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„Die Rolle des Agrartourismus für die Beschäftigungssituation in der
„Die Rolle des Agrartourismus für die Beschäftigungssituation in der Region Kaschin, Russland“ „The role of agri-tourism for the employment situation in the region Kashin, Russia” Masterarbeit eingereicht von Liubov Kulaeva für das Studium Agrar- und Ernährungswirtschaft H731457 an der Universität für Bodenkultur, Wien am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung Betreuer: Ao.Univ.Prof. Dipl.-Ing. Dr.nat.techn. Hans Karl Wytrzens Matrikelnummer 0941667 Abgabetermin Juni 2014 Eidesstattliche Erklärung Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre, dass die vorliegende Diplomarbeit von mir selbst verfasst wurde und ich keine anderen als die angeführten Behelfe verwendet bzw. mich auch sonst keiner unerlaubter Hilfe bedient habe. Wörtlich oder sinngemäß übernommenes Gedankengut habe ich als solches kenntlich gemacht. Ich versichere, dass ich dieses Diplomarbeitsthema bisher weder im In- noch im Ausland (einer Beurteilerin/einem Beurteiler zur Begutachtung) in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt habe. ii Kurzfassung Kurzfassung In dieser Masterarbeit werden Beschäftigungseffekte der letzten fünf Jahre des aufkommenden ländlichen Tourismus in der Region Kaschin in Russland erforscht. Zu Beginn der Arbeit werden Definitionen der Begriffe Agrartourismus, ländlicher Tourismus, ländlicher Raum sowie des Begriffs Beschäftigungseffekte gegeben. Die Exportbasistheorie und der Multiplikatoreffekt bilden eine Theoriebasis zur weiteren Untersuchung. Das theoretische Modell analysiert die Einflussfaktoren auf die Beschäftigungssituation einer Region im ländlichen Tourismus, und hier insbesondere im Agrartourismus. Aufgrund des theoretischen Modells hat die Autorin Hypothesen entworfen und diese in einer Multiple Case Study überprüft. Mit Hilfe narrativer Interviews wurden Forschungsdaten für die Arbeit gesammelt. Als Analysemethode findet wurde eine qualitative Datenanalyse durchgeführt. Zusätzlich wurden statistische Daten, sowie Daten des Tourismusentwicklungsprogramms der Region herangezogen und zwei Experteninterviews durchgeführt, um die Forschungsergebnisse zu vervollständigen. Die Ergebnisse zeigen nur eine zögerliche Entwicklung des Agrartourismus in der Region Kaschin. Wichtige Einflussfaktoren sind Erreichbarkeit und Wirtschaftslage. Die Erreichbarkeit der Region ist durch Wetter- und Straßenbedingungen in den Übergangszeiten erschwert. Gleichzeitig ist die Region Kaschin von den nächsten großen Städten 160-210 km entfernt. Die Wirtschaftslage der Region erlaubt noch nicht die Schaffung einer besseren touristischen Infrastruktur. Touristen bleiben dem Agrartourismussektor fern. In der Region Kaschin arbeitetet im Jahr 2013 rund 7000 Personen davon nur 160 Personen in Gastronomie und Beherbergung. Im Bereich ländlicher Tourismus hat in der Region Kaschin nur ein Betrieb Herbergen. Ein weiterer Betrieb veranstaltet Volksfeste und bietet überwiegend Exkursionen für Moskauer Gäste in der Region Kaschin an. Das im Jahr 2013 gestartete Tourismusentwicklungsprogramm unterstützt die regionale Initiative im Tourismus allgemein, hat aber zur Zeit des Schreibens vorliegender Masterarbeit noch keine Resultate gezeigt. Die Arbeit veranschaulicht die Hürden und Chancen des ländlichen Tourismus in der Region und dient als Vorarbeit zur weiteren Forschung. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht die Bedeutung des Agrartourismus für die Entwicklung der Region Kaschin. iii Abstract Abstract The aim of this master thesis is to research employment effects of rural tourism in the recent five years in the Kashin region, Russia. At the beginning of the thesis definitions of the terms agritourism, rural tourism, rural area and also employment effects will be introduced. Export base theory and multiplier effect is a theory base for the research at hand. The developed theoretical model elaborates seven factors, which can affect the employment situation in rural tourism and, particularly, in agricultural tourism. Consequently, an ensemble of advanced hypotheses, based on the theoretical model, has been developed and examined using multiple case study research. Research data for the analyses has been collected through several narrative interviews. A qualitative data analysis has been used as analysis method. Additionally statistic data, data of the tourism development program and two expert interviews aiming at the research result’s improvement were used. According to the results, only a hesitant development of agricultural tourism in Kashin region can be reported. Major influencing factors are accessibility and the economic situation. The