Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen

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Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
 Branchenprofil
Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Dr. Claus Bauer
Gergana Petkova
Report Nr. 884
Wiesbaden 2015
Eine Veröffentlichung der
HA Hessen Agentur GmbH
Postfach 1811
D-65008 Wiesbaden
Konradinerallee 9
D-65189 Wiesbaden
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Vorsitzender des Aufsichtsrates:
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Folke Mühlhölzer (Vorsitzender), Dr. Rainer Waldschmidt
Tarek Al-Wazir,
Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit Quellenangabe gestattet.
Belegexemplar erbeten.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Inhalt
Seite
Vorwort
I Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen im Überblick
1 Beschäftigte
3 Unternehmenslandschaft: Betriebe und bedeutende Unternehmen
4 Umsatz
9 Produktpalette und Produktionsschwerpunkte
10 Internationales: Außenhandel, Direktinvestitionen und Eigentumsverhältnisse
11 Forschung und Entwicklung
14 Umwelt und Energie
16 Cluster und Netzwerke
19 Fachkräftenachwuchs
19 Ausblick
20 Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
II
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
Hessens Wirtschaftskraft basiert nicht allein auf
einem starken Dienstleistungssektor. Unser Land
ist auch für viele Industriezweige ein wichtiger
Standort.
Das Branchenprofil „Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen“ – im Auftrag meines Ministeriums von der Hessen Agentur erstellt – zeichnet
ein anschauliches Bild der Bedeutung, Vielfalt
und Leistungsfähigkeit dieses Wirtschaftszweigs mit seinen über 35.000 Beschäftigten in
Hessen. Namen bekannter Großunternehmen (z.B. Continental, Goodyear Dunlop, Pirelli)
stehen ebenso für Qualität „Made in Hessen“ wie die zahlreichen Mittelständler der Branche.
Die Landesregierung ist bestrebt, günstige und stabile Rahmenbedingungen für die heimische Industrie zu schaffen und damit zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sowie zur
Sicherung des Wohlstands beizutragen. Nach meiner Überzeugung wird nachhaltiges
Wirtschaften eine zunehmend wichtigere Rolle spielen. Ökologie und Ökonomie sind keine Gegensätze. So schonen Investitionen in die effizientere Nutzung von Energie und
Rohstoffen nicht nur die Umwelt, sondern eröffnen Unternehmen auch neue Chancen –
sei es durch optimierte Produktionsverfahren, sei es durch Produktinnovationen, mit denen neue Geschäftsfelder und Absatzmärkte erschlossen werden können.
Weitere Branchenprofile bedeutender hessischer Industriezweige stehen Ihnen unter
www.hessen-agentur.de  Wirtschafts- & Regionalforschung  Wirtschaft & Strukturwandel zum Download zur Verfügung.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Tarek Al-Wazir,
Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung
I
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
II
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen im Überblick
Beschäftigte
Die Zahl der Beschäftigten1 in der Gummi- und Kunststoffindustrie – verstanden im Sinne der „Herstellung von Gummi- und
Kunststoffwaren“ der amtlichen Statistik – belief sich in Hessen
2013 auf 35.376 Personen. Dies entspricht einem Anteil an allen Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes in Hessen von
8,8 % und an der Branche deutschlandweit von 9,4 %.
Betriebe
224 Betriebe zählten 2013 zur hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie. Die meisten Betriebe und auch die höchste Anzahl der Beschäftigten weist der Main-Kinzig-Kreis auf.
Bedeutende
Unternehmen
In Hessen sind zahlreiche bedeutende Unternehmen der Gummi- und Kunststoffbranche vertreten. Beispiele sind Brita, Continental, Decoma, Goodyear Dunlop Tyres, Hübner, Kalle, Koziol,
und Pirelli.
Umsatz
2013 erzielte die Branche einen Umsatz von 7,7 Mrd. Euro, wobei die Herstellung von Gummiwaren 51,7 % zum Gesamtumsatz beisteuerte, die Herstellung von Kunststoffwaren entsprechend 48,3 %. Damit unterscheidet sich die Spartenstruktur
in Hessen erheblich von der auf Bundesebene, wo der Gummiindustrie nur ein Anteil von 22,5 % zukommt.
Internationales
Die Exportquote der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie lag 2013 bei 31,8 %, d.h. 2,5 Mrd. Euro waren Umsatz mit
dem Ausland. Die ausländischen Direktinvestitionen in der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie summierten sich zum
Jahresende 2012 auf einen Bestand von 1,7 Mrd. Euro.
Umwelt und Energie
Die Umweltschutzinvestitionen beliefen sich 2012 auf 7,2 Mio.
Euro, wobei der wichtigste Investitionsbereich der Klimaschutz
war. Die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie verbrauchte
2013 2,4 Mio. MWh Energie – 6,8 % des Gesamtverbrauchs
des hessischen Verarbeitenden Gewerbes.
Fachkräftenachwuchs Im Wintersemester 2013/2014 waren an den hessischen Hochschulen 20.934 Studierende in Chemie und Maschinenbau / Verfahrenstechnik eingeschrieben. Die Betriebe der Gummi- und
Kunststoffindustrie beschäftigten 2013 1.505 Auszubildende.
1
Mit Ausnahme der Angaben zu einzelnen Unternehmen und zur Ausbildung beziehen sich alle Angaben zu Beschäftigten, Betrieben, Umsätzen, Umweltschutzinvestitionen und Energieverbrauch im vorliegenden Branchenprofil auf Betriebe von Unternehmen
mit mindestens 20 Beschäftigten. Informationen zu einzelnen Unternehmen (z.B. Zahl der Mitarbeiter, Produktpalette, Eigentumsverhältnisse) beruhen auf Recherchen der Hessen Agentur.
1
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Gummi- und Kunststoffindustrie1 in Hessen 2013: Wichtige Indikatoren zur Bedeutung der Branche im
Vergleich mit anderen Industriebranchen
Anteil am
Verarbeit.
absolut Gewerbe
Hessens
in %
Beschäftigte
Anteil an der
Gummi- und
KunststoffAutomobil
industrie
Deutschlands
in %
Zum Vergleich:
Chemie
und
Pharma
Elektro
Ernährung
Maschinenbau
Metall
absolut
35.376
8,8
9,4
49.498
59.212
49.413
34.838
43.790
51.856
224
8,1
7,0
70
184
315
362
380
420
Umsatz (in Mio. €)
7.738
7,0
10,4
15.559
28.005
9.492
9.538
9.971
14.391
Auslandsumsatz
(in Mio. €)
2.458
4,4
9,0
9.697
19.005
4.914
1.873
5.973
6.407
Betriebe
1 Unter der Gummi- und Kunststoffindustrie wird im Folgenden – unter Anlehnung an die amtliche Statistik – die Abteilung „Herstellung von
Gummi- und Kunststoffwaren“ der Wirtschaftszweigsystematik WZ 2008 verstanden. Die Herstellung von Kunststoffen und synthetischem
Kautschuk in Primärformen ist in der Wirtschaftszweigsystematik hingegen Teil der Chemischen Industrie und somit Gegenstand des
Branchenprofils „Chemische und Pharmazeutische Industrie in Hessen“.
Quelle: destatis, HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
2
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Beschäftigte
35.376 Beschäftigte hatten im Jahr 2013 ihren Arbeitsplatz in der heimischen Gummi- und
Kunststoffindustrie, was 8,8 % der Beschäftigten des hessischen Verarbeitenden Gewerbes entspricht. Damit sind 9,4 % aller Branchenmitarbeiter bundesweit in der hessischen
Gummi- und Kunststoffindustrie tätig.
Die Abbildung zeigt, dass die Beschäftigung in der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie aufgrund der weltweiten Rezession im Jahr 2009 deutlich gegenüber dem Vorjahr
zurückgegangen ist – und zwar mit 6,3 % sogar etwas stärker als im hessischen Verarbeitenden Gewerbe insgesamt (-5,3 %). Sehr schnell wurde der Beschäftigungsabbau jedoch gestoppt, ja sogar die Anzahl der Beschäftigten bereits im Jahr 2010 wieder erhöht,
so dass Ende 2011 wieder der Beschäftigungsstand vor der Krise erreicht werden konnte.
