24 25 reisen i teschen reisen i teschen von Wien nach Krakau. In
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24 25 reisen i teschen reisen i teschen von Wien nach Krakau. In
r ei s e n I t es c h e n r ei s e n I t es c h e n Frühstück mit Teschen Die polnisch-tschechische Stadt Cieszyn/Cesky Tesin liegt auf dem Weg von Wien nach Krakau. In der Kleinstadt stößt man an allen Ecken und Enden auf die österreichische Vergangenheit des ehemaligen Herzogtums Teschen. Die geteilte Stadt versucht durch ein lebendiges Kulturangebot zusammenzuwachsen. mit Teschen. Wir wissen es nur nicht. Wenn in österreichischen Haushalten ein Butterbrot mit der Teebutter gestrichen wird, so ist diese nicht danach benannt, weil Butterkekse zum Fünf-UhrTee gereicht wurden. Die Teebutter ist ein Teschener Erfolgsrezept, das bis nach Ägypten und in die neue Welt exportiert wurde. Die Bauernbutter enthält natürliche Buttersäure und ist daher nicht lange haltbar. In der Molkerei von Kostkowitz wurde 1885 ein Verfahren entwickelt, um die Butter- säure zu entfernen und dadurch die Haltbarkeit zu verlängern und den Geschmack zu verfeinern. Die Molkerei der „Teschener Kammer“ war im Besitz der Teschener Habsburger und wurde unter dem Namen „Teschen Erzherzögliche Butter“ verkauft. Die Teebutter ist soweit entfernt vom Tee wie Darjeeling von Cieszyn. Die wirtschaftlich erfolgreichen Habsburger lieferten nicht nur die Butter aufs Brot, sondern mit dem erwirtschafteten Geld wurde das feine Palais des Her- zogs Albert von Sachsen und Teschen ausgestattet, die Albertina. Der Kunstmäzen richtete darin die bedeutendste Graphiksammlung ein. „Kommen Sie bitte nach Teschen, weil Teschen zu Ihnen nicht kommen kann“, schrieb der Verwalter der Teschener Kammer an Franz Liszt. Er kaufte ihm ein Klavier und stellte es in die Orangerie des Schlosses. Der Musiker kam und spielte für Adel und Bürger acht Tage > – Text: Mella Waldstein – – Fotos: Gregor Semrad – Blick über Teschen vom Piastenturm. amstagvormittag. Auf der Brücke herrscht Hochbetrieb; Fußgänger, Radler, Autofahrer. In jeder anständigen europäischen Kleinstadt wird Samstagvormittag eingekauft. Irgendwo müssen Vorhangstangen in Aktion sein. Es werden jede Menge Vorhangstangen über die Brücke getragen. Am Brückenkopf ist Passkontrolle. Die Brücke führt über das Flüsschen Olsa und verbindet die geteilte Stadt Teschen: die tschechische Hälfte – Ceský Tešin am linken Ufer mit Cieszyn, den polnischen Teil am rechten Ufer. Tschechen tragen Vorhangstangen aus Polen nach Hause und manche Polen werden einen Rausch aus Tschechien heimbringen. Das Bier in Cesky Tesin ist billiger. S 24 wiener journal 41|2007 An Brüchen lässt sich mehr erkennen. Sie bringen darunter liegende Schichten zutage, die ansonsten verborgen blieben, wiewohl sie nicht verschwinden würden. Brüche lassen Gleichzeitigkeit zu. Die polnisch-tschechische Doppelstadt ist mit einem gemeinsamen Namen nicht zu benennen. Dazu muss man in die Vergangenheit blicken und ihr den alten Namen Teschen geben. Cieszyn, Ceský Tešin, Teschen: Keine 300 Kilometer von Wien liegt die schlesische Stadt Teschen, ehemals zur k.u.k. Monarchie gehörend. 60.000 Einwohner zählen die beiden Städte und ihre eingemeindeten Ortschaften zusammen, wobei der größere und wirt- schaftlich besser entwickelte Teil in Polen liegt. Schlesien wurde zwischen preußischen und österreichischen Interessen zerrissen, nach den Erbfolgekriegen verblieben das Herzogtum Teschen und zwei weitere schlesische Herrschaften (Troppau und Jägerndorf) bis zum Ende des Ersten Weltkrieges bei Österreich. Das heutige polnische Cieszyn hat die wirtschaftlich und gesellschaftlich erfolgreiche Vergangenheit nicht vergessen, nein, im Gegenteil, es trägt die österreichischen Spuren mit Selbstbewusstsein. Umso trauriger, dass nur wenige Österreicher diese Stadt kennen. Dabei frühstücken wir gewissermaßen tagtäglich Junges Gesicht in einer alten Stadt: Kasia, die Miss Teschner Schlesien vor dem Florianbrunnen. wiener journal 41|2007 25 r ei s e n I t es c h e n r ei s e n I t es c h e n Bild oben: Café Muzeum – der Demel oder Zauner in Cieszyn 1 Bild mitte: Romanische Kapelle am Schlossberg in Cieszyn. Bild unten: Tiefe Gasse in Cieszyn. info n Stadt Teschen/Cieszyn. www.cieszyn.pl Das Zentrum von Cieszyn mit Rathaus und Florianbrunnen neu herausgeputzt. > lang. Ansonst fuhren die Teschener gerne nach Wien, um sich vom „denier cri“ inspirieren zu lassen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und laut den Verträgen von Versailles wurde die Stadt Polen zugeschlagen. Ein bewaffneter Konflikt führte zur Okkupation des