accessibility of the study region, being located about 160-210 km from the next big cities, is complicated by harsh weather and road conditions. The current economic situation does not allow the creation of any better infrastructure for tourism and the attraction of more tourists to the agritourism sector. In 2013 about seven thousand persons have been working in Kashin region, only 160 of whom working in accommodation and gastronomy. With regard to rural tourism only one enterprise does provide accommodation service in Kashin. Another firm organizes public festivals and provides excursions in the mainly for guests from Moscow. In 2013 a tourism development program started, supporting general regional initiatives in tourism, but for the time of writing this thesis did not show any results. Findings of the conducted research represent the current situation in the region in terms of rural tourism and serve as a basis for future research, highlighting its importance for the region. iv Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis BIP Brutto Inlands Produkt bzw. beziehungsweise ca. circa CSDB zentrale statistische Datenbank d.h das heißt km Kilometer km² Quadratkilometer m² Quadratmeter Mio. Million Mrd. Milliard OECD Organization for Economic Cooperation and Development ROSSTATISTIKA Federal State Statistics Service ROSTURISM Federal Agency for Tourism Tsd. Tausend TSA Touristensatellitenkonto u.a. unter anderem usw. und so weiter UniSIS Unified Interdepartmental Statistical Information System vgl. vergleiche VZÄ Vollzeit Äquivalent WIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung WWF World Wildlife Fund WWOOF World Wide Opportunities on Organic Farms z.B. zum Beispiel % Prozent v Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...................................................................................... V 1. EINLEITUNG.............................................................................................................. 1 2. DEFINITIONEN ......................................................................................................... 3 2.1. Ländlicher Raum ...................................................................................................................................... 3 2.2. Unterschied Agrartourismus und ländlicher Tourismus ...................................................................... 6 2.3. Beschäftigung und Beschäftigungseffekte ............................................................................................ 14 3. THEORETISCHES RAHMENKONZEPT ............................................................ 20 4. EFFEKTE DES AGRARTOURISMUS AUF DIE BESCHÄFTIGUNGSSITUATION EINER REGION .................................................. 26 4.1. Arbeitsmarktlage und Ausbildung ........................................................................................................ 29 4.2. Qualifikationen im Tourismus .............................................................................................................. 31 4.3. Soziale Einflüsse ..................................................................................................................................... 32 4.4. Erreichbarkeit ........................................................................................................................................ 35 4.5. Umfeldfaktoren ....................................................................................................................................... 37 4.5.1. Landwirtschaftliche Infrastruktur der Region .............................................................................. 37 4.5.2. Die ökologische Situation ............................................................................................................ 39 4.5.3. Die Tourismusinfrastruktur .......................................................................................................... 40 4.6. Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien................................................................................ 42 4.7. Politik und Rechtsvorschriften .............................................................................................................. 43 4.8. Wirtschaftslage ....................................................................................................................................... 44 5. MATERIAL UND METHODEN ............................................................................. 49 5.1. Vorgehensweise zurGewinnung statistischer Daten über Tourismus ................................................ 49 5.2. Qualitative Methoden und Case Study Approach ............................................................................... 