Ergebnisse des DDA-Monitoringprogramms, Teil II
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Ergebnisse des DDA-Monitoringprogramms, Teil II
VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 177 Ergebnisse des DDA-Monitoringprogramms, Teil II: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Martin Flade & Johannes Schwarz Flade, M. & J. Schwarz 2004: Results of the German Common Birds Census, part II: population changes in German forest birds 1989–2003. Vogelwelt 125: 177 – 213. The German Common Birds Census, which runs since 1989 and is based on territory mapping and point counts, provides reliable data (TRIM index curves) on the population changes of 52 German forest bird species. Despite free choice of plots and routes, only a quarter of these species shows significant differences in annual changes or overall trend of the index curves derived from the two different field methods. These differences could be successfully interpreted by analysis of sub-samples (post-hoc stratification). Concerning the annual population changes, 11 partly or short-distance migrants turned out to be sensible against severe winters, most pronounced in the Wren. Negative correlations between severe winters and the population changes of the long-distance migrant Wood Warbler are probably caused by delayed growth of the ground vegetation in spring. Positive responses to severe winters in 11 (optional) seed-feeding residents and partly migrants as well as four long-distance migrants point to complex interactions between weather, forest tree seed crop, vegetation growth, insect gradations as well as competition and predation systems, which are still poorly understood. For 10 (optional) seed-feeding species in total, positive correlations between forest tree fructification and annual population changes were found. Negative correlations between forest tree seed crop and annual population changes of four species could be connected with competition relations, which can be proven for the Pied Flycatcher (nest-hole competition), which shows significant negative correlations with the annual changes of Tits and Nuthatch. Within the study period, 21 out of 52 species have significantly increased, but in 17 of these species this increases happened exclusively outside the forests (in urban areas like gardens, parks, cemeteries). Seven out of ten declining species are long-distance migrants. The biggest actual threat for German forest birds, therefore, are adverse changes in the African environment. But in a medium or long term, the complex effects of global climate change on the forest ecosystems are incalculable and could lead to tremendous changes, also in the population dynamics of forest birds. Considering this background, the substantial improvement and enlargement of the German Common Birds Monitoring, which started in 2004 with a new scheme, will be of major importance. Key words: population trends, bird monitoring, forest birds, forest tree seed crop, winter weather, long-distance migrants. 1. Einleitung und Fragestellungen Über langfristige Bestandsentwicklung und kurzfristige Bestandsschwankungen häufigerer Waldvogelarten gibt es in Deutschland nur wenige Daten. Im Fokus des Naturschutzes standen in den letzten Jahrzehnten zum einen eher seltene und gefährdete Arten sowie Arten der Feuchtgebiete, Trockenbiotope und Agrarlandschaften, die z. T. starke Bestandsrückgänge zeigten; zum andern konzentrierten sich andere Langzeit-Erfassungprogramme vor allem auf Vögel der Röhrichte und Gebüsche (Fangprogramme der Vogelwarten, vor allem Mettnau-Reit-Illmitz-Programm, BERTHOLD et al. 1986, 1993, 1999) sowie tagziehende Arten (z. B. GATTER 2000). Zwar sind darunter jeweils auch einige Waldvögel, das Gros der Waldarten wurde jedoch nicht langfristig untersucht. Etwas besser bekannt ist die langfristige Bestandsentwicklung zumindest der selteneren Waldeulen (s. Themenheft der Vogelwelt 2003, Jahrgang 124, Heft 5–6) sowie der Raufußhühner (s. KLAUS & BERGMANN 2004). Darüber hinaus sind die Greifvögel über das Monitoring Greifvögel und Eulen seit etwa Mitte der 1980er Jahre recht gut erfasst (z. B. MAMMEN & STUBBE 2002), ebenso einige seltene Großvögel (z. B. Schwarzstorch Ciconia nigra, einige Greifvogelarten, Kranich Grus grus) über das DDA-Monitoringprogramm seltener Vogelarten. Arbeiten zur Populationsdynamik häufigerer Arten beschränken sich auf lokale Studien zu einzelnen Arten (z. B. Kleiber Sitta europaea im Harz über 22 Jahre, 178 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 ZANG 2003b) und auf Nistkasten-Populationen von Höhlenbrütern (z. B. BERNDT & WINKEL 1979; WINKEL & FRANTZEN 1991; WINKEL 1993, 1996; WINKEL & WINKEL 1998; Artbearbeitungen Meisen und Kleiber in ZANG & HECKENROTH 1998), wobei die Übertragbarkeit von Befunden über Nistkasten-Populationen auf die Gesamtbestände teilweise nicht gegeben und insgesamt zumindest unklar ist (WESOŁOWSKI 1989, 2001; WESOŁOWSKI et al. 2002). Für die meisten häufigeren Waldvogelarten Deutschlands ist deshalb das DDA-Monitoringprogramm die einzige solide Datenquelle zur Bestandsentwicklung in den letzten 15 Jahren. Immerhin lassen sich Aussagen zur Bestandsdynamik von 52 Arten treffen. Aufgrund der langfristigen Prozesse in der Waldentwicklung (Waldwachstum, Waldgenerationswechsel, Nutzungszeiträume, langfristige Standortveränderungen) ist bei den Waldvögeln eine weniger starke kurz- bis mittelfristige Dynamik zu erwarten als z. B. in Agrarlandschaften. Auch sind vergleichbar starke Zu- oder Abnahmen von Waldvögeln aus den letzten 10–20 Jahren kaum bekannt (die drastischen Bestandseinbrüche von Auerhuhn Tetrao urogallus und Haselhuhn Bonasa bonasia setzten schon viel früher ein, BAUER & BERTHOLD 1996). Möglicherweise sind aber auch deutliche Bestandsveränderungen von häufigeren Waldvögeln bisher unentdeckt geblieben. Zudem stellt sich die Frage, wodurch kurzfristige und zyklische Bestandsschwankungen von Waldvögeln in Deutschland gesteuert sein könnten. Neben den Auswirkungen des Wetters, insbesondere in den Wintermonaten und zur Brutzeit, kommen hier z. B. die direkten und indirekten Auswirkungen der Baummast-Intensitäten (Fruktifikationen) der häufigeren Waldbaumarten in Betracht (GATTER 2000). Gesicherte Erkenntnisse dieses Funktionskomplexes wären mit Sicherheit auch hilfreich, um die langfristigen Auswirkungen der sich beschleunigenden globalen Klimaerwärmung auf Waldvögel besser abschätzen zu können. Auf Basis dieser Ausgangslage ergeben sich daher folgende Fragestellungen an die Auswertung der Daten des DDA-Monitoringprogramms: • • • • Welche Faktoren steuern die kurzfristige Bestandsdynamik? Wie verlief die Bestandsentwicklung der etwa 50 häufigsten deutschen Waldvogelarten seit 1989? Gibt es regionale Unterschiede und Unterschiede innerhalb und außerhalb von Wäldern? Welche Arten haben in den letzten 15 Jahren im Bestand abgenommen und was könnten die Gründe sein? Welche Folgerungen sind für Forschung und Naturschutz zu ziehen? Welchen Beitrag leistet das DDA-Monitoringprogramm zur Beantwortung dieser Fragen? 2. Material und Methoden Die im Rahmen des DDA-Monitoringprogramms verwendeten Gelände- (Revierkartierung = RK und Punkt-Stopp-Zählung = PS) und Auswertemethoden sowie die zu beachtenden Einschränkungen der Aussagefähigkeit des Materials besonders bezüglich der Repräsentanz der untersuchten Flächen und Routen sind bereits von SCHWARZ & FLADE (2000) ausführlich dargestellt und diskutiert worden (s. auch Tab. 4). Eine Wiederholung kann hier entfallen. Insgesamt sind im Untersuchungszeitraum 1989–2003 die Daten von 697 Punkt-Stopp-Routen und 323 Revierkartierungsflächen gemeldet und in der Datenbank erfasst worden. Die jährliche Stichprobengröße liegt bei maximal 497 PSRouten und 147 RK-Flächen (Tab. 1–3). Die Schwerpunkte der regional sehr unterschiedlich verteilten Flächen und Routen liegen aktuell recht gut über den Osten (Brandenburg), Nordwesten (Schleswig-Holstein, Hamburg, mittleres Niedersachsen), Westen (Nordrhein-Westfalen) und neuerdings Süden (Baden-Württemberg, erst ab 1999) verteilt (Abb. 1 und 2). Zu beachten ist, dass die Daten aus Brandenburg für die Jahre 2002 und 2003 erst unvollständig in die Datenbank eingegeben sind und die RK-Daten insgesamt zudem oft erst mit mehrjähriger Verzögerung eingesandt werden (daher der starke Abfall gegen Ende des Untersuchungszeitraums). Außerdem ist anzumerken, dass die Daten aus BadenWürttemberg bisher aus folgenden Gründen nur sehr eingeschränkt verwendbar sind: Tab. 1: Zahl der Punkt-Stopp-Routen und Probeflächen, deren Daten in die Datenbank eingegeben sind (Daten aus Brandenburg für 2001, 2002 und vor allem 2003 noch nicht vollständig!). – Number of point counts and territory mapping plots included in the current data analysis (notice: data from Brandenburg for 2001, 2002 and 2003 are still incomplete). Punkt-Stopp-Zählung point counts Zählungen counts Revierkartierung territory mapping Jahr year Routen routes Probeflächen plots 1989 81 312 65 1990 102 416 72 1991 143 573 86 1992 175 717 100 1993 186 773 102 1994 189 792 95 1995 215 925 101 1996 232 1003 104 1997 233 1052 116 1998 257 1153 147 1999 492 1893 147 2000 497 1896 128 2001 453 1671 92 2002 470 1739 80 2003 207 915 64 VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 179 Tab. 2: Verteilung der bearbeiteten Punkt-Stopp-Zählrouten auf die Bundesländer von 1989 bis 2003, so weit in die Datenbank eingegeben. Zu beachten: für Baden-Württemberg 1999–2002 Übernahme der PS- und LT-Daten aus dem staatlich geförderten Monitoring; keine Prüfung der Datenqualität (siehe Text); Daten aus Brandenburg für 2001 bis 2003 nicht vollständig in der Datenbank. – Distribution of surveyed point count routes 1989 to 2003 of which the data are included in the data base, according to federal states (notice: data from Baden-Württemberg are not checked for quality yet; data from Brandenburg are still incomplete for 2001–2003). Bundesland/Jahr federal state/year 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 Baden-Württemberg 3 8 9 14 12 7 4 4 4 4 226 233 237 261 2 Bayern 5 6 5 3 9 9 8 8 7 5 5 2 2 11 10 Berlin 4 6 9 7 4 5 5 4 5 4 5 5 4 5 6 Brandenburg 0 0 7 17 16 16 61 70 84 92 104 109 66 56 44 Hamburg 15 20 13 15 13 13 11 11 11 12 12 13 13 9 9 Hessen 0 0 2 14 15 14 10 14 14 25 27 27 27 26 26 MecklenburgVorpommern 0 0 4 11 12 12 11 9 9 10 8 7 7 8 4 Niedersachsen mit Bremen 22 27 36 35 33 38 34 37 24 27 25 21 21 21 21 NordrheinWestfalen 23 26 24 24 32 34 34 40 40 42 43 39 39 34 35 Rheinland-Pfalz 2 2 1 3 10 11 8 7 6 7 5 6 4 5 3 Saarland 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Sachsen 0 0 7 6 5 5 7 6 7 9 11 8 7 7 8 Sachsen-Anhalt 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 3 3 3 26 Schleswig-Holstein 7 7 20 21 18 19 18 18 18 17 15 14 14 15 13 Thüringen 0 0 6 5 7 6 4 4 4 3 6 10 9 9 0 81 102 143 175 186 189 215 232 233 257 492 497 453 470 207 Summe – total • Das Programm wurde in seiner heutigen Intensität erst Mitte der 1990er Jahre begonnen, und aus technischen Gründen sind erst die Daten ab 1999 in die Datenbank eingegeben. • Die Methodik weicht deutlich ab: Es wurden kürzere PS-Routen sowie Linientaxierungen bearbeitet und i. d. R. nur drei Begehungen (statt fünf) pro Saison an abweichenden Terminen durchgeführt. • Die Bearbeitung der Routen erfolgte im Vergleich relativ diskontinuierlich, d. h. mit vielen jahrweisen Lücken und Wechseln. • Durch vorgenannte Besonderheiten bedingt zeigen die Baden-Württemberger Daten sehr starke Streuungen (große Standardfehler). Für die Analyse regionaler Unterschiede und Trends mussten wir uns also weiterhin auf den West-Ost-Vergleich beschränken (s. Regionen in Abb. 1 und Ausführungen in SCHWARZ & FLADE 2000). Die Verteilung der Zählstopps auf Lebensraumtypen entspricht nicht der flächenmäßigen Verteilung in Deutschland (Abb. 3). So sind z. B. Äcker bei den PS-Routen unterrepräsentiert, Siedlungen/Grünanlagen und Wälder dagegen überrepräsentiert. Für die hier betrachteten Waldvögel kommen als Lebensraum außer den Wäldern vor allem Siedlungen (inkl. Gärten, Parks, Friedhöfen) in Frage. Da Siedlungen und Wälder etwa in gleichem Maße überrepräsentiert sind (Abb. 3), braucht dieser Umstand in der folgenden Analyse nicht weiter berücksichtigt zu werden. Zur Analyse der kurzfristigen (jahrweisen) Bestandsschwankungen wurde eine Reihe von Vergleichsdaten herangezogen, die im Folgenden beschrieben werden: Für Korrelationen mit Wetterdaten wurden aus Gründen der Praktikabilität die Daten von drei jeweils für die Regionen „Nordwest“, „Südwest“ und „Ost“ repräsentativen Wetterstationen verwendet (Abb. 4): Soltau im mittleren Niedersachsen, im Zentrum der Bundesländer NordrheinWestfalen, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein (F.-U. SCHMIDT briefl.), Berlin-Tempelhof („Ost“) und Stuttgart-Flughafen („Südwest“; J. WAHL briefl., Auswertung von im Internet verfügbaren Daten). Die Wetterdaten von diesen Stationen waren unmittelbar verfügbar; außerdem zeigt sich, dass sich teilweise verfügbare Daten anderer Stationen der jeweiligen Regionen in der hier verwandten Abweichung vom langjährigen Mittel nur minimal unterscheiden. Bei den Stationen Soltau und Berlin-Tempelhof gibt es bei der Abweichung von der mittleren Januartemperatur, Anzahl Frost- und Eistage pro Winter im Gesamtverlauf nur geringe Unterschiede; die Daten von Stuttgart weichen dagegen stärker ab (Abb. 4). Bei den Frühjahrsniederschlägen gibt es naturgemäß wesentlich stärkere lokale Unterschiede. 