Trotz weltweit recht schwacher Konjunktur stellte die Gummi- und Kunststoffbranche in
Hessen auch 2012 (+0,5 %) und 2013 (+2,1 %) per Saldo weiterhin Personal ein – mehr
als im Durchschnitt des hessischen Verarbeitenden Gewerbes (+0,2 % bzw. +0,3 %).
Entwicklung der Beschäftigung in der Gummi- und Kunststoffindustrie sowie im Verarbeitenden
Gewerbe in Hessen und Deutschland 2009 – 2013
in % zum
Vorjahr
6
in % zum
Vorjahr
6
Gummi- und Kunststoffindustrie
4
4
2
2
0
0
-2
-2
-4
-4
Beschäftigte 2013
(in 1.000):
-6
Hessen
Deutschland
35,4
Verarbeitendes Gewerbe
Beschäftigte 2013
(in 1.000):
-6
Hessen
378,1
-8
-8
2009
2010
2011
2012
2013
400,0
Deutschland 5.948,8
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: destatis, HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
3
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Unternehmenslandschaft: Betriebe und bedeutende Unternehmen
Die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie zählte 2013 224 Betriebe (2012: 223), wovon 196 Betriebe auf die Produktion von Kunststoffwaren entfallen. 28 Betriebe sind der
Herstellung von Gummiwaren zuzuordnen. Bei insgesamt 26 Betrieben der Branche handelt es sich um Großbetriebe, d.h. um Betriebe, in denen 250 und mehr Beschäftigte tätig
sind. 56,1 % der Beschäftigten der Branche haben in diesen Großbetrieben ihren Arbeitsplatz und erwirtschaften 66,7 % des Branchenumsatzes. Die Größenstruktur der Gummiund Kunststoffindustrie – gemessen an der Bedeutung dieser Großbetriebe – entspricht
damit in etwa der des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Innerhalb der Branche ist
festzustellen, dass in der Gummiindustrie die Konzentration von Umsatz und Beschäftigung auf Großbetriebe beträchtlich höher ausfällt als in der Kunststoffindustrie.
Größenstruktur der Gummi- und Kunststoffindustrie* und des Verarbeitenden Gewerbes in Hessen im
Jahr 2013 – Anteil der Großbetriebe** an Zahl der Betriebe, Beschäftigten und Umsatz
11,2
Betriebe
Gummi- und Kunststoffindustrie
10,6
Verarbeitendes Gewerbe
56,1
Beschäftigte
60,3
66,7
Umsatz
71,6
0
20
40
60
80
100
Anteil in %
* Angaben der Gummi- und Kunststoffindustrie für das Jahr 2012.
** Großbetriebe: Betriebe mit 250 und mehr Beschäftigten
HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
Diesem Strukturmerkmal entsprechend lassen sich regionale Schwerpunkte im Wesentlichen für die Gummiindustrie beobachten:2
2
4
Ein unmittelbarer Vergleich der im nachfolgenden Text dargestellten Rechercheergebnisse mit der umseitigen Karte, die auf
Angaben der amtlichen Statistik beruht, ist nicht möglich. Dies vor allem aus zwei Gründen: Erstens liegt den Daten der amtlichen
Statistik die Betriebsebene zugrunde, während sich die Angaben im Text weitgehend auf Unternehmen beziehen. Zweitens ist
insbesondere bei breitem Produktspektrum nicht immer zweifelsfrei erkennbar, welcher Branche ein Unternehmen zuzuordnen ist
(z.B. Chemie oder Gummi / Kunststoff bzw. Maschinenbau oder Elektrotechnik).
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Regionale Verteilung der Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen im Jahr 2013
Quelle: HSL, Hessen Agentur auf Kartengrundlage der GfK Geomarketing GmbH.
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Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Südhessen
Differenziert nach Regionen weist Südhessen die meisten Betriebe wie auch die meisten
Beschäftigten in der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie auf. So ist der MainKinzig-Kreis der Hauptstandort der Branche in Hessen, wozu insbesondere zwei Unternehmen einen wesentlichen Beitrag leisten. Dies ist zum einen die Goodyear Dunlop
Tires Germany GmbH mit Sitz in Hanau. Rund 2.200 Beschäftigte zählt der Standort, der
nicht nur der Hauptsitz des Unternehmens in Deutschland ist, sondern an dem neben
dem Reifenwerk noch die europäische Reifenforschung und Reifenentwicklung konzentriert ist. Zum anderen ist die Veritas AG in Gelnhausen zu nennen, die über 1.600
Mitarbeiter vor Ort beschäftigt, und in den Kompetenzbereichen Fluid-Systeme, MouldingSysteme und Thermo-Systeme Systemlösung für die Automobilindustrie anbietet. Beispiele für weitere Anbieter der Gummi- und Kunststoffindustrie im Main-Kinzig-Kreis sind die
Norma Group SE, die in Maintal mit knapp 700 Mitarbeitern Verbindungs- und Befestigungstechnik u.a. aus Kunststoff produziert, die WOCO Industrietechnik GmbH in Bad
Soden-Salmünster (rund 650 Mitarbeiter vor Ort, zugleich die Unternehmenszentrale der
weltweit tätigen WOCO-Gruppe), die im Bereich Akustik, Aktuatorik und Polymertechnik
Produkte insbesondere für die Automobilindustrie herstellt, und die ALSA GmbH in Steinau, ein Hersteller von Laufsohlen und Fußbettungen, die am dortigen Stammsitz gut 200
Personen beschäftigt.
Der Odenwaldkreis – genauer gesagt Breuberg im Odenwald – ist ebenfalls ein traditionell
bedeutender Standort der Gummiindustrie. Dort befindet sich die Zentrale der Pirelli
Deutschland GmbH, das neben Mailand wichtigste Forschungs- und Entwicklungszentrum für PKW-Reifen des Pirelli-Konzerns sowie eine große Produktionsstätte für PKWund LKW-Reifen. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen dort rund 2.300 Personen. Im
Odenwald ist auch die Trelleborg Group tätig, die ebenfalls in Breuberg in einem zur TrelleborgVibracoustic GmbH – die ihre Unternehmenszentrale in Darmstadt hat – gehörenden Werk Antivibrationslösungen für PKW und Nutzfahrzeuge fertigt. In Reichelsheim
ist die Freudenberg Gruppe mit der Freudenberg Sealing Technologies GmbH & Co.
KG aktiv. Über 450 Mitarbeiter entwickeln und produzieren dort Spezialdichtungen und
Membrane für die Industrie. Ein weit über die Grenzen Hessens hinaus bekanntes Unternehmen der Kunststoffindustrie im Odenwald ist die Koziol >> ideas for friends GmbH
(knapp 200 Mitarbeiter am Unternehmenssitz in Erbach), die hochwertige Designprodukte
herstellt und weltweit vertreibt. Als weiteres Unternehmen der Branche im Odenwald ist
die Röchling Oertl Kunststofftechnik GmbH in Brensbach zu nennen, die mit gut 150
Mitarbeitern auf technische Kunststoffteile für die Medizintechnik spezialisiert ist.
Im benachbarten LK Bergstraße ist der global tätige Parker Hannifin Konzern vertreten:
Mit der Parker Hannifin Manufacturing Germany GmbH & Co. KG ist Lampertheim Sitz
der Polyflex Division Europe, die zugleich Fertigungseinrichtung ist. Die Division stellt
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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Hoch- und Höchstdruckschläuche aus Thermoplasten her und ist in Lampertheim Arbeitgeber für knapp 200 Beschäftigte. Ein Beispiel für ein größeres mittelständisches Unternehmen im LK Bergstraße ist die Sanner GmbH in Bensheim – über 200 Beschäftigte
produzieren dort hochwertige Kunststoffverpackungen und Komponenten für Pharma-,
Medizin- und Haushaltsprodukte. Zu nennen ist ebenfalls die ISL Schaumstoff-Technik
GmbH in Viernheim, die mit 160 Beschäftigten vor Ort technische Produktlösungen und
Verpackungen aus Schaumstoff entwickelt und fertigt.