54 5.3. Das qualitative narrative Interview als Datenerhebungsmethode ..................................................... 59 5.4. Die Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode ....................................................................................... 61 6. UNTERSUCHUNGSREGION KASHIN ................................................................ 72 vi Inhaltsverzeichnis 6.1. Geographische Lage der Region Kaschin ............................................................................................. 72 6.2. Landwirtschaft in der Region Kaschin ................................................................................................. 75 6.3. Tourismus der Region Kaschin ............................................................................................................. 81 6.4. Beschäftigungsstatistik und Bevölkerungsstatistik .............................................................................. 90 6.5. Fallbeispielunternehmen ........................................................................................................................ 94 6.5.1 Touristenlager Medveditsa (Туристическая база Медведица) .................................................. 94 6.5.2 Schar-Ptitsa (Жар-Птица) ............................................................................................................ 95 6.5.3 Tourismusbüro Schemtschuschina Kaschin ................................................................................. 96 6. ERGEBNISSE............................................................................................................ 98 7.1. Durchgeführte Interviews ...................................................................................................................... 98 7.2. Arbeit und Ausbildung im Agrartourismus ....................................................................................... 102 7.3. Soziale Einflüsse ................................................................................................................................... 110 7.4. Erreichbarkeit ...................................................................................................................................... 112 7.5. Die Umfeldfaktoren .............................................................................................................................. 114 7.6. Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien.............................................................................. 118 7.7. Politik und Rechtsvorschriften ............................................................................................................ 123 7.8. Wirtschaftslage ..................................................................................................................................... 131 7. DISKUSSION .......................................................................................................... 135 8. ZUSAMMENFASSUNG ......................................................................................... 138 9. ABBILDUNGSVERZEICHNIS ............................................................................. 141 10. TABELLENVERZEICHNIS ............................................................................. 142 11. VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTSVERZEICHNIS ................................... 143 12. VERZEICHNIS DER ANHÄNGE .................................................................... 143 13. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ............................................ 144 14. ANHANG ............................................................................................................. 150 vii Einleitung 1. EINLEITUNG Diese Masterarbeit widmet sich der Rolle des Agrartourismus (Urlaub auf dem Bauernhof) für die Beschäftigungssituation in Kaschin, Russland. Kaschin ist eine Provinzstadt, welche sich 210 km nördlich von Moskau im Gebiet Tver befindet. In der Stadt selbst und den umliegenden „Dörfern“ leben rund 27.000 Menschen auf einem Territorium von 2010 km2. Die vorliegende Masterarbeit verfolgt das Ziel, herauszufinden, welche Beschäftigungseffekte in der Region auf den aufkommenden ländlichen Tourismus und insbesondere den Agrartourismus während der letzten sieben Jahre zurückzuführen sind. Der Agrartourismus scheint zurzeit in Russland und insbesondere in der Region Kaschin absolut bedeutungslos zu sein. Die Wirtschaftsstruktur im Agrartourismus muss erst aufgebaut werden. Der Agrartourismus hat in westlichen Ländern eine große Bedeutung für die Fremdenverkehrswirtschaft und für die Landwirtschaft. Seit sich die wirtschftliche und politische Struktur in Russland zu