehe Tabelle 2). Die befragten LP verteilten sich zu 13.6% auf die Kindergartenstufe, zu 75.7% auf die Primarstufe und zu 10.7% auf die Sekundarstufe. Im Schnitt waren sie seit 17.2 Jahren im Beruf tätig und seit 10.7 Jahren an der entsprechenden Schule beschäftigt. Ihr Arbeitspensum belief sich durchschnittlich auf 74%, wovon 30.4% eine Vollzeitanstellung4 innehatten. Die Mehrheit der SHP war weiblich, über die Altersspanne von 21–65 Jahren verteilt mit einer Häufung zwischen 51 und 60 Jahre und gab als Muttersprache (Schweizer-)Deutsch an (für genaue Angaben siehe Tabelle 2). 64% der SHP hatten eine entsprechende Ausbildung abgeschlossen oder waren noch in Ausbildung. Im Schnitt arbeiteten sie seit 10.1 Jahren im Beruf und hatten ein Arbeitspensum von 69.7% inne. 14% hatten eine Vollzeitanstellung. Die SP waren mehrheitlich weiblich, in der Alterspanne von 21–65 Jahren mit einer Häufung zwischen 41 und 50 Jahren und sprachen als Muttersprache (Schweizer-)Deutsch. Im Schnitt übten sie ihren Beruf seit 13.0 Jahren aus und waren mit einem Pensum von 64.9% angestellt. 4.6% arbeiteten Vollzeit. Die Hälfte der SL war weiblich, in der Alterspanne von 31–65 Jahren mit einer Häufung zwischen 51 und 60 Jahren und alle sprachen (Schweizer-)Deutsch als Muttersprache. Im Schnitt waren sie seit 8.7 Jahren in der Funktion der Schulleiterin oder des Schulleiters und seit 7.3 Jahren an der entsprechenden Schule tätig. Ihr Arbeitspensum betrug im Schnitt 73.3%. 18.7% übten ein Vollzeitpensum aus. Der Elternfragebogen wurde zu 57.2% von der Mutter, zu 12% vom Vater, zu 29.8% von beiden Elternteilen gemeinsam und zu 1% mit der Unterstützung von Drittpersonen, z.B. der Sozialpädagogin, ausgefüllt. 77.9% der Befragten gaben als Muttersprache (Schweizer-)Deutsch an. Der Fragebogen wurde von zusätzlichen 13.4% in Deutsch ausgefüllt. Die restlichen Befragten füllten den Fragebogen in Englisch (3.4%), Portugiesisch (1.9%), Türkisch (0.5%), Italienisch (1%), Spanisch (1%), Serbisch (1%) oder Albanisch (0.5%) aus. Als höchster Bildungsabschluss des antwortenden Elternteils wurde mehrheitlich eine Berufslehre genannt (39.4%), gefolgt von einem Hochschulabschluss (26.0%). Weitere 19.7% gaben eine Fachoder Berufsbildung an, 4.8% eine Matura oder Berufsmatura; bei 9.1% war die obligatorische Schulzeit die höchste Ausbildung. Eine Gruppe von 1% der Befragten hatte lediglich die Primarschule besucht oder verfügte über keine Schulbildung. 3 4 Zwei Elternpaare erhielten je zwei Fragebögen, weil in ihrem Fall zwei Kinder befragt wurden. Eine Vollzeitanstellung entspricht hier einem Pensum von 95% oder mehr. 20 PH Luzern Tabelle 2: Soziodemografische Angaben der Befragten LP SHP SP SL Alterskategorie in % 21–30 Jahre 31–40 Jahre 41–50 Jahre 51–60 Jahre 61–65 Jahre 26.5% 20.5% 13.9% 31.1% 8.0% 9.2% 14.5% 25.5% 35.8% 15.0% 3.1% 23.0% 36.9% 26.2% 10.8% -11.4% 26.4% 54.3% 7.9% 74.6% 25.4% 85.0% 15.0% 78.5% 21.5% 51.3% 48.7% 88.1% 96.6% 95.4% 100% Berufserfahrung in Jahren 17.2 SD: 12.5 Spanne: 1–41 10.1 SD: 8.7 Spanne: 0–40 13.0 SD: 12.6 Spanne: 1–30 8.7 SD: 5.0 Spanne: 1–30 Schulzugehörigkeit in Jahren 10.7 SD: 10.3 Spanne: 1–41 -- -- 7.3 SD: 6.1 Spanne: 1–36 74.0% SD: 28.9% Spanne: 1–100% 69.7% SD: 23.6% Spanne: 10–100% 64.9% SD: 17.0% Spanne: 10–100% 73.3% SD: 24.9% Spanne: 10–100% Geschlecht in % Frauen Männer Muttersprache Deutsch Arbeitspensum in % Repräsentativität der Stichprobe: Die finale Stichprobe der 311 Schülerinnen und Schüler mit ISR wurde auf ihre Repräsentativität hin geprüft, das heisst, es wurde untersucht, ob die Gruppe der evaluierten Kinder mit ISR anders strukturiert war als die Grundgesamtheit aller Kinder mit ISR (n = 1360). Dazu wurde die Struktur der Verteilung ausgewählter Merkmale, die mit dem ISR-Setting zusammenhängen können, in der Stichprobe mit der Struktur der Verteilung in der Grundgesamtheit verglichen. Aus Tabelle 3 wird ersichtlich, dass die Verteilungen für die Merkmale „Schulstufe“, „Geschlecht“ und „Sozialindex“ ähnlich ausfallen. Eine leichte Abweichung findet sich bei Schülerinnen und Schülern der Kindergarten- und Sekundarstufe, wobei Kinder der Kindergartenstufe in der Stichprobe leicht übervertreten und Kinder der Sekundarstufe leicht untervertreten sind. Was den Sozialindex betrifft, so sind Kinder aus Schulgemeinden mit einem sehr hohen Sozialindex (also „belastete“ Schulgemeinden) leicht untervertreten. Das bedeutet konkret, dass grundsätzlich in Schuleinheiten mit einem höheren Sozialindex mehr Schülerinnen und Schüler ISR erhalten, die jedoch in unserer Stichprobe leicht untervertreten waren. Dies könnte einerseits daran liegen, dass einige Eltern nicht angefragt werden konnten, weil sie kein Einverständnis für die Befragung erteilten. Andererseits kam es zu einer Verzerrung, weil die betreffenden Eltern aufgrund von möglichen Sprachbarrieren nicht an der Untersuchung teilnehmen konnten (der Fragebogen konnte nicht in alle erforderlichen Fremdsprachen übersetzt werden). Zudem sagten auch einige Schulen mit der Begründung ab, dass sie temporär zu stark belastet seien. Tabelle 3: Verteilung verschiedener Merkmale in der Stichprobe und in der Grundgesamtheit aller Kinder mit ISR Schulstufe Grund- Geschlecht Sozialindex Jungen < 25% (< 104.1) < 50% (≥ 104.1 < 107.1) ≥ 50% (≥ 107.1 < 110.1) > 75% (≥ 110.1) 35.3% 64.7% 16.8% 24.9% 24.7% 33.6% 32.8% 67.2% 20.3% 22.5% 27.0% 30.2% Kinder- Primar- Sekun- Mäd- garten schule darschule chen 11.5% 71.7% 16.8% 15.4% 71.1% 13.5% gesamtheit Stichprobe Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 21 2.2.5 Datenauswertung und Besonderheit der Datenstruktur Da jeweils mehrere Personen das gleiche Kind respektive die gleichen Kinder bewertet haben, liegt eine sogenannt genestete Datenstruktur vor (siehe Abbildung 1). Das heisst, die Daten der Akteure zu einem Kind sind nicht unabhängig voneinander, weil die Einschätzungen der verschiedenen Akteure zu einem Kind mit grosser Wahrscheinlichkeit ähnlicher ausfallen als die Einschätzungen der Akteure zu verschiedenen Kindern. Beispielsweise sind sich die Akteure in ihrer Einschätzung eines Kindes bezüglich der benötigten Unterstützung ähnlicher als die Einschätzungen der Akteure generell über alle Kinder hinweg. Die Unabhängigkeit der Daten ist jedoch eine Grundvoraussetzung der gängigen statistischen Verfahren. Des Weiteren sind auch die Antworten von Personen aus der gleichen Schule nicht voneinander unabhängig. So dürften Mitarbeitende einer Schule mit einer stark engagierten Schulleitung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit mehr Unterstützung wahrnehmen, weshalb ihre Antworten hinsichtlich ihrer Arbeit und des Kindes im Vergleich mit einer Schule mit wenig Unterstützung der Schulleitung ähnlicher ausfallen. Um diese Abhängigkeiten in der Datenstruktur zu berücksichtigen, waren komplexe Analysen erforderlich, sogenannte Mehrebenenanalysen. Im Vergleich mit gängigen statistischen Verfahren besteht bei den mit Mehrebenenanalysen ausgewerteten und präsentierten Resultaten ein Unterschied darin, dass nicht die wahren Mittelwerte dargestellt werden, sondern die durch die Modelle geschätzten Mittelwerte. Die Schätzgenauigkeit dieser geschätzten Mittelwerte kann mithilfe des Standardfehlers angezeigt werden, welcher aufgrund der besseren Lesbarkeit in den Abbildungen nicht dargestellt wird. Der Wert der Intra-Klassen-Korrelation 1 (ICC1) gibt zudem an, wie ähnlich sich die Akteure in ihrer Einschätzung in Bezug auf das jeweilige Kind durchschnittlich sind respektive wie stark die Einschätzungen der Akteure vom jeweiligen Kind abhängig sind (Bliese, 2013). Ein hoher ICC1-Wert bedeutet, dass die Antworten der einzelnen Akteure stark vom jeweiligen Kind abhängig sind. Diese Werte wurden stets berechnet und geprüft, werden aber in den Abbildungen mit Blick auf eine bessere Lesbarkeit ebenfalls nicht festgehalten. Für detaillierte Erläuterungen zum statistischen Verfahren der Mehrebenenanalyse wird auf folgende Literatur verwiesen: Ditton (1998), Hox (2002), Tabachnick und Fidell (2007, Kapitel 15). Basierend auf diesen Daten wären weiterführende Analysen möglich, unter anderem auch mit einem Kind-zentrierten Fokus, welche jedoch den Rahmen dieser Evaluation übersteigen würden Eltern Schuleinheit (SL) Level 3 Schülerin/Schüler Level 2 LP SHP SPD Level 1 Abbildung 1: Mehrebenenstruktur der Daten: Einschätzungen von Eltern, LP, SHP, SP und SL genestet innerhalb einer Schülerin/eines Schülers in der dazugehörigen Schule. 22 PH Luzern 2.2.6 Angaben zur Effektstärke Bei den Auswertungen in diesem Bericht gilt es zu beachten, dass die inferenzstatistischen Analysen in Bezug auf signifikante Unterschiede zwischen den verschiedenen Akteuren sowie hinsichtlich signifikanter Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Konstrukten nichts über die Stärke des jeweiligen Effekts aussagen. Das Signifikanzniveau hängt zwar einerseits mit der Effektstärke zusammen, es ist jedoch andererseits von der Stichprobengrösse und der gewählten Verteilung, die der jeweiligen Analyse zugrunde liegen, abhängig. In den durchgeführten Analysen wurde im Wesentlichen die Stichprobenverteilung für die verwendete Teststatistik mit dem empirisch gefundenen Wert unter der Annahme der zu testenden Hypothese verglichen (Cohen, 1992). Je nachdem, welches Verfahren zur Anwendung gelangte, wurden für die Berechnung der Effektstärken unterschiedliche Vorgehensweisen gewählt. Da infolge der genesteten Datenstruktur komplexe statistische Verfahren zur Anwendung kamen, bei denen die Kennwerte für die jeweilige Effektstärke ohne Vorwissen nur schwer zu interpretieren sind, wird in der Folge bewusst auf deren Nennung verzichtet. Jedoch werden die jeweiligen geschätzten Mittelwerte abgebildet, woraus sich eine ungefähre Schätzung ableiten lässt, die aussagt, ob es sich um einen kleinen, mittleren oder grossen statistischen Effekt handelt. Bei Korrelationen kann die folgende Einteilung nach Cohen (1992) verwendet werden: r = .10 entspricht einem kleinen Effekt, r = .30 entspricht einem mittleren Effekt und r = .50 entspricht einem grossen Effekt. Bei einigen Mehrebenenanalysen sind zudem z-Werte angegeben. Dies ist jeweils dann der Fall, wenn es sich um getestete Zusammenhänge zwischen verschiedenen Variablen handelt. Die z-Verteilung hat den Erwartungswert null und die Varianz eins und ermöglicht so einen Vergleich der gefundenen Zusammenhänge. 2.3 Modul C: Gruppeninterviews 2.3.1 Vorgehen Die Organisation der Interviews lief wie folgt ab: Die Eltern wurden kontaktiert und über Ablauf und Zweck der Interviews informiert. Gaben die Eltern ihr Einverständnis, wurden die Schulleitungen gebeten, einen Termin zu vereinbaren, an dem Eltern, Kind, LP, SHP und SL befragt werden konnten. Die Personen wurden jeweils einzeln an einem ruhigen Ort interviewt. Die Interviews wurden von zwei Personen geleitet (interviewende und protokollführende Person), dauerten ca. 20–30 Minuten pro Person und wurden protokolliert. 2.3.2 Interviewleitfaden Die Fragen für den Interviewleitfaden basierten auf den Ergebnissen der Dokumentenanalyse und der schriftlichen Befragung. Von Interesse waren insbesondere die Überprüfung der Umsetzung des sonderpädagogischen Konzepts in der Praxis sowie die Klärung des Bedarfs an weiterer Unterstützung zur Umsetzung der ISR. Die Erkenntnisse aus den Einzelinterviews werden in Kapitel 4 zusammengefasst und flossen als Interpretationshilfe bei der Auswertung der Umfrageergebnisse direkt in die Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen ein. Die Interviewleitfäden finden sich im Anhang. 2.3.3 Stichprobenziehung Die Stichprobenziehung für die vertiefenden Interviews erfolgte nach inhaltlichen Kriterien. Die Fälle wurden entlang der zwei Dimensionen „Durchschnittliche Einstellung zu Diversität aller Akteure“ (hohe versus niedrige Wertschätzung von Diversität im Schulkontext) und „Durchschnittliche Einschätzung der Akteure der Angemessenheit der erhaltenen Unterstützung im Rahmen von ISR“ (hohe versus tiefe Angemessenheit) ausgewählt. Entlang der beiden Dimensionen mit den je zwei verschiedenen Ausprägungen konnten vier verschiedene Felder Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 23 definiert werden. Mit dem Statistikprogramm R wurden danach pro Feld zufällig jeweils zwei Fälle gezogen. Die interviewende und die protokollführende Person waren in Bezug auf die Zuteilung des Falls zu einem der vier Felder blind, das heisst, ihnen war die Zuteilung des Kindes zum entsprechenden Feld im Vorfeld des Interviews nicht bekannt. Im Anschluss daran wurde von zwei Fachpersonen, die ebenfalls nicht über die jeweilige Zuteilung der Fälle zu den Feldern informiert waren, eine Zuteilung der Interviews vorgenommen. Die Übereinstimmung der beiden Fachpersonen betrug 75%. Zudem wurden von beiden Fachpersonen 12 der 16 möglichen Zuteilungen korrekt vorgenommen (entspricht 75% korrekter Zuteilung). Dieses Resultat unterstützt die Validität des gewählten Auswahlverfahrens. 2.3.4 Stichprobenbeschreibung Insgesamt wurden zu den acht gezogenen Fällen 40 Personen interviewt. Drei der Schülerinnen und Schüler mit ISR waren weiblich und fünf männlich. Die Familiensprache war bei sechs Fällen Deutsch und bei jeweils einem Fall Englisch respektive Albanisch. Das Alter der Kinder lag zwischen sechs und 13 Jahren (M = 9.4 Jahre), wobei zwei zum Zeitpunkt der Online-Befragung den Kindergarten und sechs die Primarschule besuchten. Alle Fälle wurden bereits mit ISR eingeschult; bei einem Kind konnte der ISR-Status in der Zwischenzeit aufgehoben werden und zwei Kinder wechselten im neuen Schuljahr in eine Sonderschule. Die besonderen Förderbedürfnisse der Schülerinnen und Schüler waren vielfältig und betrafen Kognition, sozioemotionale Funktionsfähigkeit, Kommunikation wie auch Sensorik und Motorik. 2.4 Modul D: Weiterentwicklung des Aufsichtsinstruments Auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse wurde der bereits bestehende Kriterienkatalog für die Qualitätssicherung der ISR in Zusammenarbeit mit der Begleitgruppe weiterentwickelt. Dieses Instrument dient der Bildungsdirektion und den Schulpflegen für die Aufsicht der ISR. Die Hinweise zur Weiterentwicklung des Instruments sind in Kapitel 7 enthalten. 24 PH Luzern 3 Ergebnisse der Fragebogenerhebung 3.1 Umsetzung der Förderung im ISR-Setting 3.1.1 Den Förderbedürfnissen der Kinder mit ISR entsprechendes Setting Indikationsbereiche und Fördersetting Der Sonderschulbedarf der Kinder wurde von den SP festgestellt. Bei den 126 Kindern mit ISR, zu denen wir von den SP Angaben zur Indikation in Erfahrung bringen konnten, wurde ein Sonderschulbedarf am häufigsten im Indikationsbereich „Kognition und Metakognition“ festgestellt (66%; siehe Abbildung 2).5 Häufiger Sonderschulbedarf wurde auch in den Bereichen „Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit“ (57%), „Intentionale Kommunikation“ (50%) und „Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik“ (44%) diagnostiziert. An der Regelschule seltener vertreten waren die beiden Bereiche „Bewegung, Mobilität und Motorik“ (23%) sowie „Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens“ (15%). Diese Angaben zur Indikation machten die SP auch, wenn sie das SAV noch nicht verwendeten für die Abklärung.6 Bei einem Viertel der Kinder (25%) wurde in einem Indikationsbereich ein Sonderschulbedarf festgestellt, ein Viertel der Kinder (26%) bekam in zwei Bereichen einen Sonderschulbedarf zugeschrieben, einem weiteren Viertel der Kinder (28%) wurde in drei Bereichen ein Sonderschulbedarf attestiert und bei den restlichen Kindern (21%) war in vier oder mehr Bereichen ein Sonderschulbedarf angezeigt. Wenn nur in einem Indikationsbereich ein Sonderschulbedarf diagnostiziert wurde, war dies meist in den Bereichen „Kognition und Metakognition“ (12%, n = 15) sowie „Intentionale Kommunikation“ (9%, n = 11) der Fall. Die häufigsten Kombinationen der Indikationsbereiche waren „Kognition und Metakognition“/„Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik“ (8%, n = 10), „Kognition und Metakognition“/„Sozial-emotionale Funktionsfähigkeit“ (6%, n = 8) sowie „Kognition und Metakognition“/„Sozial-emotionale Funktionsfähigkeit“/„Intentionale Kommunikation“ (10%, n = 13). 5 Die sechs Indikationsbereiche werden vom Volksschulamt der Bildungsdirektion des Kantons Zürich im Kontext des Standardisierten Abklärungsverfahren (SAV) vorgegeben (Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt, 2014a) und sind wie folgt definiert. 1) „Kognition und Metakognition“: „Kognition“ bezieht sich auf die Fähigkeit, etwas Neues zu lernen. Kognitive Prozesse erfordern neben intellektuellen Funktionen insbesondere auch Aufmerksamkeits- und Gedächtnisfunktionen. 2) „Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit“: Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit drückt sich aus in der Fähigkeit, eigene Emotionen zu regulieren, Emotionen der anderen zu erkennen, in der sozialen Perspektivenübernahme sowie in sozialer Sicherheit. 3) „Intentionale Kommunikation“: Kommunikation ist ein intentionaler Prozess, der auf wechselseitiger Zuschreibung einer Mitteilungs- oder Handlungsabsicht basiert; dies erfordert eine geteilte Erfahrungsbasis respektive geteiltes Wissen (z.B. gemeinsame Sprache, Skripts und Schemata) und notwendigerweise die Fähigkeit, die Intentionen des Gegenübers zu interpretieren. 4) „Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik“: Die Fähigkeit, den Sehsinn und/oder den Hörsinn sowie andere Sinne für die Wahrnehmung von Sinnesreizen in der Umwelt zu nutzen. 5) „Bewegung, Mobilität und Motorik“: Bewegung und Mobilität beziehen sich auf die Fähigkeit, den eigenen Körper im Raum zu bewegen; dies umfasst sowohl Bewegungsfähigkeit und Beweglichkeit als auch Bewegungskoordination. 6) „Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens“: Mit „Aktivitäten des täglichen Lebens“ werden Fähigkeiten bezeichnet, die sich auf den Funktionsbereich „Selbstversorgung“ in der ICF beziehen. 6 a 26 von 138 SP nutzen das SAV. Folglich wurde bei 99 Kindern Angaben zur Indikation gemacht, auch wenn das SAV bei der Abklärung noch nicht verwendet wurde. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 25 Indikationsbereich des Sonderschulbedarfs 66% Kognition und Metakognition Soziale-emotionale Funktionsfähigkeit 57% Intentionale Kommunikation 50% Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik 44% Bewegung, Mobilität und Motorik 23% Ausführen der Aktivitäten des täglichen Lebens SP 15% 0% 20% 40% 60% 80% Abbildung 2: Aussage der SP (n = 126) zum Indikationsbereich des Sonderschulbedarfs. Frage: „In welchem Indikationsbereich/in welchen Indikationsbereichen wurde der Sonderschulbedarf von [Kind] festgestellt?“ Des Weiteren wurden die SP nach den ICD-10-Diagnosen gefragt. In den vorliegenden Antworten zu den 53 Kindern mit ISR wurden am häufigsten die Diagnosen „Entwicklungsstörung“ (32%) sowie „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ genannt (32%; siehe Abbildung 3). Weniger häufig wurden die Diagnosen „Intelligenzminderung“ (17%), „Tief greifende Entwicklungsstörung“ (15%), „Störung schulischer Fertigkeiten“ (11%) und „Motorische Entwicklungsstörung“ (8%) vergeben. Bei 13% der Kinder mit ISR wurden Diagnosen wie „Epilepsie“, „Kleinwuchs“, „Angeborene Fehlbildungssyndrome“ oder „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörung“ vergeben, welche in der Kategorie „andere“ zusammengefasst wurden. Während bei 75% der Kinder mit ISR (40 Nennungen) eine ICD-10-Diagnose vergeben wurde, waren es bei weiteren 17% (9 Nennungen) zwei ICD10-Diagnosen und bei 8% (4 Nennungen) drei ICD-10-Diagnosen. Bei den Mehrfachnennungen gab es keine gehäuft auftretenden Kombinationen. Aufgrund der geringen Anzahl an Antworten auf diese Frage – die ICD-10-Diagnose liegt nur für 17% der 310 evaluierten Kinder mit ISR vor – sind weiterführende Analysen mit der ICD-10-Diagnose als Prädiktor oder Gruppierungsvariable nicht sinnvoll. ICD-10-Diagnose des Kindes Entwicklungsstörung 32% Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend 32% Intelligenzminderung 17% tief greifende Entwicklungsstörungen 15% 11% Störung schulischer Fertigkeiten motorische Entwicklungsstörung andere 0% 8% 13% 10% 20% 30% 40% Abbildung 3: Aussage der SP (n = 53) zur Diagnose des Kindes nach ICD-10. Frage: „Falls das Kind eine Diagnose nach ICD-10 hat: Was ist die Diagnose des Kindes? (Bitte nach ICD-10 angeben.)“ Offenes Antwortfeld. Die Frage nach der Art und Qualität der Förderung der Kinder mit ISR wurde von LP, SHP, SP und Eltern beantwortet. Die Akteure gaben an, welche Arten der Förderung für das jeweilige Kind mit ISR zutreffend seien und wie ausreichend diese Förderung auf einer Skala von 1 („ungenügend“) bis 5 („ausreichend“) erlebt werde. Die Mehrheit in allen vier Akteursgruppen (79–86%) gab jeweils an, dass das betreffende Kind im Unterricht von LP und SHP gefördert werde (siehe Abbildung 4). Die Akteure unterschieden sich in ihrem Antwortverhalten nicht signifikant voneinander. Bezüglich der separativen Förderung durch die SHP wichen die Einschätzungen der vier Akteursgruppen hingegen signifikant voneinander ab: Mit 48% gaben die 26 PH Luzern Eltern im Vergleich zu den übrigen Akteuren signifikant häufiger an, dass ihr Kind vor allem separativ gefördert werde. Die diesbezüglich geringste Häufigkeit zeigte sich bei den SP mit 24%, womit sie signifikant tiefer lagen als die LP. Die Betreuung durch die Klassenassistenz während des Unterrichts wurde von 16% der SP genannt, was signifikant tiefer war als die Einschätzung der anderen drei Akteursgruppen, die zwischen 34–37% lagen. Ein vergleichbares Bild zeigte sich bezüglich spezifischer Betreuung ausserhalb des Unterrichts, obwohl diese Werte insgesamt um 8–16% tiefer lagen: Die SP lagen mit 8% signifikant tiefer als die anderen drei Akteursgruppen (18–26%). Als relativ häufige Art der Förderung wurde zudem die Logopädie angegeben (37–49%), wobei die Werte der SP abermals signifikant tiefer waren als diejenigen der Eltern. Weitere Formen der Förderung wie Psychomotorik, Psychotherapie und externe Fachberatungen kamen weniger zum Einsatz und scheinen sehr kindsspezifisch zu sein. Zusätzlich zu den vorgegebenen zehn Arten der Förderung nannten die vier Akteursgruppen auch noch andere Förderarten wie Ergotherapie, Physiotherapie, Kinderarzt/KJPD, medikamentöse Unterstützung, heilpädagogische Frühberatung und alternative Therapien (in Abbildung 4 nicht aufgeführt). Diese Förderungen weisen tiefe Ausprägungen auf und sind unter den verschiedenen Akteursgruppen nur wenig deckungsgleich, was allerdings auf ein methodisches Problem zurückgeführt werden kann, da freies Generieren viel anspruchsvoller ist als die Einschätzung vorgegebener Förderungsoptionen. Art der Förderung 86% 81% 79% 81% LP und SHP fördern das Kind im Unterricht SHP fördert das Kind vor allem separat von den anderen Kindern 24% Betreuung durch Assistenz im Unterricht 39% 33% 18% 8% 48% 34% 37% 16% Spezifische Betreuung ausserhalb des Unterrichts 45% 42% 37% 49% 14% 13% 14% 16% Unterstützung durch Psychotherapie 9% 9% 12% 12% Externe Fachberatung Eltern (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) 9% 7% 8% 6% Externe Fachberatung Kind (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) 4% 3% 3% 4% Externe Fachberatung Lehrperson (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) 6% 7% 9% 6% SP Eltern * LP–SP * SHP–SP * SP–Eltern 26% 22% Unterstützung durch Psychomotorik SHP * LP–SP * SHP–SP * SP–Eltern 37% Unterstützung durch Logopädie LP * LP–SP * LP–Eltern * SHP–Eltern * SP–Eltern 0% 20% 40% * SP–Eltern 60% 80% 100% Abbildung 4: Aussagen LP (n = 244), SHP (n = 257), SP (n = 139) und Eltern (n = 201–204) zur Art der Förderung. Frage: „Kreuzen Sie zuerst an, welche Unterstützung das Kind erhält.“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikanter Unterschied. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 27 Betrachten wir nun die Einschätzungen der Angemessenheit der Förderung ist vorweg anzumerken, dass die Auswertungen auf teilweise sehr geringer Stichprobengrösse basieren, da jeweils nur jene Personen die Angemessenheit der Förderung eingeschätzt haben, welche zuvor angegeben hatten, dass die betreffende Art der Förderung beim jeweiligen Kind auch tatsächlich vorlag. Die zum Teil geringen Stichprobengrössen führten zu einem erhöhten Standardfehler, weshalb signifikante Unterschiede schwieriger aufzudecken waren. Ohne auf die einzelnen Förderarten einzugehen (für Details siehe Abbildung 5), kann generell festgehalten werden, dass sich die Einschätzung der Angemessenheit bei allen Akteuren im Bereich „eher ausreichend“ einpendelte. Tendenziell höher wurden die Förderungen Logopädie und Psychomotorik eingeschätzt, tendenziell tiefer die externe Fachberatung für Eltern und für Lehrpersonen. Ein signifikanter Unterschied zeigt sich zudem bei den Einschätzungen zwischen SP und LP respektive SHP zur Aussage „LP und SHP fördern das Kind im Unterricht“. SP beurteilen die Angemessenheit signifikant höher als LP und SHP. Bei dieser Art der Förderung konnten signifikante Unterschiede gefunden werden, weil sie von verhältnismässig vielen Personen eingeschätzt worden war. Angemessenheit der Förderung 4.2 4.2 LP und SHP fördern das Kind im Unterricht 4.5 4.4 * LP–SP * SHP–SP 4.3 4.2 4.2 4.4 SHP fördert das Kind vor allem separat von den anderen Kindern 4.0 4.3 4.4 Betreuung durch Assistenz im Unterricht 4.2 4.3 4.1 Spezifische Betreuung ausserhalb des Unterrichts 4.7 4.3 Unterstützung durch Logopädie 4.5 4.5 4.7 4.6 Unterstützung durch Psychomotorik 4.5 4.5 4.7 4.5 4.6 4.0 Unterstützung durch Psychotherapie 4.5 Externe Fachberatung Eltern (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) 4.0 3.8 Externe Fachberatung Lehrperson (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) LP SHP SP Eltern 4.1 4.1 4.3 3.8 Externe Fachberatung Kind (z.B. Sozialpädagogik, Audiopädagogik) 3.8 1.0 2.0 3.0 4.7 4.3 4.5 4.3 4.3 4.3 4.0 5.0 Abbildung 5: Aussagen LP, SHP, SP und Eltern zur wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung. Stichprobengrösse ist sehr variabel und entspricht den Balken von Abbildung 4. Frage: „Beurteilen Sie die Qualität der Unterstützung für [Kind]“. Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. 28 PH Luzern 79% der Eltern erachteten die zusätzliche Förderung ihres Kindes als ausreichend. Von denjenigen Eltern, welche die zusätzliche Förderung als nicht ausreichend empfanden, wünschten sich 61% einen höheren zeitlichen Umfang der bestehenden Förderung und 51% weitere Formen zusätzlicher Förderung. Als weitere Formen der Förderung wurden dabei die folgenden genannt: angepasstes Unterrichtssetting wie Kleinklassen, individualisierter Unterricht oder Hausaufgabenbetreuung (6 Nennungen), Spezialförderung wie Physiotherapie, Ergotherapie, oder Logopädie (4 Nennungen) oder mehr integrative heilpädagogische Förderung (4 Nennungen). Die SHP listeten zudem die Anzahl Lektionen auf, welche den einzelnen Kindern mit ISR pro Woche für die spezifische Förderung zugesprochen wurden (siehe Tabelle 4). Im Schnitt bekamen die Kinder mit ISR jeweils 5.6 Lektionen SHP und/oder 6.5 Lektionen Klassenassistenz zugesprochen, sofern die jeweilige Massnahme als notwendig erachtet wurde. Die Bereiche Logopädie und Psychomotorik wurde im Schnitt mit 1.6 respektive 1.0 Lektionen gefördert, sofern die jeweilige Massnahme zugesprochen wurde. Des Weiteren bekamen 30 Kinder im Schnitt 16.2 Fachberatungsstunden pro Jahr zugesprochen. Bei 42 Kindern wurden zudem noch andere Förderlektionen wie Ergotherapie, Psychotherapie, DaZ und Coaching/Beratung aufgelistet, wobei dieser Anteil 3.8 Wochenlektionen betrug. Insgesamt erhielt ein Kind mit ISR 8.4 Förderlektionen zugesprochen. Die zugesprochenen Fachberatungsstunden wurden pro Jahr aufgelistet und flossen deshalb nicht ins Wochenlektionentotal pro Kind ein. 34% der Kinder mit ISR bekamen eine Massnahme verordnet, wobei die häufigste Massnahme in Lektionen für Schulische Heilpädagogik bestand (29%). Bei 41% der Kinder mit ISR wurden zwei Massnahmen verordnet. Am häufigsten genannt die wurden die Kombinationen „Schulische Heilpädagogik“/„Assistenz“ (19%) sowie „Schulische Heilpädagogik“/„andere“ (8%). 20% der Kinder mit ISR erhielten drei Fördermassnahmen, mit der gehäuften Kombination von „Schulische Heilpädagogik“/„Logopädie“/„Assistenz“ (6%) und „Schulische Heilpädagogik“/„Logopädie“/“Psychomotorik“ (4%). Die verbleibenden 5% der Kinder mit ISR erhielten vier bis fünf Fördermassnahmen. Tabelle 4: Anzahl zugesprochener Wochenförderlektionen pro Kind mit ISR M SD Spanne n Schulische Heilpädagogik 5.6 2.7 0.5–23 221 Logopädie 1.6 0.6 0.5–3 108 Psychomotorik 1.0 0.2 0.5–2 41 Assistenz 6.5 4.8 1–22 73 16.2 23.3 1–120 30 andere 3.8 6.7 1–40 42 Total zugesprochene Lektionen pro Kind (ohne Fachberatung) 8.4 5.3 0.5–40 249 Fachberatung (Stunden pro Jahr) Um herauszufinden, ob die zugesprochene Unterstützung durch Förderlektionen bei SHP, Logopädie, Psychomotorik und Assistenz durch den Indikationsbereich (siehe Abb. 2) bedingt war, wurden die Korrelationen zwischen Indikationsbereich und zugesprochener Unterstützung berechnet. Sowohl der Indikationsbereich wie auch die zugesprochene Unterstützung gingen dabei als dummy-codierte Variable in die Analysen ein. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Förderung durch die SHP bei der Indikation „Intentionale Kommunikation“ signifikant seltener (r = -.24, p < .01) und eine Unterstützung durch Assistenz bei der Indikation „Bewegung, Mobilität und Motorik“ signifikant häufiger zugesprochen wurde (r = .23, p < .01). Die Unterstützung durch Logopädie wurde häufiger bei der Indikation „Intentionale Kommunikation“ (r = .42, p < .001) und seltener bei den Indikationen „Kognition und Metakognition“ (r = -.29, p < Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 29 .01) sowie „Bewusste sinnliche Wahrnehmung und Sensorik“ (r = -.19, p < .05) gewährt.7 Zudem zeigt eine positive Korrelation zwischen der Anzahl der zugesprochenen Indikationsbereiche pro Kind und der Assistenz (r = .23, p < .05), dass bei Mehrfachindikationen häufiger Klassenassistenzen eingesetzt werden. Diese positive Korrelation kann darauf hinweisen, dass bei Mehrfachindikationen eine komplexe Behinderung vorliegt, bei der neben spezifischer Unterstützung eine Klassenassistenz hilfreich sein kann. Möglicherweise liegt bei Mehrfachindikationen teilweise keine klare Diagnose vor und die herausfordernde Situation wird mit Klassenassistenzen unterstützt. Des Weiteren war zwischen der Anzahl zugesprochener Wochenförderlektionen pro Kind und der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung ein Zusammenhang vermutet worden, welcher sich jedoch nicht bestätigte (z = 1.47, p > .05 [Mehrebenenanalyse]). Das heisst, dass die Einschätzung der LP, SHP, SP und Eltern nicht durch die Anzahl zugesprochener Wochenförderlektionen pro Kind beeinflusst worden war. Dieses Ergebnis zeigt, dass die Wahrnehmung der Angemessenheit der Förderung nicht durch die quantitative – also die Anzahl Wochenförderlektionen –, sondern wohl eher durch die qualitative Förderung – d.h. Art und Qualität der spezifischen Förderung – beeinflusst wird. Um die wahrgenommene Angemessenheit des Fördersettings ISR im Vergleich mit alternativen Fördersettings zu beurteilen, wurden LP, SHP, SP und Eltern befragt. Dazu schätzten die Akteure auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) die vier verschiedenen Optionen von Fördersettings im Hinblick auf das jeweilige Kind mit ISR ein: IF wäre ausreichend, eine Sonderschule wäre eine bessere Option, die aktuelle Förderung (Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule) ist die beste Option, Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Sonderschule wäre die beste Option.8 Wie Abbildung 6 zeigt, wurde das aktuelle Fördersetting von allen Akteuren als das passendste eingeschätzt. Es bestehen jedoch Unterschiede zwischen den vier Akteursgruppen: Die Eltern beurteilten das integrative Setting in der Verantwortung der Regelschule von allen Akteuren am positivsten, die LP hingegen am negativsten. Die Unterschiede bei der Beurteilung der anderen Settings zeigen, dass Eltern sich am ehesten vorstellen könnten, dass ihr Kind auch ohne Integrierte Sonderschulung im Rahmen der integrativen Förderung erfolgreich unterstützt werden könnte. Die SP dagegen sahen diese Option im Vergleich aller vier Akteursgruppen als den am wenigsten gangbaren Weg. Die beiden Settings „Sonderschule“ und „Integrierte Sonderschülerin/Sonderschüler in der Verantwortung der Sonderschule (ISS)“ fanden bei den LP die höchste Zustimmung. Angemessenheit des Fördersettings Das Kind könnte auch ohne integrierte Sonderschulung im Rahmen der integrativen Förderung erfolgreich unterstützt werden. 