Die Landeshauptstadt Wiesbaden ist ebenfalls Standort der heimischen Gummi- und
Kunststoffindustrie: So sind hier u.a. der Wursthüllen- und Schwammtuchhersteller Kalle
GmbH mit rund 750 Mitarbeitern und die Mitsubishi Polyester Film GmbH – ein Hersteller von Polyesterfolien, der im Herbst 2014 die Produktion in Wiesbaden durch ein Werk
zur Herstellung von Verbundplatten erweitert hat – mit gut 500 Beschäftigten ansässig.
Weitere Unternehmen der Branchen in Südhessen sind u.a. die Decoma Exterior Systems GmbH in Obertshausen (Hersteller von Stoßfängern für Fahrzeuge mit über 1.000
Beschäftigten vor Ort), der Tischwasserfilterhersteller Brita GmbH in Taunusstein, wo
rund die Hälfte der weltweit knapp 1.200 Beschäftigten des Unternehmen tätig ist, die
Resopal GmbH in Groß-Umstadt (über 600 Mitarbeiter) – Hersteller des gleichnamigen
Schichtstoffes –, der Produzent von Formschaumteilen sowie kompletten Kopfstützen und
Armlehnmodulen für Autositze Proseat GmbH & Co. KG in Mörfelden-Walldorf (Unternehmenszentrale) und in Rüsselsheim (Produktionsstandort), die GESA Form + Funktion Displaybau GmbH, die Displays und Warenträger für die Kosmetik- und Verbrauchsgüterindustrie herstellt und für die die überwiegende Zahl der weltweit über 300
Beschäftigten am Hauptsitz in Dreieich arbeitet, die SENATOR GmbH & Co. KGaA in
Groß-Biberau (rund 300 Beschäftigte vor Ort) – bekannt als Hersteller von Kugelschreibern mit und ohne Werbeanbringung, die Riegler GmbH & Co. KG in Mühltal und OberRamstadt im LK Darmstadt-Dieburg, welche mit annähernd 250 Beschäftigten Medizinprodukte und Kosmetikpackmittel aus Kunststoff fertigt, der Verpackungsspezialist
Schlaadt-Plastics GmbH in Lorch (knapp 200 Beschäftigte), die Polytec Plastics Idstein GmbH & Co KG aus Idstein, welche mit ebenfalls rund 200 Mitarbeitern Kunststoffkomponenten für den Automotivebereich fertigt, die Precision Dispensing Solutions
Europe GmbH, Hersteller von Aerosolventilen in Hattersheim (mehr als 200 Beschäftigte)
und die Aero Pump GmbH in Hochheim, Hersteller von Applikationssystemen für die
Pharmaindustrie (knapp 200 Beschäftigte).
Mittelhessen
Die meisten Beschäftigten der Gummi- und Kunststoffindustrie in Mittelhessen sind im LK
Marburg-Biedenkopf tätig. Biedenkopf selbst ist der Sitz der Elkamet Kunststofftechnik
GmbH, die im benachbarten Dautphetal noch über einen weiteren Standort in Hessen
7
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
verfügt. Elkamet produziert mit insgesamt rund 850 Mitarbeitern an vier Standorten Spezialprofile, Kraftstoffbehälter für Fahrzeuge sowie Leuchtenkörper aus Kunststoff. In Dautphetal ist auch die Zentrale der Firmengruppe Roth Industries GmbH & Co. KG
ansässig, die weltweit über 1.100 Mitarbeiter zählt. Am Standort werden im größten Unternehmen der Gruppe, der Roth Werke GmbH, verschiedenste Produkte von Heiz- und
Kühlsystemen über Komplettduschen bis hin zu Behältersystemen produziert. Kunststoffprodukte vornehmlich für die Bereiche Automotive, Gebäude- und Hausgerätetechnik sowie Heiztechnik stellen das Portfolio der Weber GmbH & Co. KG Kunststofftechnik und
Formenbau aus Dillenburg dar, die dort rund 550 Beschäftigte zählt.
Nordhessen
Ein Großteil der Beschäftigten der Gummi- und Kunststoffindustrie in Nordhessen arbeitet
in Betrieben im LK Waldeck-Frankenberg. So zählt Korbach zu den größten Standorten
der Branche in Hessen. Dort beschäftigt der Continental Konzern in den Bereichen Reifen, ContiTech sowie Chassis & Safety rund 3.300 Beschäftigte – Reifen aller Art vom
Industriereifen über PKW- und Nutzfahrzeugreifen bis hin zum Fahrradreifen sowie
Schläuche (z.B. Kraftstoffschläuche und Bremsschläuche) werden in Korbach hergestellt.
Seit Sommer 2014 wird in Korbach zudem an einem so genannten „High Performance
Technology Center“ gebaut, in dem ab 2016 Hochleistungsreifen entwickelt und produziert werden. Ein weiteres Unternehmen im LK Waldeck-Frankenberg ist die HEWI Heinrich Wilke GmbH, die im benachbarten Bad Arolsen ihren Hauptsitz mit knapp 500
Beschäftigten hat. Das Unternehmen produziert vor allem Beschläge, Sanitärprodukte
und Produkte für Barrierefreies Wohnen. Ebenfalls in Bad Arolsen ist die ALMO-Erzeugnisse Erwin Busch GmbH (rund 350 Beschäftigte vor Ort) ansässig, Hersteller von
medizinischen Einmalspritzen unterschiedlichster Art.
Der überwiegende Teil der Beschäftigten der Gummi- und Kunststoffindustrie im LK Fulda
arbeitet im Reifenwerk in Fulda (zur Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH gehörend), wo rund 1.500 Mitarbeiter Reifen für PKW, SUV und Leicht-LKW der gleichnamigen
Marke produzieren. Nicht weit entfernt von Fulda, in Eichenzell, stellt die KCL GmbH
Schutzhandschuhe aller Art her. Rund 200 Personen sind dort in der Firmenzentrale und
in der Produktion tätig.
In und um Kassel sind ebenfalls Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie ansässig. So ist die Hübner GmbH & Co. KG mit drei Standorten in Kassel zu nennen, die dort
mit rund 900 Beschäftigten eine umfangreiche Produktpalette von Faltenbälgen (nicht nur
für Züge und Busse, sondern bspw. auch für Fluggastbrücken) bis Stoßstangen herstellen. Kassel ist zudem Unternehmenssitz der Technoform Group, für die im Raum Kassel
rund 500 Mitarbeiter tätig sind. So z.B. in Fuldabrück die Technoform Bautec Kunststoffprodukte GmbH (Isolierprofile für die Bauindustrie), in Lohfelden die Technoform Glass
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HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Insulation GmbH (thermisch isolierende Komponenten für Fensterrahmen) und ebenfalls
in Lohfelden die Technoform Kunststoffprofile GmbH. Ebenfalls in Kassel ansässig ist das
Unternehmen WEGU, das dort Arbeitgeber für über 200 Beschäftigte in den Bereichen
Leichtbau und Schwingungsdämpfung ist.
Weitere Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie in Nordhessen sind u.a. die
Friedola® Gebr. Holzapfel GmbH in Meinhard im Werra-Meißner-Kreis, die u.a. Baubedarfs- und Haushaltsartikel aus Kunststoff, Heimtextilien und Freizeitartikel herstellt und
die Horn & Bauer GmbH & Co. KG in Schwalmstadt (rund 200 Mitarbeiter) – Spezialist
für die Herstellung und Veredelung von funktionellen Schutz- und Verpackungsfolien.