Beginn der 90er Jahre geändert hat, versuchte man die Tourismusentwicklung bewusst zu forcieren. Aktuell sind die Olympischen Spiele in Sotschi im Jahr 2014 ein gutes Beispiel für eine solche Tourismusforcierung. Auch für die an das Moskauer Gebiet angrenzenden Regionen, wie zum Beispiel Kaschin, gibt es Chancen, die Tourismusinfrastruktur zu verbessern und die Beschäftigung zu diversifizieren. Die Region Kaschin ist reich an Naturressourcen, auf denen der Tourismus aufbauen kann. Zurzeit ist der Agrartourismus wenig entwickelt. Zielsetzung dieser Masterarbeit, ist die Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in der Region Kaschin darzustellen. Diese Forschungsfrage - welche Beschäftigungseffekte gibt es aufgrund des Agrartourismus in der Region Kaschin - lässt sich in folgende Unterfragen auflösen. Die erste Unterfrage ist, was in Russland ein ländlicher Raum ist. Denn davon ist auch abhängig, was man unter Agrartourismus bzw. ländlichem Tourismus in der Region Kaschin versteht. Begriffe wie zum Beispiel Beschäftigungseffekte oder Agrartourismus brauchen für diese Arbeit eine genaue Bestimmung. Anschließend wird auf theoretische Aspekte der Beschäftigung sowie der Regionalentwicklung eingegangen. Als Grundlage zur Erforschung der Beschäftigungseffekte dient die Beschäftigungstheorie bzw. Arbeitsmarkttheorie. Darüber hinaus wird der Multiplikatoreffekt nach Keynes bei der Entwicklung der Beschäftigung erläutert. Die Exportbasistheorie stellt einen Bezug zur 1 Einleitung regionalen Entwicklung her, da sie eine Entwicklungstheorie ist, die „ihre Stärken in der Analyse kleinräumig definierter Regionalwirtschaften hat“ (BRAUN and SCHULZ, 2012). Tourismus wird als exportierte Dienstleistung für die Entwicklung einer Region betrachtet. Um Hypothesen zur Beantwortung der Forschungsfrage aufzustellen, wird anhand der Literaturrecherche ein theoretisches Modell ausgearbeitet. Das Modell stellt verschiedene Einflussfaktoren auf Beschäftigungseffekte in einer Region dar, woraus sich die Hypothesen für die empirische Untersuchung ableiten lassen. Im nächsten Kapitel „Material und Methoden“ werden statistische Vorgehensweise sowie qualitative Methoden (Case Study Design nach Yin, narrative Interviews, qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring) beschrieben. Die eigenen Datenerhebungen erfolgten mit Experten im Bereich der Tourismusentwicklung und Mitarbeitern der Agrartourismusbetriebe in der Region Kashin mittels telefonisch geführter Interviews. Diese Daten lassen sich mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring auswerten. In einem weiteren Kapitel wird die Untersuchungsregion Kashin vorgestellt, bevor die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit dargestellt werden. Abschließend werden Verbesserungsstrategien für die Entwicklung des ländlichen Tourismus in der Region erörtert und zusammengefasst. 2 Definitionen 2. DEFINITIONEN In diesem Kapitel werden die für die Arbeit wichtigsten Begriffe erläutert, wozu vor allem die Begriffe ländlicher Raum, Agrartourismus und ländlicher Tourismus, Beschäftigung, Beschäftigungseffekte und Arbeitslosigkeit zählen. Unterschiedliche Definitionen von Agrartourismus, Urlaub am Bauernhof, sowie ländlicher Tourismus werden ebenso in diesem Kapitel diskutiert, da in Russland zum Zeitpunkt des Entstehens der vorliegenden Arbeit kein offizieller Begriff den Agrartourismus betreffend, z. B. in der amtlichen Statistik oder im Tourismusgesetz, existiert. Der Fakt der fehlenden Definition hat die Autorin vor die Aufgabe gestellt, nach einer eigenen, für diese Arbeit passenden Agrartourismusdefinition zu suchen. Diese Definition wird anschließend dargestellt. 2.1. Ländlicher Raum Da die vorliegende Arbeit hauptsächlich die Beschäftigungseffekte des ländlichen Tourismus in Russland zu erforschen hat, müssen die Begriffe Ländlichkeit und ländlicher Raum aus der russischen Sicht definiert werden. Diese Definition ist im „Konzept der nachhaltigen Entwicklung der ländlichen Gebiete der Russischen Föderation für den Zeitraum bis 2020“ (2010) zu finden. „Ländliche Territorien sind Territorien der ländlichen Siedlungen und dazugehörende Zwischensiedlungsterritorien ("сельские территории" - территории сельских поселений и соответствующие межселенные территории). Unter Zwischensiedlungsterritorien versteht man Territorien, welche sich außerhalb der Siedlungsgrenzen befinden ("межселенные территории" - территории, находящиеся вне границ поселений). Die Definition ist nicht genau und braucht offensichtlich einige Erklärungen. Laut dieser Definition bleibt unklar, ob nicht bewohnte Territorien Russlands als ländlich betrachten werden sollen oder nicht; wie weit sollten die Siedlungen voneinander entfernt sein, damit die