mährisch-schlesischen Grenzgebietes, der sogenannte „SiebenTage-Krieg“ mit Toten auf beiden Seiten, und zwang zur Änderung der Grenzziehung. Das linksseitige Stadtgebiet kam zur Ersten Tschechoslowakischen Republik. Es sind vor allem kulturelle Initiativen, die der Teilung der Stadt entgegenwirken. Im tschechischen Teil lebt eine polnische Minderheit. Das Theater in Ceský Tešin beherbergt – keinen Kilometer Luftlinie von der Grenze entfernt – die einzige professionell geführte polnische Bühne außerhalb Polens. Neben den grenz- 26 wiener journal 41|2007 überschreitenden Theatertagen, findet alljährlich das Filmfestival „Über die Grenze“ statt, das seinen Schwerpunkt auf tschechische und polnische Produktionen setzt. Auch der „Jazzherbst“ wird von beiden Stadtteilen gemeinsam organisiert. Die Gemeinsamkeiten können aber nicht verbergen, dass Vorurteile weiter bestehen und man nicht mit-, sondern nebeneinander lebt. Die neuen Stadtgebiete liegen auf tschechischer Seite, mit einem Rathaus des tschechischen Rondokubismus aus den 1930er Jahren. Die Straßenstruktur macht deutlich, dass es sich um eine Stadt handelt: Alleen aus habsburgischer Zeit weisen als Blickachse auf das Schloss und die Altstadt auf der polnischen Seite. Hier kann man sich sofort zu Hause fühlen: der Hauptplatz (Rynek), das dazugehörende erste Haus am Platz (Zum Braunen Hirschen/Pod Brunat- nym Jeleniem), die Einkaufsstraße (ul. Gleboka), der Ring, das Stadttheater in bewährter Gestaltung des Architektenbüros Fellner & Helmer. Alles in vertrauter Anordnung und das Palais in leicht verstaubter schönbrunnergelber Farbe. Auf der Anhöhe über dem Fluss Olsa liegt das Schloss. Die ehemalige Burg wurde von den Herzögen von Piast gebaut und als dieses Geschlecht ausstarb, kam das Gebiet zur böhmischen und in weiterer Folge zur österreichischen Krone. Regentin Maria Theresia widmete diesem Besitztum ihrer Lieblingstochter Marie Christine, die mit Albert von Sachsen vermählt war und sich danach Herzog von Sachsen und Teschen nannte. Die Burg wurde von Josef Kornhäusel zu einem sparsamen aber eleganten, klassizistischen Schloss umgestaltet. Der berühmte Wiener Architekt bekam im prosperierenden Teschen und in der Umgebung viele weitere Auf- n Internetportal Teschener Schlesien. www.ox.pl n Muzeum Slaska Cieszynskiego PL. www.muzeum-cieszyn.ox.pl n Muzeum Tesinska CZ. www.muzeumct.cz n Schloss Teschen. www.zamekcieszyn.pl n Festival „Via il canto“. www.vivailcanto.pl n Cafe Muzeum. www.mak.of.pl n Hotel Halny Orbis. www.orbis.pl n Hotel-Restaurant Dworek Cieszynski. www.dworek.cieszyn.com.pl n Hotel Pod Kurantem. www.podkurantem.com n Diskothek Retro Club. Glebocka15, Cieszyn n Teschen in Österreich. Mährisch-Schlesisches Heimatmuseum, Klosterneuburg: www.mshm.at ¨ träge. Kohlegruben machten die Region zwischen den Industriestädten Ostrava/Mährisch Ostrau und Kattowitz reich. Kornhäusel baute das alte Theater, das jetzt das Stadtkino ist, ebenso wie er das Rathaus umgestaltete, und im Palais Larisch entwarf er einen runden Pferdestall. Der bemerkenswerte Raum beherbergt das „Cafe Muzeum“. Ganz der Wiener Tradition verhaftet, tragen die Kellnerinnen weiße Häubchen. Nur die Demel’sche Strenge fehlt ihnen. An den Wänden hängen Bilder vom alten Kaiser. Franz Joseph I. war vier Mal in Teschen, wie der Stadthistoriker Mariusz Makowski betont. Wie viele Kleinstädte in den Weiten der Monarchie – von Brody in Galizien bis Kotor in Montenegro – können das schon für sich in Anspruch nehmen? Zuletzt besuchte der Kaiser Teschen bei den Manövern 1906. Und nochmals stand Teschen im militärischen Mittelpunkt des Reiches, als der Oberbefehlshaber der Armee Erzherzog Friedrich die Kommandozentrale nach Teschen verlegte (1914-1916). Das Stadtwäldchen fügt sich an den Altstadtkern und ist im Frühjahr Ziel zahlreicher Spaziergänger. Sie bestaunen eine der seltensten Pflanzen Polens. Das Teschener Blümchen (hacquetia epipactis) hat blassgrüne Blüten und ist ausschließlich hier heimisch. Zum Fluss hin neigt sich die Stadt. Es ist das Viertel der alten Gewerbehäuser, der Tuchmacher und Gerber. Der Drei-Brüder-Brunnen in einer der schmalen Gassen symbolisiert die Sage der Stadt. Im Jahre 810 sollen einander drei Brüder wieder getroffen und aus Freude darüber die Stadt gegründet haben. Somit kann Teschen behaupten, die älteste Stadt in Polen zu sein. Zwischen Olsa und seinem Mühlbach liegt das von den Bewohnern liebevoll genannte „Klein-Venedig“ mit ehemaligen Mühlen und Einkehrhäusern. Von hier aus lässt sich das Treiben auf der Brücke beobachten. Samstagvormittag, bei Kipferl mit Butter und Kaffee. ¨ wiener journal 41|2007 27