Umsatz
Die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie erzielte im Jahr 2013 einen Umsatz in
Höhe von 7,7 Mrd. Euro. Damit wurden 7,0 % des Umsatzes des hessischen Verarbeitenden Gewerbes und 10,4 % des Branchenumsatzes deutschlandweit von der Gummiund Kunststoffindustrie in Hessen erwirtschaftet. Im Vergleich etwa zum Maschinenbau, in
dem der „Spitzenreiter“ Baden-Württemberg einen knapp siebenmal so hohen Umsatz als
der hessische Maschinenbau aufweist, fällt die räumliche Konzentration der Gummi- und
Kunststoffindustrie erheblich geringer aus: Die nordrhein-westfälische Gummi- und Kunststoffindustrie – als umsatzstärkste aller Bundesländer – erzielt lediglich annähernd doppelt so viel Umsatz wie die Branche in Hessen.
Wie hat sich der Umsatz der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie in den letzten
Jahren entwickelt?: Im Zuge der weltweiten Rezession 2009 ging der Umsatz um 9,2 %
gegenüber dem Vorjahr zurück, womit der Rückgang allerdings geringer als im Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes (-13,2 %) und ebenfalls geringer als in der Branche
auf Bundesebene (-18,3 %) ausfiel. Bereits 2010 konnte die hessische Gummi- und
Kunststoffindustrie wieder ein deutliches Umsatzplus erzielen, das 2011 nochmals übertroffen wurde. Wachstumstreiber war die kräftige Inlandsnachfrage vor allem für die
Gummiindustrie, die wesentlich auf die ausgezeichnete Automobilkonjunktur zurückzuführen war. Diese positive Entwicklung konnte – in einem allgemein recht schwachen konjunkturellen Umfeld – weder 2012 (-2,4 %) noch 2013 (-2,8 %) fortgeschrieben werden, da
die leicht expansiven Impulse aus dem Ausland den geringeren Inlandsumsatz nicht kompensieren konnten. Damit bleibt 2013 die Branche in Hessen hinter der auf Bundesebene
(+1,2 %) und ebenfalls hinter der Umsatzentwicklung im hessischen Verarbeitenden Gewerbe insgesamt (-0,2 %) zurück.
9
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Umsatzentwicklung in der Gummi- und Kunststoffindustrie sowie im Verarbeitenden Gewerbe in Hessen und Deutschland 2009 – 2013
in % zum
Vorjahr
20
in % zum
Vorjahr
20
Gummi- und Kunststoffindustrie
15
15
10
10
5
5
0
0
-5
-5
Verarbeitendes Gewerbe
-10
-10
Umsatz 2013
(in Mrd. Euro):
-15
Hessen
Deutschland
-20
2009
2010
2011
2012
7,7
74,3
2013
Umsatz 2013
(in Mrd. Euro):
-15
Hessen
110,1
Deutschland 1.737,6
-20
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: destatis, HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
Produktpalette und Produktionsschwerpunkte
Die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie stellt ein sehr breites Spektrum an Produkten her, die im Wesentlichen als Vorleistungsgüter an andere Unternehmen abgesetzt
werden, aber auch zum Teil in den Privaten Haushalten (z.B. Haushaltswaren) Verwendung finden. Zu den wichtigsten Anwendungsbereichen der Erzeugnisse gehören die Automobilindustrie, Verpackungen aller Art und das Baugewerbe. Zum Teil werden in der
Branche auch so genannte Halbzeuge anderer Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie weiterverarbeitet.
Jeweils rund die Hälfte des Umsatzes der Branche in Hessen entfällt auf die Herstellung
von Gummiwaren (51,7 %), d.h. Produkte aus Natur- oder Synthesekautschuk, bzw. auf
die Herstellung von Kunststoffwaren (48,3 %). Damit unterscheidet sich die Struktur der
hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie erheblich von der auf Bundesebene, wo der
Umsatz überwiegend mit der Produktion von Kunststoffwaren (77,5 %) erwirtschaftet wird.
Dieser Unterschied ist auf die Reifenindustrie zurückzuführen, die in Hessen mit mehreren
Großunternehmen prominent vertreten ist: In Hessen werden Reifen aller Art hergestellt –
von PKW-Reifen, LKW-Reifen, Motorradreifen und Fahrradreifen über Reifen für industrielle Einsatzzwecke bis hin zu Reifen für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Zu den so ge-
10
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
nannten sonstigen Gummiwaren zählen u.a. Schläuche, Dichtungen (z.B. Profile und Ringe), aber auch z.B. Schuhteile aus Gummi.
Gummi- und Kunststoffindustrie: Umsatz nach Sparten in Hessen und Deutschland im Jahr 2013
Herstellung von ...
Hessen
Deutschland
in Mio. Euro
in %
4.000
51,7
16.701
22,5
Bereifungen und Runderneuerung von Bereifungen
n.a.
n.a.
6.770
9,1
sonstigen Gummiwaren
n.a.
n.a.
9.931
13,4
Kunststoffwaren
3.737
48,3
57.574
77,5
Platten, Folien usw. aus Kunststoffen
1.750
22,6
19.742
26,6
Verpackungsmitteln aus Kunststoffen
422
5,5
8.456
11,4
Baubedarfsartikeln aus Kunststoffen
445
5,8
6.923
9,3
sonstigen Kunststoffwaren
1.121
14,5
22.453
30,2
Insgesamt
7.738
100,0
74.275
100,0
Gummiwaren
in Mio. Euro
in %
n.a.: Zahlenwert geheim zu halten.
Quelle: destatis, HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
Die Herstellung von Kunststoffwaren (3,7 Mrd. Euro Umsatz in Hessen im Jahr 2013) umfasst die Produktion von Halbfertig- oder Fertigwaren mittels Verfahren wie Extrudieren,
Spritzgießen, Kalandrieren oder Blasformen. Die Herstellung von Platten, Folien, Schläuchen und Profilen aus Kunststoff ist hierbei die umsatzstärkste Untergruppe (22,6 %). Die
„sonstigen Kunststoffwaren“ (14,5 %) bestehen aus einer breiten Palette an Produkten,
die von Haushaltswaren und Toilettenartikeln über Büro- und Schulbedarf bis hin zu Möbelbeschlägen reicht. Der Herstellung von Verpackungsmitteln (z.B. Beutel, Folien und
Flaschen) bzw. Baubedarfsartikeln (Türen, Fenster, Rollläden, Bodenbeläge, Dämmstoffe
etc.) kommt ein vergleichsweise geringer Stellenwert (5,5 % bzw. 5,8 %) zu.
Internationales: Außenhandel, Direktinvestitionen
und Eigentumsverhältnisse
Der hessische Gummi- und Kunststoffindustrie erwirtschaftete 2013 einen Umsatz in
Höhe von 7,7 Mrd. Euro. Hiervon entfielen 2,5 Mrd. Euro auf den Umsatz mit dem Ausland, was einer Exportquote von 31,8 % (Deutschland: 36,8 %) entspricht. Im Vergleich
zum Verarbeitenden Gewerbe, bei dem die Exportquote in Hessen 50,9 % (Deutschland:
46,0 %) beträgt, ist die Exportorientierung der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie
deutlich geringer, wobei die Exportquote des Gummiwaren produzierenden Segments
(27,5 %) nochmals unter der Quote der Branche insgesamt liegt.
11
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Hessischer Außenhandel1 mit Gummi- und Kunststoffwaren im Jahr 2013: Import- und Exportvolumen2
sowie wichtigste Handelspartner
Import
Export
Italien
10,6
Tschech. Rep.
10,0
Ungarn
7,8
Rumänien
7,2
VR China
6,6
0
5
Import insgesamt:
2.815 M io. Euro
10
15
20
Anteil an insgesamt in %
USA
8,2
Frankreich
8,1
UK
7,8
Österreich
6,1
Niederlande
5,8
0
5
Export insgesamt:
2.987 M io. Euro
10
15
20
Anteil an insgesamt in %
1
Die Angaben beziehen sich auf Fertigwaren. Über die Fertigwaren hinaus werden zwar auch Halbwaren, d.h. Erzeugnisse, die
erst verhältnismäßig gering bearbeitet sind, sowie Rohstoffe gehandelt. Bei diesen Warengruppen ist eine Zuordnung zu einem
bestimmten Wirtschaftszweig jedoch kaum möglich.