Zwischenterritorien als ländlich gelten; ob alle Territorien, welche nicht städtisch sind, als ländlich verstanden werden dürfen. Das Programm ist für wirtschaftspolitische Zwecke entworfen worden und beinhaltet keine wissenschaftliche Grundlage. Zum Teil lässt sich das Problem durch methodische Vorschriften des ROSSTATISTIKA erklären. In Russland nimmt der ländliche Raum (bewohnte Territorien außerhalb städtischen Siedlungen) zwei Drittel der Landfläche ein 3 Definitionen und ist von 39,2 Mio. Menschen (27% der Landbevölkerung) bewohnt. Rund 150 Tsd. bewohnte Orte werden durch 24409 ländliche Administrationen und 1865 ländliche Regionen verwaltet. Als städtische zählt man bewohnte Orte, die rechtlich als Städte bzw. Siedlungen städtischer Typ (Mitarbeitersiedlungen, Kursiedlungen, Datschasiedlungen) bestimmt sind. Alle anderen Siedlungen nach der Methodik des ROSSTATISTIKA zählen zu ländlichen Siedlungen. Als wissenschaftliche Grundlagen dieser Arbeit dienen Werke von Lane, Robinson, Hoggart, Sharpley, Roberts and Hall. Die Begriffe Ländlichkeit, ländlicher Raum und ländlicher Tourismus brauchen für diese Arbeit eine klare Definition. Lane weist in seinem oft zitierten Artikel „What is rural tourism“ darauf hin, dass die Abgrenzung des ländlichen Raums bereits allgemein schwierig ist. Allerdings ist eine Abgrenzung des ländlichen Tourismus mit der Definition des ländlichen Raums eng verbunden. Lane bezeichnet ländlichen Tourismus als „multifaceted“ und sehr von den landspezifischen Merkmalen abhängig. In dem Artikel beschreibt er ländliche Regionen als diejenigen, die eine niedrige Bevölkerungsdichte haben und wo die land- und forstwirtschaftlichen Kulturlandschaften sowie Naturlandschaften dominieren. Weiters erwähnt er, dass das OECD Rural Development Programme als Indikatoren für ländlichen Raum auf lokaler Ebene eine Bevölkerungsdichte unter 150 Personen pro Quadratkilometer benutzt, und auf regionaler Ebene anhand des ländlichen Bevölkerungsanteils zwischen überwiegend ländlich (>50%), teils ländlich(15-50%) und überwiegend städtisch (<15%)” (ROBERTS and HALL, 2001 and BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994) unterscheidet. “from this array of varying definitions, two clear points stand out. Rural settlements may vary in size, but they are small, and always with a population of less than 10,000 inhabitants. They are almost always in areas of relatively low population density. Both of these points are important in tourism terms: the majority of tourists come from densly populated and large settlements – they seek a change of scene while on holiday. Tourism is in many respects a form of escapism (Plog, 199) (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). 4 Definitionen Die Bevölkerungsdichte, die Landwirtschaft und -nutzung und traditionelle Soziostrukturen hat Lane im Jahr 1994 als drei klare wichtige Identifizierungsmerkmale für den ländlichen Raum vorgeschlagen. Das erste Kriterium ist eine rurale Bevölkerungsdichte unter 150 Personen pro km² (ROBERTS and HALL, 2001, BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Das zweite Kriterium definiert ländlichen Raum als hauptsächlich diejenigen Gebiete, deren Wirtschaftsleistung auf traditioneller Agrar- und Forstindustrie basieren (ROBERTS and HALL, 2001). Das dritte Kriterium zur Unterscheidung evident ländlichen Raums von urbanen Gebieten sind traditionelle soziale Strukturen. In der modernen urbanen Gesellschaft sind Eigenschaften, die mit der ländlichen Gesellschaft assoziiert werden, wie Zusammengehörigkeitsgefühl, eher lokale als kosmopolitische Kultur und langsame, weniger materialistische Lebensweise, zum Großteil verloren. (ROBERTS and HALL, 2001). Außerdem wird laut Europäischer Charta des ländlichen Raums der Begriff ländlicher Raum durch folgende Charakteristiken gekennzeichnet: „A stretch of inland or coastal countryside, including small towns and villages, where the main part of the area is used for: a) agriculture, forestry, aquaculture and fisheries; b) economic and cultural activities of country-dwellers (crafts, industry, services, etc.) c) non-urban recreation and leisure areas (or natural reserves); d) other proposes, such as for housing” (ROBERTS and HALL, 2001). Mormont (1987) konzeptualisierte ländliche Territorien als „a set of overlapping social spaces, each with their own logic, institutions and network of actors… Rural spaces need to be defined in terms of how the occupants perceive it: as a social construct where the occupants of rural spaces interact and participate in activities such as recreation and tourism” (ROBERTS and HALL, 2001). Der Wunsch der Touristen, die traditionelle Lebensweise kennen zu lernen, motiviert sie und steigert das Interesse an dem ländlichen