Europa und die Berufsqualifikationen Teil 3
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Europa und die Berufsqualifikationen Teil 3
Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen (3. Teil) Robert Roßbruch VI. Zur Erweiterung der Handlungskompetenzen und ihrer gesetzlichen Verankerung Aus den obigen Ausfhrungen ergibt sich damit folgerichtig, dass eine Erweiterung der Handlungskompetenzen, so sie denn berufspolitisch gewollt ist, zwingend einer Normierung auf Gesetzes- und/ oder Verordnungsebene bedarf. Denkbar sind diverse Alternativen, so z. B. im Rahmen einzelner sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften, in denen bestimmte Leistungserbringungen an den in § 1 KrPflG verankerten Titelschutz gebunden werden, im Rahmen des Krankenpflegegesetzes oder auf Landesebene im Rahmen von Berufsordnungen in Verbindung mit der Modifizierung der Heilberufsgesetze. 1. Novellierung des Krankenpflegegesetzes Aus berufsrechtlichen Grnden ist jedoch dringend anzuraten, die Erweiterung der Handlungskompetenzen – so wie es bereits seit 1997 im çsterreichischen Gesundheits- und Krankenpflegegesetz1 geregelt ist – im Krankenpflegegesetz zu implementieren. Zu den Hauptbremsern einer bundesgesetzlichen Regelung erweiterter Handlungskompetenzen gehçrt das Bundesgesundheitsministeriums, das nach wie vor die Auffassung vertritt, dass der Bund gemß Art. 74 Nr. 19 GG lediglich die Regelungskompetenz fr den Zugang zu den rztlichen und anderen Heilberufen habe. Daher sei es nicht mçglich, konkrete Handlungskompetenzen in das Krankenpflegegesetz aufzunehmen. 1 Bundesgesetz ber Gesundheits- und Krankenpflegeberufe (Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – GuKG) BGBl. 108/1997 i. d. F. BGBl. I 95/1998, BGBl. I 65/2002, BGBl. I 6/2004, BGBl. 69/2005 und BGBl. I 90/2006. U Von Prof. Dr. iur. Heinrich Hanika und Rechtsanwalt Robert Roßbruch Dass diese immer wieder – auch von Vertretern/ Vertreterinnen der Pflegeverbnde – kolportierte Rechtsauffassung2 unzutreffend ist, ergibt sich zum einen aus der Tatsache, dass es sehr wohl bundesgesetzgeberische Regelungen fr Heilberufe gibt, die explizit vorbehaltene Ttigkeiten beinhalten, so geschehen in § 4 HebG und in § 9 MTA-Gesetz. Allein schon aus diesem Grunde ist die Rechtsauffassung des Ministeriums unerfindlich. Zum anderen scheint auch das Bundesverfassungsgericht die Rechtsauffassung des Gesundheitsministeriums nicht zu teilen. So stellt das Bundesverfassungsgericht in Randnummer 390 seines Urteils zum Altenpflegegesetz vom 24.10.2002 unter bejahender Bezugnahme auf das pflegewissenschaftliche Gutachten von Prof. Dr. Landenberger und Prof. Dr. Gçrres (S. 127) in einem kaum beachteten Nebensatz fest: »Da zur Sicherung professioneller Pflege jedoch eine klare Unterscheidung zwischen den Einsatzbereichen von Fachkrften und ausgebildeten Helfern in der Pflege erforderlich ist, empfehlen die Experten, gesetzliche Regelungen zur Abgrenzung der Ttigkeitsbereiche in der Pflege einzufhren; nur dann sei die Beibehaltung der Helferqualifikation zu rechtfertigen.«3 Diese Feststellung bezieht sich zwar auf die ebenfalls notwendige klare Unterscheidung zwischen den Einsatzbereichen von Fachpflegekrften und ausgebildeten Helfern in der Pflege, sie kann jedoch, zumindest hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, was die Abgrenzung zu den rztlichen Ttigkeiten betrifft, 2 3 Die Vertreter/Vertreterinnen der Pflegeverbnde und -organisationen wrden gut daran tun, nicht jede vom Bundesministerium fr Gesundheit und Soziale Sicherung geußerte Rechtsauffassung als die skularisierte Unfehlbarkeit schlechthin anzusehen. Dabei sei z. B. an die noch nicht so lange zurckliegende und allen Ernstes vorgetragene Auffassung des Bundesministeriums erinnert, dass das SIMAP-Urteil des EuGH vom 24.10.2000 (Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit) fr die Bundesrepublik Deutschland keine unmittelbaren rechtlichen Konsequenzen habe (siehe die Presseinformation des Bundesministeriums fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 14.01.2002). Vgl. BVerfG, PflR 2002, 449 ff. (467). 203 5/2007 Heinrich Hanika Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d nicht anders beurteilt werden. Jedenfalls drfte durch diese Feststellung, die sich der Zweite Senat zu Eigen gemacht hat, klar sein, dass dieser keine grundstzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf die Einfhrung von vorbehaltenen Ttigkeiten in die Berufsgesetze der Pflegenden und damit auch in das Krankenpflegegesetz hat.4 Tatschlich drften wohl auch eher (berufs)politische als (verfassungs)rechtliche Grnde fr die Ablehnung erweiterter Handlungskompetenzen in das Krankenpflegegesetz ausschlaggebend sein. Ein Beleg hierfr kann der Einleitung des von Storsberg et al. verfassten Kommentars zum Krankenpflegegesetz entnommen werden. Dort heißt es: »Eine entscheidende Rolle spielte bei der Beratung des Gesetzes von 1968 die Frage, ob – wie bereits 1957 – lediglich die Berufsbezeichnung der nach dem Gesetz ausgebildeten Pflegepersonen oder die Berufsausbung in der Krankenpflege als solche geschtzt werden sollte. . . . Die Mehrheit des Bundestages war auch 1968 der Meinung, dass ein gesetzlicher Schutz der Berufsausbung, wie ihn z. B. die Bundesrzteordnung und das Hebammengesetz vorsehen, auf dem Gebiet der Krankenpflege nicht mçglich sei; einerseits hatte sich der Mangel an Pflegekrften weiter verschrft, so dass auf ungelernte Krfte in der Pflege noch nicht vçllig verzichtet werden konnte, andererseits war eine klare Abgrenzung der pflegerischen Ttigkeit gegenber anderen Ttigkeiten im Krankenhaus kaum mçglich. Ein gesetzlicher Schutz der Berufsausbung htte damals zu erheblichen Schwierigkeiten der Patientenversorgung fhren mssen.