2
Eine Saldierung der Ein- und Ausfuhrwerte ist aufgrund unterschiedlicher Erfassungskonzepte nicht statthaft.
Quelle: HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
2013 importierte Hessen Gummi- und Kunststoffwaren im Wert von 2,8 Mrd. Euro. Italien
war das bedeutendste Lieferland. Es folgen mit der Tschechischen Republik, Ungarn und
Rumänien drei „neue“ EU-Mitglieder, was für die dynamische Entwicklung der dortigen
Gummi- und Kunststoffindustrie steht. Insgesamt gesehen stellten im Jahr 2013 Gummiund Kunststofferzeugnisse 4,8 % der gesamten hessischen Einfuhr von Fertigwaren.
Der Wert der aus Hessen exportierten Gummi- und Kunststoffwaren belief sich auf
3,0 Mrd. Euro. Die USA, Frankreich und das Vereinigte Königreich belegen nahezu gleichauf die ersten drei Ränge. 6,0 % der hessischen Fertigwarenausfuhren des Jahres 2013
bestanden aus Gummi- und Kunststoffwaren.
Direktinvestitionen3 sind neben dem Außenhandel ein weiterer Indikator für die internationale Verflechtung einer Branche. Auf 260 Mio. Euro belief sich der Direktinvestitionsbestand der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie im Ausland zum Jahresende 2012.
3
12
Eine Direktinvestition ist eine grenzüberschreitende Investition, mit dem Ziel, eine dauerhafte (Kapital-)Beteiligung an einem
Unternehmen im Ausland herzustellen. Zu beachten ist, dass Direktinvestitionen zunächst nur Kapitalbewegungen zwischen Inund Ausland widerspiegeln, d.h. es können unmittelbar weder die Motive des Investors daraus abgeleitet werden noch können
z.B. Fragen, inwieweit Direktinvestitionen Realkapital schaffen oder zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen, beantwortet werden. Datenquelle der (vorläufigen) Angaben ist die Bestandsstatistik der Deutschen Bundesbank.
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Im Gegenzug hatte das Ausland ein Vielfaches dieser Summe – nämlich 1,7 Mrd. Euro –
in der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie investiert.
Die Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Branche in Hessen geben –
auf der Ebene der Unternehmensverflechtungen – ebenfalls einen Einblick in die Internationalität der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie, wobei die zum Teil komplexen
Verflechtungen bisweilen eine eindeutige Aussage erschweren. Zu dieser Perspektive des
investiven Engagements in der nachfolgenden Tabelle tritt sozusagen noch die Gegenrichtung: Zahlreiche Unternehmen der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie sind im
Ausland aktiv und unterhalten dort z.B. Produktionsstätten oder Vertriebseinrichtungen.
Eigentumsverhältnisse bedeutender Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Unternehmen
Konzernmutter
Sitz Unternehmen bzw.
Sitz Konzernmutter
Aero Pump GmbH
Familienbesitz
Deutschland
ALMO-Erzeugnisse Erwin Busch GmbH
mehrheitlich B.Braun Melsungen AG (Familienbesitz)
Deutschland
ALSA GmbH
Birkenstock GmbH & Co. KG
Deutschland
Brita GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Continental Konzern
börsennotiert, größter Aktionär Schaeffler Gruppe
Deutschland
Decoma Exterior Systems GmbH
Magna International Inc.
Kanada / Österreich
Elkamet Kunststofftechnik GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Friedola® Gebr. Holzapfel GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Freudenberg Sealing Technologies GmbH &
Co. KG
Freudenberg SE (Familienbesitz)
Deutschland
GESA Form + Funktion Displaybau GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH
Goodyear Tire & Rubber Corp.
USA
HEWI Heinrich Wilke GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Horn & Bauer GmbH & Co. KG
Familienbesitz
Deutschland
Hübner GmbH & Co. KG
Familienbesitz
Deutschland
ISL Schaumstoff-Technik GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Kalle GmbH
mehrheitlich Silverfleet Capital Partners LLP
Vereinigtes Königreich
KCL GmbH
Honeywell International Inc.
USA
Koziol >> ideas for friends GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Mitsubishi Polyester Film GmbH
Mitsubishi Chemical Holdings Corp.
Japan
Norma Group SE
börsennotiert, Streubesitz
Deutschland
Parker Hannifin Manufacturing Germany
GmbH & Co. KG
Parker Hannifin Corp.
USA
Pirelli Deutschland GmbH
Pirelli Tyre S.p.A.
Italien
Polytec Plastics Idstein GmbH & Co. KG
Polytec Holding AG
Österreich
Precision Dispensing Solution Europe
GmbH
Precision Valve Corp.
USA
13
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Unternehmen
Konzernmutter
Sitz Unternehmen bzw.
Sitz Konzernmutter
Proseat GmbH & Co. KG
Gemeinschaftsunternehmen von N.V. Recticel
(51 %) und Woodbridge Foam Corp. (49 %)
Belgien / Kanada
Resopal GmbH
Wilsonart International LLC
USA
Riegler GmbH & Co. KG
Wirthwein AG (Familienbesitz)
Deutschland
Röchling Oertl Kunststofftechnik GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Roth Industries GmbH & Co. KG
Familienbesitz
Deutschland
Sanner GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Schlaadt-Plastics GmbH
Familienbesitz
Deutschland
SENATOR Gmbh & Co. KGaA
Merz-Gruppe (Familienbesitz)
Deutschland
Technoform Group
Familienbesitz
Deutschland / Schweiz
TrelleborgVibracoustic GmbH
Gemeinschaftsunternehmen der Trelleborg AB
(50 %) und der Freudenberg SE (50 %)
Schweden / Deutschland
Veritas AG
Poppe-Veritas-Holding GmbH & KO. KG
(Familienbesitz)
Deutschland
Weber GmbH & Co. KG Kunststofftechnik
und Formenbau
Familienbesitz
Deutschland
WEGU-Konzern
DMB – Deutsche Mittelstand Beteiligungen GmbH
Deutschland
WOCO Industrietechnik GmbH
Familienbesitz
Deutschland
Quelle: Recherchen der Hessen Agentur.
Forschung und Entwicklung
Produkt- und Prozessinnovationen sind für die Wettbewerbsposition der Unternehmen –
ob im nationalen oder internationalen Kontext – von großer Bedeutung. Entsprechend
wichtig ist es, in Forschung und Entwicklung (FuE) zu investieren. Einen ersten Eindruck
von den FuE-Aktivitäten der Branche vermitteln die nachfolgenden Angaben: Gemäß
ZEW4 wurden im Jahr 2013 13 % des Branchenumsatzes der Gummi- und Kunststoffindustrie in Deutschland mit neuen oder deutlich verbesserten Produkten erwirtschaftet.
Dabei konnten 49 % der Unternehmen erfolgreich neue Produkte oder Prozesse einführen. Angaben des Stifterverbands Wissenschaftsstatistik über die Ausgaben für FuE speziell für die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie liegen leider nicht vor, sondern nur
zusammengefasst mit den Bereichen Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik sowie der Verarbeitung von Steinen und Erden. Die hessischen Unternehmen der Gummiund Kunststoffindustrie und der oben genannten Branchen haben im Jahr 2011 zusammen 145 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung aufgewendet.5 Bezogen auf die FuE4
5
14
Vgl. ZEW (Hrsg.): Branchenreport Innovationen – Gummi- und Kunststoffverarbeitung, S. 1f., Mannheim 2015.
Hierbei handelt es sich nur um die so genannten internen FuE-Aufwendungen – d.h. um die Aufwendungen innerhalb des Unternehmens –, die den überwiegenden Teil der gesamten FuE-Aufwendungen ausmachen. Externe FuE-Aufwendungen sind Aufträge an andere Forschungsinstitutionen.