Kulturerbe. Sørensen und Nilsson argumentierten im Jahr 1994, dass “the attraction of the offer, and thereby a definition … is predicated on a negative assumption: countryside life 5 Definitionen is what urban life is not. Und weiters ergänzten sie “the notion of ‘rural tourism’ shares the same origin as the notion of ‘alternative tourism’, this again conceived by means of negation: non-urban, i.e. rural; non costal, i.e. non-hedonistic; non-mass i.e. small-scale; nonpackaged i.e. individualistic… this… comes close to be(ing) perceived as an antitourism tourism… Im Jahr 1997 schrieben Sørensen und Nilsson dazu noch “ the attraction of the rural is not only rural but also of images of models of tourism” (ROBERTS and HALL, 2001). Es ist bereits zu sehen, wie stark die Begriffe „Tourismus im ländlichen Raum“ und „Ländlichkeit“ verbunden sind. In nächstem Unterkapitel werden die Begriffe Agrartourismus und ländlicher Tourismus näher in der Literatur betrachtet. Der Begriff „rural“ bezeichnet einen besonderen Typ sozialer und politischer Strukturen mit charakteristischen Merkmalen. Diese Merkmale unterscheiden sich von urbanen. „While national governments use specific criteria to define „rural“, often based on the population density of settlements, there is no universal agreement on the critical population threshold which distinguishes between urban and rural populations, although some commonality is emerging within Europe“ (ROBERTS and HALL, 2001). 2.2. Unterschied Agrartourismus und ländlicher Tourismus Zu Beginn richten wir einen Blick auf die internationale Definition des Tourismus der UNWTO. „Der Tourismus umfasst Reisen, die: 1. außerhalb der gewohnten Umgebung stattfinden; 2. zu Freizeit-, Geschäfts- oder bestimmten Nicht-Erwerbszwecken erfolgen; 3. mit einer Aufenthaltsdauer von nicht länger als einem Jahr ohne Unterbrechung stattfinden (RÖSNER and STOCKERT, 2012). Die „Gewohnte Umgebung“ ist das geografische Gebiet (beziehungsweise mehrere geografische Gebiete) der alltäglichen Routine. Die Abgrenzung erfolgt individuell und bleibt dem Befragten überlassen (d. h., konkrete Vorgaben, beispielsweise bezogen auf die Reiseentfernung, erfolgen grundsätzlich nicht). Eigene Ferienhäuser gehören nicht zur gewohnten Umgebung (somit werden Aufenthalte in eigenen Ferienhäusern im Sinne dieser Definition als touristische Reisen betrachtet). Und Nicht-Erwerbszwecke sind 6 Definitionen beispielsweise Aufenthalte in Kur- und Rehabilitationskliniken, Studienaufenthalte (kürzer als ein Jahr), etc.“ (RÖSNER and STOCKERT, 2012). In Russland definiert man Tourismus etwas genauer als in der internationalen Definition des Tourismus der UNWTO. Im Unterschied zur UNWTO wird in Russland für Tourismus eine Aufenthaltsdauer von 24 Stunden bis 6 Monaten bestimmt. Ausserdem soll laut Tourismusgesetz der Russischen Föderation mindestens eine Übernachtung stattfinden. Tagesreisen ohne Übernachtungen werden im Tourismusgesetz als Exkursionen definiert (TOURISMUSGESETZ, 1996). Wenn die touristische Tätigkeit in ländlichem Raum stattfindet, ist die Terminologie, die touristische Aktivitäten im ländlichen Raum beschreibt vielfältig: Ländlicher Tourismus, Agrartourismus, Urlaub am Bauernhof, sanfter Tourismus, Ökotourismus, grüner Tourismus etc. Diese Begriffe werden entweder synonym oder, von einem Land zum anderen, von einem Benutzer zum anderen verschieden verwendet (ROBERTS and HALL, 2001). Die Begriffe „Ländlicher Tourismus“ und „Agrartourismus“ liegen eng beieinander, spielen sich aber teilweise auf unterschiedlichen Ebenen ab (STRASDAS). Der Begriff „ländlicher Tourismus“ – “the term ‘rural tourism’ has been adopted by the European Community (EC) to refer to all tourism activity in rural area. This is doubly problematic while, helpfully, it draws away from the dominance of farm-related activity inherent in such terms as agri- and agrotourism, it: (i) ignores large-scale mass recreation complexes such as Center Parcs, located in otherwise rural areas; and (ii) it begs the question of how rural tourism it defined” (ROBERTS and HALL, 2001). Der Begriff „Ländlicher Tourismus“ ist umfassender als der Begriff „Agrartourismus“. „Ländlicher Tourismus“ erschöpft sich demnach nicht allein im „Urlaub auf dem Bauernhof“ und ist ebenso nicht zwangsläufig an ein landwirtschaftliches Angebot geknüpft“ (STRASDAS). Folgend werden die Definitionen der Tourismusformen im ländlichen Raum nach Sharpley dargestellt (ROBERTS and HALL, 2001): Agri-/agrotourism: although often used to describe all tourism activities in rural areas (covering, for example, festivals, museums, craft shows and other cultural events and attractions), more frequently either term relates to tourism products which are ‘directly connected with