/ 2 An Jobcenter Widerspruch - Widerspruchsführer

Transcrição

/ 2 An Jobcenter Widerspruch - Widerspruchsführer
An
Jobcenter
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Widerspruch
Name:
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Adresse:
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Datum:_________________________
- Widerspruchsführer -
gegen
den
Leistungsbescheid
des
Jobcenters
______________________
vom
_____________________ unter dem Zeichen __________________ betreffend die Be-
Datum
willigung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Widerspruchsführer
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den oben genannten Bescheid lege ich Widerspruch ein. Der streitgegenständliche
Bescheid ist in Kopie beigefügt. Ich
beantrage,
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den genannten Bescheid vom
1) dass mir ab
_____________________ dahingehend abzuändern,
Datum
___________________ Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in
Betrag
Höhe von monatlich
540 € bewilligt werden,
Betrag
2) dass von der Leistung gemäß Ziffer 1 Beiträge in Höhe der jeweils aktuellen Rentenbeitragssatzes (momentan 19,95 %) an die Deutsche Rentenversicherung abgeführt werden.
Hilfsweise beantrage ich, dass das Jobcenter ___________________ eine Neubemessung
des Regelbedarfssatzes vornimmt, der transparent und nachvollziehbar ist und den Anforderungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 – 1 BvL 1/09 genügt.
Ferner bitte ich um zügige Bescheidung, damit ggf. Klage beim Sozialgericht eingelegt
werden kann.
Begründung:
zu Antrag 1) und dem Hilfsantrag
Die bis zum 31.12.2010 geltenden Regelungen bezüglich der Ermittlung der Regelbedarfssätze für das Arbeitslosengeld II wurde vom Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom
09.02.2010 – 1 BvL 1/09 für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, ein nachvollziehbares und transparentes Verfahren zur Ermittlung der Bedarfssätze
durchzuführen. Im März 2011 wurden die betroffenen Regelungen neu gefasst. Der streitgegenständliche Bescheid basiert auf dieser Neuregelung.
Den Vorgaben des Verfassungsgerichts wurde bei der Neuregelung aber nicht genügt, z.T.
wurden die fehlende Transparenz sogar noch „vertieft“. Die Berechnung der Regelbedarfs-
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sätze ist mit schwerwiegenden, verfassungsrechtlich nicht zu tolerierenden Fehlern behaftet.
Diese Mängel wurden auch nicht durch die neuerliche Anhebung der Hartz-IV Sätze behoben:
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Bei Berechnung der Regelbedarfssätze hat der Gesetzgeber im Rahmen der Statistikmethode bisher auf die unteren 20 % der Haushalte abgestellt („unteres Quintil“) und aus
deren Lebensbedarf die sozialrechtlichen Regelbedarfssätze entwickelt.
Jetzt hat der Gesetzgeber die Referenzgruppe verschoben: Nach § 4 Nr. 1 des Änderungsgesetzes soll für Einpersonenhaushalte das Nettoeinkommen der unteren 15 % der
Haushalte maßgeblich sein, nach § 4 Nr. 2 für Familienhaushalte aber die unteren 20 %.
Es fehlen jegliche sachliche Gründe, (1) warum die Referenzgruppe bei den Einpersonenhaushalten von 20 % zu 15 % verschoben wurde und (2) warum Einpersonenund Familienhaushalte uneinheitlich behandelt werden?
•
Die versteckt armen Haushalte – also Haushalte, deren Lebensniveau unter dem HartzIV-Standard liegt, werden aus der Referenzgruppe nicht heraus gerechnet. So werden
auch Haushalte zum Maßstab der Sozialleistungen, die eindeutig unter dem als menschenwürdig anzuerkennenden Existenzminimum im Sinne unserer Verfassung liegen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Bundesgesetzgeber aber aufgegeben, die entsprechenden statistischen Erhebungen weiterzuentwickeln, um diesen systematischen
Fehler auszuschließen (vgl. das bereits zitierte Urteil des BVerfG, Rn. 169 a.E.).
•
Ferner hat das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass die Regelbedarfssätze stringent
und systemgerecht ermittelt werden. Der Gesetzgeber hat sich bei der Ermittlung der Bedarfssätze für die Statistikmethode entschieden – d.h. die Regelbedarfssätze werden anhand der durchschnittlichen Lebenshaltungskosten der Bevölkerungsschichten mit unterem Nettoeinkommen berechnet.
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Der Gesetzgeber „korrigiert“ die im Rahmen der Statistikmethode ermittelten Bedarfssätze aber in erheblichem Umfang durch Abschläge für (angeblich) nicht existentiell
notwendige Waren. Nach dem Bundesverfassungsgericht ist das nur bei sachgerechter
Begründung zulässig. Diese fehlt.
Hinzu kommt, dass die statistischen Grundlagen z.T. unsicher sind – der Regierung ist
vorzuwerfen, dass sie nicht korrekt mit dem statistischen Material des Bundesamts für
Statistik umgeht (falsche Daten!). Ferner fehlt ein Ausgleich für die vorgenommenen
Abschläge. Z.B. werden die durchschnittlich für Reisen aufgebrachten Kosten nicht als
regelbedarfsrelevant anerkannt. In den Reisekosten ist aber auch eine Verpflegungsanteil
enthalten. Die Ausgaben für Nahrungsmittel müssten dann eigentlich um diesen Verpflegungsanteil angehoben werden – das ist aber nicht erfolgt.