180 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Monitoring häufiger Vogelarten Lage der Revierkartierungsflächen (Stand Juli 2004) letztes Bearbeitungsjahr 1998 oder früher 1999 oder später Abb. 1: Verteilung der im Rahmen des DDA-Monitoringprogramms häufiger Arten untersuchten und in dieser Arbeit berücksichtigten Revierkartierungs-Probeflächen (sofern Koordinaten bekannt; ca. 10 % fehlen in der Abb.) seit 1989, unterschieden nach dem Jahr der letzten Bearbeitung. – Distribution of territory mapping plots of the German Common Birds Census surveyed since 1989 (about 10% are missing, because co-ordinates are unknown) and referred to in this study; the latest year of survey is indicated. VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 181 Osten – East Westen – West Süden – South Monitoring häufiger Vogelarten 1989–2003 Lage der Punkt-Stopp-Zählrouten (Stand Juli 2004) letztes Bearbeitungsjahr 1998 oder früher 1999 oder später Abb. 2: Verteilung der im Rahmen des DDA-Monitoringprogramms häufiger Arten untersuchten und in dieser Arbeit berücksichtigten Punkt-Stopp-Routen seit 1989 (ca. 10 % fehlen, da Koordinaten nicht bekannt), unterschieden nach dem Jahr der letzten Bearbeitung; außerdem ist die Aufteilung nach Regionen dargestellt. – Distribution of point count routes of the German Common Birds Census surveyed since 1989 (about 10% are missing, because co-ordinates are unknown) and referred to in this study; the last year of survey is indicated; furthermore, the devision into regions(west, east, south) is shown. 182 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Tab. 3: Verteilung der bearbeiteten Revierkartierungsflächen auf die Bundesländer von 1989 bis 2003 anhand der abgegebenen Kartierungsbögen, so weit in die Datenbank eingegeben (Achtung: Dateneingabe für Brandenburg ist erst unvollständig erfolgt!). – Distribution of surveyed territory mapping plots 1989 to 2003 of which the data are included in the data base, according to federal states (notice: data from Brandenburg are still incomplete). Bundesland/Jahr federal state/year 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 Baden-Württemberg 4 3 3 4 4 4 4 4 4 4 4 4 4 3 0 Bayern 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 0 1 1 1 1 Berlin 6 7 6 12 14 14 1 1 2 2 3 3 2 2 2 Brandenburg 4 4 4 1 0 0 24 26 34 38 44 62 41 33 24 Hamburg 2 6 11 11 6 2 2 4 3 4 3 3 3 0 4 Hessen 2 5 3 22 25 25 25 25 26 27 28 10 8 10 3 MecklenburgVorpommern 5 5 6 7 8 7 7 8 36 37 12 11 10 12 Niedersachsen mit Bremen 1 2 4 4 6 4 4 4 6 5 4 3 3 3 3 23 24 20 10 10 11 11 12 10 7 6 6 5 3 3 Rheinland-Pfalz 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Saarland 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Sachsen 2 2 4 6 5 5 7 7 4 5 5 5 1 1 3 Sachsen-Anhalt 3 3 4 5 5 5 5 6 6 4 5 5 4 4 3 Schleswig-Holstein 2 3 3 3 3 2 3 3 4 4 4 4 3 2 2 Thüringen 9 5 16 13 14 14 6 2 5 9 4 10 6 8 4 65 71 86 100 102 95 101 104 116 147 147 128 92 80 64 NordrheinWestfalen Summe – total 10 Bezüglich der Waldbaumfruktifikationen (Abb. 5) wurde uns eine Gesamtauswertung für das mittlere und nördliche Deutschland zur Verfügung gestellt, die aus den Blühprotokollen nach Daten der für Forstwirtschaft zuständigen Ödland, Heiden heathland 0,2 2,2 Gewässer, Moore wetlands 2,5 4,6 Landesämter und -anstalten sowie den Erträgen der forstlichen Saatgutbestände der Bundesländer abgeleitet wurde (J. STEIGLEDER, Landesforstanstalt Brandenburg). Die jährlichen Samenerträge der relevanten Baumarten (Buche Fagus sylvatica, Stiel- und Traubeneiche Quercus robur, Q. petraea, Waldkiefer PiFlächenanteil Deutschland – area share Germany nus sylvestris, Fichte Picea abies, Lärche Larix spec.) wurden jeweils in vier KateAnteil Zählstopps > 75 % – share of gorien eingeteilt, die gemessen an der macounting stopps >75% ximal möglichen Mast (= 100 %) folgende Spannen umfassen: 16,2 14,9 Wiesen, Weiden grassland Vollmast: Halbmast: Sprengmast: Fehlmast: 11,6 Siedlungen, Grünanlagen urban areas 18,0 Äcker arable land 37,9 19,5 29,4 Wald forest 40,8 0 10,0 20,0 30,0 40,0 % Abb. 3: Verteilung der Zählstopps der Punkt-Stopp-Zählungen auf Biotoptypen im Vergleich mit dem jeweiligen Flächenanteil in Deutschland. – Distribution of counting stopps from the point count scheme according to habitat types, in comparison with the area share of these habitat types in Germany. 71–100 % 41–70 % 11–40 % 0–10 %. Für die Gruppierungen nach „Laubbäumen“ und „Nadelbäumen“ wurden die Daten für die jeweiligen Arten arithmetisch gemittelt (d. h. nicht nach Flächenanteil gewichtet). Insgesamt ist auffallend, dass – sicher witterungsbedingt – die Fruktifikationen der Fichte signifikant mit denen der Eichen sowie hochsignifikant mit denen von Buche und Laubbäumen insgesamt korrelieren (Tab. 5). Der negative Einfluss langer und kalter Win- VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 183 kalter Februar! Januar-Temperatur Soltau Berlin Tempelhof Stuttgart °C Abweichung – deviation 5 4 3 2 1 0 –1 –2 –3 –4 –5 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2002 2003 Eistage Anzahl Tage < 0 °C number of days < 0 °C 60 Soltau Berlin Tempelhof Stuttgart 50 40 30 20 10 0 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 Anzahl Tage number of days Schneetage 70 60 50 40 30 20 10 0 Soltau Berlin Tempelhof Stuttgart 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Niederschlag April–Juni mm Abweichung – deviation 150 Soltau Berlin Tempelhof 100 Stuttgart 50 0 –50 –100 –150 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Abb. 4: Winterwetter und Frühjahrsniederschläge im Untersuchungszeitraum an den drei Wetterstationen Soltau (Nordwesten), Berlin-Tempelhof (Osten) und Stuttgart-Flughafen (Südwesten) (Quelle: F.-U. SCHMIDT und J. WAHL, pers. Mitt., Auswertung von im Internet verfügbaren Daten). Von oben nach unten: Mittlere Januartemperatur (Abweichung vom langjährigen Mittel), Eistage pro Winter (24 h < 0 °C), Schneetage Oktober– April, Frühjahrsniederschläge (Abweichung der Summe April–Juni vom langjährigen Mittel). – Winter weather and spring rainfall during the study period at the three weather stations Soltau (north-west), Berlin Tempelhof (east) and Stuttgart airport (south-west). From top to bottom: mean January temperature (deviation from long-term mean), ice days per winter (24 h < 0 °C), number of days with snow cover October–April, spring rainfall (deviation from the long-term mean, total April–June). 184 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Tab. 4: Übersicht über die bei der PS für jede Art gewerteten Zählperioden (Zählperiode/Monatshälfte). 1 – 2/03, 2 – 2/04, 3 – 1/05, 4 – 2/05, 5 – 1/06, 6 – 2/06. – Overview of the counting periods (fortnight/month), on which the TRIM indices for the point counts are based on. 1 – 2/03, 2 – 2/04, 3 – 1/05, 4 – 2/05, 5 – 1/06, 6 – 2/06. Art Zählperiode 1 2 3 4 Art 5 Zählperiode 6 1 Accipiter gentilis Oriolus oriolus Accipiter nisus Parus ater Ae. caudatus Parus caeruleus Anthus trivialis Parus cristatus Buteo buteo Parus major C. brachydactyla Parus montanus Certhia familiaris Parus palustris C. coccothraustes Ph. phoenicurus Columba oenas Phyll. collybita Col. palumbus Phyll. sibilatrix Corvus corax Phyll. trochilus Dendrocopos major Picus canus Dendrocopos medius Picus viridis Dendrocopos minor Prunella modularis Dryocopus martius Pyrrhula pyrrhula Erithacus rubecula Regulus ignicapillus Ficedula hypoleuca Regulus regulus Ficedula parva Sitta europaea Muscicapa striata Sturnus vulgaris Fringilla coelebs Sylvia atricapilla Garrulus glandarius Sylvia borin Hippolais icterina Tr. troglodytes Jynx torquilla Turdus merula Loxia curvirostra Turdus philomelos Lullula arborea Turdus pilaris Lusc. megarhynchos Turdus viscivorus 2 3 4 5 6 Milvus milvus Tab. 5: Signifikante Korrelationen (SPEARMANS Rangkorrelation, zweiseitig) zwischen den Fruktifikationen der wichtigsten Waldbaumarten (Rotbuche, Traubeneiche, Stieleiche, Kiefer, Fichte, Lärche): * p < 0,05; ** p < 0,01. Beachte die engen Korrelationen zwischen Laubbäumen (insbesondere Buche) und Fichte. – Signicifant correlations (SPEARMAN’S rank, 2tailed) between forest tree seed crop of Beech, Sessile and Pedunculate Oak, Scotch Pine, Norway Spruce, larch species: * p < 0,05; ** p < 0,01. Notice the close correlation between deciduous trees (especially Beech) and Norway Spruce. Art – tree species Eichen oaks Laubbäume deciduous trees Buche – beech +0,600* Eichen – oaks +0,958** Laubbäume – deciduous trees Kiefer – pine Fichte – spruce Kiefer pine Fichte spruce Nadelbäume coniferous trees +0,715** +0,608* +0,677** +0,729** VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 185 Buche Fagus sylvatica ter auf die darauf folgende Fruktifikation von % 90 Laubbäumen und Fichte lässt sich auch anhand 80 der hier verwendeten Witterungsdaten gut bele70 gen, wobei die Temperaturen im Hochwinter (Ja60 nuar) keine wesentliche Rolle spielen (Tab. 6). 50 Besonders Eichen, aber auch Buchen, sind hin40 sichtlich ihrer Blühintensität und Fruktifikation 30 empfindlich gegenüber Spätfrösten des voran20 gegangenen Winters und profitieren diesbezüg10 lich von warmen trockenen Sommern (höhere Blühintensität und besserer Fruchtansatz); die 0 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Fruktifikation der Buche korreliert positiv mit Durchschnittstemperatur und SonnenscheindauEichen Quercus robur, Qu. petraea % er der Monate Juni und Juli des Vorjahrs und 90 der Niederschlagssumme im April des Jahres 80 der Blüte (RÖHRIG & GUSSONE 1990 und dort 70 zitierte Quellen). Nach WACHTER (1964) herr60 schen in Jahren vor Buchenmasten gewöhnlich 50 hohe, das langjährige Mittel der Monate Juni 40 und Juli um 1,5 °C übersteigende Durchschnitts30 temperaturen und ausgeprägte Niederschlagsde20 fizite in diesen Monaten oder im Frühjahr. Die 10 Kiefer, deren Zapfen zwei Vegetationsperioden 0 zur Reifung brauchen, folgt in ihrer Fruktifika1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 tionsintensität offenbar anderen Mechanismen (Tab. 5 und 6); hier ergibt sich nur eine signifikant positive Korrelation (allerdings nur für die Kiefer Pinus sylvestris % 90 Wetterdaten von Soltau) mit den Niederschlägen 80 im vorherigen Frühjahr (Tab. 6). Nach RÖHRIG 70 & GUSSONE (1990) wird die Blütenbildung und 60 damit die Fruktifikation der Kiefer stimuliert, 50 wenn im April sowie im Juli und August des 40 30 der Blütenbildung vorangegangenen Jahres (d. 20 h. über 1,5 Jahre vor der Fruchtreife) warmes, 10 sonniges Wetter herrscht. – Bei der Fichte wird 0 die Bildung von Blütenknospen durch warme 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Witterung im Frühsommer des vorangegangenen Jahres angeregt (RÖHRIG & GUSSONE 1990). % Fichte Picea abies Für die Niederschläge in der Sahel-Region 90 wurden im Internet verfügbare Daten (http://www. 80 cdc.noaa.gov/ClimateIndices/ und http://tao. 70 atmos.washington.edu/data_sets/sahel/) heran60 gezogen. Hierbei handelt es sich um die Abwei50 40 chung vom 100-jährigen Mittel (1900–2000, 30 in mm) der Sommerniederschläge der Monate 20 Juni–September (also in der Regenzeit vor 10 Eintreffen der mitteleuropäischen Transsahara0 Zieher im September/Oktober) in der gesamten 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Sahel-Zone. Eine differenziertere, möglichst Abb. 5: Waldbaumfruktifikationen in mittleren und nördlichen Deutschartspezifische Auswertung nach Jahreszeit und land im Untersuchungszeitraum nach den Blühprotokollen und Erträgen Regionen wäre hier zwar wünschenswert, hätte der Saatgutbestände der für Forstwirtschaft zuständigen Landesbehöraber den Rahmen der vorliegenden Auswertung den und -betriebe (Zusammenstellung: Landesforstanstalt Brandenburg, gesprengt. J. STEIGLEDER). – Forest tree seed crop in central and northern Germany Die Unterschiede zwischen den Indexkurin the study period (source: Brandenburg State Agency of Forestry, J. ven verschiedener Teilstichproben (RK- und STEIGLEDER). From top to bottom: beech, oaks, pine, spruce. PS-Daten; Ost-West-Vergleich; Vergleich zwischen Habitattypen-Gruppen usw.) bezüglich wurden mittels der Rangkorrelation nach SPEARMAN sowie Gesamttrend und Kurvenverlauf (Einfluss der entsprechenmit dem MANN-WHITNEY-U-Test geprüft. den Kovariablen) wurde mit TRIM berechnet (s. SCHWARZ Für das Testen der Korrelationen zwischen Bestandsindi& FLADE 2000, PANNEKOEK & VAN STRIEN 1998). Korrezes und Wetterparametern/Waldbaumfruktifikationen wurden lationen zwischen den jährlichen Zu- und Abnahmen der stets die PS-Daten und die RK-Daten (getrennt) herangezoBestandsindizes sowie Witterungs- und Fruktifikationsdaten 186 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Tab. 6: Signifikante Korrelationen (SPEARMANS Rangkorrelation, zweiseitig) zwischen den Fruktifikationen der wichtigsten Waldbaumarten und Wetterdaten der Stationen Soltau, Berlin-Tempelhof und Stuttgart: * p < 0,05; ** p < 0,01. – Significant correlations (SPEARMAN’S rank, 2-tailed) between forest tree seed crop (species see Tab. 5) and weather conditions (data from the weather stations Soltau, Berlin-Tempelhof and Stuttgart): * p < 0,05; ** p < 0,01. Wetterparameter weather parameter Wetterstation weather station Buche beech Eichen oaks Laubbäume deciduous trees Kiefer pine Fichte spruce Nadelbäume coniferous trees Januarmitteltemperatur – mean January temperature alle all – – – – – – Anzahl Tage mit Schneedecke des vorigen Winters – number of days with snow cover of the previous winter Berlin –0,645* –0,553* –0,636* Eistage des vorigen Winters – ice days of the previous winter (24 h < 0°C) Soltau –0,616* Berlin –0,749* –0,690* –0,773* –0,630* Stuttgart –0,571* –0,560* –0,667* –0,613* Gesamt (Mittel) all (mean) –0,743** –0,697** –0,769** –0,618* gesamt (Mittel) all (mean) Regen April–Juni – total rainfall April–June Berlin Vorjahrsregen April–Juni – total rainfall April–June of the previous year Soltau –0,552* gen. Sofern signifikante Unterschiede in den PS-Indexkurven für die Regionen „West“ und „Ost“ oder „> 75 % Wald“ und „< 25 % Wald“ festgestellt wurden (s. Anhang I), wurden diese regionalen oder habitatspezifischen Teilstichproben zusätzlich ebenfalls mit den Wetter- und Fruktifikationsdaten korreliert. 