the agrarian environment, agrarian products or agrarian stays’: staying on a farm, whether in rooms or camping, educational visits, meals, recreational activities, and 7 Definitionen the sale of farm produce or handicrafts (Jansen-Verbeke and Nijmengen, 1990) (ROBERTS and HALL, 2001). Farm tourism: explicitly farm-related and most usually associated with tourism involving staying in farm accommodations and seeking experience from farm operations and attractions (e.g. Gladstone and Morris, 1998, 1999) (ROBERTS and HALL, 2001). Wilderness and forest tourism: may be implicitly included within notions of rural t ourism, or they may be regarded as separate (e.g. Meier-Gresshof, 1995; Asikainen, 1997). In a number of countries they will not be relevant, or their relevance will vary considerably . (ROBERTS and HALL, 2001). Green tourism: although in some countries the term ‘green tourism’ refers specifically to the tourism in the countryside (‘green areas’), it is more commonly used to describe forms of tourism that are considered to be more environmentally friendly than traditional, mass tourism, or as marketing ploy to suggest such eco-friendliness, even where it may not exist. Variously employed synonymously with ‘alternative’ (Butler, 1990; Wheeller, 1993), ‘responsible’ (Wood and House, 1991), ‘soft’ (Slee, 1998), or ‘new’ (Poon, 1993) tourism, green tourism is portrayed as an approach to tourism development which seeks to develop a symbiotic relationship (Budowski, 1976) with the physical and social environment on which it depends, and implicitly seeks to attain sustainability ideas. Such terminology has been particularly important in what some might view as little more than a make-over of the marketing of certain types of mass activity which might otherwise be characterized as entailing a parasitic rather than symbiotic relationship. Indeed, the ‘green’ of green tourism might be seen to apply to some tourists’ unquestioning consumption of eco-related labeling (also below) (ROBERTS and HALL, 2001). Ecotourism: a form of nature tourism (tourism to natural, unposit areas) which assumes active promotion of environmental conservation and direct benefits for local societies and cultures, together with the provision for tourists of a positive, educative experience. It has been viewed as offering opportunities for the integration of rural development, tourism, resource management and protected area management (Hvenegaard, 1994), and is regarded as a subset of rural tourism … However, specialist interest of the natural environment – such as birdwatching or geology – does not necessarily presuppose 8 Definitionen environmental awareness in a holistic sense, and the above reservation about eco-labeling particularly applies (ROBERTS and HALL, 2001) Die von Lane (1994) identifizierten Schlüsselelemente für ländlichen Tourismus sind folgende: Located in rural areas; Functionally rural: built upon the rural world’s special features of small-scale enterprise, open spaces, contact with nature and the natural world, heritage, ‘traditional’ societies and ’traditional’ practices; Permits participation in the activities, traditions and lifestyles of local people; Provides personalized contact; Rural in scale – both in terms of building and settlements – and, therefore, usually small-scale; Traditional in character, growing slowly and organically, and connected with local families. It will often be very largely controlled locally and developed for the long-term good of the area; Of many different kinds, representing the complex pattern of rural environment, economy, history and location; A high percentage of tourism revenue benefiting the rural community. Zu einem internationalen Vergleich und näherer Betrachtung werden weitere komplexe Definitionen aus Italien und Frankreich dargestellt. Eine Definition des Agrartourismus in Italien in einem wissenschaftlichen Artikel lautet: Agrartourismus ist eine Aktivität in der Welt der landwirtschaftlichen Produktion, wo typische Produkte und Dienstleistungen wie Unterkunft, Kultur und Erholung angeboten werden… Schon 1983 definierte Albisinni den Agrartourismus nicht nur als eine Form touristischer Initiative im ländlichen Raum, sondern auch als eine, welche vom Landwirt selbst oder in einer assoziativen Form gesteuert wird (INTERNAZIONALE SULL’AGRITURISMO, s.a.). „Agriturismo non è qualunque formadi iniziativa turistica in ambiente rurale, ma solo quella che sia gestita, 9 Definitionen individualmente o in forma associata, da chi è già imprenditore agricolo”. Eine Studie aus Frankreich beschreibt es noch deutlicher, que le tourisme rural englobe l’ensemble des activités touristiques pratiquées dans le territoire rural humanisé, l’agrotourisme se pratique