1.4 Das Kind wäre in einer Sonderschule besser aufgehoben. 2.0 1.8 1.9 1.8 2.2 * LP–SHP * LP–Eltern Die integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule ist die beste Förderung für das Kind. 3.5 Das Kind wäre besser als integrierter Sonderschüler/-in in der Verantwortung der Sonderschule (ISS) aufgehoben. LP SHP SP Eltern 1.9 1.7 1.0 * LP–SP * LP–Eltern * SHP–SP * SHP–Eltern * SP–Eltern 1.7 1.8 3.8 3.8 4.1 2.1 2.0 3.0 4.0 * LP–SHP * LP–Eltern * SHP–Eltern 5.0 Abbildung 6: Aussagen LP (n = 228–236), SHP (n = 245–251), SP (n = 119–121) und Eltern (n = 197–201) zur Angemessenheit des Fördersettings. Frage: „Was denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikante Unterschiede. 7 8 Diese Zusammenhänge wurden mittels 4-Felder-Tafeln geprüft. Die Ergebnisse waren deckungsgleich. Zur vierten Option wurden die Eltern nicht befragt, da sie mit dieser Option kaum vertraut gewesen wären. 30 PH Luzern In welchem Ausmass die verschiedenen Akteure einer spezifischen Sonderschulungsform – im Sinne der besten Lösung für das Kind – zustimmen, könnte davon abhängen, wie die Förderung des Kindes beurteilt wird. Um dieser Annahme nachzugehen, wurde getestet, ob die Passung des Fördersettings von der Förderung abhängig ist. Die Ergebnisse zeigen einen positiven Zusammenhang (z = 7.8, p < .001 [Mehrebenenanalyse für ordinalskalierte Daten]). Je höher also die durchschnittliche Angemessenheit der Förderung eingeschätzt wurde, desto stärker wurde auch das ISR-Setting als beste Förderung eingestuft. Dieser Zusammenhang ist ein Indiz dafür, dass nicht nur der Entscheid zu einem ISR-Setting, sondern auch die Durchführung positiv wahrgenommen wird. Diese beiden Einschätzungen könnten durchaus auch auseinander driften: Das heisst, entweder wird ISR als Fördersetting bevorzugt, aber die Akteure sind unzufrieden mit der Umsetzung, oder die Akteure nehmen trotz guter Umsetzung ISR nicht als optimales Fördersetting wahr. Förderung der Kinder mit ISR Um ein ganzheitliches Bild über die Förderung der Kinder mit ISR zu erhalten, wurden folgende Themen untersucht: Förderplanung und deren Schwerpunkte, Lernziele, der Lernbericht, das Schulische Standortgespräch und Tools zur Förderdiagnostik. Nach Angaben der SHP (n = 254) lag für 91% der Kinder mit ISR eine Förderplanung vor. Dieses Bild wird durch die SP (n = 122) bestätigt, die angaben, dass sogar für 96% der Kinder mit ISR eine Förderplanung vorliege. Um die Lernbereiche zu erfassen, in denen die Schwerpunkte in der Förderplanung der Kinder mit ISR gesetzt werden, wurden LP und SHP befragt. Sie schätzten für jedes Kind mit ISR jeden der zehn vorgelegten Lernbereiche auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) ein. Die Lernbereiche des allgemeinen Lernens, der Sprache und Begriffsbildung sowie der Umgang mit Anforderungen wurden am häufigsten als Schwerpunkte in der Förderplanung angesehen (siehe Abbildung 7). Doch auch Lesen und Schreiben, Kommunikation, Umgang mit Menschen und Mathematik erwiesen sich als bedeutsame Bereiche der Förderplanung. Als etwas weniger zentral erachtet wurden demgegenüber die Aspekte der Bewegung und Mobilität, Freizeit, Erholung und Gemeinschaft sowie der Bereich „für sich selbst sorgen“ aus. Die jeweiligen Schwerpunktsetzungen der LP und SHP für dasselbe Kind unterschieden sich – mit Ausnahme der Einschätzung des Lernbereichs „Umgang mit Anforderungen“ – nicht signifikant voneinander. Dieser Lernbereich wurde von den SHP als bedeutsamer eingestuft als von den LP. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 31 Schwerpunkt in der Förderplanung allgemeines Lernen 3.9 Sprache und Begriffsbildung 3.8 3.7 Umgang mit Anforderungen 3.7 Lesen und Schreiben 3.6 3.6 Kommunikation 3.5 3.6 3.3 3.4 Mathematik 2.7 2.7 Bewegung und Mobilität 2.6 2.5 Freizeit, Erholung und Gemeinschaft 2.5 2.4 für sich selbst sorgen SHP * LP–SHP 3.9 3.4 3.3 Umgang mit Menschen LP 3.9 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 7: Aussagen der LP (n = 221–234) und SHP (n = 237–248) zum Schwerpunkt in der Förderung. Frage: „Folgender Lernbereich/folgende Lernbereiche bilden den Schwerpunkt in der Förderplanung von [Kind].“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikanter Unterschied. In einem weiteren Schritt wurde getestet, ob die Schwerpunkte der Förderplanung eines Kindes (eingeschätzt von den SHP) mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung zusammenhängen. Dazu wurde ein Mehrebenenmodell berechnet, anhand dessen die Schwerpunkte der Förderplanung mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung untersucht wurden. Die Schwerpunkte der Förderplanung wurden anstelle der beiden Kriterien „ICD-10-Diagnose“ respektive „Indikationsbereich“ gewählt, weil im Gegensatz zu diesen beiden Kriterien für die Schwerpunkte der Förderplanung mehr Datenpunkte vorliegen (für 243 Kinder wurden alle zehn Schwerpunkte bewertet) und dadurch zuverlässigere Modelle geprüft werden konnten (siehe Abbildung 2 und Abbildung 3). Im geprüften Modell zeigte sich ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen dem Schwerpunkt „Umgang mit Anforderungen“ und der Einschätzung der Angemessenheit der Förderplanung (z = -2.32, p < .05). Folglich scheint die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung tiefer auszufallen, wenn der Bereich „Umgang mit Anforderungen“ als Schwerpunkt in der Förderplanung gesetzt wurde. Ansonsten scheint die wahrgenommene Angemessenheit der Förderung wenig vom Schwerpunkt der Förderplanung beeinflusst zu werden, sondern wohl eher durch die konkrete Ausgestaltung der Förderung. Für eine optimale Förderung erhalten laut den SHP (n = 135) 70% der Kinder mit ISR angepasste, individuelle Lernziele. Angepasste Lernziele liegen vor allem in den Fächern Deutsch und Sprache allgemein (70%) sowie in Mathematik (53%) vor. Die Häufigkeiten der angepassten Lernziele der anderen Fächer sind Abbildung 8 zu entnehmen. 32 PH Luzern Fächer mit angepassten Lernzielen Deutsch & Sprache allg. 70% Mathematik 53% generelle Anpassung 38% Fremdsprache 30% Werken, Handarbeit, Zeichnen 8% Sport und Spiel 3% Mensch und Umwelt 1% andere Fächer 27% 0% SHP 20% 40% 60% 80% Abbildung 8: Aussagen der SHP (n = 135) zu den Fächern mit angepassten Lernzielen. Frage: „In welchem Fach/welchen Fächern hat das [Kind] individuelle Lernziele?“ Die SHP (n = 257) gaben an, dass für 65% der Kinder mit ISR zusätzlich zum Zeugnis ein Lernbericht verfasst worden sei. Dieser Lernbericht wurde zu 78% von den SHP erstellt, zu 3% von den LP und zu 20% von beiden gemeinsam. Neben Zeugnis und Lernbericht war das Schulische Standortgespräch (SSG) ein sehr wichtiges Medium, um die Eltern über die Lernfortschritte ihres Kindes zu informieren. Die Häufigkeit der stattgefundenen SSG pro Jahr schätzten LP, SHP und Eltern sehr ähnlich ein, wonach eine klare Mehrheit (ca. 70%) zweimal pro Jahr SSG durchführte (siehe Abbildung 9). Knapp 20% der Befragten berichteten sogar von mehr als zwei SSG pro Jahr, während 10% der Befragten bei der Frage nach der SSGHäufigkeit pro Jahr die Zahl eins nannten. Die Durchführung von weniger als einem SSG pro Jahr wurde von LP, SHP und Eltern fast nicht genannt. Häufigkeit der Schulischen Standortgspräche 0% 0% 1% weniger häufig als 1-mal pro Jahr 9% 10% 9% 1-mal pro Jahr 74% 69% 73% 2-mal pro Jahr 17% häufiger als 2-mal pro Jahr LP SHP Eltern 16% 0% 10% 21% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Abbildung 9: Aussagen der LP (n = 243), SHP (n = 257) und Eltern (n = 204) zur Häufigkeit der Schulischen Standortgespräche. Frage: „Wie oft wird im laufenden Schuljahr ein Schulisches Standortgespräch (SSG) durchgeführt?“ Hinsichtlich der Zufriedenheit der Eltern (n = 205) mit der Häufigkeit der SSG offenbart sich ein beruhigendes Bild: 76% empfanden die Anzahl der SSG pro Jahr als genau richtig. Nur 3% der Eltern waren der Meinung, dass zu wenige SSG durchgeführt würden, 15% schätzten die Häufigkeit der SSG allerdings als eher zu gering ein, während weitere 2% die Zahl der SSG als eher zu hoch oder zu hoch beurteilten. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 33 Nach Einschätzung der LP, SHP und Eltern hatte die Häufigkeit der SSG keinen Effekt auf die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung. Wie die Ergebnisse des t-Tests jedoch zeigen, beurteilten diejenigen 18% der Eltern, welche die Häufigkeit der durchgeführten SSG zu gering fanden, die Angemessenheit der Förderdung signifikant niedriger als diejenigen Eltern, welche die Häufigkeit als passend empfanden (t = 2.10 (21.55), p < .05). Qualität des Schulischen Standortgesprächs: Das Schulische Standordgespräch … …zeigte auch Stärken unseres Kindes auf. 4.5 …war von der Schule gut vorbereitet. 4.5 …war gut strukturiert und verständlich. 4.4 …führte zu konkreten Massnahmen für unser Kind. 4.4 …war genügend ausführlich. 4.4 …war ein Gespräch unter gleichwertigen Partnerinnen und Partnern. 4.3 …sprach alle wichtigen Lebens- und Lernbereiche unseres Kindes an. 4.3 Skala SSG Eltern 4.4 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 10: Aussagen der Eltern (n = 201–205) zur Qualität des SSG. Frage: „Denken Sie an das letzte Schulische Standortgespräch. Bitte geben Sie jeweils für jede Frage oder Aussage an, wie sehr diese Ihrer persönlichen Meinung nach zutrifft. Das Schulische Standortgespräch (SSG) …“ Abgesehen von der Zufriedenheit mit der Quantität wurden die Eltern auch zur Qualität des Gesprächs befragt. Wie Abbildung 10 entnommen werden kann, schätzten die Eltern alle Faktoren der Qualität des SSG mit „eher zutreffend“ bis „zutreffend“ ein. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Faktoren sind minimal. Wird eine Skala nach Roos und Wandeler (2012) aus allen Einzelfaktoren gebildet (Reliabilität von α = .91), weist diese einen Mittelwert von 4.4 auf, was bedeutet, dass die Qualität des SSG als „eher hoch“ bis „hoch“ eingestuft wurde. Wurde für die Elterndaten die Qualität des SSG zusammen mit der Anzahl der SSG und der Zufriedenheit mit der Anzahl der SSG zur Vorhersage der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung ins Regressionsmodell eingefügt, zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen der Qualität des SSG und der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung (β = .39, p < .001). Folglich waren die Eltern zufriedener mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung, wenn sie die Qualität des SSG als höherwertig wahrnahmen. Während in diesem Gesamtmodell die Anzahl der SSG ohne Zusammenhang mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung blieb, entfiel der Effekt der Zufriedenheit mit der Anzahl der SSG. Das heisst, ob die Eltern die Anzahl der SSG als zu niedrig oder als gerade passend empfanden, steht nicht im Zusammenhang mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung, wenn die Qualität des SSG berücksichtigt wird. Dies unterstreicht die Wichtigkeit der Qualität des SSG. An den SSG teilgenommen hatten dem Anlass entsprechend jeweils die LP, SHP und Eltern. Das Kind nahm nach Angaben der LP (n = 240) und SHP (n = 253) zu 42% respektive 40% am Gespräch teil. Auch die SP (n = 137) waren teilweise an den SSG vertreten. Während 27% der SP zweimal pro Jahr am SSG teilnahmen, partizipierten 39% einmal und 34% nie. Auch die SL (n = 117) waren teilweise am SSG vertreten; 35% nahmen am SSG teil, 59% gelegentlich und 6% nach eigenen Angaben überhaupt nie. 34 PH Luzern Das Thema der schulischen Förderung der Kinder mit ISR abschliessend wurden die SHP zur Verwendung von elektronischen Tools für die Förderdiagnostik und -planung befragt. 14% der SHP (n = 257) gaben an, dass sie solche Tools nutzen würden. Am häufigsten wurde „Lehreroffice“ (39%) genannt, gefolgt von „lokale „Entwicklungen/andere“ (31%; siehe Abbildung 11). Weniger verbreitet scheinen webbasierter Förderplaner (14%), ISD (Interdisziplinäre Schülerdokumentation; 14%) und das SSG-Formular (8%) zu sein. elektronische Tools für die Förderdiagnostik Lehreroffice 39% lokale Entwicklung / andere 31% webbasierter Förderplaner 14% ISD 14% SSG-Formular SHP 8% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Abbildung 11: Aussagen der SHP (n = 36) zur Nutzung elektronischer Tools für die Förderdiagnostik. Frage: „Welches elektronische Tool für die Förderdiagnostik verwenden Sie?“ Offenes Antwortfeld. Kooperation zwischen Fachkräften und Eltern Die Kooperation auf allen Ebenen ist eine wichtige Voraussetzung, um Kinder und Jugendliche zielorientiert zu fördern (vgl. European Agency for Development in Special Needs Education 2012, S. 7). Die Kooperation zwischen den Fachkräften und den Eltern wurde aus den Blickwinkeln der verschiedenen Akteure beleuchtet. Zu Beginn dieses Abschnitts wird zunächst die Gesprächshäufigkeit zwischen Fachpersonen und Eltern aus der Sicht der LP, SHP und Eltern ausgeführt. Anschliessend wird die Qualität der Zusammenarbeit zwischen diesen drei Akteursgruppen aus der jeweiligen Optik der Einzelnen betrachtet. Den Abschnitt abschliessen wird die Analyse der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und dem SPD aus der Sicht der LP, SHP, SL und Eltern. Die Sichten der LP und SHP zur Gesprächshäufigkeit mit den Eltern über die Förderung des Kindes deckten sich gut. Die Mehrheit beider Akteursgruppen (LP = 60%; SHP = 64%) gab an, dass die Gespräche seltener als einmal pro Monat stattfänden (siehe Abbildung 12). Bei einem beachtlichen Anteil von 30% (LP) respektive 28% (SHP), fanden die Gespräche monatlich statt. 10% oder weniger gaben an, dass die Gespräche wöchentlich oder mehrmals wöchentlich erfolgen würden. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 35 Gesprächshäufigkeit mit Eltern über Förderung des Kindes: Sicht LP & SHP 2% 0% 3-mal pro Woche 8% 8% 1-mal pro Woche 30% 28% 1-mal pro Monat 60% seltener als 1-mal pro Monat LP SHP 64% 0% 20% 40% 60% 80% Abbildung 12: Aussagen LP (n = 242) und SHP (n = 256) zu Gesprächshäufigkeit mit Eltern über die Förderung des Kindes aus der Sicht der LP und SHP. Frage: „Wie oft sprechen Sie mit den Eltern/Erziehungsberechtigten über die Förderung von [Kind]?“ Die Sicht der Eltern zeigt ein nicht unähnliches Bild. Die Mehrheit der Eltern schätzte die Gesprächshäufigkeit mit LP und SHP ebenfalls seltener als monatlich ein (siehe Abbildung 13). Der Anteil der Eltern, welche die Gesprächshäufigkeit so niedrig einschätzten, lag um 14% tiefer als bei den SHP. Dafür war der Anteil derjenigen Eltern, welche die Gesprächshäufigkeit auf einmal pro Monat einschätzten, um über 10% höher. Ähnliche Gesprächshäufigkeiten gaben die Eltern auch für die Gespräche mit den Therapierenden an. Die niedrigste Gesprächshäufigkeit ergab sich mit der DaZ-Lehrperson. Ebenfalls als eher tief wurde zudem die Gesprächshäufigkeit mit den Klassenassistentinnen und Klassenassistenten eingeschätzt. Gesprächshäufigkeit Eltern–Fachpersonen über Förderung des Kindes: Sicht Eltern LP 4% 7% SHP 4% 6% Klassenassistenz 5% 5% Therapeut/-in (z.B. Logopädin) 34% 39% 4% 0% 0% mehrmals pro Woche n = 202 50% 19% 4% 10% DaZ-Lehrperson 55% 71% 30% 20% 1-mal pro Woche n = 101 56% 26% n = 129 70% 40% 60% 1-mal pro Monat n = 190 n = 46 80% 100% seltener oder gar nicht Abbildung 13: Aussagen der Eltern zur Gesprächshäufigkeit über die Förderung des Kindes aus der Sicht der Eltern. Frage: „Wie oft tauschen Sie sich momentan mit den folgenden Personen in Bezug auf die Förderung aus?“ Nebst der Häufigkeit der Gespräche wurde auch die Qualität der Zusammenarbeit untersucht. LP und SHP beantworteten dazu vier Items auf einer Skala von 1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“. Das Vertrauen der Eltern in die Arbeit der Fachpersonen sowie die Unterstützung der Eltern hinsichtlich der schulischen Integration wurden von beiden Akteursgruppen über der Ausprägung „trifft eher zu“ eingeschätzt, wobei sich bei der Einschätzung zur Unterstützung der Integration ein signifikanter Unterschied zeigte (siehe Abbildung 14): Die SHP schätzten die Unterstützung der Integration durch die Eltern höher ein als die LP. Ein signifikanter Unterschied zeigt zudem, dass die SHP es stärker als die LP unterstützten, wenn die 36 PH Luzern Eltern die Interessen ihres Kindes vertreten, wobei die Werte der beiden Akteursgruppen rund um den Wertepunkt 4 zu liegen kamen. Klar tiefer fielen die Werte bezüglich des Profits aus dem Wissen der Eltern im Hinblick auf die Arbeit mit dem Kind aus. Die diesbezüglichen Einschätzungen lagen um den Wertepunkt 3, wobei die SHP auch hier eine abermals leicht höhere Einschätzung abgaben. Werden diese vier Items zu einer Gesamtskala zur Bewertung der Zusammenarbeit mit den Eltern zusammengefasst (Reliabilität von α = .68–.69), so kommt die mittlere Einschätzung auf 4 respektive leicht darunter zu liegen, wobei sich die mehrheitlich leicht höhere Einschätzung der SHP auch hier widerspiegelt. Qualität der Zusammenarbeit mit den Eltern Die Eltern des Kindes unterstützen die schulische Integration. 4.2 4.4 Ich spüre vonseiten der Eltern ein grosses Vertrauen in meine Arbeit. * LP–SHP 4.2 4.3 Ich finde es richtig, wenn die Eltern ganz deutlich die Interessen ihres Kindes vertreten. 3.9 * LP–SHP 4.2 * LP–SHP Ich profitiere für meine Arbeit mit dem Kind sehr vom Wissen der Eltern. 2.9 3.1 3.8 4.0 Gesamtskala LP SHP * LP–SHP 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 14: Aussagen LP (n = 238–243) und SHP (n = 253–257) zur Qualität der Zusammenarbeit mit den Eltern. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen bezüglich der Zusammenarbeit mit den Eltern/Erziehungsberechtigten von [Kind]?“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikanter Unterschied. Wurden im Gegensatz dazu die Eltern anhand von neun Items auf einer Skala von 1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“ zur Zusammenarbeit mit den Fachpersonen befragt, zeigte sich ein sehr ähnliches Bild (Beispielitem: „Wir bestimmen mit, welches die Förderziele unseres Kindes sind“). Der Mittelwert der Gesamtskala (Reliabilität von α = .89) liegt bei 4 (siehe Abbildung 15). Werden die einzelnen Items angeschaut, zeigt sich die höchste Einschätzung der Eltern bezüglich der Aussage, sich mit das Kind betreffenden Anliegen und Fragen jederzeit an die LP wenden zu können. Am tiefsten schätzten die Eltern ihre Mitbestimmung hinsichtlich der Frage, woran die Fachpersonen mit ihrem Kind arbeiten, ein. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 37 Zusammenarbeit Fachpersonen–Eltern aus Elternsicht Ich kann mich mit Anliegen und Fragen, die mein Kind betreffen, jederzeit an die LP wenden. 4.6 Die Fachpersonen setzen sich für unser Kind ein. 4.3 Wir haben grosses Vertrauen in die Arbeit aller Fachpersonen (LP, SHP, Therapeuten etc.), die unser Kind fördern. In Zusammenhang mit der integrierten Sonderschulung strengen sich aus unserer Sicht alle involvierten Fachpersonen ausreichend an. 4.3 4.2 Wenn wir etwas entscheiden müssen, werden wir vorher ausreichend informiert. 4.1 Wir wissen, was die Fachpersonen von uns als Eltern erwarten. 3.9 Wir werden regelmässig über die Lernfortschritte unseres Kindes informiert. 3.9 Wir bestimmen mit, welches die Förderziele unseres Kindes sind. 3.4 Wir können mitbestimmen, woran die Fachpersonen spezifisch mit unserem Kind arbeiten. 3.1 Gesamtskala Eltern 4.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 15: Aussagen der Eltern (n = 204–208) zur Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen und Eltern aus Elternsicht. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Ein wichtiger Aspekt der Evaluation der Kooperation ist die Zusammenarbeit der einzelnen Akteure mit den SP respektive dem SPD. Die LP und die SHP wurden anhand von vier Items zu ihrer Zusammenarbeit mit den SP befragt. Die ersten drei Items waren positiv formuliert und wurden auf einer Skala von 1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“ stets mit Werten zwischen 4 und 5 eingeschätzt. Am höchsten eingeschätzt wurde die richtige Erfassung der Probleme des Kindes, wobei die Einschätzung der LP signifikant höher ausfiel als jene der SHP (siehe Abbildung 16). Negativ zu interpretieren ist die hohe Einschätzung der Dauer zwischen der Anmeldung beim SPD und der Abklärung. Zusammenarbeit mit SP aus Sicht LP/SHP Die SP hat die Probleme des Kindes richtig erfasst. 4.6 Ich habe Vertrauen in die Empfehlung der SP. 4.5 4.5 Die Empfehlungen der SP waren sehr nützlich. 4.5 4.3 Es dauerte sehr lange von der Anmeldung beim SPD bis zur Abklärung. LP SHP 4.9 * LP–SHP 4.8 4.6 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 16: Aussagen der LP (n = 229–236) und SHP (n = 238–249) zur Zusammenarbeit mit SP aus der Sicht der LP/SHP. Frage: „Bitte geben Sie jeweils für jede Frage oder Aussage zu [Kind] an, wie sehr diese Ihrer persönlichen Meinung nach zutrifft.“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikanter Unterschied. 38 PH Luzern Durchwegs positiv, wenn auch nicht ganz so hoch, fielen die Einschätzung der SL zur Zusammenarbeit mit den SP respektive dem SPD aus. Die höchste Einschätzung mit 4.2 Wertepunkten auf einer Skala von 1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“ erhielt das Item zum Vertrauen in die ISR-spezifischen Empfehlungen der SP (siehe Abbildung 17). Die Nützlichkeit der Empfehlungen wurde mit einem Mittel von 3.9 eingeschätzt. Folglich liegt der Mittelwert der Gesamtskala mit einer Reliabilität von α = .85 aus diesen drei Items bei 4. Zusammenarbeit mit SP aus Sicht SL Der SP kennt die konkrete Situation der ISR an unserer Schule ausreichend gut. Ich habe Vertrauen in die Empfehlungen der SP bezüglich ISR. Die Empfehlungen der SP für die ISR-Settings waren sehr nützlich. 4.0 4.2 3.9 Gesamtskala SL 4.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 17: Aussagen der SL (n = 116–117) zur Zusammenarbeit mit SP aus der Sicht der SL. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Ein ähnliches Bild bezüglich der Zusammenarbeit mit dem SP zeichnet sich in den Elterneinschätzungen ab. Die Eltern wurden anhand von zwei Items auf einer Skala von 1 „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“ befragt. Die richtige Erfassung der Schwierigkeiten des Kindes wurde im Schnitt knapp unter „trifft eher zu“ eingeschätzt, die Nachvollziehbarkeit der Empfehlung der oder des SP wurde knapp über der Ausprägung „trifft eher zu“ eingeschätzt (siehe Abbildung 18). Zusammenarbeit mit SP aus Sicht Eltern Der SP hat die Schwierigkeiten unseres Kindes richtig erfasst. 3.8 Die Empfehlung des SP ist für uns nachvollziehbar. Eltern 4.1 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 18: Aussagen der Eltern (n = 195–199) zur Zusammenarbeit mit SP aus Elternsicht. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Auch eine befriedigende Zusammenarbeit zwischen LP und SHP ist ein wichtiger Faktor, um den Kindern mit ISR eine angemessene Förderung bieten zu können. Dieser Aspekt der Zusammenarbeit wurde einerseits aus der Sicht der Betroffen, also der LP und der SHP, betrachtet und anderseits wurde auch die Sicht der SL bezüglich der Zusammenarbeit unter den Fachpersonen betrachtet. LP und SHP beurteilten ihre Zusammenarbeit anhand von sieben Items entwickelt von Roos und Wandeler (2012) auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“; Beispielitem LP: „Die SHP berät mich, wie ich mit der Klasse respektive einzelnen Kindern in seiner/ihrer Abwesenheit weiterarbeiten könnte“; Beispielitem SHP: „Ich berate die Klassenlehrperson, wie sie mit der Klasse respektive einzelnen Kindern in meiner Abwesenheit weiterarbeiten könnte“). Am höchsten wurde derjenige Aspekt der Zusammenarbeit bewertet, welcher den Aufwand der Zusammenarbeit mit dem Ertrag ins Verhältnis setzt (siehe Abbildung 19). Die tiefste Ausprägung zeigte das Item „Die SHP fühlt sich von der LP überwacht, wenn sie zusammenarbeiten“. Ebenfalls wenig Zustimmung fand die Aussage, dass die SHP hauptsächlich Hilfsaufgaben übernehme. Diese beiden tiefen Ausprägungen sind positiv zu werten, das heisst, sie zeigen gewünschte Resultate, da die beiden Items negativ gepolt sind. Die Einschätzungen der restlichen vier Items, welche die Beratung Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 39 der LP durch die SHP, die Bereitstellung von Lernmaterialien durch die SHP sowie die Überforderung der LP (umgekehrt gepolt) thematisierten, fielen etwas über der Skalenmitte aus. In diesem Bereich der Zusammenarbeit zwischen LP und SHP scheint es noch Optimierungsbedarf zu geben. Zwischen den Antworten der LP und SHP zeigen sich keine signifikanten Unterschiede. Zusammenarbeit zwischen LP und SHP 1.2 1.2 Die SHP fühlt sich von der LP überwacht, wenn sie zusammenarbeiten. 1.8 1.8 Die SHP übernimmt hauptsächlich Hilfsaufgaben. 4.1 4.2 Der Aufwand für die Zusammenarbeit mit der LP/SHP steht in einem guten Verhältnis zum Ertrag. 3.4 3.3 Die LP nutzt die Beratung der SHP intensiv. Die SHP berät die LP, wie sie mit der Klasse bzw. einzelnen Kindern während der Abwesenheit der SHP weiterarbeiten könnte. 3.4 3.2 Die SHP stellt der LP Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. 3.3 3.4 2.5 2.6 Wenn die LP alleine unterrichtet, ist sie manchmal mit ISR überfordert. LP SHP 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 19: Aussagen der LP (n = 208–211) und SHP (n = 201–206) zur Zusammenarbeit zwischen LP und SHP. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen bezüglich der Zusammenarbeit mit der LP respektive der SHP?“ Statistisches Verfahren: t-test. Die Zusammenarbeit der LP mit der SHP basiert auch auf regelmässigem Austausch. So gaben 7% der SHP an, sich täglich mit der LP über die Förderung des betreffenden Kindes auszutauschen. Weitere 17% pflegen einen dreimaligen Austausch pro Woche. 57% der SHP berichteten von einem wöchentlichen Austausch, während die verbleibenden 19% sich weniger als einmal pro Woche aus mit der LP austauschen. Neben der Häufigkeit des Austauschs fragten wir auch nach dem wöchentlichen Zeitaufwand für Koordination, Besprechung und Zusammenarbeit (ausserhalb des Unterrichts und der Förderung) mit anderen Fachpersonen, weiteren LP und den Eltern pro Kind mit ISR. Die LP (n = 252) schätzen den zeitlichen Aufwand auf 42 Minuten, die SHP (n = 237) auf 50 Minuten. Diese zeitlichen Einschätzungen unterschieden sich, wenngleich gering, signifikant voneinander. Hinsichtlich der Kooperation zwischen den Fachpersonen erhoben nach Items von Roos und Wandeler (2012) ergab sich aus der Sicht der SL ein positiveres Bild. Die SL wurden hierzu zwar etwas allgemeiner befragt, doch das spezifische Item zur Zusammenarbeit zwischen LP und SHP schätzten sie auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) im Schnitt mit einem Wertepunkt von 4.4 ein (siehe Abbildung 20). Neben dieser spezifischen Zusammenarbeit zwischen LP und SHP wurden die SL etwas allgemeiner zum Einsatz der LP für Integration befragt. Während die SL das Engagement der LP für Integration mit einem mittleren Wertepunkt von 4.4 einschätzen, lag die Einschätzung der SL zum Thema „Alle Lehrpersonen ziehen an einem Strang“ etwas tiefer, namentlich bei durchschnittlich 3.8 Wertepunkten. Die Gesamtskala, bestehend aus den drei Items zur Zusammenarbeit der Fachpersonen aus der Sicht der SL (Reliabilität von α = .71), zeigte einen durchschnittlichen Mittelwert von 4.2, das heisst, der Wert liegt leicht über der Ausprägung „trifft eher zu“. 40 PH Luzern Zusammenarbeit der Fachpersonen SHP und LP arbeiten bei der ISR konstruktiv zusammen. 4.4 Die beteiligten Lehrpersonen setzen sich sehr für die Integration von Kindern mit Sonderschulbedarf ein. 4.4 In meiner Schule ziehen die Lehrpersonen bezüglich der Integration von Kindern mit Sonderschulbedarf an einem Strang. 3.8 Gesamtskala SL 4.2 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 20: Aussage der SL (n = 117) zur Zusammenarbeit der Fachpersonen aus der Sicht der SL. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Zusammenhang der Kooperation zwischen Fachkräften und Eltern mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung Da frühere Forschung zu zeigen vermochten, dass die Zusammenarbeit ein bedeutsamer Prädiktor für gelungene Integration ist (vgl. European Agency for Development in Special Needs Education 2012, S. 7), wurde in einem weiteren Schritt geprüft, wie die verschiedenen Faktoren der Zusammenarbeit mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung zusammenhängen. Dabei gehen wir nicht von einem Kausalmodell aus, sondern prüfen lediglich Zusammenhänge. Dazu wurden ein Mehrebenenmodell für LP/SHP und ein Regressionsmodell für die Eltern gerechnet. Im statistischen Modell der LP/SHP wurde der Effekt der Prädiktoren „Gesprächshäufigkeit mit Eltern über Förderung des Kindes Sicht LP/SHP“, „Qualität der Zusammenarbeit mit den Eltern“, „Zusammenarbeit mit SP aus Sicht LP/SHP“ und „Zusammenarbeit zwischen LP und SHP“ auf die wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung geprüft. Als einziger signifikanter Zusammenhang ergab sich dabei die Zusammenarbeit zwischen LP und SHP mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung (z = 2.02, p < .05). Das heisst, wenn die Zusammenarbeit zwischen LP und SHP gut abläuft, wurde auch die Angemessenheit der Förderung positiv wahrgenommen. In einem zweiten Schritt wurde ein Regressionsmodell für die Eltern gerechnet, in dem die Faktoren „Gesprächshäufigkeit Eltern–Fachpersonen“, „Zusammenarbeit Fachpersonen– Eltern“ und „Zusammenarbeit mit SP“ als Prädiktoren für die Angemessenheit der Förderung statistisch geschätzt wurden. Dabei wurden die beiden Faktoren „Zusammenarbeit Fachpersonen–Eltern“ (β = .59, p < .001) und „Gesprächshäufigkeit mit Klassenassistenz“ (β = -.35, p < .05) signifikant. Folglich wurde die Angemessenheit der Förderung von Eltern positiver eingeschätzt, wenn eine gute Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen und Eltern bestand. Die Einschätzung der Angemessenheit der Förderung wurde jedoch negativ eingeschätzt, wenn eine hohe Gesprächshäufigkeit mit der Klassenassistenz vorlag. Unterstützung der Kinder mit ISR im Unterricht Wie die Unterstützung der Kinder mit ISR im Unterricht durch ihre LP gestaltet wird, hängt von diversen Faktoren ab. Aus verschiedenen Studien ist bekannt, dass Einstellungen für das pädagogische Handeln von hoher Bedeutung sind (z.B. Baumert & Kunter, 2006; Stanovich & Jordan, 1998). Darunter werden „langfristig erworbene subjektive Haltungen gegenüber einem Objekt oder Sachverhalt“ (Huth, 2012, S. 298) verstanden. Relativ gut untersucht sind die Zusammenhänge zwischen berufsbezogenen Überzeugungen – zum Beispiel zum Lehr- und Lernverständnis – und der Qualität des beruflichen Handelns (z.B. Voss, Kleickmann, Kunter & Hachfeld, 2011; Stanovich & Jordan, 1998). Deskriptive Befunde zeigen, dass Lehrpersonen Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 41 die schulische Integration von Kindern mit besonderen Bildungsbedürfnissen grundsätzlich befürworten (Gebhardt, Schwab, Reicher, Ellmeier, Gmeiner, Rossmann & Gasteiger Klicpera, 2011; Kunz, Luder & Moretti, 2010). Bei den letzteren zwei Befunden muss jedoch mitberücksichtigt werden, dass es sich um handlungsferne Einstellungen handelt, welche von Lehrpersonen positiver eingeschätzt werden als handlungsnahe Einstellungen (Stanovich & Jordan, 1998). Handlungsferne Einstellungen sind allgemeiner Natur und entfalten lediglich eine geringe Handlungswirksamkeit (Eckstein, Reusser, Stebler & Mandel, 2013). In Bezug auf die schulische Integration konnte die Forschergruppe um Reusser feststellen, dass Lehrpersonen mehrheitlich der Überzeugung sind, dass Integration wichtig und wünschbar ist (handlungsferne Überzeugungen), sie jedoch skeptisch sind hinsichtlich der Implementation von integrativen Schulformen (handlungsnahe Überzeugungen). Auch andere Studien zeigen, dass eine handlungsnahe, positive Einstellung eine produktive Auseinandersetzung mit integrativem Unterricht begünstigt (Heyl, Janz, Trumpa & Seifried, 2013; Hennemann, Wilbert & Hillenbrand, 2014). Auch gehen positivere Einstellungen gegenüber der schulischen Integration mit einer höheren Selbstwirksamkeit beim Umgang mit der Verschiedenheit der Lernenden einher (z.B. Hennemann et al., 2014). In der vorliegenden Evaluation wurden die Einstellungen der LP und der Fachpersonen zur ISR allgemein, zu Diversität in der Klasse und zur schulischen Integration sowie die Art und Weise der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse im Unterricht erfasst. Während sich die Einstellung zur ISR spezifisch auf diese Form der Integrierten Sonderschulung bezieht fokussiert die Einstellung zu Diversität darauf, wie stark Unterschiede wertgeschätzt werden (beide Skalen sind konzeptuell handlungsferne Überzeugungen). Die Forschungsergebnisse von Grütter und Meyer (2014) zeigten, dass die Einstellung der LP zur Diversität die soziale Akzeptanz von Kindern mit besonderem Bildungsbedarf bei Kindern ohne besonderen Bildungsbedarf beeinflusst. Die Einstellung zur schulischen Integration bezeichnet die zuversichtliche, durch positive Erwartungen bestimmte Haltung der LP und der Fachpersonen gegenüber der Integration im schulischen Kontext (Reusser et al., 2013) und bezieht sich konkret auf den Unterricht und die Integrierte Sonderschulung und ist somit handlungsnah. Die Einstellung zu ISR wurde mithilfe von sechs Items bei LP, SHP, SP und SL auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) gemessen. Wie die Ergebnisse in Abbildung 21 zeigen, lagen die Antwortmittel der vier Akteursgruppen um +/- 3 mit einigen Abweichung. Drei Beispiele werden nachfolgend genauer erläutert. Sehr homogen mit einem Schnitt von 3.4–3.5 zeigten sich die Akteure in ihrer Beurteilung der Aussage, dass durch die Einführung von ISR mehr Kinder eine behinderungsspezifisch adäquate Förderung erhielten. Deutliche Differenzen zwischen den Akteuren zeigten sich demgegenüber bei der Einschätzung der Unterschiede in Bezug auf die Umsetzung von ISR-Settings zwischen den Schulen. Zum Beispiel schätzten die SP die Umsetzung der ISR-Settings an den Schulen signifikant unterschiedlicher ein als die anderen Akteure. Die SL nahmen diese Unterschiede mit einer Einschätzung von „teils, teils“ am wenigsten ausgeprägt wahr. Ebenfalls grosse Abweichungen zwischen den Akteuren zeigten sich bei der Einschätzung der Frage, ob mehr Kinder als „Sonderschülerinnen“ und „Sonderschüler“ bezeichnet würden. Während die SP mit einem Wert von 3.3, zustimmten, lehnten die LP diese Aussage mit einem Wert von 2.2. eher ab. Somit unterschieden sich diese beiden Akteursgruppen signifikant von den anderen. 42 PH Luzern Einstellung zu ISR 3.4 3.3 Es gibt an den Schulen zu grosse Unterschiede, wie die ISR-Settings umgesetzt werden. 3.0 2.2 2.4 ISR führt dazu, dass mehr Kinder als „Sonderschüler“ bezeichnet werden. 2.9 3.0 * LP–SHP * LP–SP * LP–SL 3.5 3.5 3.6 3.4 3.6 3.6 3.8 Es ist sinnvoll, dass die Schulen eigene Konzepte zur ISR machen können. SL * LP–SHP * SHP–SL 3.3 3.2 3.0 Die Verlagerung der Sonderschulung an die Gemeinden ist grundsätzlich zu befürworten. SP * LP–SP * LP–SL * SHP–SP * SP–SL 3.3 2.6 Der administrative Aufwand im Zusammenhang mit ISR ist angemessen. SHP 4.0 3.4 3.5 3.5 3.4 Durch die Einführung der ISR erhalten mehr Kinder eine behinderungsspezifisch adäquate Förderung. LP * LP–SP * LP–SL * SHP–SP * SP–SL 1.0 2.0 3.0 * LP–SL 4.0 5.0 Abbildung 21: Aussagen LP (n = 190–210), SHP (n = 187–202), SP (n = 64–65) und SL (n = 101–117) zur Einstellung zu ISR. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: ANOVA. * = signifikante Unterschiede. Die Einstellung zu Diversität in der Klasse wurde bei LP, SHP, SP und SL anhand von vier Items von Grütter und Meyer (2014) auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) gemessen. Die höchsten Werte zeigten sich bei der Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachpersonen (3.9–4.6), wobei die Antworten der LP im Schnitt signifikant tiefer waren als diejenigen der anderen Akteure (siehe Abbildung 22). Die tiefste Zustimmung mit einem Schnitt von 2.9–3.3 gaben die Akteure bei der Erschwerung des Schulalltags durch die heterogene Zusammensetzung der Schulklasse. Das heisst, der Schulalltag wurde als halbwegs erschwert wahrgenommen, wobei die SHP die Erschwerung signifikant geringer einschätzten als die anderen Akteure. Grundsätzlich waren die SHP bezüglich der Diversität in der Klasse etwas positiver eingestellt als die LP. Zudem lagen die Antwortmittel der vier Akteursgruppen leicht höher als bei der generellen Einstellung zu ISR. In Bezug auf die generellen (nicht kindbezogenen) Aspekte der ISR sind die Fachpersonen folglich leicht kritischer als in Bezug auf die Einstellung zu Diversität. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 43 Einstellung zu Diversität in der Klasse 3.8 Von der Unterschiedlichkeit der Kinder profitiert die ganze Klasse. 3.7 3.4 3.9 Ich mag die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Fachpersonen. Die heterogene Zusammensetzung der Schulklasse erschwert den Schulalltag. SHP SP SL * LP–SHP * LP–SP * LP–SL 4.5 4.6 4.5 * SHP–SL * SP–SL 3.8 3.7 3.6 4.0 Heterogenität in der Klasse ist eine Herausforderung für mich. LP * LP–SHP * LP–SL * SHP–SP * SHP–SL 4.1 2.9 1.0 2.0 * LP–SHP * SHP–SP * SHP–SL 3.3 3.3 3.3 3.0 4.0 5.0 Abbildung 22: Aussagen LP (n = 213–214), SHP (n = 206–209), SP (n = 63–65) und SL (n = 113–117) zur Einstellung zu Diversität in der Klasse. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: ANOVA. * = signifikante Unterschiede. Bezüglich der Einstellungen zur schulischen Integration wurden LP und SHP mit fünf Items von Reusser et al. (2013) befragt. Die Antworten auf der fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) fielen zwischen den verschiedenen Items recht unterschiedlich aus (siehe Abbildung 23). So lagen die Werte für die Schwierigkeit, die Lernplanziele zu erreichen, zwischen 2.4 und 2.8 und bezüglich der Herausforderung für die Unterrichtsführung zwischen 3.8 und 4.1. Insgesamt zeigten die SHP signifikant tiefere Werte als die LP, was sich auch in der Gesamtskala widerspiegelt (Reliabilität von α = .72–.74). Dies bedeutet, dass die SHP positivere Einstellungen zur Integration aufwiesen als die LP. Diese umgekehrte Interpretation der Pole ist auf die Formulierung der Items zurückzuführen, welche die Einstellungen gewissermassen negativ abfragten. Im Vergleich mit der generellen Einstellung zur ISR und der Einstellung zu Diversität fielen diese Einstellungen negativer aus. Gemäss Reusser et al. (2013) liegen die Werte bei der Messung von unterrichtsnahen Einstellungen generell tiefer als Werte zu eher allgemeinen Einstellungen. Einstellung zur schulischen Integration ... überfordert unser Schulsystem. 2.7 3.3 * LP–SHP ... führt zu einer deutlichen Veränderung der LehrLern-kultur. 3.7 3.6 ... stellt für die Lehrpersonen eine erhebliche zusätzliche Belastung dar. 3.7 ... bringt wesentliche Herausforderungen für die Unterrichtsführung mit sich. 3.8 ... macht es schwieriger, die Lehrplanziele zu erreichen. 2.4 Gesamtskala LP SHP 2.0 4.1 2.8 * LP–SHP * LP–SHP 3.2 1.0 * LP–SHP 3.9 3.0 3.6 * LP–SHP 4.0 5.0 Abbildung 23: Aussagen LP (n = 213–215) und SHP (n = 206–209) zu Einstellungen zur schulischen Integration. Frage: „Die Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) …“ Statistisches Verfahren: ANOVA. * = signifikante Unterschiede. 44 PH Luzern Weiter wurden die LP anhand von sieben Items nach Reusser et al. (2013) zur Berücksichtigung von individuellen Lernbedürfnissen im Unterricht auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) befragt. Die höchste Ausprägung der Individualisierung mit einem Mittel von 4.1–4.2 zeigten die LP in den Items, welche sich darauf bezogen, dass „schnellere“ Kinder schon zur nächsten Aufgabe weitergehen könnten, während mit den langsameren noch geübt werde, und dass der Unterricht auf die Vielfalt der Kinder hin geplant werde (siehe Abbildung 24). Die tiefste Ausprägung an Individualisierung mit einem Mittel von 3.2 zeigte sich beim Item welches besagt, dass in Prüfungen Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden angeboten würden. Die sieben Items zur Berücksichtigung von individuellen Lernbedürfnissen lassen sich zu einer Gesamtskala mit einer Reliabilität von α = .69 zusammenfassen. Das Antwortmittel lag bei 3.8. Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse „Schnellere“ Kinder gehen schon zum nächsten über, wenn ich mit den Langsameren noch übe oder wiederhole. 4.2 Ich plane meinen Unterricht auf die Vielfalt der Kinder hin. 4.1 Ich gebe gezielte Zusatzaufgaben, wenn Kinder etwas nicht verstanden haben. Bei der Leistungsbeurteilung honoriere ich auch die individuellen Fortschritte der Kinder. Es gelingt mir, Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen in meinem Unterricht angemessen zu fördern. Die Kinder erhalten von mir ihren Fähigkeiten entsprechende unterschiedliche Hausaufgaben. In Prüfungen biete ich mehrere (nach Fähigkeitsgruppen angepasste) Schwierigkeitsgrade von Aufgaben an. 3.8 3.7 3.6 3.6 3.2 3.8 Gesamtskala LP 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 24: Aussagen LP (n = 192–202) zur Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse. Frage: „Fragen zur Unterrichtsgestaltung.“ Analog dazu wurden auch die Eltern anhand von vier Items auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) zur Berücksichtigung der individuellen Lernbedürfnisse ihres Kindes durch die LP befragt. Die höchste Zustimmung mit einem Mittel von 4.3 zeigte sich beim Item, welches besagte, dass die Eltern es sinnvoll fänden, woran die Fachperson mit dem Kind arbeite (siehe Abbildung 25). Die geringste Zustimmung mit einem Mittel von 3.5 erhielt das Item, welches die Anpassung des Unterrichts an das Bedürfnis des Kindes durch die LP thematisierte. Zusammengefasst zu einer Gesamtskala (Reliabilität von α = .72) lag das Antwortmittel der Eltern bei 3.9 und somit ebenfalls knapp unter der Ausprägung „trifft eher zu“ wie das Antwortmittel der LP. Berücksichtigung der individuellen Lernbedürfnisse: Sicht Eltern Ich finde es sinnvoll, woran die Fachpersonen mit unserem Kind arbeiten. 4.3 Die Klassenlehrperson fördert mein Kind gemäss seinen individuellen Fähigkeiten. 4.0 Die Klassenlehrperson gibt unserem Kind oft Aufgaben, die auf seinen Lernstandabgestimmt sind. 4.0 Die Klassenlehrperson passt den Unterricht so an, dass er auch den Bedürfnisse unseres Kindes entspricht. 3.5 3.9 Gesamtskala Eltern 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 25: Aussagen Eltern (n = 199–208) zur Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse aus der Sicht der Eltern. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 45 Die Meinung der Eltern bezüglich der Förderung und Beurteilung ihres Kindes durch die LP wurde mit zwei Items auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) abgefragt. Die Eltern empfanden die Beurteilung der LP im Mittel als eher fair bis fair (siehe Abbildung 26) Zudem fanden sie, dass von ihrem Kind eher angemessen hohe Leistungen gefordert würden. Entsprechend bewerteten die Eltern die Förderung ihres Kindes durch die LP als gut. Förderung des Kindes Die Klassenlehrperson beurteilt unser Kind fair. 4.4 Von unserem Kind werden in der Schule angemessen hohe Leistungen gefordert. Eltern 4.0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 26: Aussagen Eltern (n = 204–207) zur Förderung des Kinds aus der Sicht der Eltern. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Neben der Beurteilung der Leistung durch die LP wurden die Eltern (n = 198–204) auch zu ihrer Unterstützung des Kindes befragt. Zur Erhebung der Unterstützungsleistung bei schulischen Schwierigkeiten wie auch bei den Hausaufgaben wurden den Eltern zwei respektive vier Unterstützungsoptionen vorgeschlagen, welche sie ankreuzen konnten (Mehrfachankreuzungen möglich). Zur Erfassung der Unterstützung bei schulischen Schwierigkeiten gab es für die Eltern zusätzlich ein offenes Antwortfeld. Die Analyse der Unterstützung bei den Hausaufgaben ergab folgendes Bild: 68% der Eltern helfen ihrem Kind bei den Hausaufgaben, während 15% der Eltern angaben, dass ihr Kind die Hausaufgaben im Hort oder in der Hausaufgabenstunde löse. 1% der Eltern sagte aus, dass sie für ihr Kind eine private Hausaufgabenhilfe engagiert hätten, und 31% zufolge benötigt das Kind keine Hilfe, weil es die Hausaufgaben allein lösen könne. Bei der Hälfte der Kinder (8%), welche ihre Hausaufgaben im Hort oder in der Hausaufgabenstunde lösen, helfen die Eltern bei den Hausaufgaben ebenfalls mit. Bei einem der zwei Kinder (0.5%), die eine private Hausaufgabenhilfe haben, unterstützen die Eltern gemäss Selbstaussage zusätzlich. Bei fünf Kindern (3%), die ihre Hausaufgaben im Hort oder in der Hausaufgabenhilfe lösen, gaben die Eltern an, dass ihr Kind keine Unterstützung bei den Hausaufgaben erhalte. Schliesslich gaben 13% der Eltern paradoxerweise zugleich an, dass ihr Kind die Hausaufgaben alleine lösen könne und sie das Kind bei den Hausaufgaben unterstützen würden. Bezüglich der Unterstützung bei schulischen Schwierigkeiten arbeiten 52% der Eltern mit ihrem Kind an Themen, die im Unterricht behandelt werden. 34% der Eltern erhielten von der LP und/oder SHP gezielte Lernmaterialien zur Unterstützung ihres Kindes. Wie dem freien Antwortfeld zu entnehmen ist, unterstützen 29% der Eltern ihr Kind auf alternative Weise, beispielsweise durch Förderung von Motivation, Selbstvertrauten, Selbst- und Sozialkompetenz (12 Nennungen), Förderung von Fachkompetenz im Bereich Sprache, Lesen oder Rechnen (12 Nennungen), Förderung im Alltag und Alternativtherapien (9 Nennungen) oder private Nachhilfestunden (6 Nennungen). 46 PH Luzern Zusammenhang der Einstellungen der Fachkräfte und der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung Den Themenbereich „Unterstützung der Kinder mit ISR im Unterricht“ abschliessend wurde getestet, wie die einzelnen Faktoren mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung zusammenhängen. Dazu wurden ein mehrstufiges Mehrebenenmodell für die LP und die Fachpersonen und ein Regressionsmodell für die Eltern gerechnet. Im ersten Schritt des Mehrebenenmodells wurden die generelle Einstellung zu ISR und die Einstellung zu Diversität in der Klasse – beide Faktoren von LP, SHP, SP und SL beurteilt – ins Modell aufgenommen. Die beiden Faktoren „Generelle Einstellung zu ISR“ (z = 3.90, p < .001) und „Einstellung zu Diversität in der Klasse“ (z = 2.55, p < .05) stehen in signifikant positivem Zusammenhang mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung. Dies bedeutet, dass die Angemessenheit der Förderung bei wohlwollender Einstellung gegenüber ISR und gegenüber Diversität in der Klasse besser bewertet wurde. In einem weiteren Schritt wurde die Einstellung zur schulischen Integration ins Modell aufgenommen – das Modell basierte nun nur noch auf Daten von LP und SHP –, wobei dieser neue Faktor signifikant wurde (z = -2.13, p < .05). Das heisst, je wohlwollender die Einstellung der LP und SHP zur schulischen Integration ausfiel, desto höher schätzten sie die Angemessenheit der Förderung ein. Dabei blieb die generelle Einstellung als signifikanter Faktor bestehen (z = 2.77, p < .01), die Einstellung zur Diversität jedoch war in diesem Modell ohne Effekt. Als letzter Faktor wurde die von den LP eingeschätzte Berücksichtigung der individuellen Lernbedürfnisse ins Modell aufgenommen. Dieser Faktor steht in keinem signifikanten Zusammenhang mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung, unabhängig davon, ob die Daten für LP, SHP, SP und SL oder nur die Daten für LP und SHP berücksichtigt wurden. Die von den Eltern eingeschätzte Berücksichtigung der individuellen Lernbedürfnisse steht mit ihrer Wahrnehmung der Angemessenheit der Förderung im Zusammenhang (β = .45, p < .001), wie das gerechnete Regressionsmodell aufzuzeigen vermochte. In anderen Worten bedeutet dies, je stärker die Eltern die individuellen Bedürfnisse ihres Kindes als berücksichtigt erachteten, desto angemessener schätzen sie die Förderung ein. 3.1.2 Gewährleistung der Fachlichkeit der Förderung durch Lehr- und Fachpersonen Qualifikationen der Lehr- und Fachpersonen Die Aus- und Weiterbildung sowie graduell auch die Berufserfahrung sind bedeutsame Indikatoren für die Gewährleistung der Fachlichkeit bei der Förderung der Schülerinnen und Schüler. 64% der antwortenden SHP verfügten über eine Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik oder befinden sich noch in Ausbildung (siehe Abbildung 27). Von den verbleibenden 35% der SHP gaben 24% an, über ein Primarlehrdiplom zu verfügen. Weiter berichten 20% über Abschlüsse als Kindergarten-, Sekundar- oder DaZ-LP, in Logopädie, Sozialpädagogik, Psychologie oder eine andere Ausbildung. Wer nicht über eine Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik verfügte, hatte die Möglichkeit, mehr als eine Ausbildung anzugeben (Abbildung 27 summiert sich folglich nicht auf 100%). Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 47 Ausbildung Schulische Heilpädagogik 64% Kiga-LP 2% Primar-LP 24% Sekundar-LP 3% DaZ-LP 2% Logopädie 2% Sozialpädagogik 1% Psychologie 1% andere SHP 9% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Abbildung 27: Aussagen der SHP (n = 206) zu ihrer Berufsausbildung. Frage: „Ich habe eine Ausbildung als: …“ Offenes Antwortfeld. Die heilpädagogische Ausbildung der als SHP tätigen Fachperson hat bei den Befragten eine Wirkung auf die Einstellung zu Diversität in der Klasse und zur schulischen Integration. So zeigten LP, SHP, SP und SL eine positivere Einstellung gegenüber Diversität in der Klasse (z = 2.40, p < .05 [Mehrebenenanalyse]) und zur schulischen Integration9 (z = -2.15, p < .05), wenn die SHP eine entsprechende Ausbildung aufwies. Auf die generelle Einstellung zu ISR hatte die Ausbildung der SHP hingegen keinen Effekt. Dafür wird die Zusammenarbeit zwischen LP und SHP durch die Ausbildung der SHP in Schulischer Heilpädagogik beeinflusst. Die Zusammenarbeit wird von LP und SHP positiver bewertet, wenn SHP die entsprechende Ausbildung absolviert haben (z = 2.41, p < .05). Zusätzlich gaben 83 SHP (40%) an (unabhängig davon, ob sie eine Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik absolviert hatten), dass sie an einer spezifischen Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulungsbedarf teilgenommen hatten oder zum Befragungszeitpunkt in Ausbildung waren. Am häufigsten genannt wurden Weiterbildungen wie Ausbildung in Heilpädagogik ohne weitere Spezifikation, Unterricht/Didaktik/Methodik, sowie Förderdiagnostik und Förderplanung (siehe Abbildung 28). Von den SHP mit einem Abschluss in Schulischer Heilpädagogik oder in Ausbildung absolvierten 44% eine spezifische Weiterbildung. Von den SHP ohne Abschluss in Schulischer Heilpädagogik machten 32% eine spezifische Weiterbildung. 9 Da die Einstellung zu schulischer Integration negativ gepolt gemessen wurde (tiefer Wert = wohlwollende Einstellung; hoher Wert = ablehnende Einstellung), bedeutet ein negativer z-Wert einen positiven Zusammenhang zwischen Ausbildung und Einstellung. a 48 PH Luzern Spezifische Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulungsbedarf Ausbildung in Heilpädagogik ohne Spezifikation 18% Unterricht/Didaktik/Methodik 15% Förderdiagnostik/Förderplanung 11% ASS/Autismus 7% ADHS/schwieriges Verhalten 5% Zusammenarbeit/Kommunikation 5% Sinnesbehinderung 2% Körperbehinderung 1% Nicht spezifizierte WB/andere 51% 0% SHP 10% 20% 30% 40% 50% 60% Abbildung 28: Aussagen aller SHP (mit und ohne Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik; n = 82) zu spezifischer Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulbedarf. Offenes Antwortfeld. Von den LP hatten 39 Personen (18%) eine spezifische Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulungsbedarf in den folgenden Themen absolviert: Einführung in die Heilpädagogik/Integrierte Sonderschulung, spezifische Behinderung und Zusammenarbeit (siehe Abbildung 29). Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulungsbedarf Einführung HP/ISR 32% Spezifische Behinderungen 22% Zusammenarbeit 11% Weitere WB oder nicht spezifiziert LP 38% 0% 10% 20% 30% 40% Abbildung 29: Aussagen der LP (n = 37) zur spezifischen Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulbedarf. Frage: „Ich habe eine Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulungsbedarf gemacht.“ Offenes Antwortfeld. Die Befragung der SL (n = 118) zum Thema „Ausbildung der SHP“ ergab folgendes Bild: Die SL gaben an, dass an ihren Schulen im Schnitt fünf SHP arbeiten würden (SD = 4.2, Range: 1–34). Davon verfügten im Schnitt 2.8 der SHP (SD = 2.0, Range: 0–11) über einen Abschluss in Schulischer Heilpädagogik. SHP ohne Abschluss in Schulischer Heilpädagogik qualifizieren sich aus der Sicht der SL für ihre Arbeit durch ihre gegenwärtige Aus-/Weiterbildung in Schulischer Heilpädagogik (37%), durch ihre geplante Aus-/Weiterbildung in Schulischer Heilpädagogik (34%), durch langjährige Berufserfahrung (62%) und/oder durch eine andere Qualifikation (18%). Diese anderen Qualifikationen stehen für eine enge Zusammenarbeit mit SP, SHP, LP und Dozierenden der PHZH, Erfahrung als LP/DaZ-LP, diverse Kurse/Selbststudium, Ausbildung für DaZ, Legasthenie, Dyskalkulie, Sozialpädagogik, Interesse/Flair und/oder 55+Status. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 49 Im Zusammenhang mit Fragen der Aus- und Weiterbildung interessiert auch der Umfang der Berufserfahrung. Die Berufserfahrung der LP, SHP, SP und SL lag zwischen 0 und 30 Jahren (SP und SL) respektive zwischen 0 und 41 Jahren (LP und SHP, siehe Abbildung 30) mit einem Schnitt von 9 Jahren für SL, 10 Jahren für SHP, 13 Jahren für SP und 17 Jahren für LP. Die Berufserfahrung der LP ist signifikant grösser als jene der SHP, SP und SL (F = 25.37, p < .001). Die Berufserfahrung der anderen drei Akteursgruppen unterscheidet sich demgegenüber nicht signifikant. Überdies ist die Berufserfahrung ohne Effekt auf die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung. Berufserfahrung Anzahl Personen 20 15 10 5 0 1 3 5 7 9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35 37 39 41 Erfahrung in Jahren LP SHP SPD SL Abbildung 30: Aussagen der LP (n = 215) und SHP (n = 131) zu ihrer Berufserfahrung. Frage: „Lehrperson/SHP seit … Jahren.“ In welchem Zusammenhang steht die Berufserfahrung mit den integrationsrelevanten Einstellungen und der Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse im Unterricht? Die Berufserfahrung der Akteure stand in negativem Zusammenhang mit der generellen Einstellung zu ISR (r = -.12, p < .01), mit der Einstellung gegenüber Diversität in der Klasse (r = -.13, p < .01) und mit der schulischen Integration (r = .25, p < .001; nur von LP und SHP beurteilt). Die Berufserfahrung stand jedoch in positivem Zusammenhang mit der Gesamtskala „Berücksichtigung individueller Bedürfnisse“ (r = .14, p < .05). Diese signifikanten Zusammenhänge mit der Berufserfahrung weisen darauf hin, dass LP, genauso wie die anderen drei Akteursgruppen SHP, SP und SL, mit mehr Berufserfahrung eher eine negativere Einstellung zu ISR allgemein, zu Diversität und zu schulischer Integration haben, aber individuelle Bedürfnisse der Kinder besser berücksichtigen können als LP mit weniger Berufserfahrung. Insgesamt zeigen diese Auswertungen, dass ein Mangel an ausgebildeten SHP besteht, da gegenwärtig rund ein Drittel ohne entsprechende Ausbildung arbeitet. ISR-spezifische Weiterbildungen sind bei den SHP nicht Standard und bei den LP relativ wenig verbreitet. Folglich gibt es sowohl in der Aus- wie auch in der Weiterbildung Aufholbedarf, um die Qualifikation der Lehr- und Fachpersonen sicherzustellen und damit zur Fachlichkeit der Förderung beizutragen. Dabei sollte geklärt werden, warum bei den Lehr- und Fachpersonen, insbesondere hinsichtlich von Weiterbildung, Barrieren bestehen und wie diese Hemmschwellen reduziert werden könnten. 50 PH Luzern Zusammenhang von Ausbildung und Erfahrung mit der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung Um die Effekte der Qualifikation der Lehr- und Fachpersonen auf die wahrgenommene Angemessenheit der Förderung zu prüfen, wurden die Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik und die Berufserfahrung als Prädiktoren für die wahrgenommene Angemessenheit der Förderung in einem Gesamtmodell geprüft. Dabei zeigte sich für keinen der beiden Faktoren ein signifikanter Effekt. In einem weiteren Schritt wurde die Weiterbildung der LP und SHP ergänzt, welche jedoch ebenfalls in keinem signifikanten Zusammenhang mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung steht. Wie oben jedoch gezeigt wurde, haben eine Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik und Berufserfahrung einen Effekt auf die Einstellungen zu ISR und Integration, auf die Zusammenarbeit zwischen LP und SHP sowie auf die Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse. Und diese Faktoren wiederum stehen in einem Zusammenhang mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung. Folglich scheinen Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik und Berufserfahrung einen indirekten Effekt auf die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung zu haben. Beratung und Unterstützung der Lehrpersonen Abgesehen von der Qualifikation der LP bilden auch Beratung und Unterstützung einen wichtigen Faktor zur Sicherung der Fachlichkeit der Förderung der Schülerinnen und Schüler. Zugang zu Beratung und Unterstützung ermöglicht es, Probleme und Schwierigkeiten umfassend und nachhaltig anzugehen und zu lösen. Rund zwei Drittel der LP gaben an, zu wissen, an wen sie sich bei Problemen im Zusammenhang mit ISR wenden können (72%). Am häufigsten wurde die SL als Anlaufstelle genannt, gefolgt von den SHP (siehe Abbildung 31). Weiter wurden Anlaufstellen wie SP, Kolleginnen und Kollegen, Sonderpädagogische Fachstelle, Schulpflege oder Eltern genannt. Dabei nannten 40% der LP im freien Textfeld eine Anlaufstelle, 69% der LP zwei Anlaufstellen und 27% der LP drei oder mehr Anlaufstellen. 5% der LP liessen das offene Textfeld leer. Mögliche Anlaufstellen der LP bei Problemen mit ISR SL 76% SHP 50% SPD 17% Kollegen 8% Fachstelle 7% Schulpflege 3% Eltern 3% andere LP 14% 0% 20% 40% 60% 80% Abbildung 31: Aussagen der LP (n = 156) zu möglichen Anlaufstellen bei Problemen mit ISR. Frage: „Ich weiss, an wen ich mich wenden kann, wenn es im Zusammenhang mit ISR Probleme gibt. Nämlich: …“ Offenes Antwortfeld. Bei Fragen zur Umsetzung des ISR-Settings wenden sich die LP am häufigsten an die SHP und ähnlich häufig an die SL (siehe Abbildung 32). Für ein Viertel der befragten LP stellen auch die SP eine Stelle zur Klärung der Fragen rund um das ISR-Setting dar. Das VSA sowie B+U-Anbieter wurden nur von wenigen LP zur Klärung ihrer Fragen genutzt. Vier LP gaben keine dieser fünf Optionen als Stelle zur Klärung ihrer Fragen an. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 51 Genutzte Anlaufstellen der LP bei Fragen zur Umsetzung des ISRSettings SHP 82% SL 76% SPD 25% VSA 3% B+U 1% LP 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 32: Aussagen der LP (n = 216) zur genutzten Anlaufstelle bei Fragen zur Umsetzung des ISR-Settings. Frage: „An wen wende ich mich als Lehrperson in erster Linie, wenn ich Fragen bei der Umsetzung mit dem ISRSetting habe?“ (Mehrfachantworten möglich). Wenn SL (n = 117) Fragen zur Umsetzung des ISR-Settings haben, dann wenden sich 71% an die SP, 68% an die SHP, 22% an die B+U-Anbieter und 19% ans VSA. 33% der Befragten nannten noch andere Anlaufstellen wie externe Fachstellen (Heilpädagogische Schule, Autismusberatung, Coaching von KJPD & SPZ; 17 Nennungen), Fachstelle Sonderpädagogik in der Gemeinde (11 Nennungen) und andere SL (11 Nennungen). Wurden die SP gefragt, ob sie Beratungen von LP und SHP durchführen würden, wenn es Fragen in Bezug auf die Förderung des Kindes gab, beantworteten diese Frage 94% mit Ja. Diese Beratungen fanden bei 8% der SP sehr häufig statt, bei 38% oft, bei 32% manchmal, bei 17% selten und bei 5% fast nie. Die meistgenannten Themenbereiche dieser Beratung betrafen die Abklärung von Sonderschulbedarf, Fragen zur Förderung des Kindes und emotionale Belastungen des Kindes (siehe Abbildung 33). Unter der Rubrik „andere“ wurden Themen wie Überprüfung der Sonderschulung, Schullaufbahnberatung, Elternberatung und Konfliktmoderation genannt. Zudem gaben alle befragten SP an, dass sie auch Triagen im Hinblick auf die Überweisung zu weiteren Beratungsstellen wie KJPD, KJZ, Psychotherapie, Ärztinnen und Ärzten, SSA, Erziehungsberatung, Suchtberatung, Familienberatung, Frühberatung, KESB und Autismusfachstelle vornähmen. Fragestellung der Beratungen Abklärung Sonderschulbedarf 89% Fragen zur Förderung des Kindes 89% emotionale Belastungen des Kindes 84% Fragen zur sozialen Situation des Kindes in der Klasse 71% Fragen zu bestimmtem Störungsbild 66% Beantragung zusätzlicher Ressourcen 62% Fragen zur familiären Situation des Kindes 61% Abklärung Nachteilsausgleich 59% andere SP 10% 0% 25% 50% 75% 100% Abbildung 33: Aussagen der SP (n = 61) zu den Beratungen der LP und SHP. Frage: „Welche Art von Fragestellung ergibt sich für die Beratung?“ (Mehrfachantworten möglich). 52 PH Luzern Die SL (n = 117) listeten zudem auf, welche externen behinderungsspezifischen Beratungen von ihren Schulen in Anspruch genommen wurden. 