3. Ergebnisse und Teildiskussion 3.1. Übereinstimmung von Revierkartierungsund Punkt-Stopp-Index Da die Stichproben-Verteilung der RK-Flächen und PS-Routen jeweils nach geografischen Regionen, Habitattypen und Bearbeitern völlig verschieden ist, ist die vergleichende Betrachtung der Unterschiede zwischen beiden Indexkurven von besonderem Interesse. Stimmen die Indexkurven überein bzw. lassen sich keine signifikanten Abweichungen in Verlauf und Trend feststellen, kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass das Ergebnis repräsentativ ist. Sobald die Bestandsentwicklung einer Art jedoch regional oder in einzelnen Habitattypen deutlich verschieden ist, müssen sich auch die RK- und PS-Indexkurven mehr oder weniger stark unterscheiden, weil die Stichproben-Verteilung jeweils verschieden ist. In diesen Fällen kann meist durch die Analyse von Teilstichproben geklärt werden, wodurch die Unterschiede zustande kommen (vgl. SCHWARZ & FLADE 2000). –0,626* +0,564* +0,621* Von den 52 hier untersuchten Arten lagen für 38 Arten genügend Daten vor, dass für den Zeitraum ab 1989 oder 1991 sowohl ein PS- als auch ein RK-Index ermittelt werden konnte. Bei 28 Arten (74 %) ergibt sich keine signifikante Abweichung (s. Anhang I, Beispiele: Abb. 6), bei 10 Arten (26 %) waren signifikante Unterschiede entweder im Kurvenverlauf oder im Gesamttrend festzustellen (s. Anhang I, Beispiele: Abb. 7), die bei der Analyse von Teilstichproben oft aufgeklärt werden konnten (s. unten: z. B. Ost-West- und Waldaußerhalb-Unterschiede bei Zaunkönig Troglodytes troglodytes und Rotkehlchen Erithacus rubecula). Es gibt keine einzige Art mit signifikant gegenläufigen Trends (PS-Index signifikante Zunahme und RK-Index signifikante Abnahme, oder umgekehrt) und damit keine tatsächlich widersprüchlichen Ergebnisse. Bei einzelnen Arten deutet sich an, dass der RK-Index gegenüber dem PS-Index deutlich aussagekräftiger und besonders in den jahrweisen Schwankungen besser interpretierbar ist (z. B. Buntspecht Dendrocopos major, Trauerschnäpper Ficedula hypoleuca und Kleiber, s. Kap. 3.2 und 3.4), obwohl ihm weitaus geringeres Datenmaterial zugrunde liegt. In diesem Zusammenhang ist das Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus interessant, dessen RK- und PS-Index besonders stark voneinander abweichen (Abb. 7). Zu dieser Art gibt es generell nur sehr wenige Langzeitstudien zur VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 3.2. Einfluss harter Winter Insgesamt waren die meisten Winter des Untersuchungszeitraumes überdurchschnittlich mild (gemessen am 50-jährigen Mittel), was auch als Zeichen der globalen Klimaerwärmung interpretiert werden kann. Jedoch stechen einige kältere Winter heraus (Abb. 4, durch Kästen markiert): Besonders kalt und schneereich war der „Jahrhundertwinter“ 1995/96 und, in geringerem Maße, der folgende Winter 1996/97. Der Winter 1990/91 zeichnete sich außerdem durch einen ungewöhnlich kalten Februar aus Ringeltaube Columba palumbus Index % 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Heckenbraunelle Prunella vulgaris % 110 100 Index 90 80 70 60 50 40 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 % Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla 160 140 Index 120 100 80 60 40 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 140 Zilpzalp Phylloscopus collybita % 130 120 110 Index Bestandsentwicklung, aus dem Untersuchungszeitraum und -gebiet nur die Studie von GEORGE (2002) aus dem Harz. Der RK-Index entspricht sehr genau dem von GEORGE (2002) für den Zeitraum 1993 bis 2002 ermittelten Bestandsverlauf mit fast linearer Zunahme 1993 bis 2001 und abruptem Rückgang 2002; im PS-Index ist dieses Muster nicht erkennbar. Bei der Gesamtbetrachtung entsteht insgesamt der Eindruck, dass bei Arten, deren Bestandsentwicklung sehr großräumig von den Witterungsbedingungen oder Ereignissen in den Durchzugs- und Überwinterungsgebieten gesteuert wird, PSund RK-Indexkurven sehr gut übereinstimmen (z. B. Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla, Fitis Phylloscopus trochilus, im Gesamtverlauf auch Zaunkönig), während bei Arten mit lokal oder regional sehr unterschiedlichen Entwicklungen (z. B. Waldlaubsänger Phylloscopus sibilatrix) die Abweichungen zwischen beiden Indexkurven teilweise stark sind. Außerdem ergeben sich natürlich um so stärkere Abweichungen und gleichzeitig um so größere Standardfehler, je seltener bzw. schwieriger erfassbar die Arten sind; zu den diesbezüglich problematischsten Arten dieser Auswertung gehören die vier berücksichtigten Greifvogelarten (Rotmilan Milvus milvus, Mäusebussard Buteo buteo, Habicht Accipiter gentilis und Sperber Accipiter nisus) sowie Mittelspecht Dendrocopus medius, Heidelerche Lullula arborea und Zwergschnäpper Ficedula parva. 187 100 90 80 70 60 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 PS RK Abb. 6: Beispiele von Arten (TRIM-Indexkurven), für die die Ergebnisse der Programmteile „Revierkartierung“ (RK) und „Punkt-Stopp-Zählung“ (PS) gut übereinstimmen: Ringeltaube Columba palumbus, Heckenbraunelle Prunella modularis, Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla und Zilpzalp Phylloscopus collybita. – Examples of species (TRIM index curves) with good accordance of results from the territory mapping (RK) and point count (PS) schemes: Wood Pigeon, Dunnock, Blackcap, and Chiffchaff. 188 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 % Zaunkönig Troglodytes troglodytes 180 160 Index 140 120 100 80 60 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 40 Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus 20 03 20 01 20 02 20 00 19 98 19 99 19 97 Rotkehlchen Erithacus rubecula 140 130 120 110 100 90 80 70 60 50 40 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 Index % 19 96 19 95 19 94 19 92 19 93 19 91 Index % 280 260 240 220 200 180 160 140 120 100 80 60 40 160 Singdrossel Turdus philomelos % 150 140 Index 130 120 110 100 90 80 70 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 60 PS RK Abb. 7: Beispiele von Arten, bei denen die Indexkurven der Programmteile „Revierkartierung“ (RK) und „Punkt-Stopp-Zählung“ (PS) einen signifikant verschiedenen Bestandstrend anzeigen: Zaunkönig Troglodytes troglodytes, Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus, Rotkehlchen Erithacus rubecula und Singdrossel Turdus philomelos. – Example of species showing significant differences in the overall trend from the territory mapping (RK) and point count (PS) schemes: Wren, Firecrest, Robin, and Song Thrush. (mehr als 2 °C unter dem langjährigen Mittel; in Abb. 3 nicht zu erkennen). Der Winter 2002/2003 muss schließlich im Vergleich mit den letzten 50 Jahren als „durchschnittlich“ gewertet werden; im Untersuchungszeitraum war es aber immerhin der drittkälteste und -schneereichste Winter und verdient deshalb Beachtung. Bei der Gesamtbetrachtung aller gefundenen signifikanten Korrelationen zwischen Winterwetter und Bestandsänderungen der Waldvögel (Anhang II) fällt auf, dass das Wetter im Hochwinter (charakterisiert durch die mittlere Januartemperatur) relativ schwachen Einfluss hat (maximal 8 Korrelationen von 8 Arten mit den Daten der Wetterstation Soltau). Demgegenüber haben die Anzahl der Eistage sowie die Zahl der Tage mit Schneedecke („Schneetage“) viel stärkeren Einfluss (maximal 24 bzw. 32 Korrelationen mit 16 Arten); diese Parameter dürften gleichzeitig die Dauer des Winters bzw. die Ausdehnung des Spätwinters repräsentieren. Insgesamt sehr wenige Korrelationen ergeben sich mit den Daten der Wetterstation Stuttgart-Flughafen. Dies ist nachvollziehbar, repräsentieren sie doch die Witterungssituation im Südwesten bzw. den südlichen Mittelgebirgen Deutschlands – also einer Region, aus der nur relativ wenige Monitoringdaten in diese Auswertung eingeflossen sind. Insgesamt mit Abstand die meisten Korrelationen ergeben sich mit den Daten der Wetterstation BerlinTempelhof (Eistage: 24 Datensätze von 12 Arten; Schneetage: 32 Datensätze von 16 Arten), wobei sich die Wetterdaten von Soltau und Berlin hinsichtlich der jährlichen Abweichungen vom langjährigen Mittel ohnehin relativ stark ähneln (Abb. 4). Bei nicht samenfressenden Jahresvögeln, Teilziehern und evtl. auch Kurzstreckerziehern (Anhang II, Block A) ist zunächst zu erwarten, dass ihre kurzfristigen Bestandsschwankungen maßgeblich von der Härte und Länge des Winters mitbestimmt werden. Hinreichend bekannt und dokumentiert ist dies beim Zaunkönig (z. B. DEPPE 1990; SCHWARZ & FLADE 2000), der sich insofern gut als „Testart“ eignet. Der Zaunkönig zeigt in der Tat von allen Arten die meisten Korrelationen mit WinterwetterParametern (Anhang II) und die erwarteten Bestandseinbrüche nach härteren Wintern, auch in 2003 (Abb. 8). Dabei sind interessanterweise, wie auch beim Rotkehlchen, die Waldpopulationen wesentlich stärker betroffen als die Nicht-Wald-Populationen, also hauptsächlich die Bestände der Siedlungen, Gärten und Grünanlagen (Abb. 8). Beim Rotkehlchen VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 189 Anzahl Tage < 0 °C number of days < 0 °C Index Index % ergeben sich signifikante Korrelationen 160 Zaunkönig Troglodytes troglodytes sogar ausschließlich mit den Waldpopu140 lationen (Januar-Mittel, Anhang II); in diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, 120 dass nach GRAJETZKY (2000) die Teilpo100 pulationen Zieher und Standvögel deutlich 80 getrennt sind und sogar unterschiedliche Brutstrategien haben. 60 Insgesamt kann für 12 Jahresvögel, 40 Teil- und Kurzstreckenzieher ein negati1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 ver Einfluss kalter und/oder langer Win> 75 % Wald < 25 % Wald > 75% forest ter nachgewiesen werden (Anhang II, < 25% forest Block A). Kalte Hochwinter wirken sich % negativ bzw. milde Hochwinter positiv Rotkehlchen Erithacus rubecula 140 auf die Bestände von Grünspecht Picus 120 viridis, Zaunkönig (Abb. 9), Heckenbrau100 nelle Prunella modularis, Rotkehlchen, 80 Waldbaumläufer Certhia familiaris, Star Sturnus vulgaris und interessanterweise 60 auch Heidelerche (indirekter Zusammen40 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 hang?) aus, wobei sich diese Korrelationen > 75 % Wald < 25 % Wald bei Zaunkönig, Waldbaumläufer und Star > 75% forest < 25% forest nur auf die Daten der Wetterstation Soltau beziehen. 60,0 Unter anhaltenden (besonders wohl Soltau 50,0 auch späten) Dauerfrost- und SchneepeBerlin Tempelhof 40,0 Stuttgart rioden leiden außer dem Zaunkönig auch kalter Februar! 30,0 Zilpzalp, Mönchsgrasmücke, Amsel, 20,0 Sing- und Misteldrossel Turdus viscivorus, 10,0 wobei Kurzstreckenzieher wie Zilpzalp, 0,0 Mönchsgrasmücke und Misteldrossel 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 auf verschiedene Weise betroffen sein können: Zum einen sind in Deutschland Abb. 8: Einfluss des Winterwetters auf Jahresvögel/Teilzieher: Beispiele „harte“ Winter oft auch in Süd- und Süd- Zaunkönig Troglodytes troglodytes und Rotkehlchen Erithacus rubecula; westeuropa relativ kalt (z. B. 1995/96 und die vier relativ kalten oder schneereichen Winter sind durch Kästen 1996/97) und treffen die Arten dann auch markiert (siehe Text). – Impact of the winter weather on resident and im Winterquartier; zum anderen können partly migratory birds: examples of Wren and Robin; the four relatively frühe Heimkehrer von langen bzw. späten cold or snow-rich winters are marked with boxes. Winterperioden im Brutgebiet „erwischt“ werden (z. B. die sehr früh brütende Misteldrossel, gative Auswirkungen harter Winter auf Nahrungstiere vgl. negative Korrelation mit Schneetagen in Abb. 10). des Waldlaubsängers möglich. Zum anderen ist auch Zum Dritten können sich harte und lange Winter mög- vorstellbar, dass sich lange und kalte Winter verzögernd licherweise negativ oder zumindest verzögernd auf die auf die Entwicklung der Waldbodenvegetation auswirEntwicklung von Vegetation und Nahrungstieren aus- ken und die Waldlaubsänger deshalb bei Ankunft noch wirken. – Hohe Verluste durch Kältewinter und späte keine geeigneten Nisthabitate vorfinden. Erstaunlich sind die sehr zahlreichen und eindeuSchneelagen sind nach BAUER & BERTHOLD (1996) und den dort zitierten Quellen für Rotkehlchen, Sing- tigen positiven Korrelationen zwischen Winterhärte drossel Turdus philomelos und Misteldrossel („späte und den Bestandsänderungen von nicht weniger als 11 Jahresvögeln/Teilziehern. Es handelt sich hier um Schneeeinbrüche“) belegt. Rätsel gibt die eindeutig negative Korrelation zwi- im Winter (auch) samenfressende (Meisen, Finken) schen dem Transsahara-Zieher Waldlaubsänger und und/oder holzbewohnende Arten im engeren Sinne der Anzahl an Eis- und Schneetagen des vorherigen (Buntspecht, Kleiber, Gartenbaumläufer Certhia braWinters auf (Anhang II, Block B). Sicher sind es keine chydactyla). Der Buntspecht als Samenfresser und Schein- oder Zufallskorrelationen, denn dazu sind es Holzbewohner zeigt die meisten signifikanten Korrezu viele korrelierende Datensätze und zu enge, in drei lationen. Diese massiven, eindeutig nicht zufälligen Fällen hochsignifikante Zusammenhänge. Also müssen Korrelationen sind schwer auf Anhieb zu interpretieren. die Ursachen indirekter Natur sein. Zum einen sind ne- Am wahrscheinlichsten ist ein Zusammenhang über 190 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Zaunkönig und Januartemperatur 20 10 0 –10 –20 –30 –40 –4 –2 0 2 4 6 Abweichung Januartemperatur vom langjährigen Mittel (Station Soltau) January temperature deviation from mean (Soltau) jährliche Bestandsänderung (RK) annual population changes (territory mapping index) 40 30 20 10 0 –10 –20 –30 –40 10 20 30 40 30 20 10 0 –10 –20 –30 –40 0 10 20 30 40 Anzahl Schneetage pro Winter (Soltau) number of days with snow cover (previous winter) Abb. 10: Korrelation zwischen den jährlichen Bestandsänderungen der Misteldrossel Turdus viscivorus (hier: RKIndex) und der Anzahl an Tagen mit Schneedecke des vorangegangenen Winters (Station Soltau; SPEARMANS Rangkorrelation, zweiseitig, p < 0,01). – Correlation between annual population changes of Mistle Thrush (territory mapping index, y-axis) and the number of days with snow cover in the previous winter (Soltau, x-axis; SPEARMAN’S rank correlation, 2-tailed, p < 0.01). Zaunkönig und Anzahl Eistage 0 Misteldrossel und Schneetage 50 30 