«5 Dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt des bundesdeutschen Gesundheitswesens des Jahres 2007 eine vçllig andere ist als im Jahre 1968, drfte auch den heutigen Gesundheitspolitikern nicht entgangen sein und bedarf daher keiner weiteren Ausfhrungen. Aber auch und gerade die Bundesrztekammer sowie die Deutsche Krankenhausgesellschaft sprechen sich gegen eine Erweiterung der Handlungskompetenzen aus, obwohl es gerade die in den Kliniken ttigen rzte sowie die Krankenhaustrger sind, die nicht schnell genug rztliche Ttigkeiten an die Pflege delegieren wollen. Dieser scheinbare Widerspruch ist jedoch dann keiner mehr, wenn man unterstellt, dass man in der klinischen Praxis zwar eine mçglichst schnelle und zum Teil recht 4 5 Siehe auch Roßbruch, Hat der Bund die gesetzgeberische Kompetenz, so genannte vorbehaltene Ttigkeiten in das Krankenpflegegesetz aufzunehmen?, PflR 2003, 93 f. Storsberg/Neumann/Neiheiser, Krankenpflegegesetz, Kommentar, 6. vollstndig berarbeitete Aufl. Stuttgart 2006, S. 2 f. 204 weitgehende bertragung rztlicher Ttigkeiten auf die Pflege mçchte, aber andererseits keine rechtliche Festlegung dieser Ttigkeiten will, da man rztlicherseits aus standesrechtlichen Grnden auch weiterhin die alleinige Handlungskompetenz fr alle behandlungspflegerischen Maßnahmen beansprucht, die durch eine gesetzliche Erweiterung der Handlungskompetenzen der Pflege in Gefahr geraten wrde. Auf das rztliche Behandlungsmonopol will man natrlich aus berufs- und kammerpolitischer Sicht nur ungern verzichten. Anders formuliert: In Zeiten von rztemangel soll die Pflege die rzte durch bernahme diverser rztlicher Ttigkeiten entlasten (dies macht auch fr die Krankenhaustrger aus Kostengrnden Sinn), in Zeiten von rzteberschuss soll die Pflege mçglichst unproblematisch »wieder zurck ins Glied« komplementiert werden. Nebenbei wird angeregt, im knftigen Diskurs von der Formulierung »Delegation rztlicher Ttigkeiten« und hier insbesondere vom Begriff der »Delegation« Abstand zu nehmen, denn dieser Begriff impliziert, dass der Arzt je nach Belieben oder Notwendigkeit bestimmte behandlungspflegerische Ttigkeiten delegieren oder nicht delegieren kann. Dies kann jedoch nicht das Ziel einer eigenstndig und eigenverantwortlich handelnden Berufsgruppe sein. Es ist unverkennbar, dass die Profession Pflege zunehmend ber einen eigenen »body of knowledge«, eigene wissenschaftliche Methoden und Konzepte, verfgt. Daher muss es in der Diskussion ber die bernahme sogenannter rztlicher Ttigkeiten um die berufsrechtliche Festlegung und Erweiterung konkreter pflegerischer bzw. fachpflegerischer Handlungskompetenzen gehen, also um die Neufestlegung bzw. Erweiterung originr pflegerischer Ttigkeitsprofile, die im Einzelfall auch in ein neu zu konzipierendes staatlich anerkanntes Berufsbild6 mnden kann. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer alsbaldigen Novellierung des Krankenpflegegesetzes7 nicht nur den Regelungskomplex der eigenverantwortlichen Aufgaben (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 KrPflG) weiterentwickelt, sondern auch und gerade im Regelungskomplex der mitverantwortlichen Aufgaben (§ 3 6 7 Es kann eben nicht so sein, dass irgend ein Krankenhaustrger oder eine Klinikkette im Rahmen eines trgerintern entwickelten Weiterbildungskonzeptes neue »Berufsbilder« kreiert. Der çsterreichische Gesetzgeber hat das am 01.09.1997 in Kraft getretene Gesundheits- und Krankenpflegegesetz – GuKG bereits mehrfach novelliert. Insbesondere die GuKG-Novellen von 2003, 2005 und 2006 haben zu einer umfassenden Weiterentwicklung des çsterreichischen Gesundheits- und Krankenpflegerechts gefhrt. Es ist mehr als wnschenswert, wenn der bundesdeutsche Gesetzgeber der unzweifelhaft notwendigen Weiterentwicklung des pflegerischen Ausbildungs- und Berufsrechts nicht nur in Worten, sondern auch in gesetzgeberischen Taten einen hnlichen Stellenwert beimessen wrde. Ein neu abzufassender § 3 Abs. 2 Nr. 2 KrPflG kçnnte beispielsweise wie folgt lauten: »§ 3 Ausbildungsziel (1) . . . (2) . . . 1. . . . 2. die folgenden Aufgaben mitverantwortlich auszufhren: a) Verabreichung von Arzneimitteln, b) Durchfhrung des gesamten Wundmanagements, c) Vorbereitung und Verabreichung von subkutanen, intramuskulren und intravençsen Injektionen, d) Vorbereitung und Anschluss von Infusionen bei liegendem Gefßzugang, ausgenommen Transfusionen, e) Blutentnahme aus der Vene und aus den Kapillaren, f) Setzen von transurethralen Blasenkathetern zur Harnableitung, Instillation und Splung, g) Durchfhrung von Darmeinlufen, h) Legen von Magensonden i) Maßnahmen der medizinischen Diagnostik, Therapie oder Rehabilitation, j) Maßnahmen in Krisen- und Katastrophensituationen, . . .« Dass der Bundesgesetzgeber eine entsprechende Regelungskompetenz hat, wird durch das Bundesverfassungsgericht offensichtlich nicht in Zweifel gezogen. Denn das Bundesverfassungsgericht fhrt in seinem Urteil zum Altenpflegegesetz aus, dass die Ausnahmen fr Hebammen und technische Assistenten in der Medizin nicht in Widerspruch zu der allgemeinen Praxis stehen, »da sie nicht das gesamte berufliche Besttigungsfeld ausmachen, sondern nur einen eng abgegrenzten Bereich, und daher genau definiert werden kçnnen«.8 Genau dies trifft aber auch auf die behandlungspflegerischen Ttigkeiten (= rztlichen Ttigkeiten) zu, die bis dato von Klinik zu Klinik unterschiedlich geregelt wer- den bzw. werden sollen. Auch hier macht die Aufnahme klar abgegrenzter behandlungspflegerischer Ttigkeiten in das Krankenpflegegesetz nicht das gesamte berufliche Bettigungsfeld der Gesundheits- und Krankenpflege aus. Die Aufnahme eines differenzierten Ttigkeitskatalogs in das Krankenpflegegesetz wird um so dringlicher, als das Krankenhausmanagement im Zuge der Einfhrung der DRGs verstrkt darber nachzudenken beginnt, wie es rztliche Ttigkeiten (z. B. Blutentnahmen, intravençse Injektionen, das Anhngen von Kurz- und Dauerinfusionen etc.) an das Krankenpflegepersonal bertragen kann. Dabei kommt es immer wieder aufgrund des derzeit unbefriedigenden, da nicht eindeutig geregelten Zustandes zu Auseinandersetzungen zwischen dem rztlichen und pflegerischen Personal einerseits und zwischen Arbeitgeber und pflegerischen Arbeitnehmern anderseits. Eine Entschrfung dieser Situation in den Kliniken ist unseres Erachtens nur aufgrund einer entsprechenden nderung der gesetzlichen Regelung mçglich. Dies zeigt im brigen auch die Entwicklung in sterreich. Dort ist es durch die Aufnahme von detailliert beschriebenen Ttigkeitsbereichen in das sterreichische Gesundheits- und Krankenpflegegesetz zu einer erheblichen Beruhigung der innerbetrieblichen Auseinandersetzungen zwischen dem rztlichen und pflegerischen Dienst gekommen. Es ist somit festzuhalten: U Im Gegensatz zu anderen Gesundheits- bzw. Heilberufen, deren Berufsausbung geschtzt ist (siehe § 2 Abs. 2, 3 oder 4 BO sowie § 4 Abs. 1 HebG) ist es im neuen Krankenpflegegesetz beim Schutz der Berufsbezeichnung geblieben. Nach Auffassung der Bundesregierung9 hat der Bundesgesetzgeber nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG lediglich das Recht, den Zugang zu den rztlichen und anderen Heilberufen zu regeln, nicht jedoch deren Ausbung. U Tatschlich ist es dem Bundesgesetzgeber – wie bereits oben dargelegt – sehr wohl mçglich, nicht nur die Berufsausbung (vgl. § 2 Abs. 2, 3 oder 4 Bundesrzteordnung – BO) zu regeln, sondern auch differenzierte Ttigkeiten z. B. in § 3 KrPflG aufzunehmen, so wie der Bundesgesetzgeber es auch im Hebammengesetz (§ 4 Abs. 1 HebG) und im Gesetz ber technische Assistenten in der Medizin (§ 9 MTAG) bereits getan hat. Der Logik der Bundesregierung folgend mssten diese drei Regelungswerke gegen 9 8 BVerfG, PflR 2002, 449 ff. (459). Vgl. Begrndung des Gesetzentwurfs zu § 3 in BT-Drucksache 15/13. 