74% machten von solch behinderungsspezifischen Angeboten wie Beratungen zu Gehör und Sprache (49 Nennungen), zu Sehbehinderung (25 Nennungen), zu Autismus (16 Nennungen) und zu körperlicher Behinderung (10 Nennungen) Gebrauch oder nannten Diverses (15 Nennungen). Nebst Beratungen und Anlaufstellen dienen auch Weiterbildungen zur Unterstützung in anspruchsvollen Situationen. Schulinterne behinderungsspezifische Weiterbildungen finden laut SL (n = 117) in 19% der befragten Schulen statt. Themen dieser schulinternen behinderungsspezifischen Weiterbildungen sind: Autismus (6 Nennungen), Verhaltensauffälligkeiten (4 Nennungen), Sehbehinderung (4 Nennungen), allgemeine Heilpädagogik/Integration (4 Nennungen), Hörbehinderung/Gebärdensprache (3 Nennungen) und Diverses (7 Nennungen). Die Auswertung der möglichen wie auch der genutzten Anlaufstellen zeigt, dass für LP vor allem schuleinheitsinterne Ressourcen für die Klärung von Fragen und Problemen rund um das ISR-Setting genutzt werden, wobei die SP aus der Sicht der LP jeweils eine untergeordnete Rolle spielen. Auch die SL nutzen zur Klärung ihrer Fragen bei der Umsetzung des ISRSettings vor allem schulinterne Ressourcen, indem sie sich insbesondere an SP und SHP wenden. Die Mehrheit der SL gab jedoch auch an, dass externe behinderungsspezifische Beratungen in Anspruch genommen würden; bei knapp einem Fünftel der Schulen finden auch schulinterne Weiterbildungen zu behinderungsspezifischen Themen statt. Eine mögliche Erklärung für die vorherrschende Nutzung der schuleigenen Fachpersonen bei Fragen vermuten wir in der bedeutsamen Rolle der physischen Nähe sowie in der persönlichen oder inhaltlichen Vertrautheit. Aus diesen Ergebnissen leiten wir zwei Implikationen ab: Erstens scheint es uns wichtig, zu prüfen, ob SHP und SL in dieser Aufgabe als Anlaufstelle bei Fragen und Problemen bezüglich der Umsetzung des ISR-Settings kompetent agieren können, respektive sie bei dieser wichtigen Funktion zu unterstützen. Je nach Auslastung könnte es allenfalls sinnvoll sein, auch die SP in dieser Funktion zu stärken, da physische Nähe sowie inhaltliche und strukturelle Vertrautheit ebenfalls gegeben sein können. Zweitens könnten Fachstellen wie beispielsweise VSA und B+U-Anbieter versuchen, noch sichtbarer zu werden, einerseits um LP direkt zu unterstützen und anderseits um indirekt zu wirken, indem sie Beratungsangebote für SL und SHP schaffen. 3.1.3 Rahmenbedingungen von ISR Zum Abschluss des Kapitels zur Umsetzung der Förderung im ISR-Setting werden die Rahmenbedingungen von ISR entlang der folgenden Themen dargestellt: Einführungszeitpunkt und Informationspolitik zur Einführung von ISR, Kenntnis der gesetzlichen Grundlangen zu ISR, Stundenpool und Kosten, Wahrnehmung der Umsetzung von ISR, Aufsicht über die Umsetzung von ISR, Vorteile und Nachtteile von ISR gegenüber ISS, besondere Bedürfnisse, die sich nicht für die Integration eignen, gewünschte Vorgaben des Kantons sowie Massnahmen zur Gewährleistung eines passenden ISR-Settings. Laut Angaben der SL (n = 114) wurde die ISR bei 55% der befragten Schulen im Schuljahr 2011/2012 eingeführt, bei 35% der Schulen im Schuljahr 2012/2013 und bei 10% der Schulen im Schuljahr 2013/2014. Die Vorbereitung der LP auf ISR fand mittels schriftlicher Information (an 55% der Schulen), mündlicher Information (an 97% der Schulen), schulinterner Weiterbildung (an 42% der Schulen) und Beratung bezüglich möglicher Weiterbildung einzelner LP (an 70% der Schulen) statt. Dabei nutzten 4% der Schulen alle vier möglichen Kanäle, 25% der Schulen drei der möglichen Kanäle, 42% der Schulen zwei der möglichen Kanäle und 26% der Schulen keinen der möglichen Kanäle. 3% der angefragten Schulen beantworteten diese Frage nicht. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 53 SL und SP wurden anhand von drei Items auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) zur Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen und zum ISRbezogenen Fachwissen der Akteure LP, SHP, SL und Schulpflege befragt (Beispielitem: „Das notwendige Fachwissen bei den Klassenlehrpersonen ist vorhanden, um ISR durchzuführen“). Den SL und der Schulpflege wurden Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen zugesprochen (siehe Abbildung 34). Die notwendigen Fachkenntnisse der SHP wurden von beiden befragten Akteursgruppen höher eingeschätzt als jene der LP, welche zwischen „teils, teils“ und „eher zutreffend“ zu liegen kamen. Die Einschätzungen der SP fielen stets signifikant kritischer aus als die Einschätzungen der SL. Die verschiedenen Aspekte zu gesetzlichen Grundlagen und Fachwissen lassen sich zu einer Gesamtskala zusammenfassen, wobei die Skala eine Reliabilität von α = .53–.74 aufweist. Die SP schätzten die Gesamtkenntnisse der Akteure auf der Gesamtskala zwischen „teils, teils“ und „trifft eher zu“ ein. Die SL schätzten die Gesamtkenntnisse signifikant höher als die SP. Die Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen und das Fachwissen stehen nicht im Zusammenhang mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung. Kenntnis der gesetzlichen Grundlagen und Fachwissen SL und Schulpflege kennen die gesetzlichen Grundlagen von ISR 3.9 Das notwendige Fachwissen bei den SHP ist vorhanden, um ISR durchzuführen 3.5 3.0 *SP-SL 3.4 3.5 Skala Fachwissen SL *SP-SL 4.2 Das notwendige Fachwissen bei den Klassenlehrpersonen ist vorhanden, um ISR durchzuführen SP *SP-SL 4.2 *SP-SL 3.9 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 34: Aussagen SP (n = 65) und SL (n = 117) zu Fachwissen. Frage: „Fragen zu Ihrer grundsätzlichen Einschätzung der ISR. Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: t-test. Zusätzlich wurden SP und SL anhand von drei Items zum Stundenpool und zu den Kosten befragt, welche auf einer fünfstufigen Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) eingeschätzt werden konnten. Die Frage, ob die gesprochenen Stunden für das ISRSetting ausreichen würden, um eine angemessene Förderung zu erreichen, wurde von SP und SL in der Mitte der Skala eingestuft (siehe Abbildung 35). Die Erhöhung des IF-Pools als sinnvolle Alternative zu ISR wurde von SP und SL im Schnitt mit „teils, teils“ beantwortet. Die SL schätzten die Belastung des Gemeindebudgets leicht über dem Schnitt der Antwortskala ein, die SP leicht unter dem Schnitt. Die beiden Akteursgruppen unterscheiden sich bezüglich ihrer Einschätzung signifikant voneinander. Die drei Items zu Stundenpool und zu den Kosten stehen in keinem Zusammenhang mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung. Zur Wahrnehmung der Umsetzung der ISR wurden die SL (n = 117) mittels einer Skala, bestehend aus vier Items befragt (Beispielitems: „Die Umsetzung der ISR an unserer Schule verläuft problemlos“; „Probleme im Zusammenhang mit der ISR konnten wir bis anhin immer selbst lösen“; Reliabilität von α = .75). Die Antwortskala war fünfstufig und reichte von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“). Das Antwortmittel der SL lag bei 3.6 (SD = 0.73). Das heisst, die SL schätzten die Umsetzung der ISR im Schnitt als „teils, teils“ bis „eher problemlos“ ein. 54 PH Luzern Stundenpool und Kosten Die gesprochenen Stunden für das ISR-Setting reichen aus, um die Kinder angemessen zu fördern. 3.1 3.1 Statt ISR durchzuführen sollte, man besser den IFPool an den Schulen erhöhen. 3.1 3.0 * SP–SL ISR belastet das Gemeindebudget unverhältnismässig. SP SL 2.8 3.3 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 35: Aussagen SP (n = 59–65) und SL (n = 112–117) zu Stundenpool und Kosten. Frage: „Fragen zu Ihrer grundsätzlichen Einschätzung der ISR. Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: t-test. Eine klar geregelte Aufsicht über ISR stellt gemäss der Studie von Zehnder Bühler (2015) eine wichtige Voraussetzung dar, um die Qualität von ISR zu sichern. Gemäss Auskunft der SL ist die Aufsicht über ISR an den verschiedenen Schulen unterschiedlich angesiedelt. Bei der Mehrheit der Schulen oblag die Aufsicht über ISR der Schulpflege (60%; siehe Abbildung 36). Bei weiteren 20% war die Aufsicht bei den SL und bei 16% bei der Fachleitung respektive Fachstelle angesiedelt. Wenige SL (8%) nannten zwei Aufsichtsstellen. Aufsicht über ISR 60% Schulpflege 20% SL Fachleitung/Fachstelle Sonderpädagogik/Pädagogische Beratung 16% SPD 5% Schulleitung Sonderpädagogik 3% Leitung Pädagogik & Schulentwicklung 3% unklar 1% SL 0% 20% 40% 60% 80% Abbildung 36: Aussagen der SL (n = 117) zur Aufsicht über ISR. Frage: „Wer hat in Ihrer Schule die Aufsicht über ISR?“ Offenes Antwortfeld. Wurden SL und SP zu den Vor- und Nachteilen von ISR gegenüber ISS befragt, nannten die beiden Akteursgruppen ähnliche Argumente. 62% der befragten SP und 71% der befragten SL erkannten im ISR-Setting Vorteile gegenüber ISS. Wer Vorteile im ISR-Setting sah, listete anschliessend seine Argumente dazu auf (siehe Abbildung 37). Das meistgenannte Argument waren die einheitlichen Anstellungsbedingungen für alle LP und Fachpersonen (SP: 32%; SL: 37%). Dies vereinfache die Personalführung und bringe Flexibilität in die Ressourcenplanung. Von knapp 20% der befragten SL und SP wurde auch die vereinfachte und dadurch flexiblere Zusammenarbeit genannt. Die Fachpersonen (SHP) seien durch ISR, und damit durch die Anstellung in der Schulgemeinde, dichter in das Geschehen der Regelschule eingebunden. Weitere Argumente, die zwischen 1% und 13% der Befragten nannten, waren: Bessere Gewährleistung der Integration und – was aufgrund der transparenten Heterogenität vermutet wurde – eine geringere Stigmatisierung. Ein weiterer Vorteil wurde darin gesehen, dass es weniger Personal pro Klasse gebe, wodurch für Eltern besser ersichtlich werde, wer als AnEvaluationsbericht ISR Kanton Zürich 55 sprechperson gelte. Zudem werde dadurch die Unterstützung gebündelter. Weiter wurde ein Vorteil im positiven Einfluss von ISR auf das Klassenklima und die soziale Entwicklung gesehen. Durch ISR könnten alle Schülerinnen und Schüler von den zusätzlichen Ressourcen profitieren. Als letzter Vorteil wurde schliesslich die Nähe der Fachperson genannt. Auf diese Weise sei das Fachwissen im Team vorhanden und spezifische Angebotsplanung sei besser möglich. Vorteile von ISR gegenüber ISS 32% einheitliche Anstellungsbedigungen/Personalführung 18% 18% vereinfachte, flexiblere Zusammenarbeit 9% Integrationsaspekt besser gewährleistet positiv für Klassenklima/soziale Entwicklung 2% 5% Fachwissen vorhanden, Nähe der Fachperson 5% 1% SL 13% 8% 10% weniger Personal pro Klasse SP 37% 0% 20% 40% Abbildung 37: Aussagen der SP (n = 65) und SL (n = 116) zu den Vorteilen von ISR gegenüber ISS. Frage: „Welche Vorteile hat ISR gegenüber ISS?“ Offenes Antwortfeld. Neben diesen Vorteilen sahen 34% der SP und 29% der SL auch Nachteile von ISR gegenüber ISS: Das Fehlen ausgebildeter SHP und, damit zusammenhängend, das Fehlen von spezifischem Fachwissen (SP: 23%; SL: 11%) wurden von beiden Akteursgruppen als grösster Nachteil empfunden (siehe Abbildung 38). Zudem wurde auch das Wegfallen der Fachberatung, wie sie die Sonderschulen geboten hatten, bedauert. Diverse weitere Argumente wurden jeweils nur von wenigen Vertreterinnen und Vertretern der beiden Akteursgruppen genannt: Insbesondere die SL sahen einen Nachteil vor allem in der Mehrarbeit für die SL und nannten auch den Zusatzaufwand für LP und SHP und die damit einhergehende teilweise Überforderung der LP (SP: 2%; SL: 10%). Ein Nachteil wurde zudem in der erschwerten Versetzung in die Sonderschule gesehen, weil dies nun aufwendiger sei und länger dauere (SP: 5%; SL: 3%). Weiter wurden die höheren Kosten für die Schulgemeinde und die geringeren Ressourcen respektive ISR-Stunden genannt (SP und SL: 3%). Ein Nachteil, den ebenfalls beide Akteursgruppen erwähnten, war die fehlende Qualitätssicherung, einhergehend mit der willkürlichen Umsetzung von ISR, der schnelleren Vergabe des Sonderschulstatus und ISR als Erweiterung von IF (SP: 8%; SL: 1%). Spezifisch von den SL vorgebracht wurden zudem die folgenden Argumente: Keine fixen Pensen für SHP aufgrund der Unberechenbarkeit der Pensenplanung (SL: 2%), die belastende Situation für Regelschülerinnen und Regelschüler, das geringe Verständnis der Eltern und die „Pseudo-Integration“ (SL: 2%) sowie das Risiko der unbefriedigenden Zusammenarbeit zwischen LP und SHP, dem nicht einfach mit Alternativlösungen begegnet werden könne (SL: 1%). Insgesamt ist jedoch festzuhalten, dass die wahrgenommenen Vorteile von ISR gegenüber ISS die wahrgenommenen Nachtteile klar überwiegen. 56 PH Luzern Nachteile von ISR gegenüber ISS ausgebildete SHP fehlen, spezifisches Fachwissen fehlt 2% mehr Aufwand für LP, SP und SL, Überforderung der LP höhere Kosten, zu wenig Ressourcen/ISR-Stunden 3% 3% keine fixen Pensen für SHP, Unberechenbarkeit in der Pensenplanung 2% belastende Situation für Regel-SuS, wenig Verständnis der Eltern, Pseudo-Integration 2% Qualitätssicherung fehlt, Sonderschulstatus wird schneller vergeben 1% keine Alternativen, wenn Zusammenarbeit SHP–LP nicht funktioniert 1% SL 10% 5% 3% Versetzung in Sonderschule geht länger und ist aufwendig SP 23% 11% 8% 0% 20% 40% Abbildung 38: Aussagen der SP (n = 65) und SL (n = 116) zu den Nachteilen von ISR gegenüber ISS. Frage: „Welche Nachteile hat ISR gegenüber ISS?“ Offenes Antwortfeld. Obwohl SP und SL viele Vorteile in ISR sehen, waren 90% beider Akteursgruppen der Überzeugung, dass es spezifische, besondere Bedürfnisse gebe, die sich nicht für ISR eignen würden. Wie Abbildung 39 zeigt, wurden am häufigsten massive Fälle von Verhaltensauffälligkeit und Aufmerksamkeitsstörung genannt (SP: 46%; SL: 35%), also Kinder, die viel sozialpädagogische Betreuung benötigen. Ähnlich häufig sahen SP (34%) eine Schwierigkeit in der Integration von Kindern, die in der Regelklasse nicht ausreichend gefördert werden könnten und deshalb keine Fortschritte machen würden. Über ein Viertel der befragten SP (28%) sahen auch bei Kindern mit starken kognitiven Einschränkungen, Lernschwierigkeiten, Sprachproblemen und Entwicklungsstörungen eine Schwierigkeit im Hinblick auf integrative Beschulung. Ein Viertel der SL (25%) nannte starke körperliche und/oder geistige Behinderung als Hindernis für eine Integration in die Regelklasse. Weitere, weniger häufig genannte spezifische oder besondere Bedürfnisse sind Abbildung 39 zu entnehmen. Besondere Bedürfnisse, die sich nicht für ISR eignen bei massiver Verhaltensauffälligkeit, Aufmerksamkeitsstörung wenn Kind mit ISR nicht ausreichend gefördert werden kann kognitive Einschränkungen, Lernschwierigkeiten, Sprachprobleme, Entwicklungsstörungen 35% 34% 7% 12% 14% bei starker körperlicher u/o geistiger Behinderung wenn Schulsystem zu stark belastet wird durch Kind mit ISR 25% 11% 11% 6% 1% bei wenig unterstützender Familiensituation bei Mehrfachbehinderung/bei besonderen Behinderungen 3% 9% 2% 7% keine generelle Antwort möglich SL 28% 14% 18% wenn Integration fehlschlägt SP 46% 0% 20% 40% 60% Abbildung 39: Aussagen der SP (n = 65) und SL (n = 115) zu spezifischen, besonderen Bedürfnissen, die sich nicht für ISR eignen. Frage: „Welche Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen eigenen sich nicht für eine ISR?“ Offenes Antwortfeld. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 57 Um die Umsetzung von ISR zu vereinfachen und zu standardisieren, wünschten sich 35% der SP und 20% der SL genauere Vorgaben vom Kanton. Diese Vorgaben erhofften sich die Befragten in den Bereichen „Klare Kriterien für Sonderschulbedürftigkeit“ (SP: 18%; SL: 5%), „Stundenpool/Settingvorgaben/Ablaufvorgaben zu spezifischen Störungsbildern“ (SP: 9%; SL: 10%) sowie „Aufsicht/Überprüfung/Begleitung“ (SP: 8%; SL: 1%; siehe Abbildung 40). Einzelne Befragte wünschten sich zudem Vorgaben in den Bereichen „Ausbildungsstandard der Förderlehrperson“ und „Kostenbeteiligung“. Gewünschte Vorgaben zu ISR 18% Kriterien für Sonderschulbedürftigkeit 5% Stundenpool/Settingvorgaben/Ablaufvorgaben (bei spez. Störungsbildern) 9% 10% 8% Aufsicht/Überprüfung/Begleitung 1% 3% Ausbildungsstandard der Förder-LP Kostenbeteiligung SP SL 3% 0% 10% 20% 30% Abbildung 40: Aussagen der SP (n = 65) und SL (n = 115) zu gewünschte Vorgaben zu ISR durch den Kanton. Fragen: „In welchen Bereichen müsste der Kanton genauere Vorgaben zur ISR machen?“ Offenes Antwortfeld. Ergänzend zu den Rahmenbedingungen von ISR wurden LP und SHP gefragt, welche Massnahmen ausgebaut werden müssten, um den Kindern mit ISR ein passendes Setting anbieten zu können. Jede der neun vorgeschlagenen Massnahmen konnte auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) eingeschätzt werden. Für eine Verbesserung der Settings wurden von den LP und SHP die folgenden Massnahmen als vordringlich eingestuft: Klarheit hinsichtlich der Beurteilung von Kindern mit ISR, spezifische Lehrmittel mit individualisierten Aufgaben sowie Zeitgefässe für die Zusammenarbeit (siehe Abbildung 41). Als signifikant unterschiedlich erwies sich die Einschätzung von LP und SHP in puncto spezifischer Lehrmittel mit individualisierten Aufgaben, des Verständnisses des schulischen Umfeldes, der Weiterbildung im Umgang mit Heterogenität sowie der fachlichen Unterstützung durch eine behinderungsspezifische Fachstelle. Abgesehen vom beidseitig geäusserten Wunsch nach spezifischen Lehrmitteln waren es stets die SHP, die einen höheren Verbesserungsbedarf beim Setting ausmachten. Die in einer Gesamtskala (Reliabilität von α =.80–.82) zusammengefassten Items zeigen auf, dass die Wünsche in Bezug auf Verbesserungsmassnahmen zwischen den Wertepunkten 3 und 4 zu liegen kommen und sich nur in einem geringen, aber gleichwohl signifikanten Ausmass zwischen LP und SHP unterscheiden, und zwar dahin gehend, dass die SHP leicht höhere Wünsche nach Verbesserung äusserten. Wie hängen die gewünschten Massnahmen mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung zusammen? Das zur Beantwortung dieser Frage gerechnete Mehrebenenmodell hat gezeigt, dass höhere Werte auf der Gesamtskala der gewünschten Massnahmen für ein passendes ISR-Setting negativ mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung zusammenhängen (z = -2.81, p < .01). Folglich wurde die Angemessenheit der Förderung umso tiefer empfunden, je höher die wünschbaren Massnahmen für ein passendes ISR-Setting eingeschätzt wurden. Eine vertiefte Analyse ergab, dass dieser Effekt aufgrund der beiden gewünschten Massnahmen „Organisatorische Unterstützung durch die Schulleitung“ und „Fachliche Unterstützung durch SHP“ zustande kam. 58 PH Luzern was es noch braucht für ein passendes ISR-Setting Klarheit hinsichtlich der Beurteilung von Kindern mit ISR spezifische Lehrmittel mit individualisierten Aufgaben 4.1 3.9 4.1 3.9 4.0 4.0 Zeitgefässe für die Zusammenarbeit 3.9 3.8 fachliche Unterstützung durch SHP 3.6 Verständnis des schulischen Umfeldes 3.5 Weiterbildungen im Umgang mit Heterogenität organisatorische Unterstützung durch die Schulleitung fachliche Unterstützung durch behinderungsspezifische Fachstelle (z.B. HPS) 3.2 * LP–SHP 3.5 3.1 3.3 3.6 3.7 Gesamtskala SHP * LP–SHP 3.8 3.3 3.2 fachliche Unterstützung durch den SPD LP * LP–SHP 3.9 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 Abbildung 41: Aussagen LP (n = 200–215) und SHP (n = 193–207) dazu, was es für ein passendes ISR-Setting noch brauche. Frage: „Um Kindern mit Sonderschulbedarf ein passendes ISR-Setting anzubieten, braucht es mehr ...“ Statistisches Verfahren: t-test. * = signifikante Unterschiede. 3.1.4 Zusammenhang verschiedener Faktoren der Umsetzung der Förderung im ISRSetting mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung Verschiedene Faktoren der Umsetzung der Förderung im ISR-Setting stehen mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung des Kindes im Zusammenhang, wie im Verlaufe dieses Kapitels bereits gezeigt werden konnte. Diese Faktoren waren: ISR als beste Förderung, Schwerpunkte der Förderplanung, Qualität des SSG aus Elternsicht, Zusammenarbeit zwischen LP und SHP, Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen und Eltern aus Elternsicht, Gesprächshäufigkeit mit Klassenassistenz aus Elternsicht, Einstellung zu ISR, Einstellung zu Diversität in der Klasse, Einstellung zur schulischen Integration, Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse aus Elternsicht und gewünschte Massnahmen für ein passendes ISR-Setting. Ob und in welcher Form solche Zusammenhänge bestehen bleiben, wenn sie gemeinsam in ein Modell eingefügt werden, sollte mit einem Gesamtmodell geprüft werden. Als abhängige Variable wurde die Einschätzung der Angemessenheit der gemittelten Unterstützung verwendet (siehe Abbildung 5). In einem ersten Schritt wurden die Faktoren „ISR als beste Förderung“, „Schwerpunkte der Förderplanung“, „Einstellung zu ISR“ und „Einstellung zu Diversität in der Klasse“ ins Gesamtmodell integriert, welches für die Akteure LP, SHP, SP und SL geschätzt wurde. Signifikante Zusammenhänge mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung zeigten sich dabei für den Förderschwerpunkt „Umgang mit Anforderungen“ (z = -2.05, p < .05) und die generelle Einstellung zu ISR (z = 3.11, p < .01). Folglich wurde die Angemessenheit der Förderung bei positiver Einstellung zu ISR höher bewertet und bei Nennung des Förderschwerpunkts „Umgang mit Anforderungen“ tiefer. In einem zweiten Schritt wurde das Gesamtmodell um die Faktoren „Zusammenarbeit zwischen LP und SHP“, „Einstellung zur schulischen Integration“ und „Gewünschte Massnahmen für ein passendes ISR-Setting“ ergänzt. Nun wurde das Modell nur noch für die Akteursgruppen LP und SHP geschätzt. In diesem erweiterten Modell wurden zusätzlich die beiden FaktoEvaluationsbericht ISR Kanton Zürich 59 ren „Zusammenarbeit zwischen LP und SHP“ (z = 2.35, p < .05) und „Gewünschte Massnahmen für ein passendes ISR-Setting“ (z = -2.93, p < .01) signifikant. Dafür entfiel der Effekt des Förderschwerpunkts. Das heisst, während die generelle Einstellung zu ISR im erweiterten Modell ein bedeutsamer Faktor bleibt, erweist sich auch eine positive Zusammenarbeit zwischen LP und SHP als wichtiger Faktor für eine hohe Einschätzung der Angemessenheit der Förderung. Die wahrgenommene Angemessenheit der Förderung wird geschmälert, wenn ein hohes Ausmass an Wünschen nach Massnahmen für ein passendes ISR-Setting besteht. Mit einem Regressionsmodell wurde der Einfluss von elternspezifischen Faktoren („ISR als beste Förderung“, „Schwerpunkte der Förderplanung“, „Qualität des SSG“, „Zusammenarbeit Fachpersonen–Eltern“, „Gesprächshäufigkeit mit Klassenassistenz“ und „Berücksichtigung individueller Lernbedürfnisse“) auf die elterliche Einschätzung der Angemessenheit der Förderung geprüft. Die Resultate zeigten, dass die empfundene Angemessenheit der Förderung durch ein ISR-Setting als bevorzugte Förderung (β = .11, p < .05), durch gute Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen und Eltern (β = .11, p < .05) sowie durch den Förderschwerpunkt „Freizeit/Erholung/Gemeinschaft“ (β = .32, p < .01) positiv beeinflusst wird. 3.2 Abklärungs- und Zuweisungsverfahren In diesem Kapitel wird anhand verschiedener Fragestellungen dargestellt, inwiefern Zuweisungen fachlich indiziert sind und nicht willkürlich oder personen- und ortsabhängig erfolgen. Da die Beantwortung dieser Fragen nur eingeschränkt möglich ist, orientiert sich dieses Kapitel an einer Beschreibung der Einschätzung der Akteure in Bezug auf Vorgehensweisen im Bereich der Anmeldungs- und Abklärungspraxis sowie hinsichtlich des Informationsstands der Beteiligten. Abklärungspraxis Um eine Vergleichbarkeit bei der Abklärungspraxis zu erreichen, wird von der Bildungsdirektion seit Sommer 2014 das Standardisierte Abklärungsverfahren (SAV) im Kanton Zürich schrittweise eingeführt. Das SAV basiert auf der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die ICF wiederum basiert auf einem bio-psycho-sozialen Verständnis von Behinderung und berücksichtigt den Einfluss der Umwelt und personenbezogener Faktoren auf die Funktionsfähigkeit. Statt einer Diagnose wird dabei die Funktionsfähigkeit eines Kindes beurteilt und in Anlehnung daran wird der Sonderschulbedarf eines Kindes begründet. Um einen Eindruck von der bisherigen Anwendung des SAV zu gewinnen, wurden die SP gefragt, ob sie das SAV verwenden würden. Von den 63 SP, welche diese Frage beantwortet haben, kam das SAV bei 14 Personen (22%) zur Anwendung. Das deutet darauf hin, dass die Einführung des SAV noch nicht abgeschlossen ist. Zuweisung zur Abklärung Neben der Vergleichbarkeit der Abklärungspraxis soll auch eine Vergleichbarkeit der Zuweisung zur Abklärung erreicht werden. Das Ziel ist, dass alle Kinder mit besonderem Bildungsbedarf, die einen Anspruch auf eine intensivere Förderung haben und diese Förderung benötigen, einen Zugang haben. Der erste Schritt ist dabei oftmals, dass Schwierigkeiten in bestimmten Indikationsbereichen festgestellt werden. Um ein Bild davon zu bekommen, wer diese Schwierigkeiten am stärksten wahrnimmt, wurden die LP, SHP und Eltern gefragt, wer festgestellt habe, dass das Kind in der Schule Schwierigkeiten hatte. Abbildung 42 zeigt die Antworten zu dieser Frage auf. Daraus wird deutlich, dass vor allem die LP und SHP Schwierigkeiten wahrgenommen hatten (32–50%), wobei die Eltern 60 PH Luzern den Anteil der SHP auf nur 20% schätzten. Zudem gaben die Eltern an, dass vor allem sie selbst die Probleme des Kindes erkannt hätten (60%). Therapeuteninnen und Therapeuten oder das Kind spielten dabei insgesamt eine untergeordnete Rolle. Von den Eltern wurden auch andere Personen genannt. Dabei gaben sie an, dass die Kindergartenlehrperson (15%) oder die Pädiaterin respektive der Pädiater (9%) auf Schwierigkeiten des Kindes hingewiesen hätten. Unter der Kategorie „andere“ (13%) berichteten die Eltern, dass der besondere Bildungsbedarf schon vor Schuleintritt klar gewesen sei (14 Nennungen) oder die Spielgruppenleitung die Problematik erkannt habe (7 Nennungen). Auch der SPD wurde von den Eltern genannt (5 Nennungen). Wahrnehmung von Schwierigkeiten des Kindes 32% Lehrperson 42% Schul. Heilpädagoge/-in 20% 28% Eltern Therapeut/-in 12% Kind 7% 6% * LP–Eltern * SHP–Eltern 60% * SHP–Eltern 39% 30% * LP–SHP 15% Pädiater/-in 9% andere Eltern 32% 12% Kindergärtner/-in SHP * LP–Eltern * SHP–Eltern 50% 16% 19% Weiss nicht LP * LP–SHP * LP–Eltern 50% 47% 13% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Abbildung 42: Angaben der LP (n = 244), SHP (n = 257) und Eltern (n = 204) zur Wahrnehmung von Schwierigkeiten des Kindes. Frage: „Wer stellte fest, dass das Kind Schwierigkeiten hat in der Schule?“ Fällt ein Kind wegen Schwierigkeiten in der Schule oder im Kindergarten auf, wird es oftmals für eine Abklärung beim SPD angemeldet. Die Eltern wurden gefragt, wer die Idee dazu gehabt habe. Idee zur Anmeldung beim SPD Lehrperson 44% Wir Eltern 39% Schul. Heilpädagoge/-in 16% Kindergärtner/-in 12% Therapeut/-in 9% Kinderarzt 8% anderes Eltern 10% 0% 10% 20% 30% 40% 50% Abbildung 43: Angaben der Eltern (n = 208) zur Idee für die Anmeldung beim SPD. Frage: „Wer hatte die Idee zur Anmeldung beim SPD?“ Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 61 Aus Abbildung 43 wird erkennbar, dass vorwiegend die Eltern (39%) und die LP (44%) die Idee für die Anmeldung beim SPD hatten. Unter der Kategorie „anderes“ wurden folgende Angaben zusammengefasst: „Setting bestand schon in der vorherigen Schulstufe“ (7 Nennungen), „Spielgruppenleitung/Früherzieherin“ (5 Nennungen), „SL“ (6 Nennungen) oder „Kind musste für die Einschulung abgeklärt werden“ (4 Nennungen). Wie aus Abbildung 43 hervorgeht, spielten die LP eine wichtige Rolle bei der Anmeldung eines Kindes beim SPD. Die LP wurden daher zusätzlich gefragt, wie viele Schülerinnen und Schüler sie im laufenden Schuljahr für eine Abklärung bezüglich eines möglichen Sonderschulungsbedarfs beim SPD angemeldet hätten. Im Schnitt gaben die LP an, ein Kind angemeldet zu haben (M = 1.0, SD = 1.2). Zudem hatten ca. 16–20% der LP zwei Kinder und ca. 8% der LP drei Kinder beim SPD angemeldet. Auch die SL wurden gefragt, wie viele Abklärungen im letzten Jahr gesamthaft an der Schuleinheit durchgeführt worden seien und wie viele Abklärungen momentan gerade an der Schuleinheit laufen würden. Die SL gaben dabei für das letzte Jahr im Schnitt 13 Abklärungen an (M = 12.7, SD = 12.0), wobei – wie Abbildung 44 zeigt – die Spanne von 0 bis 59 Abklärungen reichte.10 Zudem wurden bei den laufenden Abklärungen im Schnitt deren vier angegeben (M = 4.3, SD = 8.4). Abbildung 44 zeigt die prozentuale Anzahl der Abklärungen an der Schule im Vergleich mit der prozentualen Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit ISR an der Schuleinheit (basierend auf den Daten der Bildungsstatistik). Daraus geht hervor, dass die Anzahl der Abklärungen im laufenden Schuljahr, mit Ausnahme des Bereichs 0–2 Schülerinnen und Schüler, ähnlich verteilt ist wie die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit ISR pro Schuleinheit. Die höhere Anzahl der bestehenden Schülerinnen und Schüler könnte daraus resultieren, dass dort auch Schülerinnen und Schüler mit eingerechnet wurden, die auch in den Jahren zuvor bereits ISR erhielten. Bei den Abklärungen im vergangen Schuljahr zeigen sich Peaks von 10–15% bei 10, 12, 15 sowie 20 Abklärungen. 30 25 20 15 10 61—70 51—60 41—50 31—40 20 21—30 Anzahl Schüler/innen bzw. Abklärungen 19 18 17 16 15 14 13 11 12 9 10 8 7 6 5 4 3 2 0 1 5 0 Prozentuale Häufigkeit Anzahl Abklärungen beim SPD (Angabe SL) Anzahl Abklärungen im letzten Schuljahr Anzahl Schüler/-innen mit ISR an der Schuleinheit Anzahl Abklärungen laufend Abbildung 44: Prozentuale Häufigkeit der Einschätzungen der SL (n = 91–94) zur Anzahl Abklärungen beim SPD im letzten Schuljahr und zur Anzahl der laufenden Abklärungen. Frage 1: „Wie viele Abklärungen beim SPD wurden im letzten Schuljahr gesamthaft an der Schule, für die Sie zuständig sind, durchgeführt?“ (grün), offenes Antwortfeld; Frage 2: „Wie viele Abklärungen laufen momentan gesamthaft an Ihrer Schule?“ (braun), offenes Antwortfeld. Zudem: Angaben der Bildungsstatistik zur Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit ISR an der Schuleinheit (schwarz). 10 Die Schuleinheiten waren unterschiedlich gross. In Abbildung 44 werden daher in Bezug auf die Grösse der jeweiligen Schuleinheit relativierte Zahlen angegeben. a 62 PH Luzern Nicht immer, wenn Schwierigkeiten auftauchen, wird ein Kind beim SPD angemeldet. Schulen versuchen auch Alternativlösungen zu finden. Die SL wurden daher gefragt, ob sie jeweils alternative Lösungen zu einer Abklärung suchen würden. 96 von 117 (82%) SL beantworteten diese Frage mit Ja. Folgende Alternativlösungen wurden genannt: „Massnahmen im Klassenverband“ (IF, Klassenassistenz, Seniorinnen und Senioren im Unterricht, Zivildienstleistende) (59 Nennungen), „Massnahmen in separierter Förderung“ (34 Nennungen), „Ausserschulische Massnahmen mit Eltern besprechen“ (z.B. Therapie, Erziehungsberatung) (14 Nennungen), „Austausch zwischen Fachpersonen“ (15 Nennungen) und „Schulsozialarbeit“ (6 Nennungen). Vereinzelt wurden auch Massnahmen wie Coaching der Lehrpersonen oder Schulsozialarbeit genannt. Die Anzahl Anmeldungen pro Schuleinheit könnte auch mit dem vorhandenen Fachwissen und den Einstellungen der LP, SL und SHP zusammenhängen. Um dieser Frage nachzugehen, wurde eine Mehrebenenanalyse gerechnet, bei der das Fachwissen, die Einstellung zu Diversität sowie die Einstellung zur schulischen Integration einbezogen wurden. Die Resultate ergaben, dass das vorhandene Fachwissen an der Schule tendenziell mit der Anzahl Abklärungen beim SPD zusammenhängt, wobei bei einem hohen Fachwissen weniger Anmeldungen zu verzeichnen sind (z = -1.7, p = .09). Wenn diese Alternativlösungen nicht zu einer Verbesserung der Situation beitragen, werden die Kinder beim SPD angemeldet. Dabei gehen Schulen unterschiedlich vor. Die SL wurden gefragt, welche Schritte vor einer Abklärung unternommen würden. Dabei waren pro Person mehrere Antworten möglich. Die Antworten auf diese Frage sind in der Abbildung 45 dargestellt. So muss die Anmeldung bei 97% durch LP oder SHP bei der SL begründet werden und erfordert bei 85% die Zustimmung der SL. Bei 85% wird zuerst ein SSG durchgeführt und bei 82% werden zuvor die Eltern angehört. Da mehrere Antworten möglich waren, bedeutet dies, dass die ersten vier Schritte (Zustimmung der SL, Begründung der Anmeldung, Anhörung der Eltern, SSG) mehr oder weniger standardmässig bei allen Anmeldungen durchgeführt werden. Beispielweise wurden die Bereiche 1 bis 3 („Zustimmung der SL“ bis „Anhörung der Eltern“) von 66% der SL gleichzeitig ausgewählt. 