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Aufwendungen des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt beläuft sich der Anteil auf
4,0 %. Die Größe der Branche spielt hierbei sicherlich eine Rolle – die hessische Gummiund Kunststoffindustrie erwirtschaftet nur gut ein Viertel des Umsatzes der Chemischen
und Pharmazeutischen Industrie. Von Bedeutung dürfte allerdings ebenfalls sein, dass
wesentliche Innovationsimpulse von den Kunststoffherstellern (d.h. der Chemischen Industrie) und auch vom Maschinenbau (d.h. den Herstellern von Gummi- und Kunststoffmaschinen) ausgehen.
Prominente Beispiele für FuE-Einrichtungen von Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen sind das Dunlop-Entwicklungszentrum für Reifenentwicklung in
Hanau und das FuE-Zentrum des Pirelli-Konzerns in Breuberg, wobei selbstverständlich
nicht nur Großunternehmen in FuE investieren, sondern auch der hessische Mittelstand.
Zu den universitären und weiteren institutionellen Forschungseinrichtungen in Hessen, die
im Bereich Gummi und Kunststoff forschen sind, zählen z.B.6
 das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF in Darmstadt mit einem Forschungsbereich Kunststoffe, wo in den Gebieten Polymersynthese, Rezepturentwicklung und Dauerhaftigkeit sowie Kunststoffverarbeitung und
Bauteilauslegung geforscht wird – sei es etwa an neuen Polymeren und Additiven
oder an strukturellen Klebeverbindungen. Seit der Übernahme des Deutschen Kunststoff-Instituts im Jahr 2012 kann beim LBF die gesamte Wertschöpfungskette für
Kunststoffe, d.h. von der chemischen Syntheseentwicklung bis zum Bauteil, abgedeckt werden.
 das Institut für Kunststofftechnik Darmstadt der Hochschule Darmstadt – eine Einrichtung des dortigen Fachbereichs Maschinenbau und Kunststofftechnik. Forschungsprojekte befassen sich z.B. mit Nanocomposites und ihrer Oberfläche sowie der
automatischen Farbmessung bei der Compoundierung von Kunststoffen.
 das Institut für Werkstofftechnik am Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel, welches sich im Fachgebiet der Kunststofftechnik u.a. mit Multimaterialsystemen
(z.B. Kunststoff / Metallhybride) beschäftigt. Das Institut ist neben anderen Einrichtungen auch Teil des neuen LOEWE-Schwerpunkts „Safer Materials“, bei dem neuartige Werkstoffe (u.a. Biokunststoffe) entwickelt und auf ihre Eigenschaften untersuchen werden sollen. Darüber hinaus arbeitet das Institut zusammen mit der
B. Braun Melsungen AG an der Entwicklung neuartiger Prozesse zur Kunststoffverar-
6
Dem Fokus des vorliegenden Profils auf die Gummi- und Kunststoffindustrie im Sinne der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren bzw. der Gummi- und Kunststoffverarbeitung entsprechend, sind keine Forschungsaktivitäten aus dem Bereich der
Chemie angeführt. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die TU Darmstadt und die Universitäten in Frankfurt, Gießen
und Marburg anzuführen, an denen allesamt Chemie gelehrt und auf dem Gebiet der Polymerchemie bzw. der makromolekularen
Chemie geforscht wird.
15
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
beitung. Zu diesem Zweck wurde Mitte des Jahres 2014 das gemeinsame Anwendungszentrum UNIpace eingeweiht.
 das Institut für Mechanik, ebenfalls am Fachbereich Maschinenbau der Universität
Kassel, wo im Fachgebiet Strömungsmechanik z.B. auf dem Gebiet der viskosen und
viskoelastischen Polymerschmelzen geforscht wird.
 das Zentrum für Konstruktionswerkstoffe – bestehend aus der Staatlichen Materialprüfungsanstalt Darmstadt und dem Fachgebiet und Institut für Werkstoffkunde der
TU Darmstadt: Im dortigen Kompetenzbereich Kunststoffe liegen die Forschungsschwerpunkte auf der Lebensdaueranalyse von Kunststoffbauteilen, dem thermischen Langzeitverhalten von Elektroisolierstoffen und dem mechanischen Schädigungsverhalten von Verbundwerkstoffen.
Umwelt und Energie
Umweltaspekte sind in den letzten Jahren deutlich stärker in den Fokus gerückt – sowohl
in der Industrie als auch in der Gesellschaft insgesamt. Mit der zunehmenden Ausrichtung
am Leitbild der Nachhaltigkeit ist zu den klassischen Bereichen des betrieblichen Umweltschutzes (z.B. Gewässerschutz und Lärmbekämpfung), die bereits seit vielen Jahrzehnten zu den integralen Aufgaben der Unternehmen zählen, das neue Feld des Klimaschutzes gekommen. Der verantwortungsvolle Umgang mit der Umwelt im Sinne eines
nachhaltigen Wirtschaftens steht zudem mehr und mehr für die Leistungs- und Zukunftsfähigkeit einer Branche, denn z.B. Effizienzsteigerungen beim Rohstoff- und Energieeinsatz schonen nicht nur die Umwelt, sondern sind über die Kostenseite auch Wettbewerbsfaktor. Dies gilt insbesondere bei steigenden Preisen – sei es aus Knappheitsgründen
oder aufgrund staatlicher Anreizsetzung (z.B. EEG-Umlage).
In welchem Umfang und in welchen Bereichen engagiert sich der hessische Gummi- und
Kunststoffindustrie in Sachen Umweltschutz? Ein wichtiger Indikator hierfür – der zugleich
zu den so genannten Reportingindikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie Hessen zählt –
sind die jährlichen Investitionsausgaben für Umweltschutzmaßnahmen.7 Im Jahr 2012
summierten sich diese in der Branche auf 7,2 Mio. Euro, was den höchsten Wert der letz7
16
Zu den Umweltschutzinvestitionen gehören alle getätigten Investitionen in Sachanlagen, die eine Verringerung oder Vermeidung
von schädlichen Emissionen in die Umwelt bewirken bzw. den Einsatz von Ressourcen reduzieren. Es kann sich hierbei zum einen um additive („End-of-Pipe“) Maßnahmen handeln, d.h. in der Regel separate, vom übrigen Produktionsprozess getrennte Anlagen, die dem Produktionsprozess vor- oder nachgeschaltet sind (z.B. Kläranlage). Zum anderen werden integrierte Maßnahmen
erfasst, die dadurch charakterisiert sind, dass die Umweltbelastung direkt im Produktionsprozess reduziert wird (z.B. durch geschlossene Prozess- und Kühlwasserkreisläufe oder durch Maschinen mit niedrigen Lärmemissionen).
Selbstverständlich erschöpft sich das Engagement der Gummi- und Kunststoffindustrie in puncto Umweltschutz nicht in diesen
Investitionen in Sachanlagen. Der weitaus größere Beitrag der Branche ist in verbesserten bzw. neuen Produkten zu sehen, mit
deren Einsatz bspw. Energie gespart werden kann – so z.B. ein geringerer Treibstoffverbrauch durch Leichtbauweise in der Automobilindustrie.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
ten fünf Jahre darstellt. Damit entfallen 3,1 % der gesamten Bruttoanlageinvestitionen der
hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie des Jahres 2012 auf Investitionen in den
Umweltschutz. Die hohe Quote des Jahres 2009 von 4,3 % ist vor dem Hintergrund der
weltweiten Rezession 2008/2009 zu sehen, als die Unternehmen der Branche aufgrund
des Nachfrageeinbruchs ihre Investitionen insgesamt massiv zurückgefahren, die Investitionen in den Umweltschutz jedoch nur unterproportional reduziert haben. Mit Ausnahme
dieses Jahres 2009 liegt der Anteil der Umweltschutzinvestitionen an den gesamten Bruttoanlageinvestitionen in der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie im Untersuchungszeitraum unter der Vergleichsquote für das hessische Verarbeitende Gewerbe.