205 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Abs. 2 Nr. 2 KrPflG) eine substanzielle Weiterentwicklung und Konkretisierung behandlungspflegerischer Maßnahmen vornimmt. Der derzeitige Regelungsinhalt des § 3 Abs. 2 Nr. 1 KrPflG ist jedenfalls viel zu allgemein und nichtssagend formuliert und ist daher im Hinblick auf die Anforderungen an die heutige und vor allem zuknftige Pflege wenig hilfreich. Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG verstoßen und somit verfassungswidrig sein. Dies ist jedoch unbestritten nicht der Fall. Zu der hier – auch von anderen Krankenhausgesellschaften – vertretenen Auffassung ist Folgendes festzuhalten: Aus den obigen Ausfhrungen ergeben sich daher folgende Fragen an das zustndige Bundesministerium fr Gesundheit (BMG): 1. Gerade die durch die Einfhrung der DRGs enger werdende Verzahnung von rztlichen und pflegerischen Ttigkeiten macht es zwingend erforderlich, aus Grnden der Rechtssicherheit und -klarheit, insbesondere bei der bernahme rztlicher Ttigkeiten, die gerade aufgrund des derzeitigen Berufsbildes »Pflege« aus arbeitsrechtlicher Sicht kaum delegationsfhig sind, eine eindeutige Abgrenzung und damit eine klarere Trennung zwischen pflegerischen und rztlichen Ttigkeiten und damit eine gesetzlich normierte differenziertere Beschreibung des Berufsbildes vorzunehmen. 2. Selbstverstndlich ergibt sich aus der Weisungsfreiheit von rztlichen Anweisungen, die es brigens faktisch, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen und in der ambulanten Pflege, schon lange gibt, eine zunehmende Verantwortung und damit einhergehend eine verstrkte Haftung fr Pflegefachkrfte. Diese zustzliche Haftung kann jedoch durch Abschluss einer adquaten Berufshaftpflichtversicherung aufgefangen werden. 3. Neue gesetzliche Haftungsregelungen sind nicht erforderlich, da das Brgerliche Gesetzbuch alle notwendigen haftungsrechtlichen Vorschriften enthlt. Auch heute schon werden Haftungsprozesse gegen Pflegefachkrfte analog den rztlichen Haftungsprozessen gefhrt. U Wie erklrt sich das BMG den offenkundigen Widerspruch zwischen seiner oben wiedergegebenen Rechtsauffassung und den bereits im Hebammengesetz und im MTA-Gesetz verankerten vorbehaltenen Ttigkeiten? U Wie erklrt sich das BMG die oben zitierte Anmerkung des Bundesverfassungsgerichts, die nur erklrbar ist, wenn man – und dies tut ganz offensichtlich das Bundesverfassungsgericht – davon ausgeht, dass die Regelungskompetenz des Bundes auch fr die Aufnahme eines differenzierten Ttigkeitskatalogs in das Altenpflege- und somit auch in das Krankenpflegegesetz gegeben ist? U Welches sind die konkreten und dezidierten rechtlichen Argumentationsstrnge, die das BMG dazu veranlassen, nach wie vor davon auszugehen, dass der Bund in der in Rede stehenden Frage keine Regelungskompetenz hat? Die Antwort auf diese Fragen, die dem BMG durch das Institut fr Gesundheits- und Pflegerecht mit Schreiben vom 09.12.2002 gestellt wurden, sind bis dato (April 2007), »wegen vordringlicher Gesetzgebungsvorhaben«, so die schriftliche Mitteilung des Bundesministeriums fr Gesundheit und Soziale Sicherung vom 23.01.2003, nicht beantwortet worden. Darber hinaus ist im Hinblick auf die hier thematisierte Problematik der Aufnahme eines differenzierten Ttigkeitskatalogs in das Krankenpflegegesetz den Stellungnahmen der Krankenhausgesellschaften zu wiedersprechen. So wird beispielsweise in der Stellungnahme der Krankhausgesellschaft Rheinland-Pfalz e. V. vom 28.03.2002 zu § 3 des Referentenentwurfes ausgefhrt, dass hinsichtlich der geplanten Konkretisierung des Ausbildungszieles zu prfen sei, »ob hierdurch nicht eine Entwicklung hin zur Festschreibung von vorbehaltenen Ttigkeiten im Krankenpflegegesetz herbeigefhrt wird, . . . Im Hinblick auf die – insbesondere nach Einfhrung der DRGs – gebotene enge Verzahnung von rztlichen und pflegerischen Leistungen im Krankenhaus wre dies nicht zweckdienlich. Darber hinaus wrde aus der Weisungsfreiheit von rztlichen Anweisungen haftungsrechtliche Folgewirkungen resultieren. Neue gesetzliche Haftungsregelungen wren erforderlich«. 206 Im brigen wird auf die von Roßbruch10 unterbreiteten Vorschlge sowohl zum Entwurf des Krankenpflegegesetzes als auch zum Entwurf der Ausbildungs- und Prfungsverordnung verwiesen. 2. Berufsordnungen der Lnder Als Alternative zur Novellierung des Krankenpflegegesetz wird von einigen Berufsverbnden die Mçglichkeit der Aufnahme eines differenzierten Ttigkeitskatalogs in die aktuell diskutierten Berufsordnungen der Lnder in Erwgung gezogen.11 Nach unserer Auffassung kann diese Mçglichkeit jedoch nur als Ultima Ratio angesehen werden, da eine Verlagerung der berufsrechtlichen Regelung der Pflegeberufe von der Bundes- auf die Landesebene nicht nur aus berufspolitischen Grnden, sondern insbesondere aus Grnden eines bundes10 11 Roßbruch, Einige Anmerkungen zum Referentenentwurf eines Gesetzes ber die Berufe in der Krankenpflege (Krankenpflegegesetz – KrPflG), PflR 2002, 177 f. Eine Musterberufsordnung mit differenziertem Ttigkeitskatalog, die auch den europarechtlichen Vorgaben entspricht wurde vom Institut fr Gesundheits- und Pflegerecht, Koblenz entworfen. zum Facharzt Fhigkeiten in einem speziellen Gebiet der Medizin erlangt. Fr die Zulassung zur Facharztprfung sind Nachweise ber spezielle Ttigkeiten notwendig, die in Katalogen (Weiterbildungsordnungen) der Landesrztekammern kodifiziert sind. VII. Gesundheitsberufe im Umbruch12 2. Pflegefachkrfte Das im deutschen Gesundheitswesen sptestens seit den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts feststehende Gefge aus rzten, Pflegenden und medizinischen Hilfsberufen wird zunehmend hinterfragt. Die Grnde dafr sind vielfltig: Die Pflege ist in Deutschland traditionell ein Ausbildungsberuf. In drei Jahren werden die praktischen und