jährliche Bestandsänderung (RK) annual population changes (territory mapping index) jährliche Bestandsänderung (RK) annual population changes (territory mapping index) 40 40 50 Anzahl Eistage pro Winter number of ice days (prevíous winter) Abb. 9: Korrelationen (SPEARMANS Rangkorrelation, zweiseitig) zwischen den jährlichen Bestandsänderungen des Zaunkönigs Troglodytes troglodytes (RK-Index) und a) den Januar-Mitteltemperaturen (Station Soltau, p = 0,05) sowie der Anzahl an Eistagen (Mittelwert aller Stationen, p < 0,01) des vorangegangenen Winters. – Correlations (SPEARMAN’S rank, 2-tailed) between annual population changes in the Wren (territory mapping index, y-axis) and a) mean January temperature (Soltau, p = 0.05) and b) number of ice days (mean of all weather stations, p < 0.01) of the previous winter. das Nahrungsangebot im Winter oder Frühjahr, also z. B. die Förderung bestimmter Nahrungstiere, oder die Hemmung von Konkurrenten und potenziellen Prädatoren (z. B. Kleinsäuger, Raubsäuger) oder Parasiten durch kalte Winter. Dieser Befund widerspricht zunächst – scheinbar – den Angaben in BAUER & BERTHOLD (1996) und zahlreichen anderen Quellen (z. B. Artbearbeitungen Meisen in ZANG & HECKENROTH 1998), wonach „Extremwinter“ oder „Kältewinter“ bei Buntspecht, Kleiber, Sumpf-, Weiden-, Hauben-, Blau- und Kohlmeise starke Verluste und Bestandseinbrüche verursachen; dabei berufen sich BAUER & BERTHOLD (1996) teilweise maßgeblich auf die Artbearbeitungen in GLUTZ & BAUER (1980, 1993). Für Buntspecht, Sumpf-, Weidenund Haubenmeise verwerfen GLUTZ & BAUER (1980, 1993) den wesentlichen Einfluss von Kältewintern jedoch explizit und verweisen bei den übrigen Arten auf den entscheidenden Einfluss des Nahrungsangebots im Herbst und Winter (z. B. Blaumeise Parus caeruleus: „hohe Wintermortalität mit z. T. enormen Bestandseinbrüchen in Abhängigkeit von Nahrungsangebot und Witterung“, HUDDE in GLUTZ & BAUER 1993; Bestandseinbrüche nach harten Wintern ohne Angaben zum Samenangebot beschreiben dagegen z. B. WINKEL & FRANTZEN 1991 und WINKEL & ZANG 1998; – Kohlmeise Parus major: „Entscheidend dürfte bei Kälte allerdings das Nahrungsangebot sein.“ SCHMIDT & ZUB in GLUTZ & BAUER 1993; – Kleiber: „Für die kurzfristigen Schwankungen ist das Nahrungsangebot und nicht die Härte des Winters verantwortlich“, WESOŁOWSKI & STAWARCZYK 1991). Für den Untersuchungszeitraum 1989–2003 und das mittlere und nördliche Deutschland kann dies voll bestätigt werden, wobei zumindest zwei extrem kalte Winter in diesen Zeitraum fallen. Offensichtlich haben Kältewinter dann keine erheblichen Auswirkungen, wenn das Angebot an Samennahrung, insbesondere auch von Waldbäumen, ausreichend gut ist (s. Kap. 3.4.). Die Fruktifikationen von Laubbäumen und evtl. Fichte werden zwar durch vorherige kalte und lange Winter gehemmt; dies wirkt sich aber erst im darauf folgenden Herbst/Winter in Form von Fehlmasten aus. Demnach müssten die im Winter samenfressenden Vogelarten zumindest durch zwei aufeinanderfolgende harte Winter negativ betroffen sein. Eine solche Si- VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) tuation lag im Untersuchungszeitraum in den Jahren 1995–97 vor (Abb. 4). Bei Buntspecht, Kleiber, Kohlund Blaumeise war nach Vollmasten von Buche und Eichen sowie Halbmasten von Fichte und Kiefer im Herbst 1995 und nachfolgendem Kältewinter zunächst ein starker Bestandsanstieg, dann nach witterungsbedingten Fehlmasten von Buchen und Eichen sowie Sprengmasten von Fichte und Kiefer im Herbst 1996 ein deutlicher, wenn auch weniger starker Bestandsrückgang 1997 zu verzeichnen (für Buntspecht und Kleiber siehe Abb. 11). Gartenbaumläufer, Sumpf-, Weiden- und Haubenmeise Parus palustris, P. montanus, P. cristatus haben jedoch nach kräftiger Zunahme 1996 auch 1997 nicht erkennbar abgenommen. Auf diese vier Arten wirkten sich also selbst zwei aufeinander folgende Kältewinter nicht erkennbar negativ aus. Fazit: Bei Buntspecht, Kleiber, Gartenbaumläufer und Meisen kann bestätigt werden, dass Kältewinter allein keinen negativen Einfluss auf die Bestandsentwicklung haben; vielmehr werden die jährlichen Bestandsänderungen wesentlich von den Waldbaumfruktifikationen bestimmt (Kap. 3.4); erst im Zusammentreffen mit Fehlmasten führen Kältewinter zu – im Untersuchungszeitraum mäßigen – Bestandsrückgängen dieser Arten. Unbenommen dieser generellen Befunde kann lokal oder regional der Einfluss von harten Wintern wesentlich stärker sein, insbesondere in den höheren Lagen der Mittelgebirge (z. B. Kleiber: ZANG 1988). Schwer interpretierbar sind die eindeutigen und zahlreichen positiven Korrelationen bei vier Langstreckenziehern (Wendehals Jynx torquilla, Gartengrasmücke Sylvia borin, Fitis, Trauerschnäpper) mit kalten und vor allem schneereichen Wintern (Anhang II, Block D). Am ehesten dürfte die Ursache in der Entwicklung des Nahrungsangebots (Förderung bestimmter Nahrungstiere durch z. B. lange Schneelagen) liegen. Denkbar wäre auch eine Hemmung von Parasiten oder möglichen Konkurrenten und Prädatoren; dies müsste für die Vögel jedoch nach Rückkehr aus den afrikanischen Winterquartieren sofort erkennbar sein und ggf. zu einem Weiterziehen führen (wie dies für den Waldlaubsänger und hohe Kleinsäugerdichten wahrscheinlich ist – s. WESOŁOWSKI & TOMIAŁOJĆ 1997; JEDRZEJEWSKA & JEDRZEJEWSKI 1998; Synopse in GATTER 2000). 3.3 Einfluss von Frühjahrsniederschlägen Im Vergleich zu den Winterwetter-Parametern sind die Korrelationen zwischen Bestandsänderungen der Brutvögel und Frühjahrsniederschlägen vergleichsweise schwach und teilweise wohl als Scheinkorrelationen einzuordnen (Anhang III). Ein verregnetes Frühjahr, insbesondere Dauer- und Starkregen, könnte sowohl zu vermindertem Bruterfolg und dadurch Bestandsrückgang im nächsten Jahr als auch zu einer Veränderung der Aktivität und damit Wahrnehmbarkeit der Arten 191 führen. Umgekehrt kann ein trockenes und warmes Frühjahr sich z. B. über stärkere Vermehrung von Nahrungstieren und geringere Brutverluste positiv auf Bruterfolg und Bestandsveränderung im nächsten Jahr auswirken. Allerdings war der Untersuchungszeitraum insgesamt durch viele trockene und warme Frühjahre gekennzeichnet (Abb. 4). Es gab kein einziges Jahr, in dem an allen drei ausgewerteten Wetterstationen überdurchschnittlich viele Niederschläge fielen. Am stärksten fallen noch die feuchten Jahre 1990 und 1995 in Berlin aus dem Rahmen (Abb. 4). Das Frühjahr 1998 war zudem in Soltau und das Frühjahr 2002 in Stuttgart überdurchschnittlich feucht. Dennoch ist es wohl kein Zufall, dass 10 von 11 signifikanten Korrelationen (9 von 10 Arten) zwischen Bestandsänderungen und den Niederschlägen des aktuellen Jahres negativ ausfallen (Anhang III). Diese negativen Korrelationen beziehen sich allerdings auf die Daten der Wetterstationen Soltau und Stuttgart und keine einzige auf Berlin mit den beiden verregneten Frühjahren (s. oben). Der Zusammenhang könnte darin bestehen, dass trocken-warme Frühjahre die Gesangsaktivität, den Bruterfolg und z. T. die Anzahl an Jahresbruten erhöhen und damit auch die Registrierbarkeit im Rahmen des Monitorings. So ist z. B. beim Rotkehlchen bekannt, dass trocken-warme Sommer zu mehr Schachtel- und Drittbruten führen (PÄTZOLD 1979) und Regen während der Brutzeit bei der Tannenmeise das Gegenteil bewirkt und die Nestlingssterblichkeit erhöht (BAUER & BERTHOLD 1996). Unterschiedlich sind die Korrelationen der Bestandsänderungen mit den Vorjahresniederschlägen (Anhang III). Sehr wahrscheinlich kein Zufall sind die negativen Korrelationen der Bestandsänderungen des Rotkehlchens mit den Frühjahrsniederschlägen in Berlin; die oben zitierte Aussage von PÄTZOLD (1979) bestätigt sich hier. Auf ähnlichen Mechanismen könnten auch die ebenfalls negativen Korrelationen von Zaunkönig, Haubenmeise, Gartenbaumläufer, Star und Gimpel Pyrrhula pyrrhula beruhen, jedoch sind diese im Gegensatz zum Rotkehlchen immer nur für einzelne Stichproben und Wetterstationen signifikant. Die z. T. recht engen positiven Korrelationen von Zilpzalp, Pirol Oriolus oriolus, Sommergoldhähnchen, Trauerschnäpper, Singdrossel und Haubenmeise mit den Vorjahresniederschlägen könnten, so sie nicht auf Zufall beruhen, auf einen besseren Bruterfolg dieser Arten in feuchten (aber nicht verregneten) gegenüber zu trockenen Frühjahren hinweisen. 3.4. Einfluss der Waldbaum-Fruktifikationen Die Bestandsentwicklung der Waldvögel wurde gegen die Entwicklung der Masten von Buche, Eichen, Kiefer, Fichte und Lärche getestet (Abb. 5, Anhang IV). Wie in Abb. 11 am Beispiel von Buntspecht und Kleiber dargestellt, gehen Vollmasten der relevanten 192 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 dem RK- und/oder nach dem PS-Index nachgewiesen werden (Anhang IV, Abb. 12–15): Ringeltaube, Buntspecht, Sumpfmeise, Weidenmeise, Kohlmeise, Blaumeise, Kleiber, Buchfink Fringilla coelebs, Kernbeißer Coccothraustes coccothraustes und Gimpel. Evtl. besteht auch bei der Hohltaube Columba oenas ein entsprechender Zusammenhang (Abb. 14). Die meisten direkt interpretierbaren signifi% Buntspecht Dendrocopos major kanten Korrelationen beziehen sich auf Buche 140 (14 signifikante Korrelationen für 7 Arten) und 120 Eichen (11 Korrelationen bei 4 Arten; Anhang 100 IV). Wenige signifikante Korrelationen mit der 80 Koniferenmast ergaben sich insbesondere beim Buntspecht (Abb. 11) sowie auch bei Ringeltau60 be, Kleiber, Gimpel, Sumpf- und Weidenmei40 se, wobei bei der Ringeltaube zumindest die negative Korrelation mit der Fichtenmast eine RK PS Zufalls-(Schein-)Korrelation sein dürfte. Auf die Zusammenhänge zwischen Waldmast Nadelbäume – coniferous trees % 80 und Dynamik von Waldvogelpopulationen hat 60 GATTER (1998, 2000) ausführlich hingewiesen 40 und die direkten und indirekten Auswirkungen 20 auf die Vogelbestände diskutiert. Die direkten 0 Auswirkungen können darin bestehen, dass bei Vollmasten die Überlebensrate der entsprechenden Jahresvögel im Herbst und Winter erhöht % Buche – beech ist, bei Fehlmasten hingegen die Winterverlus100 te der bei kalten Wintern zunehmend von den 80 Baumsamen abhängigen Arten wesentlich höher 60 sind. Dies wirkt sich auf Bestandsdichte, Zu40 und Abwanderung in der folgenden Brutsaison 20 aus. ZANG (2003b) hat dies eindrucksvoll am 0 Beispiel des Kleibers und der Buchenmast im Harz über 22 Jahre dokumentiert, wobei für % Kleiber Sitta europaea eine bestimmte Periode eine klare Abhängigkeit, 180 zeitweise aber auch kein Zusammenhang nach160 weisbar war. Interessanterweise waren aber nach 140 Buchen-Vollmasten zwar die Siedlungsdichten 120 wesentlich höher, Gelegegröße und Anzahl 100 flügger Jungvögel pro Brutpaar aber niedriger 80 als nach Fehlmasten; die Anzahl flügger Junge 60 pro 10 ha nach Vollmasten war nur im Zeitraum 40 1993–2003 signifikant höher. Insgesamt kommt ZANG (2003b) zu dem Schluss, dass sich der PS RK durch den Klimawandel bedingte heftige Wechsel zwischen Voll- und Fehlmasten im Zeitraum Abb. 11: Zusammenhang zwischen jährlichen Bestandsschwan1993–2003 bei den populationsbiologischen Pakungen von (im Winter) samenfressenden Waldvögeln und den Waldbaumfruktifikationen in Deutschland am Beispiel von Buntrametern der Kleiberpopulation des Harzes eher specht Dendrocopos major (oben) und Kleiber Sitta europaea negativ auf die Bestandsentwicklung auswirken (unten). Vollmast-Jahre der relevanten Baumarten führen zu dürfte. Bestandszunahmen (durchgezogene Pfeile), Fehlmasten zu AbFür Ringeltaube, Buntspecht und Kleiber ist nahmen (gestrichelte Pfeile) im jeweils folgenden Jahr. – Correladie Aufnahme von Bucheckern und Eicheln als tions between annual population changes of forest birds which zeitweilige Hauptnahrung bekannt (GLUTZ & are feeding on tree seeds in winter and forest tree seed crop BAUER 1980, 1993). Die Meisenarten machen in Germany, exemplified by Great Spotted Woodpecker (above) and Nuthatch (below). Full-crop years cause increases (continudagegen nur fakultativ bei großem Angebot oder ous arrows), poor-crop years decreases (hatched arrows) in the in Notzeiten von dieser Nahrungsquelle in gröfollowing year. ßerem Umfang Gebrauch. Kohl- und Blaumeise 20 03 20 01 19 99 19 97 19 95 19 93 19 91 20 03 20 01 19 99 19 97 19 95 19 93 19 91 19 89 Index 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 19 89 Index Baumarten bei im Winter zumindest fakultativ baumsamenfressenden Jahresvögeln meist mit Bestandszunahmen, Fehlmasten mit Bestandsabnahmen im folgenden Jahr einher. Insgesamt konnten für 10 Arten signifikante positive Zusammenhänge zwischen Baummasten und jährlichen Zu- und Abnahmen entweder nach 193 Jährl. Änderung der Kleiberpopulation yearly Nuthatch population changes % 30 Kleiber und Buchenmast 20 10 0 –10 Fehlpoor Sprengscarce Halbhalf Vollmast full beech crop Abb. 12: Einfluss der Waldbaumfruktifikation des Vorjahrs, Beispiel Kleiber Sitta europaea: Jährliche Änderungen des Punkt-Stopp-Indexes (mit einfachem Standardfehler) bezogen auf die Buchenmast (MANN-WHITNEY-U-Test: p < 0,05). – Effects of forest tree seed crop of the previous year on birds, example of Nuthatch: Annual changes of the point count index according to beech crop (MANN-WHITNEY U-test: p < 0.05). 