Umweltschutzinvestitionen der Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen 2008 – 2012: Differenziert
nach Investitionsbereichen (linke Achse) sowie Anteil an den Bruttoanlageinvestitionen (rechte Achse)
Anteil der Umweltschutzinvestitionen an
den Bruttoanlageinvestitionen in %
Umweltschutzinvestitionen
in 1.000 Euro
8.000
8,0
6.000
6,0
4.000
4,0
2.000
2,0
0
0,0
2008
2009
2010
2011
2012
Klimaschutz
sonstige (Lärmbekämpfung, Naturschutz, Landschaftspflege, Bodensanierung)
Luftreinhaltung
Gewässerschutz
Abfallwirtschaft
Quelle: HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
2,6 Mio. Euro hat die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie für Maßnahmen des Klimaschutzes ausgegeben, womit auf dieses Segment wie im Vorjahr – dies trifft auch für
die Branche auf Bundesebene zu – der größte Anteil der Umweltschutzinvestitionen 2012
entfällt. Hierunter werden Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung der Emission
von Kyoto-Treibhausgasen (u.a. CO2), Maßnahmen zur Nutzung Erneuerbarer Energien
sowie Energieeffizenzsteigernde Maßnahmen und Energiesparmaßnahmen subsumiert.
Dabei lag der Schwerpunkt der Klimaschutzinvestitionen auf der Steigerung der Energieeffizienz bzw. dem Energiesparen – sei es etwa durch die Isolierung von Anlagen und
Produktionsgebäuden, die Wärmerückgewinnung mittels Wärmetauscher oder die Optimierung der Druckluftversorgung. An zweiter Stelle folgt mit der Abfallwirtschaft (2,0 Mio.
17
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Euro) ein klassischer Umweltschutzbereich, der die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen zum Gegenstand hat. Dies geschieht z.B. durch Investitionen in Deponien, Trenn- und Sortieranlagen oder auch in Verfahren, die den Wiedereinsatz von Abfällen im Produktionsprozess ermöglichen.
Der Energieverbrauch8 der hessischen Gummi- und Kunststoffindustrie summierte sich
im Jahr 2013 auf rund 8,5 Mio. Gigajoule (GJ) bzw. 2,4 Mio. Megawattstunden (MWh),
womit auf die Branche 6,8 % des gesamten Energieverbrauchs des heimischen Verarbeitenden Gewerbes (einschließlich Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden) entfallen. Wichtigster Energieträger der Branche ist Strom – 47,4 % des Energieverbrauchs
2013 wurden durch Strom gedeckt. Die andere Hälfte teilen sich Fernwärme (24,8 %) und
Erdgas (22,5 %), wobei der überproportional hohe Anteil der Fernwärme in Hessen (Anteil
des Energieträgers Fernwärme bei der Gummi- und Kunststoffindustrie in Deutschland:
6,3 %) wesentlich auf den spezifisch hessischen Branchenschwerpunkt der Reifenindustrie zurückzuführen sein dürfte. Die übrigen Energieträger (beispielsweise Heizöl ) sind für
die Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen von untergeordneter Bedeutung (5,4 %).
Energieverbrauch der Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen im Jahr 2013 differenziert nach
Energieträgern
5,4%
Strom
22,5%
47,4%
Fernwärme
Erdgas
24,8%
Sonstige
Quelle: HSL, Berechnungen der Hessen Agentur.
Die Kennziffer „Energieverbrauch je Beschäftigten“ als Indikator für die Energieintensität
der Branche erlaubt einen Vergleich der Gummi- und Kunststoffindustrie mit anderen hessischen Industriezweigen und mit der Branche auf Bundesebene. In Hessen verbrauchte
die Branche im Jahr 2013 je Beschäftigten rund 240 GJ Energie. Damit liegt die Energie8
18
Soweit Energieträger als Brennstoffe zur Stromerzeugung in eigenen Anlagen eingesetzt werden, enthält der Gesamtenergieverbrauch Doppelzählungen, die sowohl den Energiegehalt der eingesetzten Brennstoffe als auch des erzeugten Stroms umfassen.
Der Gesamtenergieverbrauch enthält ebenfalls den nichtenergetischen Verbrauch von Energieträgern, wobei diesem in den meisten Branchen (Ausnahme: Chemische Industrie) keine Bedeutung zukommt.
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
intensität unter dem Durchschnitt des Hessischen Verarbeitenden Gewerbes (gut
310 GJ), aber etwas über dem Wert für die Branche deutschlandweit (220 GJ je Beschäftigten). Ein Beispiel für eine ausgesprochen energieintensive Branche in Hessen ist die
Chemische und Pharmazeutische Industrie (über 740 GJ je Beschäftigten), einen Bereich
der hessischen Industrie mit geringer Energieintensität stellt der hessische Maschinenbau
(knapp 70 GJ pro Beschäftigten) dar.
Cluster und Netzwerke
Die Cluster und Netzwerke in Hessen sind gekennzeichnet durch die Zusammenarbeit
von Unternehmen, wirtschaftsnahen Einrichtungen, Forschungsinstituten und Hochschulen sowie sonstigen Bildungsstätten. Zum Leistungsspektrum der Cluster und Netzwerke
gehören beispielsweise die regionale und überregionale Vernetzung, der Informationsund Erfahrungsaustausch untereinander, die gemeinsame Marktbearbeitung, die kollaborative Technologieentwicklung und der Technologietransfer, Maßnahmen zur Fachkräftesicherung sowie (Standort-)Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Zahlreiche Unternehmen
– darunter in hohem Maße kleine und mittlere Unternehmen – profitieren von Synergieeffekten der Zusammenarbeit, u.a. durch einen erleichterten Zugang zu neuem Wissen und
neuen Technologien, Ressourcenteilung und verbesserte Chancen der Fachkräftegewinnung sowie zusätzliche Möglichkeiten der Akquisition und Umsetzung von Aufträgen.
Von den hessischen Cluster- und Netzwerkinitiativen im Kontext der Gummi- und Kunststoffbranche sind z.B. der HESSENMETALL Spritzguss-Cluster, Materials Valley und der
Verpackungscluster Mittelhessen anzuführen. Für die als Automobilzulieferer tätigen Unternehmen der Branche sind zudem auch Clusternetzwerke wie MoWiN.net – Netzwerk
der Mobilitätswirtschaft Nordhessen und der Automotive Cluster RheinMainNeckar zu
nennen.
Fachkräftenachwuchs
Zur Fachkräftesicherung der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie ist die Ausbildungslandschaft von großer Bedeutung. Hier ist an die Hochschulausbildung in den Bereichen Chemie und Maschinenbau zu denken, die sich auch den unterschiedlichsten
Aspekten der Gummi- und Kunststoffherstellung sowie -verarbeitung widmet. In den letzten Jahren ist die Anzahl der Studierenden in Hessen insgesamt gestiegen, was auch für
die Fächer Chemie und Maschinenbau / Verfahrenstechnik zutrifft. So waren an den hessischen Universitäten und Fachhochschulen im Wintersemester 2013/14 insgesamt
20.934 Studierende in diesen beiden Studienbereichen immatrikuliert – gut 700 Personen
mehr als noch ein Jahr zuvor. Im Jahr Prüfungsjahr 2013 legten 2.860 (Vorjahr: 2.550)
Studierende erfolgreich ihre Abschlussprüfung ab.
19
Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
In Hessen werden zudem eigenständige Studiengänge im Bereich Gummi und Kunststoff
angeboten – und zwar an der Hochschule Darmstadt. Es handelt sich um einen Bachelor(sechs Semester) und einen Masterstudiengang (vier Semester) Kunststofftechnik.
Gummi- und Kunststoffindustrie-affine Ausbildung in Hessen
Anzahl
Studierende im WS 2013/14
davon:
Maschinenbau / Verfahrenstechnik
Chemie
20.934
16.711
4.223
Absolventen (Diplom, Master und Bachelor) im Prüfungsjahr 2013
davon:
Maschinenbau / Verfahrenstechnik
Chemie
2.276
584
Auszubildende in der Gummi- und Kunststoffindustrie zum 31.12.2013
1.505
Auszubildende in Gummi- und Kunststoffberufen* 2013
2.860
575
* Gruppe 221 der Ausbildungsstatistik.