theoretischen Grundfertigkeiten der Pflege gelehrt, die Ausbildung wird mit einem Staatsexamen beendet. Weiterbildungsmçglichkeiten beschrnken sich bis dato auf diverse Fachausbildungen wie z. B. zur Ansthesie- und Intensivpflegefachkraft, zur OP-Pflegefachkraft, zur Pflegefachkraft fr Nephrologie, zur Pflegefachkraft fr Psychiatrie und fr Gerontopsychiatrie sowie Weiterbildungen zur Praxisanleitung, Stationsleitung, Pflegedienstleitung und zum/zur Lehrer/in in der Gesundheits- und Krankenpflege. U Emanzipationsbemhungen der Pflege, U der drohende rztemangel, gefçrdert durch die Anwendung der Arbeitszeitgesetzgebung auch fr rzte und U çkonomische Sachzwnge durch vernderte leistungsabhngige und kostenbasierte Finanzierungsformen. Diese von unterschiedlichen Interessen geprgten Grnde fhren – wie bereits oben angedeutet – verstrkt zu der Forderung nach Bildung neuer Berufsbilder im Bereich nichtrztlicher Heilberufe, die einen Teil des rztlichen Aufgabenspektrums umfassen. Die in Deutschland an der Behandlung von Patienten beteiligten Berufe lassen sich im Großen und Ganzen in die drei Gruppen U rzte, U Pflegefachkrfte und U paramedizinische Berufe einteilen. 1. rzte In den USA wurde die Pflege bereits frhzeitig an Colleges angesiedelt, die den Abschluss als Registered Nurse (RN) ermçglichten. Dieser Abschluss ist eine Stufe hçher als die eher praktisch orientierten Ausbildungen zum Nursing Assistant oder Licensed Nurse Practicioner (LPN) anzusehen, die am ehesten mit dem in Deutschland frher verbreiteten Ausbildungsgang zur Krankenpflegehelferin vergleichbar sind. Die Ansiedelung an Colleges als Ausbildungsanstalten versprach zwar eine akademische Komponente, es darf jedoch nicht bersehen werden, dass viele unterschiedliche deutsche Lehrberufe in den USA an Colleges gelehrt werden. Zweifellos sind die USA aber Vorreiter, was weiterfhrende Abschlsse fr Pflegefachkrfte angeht, so werden dort seit langem weiterqualifizierende Master- und Ph. D.-Abschlsse angeboten, was in Deutschland bis vor kurzem noch unvorstellbar war. Die Gruppe der rzte besteht aus Zahnrzten und rzten, die nach einem 5- bzw. 6-jhrigen Hochschulstudium und Staatsexamina die Approbation erhalten und danach zunchst unter Aufsicht, spter auch eigenverantwortlich direkt am Patienten ttig werden. Die eigenverantwortliche Ttigkeit ist (außerhalb der Zahnmedizin) an die Erlangung einer Facharztanerkennung geknpft, die weitere vier bis sechs Jahre nach dem Staatsexamen erreicht werden kann. Nachdem im Studium die Grundlagen gelegt wurden, werden in der Weiterbildung Hier fanden Bestrebungen der Pflege nach einer Akademisierung ihren Niederschlag im 1991 gegrndeten ersten Studiengang »Pflegemanagement« an der Fachhochschule Osnabrck, der mit dem akademischen Titel eine Diplompflegewirts (FH) abschließt. Untersttzung fanden diese Bestrebungen auch in der Denkschrift »Pflege braucht Eliten« der Robert-Bosch-Stiftung.13 Im Jahr 2006 bieten mindestens 38 Hochschulen Studiengnge mit einem Bezug zur Krankenpflege (Pflege, Pflegewis- 12 13 Vertiefend siehe Hçrmann, Nichtrztliche Leistungserbringer und neue paramedizinische Berufe im deutschen Gesundheitswesen, in Preusker (Hrsg.) Gesundheitsmarkt in der Praxis 2007, S. 99 ff. Kommission zur Hochschulausbildung fr Lehr- und Leitungskrfte in der Robert-Bosch-Stiftung (Hrsg.): Pflege braucht Eliten. Gerlingen 1992. 207 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen einheitlichen Qualittsniveaus pflegerischer Ttigkeit (siehe die erheblichen Qualittsunterschiede der Altenpflegeausbildung in den einzelnen Bundeslndern vor dem vom Bundesgesetzgeber verabschiedeten Altenpflegegesetz) mehr als problematisch erscheint. Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d senschaften, Pflegemanagement, Pflegepdagogik) an. Durch die Ausweitung des Promotionsrechtes auf besonders qualifizierte Fachhochschulabsolventen haben mittlerweile mehrere Diplompflegewirte promoviert. Dies ist als zunehmende Bestrebung der Pflege zu sehen, sich durch Erarbeitung akademischer Anerkennung von der Dominanz der rzte in der Patientenversorgung zu emanzipieren.14 3. Paramedizinische Berufe Den relativ homogenen Gruppen der rzte und der Pflegenden stehen eine Vielzahl paramedizinischer (Hilfs-)Berufe entgegen, die in der Regel anerkannte Lehrberufe sind und keinen akademischen Hintergrund erfordern. Arzthelferinnen sind vor allem in Praxen ttig und assistieren niedergelassenen rzten bei ihrer Ttigkeit am Patienten. Hufig werden Verbandswechsel oder Blutentnahmen an sie delegiert. Rettungsassistenten sind sowohl selbstndig bei Bagatellerkrankungen oder unter direkter Aufsicht des Notarztes bei schwerwiegenden Erkrankungen oder Verletzungen direkt am Patienten bis zur Aufnahme in ein Krankenhaus ttig. Im Rahmen der Notkompetenz ist es ihnen erlaubt, bis zur Ankunft eines Notarztes auch weitgehende Notfallbehandlungen durchzufhren. Medizinisch-technische Assistenten werden unter Aufsicht von rzten in Laboratorien oder Radiologischen Abteilungen ttig. Dabei fhren sie auch Untersuchungen mit potentiell schdlicher Wirkung direkt am Patienten durch. Die Interpretation der Untersuchungen bleibt aber rzten vorbehalten, die unter Umstnden nie persçnlichen Kontakt zum Patienten hatten. Die auf dem Staatsexamen in Krankenpflege aufbauende Weiterbildung in Operationspflege (Fachweiterbildung im Operationsdienst) wird neuerdings auch durch eine Ausbildung direkt nach dem Schulabschluss zum Operationstechnischen Assistenten (OTA) ergnzt. Diese Ausbildung befindet sich derzeit im Stadium der staatlichen Anerkennung. Weitgehendste Freiheiten besitzen Hebammen, die auch ohne rztliche Aufsicht einen Teil des Aufgabenspektrums von Fachrzten fr Gynkologie und Geburtshilfe ausben. Eine Berufsgruppe mit akademischer Ausbildung, die einen Teil des Spektrums von Fachrzten fr Psychiatrie und rzten mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung abgedeckt, sind die nichtrztlichen Psychotherapeuten, die in der Regel eine Psychologiestudium absolviert haben. Ihre starke Einbindung in die medizinische Behandlung von Patienten fand sogar ihren Niederschlag in der – von rzten vehement abgelehnten Aufnahme – in die Kassenrztlichen Vereinigungen, so dass niedergelassene rzte und niedergelassene nichtrztliche Psychotherapeuten heute aus demselben Budget vergtet werden. Der Versuch, den therapeutischen Wildwuchs durch nichtrztliche Heiler mittels der Einfhrung staatlicher Vorgaben