Bei korrekter Ermittlung der Regelbedarfssätze nach der maßgeblichen Statistikmethode
ergibt sich mindestens ein Satz in Höhe von 540 €. Deswegen begehre ich Bewilligung von
Leistungen in entsprechender Höhe. Bezüglich der Berechnung darf ich auf das Gutachten
des Sachverständigen Rüdiger Böker verweisen, das für den Ausschuss für Arbeit und Soziales des Deutschen Bundestags erstellt wurde (Ausschussdrucksache 17(11)314 vom
18.11.2010). Auf Wunsch kann das Gutachten gerne zu den Akten des Jobcenters gereicht
werden.
zu Antrag 2)
In Art. 19 des Haushaltsbegleitgesetzes ist geregelt, dass die Empfänger von Arbeitslosengeld II entgegen der bisherigen Rechtslage aus der gesetzlichen Rentenpflicht entlassen
werden (Art. 19 des Haushaltsbegleitgesetzes). Das bedeutet, dass während des Leistungsbezugs von Arbeitslosgeld II keine Beiträge mehr zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt werden und die gesetzliche Rente dann bei Eintritt des Rentenalters entsprechend
niedriger ausfällt.
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Der Gesetzgeber hat bei der Ausgestaltung der sozialen Sicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit eine bewusste Systementscheidung für eine beitragsfinanzierte Versicherung
getroffen. D.h. die entsprechenden Leistungen werden durch die Beiträge der Versicherungsmitglieder finanziert. Diese Beiträge werden vom Arbeitseinkommen abgeführt.
Das Arbeitslosengeld tritt im Leistungsfall (Arbeitslosigkeit) funktional an die Stelle des
Arbeitseinkommens.
Dabei beinhaltet Arbeitseinkommen nicht nur das an den Arbeitnehmer ausgezahlte Nettoentgelt sondern auch die mit dem Arbeitseinkommen verbundene soziale Absicherung durch
Abführung von Sozialabgaben an die Kranken- und Pflegekassen, die Arbeitslosenversicherung sowie an die Deutsche Rentenversicherung und durch die damit
korrespondierenden
Leistungsansprüche
im
jeweiligen
Leistungsfall
(Krank-
heit/Pflege/Arbeitslosigkeit/Rente). Indem der Gesetzgeber den Bezug von Arbeitslosengeld
II von der gesetzlichen Rentenpflicht befreit, schafft er eine Lücke in der sozialen Absicherung – das Arbeitslosengeld entspricht entgegen der systematischen Vorgabe der Versicherungslösung funktional nicht mehr dem Arbeitseinkommen.
Das Sozialstaatsprinzip gebietet es dem Gesetzgeber, die sozialstaatlichen Leistungen im
Sinne der Systemgerechtigkeit auszugestalten. Wenn sich der Gesetzgeber für eine Versicherungslösung entscheidet und von den (Zwangs-)Versicherungsmitgliedern entsprechende Beiträge einfordert („Beitragsseite“), muss er dieses System auch auf der
„Leistungsseite“ durchhalten, also u.a. für die Abführung entsprechender Rentenversicherungsbeiträge und den damit einhergehenden Aufbau von Rentenanwartschaften Sorge
tragen.
Es mag dem Gesetzgeber frei stehen, sich zumindest bezüglich des Arbeitslosengeldes II für
ein ganz anderes System jenseits der jetzigen Versicherungslösung – nämlich eine rein
steuerfinanzierte und beitragsunabhängige Sicherung des Existenzminimums – zu entscheiden. Eine solche Entscheidung hat der Gesetzgeber aber nicht getroffen. Er bleibt
somit an seine grundsätzlichen Leitentscheidungen gebunden.
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Die gesetzgeberischen Entscheidung für die Entlassung aus der Rentenpflicht ist auch wegen
des rückwirkenden Entzugs der eigentumsrechtlich (Art. 14 GG) geschützten Rentenanwartschaften verfassungswidrig. Durch das Abführen der Beiträge an die Arbeitslosenversicherung haben deren Mitglieder über Jahre umfassende Leistungsrechte erworben, die
auf einen umfassenden Ersatz des Arbeitseinkommens inklusive der entsprechenden sozialen
Sicherung auch in der Rentenversicherung gerichtet sind. Diese Ansprüche werden jetzt
rückwirkend beschnitten. Dadurch wird ohne sachlichen Grund in eigentumsgleiche Rechtspositionen eingegriffen.
Letztlich ist die Entlassung aus der gesetzlichen Rentenpflicht hektischer Sparaktivismus
ohne jede haushaltspolitische Nachhaltigkeit. Um des kurzfristigen Spareffektes Willen
werden Lasten von der jetzigen auf die folgende Generation übergebordet. Jenseits der
politischen Kritikwürdigkeit ist das mit den Maßgaben des Grundgesetzes, das mit dem
Schutz der Familie (Art. 6 I GG) auch die Generationenverantwortlichkeit in den Blick
nimmt, nicht vereinbar.
Unterschrift:
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