20 60 20 0 –20 –10 Fehlpoor Sprengscarce Halbhalf 20 40 60 80 100 Mittl. Fruktifikation von Eichen u. Buche (85 % = Vollmast) Mean deciduous tree crop (85 % = full crop) Abb. 14: Einfluss der Waldbaumfruktifikation des Vorjahre, Beispiel Hohltaube Columba oenas: Jährliche Änderungen des Punkt-Stopp-Indexes bezogen auf die Buchen- und Eichenmast (klare Tendenz, jedoch nicht signifikant). – Effects of forest tree seed crop of the previous year on birds, example of Stock Dove: Annual changes of the point count index according to beech crop (not significant, but clear tendency). bei der Kohlmeise und bilden somit diese Präferenzen präzise ab (Anhang IV)! – Nach MARCHANT et al. (1990) kontrolliert bei der Kohlmeise zwar generell das Nahrungsangebot den Bestand im Herbst und Winter und bestimmt, wie viele Vögel bis zur nächsten Brutsaison überleben. Jedoch bevorzugt die Kohlmeise auch im Winter animalische Nahrung und weicht nur im Notfall auf Sämereien aus. Ist das Samenangebot gering, kann bereits ein kurzer Kälteeinbruch zu einer Bestandsreduktion um 80 % führen, andererseits kann % 0 % –40 % 10 Hohltaube und Buchen-/Eichenmast 40 30 Buchfink und Buchenmast % 0 jährliche Populationsänderungen yearly population changes Jährl. Änderung der Buchfinkenpopulation yearly Chaffinch population changes nutzen Buchenmasten intensiv (in strengen Wintern wichtigste Nahrungsgrundlage), wobei die Blaumeise außer Bucheckern deutlich weniger „Partikel von Eicheln u. a. Baumsamen“ zu sich nimmt (HUDDE in GLUTZ & BAUER 1993). Die Kohlmeise vermag dagegen „unter bestimmten Bedingungen auch Hasel- und Walnüsse zu öffnen“, und nach englischen Untersuchungen nutzt die Art dort Eicheln, Edelkastanien und Bucheckern mit Schwerpunkt auf der jeweils am reichsten fruchtenden Art (BETTS 1953 nach GLUTZ & BAUER 1993). Entsprechend sind nach den Daten des DDA-Monitorprogramms die Korrelationen der Bestandsänderungen der Blaumeise mit der Buchenmast stärker und mit der Eichenmast schwächer als Jährl. Änderung der Hohltaubenpopulation yearly Stock Dove population changes VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) Kohlmeise Parus major Blaumeise Parus caeruleus Ringeltaube Columba palumbus Buntspecht Picoides major 20 10 0 –10 –20 % –30 Vollmast full beech crop Abb. 13: Einfluss der Waldbaumfruktifikation des Vorjahrs, Beispiel Buchfink Fringilla coelebs: Jährliche Änderungen des Punkt-Stopp-Indexes (mit einfachem Standardfehler) bezogen auf die Buchenmast (MANN-WHITNEY-U-Test: 0,05 < p < 0,1). – Effects of forest tree seed crop of the previous year on birds, example of Chaffinch: Annual changes of the point count index according to beech crop (MANN-WHITNEY U-test: 0.05 < p < 0.1). 0 20 40 60 80 100 Mittl. Fruktifikation von Eichen u. Buche (85 % = Vollmast) Mean decidous tree crop (85 % = full crop) Abb. 15: Einfluss der Waldbaumfruktifikation des Vorjahrs: Vier Arten mit signifikanten Korrelationen zwischen den jährlichen Änderungen des Punkt-Stopp-Indexes und der Intensität der Buchen- und Eichenmast. – Effects of forest tree seed crop of the previous year on birds: four more species with significant positive correlations between annual population changes and beech crop. 194 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Trauerschnäpper (RK-Index) Pied Flycatcher (territory mapping index) enge Korrelation mit der Nadelbaummast (Anhang IV) eher einen indirekten Zusammenhang widerspiegeln. 60 Es ist z. B. wahrscheinlich, dass Jahre mit intensiven Waldbaumfruktifikationen auch für andere samentra40 gende Pflanzen günstig sind. 20 Eine kleine Gruppe von Arten (Trauerschnäpper, 0 Misteldrossel und die beiden Goldhähnchen) zeigt negative Korrelationen mit Waldbaumfruktifikationen –20 (Anhang IV, Block B). Für die Goldhähnchenarten und –40 die Misteldrossel bietet sich hierfür zunächst keine ein–60 fache Erklärung an. Indirekte und schwerer nachweisbare negative Auswirkungen von intensiven Waldbaum–80 % –10 10 0 –20 20 fruktifikationen können darin liegen, dass in Mastjahren Meisen/Kleiber (Mittelwert PS-Index) samenfressende Kleinsäuger wie Mäuse, Bilche und Tits/Nuthatch (mean point count index) Eichhörnchen begünstigt werden können, und zwar wegen der schnellen Generationsfolge oft noch im selben Abb. 16: Jahrweise Bestandsänderungen des Trauerschnäppers (RK-Index) einerseits sowie von Kleiber, Kohl-, Jahr; „die Nager stehen nicht nur in Konkurrenz um Blau- und Sumpfmeise (Mittelwert der Zu-/Abnahme des Nahrung zu den Vögeln, sondern konkurrieren auch PS-Index) andererseits; die negative Korrelation ist signifium denselben Brutraum und treten vermehrt als Fresskant (s. Tab. 7). – Annual changes in the territory mapping feinde auf“ (GATTER 2000). Die Goldhähnchenarten index of Pied Flycatcher versus the mean changes of point stehen zudem in Nahrungskonkurrenz zu den kleinen count indices of Nuthatch, Great, Blue and Marsh Tits; the Meisenarten (Tannen-, Hauben- und Weidenmeise), was negative correlation is significant (see Table 7). dazu führen könnte, dass sie in Jahren, in denen die die Sterblichkeit in Wintern mit langandauernder Kälte Meisen von vorherigen Baummasten profitieren, vergering bleiben (VAN BALEN 1980; SCHMIDT & ZUB in drängt werden (GATTER 2000 mit Bezugnahme auf experimentelle Untersuchungen von ALATALO et al. 1985, GLUTZ & BAUER 1993). Für die Sumpfmeise sind Sämereien wichtiger als für 1987). Anhand unseres Datenmaterials lässt sich dies alle anderen Meisenarten; „Kiefern- und Fichtensamen für Deutschland insgesamt allerdings nicht belegen. Auch kann sich die Begünstigung von Meisenarwerden nur von Mitte Februar bis Ende Mai gefressen bzw. gehortet, dann aber in großen Mengen“ (GLUTZ ten und deren höhere Dichte im Folgejahr wegen der & BAUER 1993); dem entsprechen die deutlichen Kor- Höhlenkonkurrenz negativ auf die Fliegenschnäpperrelationen mit der Fichtenmast sowie mit der Nadel- arten auswirken (GUSTAFSSON 1988). Für die negative baumfruktifikation insgesamt (Anhang IV). Auch die Korrelation zwischen Trauerschnäpperbestand und der Weidenmeise frisst und hortet u. a. Samen von Fichte, Eichen- und Fichtenmast wäre dies eine plausible ErKiefer und Lärche, woraus sich die Korrelationen mit der klärung, zumal „der Trauerschnäpper heute in Deutschland die am stärksten in ihrem Vorkommen bzw. in Fichten- und Nadelbaummast erklären (Anhang IV). Der Gimpel frisst zwar im Winter bei Schneelagen ihrer Häufigkeit vom Nistkastenangebot abhängige zunehmend Samen von Bäumen und Sträuchern, u. a. Höhlenbrüterart ist“ (WINKEL & WINKEL 1998) und Lärche (GATTER 1989), doch dürfte die überraschend das Angebot geeigneter und verfügbarer Nisthöhlen, wie mehrfach experimentell nachgewiesen, Tab. 7: Signifikante Korrelationen zwischen den jährlichen Bestandsänderungen des Trauerfür diese Art offenbar schnäppers einerseits und Kleiber, Kohl-, Blau- und Sumpfmeise andererseits im Zeitraum den wichtigsten limitie1989–2002 (vgl. Abb. 16). – Significant correlations between the annual population changes renden Faktor darstellt. of Pied Flycatcher on the one hand and Nuthatch, Great, Blue and Marsh Tits on the other In der Tat zeigt sich hand during the period 1989–2002 (see Fig. 16). anhand unserer Daten Art – species Index Korrelation mit Trauerschnäpper eine signifikant negaFicedula hypoleuca tive Korrelation in den jährlichen Zu- und AbRangkorr. (SPEARMAN) PEARSON Korrelation nahmen zwischen TrauKleiber Sitta europaea PS –0,582* –0,640* erschnäpper einerseits Kohlmeise Parus major PS –0,558* und Kleiber, Sumpf-, Blau- und Kohlmeise Blaumeise Parus caeruleus PS andererseits (Tab. 7 und Sumpfmeise Parus palustris PS –0,739** Abb. 16). Dies betrifft Meisen/Kleiber Mittelwert – PS –0,621* –0,604* bezeichnender Weise Nuthatch and Tits, mean beim Trauerschnäpper 80 % Trauerschnäpper und Höhlenkonkurrenten VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) nur den RK-Index, nicht den PS-Index: Die Vögel erscheinen zwar im Brutgebiet, bilden aber keine festen Reviere, weil die potenziellen Bruthöhlen belegt sind. Während sie bei der PS registriert werden und zumindest teilweise im Datensatz enthalten sind, fallen sie bei der RK aus der Wertung. Dass sich dieser differenzierte Zusammenhang anhand unseres weitgestreuten Materials für einen großen geographischen Raum statistisch belegen lässt, ist überraschend und bestätigt die Qualität der Daten, allerdings auch die bessere Aussagekraft der die jährlichen Schwankungen präziser abbildenden RK-Daten bei einigen Arten (z. B. auch Buntspecht und Kleiber, s. Anhang IV und Abb. 11). 195 Weiterhin gibt es eine relativ große Gruppe von sieben Arten, deren Bestandsänderungen positiv mit Waldbaumfruktifikationen korrelieren, obwohl sie sich durchweg animalisch (überwiegend insectivor) ernähren und teilweise bei uns gar nicht überwintern (Grünspecht, Wendehals, Heckenbraunelle, Rotkehlchen, Singdrossel, Star und Pirol; Anhang IV, Block C). Diese Zusammenhänge sind für uns bisher im Einzelnen kaum nachvollziehbar. Offensichtlich gibt es gemeinsame Faktoren, die sowohl die Baummasten als auch andere Habitatparameter steuern. So ist es denkbar, dass die Witterungsbedingungen, die Waldbaumfruktifikationen begünstigen (warme und trocke- Tab. 8: Arten mit signifikant unterschiedlichen Indexkurven (Punkt-Stopp-Zählung) in West- und Ostdeutschland (TRIM: Einfluss der Kovariablen „Region“ ist signifikant; Signifikanzniveau siehe Spalte „Unterschied“). – Species showing significantly different point count index curves in West- and East-Germany (TRIM: effect of the co-variable ‚region’ is significant; level of significance see column‚ difference’). Art – species regionale Trends – regional trends West West Unterschied difference Ost East a) West-Trend positiver als Ost-Trend – western trends more positive than eastern trends 1. Heidelerche Lullula arborea *) +8,9** (***) +0,2 ns 2. Mittelspecht Dendrocopos medius *) +5,2* (*) +2,1 ns 3. Zilpzalp Phylloscopus collybita +1,2** (***) +0,5 ns 4. Gartengrasmücke Sylvia borin +2,1** (***) 0,0 +1,4 ns (*) –1,9 ns 5. Gimpel Pyrrhula pyrrhula +0,6 * (***) –1,2 ns 7. Mäusebussard Buteo buteo *) –0,3 ns (***) –1,9* 8. Weidenmeise Parus montanus *) –1,5 ns (*) –3,3 ns –2,1* (*) –4,3 ns 10. Baumpieper Anthus trivialis –3,5** (**) –4,5* 11. Wendehals Jynx torquilla *) –4,3 ns (*) –5,1* 6. Kohlmeise Parus major 9. Pirol Oriolus oriolus b) Ost-Trend positiver als West-Trend – eastern trends more positive than western trends 1. Kolkrabe Corvus corax –1,4 ns (**) +9,0** +2,0* (**) +8,2** 3. Haubenmeise Parus cristatus *) +0,2 ns (***) +7,7* 4. Zaunkönig Troglodytes troglodytes +1,5** (***) +4,8** 5. Misteldrossel Turdus viscivorus *) 2. Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus *) –1,1 ns (**) +4,8 ns 6. Gelbspötter Hippolais icterina –1,8* (*) +3,6 ns 7. Star Sturnus vulgaris –1,9** (*) +3,3* 8. Kernbeißer C. coccothraustes –4,0** (**) +3,0 ns 9. Eichelhäher Garrulus glandarius –0,1ns (***) +2,1 ns 10. Ringeltaube Columba palumbus –0,6* (***) +0,5 ns 11. Fitis Phylloscopus trochilus –3,7** (*) –1,7 ns 12. Waldlaubsänger Phylloscopus sibilatrix *) –8,2** (***) –3,4** *): Trend 1991–2003 196 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 ne Frühjahre/Sommer in den Vorjahren in Verbindung mit dem Ausbleiben von Spätfrösten, s. Kap. 2), auch bestimmte Nahrungstierpopulationen der Vögel (z. B. Ameisen) fördern. Nach den Beobachtungen von S. BAUMANN (pers. Mitt.) wirken z. B. blühende Eichen auf den Pirol bei der Nahrungssuche wie ein Magnet, möglicherweise durch Insekten in den Blüten; dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Nahrungsbedingungen in Jahren mit hoher Blühintensität der Eichen besonders günstig sind und sich positiv auf den Bruterfolg und dadurch auf den Bestand im nächsten Jahr auswirken. Denkbar ist auch eine indirekte Wirkungskette über den physiologischen Zustand der Waldbäume, der dann wiederum Voraussetzung für die Massenentfaltung z. B. phytophager oder xylobionter Wirbelloser sein könnte. So bedeuten Vollmasten durch den vermehrten Nährstoffverbrauch (bedeutende Festlegung von Kohlenhydraten und Mineralstoffen, Veratmungsverluste bei der Blüten- und Fruchtbildung) einen erheblichen physiologischen Stress für die Waldbäume, der sich in vermindertem Zuwachs, verminderter Blattmasse und beeinträchtigter Abwehrkraft gegenüber äußeren Einflüssen niederschlägt (KRAMER 1988; RÖHRIG & GUSSONE 1990). 3.5. Bestandstrends 1989–2003 Fast die Hälfte der 52 untersuchten Waldvogelarten hat im Untersuchungszeitraum signifikant zugenommen (21 Arten) oder zeigt deutlich positive Tendenzen (vier Arten); dem stehen nur 10 signifikant abnehmende Arten und drei Arten mit negativen Tendenzen gegenüber Tab. 9: Arten mit unterschiedlichen Bestandstrends (Punkt-Stopp-Zählung) in Wäldern (= Zählstopps von >75 % Wald umgeben) und außerhalb von Wäldern (= Waldanteil < 25 % pro Zählstopp); angegeben ist die mittlere jährliche Zu- oder Abnahme in % (TRIM, * = p < 0,05; ** = p < 0,01). Darunter ist keine Art, die in Wäldern eine positivere Entwicklung zeigt als außerhalb. – Species showing different point count index trends in forests (> 75% forest per stop) and outside forests (< 25% forest); figures indicate the average annual population change in % (TRIM, * = p < 0.05; ** = p < 0.01). There is not any species which does better in forests than outside. Art – species Trends Wälder u. außerhalb trends in and outside forests > 75 % Wald > 75% forest Unterschied difference < 25 % Wald < 25% forest 1. Heidelerche Lullula arborea *) –5,6* ** +10,3** 2. Schwanzmeise Aegithalos caudatus *) –4,8* ** +7,0** 3. Sumpfmeise Parus palustris *) –2,5* * +6,3** 4. Zilpzalp Phylloscopus collybita –0,6* ** +2,3** 5. Rotkehlchen Erithacus rubecula –0,6* * +1,3** 6. Grünspecht Picus viridis +0,2 ns * +6,4** 7. Gartengrasmücke Sylvia borin –2,5 ns ** +4,2** 8. Zaunkönig Troglodytes troglodytes +0,4 ns ** +3,6** 9. Kohlmeise Parus major –0,5 ns * +1,0** 10. Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla +2,4* * +5,5** 11. Buntspecht Dendrocopos major +0,3* ns +2,8** 12. Eichelhäher Garrulus glandarius +1,5 ns ns +3,2** 13. Gimpel Pyrrhula pyrrhula +1,8 ns ns +4,7** 14. Haubenmeise Parus cristatus *) +3,7* ns +8,3* 15. Heckenbraunelle Prunella modularis +0,1 ns ns +2,1** 16. Kleiber Sitta europaea –0,8 ns ns +2,6* 17. Nachtigall Luscinia megarhynchos +2,9 ns ns +4,6** +2,2* ns +4,9* +3,8 ns ns +7,1** –4,2* ns +2,5 ns –1,1 ns ns +2,8 ns 18. Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus *) 19. Tannenmeise Parus ater 20. Weidenmeise Parus montanus *) 21. Wintergoldhähnchen Regulus regulus *) *) nur Daten 1991–2003 – data for 1991–2003 only. VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 197 160 a) Waldlaubsänger 140 Index 120 100 80 60 40 20 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Ost West b) Waldlaubsänger 1.400.000 1.200.000 absolut 1.000.000 800.000 600.000 400.000 200.000 0 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 West 1996 Ost 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 gesamt Abb. 17 a und b: Hochsignifikante regionale Unterschiede der Indexkurven (PS-Daten) des Waldlaubsängers Phylloscopus sibilatrix (a), sowie (b) durch Gewichtung der regionalen Daten auf Basis der Bestandsschätzungen von 1994 gewonnener nationaler Trend. – Highly significant differences in the regional population changes (point count index) of the Wood Warbler (a), and (b) the same, but weighted by the population size in 1994 (estimate from the last national breeding-bird Atlas). The national index curve is gained by combining the weighted regional trends. (Anhang I). Etwas vereinfacht kann man also sagen, dass die häufigeren Waldvögel überwiegend noch häufiger werden. Die differenziertere Betrachtung ist allerdings lohnend. So zeigen sich überraschend deutliche regionale Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland: Nicht weniger als 23 von 51 in beiden Regionen verbreiteten Arten zeigen einen signifikant unterschiedlichen Indexkurven-Verlauf und/oder Trend (Tab. 8). Die Gesamttrends sind bei 11 Arten im Westen und bei 12 Arten im Osten positiver. Bei einigen Arten decken sich diese Trends mit denen in den angrenzenden Nachbarländern (z. B. Mittelspecht, s. SÜDBECK & FLADE 2004). Für die Ermittlung des deutschlandweiten Trends müssen diese regionalen Unterschiede berücksichtigt werden. Dies geschieht durch Gewichtung der regionalen Indexkurven mit den geschätzten Bestandsgrößen im Jahr 1994 (Beispiel siehe Abb. 17 a und b; Erläuterung des Verfahrens siehe SCHWARZ & FLADE 2000). Alle hier abgebildeten und für Korrelationen verwendete PS-Indexkurven sind gemäß dieses Verfahrens regional gewichtet worden. Überraschender und für das Thema der Arbeit bedeutender als die regionalen Unterschiede sind die unterschiedlichen Trends in Wäldern und außerhalb – d. h. bei den betrachteten Arten vor allem Siedlungen, Gärten und Grünanlagen. Zehn Arten zeigen signifikant unterschiedliche Trends in Wäldern und außerhalb von Wäldern (Tab. 9). All diese Arten weisen außerhalb der Wälder wesentlich positivere Trends auf; bei fünf Arten (Heidelerche, Schwanzmeise, Sumpfmeise, Zilpzalp und Rotkehlchen) ist sogar in Wäldern ein signifikant negativer, außerhalb ein signifikant positiver Trend nachweisbar. Hinzu kommen 11 weitere Arten mit deutlich positiverem Gesamttrend außerhalb von Wäldern, bei denen der Trendunterschied nicht signifikant ist (Tab. 9). Von den 21 Waldvogelarten, die insgesamt signifikant zunehmen, nehmen nur vier auch in Wäldern signifikant zu! 198 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 ermittelten Trends erlauben. Für die vier hier untersuchten Greifvogelarten gibt es 160 wesentlich umfassenderes Datenmaterial aus dem laufenden „Monitoring Greifvögel 140 und Eulen“ (MAMMEN & STUBBE 2000, 120 2002). Diese Arten stehen durch ihre relati100 ve Seltenheit und großen Reviere im DDAMonitorprogramm eindeutig am Rande der 80 Erfassbarkeit. Für Mäusebussard, Rotmilan 60 und Sperber lassen sich aus unseren Daten keine signifikant positiven oder negativen Trends ableiten, der Habicht hat im PS-InGartengrasmücke Sylvia borin % dex signifikant abgenommen. Nach MAM160 MEN & STUBBE (2002) hat der Rotmilan in 140 Deutschland im Zeitraum 1986–2001 sig120 nifikant abgenommen, Mäusebussard und 100 Sperber haben signifikant zugenommen und 80 der Habicht ist im Bestand gleich geblieben. 60 Ein deutlicher Widerspruch tritt also zumin40 dest beim Habicht auf. Der (gleich bleiben20 de) Trend nach MAMMEN & STUBBE (2002) 0 ist mit Sicherheit belastbarer abgesichert. – Immerhin gibt es keine widersprüchlichen signifikanten Zu- und Abnahmen. > 75 % Wald < 25 % Wald > 75% forest < 25% forest Eine weitere, wenn auch zeitlich viel kürzere Datenreihe bietet das „Integrierte MoniAbb. 18: Beispiele für Arten, die in Wäldern signifikant andere Trends toring von Singvogelpopulationen (IMS)“ für aufweisen als außerhalb (Gärten, Parks, Friedhöfe, halboffene Landschaft): Zilpzalp Phylloscopus collybita und Gartengrasmücke Sylvia einige Arten. Die Auswertung von DORSCH borin (weitere Beispiele siehe Abb. 8). – Examples of species which & KÖPPEN (2004) für Ostdeutschland bezieht show significantly different population trends in forests compared zwischen 10 (1997) und 27 (2003) Gebiete to habitats outside forests (urban areas, gardens, half-open landein, in denen planmäßig und standardisiert scapes): Chiffchaff and Garden Warbler (more species see Fig. 8). mit Japannetzen Kleinvögel erfasst wurden. Ein wesentliches Ziel des Programms ist es, Das bedeutet: Die Waldvogelarten nehmen zwar zusätzliche Populationsparameter wie Bruterfolg (über großenteils im Bestand zu, diese Zunahmen finden aber den Anteil diesjähriger Vögel), Dispersion und Survival zu erheben. Für sechs Waldvogelarten sind bei fast ausschließlich außerhalb des Waldes statt! Die Zunahme der häufigeren Waldvogelarten im weite- DORSCH & KÖPPEN Indexkurven der Erstfänge von ren Sinne ist bereits von FLADE (1994), BUSCHE (1998, Altvögeln für den Zeitraum 1997 bis 2002 abgebilfür das westliche Schleswig-Holstein), SCHWARZ & det. Der Vergleich mit den DDA-Indexkurven (Region FLADE (2000) sowie ZANG (2003a, für Niedersachsen) Ost) ergibt beim Waldbaumläufer eine gute, bei der dargestellt und im Wesentlichen (auch) auf die Zunah- Gartengrasmücke eine mäßige und bei Grauschnäpper, me der Siedlungsfläche (Zersiedelung der Landschaft, Schwanzmeise, Rotkehlchen und Buchfink eine sehr vorwiegend auf Kosten von Agrarflächen) sowie des schlechte Übereinstimmung. Für diese Arten sind die Gehölzvolumens in den Siedlungen zurückgeführt Indexkurven des DDA-Programms wegen der viel gröworden. Diese Aussagen bestätigen sich nun in über- ßeren Stichprobenzahl und direkten (nicht indirekten) raschend eindeutiger Weise. Zwar ist auch von FLADE Erfassung der Brutbestände mit Sicherheit wesentlich (1994) und GATTER (2000, 2004) vermutet worden, aussagekräftiger. dass die zunehmend naturnahe und extensivere Nutzung der Wälder, das steigende Durchschnittsalter und 3.6. Abnehmende Arten die wachsenden Holzvorräte auch in den Wäldern zu Insgesamt zeigen 10 der 52 untersuchten Arten sigBestandszunahmen der häufigeren Arten geführt haben. nifikante Bestandsabnahmen (Anhang I; Beispiele s. Diese Aussage dürfte über die letzten 60 Jahre betrach- Abb. 19) wobei der abnehmende Trend für den Habicht tet zutreffen, lässt sich aber anhand unserer Daten für wohl nicht repräsentativ ist (s. oben) und deshalb von einer weiteren Bewertung auszunehmen ist. Die Abden Zeitraum ab 1989 nicht mehr bestätigen. Nur für wenige der hier untersuchten Arten gibt und Zunahmen verteilen sich etwa in gleicher Weise es parallele Datenreihen, die eine unabhängige Ve- auf Laub- und Nadelwaldbewohner sowie Waldvögel rifizierung der im Rahmen des DDA-Programms allgemein (Tab. 10). – Beim Grauspecht könnte der % Zilpzalp Phylloscopus collybita 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 Index 19 89 19 90 19 91 19 92 19 93 19 94 19 95 19 96 19 97 19 98 19 99 20 00 20 01 20 02 20 03 Index 180 VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 199 % Baumpieper Anthus trivialis 180 160 Index 140 120 100 80 60 40 1989 1993 1991 1997 1995 1999 2001 2003 RK PS % Fitis Phylloscopus trochilus 160 Index 140 120 100 80 60 40 1989 1993 1991 1997 1995 1999 2001 2003 RK PS Abb. 19: Beispiele für weiterhin kontinuierlich abnehmende Arten: Baumpieper Anthus trivialis und Fitis Phylloscopus trochilus. – Examples of species with continuous declines: Tree Pipit and Willow Warbler. signifikante Rückgang mit veränderten Methoden der Waldbewirtschaftung, vor allem dem zunehmenden Verzicht auf Kahlschlagswirtschaft im Zusammenhang stehen, da die Art Waldlichtungen und -blößen bevorzugt zur Nahrungsaufnahme (Ameisen!) aufsucht. Hinsichtlich der nistökologischen Gilden sind die Bodenbrüter relativ stark von Abnahmen betroffen: Je drei Arten nehmen signifikant ab bzw. zu (Tab. 11). Jedoch handelt es sich bei den drei abnehmenden Arten Baumpieper, Fitis und Waldlaubsänger gleichzeitig um Langstreckenzieher (s. unten). Die Tatsache, dass auch drei bodenbrütende Arten (Zilpzalp, Rotkehlchen, Nachtigall) im Bestand zunehmen, spricht eher gegen die Hypothese von GATTER (2000), dass die Verluste durch Prädatoren (Kleinsäuger, Raubsäuger, Wildschweine) ein erheblicher und zunehmender Gefährdungsfaktor für Waldvögel sind. Eindeutig ist jedoch die Aufteilung der Trends nach Zugstrategien (Tab. 12): Sieben von neun abnehmenden Arten (außer Habicht) sind Langstreckenzieher, und von 12 Langstreckenziehern haben sieben signifikant abund nur drei Arten signifikant zugenommen! Damit ist naheliegend, dass das Hauptproblem für die spärlichen bis häufigen Waldvögel Tab. 10: Zu- und Abnahmen von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003, geordnet nach bevorzugten Waldtypen; (–), (+) = eher abnehmend bzw. eher zunehmend als gleichbleibend, Trend jedoch nicht signifikant; –, + = deutlich ab- bzw. zunehmend, Trend wenigstens nach einem Programmteil (RK oder PS) signifikant; – –, ++ = nach beiden Programmteilen signifikant und stark ab- bzw. zunehmend. – Population trends of forest bird species in Germany 1989–2003 according to preferred forest types; (–), (+) = rather decreasing or increasing than stable, trend not significant; –, + = distinct decline or increase, at least significant in either point count or mapping scheme; – –, ++ = strong decline or increase, significant in both schemes. –– – (–) Wald allg. forest in general Ant.triviali Laubwald deciduous forest Picus canus Phy.sibilatr Nadelwald coniferous forest Acc.gentilis Jyn.torquil Fic.hypoleu Par.monta Cer.familia Stu.vulga Buteo buteo Acc.nisus Mil.milvus Col.palumb Tur.vicivor Den.minor Fic.parva Par.caerul Par.major Par.palust Coc.coccot Hip.icterina Phy.trochil Ori.oriolus Lox.curviro 0, ? Reg.regulu Pyr.pyrrhu (+) + ++ Tur.philome Den.major Pru.modula Phy.collybi Eri.rubecul Pho.phoenic Tur.merula Aeg.caudat Gar.glanda Fri.coelebs Dry.martius Tro.troglo Syl.atricapi Cor.corax Den.medius Mus.striata Col.oenas Sylvia borin Lus.megarh Sit.europae Cer.brachy Picus viridis Lul.arbore Parus ater Reg.ignicapi Par.cristat 200 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Tab. 11: Zu- und Abnahmen von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003, geordnet nach ökologischen Gilden (Erläuterung s. Tab. 10). – Population trends of forest bird species in Germany 1989–2003 according to ecological guilds (explanations see Table 10). –– Holzbewohner wood-inhabit. species – Picus canus sonstige Höhlenbrüter else holebreeders Jyn.torquil Fic.hypoleu Bodenbrüter groundAnt.triviali nesting Phy.sibilat Freibrüter bush- or canopynesting (–) 0, ? (+) + ++ Dry.martius Picus viridis Cer.familia Den.minor Den.medius Den.major Sit.europae Cer.brachy Par.monta Stu.vulgar Fic.parva Par.caerul Par.major Par.palust Mus.striata Parus ater Col.oenas Pho.phoenic Par.cristat Lul.arbore Phy.collybi Eri.rubecul Lus.megarh Tur.philome Pru.modula Sylvia borin Tur.merula Aeg.caudat Gar.glanda Fri.coelebs Phy.trochil Buteo buteo Acc.nisus Mil.milvus Col.palumb Tur.vicivor Reg.regulu Pyr.pyrrhu Coc.coccot Acc.gentilis Hip.icterina Ori.oriolus Lox.curviro Tro.troglo Syl.atricapi Reg.ignicapi Cor.corax Tab. 12: Zu- und Abnahmen von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003, geordnet nach Zugstrategien (Erläuterung s. Tab. 10). – Population trends of forest bird species in Germany 1989–2003 according to migration strategies (explanations see Table 10). Langstrecken-Zieher long-distance migrants –– – Ant.trivial Phy.sibilat Jyn.torquill Hip.icterina Phy.trochil Fic.hypoleu Ori.oriolus Fic.parva Mus.striata Sylvia borin Pho.phoenic Lus.megarh Lox.curviro Mil.milvus Par.palust Tur.vicivor Lul.arborea Tur.philome Pru.modula Py.collybi Col.oenas Syl.atricapi Reg.ignicapi Parus ater Eri.rubecul Tur.merula Aeg.caudat Gar.glanda Fri.coelebs Tro.troglo Den.medius Den.major Sit.europae Cer.brachy Dry.martius Picus viridis Par.cristat Cor.corax Kurzstreckenzieher shortdistance migrants (–) Stu.vulgar Teilzieher partly migrants 0, ? Acc.nisus Col.palumb Reg.regulu Par.caerul Par.major Pyr.pyrrhu Coc.coccot Jahresvögel residents Pic.canus Acc.gentilis Par.monta Cer.familia Deutschlands in Afrika bzw. auf dem Weg dorthin zu suchen ist. Dass sich die Umweltbedingungen in Afrika dramatisch verändert haben und auch noch verändern, ist bekannt. Zu den wichtigsten Faktoren dürften der But. buteo Den.minor (+) + ++ Rückgang der Sommerniederschläge in der Sahel-Region (Abb. 20) sowie Veränderungen wie Zunahme des Pestizidgebrauchs, Intensivierung der Landwirtschaft insgesamt, Be- und Entwässerungsprojekte, Ausdehnung der Wüsten und Zerstörung des Regen- VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 201 mm 200 Niederschlag – precipitation 150 100 50 0 –50 –100 –150 1900 1960 1940 1920 1980 2000 Jahr – year Abb. 20: Abweichung der jährlichen Sommerniederschläge (Juni –September) in der gesamten Sahelregion vom langjährigen Mittel (NOAA, www.cdc.noaa.gov/Climate Indices/). – Deviation from the long-term mean of the total annual summer rainfall (June–September) in the whole Sahel region (NOAA, www.cdc.noaa.gov/Climate Indices/). walds gehören. Eine Ergründung der genauen Rückgangsursachen für die Transsaharazieher unter den Waldvögeln erfordert jedoch artspezifische gezielte Forschung. Auffallend ist aber, dass die sieben abnehmenden Langstreckenzieher in ihren jährlichen Zu- und AbWaldlaubsänger_PS Wendehals_PS Baumpieper_PS Jährliche Änderungen – yearly changes 60 Fitis_PS 40 20 0 –20 –40 –60 1989 Vorjahresniederschlag Sahel (Abweichung vom langjähr. Mittel)– Sahel rainfall previous year (deviation from mean) nahmen insbesondere im Zeitraum 1989 bis 1999 weitgehend demselben Muster folgen (Abb. 21); lediglich der Pirol fällt heraus. Dies spricht dafür, dass es in den Durchzugs- oder Überwinterungsgebieten Einflussfaktoren gibt, die die jährlichen Bestandsschwankungen der meisten dieser Arten gleichsinnig steuern. Zunächst war es naheliegend, nach Korrelationen zwischen den Gelbspötter_PS jährlichen Niederschlagssummen im Sahel (Abb. 21) und diesen BePirol_PS standsänderungen zu suchen – dieTrauerschnäpper_PS se sind aber nicht signifikant. Eine Mittelwert Ergründung der Ursachen erfordert also eine wesentlich differenziertere Betrachtung der jährlich wechselnden Bedingungen in den mediterranen und afrikanischen Durchzugs- und Rastgebieten unter Einbeziehung der 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 mm 120 80 40 0 –40 –80 –120 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 Abb. 21: Jährliche Bestandsänderungen von Langstreckenziehern unter den Waldvögeln (Zu- und Abnahme der Indexwerte nach PS-Daten; oben) sowie Mittelwert im Vergleich zu den Sommerniederschlägen (Juni–September; unten) des Vorjahres in der gesamten Sahelzone (Daten ab 2000 fehlen noch). Obwohl bei fast allen Arten (Ausnahme: Pirol) ein ähnliches Muster der jahrweisen Schwankungen erkennbar ist, lässt sich kein signifikanter Zusammenhang mit den Sahel-Niederschlägen nachweisen. – Annual population changes of long-distance migrant forest birds (point count index; above) compared to the total annual summer rainfall (below) in the whole Sahel region (data from 2000 onwards are still missing). Despite all species but Golden Oriole show rather similar patterns, there is no significant correlation with the Sahel rainfall. 