Fall 13 - Lösung Grundschuld.rtf
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PÜ BGB GK III Wintersemester 2008/2009 Fall 13 - Lösungsskizze: Die unsichere Grundschuld A. C A, Zahlung von € 50.000,-, Kauf gem. § 433 II iVm § 398 I. Abtretung B C, § 398 (+), formlos wirksam Bei der Abtretung einer durch Hypothek gesicherten Forderung gilt für die Abtretung der Forderung § 1154, und die akzessorische Hypothek folgt der Forderung, § 401, m.a.W. „zwingt“ die Hypothek die sonst formlos mögliche Abtretung in die Form des § 1154. Dies ist bei der nicht akzessorischen Grundschuld anders: Die Abtretung der Forderung bleibt formlos möglich; die eigenständige Abtretung der Grundschuld erfolgt über den Verweis des § 1192 in der Form des § 1154, m.a.W. ist er hier so zu lesen, dass die Form (schriftlich / Briefübergabe bei Briefgrundschuld) nicht für die Forderung, sondern für die Grundschuld selbst gilt. II. Anspruch B A aus Kaufvertrag (+), Kaufvertrag formgerecht, § 311b I III. Kaufpreisforderung ist iHv € 150.000,- durch Erfüllung, § 362 I, erloschen. Diese Einwendung steht A auch gegen C zu, § 404. Rest: € 50.000,-. IV. Einreden des A gegen die Kaufpreisforderung 1. Einreden gegen die Forderung können gem. § 404 auch dem Zessionar entgegengehalten werden – einen redlichen einredefreien Forderungserwerb gibt es (grundsätzlich) nicht. „Einwendungen“ in § 404 ist im weitesten Sinn zu verstehen und erfasst u.a. auch rechtshemmende Einreden (Palandt-Heinrichs, § 404 Rz. 3). 2. Einrede der Nichterfüllung (Mängeleinrede), § 320? Bei behebbaren Sachmängeln ergibt sich eine Einrede gegen die Zahlung aus § 320, da die Lieferung einer mangelfreien Sache / Nachbesserung Teil der Hauptleistungspflicht des Verkäufers ist, vgl. §§ 433 I 2, 437 Nr. 1. Bei unbehebbaren Mängeln erhält der Käufer im Wesentlichen stattdessen die Gestaltungsrechte des § 437 Nr. 2 (vgl. §§ 441, 326 V); hier ist umstritten, ob der Käufer auch vor Verjährung (danach: § 438 IV 2, V) ein Leistungsverweigerungsrecht hat oder ob er den Zahlungsanspruch nur durch Ausübung seiner Gestaltungsrechte abwehren kann. Vgl. hierzu etwa Huber / Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kap. Rz. 153. a) gegenseitiger Vertrag (+) b) fällige einredefreie (synallagmatische) Forderung des A gegen B? Dach war bei Gefahrübergang, § 446 Satz 1, undicht oder zumindest nicht beständig genug (davon darf angesichts der kurzen verstrichenen Zeit zwischen Übergabe und Entdeckung der undichten Stellen ausgegangen werden), so dass ein Sachmangel nach § 434 I 2 Nr. 2 vorliegt. Der Nachbesserungsanspruch gem. §§ 437 Nr. 1, 439 I ist damit fällig und wurde von B nicht erfüllt. Er tritt im Synallagma an die Stelle des Anspruchs auf mangelfreie Leistung (Palandt-Heinrichs, § 320 Rz. 5). Für die Einrede kommt es auf eine Fristsetzung oder Mahnung nicht an. c) eigene Vertragstreue des A / kein Rechtsmissbrauch? Bis zur Schuldrechtsreform war nach überwM die eigene Vertragstreue desjenigen, der sich auf die Rechte aus §§ 320ff. berufen hat, eine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung. An den Ergebnissen hat sich durch die Schuldrechtsreform nichts geändert, jedoch spricht angesichts der Erstreckung des § 281 auf alle Schuldverhältnisse manches dafür, an die Stelle einer „Vertragstreue“ das allgemeine Verbot des Rechtsmissbrauchs (§ 242) treten zu lassen (Palandt-Heinrichs, § 320 Rz. 6, § 281 Rz. 35) Insbesondere kann der Schuldner sein Leistungsverweigerungsrecht nicht auf Umstände stützen, die erst eintreten, nachdem er bereits in Verzug geraten ist. So liegt der Fall hier jedoch auch nicht. Dieser Punkt sollte bei allen Ansprüchen / Rechten aus den §§ 280ff., 320ff. mitbedacht, aber idR nicht (länger) geprüft werden. Auch hier war die Prüfung entbehrlich. d) kein Ausschluss gem. §§ 320 II, 242, insbesondere wegen Geringfügigkeit der ausstehenden Leistung Hier steht Nachbesserung im Umfang von ca. € 20.000,- aus, dafür soll Kaufpreis iHv € 50.000,- zurückbehalten werden; im Werkvertragsrecht wird von § 641 III die Zurückbehaltung von wenigstens dem Dreifachen der Beseitigungskosten gestattet (so genannter Druckzuschlag) – dies gilt als Richtwert auch für den Kauf (Palandt-Heinrichs, § 320 Rz. 11). Deshalb § 320 II (-). e) V. A hat ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 320 I gegenüber C. Ergebnis C hat gegen A einen Kaufpreiszahlungsanspruch gem. §§ 433 II, 398, den A jedoch nur Zug-um-Zug gegen Nachbesserung des undichten Daches, §§ 320, 322, 437 Nr. 1, 439 erfüllen muss. B. C A, Duldung der Zwangsvollstreckung, §§ 1147, 1192 I I. Entstehung einer Grundschuld zugunsten des B, §§ 1191, 1192, 1116f., 873 1. Einigung, §§ 1191, 873 (+) 2. Eintragung, §§ 1191, (1192 I, 1115), 873 (+) 3. Berechtigung des A (+) 4. Briefübergabe, §§ 1192 I, 1116, 1117 (+) Für die nicht akzessorische Grundschuld ist das Bestehen der Forderung keine Voraussetzung. Die „Verknüpfung“ von Grundschuld und Forderung wird vielmehr über die Sicherungsabrede bewerkstelligt, die neben der Forderung und der Grundschuld das dritte Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Eigentümer / Schuldner darstellt. In ihr liegt die Vereinbarung, zur Sicherung der Forderung überhaupt eine Grundschuld zu bestellen. (Allein aus dem Bestehen der Forderung folgt für den Schuldner hierzu keine Pflicht) Daher die Bezeichnung als „Sicherungsgrundschuld“. Besteht nun beispielsweise die Forderung nicht, so berührt das nicht die Wirksamkeit der Bestellung der Grundschuld. Gleichwohl besteht dann aus der Sicherungsabrede – ggf. konkludent – die Pflicht, die Grundschuld zurückzuübertragen oder ihrer Löschung zuzustimmen, da sie ja nach ihrem Zweck allein der Sicherung der Forderung dienen soll. Faustregel: Das Ergebnis, das bei der Hypothek über die Akzessorietät erreicht wird, lässt sich bei der Grundschuld über Pflichten aus der Sicherungsabrede konstruieren. Unanwendbar sind etwa die §§ 1137, 1138, 1153, 1163 I, 1164. Ihre Rechtsfolgen müssen auf schuldrechtlichem Weg herbeigeführt werden. II. Übertragung der Grundschuld von B an C gem. §§ 398, 413, 1192 I, 1154 I Die Briefgrundschuld wird durch isolierte Abtretung (§§ 413, 398) in der Form des § 1154 übertragen. § 1153 gilt mangels Akzessorietät nicht. 