58% der SL wählten alle vier Bereiche als notwendige Schritte vor der Anmeldung aus. Das könnte daran liegen, dass sich die Antwortoptionen „SSG“ und „Anhörung der Eltern“ überschneiden. In Übereinstimmung mit dieser Annahme wählten 72% der SL gleichzeitig die Bereiche „Anhörung der Eltern“ und „SSG“. Unter der Kategorie „anderes“ wurden Angaben wie „Fachteam/interdisziplinäre Fachrunde / Jahrgangsteam“ (13 Nennungen), „Beratung durch den SPD“ (8 Nennungen), „Fachberatung oder Einfordern externer Berichte“ (7 Nennungen), „Formales Anmeldegespräch mit den Eltern“ (8 Nennungen), „Externe Fachberatung“ (1 Nennung) und „Vorgeschichte von der Vorgänger-LP“ (1 Nennung) zusammengefasst. Es wird also ersichtlich, dass neben einer offiziellen Anhörung der Eltern in zusätzlich 7% der Antworten (8 Nennungen) ein formales Gespräch mit den Eltern als nötiger Schritt angegeben wurde. Die Antworten deuten insgesamt darauf hin, dass vor einer Anmeldung in nahezu allen Fällen die Eltern sowie die SL einbezogen werden und ein Austausch zwischen den beteiligten Personen stattfindet. In 15% der Fälle wurde vor der Anmeldung beim SPD jedoch kein offizielles SSG durchgeführt. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 63 Nötige Schritte von einer Anmeldung beim SPD Zustimmung der Schulleitung 85% Begründung der Anmeldung durch die LP/SHP 97% Anhörung der Eltern 82% SSG 85% Anderes SL 31% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 45: Angaben der SL (n = 117) zu den nötigen Schritten vor einer Anmeldung beim SPD. Frage: „Was wird alles vor einer Abklärung beim SPD unternommen?“ (mehrere Antworten möglich). Zuweisung zur Sonderschulung Wird im Rahmen einer Abklärung durch den SPD ein Sonderschulbedarf festgestellt, spricht die Psychologin respektive der Psychologe eine Empfehlung an die Schulpflege aus. Nach dem Entscheid der Schulpflege wird über die Zuweisung der ISR-Ressourcen entschieden. Die SP wurden dementsprechend gefragt, ob es in der Schulgemeinde, in der sie arbeiten, ein klares Zuweisungsverfahren für die Verteilung der ISR-Ressourcen gebe. 45 der 61 (74%) befragten SP bejahten die Frage. Um sicherzustellen, dass genügend Ressourcen vorhanden sind, damit alle Kinder mit Sonderschulbedarf eine Zuweisung erhalten, muss in einem ersten Schritt der Bedarf möglichst genau erfasst werden. Da eine solche Bedarfserfassung aufgrund dieser Befragung nicht möglich war, wurden die SP um eine Einschätzung gebeten, ob ISR für gewisse Schülerinnen und Schüler mit besonderen Bedürfnissen vermehrt eingesetzt werden sollte. Aufgrund dieser Einschätzung konnte ein ungefähres Bild von möglichen Bereichen gewonnen werden, in welchen noch ein Bedarf bestehen könnte. 29 der 64 befragten SP (45%) beantworteten die Frage mit Ja. Diese Personen wurden weiter gefragt, für welche Schülerinnen und Schüler mit spezifischen Bedürfnissen ISR vermehrt eingesetzt werden sollte. Abbildung 46 zeigt die Antwortmöglichkeiten und den prozentualen Anteil der Antworten der SP. 66% respektive 62% der SP gaben an, dass ISR vermehrt für Kinder mit Konzentrationsstörungen respektive im Grenzbereich „Lernbehinderung – geistige Behinderung“ eingesetzt werden sollte. Danach wurden Kinder mit einer Lernbehinderung (48%), Kinder mit sprachlichen Schwierigkeiten (48%), Kinder mit Schwierigkeiten im Sozialverhalten (48%) sowie Kinder mit Sinnesbeeinträchtigungen (41%) und solche mit einer geistigen Behinderung (41%) genannt. Ein Drittel der SP gab zudem an, dass die Ressource ISR auch für Kinder mit tief greifenden Entwicklungsstörungen, Kinder mit Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten oder Kinder mit körperlichen Benachteiligungen eingesetzt werden könnte. 64 PH Luzern Die Ressource ISR sollte vermehrt eingesetzt werden für.. 66% Kinder mit Konzentrationsstörungen Kinder im Grenzbereich Lernbehinderung — geistige Behinderung 62% Kinder mit einer Lernbehinderung 48% Kinder mit sprachlichen Schwierigkeiten 48% Kinder mit Schwierigkeiten im Sozialverhalten 48% Kinder mit einer geistigen Behinderung 41% Kinder mit Sinnesbeeinträchtigungen 41% Kinder mit tief greifenden Entwicklungsstörungen 31% Kinder mit Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten 31% Kinder mit körperlichen Benachteiligungen 31% Kinder mit Mehrfachbehinderungen 14% Kinder mit emotionalen Problemen 10% 0% SP 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 46: Prozentuale Angaben der Antworten der SP (n = 29) in Bezug auf den vermehrten Einsatz von ISR für bestimmte Arten von spezifischen Bedürfnissen. Frage: „Für welche Schülerinnen und Schüler mit spezifischen Bedürfnissen soll ISR vermehrt eingesetzt werden?“ (mehrere Antworten möglich). 3.2.1 Übereinstimmung zwischen Zuweisungsverfahren und gesetzlichen Grundlagen Um erfassen zu können, ob die gesetzlichen Grundlagen für das Zuweisungsverfahren eingehalten werden, wurden den SL verschiedene Fragen zur Regelung von Abläufen und zur Einhaltung dieser Abläufe an ihrer Schuleinheit gestellt. Die SL konnten auf jede dieser Fragen auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) die passende Option auswählen. Aus diesen Items wurde danach die Skala „Ablauf“ gebildet (Reliabilität von α = 77; siehe Abbildung 47). Abläufe und deren Einhaltung Der Ablauf zur Anmeldung beim SPD ist an unserer Schule verbindlich festgehalten. 4.75 Der Ablauf der Förderplanung ist an unserer Schule verbindlich festgehalten. 3.9 Der Ablauf des SSG ist an unserer Schule verbindlich festgehalten. 4.6 Der Ablauf zur Anmeldung beim SPD wird von den LP eingehalten. 4.4 Der Ablauf bei der Förderplanung wird von den LP eingehalten. 3.9 Der Ablauf und die Planung des SSG werden von den LP eingehalten. 4.2 Skala Ablauf SL 4.3 1 2 3 4 5 Abbildung 47: Antworten der SL (n = 115–117) in Bezug auf Abläufe. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 65 Die durchschnittlichen Antworten der SL fielen mit Werten zwischen 3.9 und 4.75 eher hoch aus (siehe Abbildung 47). Der Ablauf zur Anmeldung beim SPD scheint verbindlich geregelt zu sein und wird den Angaben der SL zufolge auch tatsächlich eingehalten. Ähnlich sehen die Werte für die Regelungen zum SSG aus. Einzig bei der Förderplanung liegen die Werte tiefer, was bedeutet, dass hier noch ein Optimierungsbedarf bestehen könnte. In einem weiteren Schritt wurde getestet, ob die Einhaltung von Abläufen mit der Erfahrung und dem vorhandenen Wissen zusammenhängt (multiples Regressionsmodell mit den Angaben der SL [n = 113]). Dabei wurden die Skala „Wissen“, die Erfahrung mit ISR (zeitliche Dauer) sowie die Anzahl Schülerinnen und Schüler mit ISR im Schulhaus untersucht. Die Resultate ergaben, dass das vorhandene Fachwissen an der Schule signifikant mit der Einhaltung von Abläufen einhergeht (β = .30, p <.01). 3.2.2 Information der Erziehungsberechtigten über Rechte, Pflichten und Anlaufstellen bei Schwierigkeiten Auch die Information der Eltern stellt eine gesetzliche Grundlage dar. So haben die Eltern per Gesetz Anrecht auf transparente und regelmässige Information sowie ein Recht auf Mitwirkung (§§ 50–53 VSG). Um den Informationsstand der Eltern bezüglich der ISR ihres Kindes zu erfassen, wurden verschiedene Fragen gestellt. Die LP und SHP wurden gefragt, ob die Eltern mit der Abklärung beim SPD einverstanden gewesen seien. Nur in 1% respektive 0.5% der Fälle war dies nach Angaben der LP (n = 241) respektive SHP (n = 253) nicht der Fall. Zudem wurden die SHP und SP gefragt, ob viele Gespräche nötig gewesen seien, damit die Eltern der ISR ihres Kindes zustimmen konnten. 19% der SHP (n = 232) und 20% der SP (n = 127) bejahten diese Frage. Des Weiteren wurden die Eltern, SHP und SP gefragt, ob den Eltern klar gewesen sei, dass das Kind offiziell als Sonderschülerin oder Sonderschüler gelte, und ob sie über das Beschwerderecht informiert worden seien (siehe Abbildung 48). Informationsstand der Eltern 77% Ist den Eltern klar, dass ihr Kind offiziell als Sonderschülerin/Sonderschüler gilt? 79% 96% Wurden die Eltern darüber informiert, dass sie das Recht haben, gegen den Entscheid der Sonderschulung Beschwerde einzulegen? SHP Eltern SP 61% 100% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 48: Prozentuale Angaben der Antworten der SHP (n = 251), Eltern (n = 202–207) und SP (n = 124–127) in Bezug auf den Informationsstand der Eltern. 23% respektive 21% der Eltern sei es nach Angaben der SHP respektive der Eltern selbst nicht klar gewesen, dass ihr Kind offiziell als Sonderschülerin oder Sonderschüler gelte. Zudem wurden 39% der Eltern nicht über das Beschwerderecht informiert. Nach Angaben der SP besteht bei den Eltern zu 96% Klarheit über den Sonderschulstatus und die Eltern seien über das Beschwerderecht informiert worden. Diese Diskrepanz deutet darauf hin, dass diese Informationen bei den Eltern nicht bewusst angekommen sein dürften. 66 PH Luzern Den Eltern wurden ergänzend drei weitere Fragen bezüglich des Informationsgrads gestellt (siehe Abbildung 50). Mehr als die Hälfte der Eltern fühlten sich sowohl während des Abklärungsprozesses als auch in Bezug auf die ISR ihres Kindes umfassend informiert. Rund 30% der Eltern geben an, nur ungenügend informiert worden zu sein. Wurden Sie darüber informiert, an wen Sie sich bei Fragen während des gesamten Abklärungsprozesses wenden können? Haben Sie vom SPD Informationen in schriftlicher Form erhalten? Fühlen Sie sich genügend informiert über die integrierte Sonderschulung? nein nein nein ja, aber nur ungenügend ja, aber nur ungenügend ja, aber nur ungenügend ja ja ja voll und ganz voll und ganz voll und ganz 21% 14% 14% 10% 55% 18% 19% 15% 6% 61% 13% 54% Abbildung 49: Fragen zum Informationsstand. Prozentuale Angaben der Antworten der Eltern (n = 207–208). Zusammenhang verschiedener Faktoren des Abklärungs- und Zuweisungsverfahren mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung insgesamt Kriterien für verschiedene Bereiche des Abklärungs- und Zuweisungsverfahren wie das Einhalten von Abläufen bei der Anmeldung des Kindes beim SPD, der Informationsstand der Eltern sowie die Anzahl der Abklärungen an einer Schuleinheit (relativiert an der Schülerzahl der Schuleinheit) könnten mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung des Kindes zusammenhängen. Um der Frage nachzugehen, ob ein solcher Zusammenhang besteht und welches Kriterium am stärksten mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung des Kindes einhergeht, wurde ein Mehrebenenmodell gerechnet, das diese Variablen enthält. Die Analysen ergaben einen tendenziell positiven Zusammenhang der Beurteilung der Angemessenheit der Förderung des Kindes sowohl mit der Einhaltung von Abläufen bei Abklärungen beim SPD (z = 1.74, p = .08) als auch mit der Einhaltung von Abläufen bezüglich der Planung und Durchführung des SSG (z = 1.78, p = .08). Zudem bestand ein knapp signifikanter negativer Zusammenhang zwischen der verbindlichen Festhaltung des Ablaufs bezüglich des SSG und der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung des Kindes (z = -1.87, p = .06). Die anderen Zusammenhänge waren nicht signifikant. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 67 3.3 Integration in den Klassenverband 3.3.1 Soziale Integration von Kindern mit ISR Ein wichtiges Gütekriterium für die schulische Integration ist die soziale Integration des Kindes in den Klassenverband. Gemäss der Definition der OECD (1995) bezieht sich Integration und Inklusion auf einen Prozess, der die sozialen Interaktionen zwischen Kindern mit und ohne besonderen Bildungsbedarf maximiert. Nach Cullinan, Sabornie und Crossland (1992) ist ein Kind erst dann integriert, wenn es neben der Erfüllung anderer Kriterien wie dem Aspekt der sozialen Akzeptanz über mindestens eine Freundschaft verfügt. Vor diesem Hintergrund wurden die Eltern, LP, SHP und SP um eine Auskunft dazu gebeten, ob das betreffende Kind einen besten Freund respektive eine beste Freundin habe. Nebst der Existenz von Freundschaften ist auch die aktive Teilnahme an Gruppenaktivitäten ein Kriterium für die soziale Inklusion eines Kindes (Cullinan et al., 1992; Farell, 2000). Um ein möglichst vollständiges Bild der schulischen Integration von Kindern mit besonderem Bildungsbedarf zu gewinnen, wurde daher auch deren soziale Eingebundenheit in Schülercliquen erhoben (Estell et al., 2008; Frostad & Pijl, 2007). Die Eltern, LP, SHP und SP wurden entsprechend gefragt, ob das Kind Mitglied einer Schülerclique ist. Abbildung 50 dokumentiert die Antworten auf die beiden Fragen. Freundschaften und Cliquen 76% Beste/-r Freund/-in vorhanden * Eltern–LP * Eltern–SHP 50% 51% 46% Mitgliedschaft in einer Schülerclique 38% 45% Eltern SHP LP 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 50: Prozentuale Angaben der Antworten der SHP (n = 246–249), Eltern (n = 206–208) und LP (n = 239– 240) in Bezug auf Freundschaften und Cliquen von Kindern mit ISR. Frage 1: „Hat das Kind einen besten Freund/eine beste Freundin?“; Frage 2: „Ist das Kind in einer Freundschafts-Clique?“ Statistisches Verfahren: GLMM: Generalisiertes Mehrebenenmodell. * = signifikanter Unterschied. Die Hälfte der LP und SHP gab an, dass das Kind eine beste Freundin oder einen besten Freund habe. In den Analysen wurde deutlich, dass die Eltern (mit 76%) im Vergleich zu LP und SHP eine signifikant positivere Einschätzung in Bezug auf das Vorhandensein einer besten Freundin oder eines besten Freundes vornahmen. Dabei bleibt jedoch unklar, ob die Eltern sich bei ihren Angaben nur auf das schulische Umfeld bezogen haben oder bei ihrer Antwort auch Freundschaften des Kindes in anderen Bereichen berücksichtigt haben. Bei der Zugehörigkeit des Kindes zu einer Schülerclique bestanden keine signifikanten Unterschiede zwischen den Eltern, LP und SHP. So gaben jeweils 38–46% an, dass das Kind Mitglied einer Schülerclique sei. 68 PH Luzern Soziale Interaktionen mit den Mitschülerinnen und Mitschülern Abgesehen von den Aspekten der Freundschaften und der Cliquenmitgliedschaft wurde auch beurteilt, wie sich die Beziehungen des Kindes zu seinen Mitschülerinnen und Mitschülern generell gestalten. Folglich beurteilten die LP, SHP und SP auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“), inwiefern es dem Kind leichtfalle, Freundinnen und Freunde zu finden, und ob es die Pause mit Klassenkameradinnen und Klassenkameraden verbringe. Aus diesen beiden Items wurde die Skala „Peerbeziehungen“ gebildet (Reliabilität von α = .63–.78). Der geschätzte Mittelwert für diese Skala lag für alle drei Akteursgruppen bei 3.5. Dies bedeutet, dass die Befragten mehrheitlich die Kategorien „teils, teils“ und „trifft eher zu“ gewählt hatten. Zeitlicher Umfang der Teilnahme der Sonderschülerinnen und Sonderschüler am Unterricht Um den zeitlichen Umfang der Teilnahme der Sonderschülerinnen und Sonderschüler am Klassenunterricht einzuschätzen, wurden die SHP um eine zeitbezogene Beurteilung der Anteilnahme des Kindes am Unterricht gebeten (siehe Abbildung 51). Wie die Auswertungen der Antworten zeigen, werden die Schülerinnen und Schüler mit ISR mehrheitlich integrativ gefördert. Nur 4% der SHP gaben an, dass das Kind weniger als einen Drittel der Zeit im Unterricht beschult werde. Zeitliche Teilnahme am Unterricht weniger als 1/3 4% ca. 50% 15% mehr als 2/3 SHP 81% 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Abbildung 51: Prozentuale Angaben der Antworten der SHP (n = 254) in Bezug auf den zeitlichen Umfang der Teilnahme der Sonderschülerinnen und Sonderschüler am Unterricht. Frage: „In welchem Anteil nimmt das Kind am Klassenunterricht teil?“ Die Eltern (n = 200) beurteilten auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) die folgende Aussage: „Unser Kind erhält im Rahmen der Integrierten Sonderschulung zu viel spezifische Förderung ausserhalb des Unterrichts.“ Der Mittelwert für dieses Item lag bei M = 1.9. Dies bedeutet, dass die Eltern im Durchschnitt eher nicht der Ansicht waren, dass ihr Kind zu viel spezifische Förderung ausserhalb des Unterrichts Dieser Befund deckt sich mit den Angaben der SHP. Partizipation am Unterrichtsgeschehen Um die Partizipation der Sonderschülerinnen und Sonderschüler am Unterricht zu bestimmen, wurden die LP, SHP und SP gefragt, inwiefern das Kind seinen Möglichkeiten entsprechend aktiv am Unterricht teilnehme (Skala von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“). Ein Teil der Partizipation besteht in der Mitbestimmung des Kindes darüber, wann es an den Aktivitäten der Klasse teilnehmen möchte. Partizipation wird u.a. definiert als verbindliche Einflussnahme von Kindern und Jugendlichen auf unterrichtsbezogene Planungs- und Entscheidungsprozesse, von denen sie betroffen sind (Jaun, 1999). In Anlehnung an diese Definition Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 69 wurde die Mitbestimmung des Kindes mit dem folgenden Item auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) eingeschätzt: „Das Kind hat ein Mitbestimmungsrecht, wann es an den Aktivitäten der Klasse teilnehmen möchte.“ SHP und LP schätzten11 die aktive Teilnahme des Kindes am Unterricht leicht positiv ein (siehe Abbildung 52), wobei die SHP die Teilnahme des Kindes signifikant höher bewerteten als die LP. Partizipation am Unterrichtsgeschehen 4.1 Das Kind nimmt seinen Möglichkeiten entsprechend aktiv am Unterricht teil. 3.8 Das Kind hat ein Mitbestimmungsrecht, wann es an den Aktivitäten der Klasse teilnehmen möchte. SHP LP * LP–SHP 3.4 3.4 1 2 3 4 5 Abbildung 52: Angaben der geschätzten Mittelwerte der SHP (n = 245–254) und LP (n =236–241) für die Partizipation am Unterrichtsgeschehen. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse für ordinalskalierte Daten (CLMM). * = signifikanter Unterschied. Das Mitbestimmungsrecht der Kinder mit ISR scheint eher von Eigenschaften der Lehrperson und der Art der Unterrichtsgestaltung abhängig zu sein als von Eigenschaften des Kindes, wie der niedrige ICC1-Wert zeigt (ICC1 = .02). Das Mitbestimmungsrecht wurde im Schnitt von allen Fachpersonen mit „teils, teils“ bis „trifft eher zu“ beurteilt. Auch die Eltern schätzten die Teilnahme ihres Kindes am Unterricht ein und beurteilten folgende Aussage (Skala von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“): „Unser Kind nimmt nicht wirklich am Unterricht teil.“ Die Eltern beantworteten diese Frage im Schnitt mit „trifft eher nicht zu“ (M = 2.0). Mit anderen Worten bedeutet dies: Die Eltern waren durchschnittlich der Ansicht, dass ihr Kind eher am Unterricht teilnehme. 47% der Eltern nahmen dabei wahr, dass ihr Kind voll und ganz am Unterricht teilnehme, und lediglich 2% dachten, dass ihr Kind gar nicht am Unterricht teilnehme (n = 207). Wohlbefinden des Kindes Das Wohlbefinden des Kindes wurde mittels einer Skala aus drei Items gemessen, wobei die Eltern, LP, SHP und SP beurteilten, ob sich das Kind in der Klasse wohlfühle, ob es dem Kind in der Schule gefalle und ob das Kind den Eindruck erwecke, dass es viele Sorgen habe (Skala von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 „trifft voll und ganz zu“). Letzteres Item wurde recodiert, da es negativ formuliert war. Die Skala ergab – je nach Akteursgruppe, welche die Einschätzung vornahm – eine akzeptable bis gute Reliabilität (α = .65–.89). Das Wohlbefinden wurde über alle drei Aussagen hinweg durchschnittlich mit „trifft eher zu“ eingeschätzt (siehe Abbildung 53). Dies bedeutet, dass LP, SHP, SPD und Eltern durchschnittlich den Eindruck hatten, dass sich das Kind wohlfühle, es dem Kind in der Schule gefalle und es nicht häufig bedrückt wirke. Dabei nahmen die SP die kritischste Perspektive ein, wobei sich ihre Einschätzungen signifikant von jenen der LP, SHP und Eltern unterschieden. Die Eltern nahmen demgegenüber die positivste Perspektive ein. 11 70 Bei den Items konnte überall „keine Angabe / weiss nicht“ gewählt werden. PH Luzern Wohlbefinden des Kindes 4.3 * SP–Eltern * SP–LP * SP–SHP 3.9 Wohlbefinden des Kindes 4.2 4.2 1 2 3 Eltern SP 4 SHP 5 LP Abbildung 53: Angaben der geschätzten Mittelwerte der SHP (n = 254), SP (n = 116), LP (n = 242) und Eltern (n = 208) für das Wohlbefinden des Kindes (z.B. „Dem Kind gefällt es in der Schule“). Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse. * = signifikanter Unterschied. Zusammenhang zwischen der sozialen Integration und der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung Ob die Eltern, LP, SHP und SP die Förderung im Rahmen der ISR als angemessen einschätzten, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die soziale Integration des Kindes. Um dieser Frage nachzugehen, wurde getestet, ob die verschiedenen Aspekte der sozialen Integration, die bisher thematisiert wurden, die durchschnittliche Einschätzung der Angemessenheit der Förderung vorherzusagen vermögen. Zusammenhang der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung mit Freundschaften und Cliquenzugehörigkeit In einem ersten Schritt wurde der Zusammenhang von Freundschaften und Cliquenzugehörigkeit mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung mittels einer Mehrebenenanalyse getestet. Dazu wurden die Angaben der Eltern, LP und SHP ins Modell einbezogen, wobei das Modell Unterschiede zwischen den verschiedenen Akteuren in der Beurteilung der Freundschaften, der Cliquenzugehörigkeit und der wahrgenommenen Angemessenheit der Förderung berücksichtigte. Die Ergebnisse zeigen Folgendes: Die Zugehörigkeit zu einer Schülerclique hängt positiv mit der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung zusammen (z = 1.73, p < .05, einseitiges Signifikanzniveau). Das bedeutet, dass die Förderung des Kindes im Rahmen der ISR von den Akteuren insgesamt positiver beurteilt wurde, wenn das Kind ihrer Ansicht nach in einer Schülerclique war. Zwischen dem Vorhandensein einer besten Freundin oder eines besten Freundes und der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung bestand demgegenüber kein signifikanter Zusammenhang. Zusammenhang der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung mit dem Wohlbefinden und der Partizipation im Unterricht In einem weiteren Schritt wurden Wohlbefinden und Partizipation im Unterricht in das Modell eingefügt, wobei nur die Einschätzungen der LP und der SHP berücksichtigt wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine höhere Partizipation am Unterrichtsgeschehen (z = 4.6, p < 0.001) sowie das Wohlbefinden des Kindes (z = 4.5, p < 0.001) mit einer als höher empfundenen Angemessenheit der Förderung im Rahmen der ISR einhergingen. Wurden diese beiden Aspekte berücksichtigt, war der Zusammenhang zwischen der Cliquenzugehörigkeit und der eingeschätzten Angemessenheit der Förderung nicht mehr signifikant. Das bedeutet, dass die Partizipation am Unterrichtsgeschehen und das Wohlbefinden des Kindes stärker gewichtet werden als die Cliquenzugehörigkeit, wenn die Angemessenheit der Förderung im Rahmen von ISR eingeschätzt wird. Zusammenhänge des Wohlbefindens, der Partizipation am Unterricht, der sozialen Interaktionen des Kindes sowie der Freundschaften und der Cliquenzugehörigkeit: Was ist am wichtigsten für die Einschätzung der Angemessenheit der Förderung? Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 71 Diese Zusammenhänge sind jedoch noch etwas komplexer: Das Wohlbefinden des Kindes wurde signifikant positiv durch die Partizipation am Unterricht („Das Kind nimmt seinen Möglichkeiten entsprechend aktiv am Unterricht teil“; z = 5.5, p < 0.001) sowie durch die sozialen Interaktionen mit den Mitschülerinnen und Mitschülern (z = 8.0, p < 0.001) vorhergesagt. Die Skala „Soziale Interaktionen“ beschreibt die Art, wie Peerbeziehungen gestaltet werden. Dies hing wiederum davon ab, ob das Kind eine beste Freundin oder einen besten Freund hatte (z = 5.1, p < 0.001) oder in einer Clique war (z = 8.7, p < 0.001). Das heisst, dass die sozialen Interaktionen des Kindes von LP, SHP und SP beim Vorhandensein einer engen Beziehung respektive bei Mitgliedschaft in einer Schülerclique positiver bewertet wurden. Dies wiederum bedeutet, dass es für das Kind einfacher war, Freundinnen und Freunde zu finden, wenn es positive soziale Interaktionen mit Mitschülerinnen und Mitschülern unterhalten konnte. Da die Hypothesentestung nichts über die Richtung des Zusammenhanges aussagt, ist auch eine andere Interpretation denkbar: Fällt es dem Kind leicht, Freundinnen und Freunde zu finden, wird es mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auch eher Mitglied einer Schülerclique sein. Wichtige Faktoren für das Wohlbefinden und somit auch für die Beurteilung der Angemessenheit der Förderung des Kindes im ISR-Setting sind folglich mit direkter Wirkung sowohl Partizipation und soziale Interaktion als auch das Vorhandensein einer besten Freundin oder eines besten Freundes und die Zugehörigkeit zu einer Schülerclique, dies jedoch mit indirekter Wirkung, nämlich vermittelt über die sozialen Interaktionen. Zusammenhang der sozialen Integration mit der Indikation des Kindes Da diese berichteten Zusammenhänge auch von der Indikation des Kindes abhängig sein könnten, wurden für die sozialen Interaktionen, das Wohlbefinden und die Partizipation am Unterricht jeweils die verschiedenen Indikationen bezüglich des Schwerpunktes in der Förderung des Kindes gemäss ICF berücksichtigt. Da weitaus mehr SHP als SP an der OnlineUmfrage teilgenommen hatten und somit von der erstgenannten Akteursgruppe mehr Informationen bezüglich des Förderschwerpunktes vorlagen, wurden die Analysen auf die Angaben der SHP gestützt (siehe Abbildung 7). Die Resultate dieser Analysen zeigen, dass für Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Sprache“ (z = 2.2, p < .05) ein signifikant höheres Wohlbefinden eingeschätzt wurde als für Kinder ohne diesen Förderschwerpunkt. Für Kinder mit den Förderschwerpunkten „Mathematik“ (z = -3.1, p < .01) und „Umgang mit Menschen“ (z = -3.0, p < .01) resultierte ein signifikant negativer Zusammenhang mit dem Wohlbefinden. Die anderen Förderschwerpunkte hingen im Gegensatz dazu nicht signifikant mit dem Wohlbefinden zusammen. Was die sozialen Interaktionen betrifft, so wurden diese für Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Umgang mit Menschen“ (z = 2.1, p < .05) signifikant tiefer und für Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Allgemeines Lernen“ (z = -5.6, p < .001) signifikant höher eingeschätzt als für Kinder ohne diese Förderschwerpunkte. Für die anderen Förderschwerpunkte zeigten sich keine signifikanten Zusammenhänge. In Bezug auf die Partizipation am Unterricht wurden Kinder mit dem Förderschwerpunkt „Umgang mit Anforderungen“ (z = -2.0, p < .05) tiefer eingeschätzt als Kinder ohne diesen Förderschwerpunkt. Für die anderen Bereiche ergaben sich keine signifikanten Zusammenhänge. 72 PH Luzern 3.3.2 Sonder- und Regelklassenschülerinnen und -schüler profitieren voneinander Klassenklima in Bezug auf Vielfalt Um das Ausmass einzuschätzen, in dem Sonder- und Regelklassenschülerinnen und -schüler voneinander profitieren, wurde das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt eingeschätzt. Wie bereits erläutert, ist Vielfalt in dem Diversitätsbegriff enthalten. In dieser Skala wird erfragt, wie das schulische Umfeld mit Unterschieden umgeht. Die Skala erfasst die Akzeptanz von Schülerinnen und Schülern, die „anders“ sind (Reliabilität von α = .81–.85). Da alle Items negativ formuliert wurden, bedeuten hohe Werte ein negativeres Klima. Da zudem mehrere Kinder die gleiche Schulklasse besuchten, wurde diese Abhängigkeit der Daten im statistischen Modell berücksichtigt. Klassenklima in Bezug auf Vielfalt Über Kinder, die anders sind, wird in dieser Klasse gelacht. 1.7 1.7 1.8 Kinder, die anders sind, haben es schwer in der Klasse. 2 2 Nicht alle Kinder werden in dieser Klasse akzeptiert. SHP Eltern 1 1.5 * LP–Eltern * SHP–Eltern 2.5 * LP–Eltern * SHP–Eltern * LP–Eltern * SHP–Eltern 2.4 1.9 1.9 Klassenklima im Bezug auf Vielfalt LP 2 2.5 * LP–Eltern * SHP–Eltern 2.5 2 2.5 3 Abbildung 54: Angaben der geschätzten Mittelwerte der SHP (n = 256–257), LP (n =244) und Eltern (n = 196–204) für das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt. Frage: „Wie denken Sie über die folgenden Aussagen?“ Statistisches Verfahren: Mehrebenenanalyse, berücksichtigt die Zugehörigkeit der LP und SHP zur gleichen Schulklasse. * = signifikanter Unterschied. Aus Abbildung 54 geht hervor, dass die Eltern im Vergleich zu den LP und SHP eine signifikant negativere Wahrnehmung des Klassenklimas hinsichtlich der Akzeptanz von Kindern, die „anders“ sind, zum Ausdruck brachten. Die Sichtweise ist jedoch lediglich mässig negativ, da die Eltern durchschnittlich „teils, teils“ oder „trifft eher nicht zu“ als Antworten auf die oben dargestellten Fragen wählten. Die LP und SHP entschieden sich durchschnittlich für die Option „trifft eher nicht zu“. Die Eltern schätzten in einem weiteren Schritt auch die Akzeptanz der Integrierten Sonderschulung seitens der Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler ihres Kindes ein. Dazu beurteilten sie die Aussage „Insgesamt spüren wir von den Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler ein Wohlwollen gegenüber der Integrierten Sonderschulung“ auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“). Die Eltern (n = 182) wählten durchschnittlich die Antwortoptionen „teils, teils“ oder „trifft eher zu“ (M = 3.6), weshalb das Bild der Akzeptanz durch die Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler mässig positiv ausfällt. In einem weiteren Schritt wurde getestet,12 ob das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt mit den Peerbeziehungen der Kinder zusammenhängt. Die Annahme dahinter war, dass ein Klima, das Unterschiede zwischen den Schülerinnen und Schülern wertschätzt, zu einer höheren sozialen Akzeptanz von Kindern mit ISR beiträgt. Da zudem davon ausgegangen werden kann, dass auch die Grösse der Schuleinheit einen Einfluss auf die Peerbeziehungen der Kin- 12 a Mehrebenenanalyse; die Variable „Anzahl Lernende pro Schulgemeinde“ wurde log-transformiert, da sie nichtnormalverteilt war. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 73 der haben kann, wurde die Grösse der Schuleinheit respektive die Anzahl Schülerinnen und Schüler pro Schuleinheit als weiterer Prädiktor in die Analyse einbezogen. Zwischen dem Klassenklima und den Peerbeziehungen ergab sich ein negativer Zusammenhang (z = -2.3, p < 0.05). Das bedeutet, dass eine niedrige Akzeptanz von Vielfalt respektive ein negatives Klassenklima in Bezug auf Vielfalt in der Schulklasse damit zusammenhängen, dass Kinder mit ISR Schwierigkeiten haben, Freundinnen und Freunde zu finden. Zudem zeigte sich auch ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen der Grösse der Schuleinheit und den Peerbeziehungen (z = -2.3, p < 0.05). Dies legt den Befund nahe, dass es für Schülerinnen und Schüler mit ISR mit zunehmend hohen Schülerzahlen einer Schulgemeinde schwieriger wird, Freundschaften zu schliessen. Das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt hing zudem auch signifikant mit der Beurteilung der Eltern, LP und SHP hinsichtlich der Angemessenheit der Förderung des Kindes (z = -3.3, p < 0.001) sowie mit dem Wohlbefinden des Kindes (z = -5.0, p < 0.001) zusammen. Um diese Zusammenhänge zu testen, wurde das Klassenklima jeweils als zusätzliche Variable im jeweiligen Modell mit aufgeführt (siehe Ende Kapitel 3.3.1). Die beschriebenen Zusammenhänge waren dabei negativ: Je negativer also das Klassenlima in Bezug auf Vielfalt erlebt wurde, desto weniger wurde die Förderung des Kindes im Rahmen von ISR als angemessen beurteilt respektive desto schlechter wurde das Wohlbefinden des Kindes eingeschätzt. Um zu untersuchen, ob das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt von Aspekten der Unterstützung des Kindes im Unterricht abhängig ist, wurde ein weiteres Mehrebenenmodell berechnet, das den Zusammenhang zwischen dem Klassenklima in Bezug auf Vielfalt und den verschiedenen Einstellungsmassen – Einstellung zu ISR, Diversität und schulischer Integration – sowie den weiteren Faktoren „Zusammenarbeit der Lehrpersonen“ und „Verbesserungswünsche in Bezug auf ISR“ (siehe Abbildungen 19, 21–23, 41) testete. Dabei wurden nur die Angaben der LP und SHP berücksichtigt, da nur diese Akteure alle Fragen zu allen im Modell getesteten Skalen beantwortet hatten. Mithilfe dieses Modells wurde einerseits die Annahme, dass die Einstellung der LP und SHP wesentlich zum Klima beiträgt, überprüft. Andererseits wurde auf diese Weise die Hypothese getestet, dass sich die Zusammenarbeit zwischen diesen Akteuren sowie strukturelle Bedingungen auf das Klassenklima auswirken. Denn es ist denkbar, dass strukturelle Bedingungen einen Rahmen schaffen, in dem ein Klima entstehen kann, das förderlich mit Unterschieden zwischen den Schülerinnen und Schülern umzugehen vermag. Die Resultate dieser Analyse zeigen, dass die Einstellung zu Diversität (z = -2.5, p <.05), die Zusammenarbeit der Lehrpersonen (z = -1.9, p <.05) sowie die Veränderungswünsche bezüglich ISR (z = 2.6, p < .01) signifikant mit dem Klassenlima in Bezug auf Vielfalt zusammenhängen. Dies bedeutet, je positiver die Einstellung zu Diversität und die Beurteilung der Zusammenarbeit der Lehrpersonen waren und je weniger Verbesserungswünsche die LP und SHP in Bezug auf ISR angaben, desto weniger negativ fiel das Klima in Bezug auf Vielfalt aus. Schwierigkeiten aufgrund der Integration von Sonderschülerinnen und Sonderschülern Die Integration von Kindern mit besonderem Bildungsbedarf kann für die beteiligten Schulhausteams eine Herausforderung darstellen. Dabei können Schwierigkeiten in verschiedenen Bereichen auftreten. Die LP, SHP und SP wurden dementsprechend gefragt, ob bei der Förderung des Kindes in der Klasse Probleme auftauchen würden. 