202 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 regionalen und zeitlichen Niederschlagsverteilung sowie weiterer möglicher Steuerungsfaktoren (z. B. Massenvermehrungen der Wanderheuschrecke o. ä.). Eine solche differenzierte Analyse war im Rahmen dieser Auswertung nicht möglich. Sie wäre aber sinnvoll, da die Ergebnisse auch konkrete Hinweise auf die langfristigen Rückgangsursachen geben könnten. 4. Gesamtdiskussion und Fazit 4.1. Aussagefähigkeit des Programms Insgesamt besteht der Eindruck, dass Qualität und Interpretierbarkeit der Daten des DDA-Monitorprogramms trotz der bekannten methodischen Schwächen (freie Probeflächenwahl, ungleiche Verteilung der Flächen und Routen auf Regionen und Lebensräume) überraschend gut sind. Durch die differenzierte Auswertung von Teilstichproben insbesondere des sehr umfangreichen PS-Materials ist es möglich, die Bestandsveränderungen der häufigeren deutschen Waldvögel differenziert nachzuzeichnen und zu interpretieren. Hinsichtlich der Identifizierung der Ursachen und treibenden Faktoren der kurz- und langfristigen Bestandsänderungen sind mit der vorliegenden Analyse längst noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. So ließen sich die Wetterdaten noch wesentlich differenzierter analysieren und mit den Bestandsdaten korrelieren (Erweiterung des Parametersets auf Frühjahrs- und Sommertemperaturen, Temperaturen und Niederschläge im Spätwinter, wesentliche Erweiterung der berücksichtigten Messstationen, Einbeziehung der Witterung in Süd- und Westeuropa u. a.). Dies muss aber späteren Analysen vorbehalten bleiben. Überraschend eindeutig und aussagekräftig sind die zahlreichen signifikanten Korrelationen von Bestandsänderungen und Waldbaumfruktifikationen, bis hin zu signifikanten Hinweisen auf eine Konkurrenzsituation zwischen samenfressenden Jahresvögeln und insektivoren Langstreckenziehern am Beispiel der Höhlenkonkurrenz von Meisen/Kleiber und Trauerschnäpper. Eine Darstellung dieser komplexen Beziehungen und Wechselwirkungen zwischen Wetter, Baummasten, Vogelgruppen unterschiedlicher Gilden und Zugstrategien ist unseres Wissens für einen derart großen geographischen Raum und auf einer so breit gestreuten Datenbasis bisher noch nicht gelungen; zuvor gab es zu diesen Fragen nur lokale und z. T. experimentelle Fallstudien (Synopse siehe GATTER 2000). Allerdings bedarf es einer vertieften Analyse und weiterer Forschung, um die ursächlichen Faktoren klar herauszuarbeiten. 4.2. Bestandstrends deutscher Waldvögel Die spärlichen bis häufigen Waldvogelarten Deutschlands sind aktuell nicht erkennbar gefährdet. Fast die Hälfte der Arten nahm seit 1989 zu, jedoch fanden diese Zunahmen fast ausschließlich außerhalb der ge- schlossenen Wälder, d. h. im urbanen und suburbanen Bereich statt. Bei sieben von neun abnehmenden Arten liegen die Rückgangsursachen höchstwahrscheinlich außerhalb von Deutschland und deuten auf dramatische Veränderungen auf dem afrikanischen Kontinent hin. Diese generelle Einschätzung der Gefährdungssituation betrifft zumindest das mittlere und nördliche Deutschland in seiner Gesamtheit. Auf die besondere, bisher nicht vergleichbare und teilweise dramatische Situation in den stark immissionsgeschädigten Wäldern der Mittelgebirgs-Hochlagen (z. B. Harz, Erzgebirge, Thüringer und Bayerischer Wald) geht ZANG (2004) ausführlich ein. Bisher haben diese regionalen Entwicklungen jedoch keinen entscheidenden Einfluss auf die Gesamtentwicklung in Deutschland. „Samenerträge aus dem Wald sind wahrscheinlich der wichtigste Steuerungsfaktor für die Populationsdynamik von samenfressenden Vögeln und Kleinsäugern der Wälder“ (GATTER 2000). Diese Aussage konnte durch unsere Datenanalyse eindrucksvoll bestätigt werden, wobei die oft schwer durchschaubaren indirekten Wirkungen (über Konkurrenten, Prädatoren, Nahrungstiere usw.) offensichtlich auch zahlreiche insektivore Kurz- und Langstreckenzieher betreffen. Insgesamt sind unsere Waldvögel in ein sehr komplexes ökologisches Wirkungsgefüge aus Waldzustand, Witterung, Baummasten, Insektengradationen, Nahrungs- und Konkurrenzbeziehungen eingebunden, dessen Dynamik sie zwar differenziert widerspiegeln, aber dessen innere Zusammenhänge in weiten Teilen noch unerforscht sind. Die hier nachgewiesenen Abhängigkeiten der Bestandsschwankungen von Teilziehern und Jahresvögeln von Winterwetter und Baummasten sind nicht allgemein auf alle Gebiete Mitteleuropas übertragbar. So bestehen bei den Brutvögeln im Urwald von Bialowieza (Ost-Polen) nur bei wenigen Arten (Mittelspecht, Wintergoldhähnchen) Korrelationen mit dem Winterwetter und – außer beim Buntspecht (positive Korrelation mit der Laubbaummast des Vorjahres) – keine signifikanten Abhängigkeiten von der Hainbuchen-/Eichen-/Ahornmast sowie der Fichtenmast (die Rotbuche kommt dort nicht vor); dies wird auf das hier besonders reichhaltige Angebot an nahrungsökologischen Nischen und Pflanzensamennahrung zurückgeführt, so dass die Arten bei Ausfall einer wichtigen Nahrungsquelle im Winter immer auf Alternativen zurückgreifen können (WESOŁOWSKI 1994). Die oben skizzierte, insgesamt günstige gegenwärtige Bestandssituation der Waldvögel in Deutschland ist jedoch in einen weiteren zeitlichen Rahmen einzuordnen. Wälder insgesamt und naturnahe Waldgesellschaften erst recht nehmen zurzeit nur einen Bruchteil ihre potenziellen Areals in Deutschland sein. Die Tendenz zum Waldumbau in Richtung naturnaher Waldgesellschaften und naturnäherer Bewirtschaftungsmethoden in der Forstwirtschaft ist deshalb beizubehalten und zu VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) verstärken. Durch zunehmendes Durchschnittsalter und zunehmende Holzvorräte der Wälder seit dem zweiten Weltkrieg (z. B. GATTER 2004), die bessere Nährstoffversorgung der Waldböden (auch) durch Immissionen aus der Atmosphäre, immissionsbedingte Waldschäden (Synopse: ZANG 2004), Waldumbau, naturnähere Methoden der Forstwirtschaft, die Klimaerwärmung, Stickstoffeinträge sowie die damit zusammenhängenden und durch das Älterwerden der Wälder begünstigten viel größeren Samenerträge haben sich die Lebensbedingungen vieler Waldvogelarten im 20. Jahrhundert insgesamt verbessert, allerdings auch die Bedingungen für potenzielle Konkurrenten und Prädatoren (umfassende Synopse hierzu s. GATTER 2000, GATTER 2004). Andererseits sind die langfristigen Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung und der hohen Stoffeinträge auf die Waldökosysteme und die oben umrissenen funktionalen Zusammenhänge noch nicht absehbar und könnten noch im Verlauf des 21. Jahrhunderts zu einer dramatischen Gefährdung zahlreicher Waldvogelarten führen. In diesem Zusammenhang ist die Fortführung, Ausweitung und methodische Verbesserung des nationalen Brutvogelmonitorings, wie in 2004 mit einem neuen Programm begonnen, von großer Bedeutung (neues 203 DDA-Monitorprogramm mit geschichteter, repräsentativer Zufallsstichprobe, siehe DDA-Aktuell 1/2004 in der Vogelwelt 125, Heft 1). Gleichzeitig wird deutlich, dass sich der Naturschutz in Deutschland verstärkt mit den Problemen der globalen Klimaerwärmung und den Veränderungen der Umweltbedingungen auf dem afrikanischen Kontinent befassen sollte. Dank: Die vorliegende Datenanalyse basiert auf dem großen, ganz überwiegend ehrenamtlichen Engagement von über 500 Kartierern in allen Teilen Deutschlands. Stellvertretend danken wir dem Geschäftsführer der AG „Monitoring häufiger Arten im DDA“, F.-U. SCHMIDT, sowie den aktuellen regionalen Koordinatoren T. RYSLAVY, W. SCHULZ, G. BUSCHE, E. MEYER, A. MITSCHKE, H. EICHSTÄDT, R.-R. STRACHE, S. FISCHER, A. SKIBBE, E. FUCHS, J. WIESNER, D. KOSITSCHIK, E. LIPPOK, H.-G. BAUER und H. LEPPELSACK für ihre hervorragende Mitarbeit. F.-U. SCHMIDT und J. WAHL stellten dankenswerter Weise die Wetterdaten zur Verfügung, und J. STEIGLEDER danken wir für die äußerst wertvolle Aufarbeitung der Daten zu den Waldbaumfruktifikationen. S. BAUMANN, F. BAIRLEIN, W. GATTER, M. LÜTKEPOHL, P. SÜDBECK und C. SUDFELDT danken wir für wertvolle fachliche Hinweise und Ratschläge, sowie S. WINTER und K. SCHERTLER für die teilweise Aufbereitung und statistische Analyse des Datenmaterials (SPSS Statistik, Signifikanztests). 5. Zusammenfassung Flade, M. & J. Schwarz 2004: Ergebnisse des DDA-Monitoringprogramms, Teil II: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003. Vogelwelt 125: 177 – 213. Das auf der Basis von Revierkartierungen (RK) und PunktStopp-Zählungen (PS) seit 1989 durchgeführte „Monitoringprogramm häufige Arten“ des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten erlaubt Aussagen zur Bestandsentwicklung von etwa 50 spärlichen bis häufigen Waldvogelarten, für die Bestandsindexkurven (TRIM) ermittelt werden konnten. Bei nur etwa einem Viertel der Arten zeigen sich signifikante Unterschiede im Kurvenverlauf oder Gesamttrend zwischen RK- und PS-Index, die durch die nicht-repräsentative Verteilung der von den Kartierern selbstgewählten Flächen und Routen in Verbindung mit regional und landschaftstypenbezogen unterschiedlichen Bestandsentwicklungen entstehen. Durch die Analyse von Teilstichproben können diese Differenzen jedoch weitgehend aufgeklärt und interpretiert werden. Hinsichtlich der jährlichen Bestandsänderungen konnten für 12 Teil- und Kurzstreckenzieher die signifikant negativen Auswirkungen harter Winter aufgezeigt werden, die am stärksten beim Zaunkönig ausgeprägt sind. Die negativen Korrelationen zwischen Bestandsänderungen und Kältewinterparametern beim Langstreckenzieher Waldlaubsänger werden mit der verzögerten Bodenvegetationsentwicklung im Frühjahr erklärt. Positive Korrelationen mit harten Wintern bei 11 meist fakultativ samenfressenden Jahresvögeln und Teilziehern sowie 4 Langstreckenziehern deuten auf kom- plexe Wechselwirkungen zwischen Wetter, Waldbaumfruktifikationen, Entwicklung von Vegetation und Nahrungstieren sowie Konkurrenz- und Prädationsbeziehungen hin. Insgesamt für 10 (auch) samenfressende Arten konnten signifikant positive Zusammenhänge zwischen Waldbaummasten und jährlichen Bestandsänderungen gefunden werden. Negative Korrelationen zwischen Baummasten und der Bestandsentwicklung von vier Arten deuten auf Konkurrenzwirkungen hin, die im Falle des Trauerschnäppers, der in Höhlenkonkurrenz zu Meisenarten und Kleiber steht, auch anhand unseres Materials bestätigt werden konnten. Insgesamt 21 der 52 untersuchten Arten haben im Untersuchungszeitraum signifikant zugenommen, jedoch fanden bei 17 dieser Arten diese Zunahmen ausschließlich außerhalb geschlossener Wälder (d. h. im Siedlungsraum) statt. Sieben von zehn signifikant abnehmenden Arten sind Langstreckenzieher. Die größte Gefährdung für unsere häufigeren Waldvogelarten geht daher wahrscheinlich von Veränderungen auf dem afrikanischen Kontinent aus. Mittel- bis langfristig sind jedoch die komplexen Auswirkungen der Klimaerwärmung auf die Waldökosysteme kaum absehbar und könnten zu dramatischen Verschiebungen führen. Auch vor diesem Hintergrund ist die begonnene Verbesserung und Erweiterung des Brutvogelmonitorings von größter Bedeutung. 204 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 6. Literatur ALATALO, R. V., L. GUSTAFSSON, A. LUNDBERG & S. ULFSTRAND 1985: Habitat shift of the Willow Tit Parus montanus in the absence of the Marsh Tit Parus palustris. Orn. Scand. 16: 121–128. ALATALO, R. V., L. ERIKSSON, L. GUSTAFSSON & S. K. LARSSON 1987: Exploitation competition influences the use of foraging sites by tits: experimental evidence. Ecology 68: 284–290. BAUER, H.-G. & P. BERTHOLD 1996: Die Brutvögel Mitteleuropas: Bestand und Gefährdung. Aula Verlag, Wiesbaden. BERNDT, R. & W. 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E-Mail: [email protected] +1,5** –1,7 ns +0,5 ns +2,5** +1,2* +2,7* n.b. –0,8 ns +5,1** +3,0** +0,7 ns –3,4** +2,4 ns +6,3** n.b. +1,8 ns n.b. n.b. +0,2 ns n.b. n.b. +2,0 ns Baumpieper Anthus trivialis Blaumeise Parus caeruleus Buchfink Fringilla coelebs Buntspecht Dendrocopos major Eichelhäher Garrulus glandarius Fichtenkreuzschnabel Loxia curvirostra*) Fitis Phylloscopus trochilus Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla Gartengrasmücke Sylvia borin Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus Gelbspötter Hippolais icterina Gimpel Pyrrhuly pyrrhula Grauschnäpper Muscicapa striata Grauspecht Picus canus *) Grünspecht Picus viridis Habicht Accipiter gentilis Haubenmeise Parus cristatus *) Heckenbraunelle Prunella modularis Heidelerche Lullula arborea *) Hohltaube Columba palumbus *) Kernbeißer Coccothraustes coccothraustes RK ns ns ns * ns ns ns * * ns ns ns * ns ns ns Unterschied –0,4 ns +5,0** +1,3 ns +1,5** +4,1* –6,3** +4,7** –7,3** –1,8 ns +0,5 ns +0,9 ns +3,4** +1,2 ns +0,9 ns –2,9** –5,8* +0,6 ns +0,9* +0,7* +0,3 ns –4,2** +0,7* PS Revierkart.