einzudmmen, hat berraschenderweise zur Manifestation eines eigenen Berufsstandes, des Heilpraktikers, gefhrt. Trotz wesentlich geringerer Ausbildungsvorgaben als in anderen paramedizinischen Berufen werden Heilpraktiker ebenfalls therapeutisch am Patienten ttig, wobei sie bei weitem nicht der hohen Selbstkontrolle des rztlichen Berufsstandes (rztekammern) unterliegen. Heilpraktiker sind aber gesetzlich auf bestimmte Heilmethoden beschrnkt und drfen beispielsweise keine operativen Eingriffe durchfhren. Sie kçnnen aber sehr wohl invasive Methoden wie z. B. Injektionen anwenden.15 Es ist also keineswegs so, dass es nur rzten in Deutschland vorbehalten ist, selbstndig und direkt am Patienten ttig zu werden. Entlang der Behandlungskette findet sich eine Vielzahl nichtrztlicher Berufe, die ebenfalls mittel- oder unmittelbar zur Gesundung des Patienten beitragen. Dem Arzt ist jedoch eine große Anzahl an speziellen Methoden vorbehalten. Ein weiteres wichtiges Differenzierungsmerkmal ist die Mçglichkeit zur Verordnung von rezeptpflichtigen Medikamenten, die keiner anderen Berufsgruppe erlaubt ist. 4. Entstehung neuer paramedizinischer Berufsbilder in Deutschland Physiotherapeuten behandeln Patienten mit oder ohne rztliche Verordnung mittels nichtinvasiver Methoden im Bereich des muskuloskelettalen Systems. In Deutschland kommt es seit einigen Jahren zunehmend zu Forderungen nach der Einfhrung neuer medizinischer Hilfsberufe, die auch in bisher rzten vorbehaltenen Bereichen ttig werden sollen. Diese Forderungen sind Folge folgender drei Entwicklungen: 14 15 208 Hçrmann, (Fn. 32), S. 100 f. Hçrmann, (Fn. 32), S. 102 f. a) rztemangel Sowohl der Arbeitsmarkt fr rzte als auch der fr Pflegende ist Zyklen unterworfen. Auf einen Arbeitskrfteberschuss folgt ein Mangel und umgekehrt. Darber hinaus macht sich jedoch eine Tendenz dahingehend bemerkbar, dass zunehmend Absolventen der Humanmedizin aufgrund der Arbeits- und Gehaltsbedingungen in Deutschland ins Ausland abwandern. Zwar kehren viele dieser rzte mit erweiterten Kenntnissen irgendwann einmal zurck, dennoch ist ein gewisser Rckgang an rztlicher Arbeitskraft zu verzeichnen. Eine weitere Entwicklung ist die in diesen Fllen meist endgltige Abwanderung von rzten in nichtkurative Felder wie in das Krankenhausmanagement, in die Pharmaindustrie oder in Unternehmensberatungen. Bereits heute fllt es Krankenhusern in lndlichen Regionen schwer, frei werdende Arztstellen nachzubesetzen. Vor allem in den neuen Bundeslndern greift man deshalb auf rzte aus osteuropischen Staaten zurck. Eine weitere Verschrfung der Situation ist durch die sptestens seit dem 01.01.2007 umzusetzenden EU-Arbeitszeitregelungen zu erwarten. Die darin enthaltenen Regelungen fr Ruhezeiten und Obergrenzen kontinuierlicher Arbeit werden einen neuen Bedarf an rzte begrnden. b) Akademisierung und Emanzipation der Pflege Ausgehend vom US-amerikanischen Vorbild zeigt sich eine Tendenz zur Akademisierung bestimmter Teilbereiche der Pflege, so dass Leitungsfunktionen zunehmend von Pflegenden mit akademischem Abschluss besetzt werden. Zielsetzung der Pflegeverbnde ist dabei die Fortentwicklung der Pflege vom nichtakademischen Heilberuf hin zum gleichberechtigten Partner des Arztes mit akademischer Ausbildung. Eine weitere Gleichstellung erhoffen sich manche Pflegende durch Grndung einer Pflegekammer.16 16 Hanika, Berufsstndische Selbstverwaltung auf dem Weg in das 21. Jahrhundert, PflR 1999, 287 ff.; Roßbruch, Sind Pflegekam- Die Hçherqualifizierung bringt auch den Ruf nach einer Aufgabenerweiterung (job enrichment) mit hçherem Dispositions- und Handlungsspielraum z. B. durch bernahme bisher rzten verantwortlich bertragenen Ttigkeiten mit sich. Dies trifft auf Ttigkeiten zu, die – wie intravençse Injektionen, Blutentnahmen und Verbandswechsel – frher durchaus Bestandteil des Aufgabenbereichs der Pflege waren. In Zeiten des Pflegenotstandes und der rzte- sowie Medizinstudentenschwemme wurden diese jedoch abgegeben. Zustzlich ist aber auch der Anspruch entstanden, bislang nicht regelmßig im pflegerischen Portfolio vorhandene Ttigkeiten, wie die erste Assistenz bei Operationen oder selbstndige Versorgung von Wunden etc. auszuben. Genau dafr qualifizieren die bislang angebotenen Studienangebote jedoch nicht, es sind vielmehr neue akademische und nichtakademische Ausbildungsgnge zur Qualifizierung fr diese Ttigkeiten notwendig. c) konomischer Druck auf Krankenhaustrger Mit der Einfhrung des leistungsorientierten Abrechnungssystems nach Fallpauschalen (DRG) im stationren Sektor hat sich der Markt von einem Anbietermarkt zu einem Kufermarkt entwickelt. Spielten Kosten frher (tagesgleiche Pflegestze) eine untergeordnete Rolle, so sind sie heute zu einem wesentlichen Falktor des Unternehmenserfolges geworden. Ohne eine leistungsfhige Kostentrgerrechnung, die in vielen Krankenhusern immer noch nicht vorhanden ist, ist eine aktive Steuerung der Kosten-Erlçs-Situation nicht sinnvoll mçglich. Nicht nur, andererseits aber gerade im Krankenhaus sind die Personalkosten der anteilmßig grçßte Kostenfaktor. Im Dienstleistungsunternehmen Krankenhaus, in dem Automatisierung und Verlagerung von Arbeit in Billiglohnlnder nicht in Frage kommen, stehen als Kostensenkungsmaßnahmen im Personalbereich nur die Rationalisierung der Arbeitsablufe und Verlagerung von Ttigkeiten von Berufsgruppen hçherer Entlohnung hin zu Berufsgruppen mit niedrigerer Entlohnung zur Verfgung. Seit dem Wegfall der Einstiegsphase in den rztlichen Beruf (Arzt im Praktikum) im Oktober 2004 stehen akademisch hoch qualifizierte, aber billige Arbeitskrfte den Kliniken nicht mehr zur Vermern verfassungsrechtlich zulssig und berufspolitisch notwendig?, PflR 2001, 2 ff.; Sielaff, Pflegekammern als Instrument zur Professionalisierung der Pflege, PflR 2001, 58 ff.; Hanika/ Mielsch/Schçnung, Pflegekammern in Deutschland – Durchbruch oder endlose Warteschleife?! – Betrachtungen aus aktueller rechtlicher und gesellschaftspolitischer Sicht, PflR 2005, 203 ff. 209 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen U rztemangel durch Abwanderung von Absolventen der Hochschulen in das Ausland oder in andere Berufsfelder sowie steigender Bedarf an rzten durch die Neuordnung der Arbeitszeitgesetzgebung, U Akademisierung und Emanzipation der Pflege und U çkonomischer Druck auf die Krankenhaustrger. Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d fgung. Der Arzt im Praktikum bot den Krankenhaustrgern eine lohnende Mçglichkeit, die Zahl der rztlichen Vollkrfte zu gnstigen Preisen zu erhçhen oder – bei stellenneutraler Umsetzung – die Kosten zu senken. Nicht in gleichem Ausmaß bedeutend, dennoch erwhnenswert ist der von der Politik gesteuerte Rckgang an Medizinstudienpltzen, so dass zumindest an Universittskliniken und akademischen Lehrkrankenhusern weniger PJ-Studenten fr einfachere Ttigkeiten zur Verfgung stehen. Der erhçhte Kostendruck hat mehrere Krankenhaustrger dazu veranlasst, Ttigkeiten von einer hçher qualifizierten und damit regelhaft teureren Berufsgruppe an niedriger qualifizierte Berufsgruppen abzugeben. Die Entwicklung macht dabei nicht an der Schnittstelle rztlicher Dienst – Pflegedienst halt, sondern wird durch die Abgabe pflegeferner Ttigkeiten von der Pflege an Servicekrfte fortgesetzt.17 Allerdings drfte mehr als fraglich sein, wie die Erfahrungen aus Schweden zeigen, ob durch die Etablierung neuer paramedizinischer Berufsgruppen dem Kostendruck adquat entgegengewirkt werden kann. Jedenfalls haben nach der hçchstrichterlichen Rechtsprechung çkonomische Erwgungen hinter der Patientensicherheit zurckzustehen. d) Zur rechtlichen Problematik »neuer paramedizinischer Berufsbilder« am Beispiel des »Medizinischen Assistenten fr Ansthesie« und des »Physician Assistant« Es sind die großen privaten Krankenhausbetreiber, die seit einiger Zeit den Versuch unternehmen, »neue Berufsbilder« zu etablieren. So hat die HELIOS-Kliniken GmbH den »Medizinischen Assistenten fr Ansthesie« (MAFA) kreiert, der »einfache Narkosen« bei »absehbar risikolosen Patienten« selbstndig durchfhren soll, um Ansthesisten fr weitere, parallel durchzufhrende Narkosen freizustellen. Relativ zeitgleich wurde aus der Kardio-Chirurgie kommend der sogenannte »Physician Assistant« (PA) kreiert. So wird beispielsweise am Rhçn-Klinikum in Bad Neustadt/Saale (dort Kardio-VascularAssistent genannt) sowie an der Katholischen Bildungssttte fr Gesundheitsberufe am Marienhospital Osnabrck und der Schchtermann-Klinik Bad Rothenfelde (dort Chirurgie-Assistent genannt) aus- bzw. weitergebildet. Der Physician Assistant 17 210 Hçrmann, Nichtrztliche Leistungserbringer und neue paramedizinische Berufe im deutschen Gesundheitswesen, in Preusker (Hrsg.) Gesundheitsmarkt in der Praxis 2007, S. 104 f. soll nach Aussagen der aus- bzw. weiterbildenden Einrichtungen u. a. dazu befhigt werden, die Prparation von chirurgischen Strukturen wie die Vena saphen magna oder die Arteria radialis eigenstndig vorzunehmen. Auch das Nhen und Knoten gehçren ebenso zur Grundausbildung wie chirurgische Techniken (Thorakotomie, Thoraxverschluss etc.) und verschiedene Techniken zur Kanlierung und Dekanlierung zum Anschluss der Herz-Lungen-Maschine. Mit anderen Worten: Der PA entnimmt im Rahmen einer Bypassoperation mit einem minimal-invasiven Eingriff eigenstndig fr die Bypasschirurgie eine Vene aus dem Bein des Patienten, prpariert diese und assistiert anschließend dem Herzchirurgen im weiteren Verlauf der Operation am offenen Herzen. Laut Aussage der Verantwortlichen habe sich der »Chirurgie-Assistent« inzwischen »als eigenstndiges Berufsbild in der Schchtermann-Klinik etabliert«.18 Angesichts der regelhaften bertragung dieser rztlichen Ttigkeiten mutet es schon vergleichsweise harmlos an, wenn in einem privatgefhrten Klinikum eine Dienstanweisung »rztliche Assistenz im OP-Saal« existiert, deren erster Satz hier zitiert wird. Dort heißt es: »Zur Kompensation personeller Defizite19 im rztlichen Bereich kçnnen examinierte Krankenpfleger mit Berufserfahrung zur zweiten Assistenz bei Operationen von Knie-Endoprothesen, zweite Assistenz besonderer HftEndoprothesen sowie erste Assistenz bei Knie-Arthroskopien eingesetzt werden.« Neben den haftungsrechtlichen Problemen muss aus berufsrechtlicher Sicht konstatiert werden, dass weder durch einen nur in einem Bundesland anerkannten Bachelor-Studiengang, geschweige denn durch hausinterne Weiterbildungskonzepte »neue Berufsbilder« etabliert werden kçnnen. Tatschlich stellen weder der »Medizinische Assistent fr Ansthesie« noch der »Physician Assistant« ein neues Berufsbild dar, da diese weder von der Deutschen Krankenhausgesellschaft anerkannt, geschweige denn eine staatliche Anerkennung erfahren haben. Hier ist der Gesetzgeber dringend aufgefordert, entweder eine entsprechende Rechtsgrundlage einschließlich der hierfr notwendigen Ausbildungsbzw. Weiterbildungsstruktur zu schaffen oder diesem Wildwuchs ein Ende zu setzen. Fraglich ist, ob die bernahme von Narkosen bzw. operativen Eingriffen durch zustzlich qualifizierte Pflegefachkrfte rechtlich zulssig ist. 18 19 Siehe Osnabrcker Sonntagszeitung vom 03.04.2005. Gemeint sind wohl personelle Engpsse. Hinsichtlich der Zulssigkeit von sogenannten »Parallelnarkosen« liegen zwei Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (BGH) vor. Zwar ging es in beiden Entscheidungen nicht um die Rechtmßigkeit der Durchfhrung einer Parallelnarkose durch eine Ansthesiepflegefachkraft, aber der BGH hat in diesen Entscheidungen Rechtsgrundstze entwickelt, die bei der rechtlichen Wrdigung des Einsatzes von MAFAs und letztlich auch fr PAs angewendet werden kçnnen. In der Entscheidung des BGH vom 30.11.1982 – VI ZR 77/81 wurde eine Haftung bejaht, weil der erst zwei Monate in Ausbildung stehende Arzt fr die in Rede stehende Risikooperation auch fr die reine Narkoseberwachung den Facharztstandard nicht gewhrleisten konnte. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung die Parallelnarkose nicht fr prinzipiell unzulssig gehalten, er hat jedoch als Maßstab fr die Rechtmßigkeit eine hohe Messlatte angelegt, nmlich ob mit der gefundenen Lçsung der Facharztstandard gewhrleistet werden kann. Insbesondere hat der BGH festgestellt, dass »Parallelnarkosen« nur ausnahmsweise und unter Wahrung strenger Sicherheitsbedingungen, nicht aber regelhaft, geschweige denn routinemßig zulssig sind. zinische Assistenten fr Ansthesie« und von chirurgischen Eingriffen durch »Physician Assistants« ist zwar generell nicht verboten, da jedoch die von der BGH-Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen fr die bernahme solcher rztlichen Ttigkeiten nirgendwo gegeben sind, ist die bernahme der in Rede stehenden rztlichen Ttigkeiten nach der derzeitigen Sach- und Rechtlage nicht zulssig. Darber hinaus besteht insbesondere aufgrund der ungeklrten rechtlichen Situation sowie der in aller Regel nicht ausreichenden zustzlichen Qualifizierung und nicht zuletzt wegen der fehlenden staatlichen Anerkennung ein erhebliches Haftungsrisiko! Unter folgenden Voraussetzungen kçnnten die in Rede stehenden rztlichen Ttigkeiten jedoch zulssig werden: U wenn eine eindeutige gesetzliche Regelung hierfr geschaffen worden ist, U wenn der Facharztstandard durch eine adquate Aus- bzw. Weiterbildung, die nicht unterhalb eines Bachelor-Studiengangs angesiedelt sein kann, gewhrleistet ist und U wenn der Patient in die Narkosebernahme durch einen MAFA bzw. in den operativen Eingriff durch einen PA sowie seiner anschließenden Assistenz eingewilligt hat (eine entsprechende Aufklrung vorausgesetzt). 