1. Einigung über die Abtretung (+) 2. Form der §§ 1192, 1154 (+) 3. Bestehen der Grundschuld / Berechtigung des B (+) III. Einreden des A 1. Vollstreckungsverzicht (Einrede unmittelbar gegen die Grundschuld) Hier haben A und B ausdrücklich einen so genannten Vollstreckungsverzicht, ein Versprechen, zeitweilig nicht zu vollstrecken, vereinbart. Es hat allein vollstreckungsrechtlichen Inhalt, das Bestehen des Anspruchs, seine Fälligkeit und gerichtliche Durchsetzung werden also nicht berührt, sondern es wird erst im Vollstreckungsverfahren eine Einrede des Schuldners begründet. Das unterscheidet den Vollstreckungsverzicht von der Stundung, die die Fälligkeit herausschiebt, das pactum de non petendo, das dem Schuldner eine Einrede gegen die klagweise Durchsetzung der (fälligen) Forderung gibt, und der aufschiebenden Befristung, § 163, bei der die Forderung erst mit Terminseintritt entsteht. Die Stundung dürfte bei Bestimmung einer späteren Leistungszeit die Regel sein (anders für Geldforderungen, aber mit zweifelhafter, weil wohl von der Gesetzgebung überholter Begründung Palandt62-Heinrichs, § 271 Rz. 13: im Zweifel pactum de non petendo). Wäre hier eine Stundung vereinbart worden, so wäre zu diskutieren gewesen, ob diese nicht eine abweichende Bestimmung gem. § 1193 II darstellt und sie nicht als Inhalt der Grundschuld gem. § 873 bzw. § 877 begründet und damit auch ins Grundbuch eingetragen werden müsste (so offenbar PalandtBassenge, § 1193 Rz. 2 aE, abweichend etwa Jauernig, § 1193 Rz. 1, der dies – wohl in Anknüpfung an § 1157 Satz 2 – nur für die Wirkung gegenüber dem Rechtsnachfolger für erforderlich hält). Der Vollstreckungsverzicht sollte hier diskutiert werden, auch wenn er den Anspruch an sich unberührt lässt, da er letztlich doch die Durchsetzung im Vollstreckungsweg verhindert und dem A insoweit helfen würde. Beachte: Wichtig ist hier die Unterscheidung zwischen Einreden, die direkt gegen die Grundschuld wirken – wie die Stundung gerade der Grundschuld – und solchen gegen die Forderung (etwa Mängeleinrede)! Erstere können bei Hypothek und Grundschuld vereinbart werden, und wirken bei Abtretung der Forderung/Hypothek bzw. der Grundschuld gem. § 1157 S. 1 (Grundschuld: §§ 1192 I, 1157 S. 1) auch dem neuen Gläubiger gegenüber, (vgl. den Wortlaut „...Einreden [...] gegen die Hypothek...“) wenn sie nicht gem. § 1157 S. 2 i.V.m. § 892 gutgläubig wegerworben wurden. Letztere, die als Einreden nur gegen die gesicherte Forderung gerichtet sind, wirken sich bei der Hypothek wegen der Akzessorietät gem. § 1137 I Var. 1 auch auf die Inanspruchnahme aus der Hypothek selbst gem. § 1147 aus, solange sie nicht gem. § 1138 gutgläubig wegerworben wurden. Bei der Grundschuld ist § 1137 nicht anwendbar. Einreden gegen die gesicherte Forderung führen hier zu einer Einrede aus der Sicherungsabrede: Eine Vollstreckung aus der Grundschuld soll nämlich nur wegen einer fälligen, einredefreien Forderung erfolgen. Diese Einrede ist nun unmittelbar gegen die Grundschuld gerichtet, §§ 1192 I, 1157 S. 1, sie kann freilich wiederum gem. §§ 1157 S. 2, 892 gutgläubig wegerworben werden. In Kurzfassung: Einreden gegen die Forderung wirken gem. § 1137 I Var. 1 unmittelbar gegen die Hypothek; bei der Grundschuld mittelbar über die Sicherungsabrede gem. §§ 1192 I, 1157 S. 1. a) Vereinbarung des Vollstreckungsverzichts (+) b) Wirkung gegenüber C? (1) Vollstreckungsverzicht ist Einrede gegen die Grundschuld; deshalb wirkt er gem. §§ 1192 I, 1157 Satz 1 grundsätzlich auch gegen C. (2) redlicher einredefreier Erwerb, §§ 1192 I, 1157 Satz 2, 892? (a) Abtretung