– Punkt-Stopp mapping vs. point counts Amsel Turdus merula Art – species –4,0** +1,1 ns +8,9** +1,6** +0,2 ns –7,7** +3,4** –6,5** –0,7 ns +1,4 ns –1,8* +3,6** +2,1** +0,1 ns –3,7** –6,5* –0,1ns +0,9** +0,3 ns +0,2 ns –3,5** +0,9** West (PS) (**) ns *** ns (***) ns ns ns ns (*) (*) ns (***) ns (*) ns (***) (***) ns (***) (**) ns Unterschied +3,0 ns +9,9* +0,2 ns +1,6 ns +7,7* –4,8 ns +7,9* –9,2 ns –3,0 ns –1,9 ns +3,6 ns +3,9 ns 0,0 +3,5 ns –1,7 ns –8,8* +2,1 ns +1,0 ns +1,3 ns +0,6 ns –4,5* +0,2 ns Ost (PS) West- u. Ostdeutschland West- vs. East-Germany +2,4 ns n.b. –5,6* +0,1 ns +3,7* –2,9 ns +0,2 ns n.b. –1,9 ns +1,8 ns n.b. +5,3 ns –2,5 ns +5,9 ns –0,9 ns n.b. +1,5 ns +0,3* +1,5 ns +3,3* –6,8** +1,1 ns > 75 % Wald ns ** ns ns ns * ns ns ns ** ns ns ns ns ns ns ns ns Unterschied –4,4** n.b. +10,3** +2,1** +8,3* +9,8 ns +6,4** n.b. –0,6 ns +4,7** n.b. +3,2** +4,2** +1,8* –3,5** n.b. +3,2** +2,8** +0,5 ns +0,7* –2,9** +1,2** < 25 % Wald Wälder u. außerhalb (PS) in vs. outside forests 0 + (+) + ++ – + –– (+) 0 – + + + – –– + + + 0 –– + Trend ges. overall trend Anhang I: Bestandstrends von 52 Waldvogelarten in Deutschland 1989–2003 nach Daten des DDA-Monitorprogrammes häufiger Arten. Angegeben ist die mittlere jährliche Zu- oder Abnahme in %, das Signifikanzniveau des Trends (TRIM, * = p < 0,05; ** = p < 0,01; n.b. = nicht berechnet), sowie für die Punkt-Stopp-Daten auch die regionalen Trends West und Ost sowie die Trends innerhalb und außerhalb von Wäldern. – Population trends of 52 forest bird species in Germany in the period 1989–2003 according to data from the German Common Birds Census. Figures indicate the average annual population change in % and the level of trend significance (TRIM, * = p < 0.05; ** = p < 0.01; n.b. = not calculated).For the point count data, also the regional trends (East- and West-Germany) and the trends within and outside forests are indicated (Unterschied = difference). 206 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 +2,7** +1,3 ns +0,1 ns n.b. +1,2 ns +0,8 ns n.b. +4,5** +0,2 ns –3,1* +0,4 ns +2,0** n.b. +4,6* n.b. +3,5** +11,8** n.b. –1,6** +2,3 ns +2,4 ns –1,8 ns n.b. +0,3 ns –0,3 ns n.b. +1,2 ns +6,4** +1,3* n.b. Kleiber Sitta europaea Kleinspecht Dendrocopos minor *) Kohlmeise Parus major Kolkrabe Corvus corax *) Mäusebussard Buteo buteo *) Misteldrossel Turdus viscivorus *) Mittelspecht Dendrocopos medius *) Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla Nachtigall Luscinia megarhynchos Pirol Oriolus oriolus Ringeltaube Columba palumbus Rotkehlchen Erithacus rubecula Rotmilan Milvus milvus *) Schwanzmeise Aegithalos caudatus *) Schwarzspecht Dryocopus martius Singdrossel Turdus philomelos Sommergoldhähnchen Regulus ignicapillus *) Sperber Accipiter nisus *) Star Sturnus vulgaris Sumpfmeise Parus palustris *) Tannenmeise Parus ater Trauerschnäpper Ficedula hypoleuca Waldbaumläufer Certhia familiaris *) Waldlaubsänger Phylloscopus sibilatrix *) Weidenmeise Parus montanus *) Wendehals Jynx torquilla *) Wintergoldhähnchen Regulus regulus *) Zaunkönig Troglodytes troglodytes Zilpzalp Phylloscopus collybita Zwergschnäpper Ficedula parva *) ns ** ns ns * ns ns ns ns ** ** ns * ns ns ns ns ns ns ns ns * –0,8 ns +0,3* +2,1** –0,2 ns –4,4* –2,4 ns –5,7** –1,9 ns –3,6** +1,6 ns –1,3 ns +0,2 ns –2,2 ns +3,0** –0,2 ns +6,0** +0,3 ns –1,0 ns +0,1 ns –0,3 ns –3,9 ns +5,4** +3,8** +2,2 ns –0,3 ns –1,0 ns +7,5** –0,2 ns +0,4 ns +0,3 ns n.b. +1,2** +1,5** –0,7 ns –4,3 ns –1,5 ns –8,2** –2,9* –2,5** +0,9 ns –0,6 ns –1,9** –1,1 ns +2,0* –0,4 ns +5,7** –0,8 ns –1,5 ns +0,1 ns –0,6* –2,1* +2,2* +3,6** +5,2* –1,1 ns –0,3 ns –1,4 ns +0,6 * –0,5 ns +0,2 ns (***) (***) ns (*) * (***) ns ns ns ns (*) ns (**) ns ns ns ns ns (***) (*) ns ns (*) (**) (***) (**) (***) ns ns –0,8 ns +0,5 ns +4,8** +0,1 ns –5,1* –3,3 ns –3,4** –1,0 ns –4,7** +2,8 ns –2,3 ns +3,3* –4,6 ns +8,2** +0,4 ns +6,4 ns +1,2 ns –0,9 ns +0,2 ns +0,5 ns –4,3 ns +7,2** +4,7** +2,1 ns +4,8 ns –1,9* +9,0** –1,2 ns +0,9 ns +0,4 ns n.b. –0,6* +0,4 ns –1,1 ns n.b. –4,2* –5,8** –2,6* –2,2 ns +3,8 ns –2,5* –1,6 ns n.b. +2,2* –3,5* n.b. –4,8* n.b. –0,6* –0,8* –6,3 ns +2,9 ns +2,4* n.b. +0,8 ns n.b. n.b. –0,5 ns +0,8 ns –0,8 ns ** ** ns ns ns ns ns ns * ns ns ns ** * ns ns ns * ns * ns ns n.b. +2,3** +3,6** +2,8 ns n.b. +2,5 ns –4,9** –2,3 ns –3,0* +7,1** +6,3** +0,4 ns n.b. +4,9* –0,7 ns n.b. +7,0** n.b. +1,3** –0,3 ns –1,6 ns +4,6** +5,5** n.b. –0,5 ns n.b. n.b. +1,0** +1,0 ns +2,6* 0 + ++ 0 – (–) –– (–) – (+) 0 (–) 0 ++ (+) ++ + 0 + 0 – + ++ (+) 0 0 ++ 0 0 + VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 207 Datensatz sample gesamt Berlin Stuttgart Soltau Stuttgart Soltau Berlin Eistage im vorherigen Winter – ice days in the previous winter Januartemperatur (Abweich. v. langj. Mittel) – mean January temperature gesamt +0,556* +0,727** -0,579* -0,793** -0,667** -0,867** Turdus philomelos Erithacus rubecula Sylvia atricapilla +0,624* +0,676** n.b. +0,682** n.b. -0,746** -0,566* -0,587* RK PS Nichtwald PS Wald -0,578* –0,648* PS Nichtwald -0,583* PS Wald -0,638* -0,701* n.b. PS gesamt –0,596* n.b. n.b. PS Nichtwald PS Wald n.b. n.b. Stuttgart -0,629* -0,574* -0,557* -0,767** -0,723** -0,556* -0,82** Berlin PS Ost-D -0,728* -0,588* PS West-D -0,579* -0,586* +0,651* -0,638* -0,746** PS gesamt n.b. n.b. -0,728* -0,614* -0,715** -0,878** PS gesamt -0,596* -0,728* -0,508* -0,607* -0,673** -0,642* +0,66* Phylloscopus collybita PS Nichtwald PS Wald -0,735** +0,697* +0,58* +0,65* +0,647* -0,539* +0,545* +0,678* +0,65* n.b. PS Ost-D +0,506(*) PS gesamt +0,636* +0,687* PS West-D +0,461(*) RK PS Ost-D +0,581* +0,66* Soltau -0,596* -0,657* -0,613* -0,631* -0,56* -0,556* -0,552* -0,692** gesamt Tage m. Schneedecke im vorherigen Winter – days with snow cover in the previous winter Prunella modularis Troglodytes troglodytes PS gesamt Lullula arborea PS West-D PS gesamt Picus viridis A) Winterempfindliche Jahresvögel, Teil- und Kurzstreckenzieher – winter-sensitive residents, partly and short-distance migrants Art species Anhang II: Korrelationen (Spearmans Rangkorrelation, zweiseitig) zwischen Winter-Wetterparametern und jährlichen Bestandsänderungen von Waldvogelarten in Deutschland (RK = Revierkartierung, PS = Punkt-Stopp-Zählungen): (*) = 0,05 < p < 0,1; * p < 0,05; ** p < 0,01; n.b. = nicht berechnet. – Correlations (Spearman’s rank, 2-tailed) between winter weather parameters and annual population changes in forest birds in Germany (RK = territory mapping, PS = point counts): (*) = 0.05 < p < 0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01; n.b. = not calculated. 208 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 PS gesamt RK Sturnus vulgaris +0,55* +0,578* -0,552* -0,722* -0,746** –0,789* -0,754** PS Ost-D -0,578* - -0,49(*) 0,629* -0,69* PS West-D -0,609* -0,671* -0,616* -0,65* -0,743* PS Gesamt -0,718* -0,944** RK Fringilla coelebs Certhia brachydactyla Sitta europaea PS gesamt RK PS gesamt RK PS gesamt RK PS West-D PS gesamt -0,691** -0,591* +0,541* +0,692** +0,585* PS Nichtwald PS West-D +0,579* PS Wald Parus cristatus +0,564* PS gesamt Parus major Parus caeruleus +0,594* PS West-D Parus montanus +0,689** +0,537* +0,725** +0,612* +0,546* +0,563* +0,774** +0,599* +0,656* PS gesamt PS West-D +0,612* +0,665* +0,546* PS gesamt RK Parus palustris Dendrocopos major n.b. n.b. +0,563* +0,598* * +0,642* +0,694* +0,557* +0,634* +0,772** +0,635 +0,59* +0,548* +0,67** +0,578* +0,533* +0,556* +0,644* +0,72* +0,65* +0,574* +0,622* +0,534* +0,727** +0,824* +0,837** C) Jahresvögel/Teilzieher mit positiven Korrelationen mit Kältewinter-Parametern – resident/partly migrant species showing positive correlations with severe winters Phylloscopus sibilatrix B) Langstreckenzieher mit negativen Korrelationen mit Kältewinter-Parametern – long-distance migrants showing negative correlations with severe winters PS gesamt Certhia familiaris -0,852** -0,625* PS gesamt PS Ost -0,758** RK Turdus merula Turdus viscivorus +0,58* +0,594* +0,587* -0,622* VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 209 +0,69* +0,541* +0,574* Berlin +0,631* Stuttgart +0,581* gesamt Soltau +0,547* Berlin 5/5 2/ 3 4/5 12/24 3/7 11/20 4/7 +0,559* 3/3 16/32 Summe Korrelationen Arten/Datensätze – total of correlations (species/ samples) -0,599* Ficedula hypoleuca PS gesamt 16/22 +0,697** PS gesamt 8/8 +0,771** RK Phylloscopus trochilus +0,541* PS Wald PS Ost-D +0,783* +0,809** +0,58* +0,781** PS West-D +0,782** PS gesamt Sylvia borin Jynx torquilla Stuttgart 7/15 +0,635* +0,754** +0,657* gesamt Tage mit Schneedecke im vorherigen Winter – days with snow cover in the previous winter D) Langstreckenzieher mit positiven Korrelationen mit Kältewinter-Parametern – long-distance migrants showing positive correlations with severe winters PS Ost PS Ost-D Pyrrhula pyrrhula gesamt +0,734* Stuttgart Soltau Berlin Soltau PS gesamt Coccothraustes coccothraustes Eistage im vorherigen Winter – ice days in the previous winter Januartemperatur (Abweich. v. langj. Mittel) – mean January temperature Datensatz sample Art species 210 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) 211 Anhang III: Korrelationen (Spearmans Rangkorrelation, zweiseitig) zwischen Frühjahrsniederschlägen und jährlichen Bestandsänderungen von Waldvogelarten in Deutschland (RK = Revierkartierung, PS = Punkt-Stopp-Zählungen): * p < 0,05; ** p < 0,01. – Correlations (Spearman’s rank, 2-tailed) between spring rainfall (April–June) and annual population changes in forest birds in Germany (RK = territory mapping, PS = point counts): * p < 0.05; ** p < 0.01. Art species Datensatz sample Niederschläge April–Juni – total rainfall April–June Vorjahresniederschläge April–Juni – total spring rainfall of the previous year Soltau Soltau Sylvia borin PS Wald -0,535* Aegith. caudatus RK -0,595* Parus palustris RK Parus ater RK PS gesamt Berlin Stuttgart gesamt Berlin -0,594* -0,67** -0,752** PS gesamt -0,569* Hippolais icterina PS gesamt -0,692** Phyll. collybita RK Oriolus oriolus RK -0,557* +0,582** +0,64* +0,697** -0,627* +0,574* PS gesamt RK -0,693** -0,552* PS Ost-D T. troglodytes PS Nichtwald Regulus ignicapillus RK Fic. hypoleuca -0,64* Rk Erithacus rubecula PS gesamt -0,67** PS West -0,552* PS Ost-D -0,684** PS Nichtwald -0,666** +0,783* +0,678* PS Ost-D +0,636* Turd. philomelos RK +0,638* Turd. viscivorus PS Ost-D +0,585* Parus cristatus PS gesamt +0,556* +0,713** PS West -0,578* +0,755** PS Ost C. brachydactyla PS gesamt Fringilla coelebs PS gesamt +0,556* Sturnus vulgaris RK -0,64* Summe Korrelationen (Arten/ Datensätze) gesamt -0,741** Anthus trivialis P. pyrrhula Stuttgart -0,719* 4/4 1/1 6/6 0 7/7 3/6 4/4 4/5 212 M. FLADE & J. SCHWARZ: Bestandsentwicklung von Waldvögeln in Deutschland 1989–2003 Anhang IV: Korrelationen (SPEARMANS Rangkorrelation, zweiseitig; z.T. U-Test nach MANN-WHITNEY) zwischen Waldbaumfruktifikation und jährlichen Bestandsänderungen von Waldvogelarten in Deutschland (RK = Revierkartierung, PS = Punkt-Stopp-Zählungen): (*) = 0,05 < p < 0,1; * p < 0,05; ** p < 0,01. Bedeutung der fettgedruckten Korrelationen siehe Text. – Correlations (SPEARMAN’S rank, 2-tailed, in some cases MANN-WHITNEY U-test) between forest tree seed crop and annual population changes in forest birds in Germany (RK = territory mapping, PS = point counts): (*) = 0.05 < p < 0.1; * p < 0.05; ** p < 0.01. Meaning of the bold correlations is explained in the text. Art species Datensatz sample Buche beech Eichen oaks Laubbäume deciduous Kiefer pine Fichte spruce Nadelbäume coniferous A) Baumsamenfressende Jahresvögel und Teilzieher mit positiven Korrelationen mit Waldbaumfruktifikationen – Resident and partly migrant species with positive correlations with forest tree seed crop Parus major PS-gesamt +0,599* +0,69** +0,685** PS West-D +0,677** +0,592* +0,59* +0,597* +0,583* PS Ost-D Parus caeruleus PS Wald +0,693* +0,56* +0,566* PS Nichtwald +0,563* +0,665* +0,623* RK-Daten +0,631* PS gesamt +0,775** +0,619* +0,666** PS West +0,746** +0,592* +0,652* +0,585* +0,648* PS Ost +0,782** Fringilla coelebs PS gesamt U-Test: * C. coccothraustes PS Ost-D +0,533* Sitta europaea RK-Daten +0,49(*) PS gesamt U-Test: * Columba palumbus +0,617* RK-Daten -0,571* +0,59* +0,597* PS Ost-D +0,686** +0,597* +0,687 +0,615* Dendrocopos major RK-Daten +0,595* +0,644* +0,606* +0,581* Parus palustris PS gesamt Parus montanus PS West-D Pyrrhula pyrrhula PS gesamt +0,684** PS Ost-D +0,551* PS gesamt +0,622* +0,582* +0,688* +0,579* +0,653* B) Arten mit negativen Korrelationen mit Waldbaumfruktifikationen – species with negative correlations with forest tree seed crop Reg. ignicapillus RK-Daten Regulus regulus RK-Daten Ficedula hypoleuca RK-Daten Turdus viscivorus RK-Daten -0,79** -0,593* -0,66* -0,566* -0,61* -0,631* C) Vorwiegend carnivore (insektivore) Arten mit positiven Korrelationen mit Waldbaumfruktifikationen – predominantly carnivorous (insectivorous) species with positive correlations with forest tree seed crop Picus viridis PSNichtwald +0,628* +0,628* Jynx torquilla PS gesamt +0,766** +0,778* PS Ost-D +0,788** +0,803** +0,647* +0,667** Prunella modularis RK-Daten Erithacus rubecula PS gesamt PS Nichtwald +0,62* +0,535* +0,737** +0,573* +0,681** VOGELWELT 125: 177 – 213 (2004) Art species Datensatz sample Turd. philomelos Sturnus vulgaris Eichen oaks Laubbäume Kiefer decidous pine Fichte spruce PS gesamt +0,61* +0,681* +0,769** PS gesamt +0,633* +0,617* +0,624* PS West-D Oriolus oriolus 213 Buche beech +0,574* +0,661* PS Ost-D +0,633* RK-Daten +0,629* +0,592* PS gesamt Summe Korrelationen (Arten/ Datensätze) – total of correlations (species/samples) Nadelbäume coniferous +0,566* 8/16 11/20 10/19 2/2 10/11 9/10