227 der befragten Fachpersonen (35%) bejahten dies. Diese Aussage betraf 137 Kinder mit ISR (44%). Abbildung 55 zeigt, dass die Zusammenarbeit mit den Eltern oder familiäre Probleme sowie die Selbstkompetenzen der Schülerinnen und Schülern von allen Fachpersonen am häufigsten als sensible Bereiche genannt wurden. Unter dem Begriff „Selbstkompetenzen“ wurden Kompetenzen wie Arbeitshaltung, Selbstorganisation, Selbstreflexion, Selbstständigkeit, Müdigkeit, Konzentration und Emotionskontrolle zusammengefasst. Daneben wurden auch Verständigungsprobleme mit dem Kind sowie ein ungenügendes Wissen über den besonderen Bildungsbedarf des Kindes als Problematik angegeben, wobei auch hier die Häufigkeit bei 74 PH Luzern 25-29% lag. Dieses Problem zieht die Konsequenz nach sich, dass das Wissen nicht vorhanden ist, um Unterrichtseinheiten ideal aufzubereiten, damit diese den Bedürfnissen des Kindes entsprechen. Zudem wurde auch die Unklarheit darüber genannt, wie angemessene Anforderungen an das Kind aussähen und wie das Kind beurteilt werden solle. Der Anteil der Schwierigkeiten in den Bereichen „Sozialkompetenzen des Kindes“ sowie „Probleme mit der sozialen Integration“ war eher gering und wurde von 5–15% der Akteure als problematisch beurteilt. Zu den Sozialkompetenzen wurden soziale Probleme, Verhaltensauffälligkeiten sowie die Zugehörigkeit zu einer – aus der Sicht der Fachperson – ungünstigen Peergruppe gezählt. Der Bereich der Integration umfasste Angaben zur Ausgrenzung aus Peeraktivitäten, zu einem beeinträchtigten Wohlbefinden des Kindes, zur Ablehnung separativer Förderung durch das Kind sowie zur Ablehnung der Integration durch andere Eltern. Als weiteren problematischen Bereich wurden aus Sicht der SHP und der SP mangelnde Fachkompetenzen und Leistungsfähigkeiten der Schülerinnen und Schüler genannt (6–11%). Weitere Bereiche, in denen sich ebenfalls Schwierigkeiten ergeben, waren ein unpassendes Fördersetting sowie die Zusammenarbeit unter den Fachpersonen. Dieser Bereich wurde jedoch nur von einer Minderheit der Akteure – wie auch bei den Fachkompetenzen der Kinder – als problematisch betrachtet (4–14%). Unter dem Begriff des unpassenden Fördersettings wurden Angaben zu ungenügender Förderung, zu ungenügender Anwesenheit von Fachpersonen sowie zu Grenzen des Fördersettings zusammengefasst. Des Weiteren wurden auch mangelnde Ressourcen der Lehrpersonen als problematischer Bereich angegeben. Allerdings betrug der prozentuale Anteil dieser Antwort an der Gesamtheit der angegebenen Schwierigkeiten nur 2–6%. Probleme bei der Förderung von Kindern mit ISR Unpassendes Fördersetting Zusammenarbeit zw. den Fachpersonen 4% 14% 8% 3% 8% 6% Zusammenarbeit mit den Eltern, familiäre Probleme 26% 28% Ungenügendes Wissen über das Kind, Verständnisprobleme mit dem Kind Fachkompetenzen des Kindes SHP LP SP 37% 11% 3% 6% * SHP–LP 33% 28% 44% 12% 15% 13% Sozialkompetenzen des Kindes Ressourcen der LP/SHP * SHP–LP * SP–LP * SP–SHP 25% 25% 29% Selbstkompetenzen des Kindes Integration * SHP–LP 13% 5% 15% 2% 2% 6% 0% 20% 40% 60% Abbildung 55: Prozentuale Angaben der Antworten der LP (n = 112), SHP (n = 106) und SP (n = 51) in Bezug auf Probleme bei der Förderung von Kindern mit ISR. Frage: „Traten bei der Förderung des Kindes Probleme auf? Wenn ja, welche?“ (offenes Antwortfeld; mehrere Antworten möglich). Statistisches Verfahren: GLMM: Generalisiertes Mehrebenenmodell. * = signifikanter Unterschied. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 75 Zwischen den einzelnen Akteuren bestanden in den Bereichen „Unpassendes Fördersetting“, „Zusammenarbeit mit den Eltern/familiäre Probleme“ sowie „Fachkompetenzen des Kindes“ signifikante Unterschiede darin, ob diese Bereiche als Schwierigkeiten angegeben wurden oder nicht. So gaben die LP signifikant öfter als die SHP an, dass ein unpassendes Fördersetting für das Kind vorliege. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Eltern und/oder familiäre Probleme gaben die SP signifikant häufiger als die LP und SHP an, dass dieser Bereich bei der Förderung des Kindes problematisch sei. Zudem nannten auch die LP diesen Bereich signifikant häufiger als die SHP. Ausserdem bestand ein signifikanter Unterschied zwischen den LP und den SHP bezüglich der Ansicht, dass die Fachkompetenzen des Kindes problematisch für die Förderung im Rahmen von ISR seien. Hierbei waren die LP optimistischer als die SHP und beurteilten diesen Bereich signifikant weniger oft als problematisch als die SHP. 3.3.3 Adäquate Übergänge in die nächsten Schulstufen und in die Berufsausbildung Gelingt es, ein Fördersetting von hoher Qualität einzurichten, sollte gewährleistet werden, dass die Qualität auch bei einem Stufenübertritt aufrechterhalten werden kann. Daher wurden den SHP verschiedene Fragen gestellt, die den Stufenübertritt der Kinder mit ISR betrafen. Stufenübertritte finden vom Kindergarten in die Primarstufe, von der Primar- in die Sekundarstufe I und von der Sekundarstufe I in die Berufsbildung statt. Besuchte Schulstufen der Schülerinnen und Schüler mit ISR Wie aus Tabelle 3 hervorgeht, besuchten zum Zeitpunkt der Umfrage 18% der Kinder mit ISR den Kindergarten, 70% die Primar- und 12% die Sekundarstufe. Bei 31% (n = 96) der Kinder stand ein Wechsel in eine neue Schulstufe bevor. Dabei wechselten 24 Kinder vom Kindergaten in die Unterstufe, 41 Kinder von der Unterstufe in die Mittelstufe und 31 Kinder von der Mittelstufe in die Sekundarstufe. Die SHP beurteilten für jedes Kind, wie es auf der neuen Schulstufe weitergehen würde. Aus Abbildung 56 wird ersichtlich, dass bei der grossen Mehrheit der Kinder (70%) die Integrierte Sonderschulung weitergeführt werden sollte. Für 11% der Schülerinnen und Schüler wurde eine separierte Sonderschulung als Anschlusslösung gefunden. Davon waren sieben Kinder (64%) beim Übergang vom Kindergarten in die Primarschule, ein Kind beim Wechsel von der Unter- in die Mittelstufe sowie drei Kinder (27%) beim Wechsel in die Sekundarstufe betroffen. Bei 5% der Schülerinnen und Schüler mit ISR konnte ISR zugunsten integrativer Förderung (IF) aufgehoben werden und 4% der Kinder konnten ohne ISR oder sonstige zusätzliche Unterstützung am Unterricht teilnehmen. Für 9% der Kinder bestand zum Zeitpunkt der Befragung noch keine Anschlusslösung. Anschlusslösungen bei einem Stufenwechsel gleich wie bisher, d.h. weiter ISR 70% separierte Sonderschulung 11% noch keine Lösung 9% Regelunterricht 4% integrierte Förderung 5% SHP 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% Abbildung 56: Angaben der prozentualen Antworten der SHP (n = 96) in Bezug auf Anschlusslösungen bei einem Stufenwechsel. Frage: „Steht ein Stufenwechsel an? Wenn ja, wie geht es in der neuen Stufe weiter?“ 76 PH Luzern Berufsausbildungen der Schülerinnen und Schüler mit ISR Zum Zeitpunkt der Befragung waren acht Jugendliche mit ISR am Ende ihrer obligatorischen Schulzeit angelangt. Davon hatten vier eine Lehrstelle gefunden, für zwei bestand eine andere Anschlusslösung und für zwei Schülerinnen und Schüler konnte noch keine Lösung gefunden werden. Die Alternativlösung bestand bei einem Schüler in einer IV-Anmeldung und einer Bewerbung für eine EBABS-Lehrstelle (Lehre mit eidgenössischem Berufsattest). Ein weiterer Schüler war für die Berufswahlschule (BWS) angemeldet. Bei den vier Jugendlichen mit einer Lehrstelle – also bei der Hälfte – wurde zugleich eine IV-Anmeldung vorgenommen. Bei den Jugendlichen mit Lehrstelle wurden die SHP gebeten, in Bezug auf die Passung mit den Fähigkeiten und den Wunschvorstellungen der betreffenden Schülerinnen und Schüler eine Einschätzung vorzunehmen. Dabei wählten sie auf einer Skala von 1 („trifft gar nicht zu“) bis 5 („trifft voll und ganz zu“) aus, für wie zutreffend sie diese Passung hielten. Für die Passung der Lehrstelle mit den Fähigkeiten der Jugendlichen wurde in drei Fällen eingeschätzt, dass die Lehrstelle voll und ganz den Fähigkeiten entspreche, und in einem Fall, dass die Lehrstelle eher den Fähigkeiten entspreche. Was die Wunschvorstellungen der Jugendlichen mit ISR betrifft, so konstatierten alle vier SHP eine sehr hohe Passung zwischen Lehrstelle und Berufswunsch. Besondere Schwierigkeiten bei den Stufenübergängen Aus Abbildung 57 wird ersichtlich, dass von den SHP eher wenige Probleme bei den Stufenübergängen angegeben wurden; die häufigsten Schwierigkeiten fanden sich im Fehlen der Zeitgefässe für die Übergänge sowie im Umstand, dass nicht geregelt sei, wie die Informationen weiterzugeben seien. Von den 257 SHP wählten 4% die Kombination, dass der Lead nicht klar sei und zudem nicht geregelt sei, wie Informationen weitergegeben würden. 4% der SHP wählten die Kombination, dass die Informationsübergabe nicht klar sei und die Zeitgefässe fehlen würden. 3% der SHP gaben an, dass Probleme in all den drei genannten Bereichen vorlägen. Schwierigkeiten bei einem Stufenübertritt Es ist nicht geregelt, wie die Informationen weitergegeben werden. 12% Die Zeitgefässe für die Übergabe fehlen. 12% Es ist nicht klar, wer den Lead hat. 7% Das Übergabeprozedere ist unklar (z.B. wer nimmt den Schüler) 3% Ungleiche Vorstellungen oder Wissensgrundlage 2% Die Ressourcen der nächsten Stufe sind unklar. 1% Wenig Interesse oder Erfahrung auf der Sek-Stufe. 1% SHP 0% 10% 20% Abbildung 57: Angaben der prozentualen Häufigkeiten der genannten Antworten der SHP (n = 257) für Schwierigkeiten beim Stufenübertritt. Frage: „Welche Schwierigkeiten treten generell an der Schule bei einem Stufenübertritt auf?“ (mehrere Antworten möglich). Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 77 Informationsfluss bei Übergängen In einem weiteren Schritt machten die SHP Angaben dazu, wie bei einem Stufenübertritt an der Schule die Weitergabe von Informationen generell geregelt sei. Dabei konnten verschiedene Optionen ausgewählt werden. Der Informationsfluss vollzieht sich gemäss den Aussagen der SHP primär mündlich oder durch die Weitergabe des letzten SSG-Protokolls (siehe Abbildung 58). Die Hälfte der SHP gab an, dass auch Berichte von Abklärungen beim SPD respektive KJPD oder von Ärztinnen und Ärzten respektive Spitälern weitergegeben würden. Dies ist jedoch nur mit dem Einverständnis der Eltern respektive Erziehungsberechtigten möglich. In seltenen Fällen werden auch Schülerdossiers, Förderplanungen oder ISR-Dokumente wie das „Gemeinde-Formular“ weitergegeben. Informationsweitergabe bei einem Stufenübertritt mündliche Informationen 67% Letztes SSG-Protokoll 63% vorliegende Berichte von SPD etc. 51% Schülerdossiers 8% Förderplanung 8% ISR-Dokumente (z.B. Gemeinde-Formular) 2% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Abbildung 58: Angaben der prozentualen Häufigkeiten der Antworten der SHP (n = 247) zur Informationsweitergabe beim Stufenübertritt. Frage: „Welche Informationen werden weitergegeben?“ (mehrere Antworten möglich). Da Mehrfachantworten möglich waren, wurden auch die Kombinationen der einzelnen Bereiche ausgewertet. 40% der SHP gaben an, dass sie sowohl Berichte und das SSG-Protokoll wie auch mündliche Informationen weitergäben. 55% der SHP tauschten mündlich aus und gaben das letzte SSG-Protokoll weiter. 43% respektive 45% der SHP gaben an, dass sie Berichte weitergeben und sich mündlich austauschen respektive Berichte und das SSG-Protokoll weiterleiten würden. 78 PH Luzern 4 Ergebnisse aus den Fallanalysen Mit den am ISR-Setting beteiligten Kindern, Eltern, Lehrpersonen, Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sowie der zuständigen Schulleitung führte das Evaluationsteam Leitfadeninterviews durch. (Die dabei eingesetzten Leitfäden sind im separaten Dokument aufgeführt.) Insgesamt wurden dabei acht Settings berücksichtigt, die den folgenden vier Gruppen zugeordnet werden konnten (siehe Kapitel 2.3.3 zur Stichprobenziehung): Je zwei Settings mit • • • • hoher Zufriedenheit und hoher Wertschätzung für Diversität; hoher Zufriedenheit und tiefer Wertschätzung für Diversität; tiefer Zufriedenheit und hoher Wertschätzung für Diversität; tiefer Zufriedenheit und tiefer Wertschätzung für Diversität. Die Antworten wurden während des Interviews von einer Protokollantin schriftlich festgehalten. Diese Protokolle dienten als Grundlage für die nachfolgenden Analysen. Mithilfe des Vorgehens einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse (nach Mayring, 2010) wurden die Aussagen schrittweise verdichtet. Auf der ersten Ebene wurden die Aussagen der befragten Personen pro ISR-Setting zusammengefasst. In der Regel wurden Aussagen, welche von mindestens zwei Personen geäussert worden waren, in die Verdichtung aufgenommen. Auf der zweiten Ebene wurden Aussagen, die in beiden ISR-Settings respektive Schulen vorgebracht worden waren, zur Beantwortung der Ausgangsfragen aufgenommen. Mit zweiter Priorität wurden schliesslich auch noch Ausführungen, welche nur in je einer Schule geäussert worden waren, zur Beantwortung herangezogen. Dieses Vorgehen eröffnete die Möglichkeit, Aussagen zu generieren, die als Hinweise zur Weiterentwicklung von ISR dienen können. ISR-Settings mit hoher Zufriedenheit und hoher Wertschätzung für Diversität Durch welche Merkmale zeichnen sich diese Settings aus? • • In beiden ISR-Settings mit hoher Zufriedenheit und hoher Wertschätzung für Diversität wird der Qualität der Zusammenarbeit ein hoher Stellenwert beigemessen. Die Gefässe für den Austausch sind im Tages- respektive Wochenablauf der Schule installiert und können je nach Bedarf und Situation durch weitere kurze Besprechungen ergänzt werden. In beiden Schulen wird die Zusammenarbeit als unkompliziert, engagiert und zielorientiert beschrieben. So wird im einen Setting jeweils am Morgen der Tag von LP und SHP vorbesprochen, um 10.00 Uhr findet die Zwischenbesprechung statt und nach Bedarf gibt es auch Nachbesprechungen. Offenbar stimmt die „Chemie“ zwischen LP und SHP, sodass sie rasch und ohne grosse Umwege miteinander Unterrichtsstunden vor- und nachbereiten, unterschiedliche Wahrnehmungen und Beobachtungen austauschen und sich so ergänzen können. Offenbar sind die LP sehr motiviert, voneinander zu lernen und die Zusammenarbeit für die professionelle Weiterentwicklung zu nutzen. Diese interne Kooperation korrespondiert auch mit einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit den Eltern von Kindern mit ISR-Status. Aus der Sicht aller Beteiligten, erhält die SHP eine hohe Bedeutung bei der Realisierung eines erfolgreichen ISR-Settings. Ihre Stellung innerhalb der Schule ist gefestigt und sie wird als Fachperson anerkannt. Sie wirkt als Ansprechperson und wird als Vertrauensperson für die ganze Schule wahrgenommen. Ihre Einsätze in der Klasse sind so organisiert, dass sie eine konstante Beziehung zu allen Schülerinnen und Schülern der Klasse aufbauen kann. Voraussetzung dafür ist, dass die SHP über längere Phasen hinweg in den betreffenden Klassen anwesend sein kann. Nur punktuelle Einsätze in den Klassen würden gemäss den Befragten zu keiner echten Unterstützung der schulischen Integration führen. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 79 • • • • Die konkrete Umsetzung des ISR-Settings wird konsequent an die Erfordernisse des Kindes und seiner Situation angepasst. Man gestaltet auch den Unterricht so, dass das ISRSetting dazu passt (z.B. Arbeit mit Wochenplan). Dazu gehören unterschiedliche methodische Zugänge zur Unterrichtsgestaltung. Zumeist arbeitet die SHP im Rahmen des Klassenunterrichts mit; es gibt jedoch auch Situationen, in denen sie ausserhalb des Unterrichts mit einzelnen Kindern lernt. Die Förderung und der Unterricht von LP und SHP gehen Hand in Hand, das heisst, es findet keine Delegation statt, sondern die Zuständigkeiten sind gemäss den Angaben von SHP und LP fliessend. Informationen werden zügig und unbürokratisch weitergegeben. In beiden Schulen war die SL bei der Errichtung des ISR-Settings stark eingebunden. Die SL setzt sich auch im Alltagsgeschäft proaktiv mit Fragen der Integration auseinander; sie vermittelt bei Schwierigkeiten und versucht, möglichst alle Beteiligten miteinzubeziehen. Die SL vertritt die integrative Ausrichtung in der Schulpflege und nimmt insgesamt eine aktive Rolle bei der Unterstützung der schulischen Integration ein. In der einen Schule wollte das Kind mit ISR die Fragen des Evaluationsteams nicht beantworten. In der anderen Schule hat sich das Kind geäussert. Es gehe gerne zur Schule, wünscht sich jedoch weniger „Tests“ in der Schule und mehr Handarbeit und Zeichnen. Wenn es den Lernstoff nicht verstehe, könne es bei den Lehrpersonen nachfragen. Das Kind lerne gerne mit anderen Kindern der Klasse. Was macht es aus, dass diese Schulen der schulischen Integration einen hohen Stellenwert zumessen? • • Die integrative Ausrichtung der Schule wird für die Umsetzung von ISR als wichtige Voraussetzung eingestuft. Die schulische Integration muss den Befragten zufolge in beiden Schulen von allen gewollt sein – so auch von der SL und den Eltern. Integration ist deshalb immer wieder Thema in der Schule. Im Vorfeld eines ISR-Settings hat die Schule zum Beispiel andere Schulen mit mehr Integrationserfahrung besucht. Statt die Integration als Zusatz wahrzunehmen, wird sie in beiden Schulen als Prinzip der Schulkultur aufgefasst. In beiden Schulen richtet sich der Fokus nicht nur auf das zu integrierende Kind, sondern auch auf die Klasse und das Gesamtsystem Schule. So wird mit Blick auf die Schulklasse respektive die Kindergartengruppe festgehalten, dass diese sehr sozial und demzufolge in der Lage seien, Kinder mit ISR-Status aufzunehmen. Wenn während des Interviews vom Kind mit ISR gesprochen wird, werden die Fortschritte und dessen Entwicklungen und oftmals auch seine Ressourcen besonders hervorgehoben. Eine Etikettierung des Kindes oder das Betonen der Schwächen wird hingegen möglichst vermieden. ISR-Settings mit tiefer Zufriedenheit und hoher Wertschätzung für Diversität Welche Bedingungen und Faktoren führen dazu, dass die befragten Personen trotz positiver Einstellungen mit der Umsetzung des ISR-Settings unzufrieden sind? • 80 Mangelnde Zufriedenheit ist eng mit Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit der involvierten Personen verbunden. In beiden Settings existieren nur wenige Abmachungen bezüglich der internen Kooperation zu ISR. Hinzu kommen beim einen ISR-Setting Probleme bei der Zusammenarbeit zwischen LP und SHP, da verschiedene Erwartungen bezüglich der Rolle und Aufgaben der SHP vorliegen. Zudem stimmt auch die Beziehungsebene, die „Chemie“ zwischen LP und SHP, nicht. In der einen Schule habe die SHP die LP in ihren Aufgaben nicht ausreichend unterstützt, sodass die SL zwischen den Personen vermitteln musste und nun festgelegt hat, wer welche Aufgaben im Rahmen der Förderplanung zu realisieren habe. In der anderen Schule liegen die Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen dem Elternhaus und der Schule. Die Erwartungen der Eltern an die Integration erfüllen sich nicht und sie attestieren der Schule Passivität und eine schlechte Kommunikation. Immer müsse die Initiative von den Eltern ausgehen; so müsse PH Luzern • • • • • • zum Beispiel ein SSG zuerst umständlich beantragt werden. Die Eltern wünschen sich zudem, vermehrt in die Förderung des Kindes eingebunden zu werden. Negativ auf die Zufriedenheit wirkt sich auch die schlechte Organisation der ISR aus, wobei allerdings auch bei den ISR-Settings mit hoher Zufriedenheit teilweise auf Mängel der Organisation hingewiesen wurde. Es ist daher wohl davon auszugehen, dass organisatorische Mängel weitgehend kompensiert werden können. Wenn jedoch noch weitere Aspekte als belastend wahrgenommen werden, wirken Defizite in der Organisation als zusätzlicher Faktor für eine verminderte Zufriedenheit. So sei in der einen Schule nicht klar geregelt, wie die Verteilung von SHP-Stunden pro Klasse vorgenommen werde. Ausserdem wird (in derselben Schule) moniert, dass die Therapie des Kindes weiterhin separiert erfolge – trotz des integrativen Ansatzes der Schule. Beim Thema der personellen Ressourcen wird in beiden Schulen zum einen auf den mangelnden Ausbildungsgrad der SHP für die Umsetzung von ISR hingewiesen. Zum anderen wird die zu geringe Anzahl Lektionen für zusätzliche Unterstützung erwähnt. Die zur Verfügung gestellte Unterstützung reiche nicht aus, um den Bedürfnissen des Kindes gerecht zu werden. In beiden Schulen habe laut der SL das Volksschulamt interveniert, weil die Anzahl ISR-Lektionen über dem kantonalen Durchschnitt gelegen habe. Instrumentalisierung von Diagnosen: ISR-Diagnosen würden ausgestellt, um mehr Ressourcen für die Schule zu generieren. Der Graubereich bei Diagnosen werde genutzt, um IF-Schülerinnen und IF-Schüler als ISR-Schülerinnen und ISR-Schüler zu etikettieren. Zuständigkeiten zwischen LP und SHP sind unklar. Bei der Einführung von ISR erstreckten sich die Aufgaben der SHP in der einen Schule auf die ganze Klasse, was zu Unklarheiten und grossem Aufwand bei der Vorbereitung führte. Nun erteile die LP die Aufgaben und reiche sie an die SHP weiter. Wenn LP und SHP zusammenarbeiten müssten, schränke dies die Flexibilität in der Unterrichtsgestaltung ein – Inhalte und Vorgehensweisen im Unterricht müssten abgesprochen und geplant werden, wodurch die Spontaneität verloren gehe. In der anderen Schule wird darauf hingewiesen, dass bei mehreren ISR-Kindern innerhalb einer Klasse die Gefahr bestehe, diese sehr unterschiedlichen Kinder mit ISR als eine Gruppe aufzufassen, die von den anderen Schülerinnen und Schülern dann als „besondere“ Gruppe wahrgenommen werde. An der einen Schule fühlen sich die Eltern mit einem Kind mit ISR-Status an öffentlichen Anlässen der Schule sehr exponiert. Es wäre deshalb wichtig, vorgängig mit den Eltern zu vereinbaren, wie zum Beispiel an einem Elternabend über die ISR informiert werden solle. Es ist wichtig, die anderen Eltern für die Integration zu sensibilisieren und ihnen die Angst davor zu nehmen. Beide Kinder mit ISR-Status konnten befragt werden. Beide Kinder berichten davon, dass sie gerne zur Schule gehen würden. Das eine Kind gibt Stärken im musischen Bereich an, das andere Kind das Fach Deutsch. In Bezug auf den besten Freund / die beste Freundin gibt das erste Kind die Lehrerin und die SHP an, das zweite Kind nennt einen guten Schulfreund, der bei ihm an den freien Nachmittagen spielt. ISR-Settings mit hoher Zufriedenheit und tiefer Wertschätzung für Diversität Aus den Gesprächsprotokollen wird ersichtlich, dass LP und SL gegenüber der Integration teilweise kritisch eingestellt sind. Die Belastungen werden für die LP als hoch und der Nutzen für die Kinder wird als eher gering eingeschätzt. So äusserte sich eine LP im Interview wie folgt: „Wenn ein Kind stofflich nicht mithalten kann, gehört es in eine Sonderschule.“ Für LP werde der Schulalltag mit ISR hektischer, verschiedene Personen seien involviert und es müssten mehr Absprachen getroffen werden. Diese Umstände führten dazu, dass klassenübergreifende Arbeiten oder Projekte erschwert würden. Auch die Eltern nehmen die kritische Haltung der Schule gegenüber der Integration wahr. Trotzdem sind die Werte der Zufriedenheit mit dem ISR-Setting hoch. Welche Bedingungen und Faktoren führen dazu, dass die befragten Personen trotz negativer Einstellungen mit der Umsetzung des ISR-Settings zufrieden sind? Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 81 • • • • • • 82 LP und SHP beurteilen den interdisziplinären Austausch und die Zusammenarbeit als gut bis sehr gut. Kooperation sei ohnehin wichtig an der Schule; im Rahmen des ISRSettings tauschen sich LP und SHP hauptsächlich informell aus. Vorteilhaft sei u.a. die räumliche Nähe zwischen den Arbeitsräumen von LP und SHP. Die LP mussten allerdings erst in das ISR-Setting „hineinwachsen“. Die Kooperation mit der SHP aus der Sonderschule (Umwandlung von ISS zu ISR) sei in der einen Schule nicht reibungslos verlaufen – die SHP sei sehr fordernd aufgetreten, was bei den LP Ablehnung hervorgerufen habe. Auch mit den Eltern gelinge die Kooperation gut, obgleich die Abmachungen nicht immer eingehalten würden. Die SHP sind gemäss LP und SL gut ausgebildet. Die Rollen- und Aufgabenteilung von LP und SHP (und Assistenz) ist klar. So liegt die Federführung bei der Festlegung des Förderplans eindeutig bei der SHP. Die Eltern schätzen den Kontakt zur SHP und zur Assistenz. In der einen Schule gelingt das ISR-Setting dank des grossen Einsatzes der Assistenz sehr gut. Diese arbeitet konstant mit dem Kind, begleitet das Lernen eng und fördert auch die soziale Integration in den Klassenverband. Sie ist an der Schule für alle die Hauptansprechperson in Bezug auf das Kind. Die Eckwerte der Förderung legt die SHP in Zusammenarbeit mit der Assistenz fest. Ob das ISR-Setting zu den Erfordernissen passt, wird an der anderen Schule bezweifelt. Den Kindern, die so hilfsbedürftig seien, könne man im Klassenunterricht nicht gerecht werden. In der Regelklasse respektive im Klassenunterricht lerne das Kind nichts (gemäss der Einschätzung von LP und SHP). Das Kind sei leistungsmässig „an einem ganz anderen Ort“ als seine Mitschülerinnen und Mitschüler. Es wurde deshalb die Lösung gewählt, das betreffende Kind durch einen rein separativen Unterricht zu fördern. Am besten wäre sogar eine Einzelförderung in allen Fächern oder eine Kleinklasse mit vier Kindern. Das Kind geniesse die Stunden bei der SHP und es sei sehr motiviert; manchmal komme es auch in die Regeklasse, ohne jedoch effektiv am Unterrichtsgeschehen mitzuwirken. Beide Kinder sind in der Klasse akzeptiert und haben eine gute Beziehung zu vielen Klassenkolleginnen und Klassenkollegen. Trotz der kritischen Haltung merkt die LP in der einen Schule an, dass ISR eine grosse Bereicherung darstelle. Die Mitschülerinnen und Mitschüler könnten so den Umgang mit einem Kind mit Behinderung lernen und auf diese Weise Berührungsängste (auch für die Zukunft) abbauen. Wichtig sei, dass das Thema der Integration mit den Schülerinnen und Schülern immer wieder thematisiert werde. In beiden Fällen wird festgehalten, dass dies die Integration vereinfache, weil die Kinder mit ISR-Status kommunikativ seien und den Unterricht nicht durch Unruhe stören würden. Beide Kinder mit ISR-Status konnten befragt werden. Beide Kinder berichten davon, dass sie gerne zur Schule gehen würden. Der eine Junge gibt an, dass er Mathe besonders liebe und in Deutsch stark sei, schwierig sei hingegen Französisch. In der Schule arbeite er nicht gerne mit anderen Kindern zusammen, am liebsten lerne er alleine oder mit der SHP. Er habe einen guten Freund, mit dem er ein gemeinsames Hobby teile. Der zweite Junge liebt musische Fächer und Englisch. Da er als einziges Kind der Klasse am PC arbeiten musste, liebte er diese Tätigkeit nicht besonders. Er habe einen guten Freund in der Schule gewonnen. Diese Freundschaft habe bis jetzt gehalten. Die Lehrer der Schule hätten keine Rücksicht genommen auf seine Behinderung. Sie hätten kein Verständnis gezeigt, wenn er aufgrund von Energiemangel die Hausaufgaben nicht erledigen konnte. PH Luzern ISR-Settings mit tiefer Zufriedenheit und tiefer Wertschätzung für Diversität Welche Faktoren und Bedingungen führen dazu, dass die befragten Personen wenig zufrieden sind mit der Umsetzung des ISR-Settings und zudem wenig Wertschätzung für Diversität zeigen? • • • • • • • • Das Hauptproblem liegt in der Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen SHP und LP. Eine LP sagt, sie erhalte keine Rückmeldung dazu, was ausserhalb des Unterrichts in der Förderung des Kindes mit ISR passiere. In der einen Schule erfährt die LP erst anlässlich des SSG, welche Lernfortschritte die Kinder gemacht hätten. Gemäss SHP hat die LP keine Erfahrung im Tandem-Unterrichten. Die LP wiederum stellt hohe Erwartungen an die SHP, die diese jedoch nicht erfüllen könne. Die schwierige Kommunikation und Kooperation wirkten sich dermassen belastend aus, dass in der einen Schule ein externes Coaching durchgeführt wurde. Dieses Coaching habe zur Verbesserung der Situation beigetragen. Die Ressourcenlage wird in der einen Schule unterschiedlich eingeschätzt. Aus der Sicht der SHP wurden für das Setting zu wenige Stunden gesprochen, während die Stunden aus der Sicht der LP ausreichen, um das Kind angemessen zu fördern. In der einen Schule finden sich vier ISR-Settings in der gleichen Klasse. Dies wird eher als belastend wahrgenommen, obwohl man so mehr SHP-Stunden für die Klasse erhalte. Die Gefahr bestehe allerdings darin, die vier ISR-Kinder als separate Gruppe zu betrachten: „Das Kleeblatt hat ein eigenes Programm.“ Dies, obwohl das eine ISR-Kind nicht gerne am Gruppentisch mit den anderen ISR-Kindern sitze, wie die LP berichtet. Gemäss SL mache der Kanton zu wenige Vorgaben zur Gestaltung der ISR-Settings. Das eigene Konzept für die Sonderschulung bringe zudem auch keine abschliessende Klärung. Vieles an der Schule bezüglich ISR sei informell geregelt. Man wünscht sich deshalb eine Strukturierungshilfe und mehr kantonale Aufsicht und Kontrolle. Die Strukturen an der Schule seien schwach ausgebildet und auch die Termine würden nicht eingehalten. Schwierigkeit treten dann auf, wenn sich die schulischen Leistungen bei einem Kind mit ISR-Status sehr deutlich vom allgemeinen Klassenniveau unterscheiden, wenn also zum Beispiel ein Fünftklässler den Lernstand eines Zweitklässlers aufweist. In solchen Fällen würden sehr hohe Anforderungen an die Kompetenzen der LP zur Durchführung eines integrationsförderlichen Unterrichts gestellt. Die Förderung der Kinder mit ISR erfolgt in der einen Schule ausserhalb des Klassenunterrichts. Die LP weiss deshalb nicht, ob die Förderziele erreicht werden. Sie unterrichtet Kinder mit ISR nur in den Fächern Zeichnen, Turnen und M&U. Die betreffenden Kinder würden die gleichen Themen lernen, allerdings sei alles „abgespeckt“ und mit anderen Aufgaben verbunden. Durch die Trennung, das heisst die Förderung ausserhalb des Schulzimmers, kämen LP und SHP wieder besser miteinander klar. Die SHP hingegen möchte verstärkt integrativ im Klassenunterricht arbeiten. Belastend wirkt sich die Situation in Bezug auf den Übergang zur Sekundarschule aus. Wie geht es mit den Kindern mit ISR weiter? Beide Kinder mit ISR-Status konnten befragt werden. Der Junge geht gerne zur Schule. Besonders liebt er in der Schule den Sportunterricht, etwas weniger Mathematik und Fächer mit Hausaufgaben. Besonders stark sei er im Zeichnen. Er könne sich am besten konzentrieren, wenn es ruhig sei oder er alleine arbeiten könne. Aus der Klasse habe er zwei Jungen als beste Freunde. Das Mädchen geht nach einigen Angaben nicht gerne zur Schule. Gut ist sie in Mathe und Deutsch, weniger gut in Zeichnen. Lehrpersonen sollten weniger Hausaufgaben erteilen, die Stunden kürzen und andere Themen durchnehmen. Sie hat zwischendurch einen besten Freund, manchmal sei sie auch gerne alleine. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 83 5 Ergebnisse der Dokumentenanalyse In den Empfehlungen zur Einrichtung einer Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR) ist Folgendes festgelegt: „Grundsätze und das Vorgehen für die ISR werden im sonderpädagogischen Konzept jeder Schulgemeinde oder Schule festgelegt“ (Bildungsdirektion Kanton Zürich 2011, S. 2). Wie in Kapitel 2.1 beschrieben, wurden 50 Schulen mit ISR zufällig ausgewählt; davon haben 40 Schulen geantwortet. 19 Schulen – also knapp die Hälfte der antwortenden Schulen (47.5%) – legten Konzepte oder Konzeptteile zu ISR vor. Sechs Schulen (15%) dokumentierten einzelne ISR-Elemente (Ablaufplan, Formulare, Prozessbeschreibungen), während 15 Schulen (37.5%) berichteten, dass die Schule nicht über kommunale Dokumente verfüge oder die Dokumente zum Zeitpunkt der Anfrage noch in Bearbeitung seien. Das Spektrum der eingegangenen Unterlagen und Dokumente zu ISR ist somit gross und umfasst die folgenden Varianten: • • • • • • • Keine kommunalen Dokumente zu ISR; Verweis auf kantonale Unterlagen: „Wir gehen nach dem Konzept und Ablauf des VSA Zürich“; Verweis auf den SPD: „Wir halten uns an die Empfehlungen des SPD (haben kein eigenes Konzept)“; Dokumentation einzelner Instrumente, z.B. zur Förderplanung, zum Schulischen Standortgespräch (SSG), Checkliste zur Durchführung von ISR; vereinzelte Hinweise zu ISR im sonderpädagogischen Konzept; eigener Abschnitt „ISR“ im sonderpädagogischen Konzept; eigenständiges ISR-Konzept mit Ablaufplan, Regelungen, Verantwortlichkeiten und Verweisen auf rechtliche Grundlagen. Helfen die Dokumente dabei, die ISR-Qualitätskriterien zu erfüllen? Die vorgelegten Dokumente weisen einen unterschiedlichen Detailierungsgrad auf, weshalb die Frage nicht generell beantwortet werden kann. Insgesamt liegen sechs Konzepte, die sich ausschliesslich auf ISR beziehen, vor. Es ist anzunehmen, dass diese Konzepte – die teilweise unter externer Begleitung entstanden sind – mit ihren Ausführungen zur Erfüllung der ISR-Qualitätskriterien beitragen. So zeigen die Analysen aus der Onlinebefragung zum Beispiel einen knapp signifikanten und positiven Zusammenhang zwischen der Einhaltung von Abläufen bei Abklärungen beim SPD und der Beurteilung der Angemessenheit der Förderung eines Kindes. Die Beschreibungen dieser Abläufe sind Teil der Konzepte. Darüber hinaus werden weitere Themen abgedeckt, so die folgenden: • • • • • • • Ausgangslage, Rahmenbezug, Grundsätze (zu ISR); Zielgruppen und Angebotsformen; Organisation der Ressourcen; Zusammenarbeit; Zuständigkeiten, Verfahren und Abläufe; Qualitätsmanagement, Qualitätssicherung und Qualitätsüberprüfung; Formulare, Planungen und Prozessbeschreibungen. Die Ausführungen in den ISR-Konzepten sind mit Verweisen auf kantonale Bestimmungen versehen; zusätzlich werden auch lokale Gegebenheiten (z.B. Struktur und Zuständigkeiten der SL) berücksichtigt. Teilweise sind die Ausführungen zu ISR im sonderpädagogischen Konzept der Schule enthalten. Insgesamt liegen 13 Teilkonzepte vor, die innerhalb von sonderpädagogischen Konzepten Ausführungen zu ISR machen. Diese 13 Teilkonzepte sind in ihrem Detailierungsgrad sehr unterschiedlich und reichen von kurzen Beschreibungen bis hin 84 PH Luzern zu Konzepten, die ähnlich ausführlich und detailliert sind, wie die eigenständigen ISRKonzepte. Von den 13 Teilkonzepten (eingebettet in das sonderpädagogische Konzept) sind deren drei ähnlich differenziert wie die eigenständigen Konzepte und decken auch die gleichen Themen ab. Ob die (Teil-)Konzepte dazu beitragen, die Qualitätskriterien tatsächlich zu erfüllen, hängt somit stark von der Ausgestaltung und der Qualität des jeweiligen Konzepts ab. Bei drei Teilkonzepten dürfte dies uneingeschränkt der Fall sein. Von sechs Schulen liegen Elemente (Formulare, Planungen, Prozessbeschreibungen) vor. Diese Elemente unterstützen das Erfüllen der Qualitätskriterien punktuell. Weitere 15 Schulen verfügen gemäss eigenen Angaben nicht über kommunale Unterlagen. Teilweise haben die Schulen auf der Grundlage von Konzepten und Vorgaben zu ISR Konkretisierungen in Gestalt von zusätzlichen Regelungen, Prozessabläufen, Formularen etc. vorgenommen, so zum Beispiel: • • • • • • • Jahresplanung zu ISR. Zu welchem Zeitpunkt im Schuljahr muss welcher Schritt ausgeführt sein? Detaillierter Zuweisungsprozess: Prozessschritt, Aufgabe, Ausführung, Genehmigung, Termine; Detaillierte Zusammenstellung der Zuständigkeiten im ISR-Umsetzungsprozess; Beurteilungsbogen zur ISR-Anmeldung beim SPD; Unterstützende Formulare (zuhanden der am Setting beteiligten Personen); Checkliste für die Zuweisung zur Sonderschulung ISS und ISR; Übersicht mit Prozessschritten und Verlinkung der entsprechenden Dokumente. Sind die Verantwortlichkeiten (auch in Krisensituationen) geregelt respektive ist sichergestellt, dass sie im einzelnen Setting geregelt werden? Von den 40 antwortenden Schulen beschreiben 23 Schulen die Verantwortlichkeiten zur Umsetzung von ISR in ihren (Teil-)Konzepten und Unterlagen. Diese Verantwortlichkeiten werden zumeist im Rahmen der Zuweisung, Durchführung und Überprüfung von ISR geregelt. Der Differenzierungsgrad in puncto Verantwortlichkeiten ist allerdings höchst unterschiedlich. So liegen Beschreibungen vor, in denen die Zuständigkeiten für jeden Umsetzungsbereich (Planung, Zuweisung und Umsetzung, schulische Förderung, Zielüberprüfung und Beurteilung, Kommunikation und Information, Koordination des Angebots und Sicherung der Qualität) gemäss den folgenden Kategorien geregelt werden: • • • • Hauptverantwortung; Teilverantwortung; Beteiligt; Beteiligt je nach Situation. Teilweise werden die Verantwortlichkeiten aber auch nur rudimentär beschrieben, wie etwa im folgenden Beispiel: „Der SPD erhält einen Abklärungsauftrag. Stellt er eine Sonderschulbedürftigkeit fest, wird das zuständige Schulpflegemitglied oder die sonderpädagogische Fachleitung über die Indikation und über die Varianten möglicher Sonderschulungen informiert“ (Schule 13). Hinweise in Bezug auf Krisensituationen fehlen überall. Teilweise wird unter der Rubrik „Schwierige Situationen“ festgehalten: „Für die beteiligten Lehr- und Fachpersonen sind die Schulleitung und die Fachstelle externe Sonderpädagogik erste Anlaufstellen. Eltern wenden sich in erster Linie an die beteiligten Lehr- und Fachpersonen“ (Schule 27). Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 85 Ist sichergestellt, dass in jedem Setting das behinderungsspezifische Fachwissen vorhanden ist? Die Sicherstellung des behinderungsspezifischen Fachwissens wird in den vorliegenden Konzepten weniger thematisiert. Insgesamt konnten in 14 Unterlagen (eher allgemeine) Ausführungen zur Sicherstellung des behinderungsspezifischen Fachwissens gefunden werden. Teilweise wird unter der Rubrik „Personal“ sehr allgemein und ohne Bezug auf ISR-spezifische Themen auf die kantonalen Anstellungsbedingungen von Schulischen Heilpädagoginnen und Schulischen Heilpädagogen hingewiesen. Dabei wird auch erwähnt, dass erwartet werde, dass das Fachpersonal über das entsprechende Wissen verfüge. Oder es wird zum Beispiel (unspezifisch) festgehalten: „Um die Qualität der ISR zu gewährleisten, bilden sich alle Beteiligten regelmässig persönlich und als Gesamtschule weiter“ (Schule 27), respektive: „Das Integrationsteam hat das Recht auf Beratung. Die Schulleitungen der Sonderschule und der Schule ... prüfen und genehmigen in gegenseitiger Absprache Anträge auf externe Fachberatung“ (Schule 47). Ausserdem finden sich Hinweise wie der folgende: „Für eine dem Bedürfnis entsprechende Förderung und Betreuung kann es auch sinnvoll sein, eine behinderungsspezifische Beratung und Unterstützung (B+U) durch eine spezialisierte Sonderschule oder Fachstelle einzurichten“ (Schule 23). Sind Zuweisung, Aufsicht (Qualitätssicherung) und Überprüfung geregelt? 21 Schulen legten Regelungen in Bezug auf Zuweisung, Aufsicht und Überprüfung von ISR vor. In den sechs Konzepten zu ISR sind die Prozessabläufe mit den entsprechenden Zuständigkeiten detailliert beschrieben. Teilweise werden zur Unterstützung Formulare und Prozessbeschreibungen mitgeliefert. Bei den Teilkonzepten (innerhalb eines sonderpädagogischen Konzepts) existieren wiederum grosse Unterschiede im Hinblick auf den Detaillierungsgrad und die Ausführlichkeit. Des Weiteren fällt auf, dass Schulen, die kein (Teil-)Konzept vorweisen können, am ehesten über eine Regelung zur Zuweisung verfügen. Die Regelungen zur Zuweisung sind überall ausführlicher als jene für die Aufsicht. Bezüglich der Aufsicht wird in der Regel primär angegeben, wer dafür zuständig sei und zu welchem Zeitpunkt (oder in welchem zeitlichen Rhythmus) die Überprüfung stattzufinden habe. Teilweise wird dabei auf die ISR-Qualitätskriterien des VSA hingewiesen oder diese werden explizit aufgeführt. Ist der Einbezug/die Information der Eltern und der Schülerin respektive des Schülers sichergestellt. Dort, wo die verschiedenen Aufgaben definiert und die Verantwortlichkeiten geregelt sind, finden sich auch präzise Angaben dazu, zu welchem Zeitpunkt und vom wem die Eltern informiert werden. Zudem finden sich in den Konzepten und teilweise auch in den Teilkonzepten über die verschiedenen Kapitel verteilt Ausführungen zur Informierung der Eltern. So wird zum Beispiel unter den Grundsätzen festgehalten: „Eine Sonderschulung ist frühzeitig mit den Eltern respektive Erziehungsberechtigten zu thematisieren (unverbindlich)“ (Schule 42), oder: „Den Eltern wird die konkrete Sonderschulmassnahme nach der Information der Schulpflege und in Rücksprache mit dieser unterbreitet“ (Schule 13). 86 PH Luzern 6 Schlussfolgerungen und Empfehlungen In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse aus den Onlinebefragungen sowie den Dokumenten- und Fallanalysen zusammengefasst, um daraus jeweils zentrale Schlussfolgerungen ziehen zu können. Analog zum Aufbau des Berichts gliedern sich die Ausführungen in die Themenbereiche „Umsetzung der Förderung im ISR-Setting“ (Kapitel 6.1), „Abklärungsund Zuweisungsverfahren“ (Kapitel 6.2) und „Integration in den Klassenverband“ (Kapitel 6.3). Die Schlussfolgerungen werden anschliessend mit Empfehlungen konkretisiert (Kapitel 6.4). 6.1 Umsetzung der Förderung im ISR-Setting Um erfassen zu können, wie die ISR in den Schulen des Kantons Zürich konkret umgesetzt wird, wurden den Lehrpersonen (LP), Schulleitenden (SL), Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen (SHP), Schulpsychologinnen und Schulpsychologen (SP) und Eltern zu verschiedenen Themen rund um das ISR-Setting Fragen gestellt. Ein erster Untersuchungsbereich betraf die Indikation, auf welcher das ISR-Setting beruht. Weitere Fragenstellungen befassten sich mit der Durchführung der Schulischen Standortgespräche (SSG) und mit der Kooperation zwischen den involvierten Fachpersonen und Eltern. Eine weitere Anzahl von Fragen zur Umsetzung von ISR bezog sich auf die integrationsspezifischen Einstellungen, auf die beruflichen Qualifikationen der involvierten Fachpersonen sowie auf die Nutzung von Beratung und die Einschätzung der Rahmenbedingungen. Indikationsbereiche und Förderung Die häufigsten Indikationsbereiche, die einem ISR-Setting in der vorliegenden Stichprobe zugrunde liegen, sind den Aussagen der SP zufolge „Kognition und Metakognition“, „Sozialeemotionale Funktionsfähigkeit“ sowie „Intentionale Kommunikation“ (siehe Abbildung 2). Grundsätzlich empfinden die befragten Akteure die Wahl der ISR im Vergleich mit Förderung durch IF, Sonderschulung oder ISS als die beste Lösung (siehe Abbildung 6). Für alle ausgewählten Kinder wurden die Akteure nach der Art der Förderung befragt. Die Auswertungen zeigen, dass sowohl integrative als auch separative Zugänge der Förderung gewählt werden. In den meisten Fällen werden Kinder mit ISR integrativ während des Unterrichts unterstützt (siehe Abbildung 4). Je nach Sichtweise des Akteurs (SP, SHP, LP und Eltern) werden jedoch 24–48% der Kinder separativ durch SHP gefördert. Ebenfalls verbreitet ist die Unterstützung durch eine Klassenassistenz und durch Logopädie. Die Anzahl der zugesprochenen Wochenförderlektionen pro Kind fällt sehr unterschiedlich aus, wie dies beispielsweise die Spanne zwischen 0.5 und 23 Lektionen SHP für ein Kind verdeutlicht. Die Förderschwerpunkte setzten LP und SHP am häufigsten in den Bereichen „Allgemeines Lernen“, „Sprache und Begriffsbildung“ sowie „Umgang mit Anforderungen“. Nur leicht weniger bedeutsam sind die Schwerpunkte „Lesen und Schreiben“, „Kommunikation“, „Umgang mit Menschen“ sowie „Mathematik“. Diese Angaben verdeutlichen die breite Palette an Schwerpunkten, an denen mit den Kindern mit ISR gearbeitet wird. Zudem spiegeln die Schwerpunkte der Förderplanung die Indikationsbereiche wider (siehe Abbildung 7). Zur Umsetzung der Förderung wurde nicht nur gefragt, welche Art der Unterstützung gewählt wurde (vgl. oben), sondern auch, als wie angemessen die Akteure die gewählten Unterstützungsmassnahmen einschätzen. Die Auswertungen zeigen, dass alle befragten Akteure (LP, SHP, SP und Eltern) die Angemessenheit der Förderung im Rahmen von ISR als relativ hoch bewerten (siehe Abbildung 5). Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 87 Schulisches Standortgespräch (SSG) Das SSG findet mehrheitlich zweimal jährlich statt (siehe Abbildung 9) und wird in Bezug auf seine Quantität von den befragten Eltern meist positiv bewertet. Eltern, welche die Anzahl der SSG als zu gering erachten, beurteilen gleichzeitig auch die schulische Förderung im Rahmen der ISR als weniger angemessen. Auch die Qualität der SSG wird von den Eltern im Schnitt positiv bewertet. So sind sie beispielsweise der Ansicht, dass die Gespräche gut vorbereitet seien, zu konkreten Massnahmen führten und auch die Stärken der Kinder aufzeigten (siehe Abbildung 10). Am SSG sind neben LP, SHP und Eltern teilweise auch die Kinder (40%), SP (66% mindestens einmal pro Jahr) und SL (94% mindestens gelegentlich) anwesend. Kooperation der Akteure LP, SHP und Eltern stehen auch neben den SSG im Austausch miteinander. Dessen Quantität fällt dabei jedoch sehr unterschiedlich aus: Bei etwas mehr als der Hälfte der Settings finden die Gespräche zwischen LP/SHP und Eltern seltener als einmal pro Monat statt, während sie bei knapp 10% der Settings einmal pro Woche durchgeführt werden (siehe Abbildung 12). Kooperation zwischen Fach- und Lehrpersonen ist eine wichtige Voraussetzung für eine gute Planung und Durchführung des Unterrichts, wie aus der Studie der European Agency for Development in Special Needs Education (2012, S. 7) hervorgeht: „Collaboration and teamwork are essential approaches for all teachers.“ Die Qualität der Zusammenarbeit zwischen LP, SHP und Eltern wird von allen drei Akteursgruppen im Durchschnitt als eher positiv bewertet (siehe Abbildung 14 und Abbildung 15), so etwa hinsichtlich der gegenseitigen Unterstützung oder in Bezug auf das Vertrauen in die Arbeit der anderen Beteiligten. LP und SHP profitieren bei ihrer Arbeit im Durchschnitt jedoch nur bedingt vom Wissen der Eltern. In den Fallanalysen wurde deutlich, dass sich gewisse Eltern eine bessere Kooperation wünschen, während LP berichten, dass sie bei der Kooperation mit den Eltern teilweise an ihre Grenzen stossen würden. Es stellt sich daher die Frage, wie die Kooperation in diesen Situationen optimiert werden kann, um das betreffende Kind in systematischer Weise umfassend unterstützen zu können. Die Zusammenarbeit mit den SP wird aus der Sicht der LP und SHP positiv bewertet. So geben die befragten LP und SHP an, sie hätten Vertrauen in die Empfehlungen des SPD, und bestätigen, dass die Empfehlungen nützlich seien (siehe Abbildung 16). SL äussern sich im Gegensatz dazu leicht kritischer (siehe Abbildung 17). Die Eltern beurteilen ihre Zusammenarbeit mit den SP ähnlich wie die SL als eher positiv (siehe Abbildung 18). Trotz der grundsätzlich positiven Wahrnehmung der Zusammenarbeit zwischen LP und SHP nutzen LP Beratungsangebote der SHP eher wenig. Auf der anderen Seite stellen die SHP den LP eher wenige Unterrichtsmaterialien zur Verfügung (siehe Abbildung 19). Weitere Analysen ergaben, dass die Akteure die ISR-Förderung bei guter Zusammenarbeit zwischen LP und SHP positiver beurteilen als in Fällen, in denen diese Voraussetzung nicht gegeben ist. Die Fallanalysen bestätigen diesen Befund: Überall dort, wo die Umsetzung von ISR nicht funktioniert, liegen Missverständnisse in der Kooperation, meist zwischen SHP und LP, vor, wobei die Kooperation entweder verweigert wird oder nur oberflächlich stattfindet. Diese Einschätzungen werden auch von Elternseite bestätigt. Einstellungen und Berücksichtigung individueller Bedürfnisse Einstellungen respektive Überzeugungen oder Haltungen gelten für das pädagogische Handeln als hoch bedeutsam (Baumert & Kunter, 2006). In der vorliegenden Studie wurden Einstellungen zu drei Bereichen mit unterschiedlicher Reichweite erhoben. Es handelte sich um (a) Einstellungen zu ISR, (b) Einstellungen zu Diversität und (c) Einstellungen zur schulischen Integration. Insgesamt zeigen die Einstellungen der LP, SHP, SP und SL ein verhalten positives Bild. So liegen die Werte der Einstellung zu ISR nur leicht über der Skalenmitte, wobei die LP – verglichen mit den SHP, SP und SL – am kritischsten eingestellt sind (siehe Abbildung 88 PH Luzern 21), während die Werte für die Einstellung zu Diversität in der Klasse etwas positiver ausfallen (siehe Abbildung 22). Wie die Analysen ergaben, stehen diese beiden Faktoren in einem positivem Zusammenhang mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung: Sind die Akteure gegenüber ISR generell positiv eingestellt und wird Diversität positiv gesehen, so wird die ISR-Förderung als angemessener eingeschätzt. Dieser Befund findet seine Bestätigung auch bei der Einstellung zur schulischen Integration (siehe Abbildung 23). Auch diese Einstellung steht in einem Zusammenhang mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung: Je wohlwollender die Einstellung zur schulischen Integration ausfällt, desto angemessener wird die Förderung eingeschätzt. Umgekehrt bedeutet dies, dass an gewissen Schulen in ISRSettings LP tätig sind, welche die Integration ablehnen und die Förderung als weniger angemessen wahrnehmen. Dieser Befund konnte unter anderem mithilfe der Fallanalysen bestätigt werden. Mithin scheint es wichtig zu sein, im Rahmen der Einführung von ISR die integrationsspezifischen Einstellungen der Beteiligten zu thematisieren und zu hinterfragen. Die LP berichten trotz ihrer eher kritischen Einstellung gegenüber ISR, dass sie die individuellen Lernbedürfnisse im Schnitt zufriedenstellend berücksichtigen könnten (siehe Abbildung 24). Diese Ansicht wird von den Eltern geteilt (siehe Abbildung 25). Diese finden zudem, dass ihr Kind im Schnitt fair beurteilt werde und die geforderten Leistungen angemessen seien (siehe Abbildung 26). Wie weiterführende Analysen aufzuzeigen vermochten, beurteilen Eltern, welche die individuellen Lernbedürfnisse ihrer Kinder im Unterricht berücksichtigt sehen, auch die Förderung durch das ISR-Setting insgesamt als angemessener. Qualifikation der Lehr- und Fachpersonen Ein bedeutsamer Aspekt für die Gewährleistung einer kompetenten Förderung durch Lehrund Fachpersonen ist deren Qualifikation (Joller-Graf & Tanner, 2011). In der untersuchten Stichprobe verfügen allerdings nur 64% der als SHP tätigen Personen über eine entsprechende Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik oder waren zum Zeitpunkt der Befragung in Ausbildung (siehe Abbildung 27). Zugleich ergaben vertiefte Analysen, dass eine Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik die Einstellungen zu Diversität und schulischer Integration wie auch die Zusammenarbeit zwischen LP und SHP positiv beeinflusst. Auch in den Fallanalysen bestätigte sich, dass Probleme in der Umsetzung von ISR vor allem dann auftreten, wenn die SHP von den LP als wenig kompetent eingeschätzt werden. Vor diesem Hintergrund drängt sich die Forderung auf, dass alle SHP, die für ein Kind mit ISR zuständig sind, über eine den Anforderungen adäquate Ausbildung verfügen müssen respektive dass bei fehlendem Fachwissen der sonderpädagogischen Fachperson die Defizite zwingend durch Beratung und Unterstützung einer spezialisierten Fachstelle kompensiert werden müssen. Den erhobenen Daten zufolge haben 40% der SHP zusätzlich eine Weiterbildung, meist in den Themenbereichen „Unterricht/Didaktik/Methodik“, „Förderdiagnostik/Förderplanung“ oder „Heilpädagogik ohne Spezifikation“, absolviert. In vielen Fällen wurde die Spezifikation der Weiterbildung jedoch offengelassen (siehe Abbildung 28). Von den LP, welche Kinder mit ISR unterrichten, berichten nur 18% von einer spezifischen Weiterbildung zur Förderung von Kindern mit Sonderschulbedarf, was angesichts der Komplexität der Anforderungen an ein ISRSetting (siehe Indikationen) Fragen aufwirft. Der bedeutsame Anteil an nicht adäquat ausgebildeten SHP wird von den SL bestätigt: Ihren Angaben zufolge arbeiten an ihren Schulen im Schnitt 2.2 von 5 SHP ohne entsprechende Ausbildung. Ein Drittel der ohne Abschluss tätigen SHP haben immerhin eine Aus-/Weiterbildung in Schulischer Heilpädagogik geplant. Diese Befunde zeigen auf, dass die SL gefordert sind, Lehrpersonen in ihrer beruflichen Weiterentwicklung zu beraten und zu unterstützen, und dafür sorgen sollten, dass das nötige Know-how an der Schule verfügbar ist oder in die Schule transferiert wird. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 89 Beratung und Unterstützung Die Sicherung der Fachlichkeit basiert neben der Qualifikation der Lehr- und Fachpersonen auch auf der Möglichkeit, bei Bedarf auf Beratungs- und Unterstützungsangebote zurückgreifen zu können und diese auch tatsächlich zu nutzen. Während rund drei Viertel der LP ihre Anlaufstellen bei Problemen kennen (mehrheitlich SL und SHP; siehe Abbildung 31), scheint bei einem Viertel der LP diesbezüglich noch Klärungsbedarf zu bestehen. Bei Fragen zur Umsetzung des ISR-Settings wenden sich LP häufig an SHP und SL. Auch SP werden teilweise als bedeutsame Anlaufstelle genannt. Das VSA wie auch die B+U-Anbieter werden hingegen kaum genutzt (siehe Abbildung 32). SL wenden sich ebenfalls meist an SHP und SP, während sich wiederum nur ein Fünftel der Befragten SL an das VSA und die B+U-Anbieter wendet. Vonseiten der SP wird zu 94% bejaht, dass sie Beratungen von LP und SHP durchführen würden. Diese Beratungen befassen sich sehr häufig mit der Abklärung des Sonderschulungsbedarfs, mit Fragen zur Förderung sowie mit der emotionalen Belastung des betreffenden Kindes (siehe Abbildung 33). Beratung und Unterstützung stellen eine Möglichkeit dar, fehlendes Wissen in Bezug auf die Gestaltung eines ISR-Settings abzurufen. Eine essenzielle Vorbedingung dafür besteht jedoch darin, dass LP wissen, welche Möglichkeiten diese Angebote umfassen und wo respektive wie sie darauf zurückgreifen können, sodass sie das passende Angebot im Bedarfsfall auch tatsächlich nutzen. Rahmenbedingungen Lehr- und Fachpersonen verfügen in der Regel lediglich über mässiges Fachwissen zur Umsetzung von ISR und nur über eine geringe Kenntnis der entsprechenden gesetzlichen Grundlagen (siehe Abbildung 34). Auf die Frage nach den Ressourcen zur Umsetzung von ISR fallen die Einschätzungen von SP und SL eher kritisch aus: So wird die Aussage „Die gesprochenen Stunden für das ISRSetting reichen aus, um die Kinder angemessen zu fördern“ von den SP und SL mit einem Wert von 3.1 als „teils, teils“ eingestuft. (siehe Abbildung 35). Die Aufsicht über die ISR ist an den verschiedenen Schulen der Stichprobe unterschiedlich angesiedelt, obliegt jedoch mehrheitlich der Schulpflege (60%; siehe Abbildung 36). Eine an die SP und SL gerichtete Frage befasste sich damit, welche Kinder sich nicht für eine Beschulung mit ISR eignen würden. Am häufigsten genannt wurden in diesem Zusammenhang folgende Kategorien: Kinder mit massiver Verhaltensauffälligkeit und/oder ausgeprägten Aufmerksamkeitsstörungen; Kinder, die mit ISR nicht ausreichend gefördert werden können; Kinder mit kognitiven Einschränkungen, Lernschwierigkeiten, Sprachproblemen und Entwicklungsstörungen; Kinder mit starker körperlicher und/oder geistiger Behinderung (siehe Abbildung 39). Schliesslich wurden LP und SHP auch danach gefragt, was sie für ein passendes ISR-Setting zusätzlich benötigen würden. Häufig vorgebracht wurden diesbezüglich die folgenden Wünsche: Klarheit hinsichtlich der Beurteilung von Kindern mit ISR, spezifische Lehrmittel mit individualisierten Aufgaben, Zeitgefässe für die Zusammenarbeit sowie fachliche Unterstützung durch die SHP (siehe Abbildung 41). Weiterführende Analysen zu diesem Aspekt lassen die folgende Aussage zu: Je mehr Wünsche für ein passendes ISR-Setting genannt werden, desto tiefer fallen die Werte für die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung aus. 90 PH Luzern 6.2 Abklärungs- und Zuweisungsverfahren Um einen Eindruck davon zu gewinnen, inwiefern das jeweils zur Anwendung gelangende Abklärungs- und Zuweisungsverfahren fachlich indiziert ist und nicht willkürlich oder personenund ortsabhängig erfolgt, wurden den an der Befragung beteiligten Akteuren verschiedene, in Kapitel 3.2 im Detail ausgeführte Fragen gestellt. Diese betreffen die folgenden Aspekte: die Verwendung des SAV durch die SP, den eingeschätzten Bedarf an ISR, das Vorgehen von der Wahrnehmung von Schwierigkeiten bis zur Abklärung beim SPD, die Anzahl Abklärungen beim SPD, das Vorhandensein sowie die Einhaltung von geregelten Abläufen bei der Zuweisung und Abklärung sowie die Information der Eltern. Von der Wahrnehmung von Schwierigkeiten des Kindes bis zur Anmeldung beim SPD Auf die Frage, wer die schulischen Schwierigkeiten des Kindes zuerst wahrgenommen habe, werden vor allem die LP, SHP und die Eltern genannt (siehe Abbildung 42). Als Reaktion auf die erstmalige Wahrnehmung der Auffälligkeiten werden gemäss den Angaben der SL (80%) an fast allen Schulen zunächst Alternativlösungen erprobt, die sehr vielfältig ausfallen können (für Details siehe Kapitel 3.2.1). Führen diese Massnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis, so entscheiden sich insbesondere die Eltern und die LP für eine Abklärung beim SPD (siehe Abbildung 43). Die Resultate zeigen zudem, dass die Eltern und die SL in fast allen Fällen standardmässig einbezogen werden, wenn es um eine Abklärung des Kindes geht (siehe Abbildung 45). Gleichwohl wurde in 15% der Fälle vor der Abklärung kein SSG durchgeführt. Dieses Ergebnis verdeutlicht, dass bei der Regelung von Abläufen noch Optimierungsbedarf besteht. Zwar gibt es an vielen Schulen standardisierte Abläufe, deren Einhaltung von den SL auch mit hoher Zustimmung bejaht wird (siehe Abbildung 47), aber die Dokumentenanalyse zeigte zugleich, dass der Detaillierungsgrad der entsprechenden Unterlagen sehr unterschiedlich ausfällt. Zudem hängt die Einhaltung solcher Abläufe an der Schule mit der von den verschiedenen Akteuren eingeschätzten Angemessenheit der Förderung des betreffenden Kindes zusammen, wobei insbesondere das Einhalten von Abläufen bei der Abklärung durch den SPD sowie bei der Planung und Durchführung des SSG signifikant mit der Einschätzung der Angemessenheit der Förderung einhergeht. Das Vorhandensein und Einhalten dieser Abläufe wiederum hängt positiv mit dem vorhandenen Fachwissen an der Schule zusammen (siehe Kapitel 3.2.1). Der Einbezug von Schulleitungen Die SL sind wichtige Ansprechpersonen bei Fragen zur ISR und werden im Falle von Anmeldungen beim SPD einbezogen. Wie die Fallanalysen ergaben, vermitteln die SL darüber hinaus auch bei Problemen in der Zusammenarbeit zwischen LP und SHP und sie bearbeiten die Schnittstelle zwischen Schule, Fachstellen und Behörden bei der Ressourcenplanung. Zudem koordinieren sie die verschiedenen Angebote der schulischen Integration, wie dies unter anderem die Dokumentenanalyse der sonderpädagogischen Konzepte aufzuzeigen vermochte. All diese verschiedenen Aufgaben verdeutlichen die zentrale Stellung, welche die SL bei der Realisierung der integrativen Schule innehaben. Schulpsychologischer Dienst Wird das Kind beim SPD angemeldet und spricht die oder der zuständige SP eine Empfehlung für ISR aus, so folgt das weitere Vorgehen gemäss drei Vierteln der an der Befragung teilnehmenden SP einem klaren ISR-Zuweisungsverfahren. Um eine vergleichbare Abklärungspraxis sicherzustellen, wird auch im Kanton Zürich das SAV schrittweise eingeführt. Die Ergebnisse der Datenanalysen zeigen, dass diese Einführung noch am Laufen ist. Zum Zeitpunkt der Befragung gaben 22% der SP an, dass sie das SAV bereits verwenden würden. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 91 Die SP wurden zudem gefragt, ob ISR ausgebaut werden solle und, wenn ja, für welche spezifischen Bedürfnisse. 45% der SP bejahen diese Fragen, wobei der höchste Bedarf vor allem im Grenzbereich von Lern- und geistiger Behinderung, bei Konzentrationsstörungen, sprachlichen Schwierigkeiten, Schwierigkeiten im Sozialverhalten sowie Sinnesbehinderungen gesehen wird (siehe Abbildung 46). ISR scheint in den Augen der SP somit eine Ressource zu sein, die äusserst vielfältig eingesetzt werden kann. Eltern haben ein Anrecht auf transparente und regelmässige Information sowie ein Recht auf Mitwirkung (§§ 50–53 VSG). Obwohl sich die Mehrheit der Eltern gemäss Selbstaussage ausführlich informiert fühlt, besteht bei immerhin 30% der befragten Eltern ein ungedeckter Informationsbedarf (siehe Abbildung 49). Zudem geben 23% der LP und 21% der SHP an, dass den Eltern nicht klar sei, dass es sich bei ihrem Kind offiziell um eine Sonderschülerin respektive um einen Sonderschüler handle. Demgegenüber waren 96% der SP der Ansicht, dass die Eltern sich über den Status ihres Kindes im Klaren seien (siehe Abbildung 48). Dieser Befund deutet darauf hin, dass die SP zwar informieren, die Informationen jedoch nicht bei allen Eltern auch tatsächlich anzukommen scheinen und eventuell auch wieder vergessen gehen. Auch diesbezüglich ergibt sich somit Optimierungsbedarf. 