als Verkehrsgeschäft (+) (b) kein Eintrag der Einrede Grundschuldbrief? (+) in Grundbuch oder A hätte sich also durch Vermerk der Einrede im Grundbuch oder auf dem Brief schützen können. c) 2. (c) keine Kenntnis des C vom Vollstreckungsverzicht (+) (d) kein Widerspruch bezüglich der Einrede (+) Daher hat C die Einrede gutgläubig „wegerworben“, A kann sich ihm gegenüber auf den Vollstreckungsverzicht nicht berufen. Mängeleinrede a) Die Mängeleinrede richtet sich gegen die Kaufpreisforderung, nicht (unmittelbar) gegen die Grundschuld. Der § 1137 beruht auf der Akzessorietät und ist nicht gem. § 1192 I anwendbar. b) Allerdings bewirkt die zwischen A und B geschlossene Sicherungsabrede, die Grundschuld diene der Sicherung gerade der Kaufpreisrestschuld, eine obligatorische Verbindung zwischen Grundschuld und Forderung dergestalt, dass B lediglich im Rahmen der gesicherten Forderung berechtigt ist, aus der Grundschuld Befriedigung zu suchen. Die Einrede aus der Sicherungsabrede, der Gläubiger dürfe mangels Bestehen / Fälligkeit / Einredefreiheit der Forderung (noch) nicht aus der Grundschuld vorgehen, ist aber eine Einrede gegen die Grundschuld (Palandt-Bassenge, § 1191 Rz. 30), so dass insoweit doch wieder §§ 1192 I, 1157 Satz 1 anzuwenden sind. c) Bestehen der Einrede vor Abtretung (+), s.o. (Mängeleinrede) d) Gutgläubig einredefreier Erwerb des C auch insoweit, §§ 1192 I, 1157 Satz 2, 892? Problem allein: Gutgläubigkeit. Nach Ansicht etwa des Reichsgerichts (RGZ 91, 218 [225]) ist der Erwerber bzgl. Einreden aus der Sicherungsabrede schon dann bösgläubig, wenn er nur wusste, dass es sich um eine Sicherungsgrundschuld handelt. Denn dann wisse er auch, dass die Grundschuld nur im Rahmen der Forderung geltend gemacht werden könne und dass sie etwa nach Rückzahlung der Forderung zurückzugewähren sei. Danach wäre C hier wohl bezüglich der Mängeleinrede als bösgläubig anzusehen. Die heute herrschende Gegenansicht (Medicus, BR, Rz. 506 mwN) weist dagegen zu Recht darauf hin, dass die nicht akzessorische Sicherungsgrundschuld damit letztlich weniger verkehrsfähig gestellt werde als die forderungsakzessorische Hypothek, bei der § 1138 über Einreden gegen die Forderung hinweghelfe. Deshalb ist der Erwerber nur dann als bösgläubig anzusehen, wenn die konkrete Einrede bei Erwerb bereits bestand und dem Erwerber bekannt war. Da C keine Kenntnis vom Mangel und der Mängeleinrede des A hatte, war er gutgläubig und konnte er auch diese Einrede gutgläubig wegerwerben. 3. IV. Folglich entfalten beide Einreden gegenüber dem gutgläubigen C keine Wirkung und kann er bei Fälligkeit aus der Grundschuld gem. §§ 1192, 1147 vorgehen und Duldung der Zwangsvollstreckung verlangen. Fälligkeit / Ergebnis Die Grundschuld wird gem. § 1193 I 1 erst nach Kündigung fällig. Eine (praxisübliche) abweichende Vereinbarung gem. § 1193 II ist hier offenbar nicht getroffen worden. C hat als neuer Gläubiger die Kündigung am 12. August 2004 erklärt. Die Kündigungsfrist von sechs Monaten, § 1193 I 3, läuft gem. §§ 188 II Fall 1, 187 I an sich mit dem Ablauf des 12. Februar 2005 ab. Da es sich dabei um einen Samstag handelt, tritt an seine Stelle gem. § 193 der Montag, 14. Februar 2004. Nach seinem Ablauf kann C daher von A die Duldung der Zwangsvollstreckung begehren.