Quelle: HSL, Statistik der Bundesagentur für Arbeit.
Doch keineswegs nur den Hochschulen, sondern auch den hessischen Betrieben bzw.
Berufsschulen kommt eine wichtige Rolle bei der Ausbildung des Fachkräftenachwuchses
zu: 1.505 Auszubildende zählten die Betriebe der heimischen Gummi- und Kunststoffindustrie Ende 2013. Die Ausbildungsstatistik nach Berufen weist für das Jahr 2013 575 junge
Menschen aus, die in Hessen einen Gummi- oder Kunststoffausbildungsberuf (z.B. Verfahrensmechaniker/in für Kunststoff- und Kautschuktechnik) erlernen.
Ausblick
Entsprechend ihrer Stellung in der Wertschöpfungskette – vornehmlich Zulieferer von Vorleistungsgütern für andere Wirtschaftszweige – werden die Perspektiven der heimischen
Gummi- und Kunststoffindustrie maßgeblich von den Entwicklungen in diesen nachgelagerten Branchen bestimmt. Für Hessen ist dies aufgrund der im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich überproportional vertretenen Gummiindustrie (insbesondere Reifenherstellung) vor allem die Automobilindustrie, eine in höchstem Maße globalisierte Branche. Darüber hinaus sind jedoch einige brancheneigene Bestimmungsfaktoren anzuführen:
Eine wichtige Rolle für die Gummi- und Kunststoffindustrie spielt die zukünftige Entwicklung der Material- und der Energiepreise (z.B. Strom). Die Preise für die Vormaterialien
unterliegen oftmals ausgeprägten Schwankungen – sei es bei Naturkautschuk, BasisSynthesekautschuktypen Styrol-Butadien-Kautschuk (zentral für die Reifenproduktion) und
20
HA Hessen Agentur GmbH – Wirtschaftsforschung und Landesentwicklung –
Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk (wichtig für die Herstellung von technischen Gummierzeugnissen) oder auch bei Spezialelastomeren und Zusatzstoffen. Die hohe Nachfrage in
Schwellenländern wie der VR China, Indien und Brasilien wirkt zusätzlich preistreibend.
Dies stellt insbesondere die zahlreichen kleinen und mittleren Anbieter der hessischen
Gummi- und Kunststoffindustrie vor große Herausforderungen, da die Margen der Unternehmen damit aus zweierlei Gründen unter Druck stehen: Die Mittelständler sehen sich
auf der einen Seite wenigen großen Kunststoffherstellern aus der Chemischen Industrie
gegenüber und sind auf der anderen Seite mit den Großkunden z.B. aus der Automobilindustrie konfrontiert. Bei dieser Marktkonstellation werden Preissteigerungen bei Material
und Energie gegenüber den mittelständischen Unternehmen durchgesetzt, während diesen die Überwälzung gestiegener Kosten auf ihre Kunden – wenn überhaupt – nur zu
einem geringeren Teil gelingt.
Die Konzentrationstendenzen in der Branche, um Größenvorteile realisieren zu können
und somit den Gefahren einer derartigen „Sandwichposition“ zu begegnen, sind eine Konsequenz dieser Marktstruktur. Ein breites Produktportfolio, um durch Diversifizierung die
Abhängigkeit von einzelnen Branchen – wie etwa von der ausgeprägt konjunkturreagiblen
Automobilindustrie – oder gar einzelnen Unternehmen zu reduzieren, stellt eine weitere
Option dar. Am vielversprechendsten dürfte es jedoch sein, durch eine hohe Innovationskraft technisch anspruchsvolle Spezialprodukte zu entwickeln und zu fertigen sowie individuelle, auf den jeweiligen Kunden ausgerichtete Problemlösungen anzubieten – im Inland und selbstverständlich auch im Ausland. Mit dieser Strategie behaupten sich zahlreiche mittelständische Unternehmen der Gummi- und Kunststoffindustrie auch in Zeiten
einer hohen Wettbewerbsintensität am Markt.
Hoch qualifizierte Fachkräfte, insbesondere aus den so genannten MINT-Bereichen, sind
hierfür unabdingbar. Mehr Frauen für die Branche zu gewinnen, auf geringere Studienabbrecherquoten hinzuwirken oder ausländischen Fachkräften den Zugang zum heimischen
Arbeitsmarkt zu erleichtern sind Optionen, um einem Fachkräftemangel in der heimischen
Gummi- und Kunststoffindustrie zu begegnen.
Die Fokussierung auf Marktnischen, in denen man dann über eine ausgeprägte Kompetenz verfügt, wird auch deshalb noch wichtiger werden, weil Massenprodukte und einfachere Teile aus Kunststoff zunehmend in Osteuropa oder in Asien hergestellt werden.
Noch ist etwa die Gummi- und Kunststoffindustrie der VR China zwar primär binnenorientiert; eine Stärkung der Exportaktivitäten dürfte jedoch nur eine Frage der Zeit sein. Auch
hessische Unternehmen der Gummi- und Kunststoffbranche haben Produktionskapazitäten z.B. in den neuen EU-Mitgliedstaaten geschaffen, um dort günstiger, aber auch näher
am Markt fertigen zu können. Insbesondere für Unternehmen der Branche, die der Automobilindustrie zuliefern, ist eine solche räumliche Nähe zum Kunden sozusagen obligatorisch geworden.
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Branchenprofil Gummi- und Kunststoffindustrie in Hessen
Wachstumsperspektiven für die heimische Gummi- und Kunststoffindustrie werden jedoch
keineswegs nur durch weltweites Wirtschaftswachstum oder durch den Aufholprozess des
Pro-Kopf-Verbrauchs von Kunststoffen etwa in den BRIC-Staaten generiert: Gummi und
Kunststoff sind sehr vielseitig einsetzbare Werkstoffe, die sich – Forschung und Entwicklung bei den Herstellern wie bei den Verarbeitern vorausgesetzt – permanent neue Anwendungsgebiete durch Innovationen erschließen können. So prädestiniert das niedrige
Gewicht in Verbindung mit der hohen Festigkeit und der leichten Formbarkeit die Kunststoffe dazu, andere Werkstoffe wie z.B. Metalle, Stein oder Glas zu substituieren. Als Beispiel seien die Bestrebungen einer höheren Rohstoff- und Energieeffizienz zu nennen,
wodurch im Zuge des Leichtbaus in der Automobilindustrie Kunststoffe verstärkt genutzt
werden (z.B. in aufgeschäumter Form). Zu einer besseren Nutzung der Ressourcen kann
auch der zunehmende Einsatz von Rezyklaten, d.h. werkstofflich aufbereiteten Kunststoffen, beitragen sowie speziell in der Reifenindustrie das Reifenrecycling bzw. die RetreadProduktion, d.h. Reifenrunderneuerung. Ein weiteres Beispiel für zusätzliche Absatzpotenziale im Zuge von Maßnahmen der Energieeffizienz sind Produkte wie Isolierungen
und Dämmstoffe (z.B. zur energetischen Sanierung).
Weitere Potenziale für die hessische Gummi- und Kunststoffindustrie können Kunststoffe
auf Basis anderer Ausgangsmaterialien oder die Kombination von Kunststoffen mit anderen Materialien erschließen. Hier ist an biobasierte Kunststoffe auf der Basis nachwachsender Rohstoffe zu denken, d.h. umweltfreundliche Ersatzstoffe auf der Basis von Biopolymeren als Alternative zum fossilen Rohstoff Rohöl. Ebenso sind elektrisch leitfähige
Kunststoffe sowie Verbund- bzw. Hybridwerkstoffe zu nennen, z.B. in Form von glas- und
kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen oder auch Holz-Polymer-Werkstoffen.
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