6.3 Integration in den Klassenverband Da die soziale Integration ein wichtiges Gütekriterium für die schulische Integration darstellt, wurden verschiedene Fragen zum Vorhandensein von Freundinnen und Freunden, zur Zugehörigkeit zu einer Schülerclique, zur Gestaltung der Peerbeziehungen, zur zeitlichen und aktiven Teilnahme am Unterricht sowie zum Wohlbefinden des Kindes mit ISR-Status gestellt. Ebenfalls untersucht wurde das Klassenklima hinsichtlich der Akzeptanz von Vielfalt. In einem weiteren Schritt wurden danach auch noch mögliche Probleme bei der Förderung von Schülerinnen und Schülern im Rahmen von ISR sowie Übergänge in die nächste Schulstufe und in Berufsausbildungen ins Zentrum des Forschungsinteresses gerückt. Vorhandensein einer besten Freundin oder eines besten Freundes und Zugehörigkeit zu einer Schülerclique Die Resultate der Datenanalysen zeigen, dass nach Ansicht der Eltern, LP und SHP ca. 50% der Kinder mit ISR eine beste Freundin oder einen besten Freund haben respektive Mitglied einer Schülerclique sind (siehe Abbildung 50). Die Erhebung der sozialen Integration beruht auf Aussagen der genannten Akteure (und nicht auf einem unabhängigen Mass, etwa ausgehend von Peernominationen). Da zahlreiche Forschungsarbeiten (z.B. Juvonen & Baer, 1992) einerseits zum Schluss gelangten, dass Kinder, die Freundschaften pflegen und einer Clique angehören, auch die Beziehungen zu ihren Mitschülerinnen und Mitschülern (soziale Interaktionen) signifikant aktiver gestalten, und andererseits die Erfahrung von Freundschaft und Zugehörigkeit bedeutsam ist, damit ein Kind eine förderliche soziale Entwicklung durchlaufen kann, sollte die schulische Integration von Kindern mit ISR ein zentrales Anliegen aller beteiligten Akteure darstellen. Wie Berichte von Eltern in den Fallstudien zeigen, ist es jedoch nicht immer der Fall, dass Kinder mit ISR-Status für die Freizeit Freundinnen und Freunde finden, an Geburtstagspartys eingeladen werden oder an gemeinsamen Aktivitäten teilnehmen können. Vor dem Hintergrund, dass erst rund die Hälfte der Kinder mit ISR in das soziale Netzwerk der Klasse eingebettet zu sein scheint, besteht in diesem Bereich Optimierungsbedarf. Soziale Interaktionen und aktive Teilnahme am Unterricht Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass die sozialen Interaktionen der Kinder mit ISR im Durchschnitt nur mässig positiv beurteilt werden (siehe Kapitel 3.3.1). So antworten die verschiedenen Akteure beispielsweise auf die Frage, wie leicht das Kind Freundinnen und Freunde finde und ob es die Pause mit Klassenkameradinnen und Klassenkameraden verbringe, mit Einschätzungen zwischen „teils, teils“ und „trifft eher zu“. Es wäre daher wohl zu kurz gegrif92 PH Luzern fen, die Integration lediglich mittels sozialen Lernens fördern zu wollen (Kavale & Mostert, 2004). Vielmehr sollte der Unterricht so ausgerichtet sein, dass das Kind mit ISR viel Zeit im Klassenzimmer verbringen kann und die Möglichkeit erhält, aktiv am Unterrichtsgeschehen teilzunehmen. So wurde in den Zusammenhangsanalysen deutlich, dass die aktive Teilnahme am Unterricht neben dem Wohlbefinden als wichtigstes Kriterium für die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung des Kindes angesehen werden kann. Wie die entsprechenden Resultate zeigen, werden 80% der Kinder mit ISR in mehr als zwei Dritteln der Zeit integrativ im Klassenunterricht gefördert (siehe Abbildung 51). Zudem wird auch die Partizipation der Kinder mit ISR durchschnittlich eher positiv eingeschätzt: Kinder mit ISR nehmen ihren Möglichkeiten entsprechend aktiv am Unterricht teil und haben ein Mitbestimmungsrecht, das es ihnen erlaubt, zu entscheiden, ob sie an diesen Aktivitäten teilnehmen möchten (siehe Abbildung 52). Somit scheint eine wichtige Voraussetzung für die soziale Integration der Kinder mit ISR in den meisten Fällen erfüllt zu sein. Weniger gut fällt im Vergleich dazu die Beurteilung der sozialen Interaktionen der Schülerinnen und Schüler mit ISR aus. Wohlbefinden Die Bedeutsamkeit der sozialen Interaktionen kann noch klarer dargestellt werden, wenn das Wohlbefinden des Kindes näher betrachtet wird. In der vorliegenden Stichprobe wird das Wohlbefinden des jeweiligen Kindes im ISR-Setting von den Akteuren als eher hoch eingeschätzt (siehe Abbildung 55), wobei sich die verschiedenen Perspektiven bemerkbar machen: Die SP schätzen das Wohlbefinden am tiefsten ein, die Eltern am höchsten. Hohe Werte beim Aspekt der sozialen Interaktionen gehen mit einer signifikant höheren Wahrnehmung des Wohlbefindens der Kinder einher. Da die sozialen Interaktionen wiederum vom Vorhandensein von Freundschaften und von einer Cliquenzugehörigkeit abhängig sind, sollten neben der Förderung einer aktiven Teilnahme des Kindes am Unterricht stets auch die sozialen Beziehungen des Kindes zu den Mitschülerinnen und Mitschülern, also das soziale Lernen, im Fokus stehen. Klassenklima in Bezug auf Vielfalt Wie die sozialen Beziehungen eines Kindes gestaltet werden, ist auch vom jeweiligen Kontext abhängig (Grütter et al., 2015). Das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt wird von den Befragten als eher positiv erlebt, wobei jedoch die Eltern eine etwas weniger positive Perspektive einnehmen als die LP und SHP (siehe Abbildung 54). Zudem geht aus den Einschätzungen der Eltern hervor, dass eine Akzeptanz der Integration aufseiten der anderen Eltern nicht immer gegeben zu sein scheint. Dieser Befund weist darauf hin, dass der Sichtweise der Eltern hinsichtlich der schulischen Integration noch stärker Beachtung geschenkt werden sollte. Eine diesbezügliche Möglichkeit bestünde beispielsweise darin, an Veranstaltungen für Eltern ein Verständnis für die schulische Integration aufzubauen. Da das Klassenklima in Bezug auf Vielfalt einen wesentlichen Faktor für die eingeschätzte Angemessenheit der Förderung im Rahmen von ISR darstellt, sollte dem Umgang mit Unterschiedlichkeit in der Klasse grosse Beachtung geschenkt werden. Um ein Klassenklima zu schaffen, das Unterschiede zwischen den Kindern akzeptiert, sind zum einen die integrationsspezifischen Einstellungen der LP und SHP und zum anderen auch strukturelle und fachliche Voraussetzungen von Bedeutung. Wichtig für ein integrationsunterstützendes Klima sind zum Beispiel Zeitgefässe für die Zusammenarbeit, fachliche Unterstützung oder organisatorische Unterstützung durch die SL (siehe Abbildung 29). Daher empfiehlt es sich, einerseits gemeinsam eigene Einstellungen zu reflektieren und andererseits an den nötigen Voraussetzungen zu arbeiten (siehe Abbildungen 29), welche ein Klassenklima der Akzeptanz von Vielfalt begünstigen. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 93 Mögliche Problembereiche Neben den bisher erörterten Aspekten zur Gestaltung der sozialen Integration von Kindern mit ISR wurden die Akteure auch nach möglichen Problemen bei der Förderung dieser Kinder gefragt. In diesem Zusammenhang werden von den LP, SHP und SP vor allem die Zusammenarbeit mit den Eltern und familiäre Probleme, ungenügendes Wissen über das Kind und Verständnisprobleme sowie die Selbstkompetenzen des Kindes genannt. Fehlende Ressourcen werden hingegen kaum genannt und auch die Integration der Kinder als solche wird nicht häufig als Problem gesehen (siehe Abbildung 55). Bei ungenügendem Wissen über das Kind respektive Problemen in der Verständigung mit dem Kind könnten zudem die SP oder andere Fachstellen verstärkt beratend einbezogen werden. Zudem gälte es zu beachten, dass wichtige Informationen über das Kind, welche zum besseren Verständnis des Kindes beitragen, bei Übertritten in eine höhere Schulstufe konsequent weitergegeben werden. Übergänge Bei Übergängen in eine andere Schulstufe werden Informationen gemäss den Aussagen der Befragten vor allem mündlich und schriftlich – in Form des letzten SSG-Protokolls oder Berichten des SPD – weitergegeben. Mögliche Probleme bei solchen Übertrittprozessen können sich daraus ergeben, dass die Weitergabe von Informationen nicht geregelt ist oder entsprechende Zeitgefässe fehlen (siehe Abbildung 57). Was die Weiterführung oder Auflösung von ISR betrifft, so wurden die ISR-Settings zu etwa gleichen Teilen entweder zugunsten einer Förderung mit IF respektive einer Eingliederung in den Regelunterricht aufgehoben (9%) oder das Kind musste separiert beschult werden (11%, dies vor allem beim Übergang vom Kindergarten in die Unterstufe). Bei der Mehrheit der Kinder mit ISR wurde das Setting so weitergeführt (70%). Den Übergang in eine Berufsausbildung betreffend liegen Informationen zu acht Schülerinnen und Schülern vor. Die Hälfte davon hatte zum Zeitpunkt der Befragung bereits eine Lehrstelle gefunden, die aus der Sicht der SHP den Fertigkeiten und Wünschen der Jugendlichen entspricht. Bei zwei Jugendlichen wurde eine andere Anschlusslösung gefunden und in zwei Fällen bestand noch keine Lösung. 6.4 Empfehlungen Die vorliegende Evaluation fokussiert auf die Umsetzung der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR). Entsprechend richten sich die Empfehlungen auf das Angebot der ISR. Gleichwohl ist zu beachten, dass ISR als ein Aspekt der schulischen Integration und darüber hinaus als ein Anhaltspunkt dafür, wie Schulen mit Diversität generell umgehen, verstanden werden kann. Viele der Empfehlungen gelten daher generell für die Realisierung der schulischen Integration und müssen mit der Integrativen Förderung (IF) und der Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Sonderschule (ISS) zusammen gedacht werden. Sie gliedern sich analog zum Aufbau des Berichts in Empfehlungen zur Umsetzung der Förderung im ISR-Setting, zum Abklärungs- und Zuweisungsverfahren sowie zur Integration in den Klassenverband. A) Empfehlungen zur Umsetzung der Förderung im ISR-Setting Empfehlung 1: Die Einstellungen zur schulischen Integration und zur Diversität sind als wichtige Einflussgrösse hinsichtlich der Ausgestaltung von ISR-Settings in den Schulen regelmässig zu thematisieren und so zu verankern, dass sich an der Schule ein integrationsunterstützendes Klima etabliert. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass positive Einstellungen gegenüber Integration und Diversität eine wichtige Voraussetzung bilden, damit die Förderung im ISR-Setting als angemessen beurteilt wird. Umgekehrt treten Probleme in der Umsetzung von ISR – und bei der schulischen Integration generell – dann auf, wenn das Schulteam der Integration gegenüber 94 PH Luzern skeptisch eingestellt ist und die in diesem Zusammenhang übertragenen Aufgaben primär als Belastung wertet. Vor diesem Hintergrund sind die integrationsspezifischen Einstellungen regelmässig zu thematisieren und in Bezug auf ihren Berufsauftrag und die konkrete Unterrichtsund Förderarbeit zu reflektieren. Empfehlung 2: Die Zusammenarbeit zwischen Regellehrpersonen und sonderpädagogischen Fachpersonen ist im sonderpädagogischen Konzept der Gemeinde verbindlich festzulegen und regelmässig zu überprüfen. Voraussetzung für eine gelingende Kooperation ist ein geteiltes Verständnis von Förderung im Kontext schulischer Integration. Kooperationsgefässe sollen im Stundenplan integriert werden. Mit der Kooperation der involvierten Lehr- und Fachpersonen steht und fällt die Umsetzung von ISR. Schulen, in denen ISR gelingt, berichten signifikant häufiger von einer konstruktiven Zusammenarbeit. Kooperation wird dabei nicht dem Zufall oder einzelnen involvierten Personen überlassen, sondern basiert auf einem geteilten Verständnis von Förderung im Kontext der schulischen Integration. Ebenso sind vor diesem Hintergrund die Rollen und Aufträge der Akteure zu klären. Hierbei sind schul- und situationsspezifische Gegebenheiten mitzuberücksichtigen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie Kooperation entlastend und gleichzeitig qualitätsfördernd gestaltet werden kann. Empfehlung 3: Die Zusammenarbeit zwischen der Schule und den Eltern von Kindern mit ISR-Status ist auszubauen. In Problemsituationen soll gezielt die Vernetzung mit Schulsozialarbeit, Schulpsychologischem Dienst, B+U-Anbietern und weiteren Fachstellen gesucht werden. Eltern sind im Durchschnitt zufrieden mit der Kooperation mit der Schule. Gewisse Eltern wünschen sich jedoch mehr Unterstützung durch die Schule. Auf der anderen Seite geben Lehrpersonen an, dass sie bei bestimmten ausserschulischen Problemlagen an ihre Grenzen stossen (Zusammenarbeit mit Eltern, familiäre Probleme, Verständnisprobleme) und die unterrichtsbezogenen Massnahmen zu wenig greifen würden. In Problemfällen ist deshalb die Vernetzung mit Fachstellen zu suchen. Unterstützend sollten zudem bedürfnisgerechte Weiterbildungsangebote zu Themen wie „Führen von ‚schwierigen‘ Elterngesprächen“ oder „Förderung von Kindern aus belasteten familiären Situationen“ an den Schulen angeboten und von den Lehrpersonen genutzt werden. Empfehlung 4: Schulleitungen sollen dafür verantwortlich sein, dass die Abläufe bei der Planung, Durchführung und Überprüfung von ISR-Settings geklärt sind und eingehalten werden. Zur Ausarbeitung eines ISR-Settings sollte die Schulleitung eine Fachperson (z.B. B+UAnbieter, Schulische Heilpädagogin oder Schulischer Heilpädagoge) einbeziehen. Schulleitungen tragen eine grosse Mitverantwortung bei der Umsetzung der schulischen Integration. Sie sind in den Abklärungs- und Zuweisungsprozess involviert, werden als Ansprechpersonen zu ISR kontaktiert und bilden die Schnittstelle zu Schulpsychologischem Dienst, Schulpflege, Gemeindebehörde und Fachstellen. Schulleitungen von Schulen, in denen ein hoher Zufriedenheitsgrad mit ISR zu beobachten ist, haben die Abläufe im Zusammenhang mit ISR geklärt und/oder thematisieren sie in gemeinsamen Besprechungen mit Lehrpersonen und weiteren Fachpersonen. Empfehlung 5: Es wird empfohlen, dass eine Fachperson mit Ausbildung in Schulischer Heilpädagogik in der ISR eingesetzt wird. Ist dies nicht möglich, muss das Defizit beim Fachwissen durch Beratung und Unterstützung einer spezialisierten Fachstelle kompensiert werden. Weiter wird empfohlen, vielfältige Angebote (Weiterbildungen, Coaching, kollegiale Beratung, Beratung durch Fachstellen etc.) bereitzustellen und/oder besser sichtbar zu machen, damit Lehrpersonen (am besten im Team) sie nutzen und so ihre Aufgaben im Rahmen des ISRSettings kompetent ausfüllen können. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 95 Schulleitungen wie auch Schulpsychologinnen und Schulpsychologen beurteilen das Wissen von Lehrpersonen zur Umsetzung von ISR kritisch. Zugleich hat nur eine Minderheit der Lehrpersonen, die im Rahmen eines ISR-Settings tätig sind, eine entsprechende Weiterbildung besucht. Des Weiteren konnte ermittelt werden, dass eine hohe Fachlichkeit von Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen mit mehr Verbindlichkeit in den Abläufen von ISR einhergeht. Diese Verbindlichkeiten stehen wiederum in einem Zusammenhang mit einer generell positiven Einschätzung von ISR. Empfehlung 6: Übergänge zwischen den Schulstufen (Kindergarten–Primarstufe, Primarstufe–Sekundarstufe I, Sekundarstufe I–Sekundarstufe II) sind bei Kindern und Jugendlichen mit ISR-Status verbindlich zu regeln. Das Vorgehen bei Stufenübergängen für Kinder und Jugendliche mit ISR-Status ist im sonderpädagogischen Konzept der Gemeinde verbindlich festzulegen. Je nachdem ist auch die Schulverwaltung in den Prozess einzubeziehen. Zudem sind Angaben zum Datenschutz aufzuführen. Übergänge zwischen den Schulstufen sind für alle Beteiligten mit Unsicherheiten und Ängsten verbunden; dies gilt generell für alle Kinder und ganz besonders für Kinder mit ISR-Status. In den durchgeführten Fallstudien zeigte sich, dass Eltern teilweise befürchten, dass ihr Kind zum Beispiel auf der Sekundarstufe I nicht mehr erwünscht sei, weshalb sie eine Separierung vorziehen. Auf der anderen Seite wurde deutlich, dass die Informationsweitergabe bei Übergängen bei einigen Schülerinnen und Schülern nicht funktioniert. Empfehlung 7: Die Qualität von ISR ist durch professionelle Aufsicht regelmässig zu überprüfen. Anpassungen im Aufsichtsinstrument sind vorzunehmen. Da die Fachlichkeit zur Umsetzung von ISR nicht überall gegeben ist und die Anforderungen zur Gestaltung eines ISR-Settings hoch sind (siehe Indikationsbereiche), ist es umso bedeutsamer, dass die Aufsicht in der Lage ist, den Diskurs über die Qualität bei der Planung und Durchführung von ISR-Settings anzuregen. Zuhanden der Aufsicht sind vom Volksschulamt Instrumente zur Selbst- und Fremdeinschätzung der Qualität von ISR-Settings zur Verfügung zu stellen. Empfehlung 8: Informationsunterlagen zur Umsetzung von ISR sind den Schulen vom Volksschulamt zur Verfügung zu stellen respektive bestehende Unterlagen sind zu ergänzen. Themen, die in den Unterlagen stärker aufgegriffen werden müssen, sind: Beurteilung von Kindern mit ISR, ISR und Nachteilsausgleich, Gestaltung von Übergängen und Weitergabe von Informationen (Datenschutz), Informationen über Elternarbeit in ISR-Settings (inklusive Informationen an Elternbesuchstagen). Zuhanden der Schulen wurden vom Volksschulamt bereits diverse Informationsunterlagen ausgearbeitet. Teilweise haben die Schulen weitere Unterlagen für die Eltern schulspezifisch angepasst. Bei Fragen in Bezug auf verstärkte Unterstützung wurden in der Studie unter anderem Informationen zur Beurteilung von Kindern mit ISR genannt. Zusätzliche Informationen sind auch bezüglich des Nachteilsausgleichs erforderlich. Gleichermassen offen sind anscheinend auch Fragen zur Weitergabe von Informationen bei der Gestaltung von Übergängen. Weitere Unterlagen könnten Leitplanken dazu bieten, wie an öffentlichen Anlässen über die schulische Integration zu berichten ist, ohne dass einzelne Kinder stigmatisiert werden. B) Empfehlungen zum Abklärungs- und Zuweisungsverfahren Empfehlung 9: Das Vorgehen beim Abklärungs- und Zuweisungsverfahren, Einrichten des Settings und Überprüfen des Settings ist in den Schulen verbindlich festzulegen, vorzugsweise schriftlich im sonderpädagogischen Konzept der Schule. 96 PH Luzern Das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren ist nicht in allen Gemeinden geklärt und schriftlich, zum Beispiel im sonderpädagogischen Konzept, festgehalten. In einigen Gemeinden erfolgt dieser Prozess in mündlicher Absprache oder wird individuell von den beteiligten Personen bestimmt. In Schulen, welche das Abklärungs- und Zuweisungsverfahren klar geregelt haben, berichten alle Beteiligten von einer angemesseneren Förderung. Unter diesem Gesichtspunkt und um eine vergleichbare Abklärungs- und Zuweisungspraxis zu erreichen, müssten verbindliche Prozessschritte definiert und von der Aufsichtsbehörde auf ihre konsequente Anwendung hin überprüft werden. Diese Prozessschritte müssen den Lehrpersonen bekannt gemacht werden. Empfehlung 10: Bevor eine Schülerin oder ein Schüler einen ISR-Status erhält, sollten Fachpersonen (z.B. Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulpsychologischer Dienst, B+U-Anbieter, Schulsozialarbeit, Fachstellen) zur Unterstützung der Schulleitung und für die Beratung der Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen beigezogen werden. Es ist anzuregen, bereits vor einer Abklärung die Kompetenzen von Fachpersonen (z.B. Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulpsychologischer Dienst, B+U-Anbieter, Schulsozialarbeit, Fachstellen) zu nutzen. So sollten diese beispielsweise als zusätzliche Unterstützung der Schulleitung frühzeitig einbezogen werden oder sie könnten Lehrpersonen und Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen in ihren herausfordernden Tätigkeiten unterstützen, beispielsweise mittels eines niederschwelligen Beratungsangebots für Lehrpersonen oder durch die Teilnahme an Meetings in der Schule, bei denen fallbezogene Gespräche stattfinden. Empfehlung 11: Die Informierung der Eltern über den „Sonderschulstatus“ ihres Kindes und das Beschwerderecht muss im Rahmen des Abklärungs- und Zuweisungsverfahrens verbessert werden, sodass diese Information auch tatsächlich bei den betreffenden Eltern ankommt. Die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen informieren gemäss eigenen Angaben in allen Fällen über den „Sonderschulstatus“ des betreffenden Kindes. Allerdings kommt diese Information nicht bei allen Eltern an. So gab knapp ein Viertel der befragten Eltern an, dass ihnen nicht klar sei, dass ihr Kind offiziell als Sonderschülerin oder als Sonderschüler gelte. Und gar rund 40% der Eltern sind gemäss eigener Angabe nicht über das Beschwerderecht informiert worden. Offenbar besteht in diesem Zusammenhang ein Kommunikationsproblem. Es sind deshalb Vorkehrungen zu treffen, die es erlauben, die Kommunikation zwischen der Schule (respektive den Schulpsychologinnen und Schulpsychologen) und den Eltern zu dieser Thematik zu verbessern. Dies betrifft nicht nur die Einführung des Sonderschulstatus, sondern auch dessen Aufhebung. Empfehlung 12: Im Rahmen eines Monitorings seitens der Bildungsdirektion sind die zentralen Kennzahlen zu den ISR-Settings zu erheben. Durch die Schaffung von ISR steht neben der IF und der ISS neu ein drittes Angebot der schulischen Integration zur Verfügung. Aufgrund der kurzen Laufzeit von ISR ist die Nutzung dieses Angebotes sorgfältig mithilfe eines Monitorings zu begleiten, um eine hohe Qualität bei der Durchführung von ISR zu sichern. Von Interesse sind insbesondere die Anzahl Settings im Verhältnis zur Gesamtschülerzahl der Gemeinde sowie mit Blick auf die Qualität der einzelnen Settings die Verteilung der Settings gemessen am Sozialindex der Gemeinden und der Verlauf der Anzahl Settings bei Übergängen zwischen den Schulstufen. Bei der Erhebung dieser Kennzahlen soll die Qualität der Settings im Vordergrund stehen, wobei sichergestellt werden soll, dass jedes Kind eine der individuellen Entwicklung angemessene Bildung erhält. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 97 C) Empfehlungen zur Integration in den Klassenverband Empfehlung 13: Der Unterricht, der sich grundsätzlich an den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler orientiert, ist so weiterzuentwickeln, dass alle Kinder (auch jene mit ISR-Status) daran partizipieren können. Die Lehrpersonen sollen zudem verstärkt Instrumente, Methoden und Unterrichtsmaterialien kennenlernen und weiterentwickeln, die es ihnen erleichtern, Klassen mit integrierten Sonderschülerinnen und Sonderschülern zu führen. Kinder mit ISR-Status werden überwiegend integrativ im Unterricht gefördert. Die Partizipation dieser Kinder ist bedeutsam für eine angemessene Förderung sowie für die soziale Integration. Die befragten Lehrpersonen geben an, dass sie beim Unterrichten die individuellen Lernbedürfnisse berücksichtigen würden, merken teilweise jedoch auch an, dass die Gefahr bestehe, den Unterricht an zwei Gruppen auszurichten: an der Gruppe der Kinder mit spezifischen Bildungsbedürfnissen und an der Gruppe ohne spezifische Bildungsbedürfnisse. Vor diesem Hintergrund ist der Unterricht so weiterzuentwickeln, dass er sich in differenzierter Weise an den unterschiedlichen Lernvoraussetzungen aller Schülerinnen und Schüler orientiert. Zusätzlich wünschen sich Lehrpersonen Lehrmittel mit individualisierenden Lernaufgaben. Folglich ist bei der Produktion und Zulassung von Lehrmitteln dem Anteil an individualisierenden Aufgabenstellungen (oder der Möglichkeit dazu) ein hoher Stellenwert beizumessen. Empfehlung 14: Lehrpersonen und Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen sollen Kinder und Jugendliche mit ISR systematisch und gezielt in der Gestaltung von sozialen Beziehungen unterstützen. Sie sind dabei in ihren konkreten Herausforderungen im Unterricht von weiteren Fachpersonen beratend zu begleiten. Ein entsprechendes Weiterbildungsangebot zur Förderung des sozialen Lernens und des wertschätzenden Umgangs mit Vielfalt soll den Schulteams zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. Eingangs ist hier darauf hinzuweisen, dass die Erhebung der sozialen Integration auf Aussagen von Lehrpersonen und Eltern (und nicht auf einem unabhängigen Mass, etwa ausgehend von Peernominationen) beruht. Gemäss ihren Einschätzungen ist nur die Hälfte der Kinder mit ISR in Netzwerke der Klassen eingebunden. Die soziale Einbettung stellt jedoch eine wichtige Grundlage für die soziale Entwicklung dar. Darüber hinaus sind die sozialen Interaktionen eine wichtige Quelle des Wohlbefindens. In den Schul- und Unterrichtsteams sind deshalb Überlegungen anzustellen und konkrete Massnahmen zu realisieren, die sich damit befassen, wie Kinder mit ISR in dieser Hinsicht besser unterstützt werden können. (Externe) Fachpersonen können die Lehrpersonen bei diesen Fragen unterstützen. Es ist auch zu überlegen, wie die Eltern der Mitschülerinnen und Mitschüler für diese Aufgaben sensibilisiert respektive gewonnen werden können. 98 PH Luzern 7 Dokumentierter Kriterienkatalog Die Qualitätskriterien zur Planung und Durchführung von ISR-Settings sind in der Broschüre „Integrierte Sonderschulung im Kanton Zürich“ enthalten (S. 28). Aufgrund der Evaluationsergebnisse schlägt das Autorenteam die folgenden Anpassungen der Qualitätskriterien vor: Abklärung und Zuweisung • Das Vorgehen beim Abklärungs- und Zuweisungsverfahren, das Einrichten des Settings und die Überprüfung sind verbindlich im sonderpädagogischen Konzept der Schule festgelegt, entsprechen den gesetzlichen Grundlagen und sind den Lehr- und Fachpersonen bekannt. • Die Zuweisung ist fachlich indiziert, basiert auf den Grundlagen, die im SAV verankert sind, und ist weder willkürlich noch personen- und ortsabhängig. • Fachpersonen (z.B. Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, Schulpsychologischer Dienst, B+U-Anbieter, Schulsozialarbeit, Fachstellen) werden von der Schule – je nach Bedarf – niederschwellig vor der Initiierung eines Abklärungs- und Zuweisungsverfahren zur Beratung einbezogen. • Zur Ausarbeitung eines ISR-Settings zieht die Schulleitung Lehr- und Fachpersonen mit ein. • Die Erziehungsberechtigten werden adressatengerecht über ihre Rechte und Pflichten und über Anlaufstellen bei Schwierigkeiten informiert, sodass sie danach tatsächlich über das entsprechende Wissen verfügen. Förderung • Das ISR-Setting entspricht den Förderbedürfnissen der Sonderschülerinnen und Sonderschüler, sodass diese gemäss dem Schulischen Standortgespräch eine ihrer Behinderung angemessene Förderung erhalten. • Die Förderung im Rahmen eines ISR-Settings findet innerhalb eines Unterrichts statt, der die heterogenen Lernvoraussetzungen der Kinder und Jugendlichen als Ressource nutzt. Der Unterricht wird auf die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler hin geplant und entwickelt ein positives Verständnis von Unterschieden. • Im Rahmen eines ISR-Settings arbeiten alle involvierten Lehr- und Fachpersonen der Schule partnerschaftlich und verbindlich auf der Grundlage eines geteilten Verständnisses von Förderung zusammen. • Die Lehr- und Fachpersonen tauschen sich auf der Grundlage eines gemeinsamen Förderverständnisses mit den Eltern regelmässig aus und lassen sie am Förderprozess teilhaben. • Die Fachlichkeit der Förderung wird gewährleistet durch Lehr- und Fachpersonen mit entsprechenden Aus- und Weiterbildungen und/oder durch den Einbezug behinderungsspezifisch qualifizierter Fachstellen. • In Krisensituationen wird die Vernetzung mit Schulsozialarbeit, Schulpsychologischem Dienst, B+U-Anbietern und weiteren Fachstellen gesucht. • Für jede Sonderschülerin und jeden Sonderschüler werden in einer Förderplanung unter Einbezug der Erziehungsberechtigten und der Kinder selbst individuelle Entwicklungs-, Lern- und Therapieziele festgehalten und deren Erreichung wird mindestens einmal pro Jahr im Rahmen eines Schulischen Standortgesprächs überprüft. Die Förderplanung erfolgt dabei auf der Basis von förderdiagnostischen Instrumenten und wird in einem standardisierten Bericht festgehalten. • Die Lehr- und Fachpersonen dokumentieren die Lern- und Leistungsfortschritte der integrierten Kinder und Jugendlichen systematisch und machen sie gegenüber allen Beteiligten in angemessener Form sichtbar. Dabei ist darauf zu achten, dass die Eltern und auch die Kinder selbst in nachvollziehbarer Art und Weise über die Fortschritte informiert werden. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 99 • Das Vorgehen bei der Informationsweitergabe anlässlich von Übergängen zwischen den Schulstufen ist im sonderpädagogischen Konzept der Gemeinde festgehalten und wird von den involvierten Lehr- und Fachpersonen eingehalten. Die Informationsweitergabe erfolgt frühzeitig, sodass vorausschauend geplant werden kann und eine als angemessen beurteilte Integration eines Kindes nicht aufgrund struktureller Bedingungen beendet werden muss. Integration • ISR erfolgt in einem Schul- und Unterrichtsklima der gegenseitigen Wertschätzung und der Achtung vor der Diversität. Schulpflege, Schulleitung, Schulteam sowie Schülerinnen und Schüler unterstützen die integrative Ausrichtung der Schule. Der Umgang mit Diversität gehört dabei zu den Grundkompetenzen der involvierten Lehr- und Fachpersonen und ist folglich Bestandteil von Mitarbeitendengesprächen. • Die Lehrpersonen entwickeln und nutzen Instrumente, Methoden und Unterrichtsmaterialien, die es ihnen erleichtern, Klassen mit integrierten Sonderschülerinnen und Sonderschülern zu führen. • Die Sonderschülerinnen und Sonderschüler partizipieren an möglichst allen Aktivitäten der Schule und lernen im Unterricht am gemeinsamen Lerngegenstand, soweit dies für das betreffende Kind möglich ist und in Einklang mit dessen Wohlbefinden steht. • Die Lehr- und Fachpersonen unterstützen alle Kinder und Jugendlichen systematisch und gezielt in der Gestaltung von sozialen Beziehungen. • Die Sonderschülerinnen und Sonderschüler werden von der Schule systematisch darin unterstützt, sich sozial und beruflich in die Gesellschaft integrieren zu können. Auf dieser Grundlage ist ein Instrument auszuarbeiten, das basierend auf den hier genannten Qualitätskriterien beobachtbare Merkmale ableitet. 100 PH Luzern 8 Literatur Ainscow, M. (2004). Special needs in the classroom: A teacher education guide (2 CO. nd ed.). Paris: UNES- Angelone, D. & Ramseier, E. (2012). Die Kluft öffnet sich. Herkunftseffekte auf die schulischen Leistungen verstärken sich im Verlauf der Primarschule. Schweizerische Zeitschrift für Soziologie, 38 (2), 223–244. Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), 469–520. Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt (2011a). Konzept Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR). Kanton Zürich: Bildungsdirektion. Bildungsdirektion Kanton Zürich, Volksschulamt (2011b). Empfehlungen. Einrichten einer Integrierten Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule (ISR). Kanton Zürich: Bildungsdirektion. 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Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 103 9 Abkürzungsverzeichnis α Reliabilitätskoeffizient β Regressionskoeffizient ANOVA Varianzanalyse (Analysis of Variance) B+U Fachstelle „Beratung und Unterstützung“ BWS Berufswahlschule CLMM Mehrebenenmodell für ordinalskalierte Daten (Cumulative Link Mixed Model) EBABS Lehre mit eidgenössischem Berufsattest F Wert in der statistischen F-Verteilung GLMM Generalisiertes Mehrebenenmodell (Generalized Linear Mixed Model) ICC1 Intra-Klassen-Korrelation 1 (Intra-class Correlation 1) ICD-10 Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision (International Classification of Diseases) ICF Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (International Classification of Functioning, Disability and Health) IF Integrierte Förderung ISR Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Regelschule ISS Integrierte Sonderschulung in der Verantwortung der Sonderschule IV Invalidenversicherung KESB Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KJPD Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst LP Lehrpersonen M Mittelwert n Stichprobengrösse p Wahrscheinlichkeit, dass ein Ergebnis signifikant ist r Korrelationskoeffizient SAV Standardisiertes Abklärungsverfahren SD Standardabweichung 104 PH Luzern SHP Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen SL Schulleiterinnen und Schulleiter SP Schulpsychologinnen und Schulpsychologen SPD Schulpsychologischer Dienst SPZ Sozialpädiatrisches Zentrum SSA Schulsozialarbeit SSG Schulisches Standortgespräch t Wert in der statistischen t-Verteilung VSA Volksschulamt z Wert in der statistischen z- Verteilung Anhang Siehe separates Dokument Anhang. Evaluationsbericht ISR Kanton Zürich 105