5. Paramedizinische Berufsbilder in den USA21 a) Paramedizinische Berufsbilder In den USA hat sich eine Vielzahl paramedizinischer Berufe entwickelt, die zunehmend auch autonom und ohne rztliche Aufsicht medizinische Dienstleistungen erbringen.22 Die bei den HELIOS-Kliniken GmbH von MAFAs durchgefhrten Parallelnarkosen stehen somit eindeutig im Widerspruch zur geltenden Rechtslage.20 Im 19. Jahrhundert entwickelten sich neben allopathisch orientierten, traditionellen medizinischen Fakultten auch osteopathische und chiropraktische Hochschulen. In ihnen wurden ebenfalls kurativ ttige, einen Doktortitel fhrende Akademiker ausgebildet. Die Ausbildung fr Doctors of Osteopathic Medicine (D. O.) ist heute in den grçßten Teilen mit dem Curriculum fr Medical Doctors (M. D.) vergleichbar. Einem D. O. stehen jedoch nicht alle Facharztausbildungen offen, hufig wird das Feld der Allgemeinmedizin gewhlt. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden: Die bernahme von Parallelnarkosen durch »Medi- Dagegen sind Doctors of Chiropracty (D. C.) auf die Behandlung muskuloskelettaler Krankheiten be- 20 21 22 Dies hat der BGH in seiner Entscheidung vom 15.06.1993 – VI ZR 175/92 nochmals wiederholt und zwischen unterschiedlichen Phasen der Narkose (Einleitung, Umlagerung, Ausleitung und reine Narkoseberwachung) differenziert und unterschiedliche Anforderungen an die Ausbildung und Qualifikation der handelnden Personen gestellt. Dies wird aufgrund massiver rechtlicher Bedenken und externer Kritik offensichtlich nunmehr auch von der HELIOS-Kliniken GmbH so gesehen, so dass diese das Weiterbildungsprogramm fr MAFAs zurckgenommen hat. Hçrmann, a. a. O., S. 106 f. Cooper/Henderson/Dietrich, Roles of Nonphysician Clinicians as autonomous Providers of Patient Care, in JAMA 1998 (280), 795–802. 211 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen In § 1 Abs. 1 HeilprG heißt es: »Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausben will, bedarf dazu der Erlaubnis«. Aus der Tatsache, dass die Durchfhrung und berwachung z. B. einer Narkose oder eines operativen Eingriffes unstreitig der Heilkunde zuzuordnen ist, ergibt sich zwingend, dass diese Ttigkeiten grundstzlich von einem Arzt durchzufhren sind. Wenn berhaupt, dann kçnnen diese Ttigkeiten nur unter ganz engen Voraussetzungen bis zu einem gewissen Umfang von zustzlich qualifizierten Pflegefachkrften bernommen werden. Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d schrnkt, wobei jedoch hufig die Ursache somatischer Krankheitsbilder Stçrungen des muskulren Gefges zugeordnet wird und dann Therapieversuche mit chiropraktischen Manipulationen durchgefhrt werden. Dies fhrt zu starker Kritik durch die rzteverbnde. Interessanterweise haben sich in den USA zwei eigenstndige Berufe entwickelt, deren Ttigkeiten in Deutschland eindeutig rzten mit abgeschlossener Facharztausbildung zugeordnet sind. Doctors of Optometry (O. D.) diagnostizieren und behandeln Krankheiten des Auges ebenso wie Fachrzte fr Ophthalmologie, denen jedoch operative Eingriffe im Auge vorbehalten sind. Die O. D.-Ausbildung findet außerhalb medizinischer Hochschulen in eigenen Einrichtungen statt. Dies gilt auch fr die Doctors of Podiatric Medicine (D. P. M.), die sich ausschließlich um die Diagnostik und Therapie (allerdings auch operativ) von Erkrankungen des Fußes kmmern. Diese Spezialisierung existiert in Deutschland noch nicht einmal als Zusatzbezeichnung fr Fachrzte fr Orthopdie oder Unfallchirurgie. Die bisher angesprochenen Professionen werden in Deutschland allerdings wegen anders gewachsener akademischer Strukturen in absehbarer Zukunft keine Rolle spielen. Anders ist es allerdings mit den nachfolgend beschriebenen Berufen. Sie sind nmlich als Reaktion auf hnliche Grundbedingungen entstanden, die derzeit in Deutschland bestehen. Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts herrschte ein rztemangel insbesondere in sozialen Brennpunkten der Großstdte und in schwach besiedelten Gegenden der Vereinigten Staaten. Dies fhrte zur Etablierung von rztlichen Hilfsberufen, die teils unter Aufsicht eines Arztes, teil autonom am Patienten ttig wurden. Auch in den Streitkrften der Vereinigten Staaten bestand zu Zeiten des Vietnam-Krieges ein rztemangel. Kompensiert wurde dies durch die bertragung originr rztlicher Aufgaben an nichtakademisch ausgebildeten »Medics«. Diese in Extremsituationen erprobten Fachkrfte stießen, nachdem sie die Streitkrfte verlassen hatten, auf einen Arbeitsmarkt, der keine adquaten, staatlich sanktionierten Positionen bereithielt. Die Regelung der Vereinigten Staaten konnte durch die Schaffung der neuen Berufsfelder somit zwei Probleme gleichzeitig lçsen: Bereitstellung von Arbeitspltzen und Minderung des zivilen rztemangels. b) Auf der Krankenpflege basierende Berufe Aufbauend auf die 4-jhrige College-Ausbildung zur Registered Nurse (R. N.) haben sich in den 212 USA Spezialisierungen entwickelt. Die Absolventen werden im Gegensatz zu den P. A. auch unabhngig von einer Anbindung an einen Arzt, das heißt in eigener Praxis, ttig. Der Nurse Practitioner (N. P.) ist von der Breite der Ausbildung am ehesten mit dem P. A. vergleichbar, baut jedoch auf einem hçheren Erfahrungsschatz auf, weshalb die Tiefe der Ausbildung grçßer ist. N. P. beteiligen sich deshalb am ehesten an der hausrztlichen Versorgung. Weitere Ausbildungsgnge legen einen Fokus auf einen bestimmten Bereich der Medizin. So nehmen Certified Nurse Midwives (C. N. M.) eine Zwischenstellung zwischen der Hebamme und dem rztlichen Geburtshelfer ein. Einen Großteil des Aufgabenspektrums eines Arztes bernehmen die Certified Registered Nurse Anesthetists (C. R. N. A.) Nach dem Bachelor-Abschluss als R. N. und mindestens einem Jahr Berufsttigkeit folgt die zwei- bis dreijhrige Ausbildung, die mit einem Master-Abschluss endet. In vielen lndlichen Gebieten der USA sind Nurse Anesthetists die einzigen Erbringer von Ansthesieleistungen in Krankenhusern. Fachrzte fr Ansthesie werden gar nicht mehr vorgehalten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich in den USA neben den herkçmmlichen rztlichen Berufsbildern paramedizinische Berufe herausgebildet haben, die, auch wenn sie teilweise aus der Pflege entstanden sind, nher am Leistungsspektrum des Arztes liegen, als an der Pflege. Ttigkeiten, die in Deutschland nur rzten vorbehalten sind, wie die Verschreibung von Medikamenten, sind abhngig von fçderalen Regelungen eher die Regel als die Ausnahme. 6. Entwicklungen in anderen europischen Staaten Trotz aller Konvergenzbemhungen in der Europischen Union sind weiterhin sowohl die Gesundheitssysteme als auch die Berufsbilder in Europa sehr unterschiedlich. In Irland gibt es hnliche Bestrebungen wie in Großbritannien, neue Ausbildungsgnge zu etablieren; Modellversuche, Pflegekrften eingeschrnkte Verschreibungsrechte fr Medikamente einzurumen, sind geplant. In den Niederlanden startete 2003 der Master-Studiengang »Physician Assistant« an der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen. Praktische Erfahrungen ber den Einsatz der Absolventen stehen bisher noch aus. U Das zuletzt beschriebene Verfahren war auch in sterreich bis in die Achtziger Jahre hinein blich, erst wegen des dann auftretenden rzteberhangs hat man davon wieder Abstand genommen. Im Ergebnis kann festgestellt werden, dass die Treiber fr die Etablierung neuer paramedizinischer Berufsfelder so stark geworden sind, dass sich die Entwicklung nicht mehr aufhalten lsst, die positiven finanziellen Auswirkungen von den Krankenhaustrgern vermutlich berschtzt werden und Anpassungen der Berufsausbildung auch in anderen Berufsgruppen zu erwarten sind. Nicht vergessen werden darf, dass es in Deutschland lngst vçllig akzeptierte Berufsgruppen gibt, die rztliche Aufgaben mit bernehmen, ohne dass dies heute noch jemand in Frage stellt. Angesichts der Strke der Entwicklung sollten sich alle bereits etablierten Berufsgruppen an die Spitze der Entwicklung stellen, um selbst noch Einfluss nehmen zu kçnnen.24 U VII. Fazit U Folgt man dem europischen Gedanken der Freizgigkeit und Niederlassungsfreiheit, so muss konstatiert werden, dass die Politik, entgegen den zahllosen Sonntagsreden diverser Gesundheitspolitiker, der Pflege in Deutschland nur in sehr beschrnktem Maße die Mçglichkeit erçffnet, neben der beruflichen auch eine akademische Erstausbildung auf EU-Niveau zu erreichen, um damit auf dem europischen Arbeitsmarkt konkurrenzfhig zu sein. U Normalitt von Ausbildung im staatlichen Bildungssystem und damit die Durchlssigkeit in den Hochschulbereich werden weiterhin ignoriert. Gleichbehandlung und eine Akademisierung von unten nach oben ist – entgegen den Forderungen der Fachçffentlichkeit – politisch nicht gewollt. So hat das Ministerium fr Frau23 24 SG AR (Hrsg.), Empfehlungen der Kommission fr Prozess- und Strukturfragen der SGAR v. 02.02.2005, Olten. Hçrmann, Nichtrztliche Leistungserbringer und neue paramedizinische Berufe im deutschen Gesundheitswesen, in Preusker (Hrsg.) Gesundheitsmarkt in der Praxis 2007, S. 119 m. w. N. U U 25 26 en, Jugend, Familie und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen unverhohlen festgestellt: »Sogenannte kooperative oder duale Studiengnge mit dem Ziel der Durchfhrung von Erstausbildungen der Gesundheitsberufe an Fachhochschulen werden nicht befrwortet.«25 Es ist offenkundig, dass die Politik die Verzahnung von beruflicher und akademischer Ausbildung sowie gesetzlich implementierte Ausbildungsmodelle auf Hochschulebene ausbremst. Die hier skizzierte Weiterentwicklung der pflegerischen Versorgung wird nur mit engagierten und gut ausgebildeten Pflegekrften zu bewltigen sein. Basis hierfr muss sowohl eine gute berufliche Ausbildung als auch eine wissenschaftsbasierte Erstausbildung auf Hochschul- bzw. universitrer Ebene sein. Um der bundesdeutschen Pflege im europischen Kontext Konkurrenzfhigkeit und damit Chancengleichheit zu ermçglichen, bedarf es – unabhngig von den hier entwickelten Interpretationsmçglichkeiten des Krankenpflegegesetzes – einer wirklichen Modernisierung der Gesundheits- und Krankenpflegeausbildung sowie der Altenpflegeausbildung in Richtung Akademisierung. Dies setzt eine klare und eindeutige gesetzliche Regelung voraus, in der die notwendigen systemischen, strukturellen und curricular-inhaltlichen Vernderungen ihren Niederschlag finden. In der Altenpflege ist die Ausbildung noch strker auf den Personenkreis der gerontopsychiatrisch vernderten lteren Menschen auszurichten. Des Weiteren ist eine laufende Fortbildung der Pflegefachkrfte vorzusehen. Von Bedeutung ist ebenso die Qualifizierung der Fhrungskrfte, die ihre Anleitungs- und Planungsaufgaben wahrzunehmen und ein Qualittsmanagement in der Einrichtung zu etablieren haben. Unabhngig von der Frage, ob durch die bernahme ansthesiologischer und operativer Ttigkeiten durch zustzlich qualifizierte Pflegefachkrfte ein von den privaten Krankenhaustrgern erhoffter betriebswirtschaftlicher Nutzen erzielt werden kann, was mehr als fraglich erscheint, fllt unzweifelhaft die Etablierung neuer Berufsbilder im Gesundheitswesen nicht in den Kompetenzbereich einzelner Einrichtungstrgern, sondern bleibt allein dem Bundesgesetzgeber vorbehalten. Des Weiteren sind Pflegefachkrfte auf eine strkere Vernetzung mit anderen im Arbeitsfeld ttigen Berufsgruppen vorzubereiten.26 Schreiben des MFJFG NRW vom 23.05.2002 an alle Verbnde; AZ III B 2 – 0412.6. Siehe hierzu Pick, Strukturelle Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ist nçtig, DieBKK 2006, 192. 213 5/2007 U Hanika/Roßbruch · Europa und die Pflegequalifikationen in Deutschland – Die neue EG-Richtlinie ber die Anerkennung von Berufsqualifikationen In der Schweiz existiert seit 1993 die von der Krankenpflege unabhngige Ausbildung zum Technischen Operationsassistenten (TOA). Parallelnarkosen, d. h. die Betreuung von zwei Narkosen durch einen Facharzt wurden auch von der Schweizerischen Gesellschaft fr Ansthesie und Reanimation (SGAR) sanktioniert, sofern am Patienten entweder ein Arzt in Weiterbildung oder eine diplomierte Ansthesiepflegefachkraft ttig ist.23 Diese zweijhrige Ausbildung baut im Gegensatz zur TOA-Ausbildung auf der Pflegeausbildung auf. Aus der Praxis {luchterh_neu}Pflegerecht/2007/PflR-05-2007/H-05-2007-innen.3d