dans un milieu agricole ou à vocation agricole, alors que le tourisme à la ferme se limite au territoire de la ferme (MARCOTTE, s.a.) – dass der ländliche Tourismus alle touristischen Aktivitäten im bewohnten ländlichen Raum einschließt. Agrartourismus findet im landwirtschaftlichen Raum oder im landwirtschaftlichen Betrieb statt, während Urlaub am Bauernhof sich auf das Territorium des Bauernhofs beschränkt. Auch in Übersee wird der Agrartourismus betrieben. Wissenschaftler in Chile, Brasilien und Panama haben sich mit dem Agrar- bzw. ländlichen Tourismus auseinandergesetzt. Beispielsweise sind folgende Definitionen des Agrartourismus zu finden. In Chile wird der Begriff ähnlich wie in Italien definiert. Das touristische Angebot basiert auf Dienstleistungen wie Unterkunft und Gastronomie, dabei ist Agrartourismus als eine in ländlichen Gebieten entwickelte Form des Tourismus definiert. Eine Bedingung dafür ist die Land- und Forstwirtschaft als Hauptbeschäftigung und Einkommensquelle der Einwohner. Der Tourist kann aktiv an verschiedenen Produktionsarbeiten teilnehmen (CONSTABEL et al., 2011). Aktivitäten wie Ernten, Melken, Dreschen, Konservieren, Hilfe bei der Fütterung und Pflege der Tiere im Betrieb sollen dem Vergnügen oder der Ausbildung dienen. Dadurch entsteht ein Zusatzeinkommen für den landwirtschaftlichen Betrieb (FENTANES, s.a.). Agrartourismusbetriebe können Unterbringungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen oder nur Tagesaktivitäten anbieten (GAGNON, 2012). Die Familie eines Agrartourismusbetriebs betreut ihre Gäste bei den verschiedenen Aktivitäten. (ROMÁN and CICCOLELLA, 2009). Nach einer Studie aus Brasilien schafft Agrartourismus zusätzliche Beschäftigung zur landwirtschaftlichen Aktivität einer Familie. Im Gegensatz zum Agrartourismus ist ländlicher Tourismus über den ländlichen Raum, in dem touristische Aktivitäten stattfinden, definiert. Dabei dient im weiteren Sinne der ländliche Raum als Basis für diesen Tourismustyp (DE OLIVEIRA SANTOS et al., 2012). Es ist anzumerken, dass dabei die Landwirtschaft sowohl Haupttätigkeit, als auch Nebentätigkeit einer Familie sein kann. Der Agrartourismus erfüllt genau die Anforderungen, die eine nachhaltige Entwicklung an neue wirtschaftliche Möglichkeiten stellt: eine Tätigkeit, die neue 10 Definitionen Beschäftigungsmöglichkeiten generiert, vor allem für Frauen und Jugend im ländlichen Raum; neue Initiativen in Zeiten traditionell niedriger Produktion; ergänzt Ackerbau, Viehzucht, Milchwirtschaft, Gartenbau, Blumenzucht, Imkerei, etc.., schont die Qualität der nationalen Ökosysteme und stellt eine gute Möglichkeit für die Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte mit Ursprungsbezeichnung als auch den Namen der Regionen, welche mit traditionellen Produkten assoziiert werden, dar. (El agroturismo cumple precisamente estos requisitos que el desarrollo sustentable le pide a las nuevas opciones económicas: es una actividad que genera nuevas oportunidades de empleo, especialmente para las mujeres y los jóvenes rurales; aporta ingresos frescos en épocas de baja actividad productiva tradicional, se complementa con la agricultura, ganadería, lechería, horticultura, floricultura, apicultura, etc.; ayuda a la conservación de la calidad de los ecosistemas nacionales y representa una buena opción para la comercialización de productos agropecuarios con denominación de origen, posicionando a nivel internacional el nombre de las regiones y zonas asociadas a productos tradicionales.) Der Agrartourismus ist nicht nur eine neue Wirtschaftstätigkeit, oder eine zusätzliche Tätigkeit neben der Landwirtschaft. Der Agrartourismus ist ein außergewöhnliches Instrument um die ländlichen Gebiete mit der städtischen Welt zusammen zu führen. Der Agrartourismus verbindet "zwei Welten", welche so anders sind und welche, wie die Gesellschaft, einen gemeinsamen Ursprung und ein gemeinsames Schicksal haben: das Land, seine Menschen und seine Kultur. Der Motor der Entwicklung des Agrotourismus ist sein wirtschaftliches Potenzial, da er u.a. viele positive externe Effekte erzeugt, was ihn zu einem leistungsfähigen Werkzeug für die Entwicklung und Verbreitung von Kultur macht. (El agroturismo no es simplemente una actividad económica más, o adicional al trabajo agrícola. El agroturismo constituye un extraordinario vehiculo o instrumento para vincular al mundo rural con el mundo urbano, para juntar “dos mundos” que aparecen tan distintos y que, como sociedad tiene un origen y destino común: el territorio, su gente y su cultura. El motor del desarrollo del agroturismo es su potencial económico, pero genera muchas externalidades positivas que lo convierten en un potente instrumento de desarrollo y de difusión cultural) (CONSTABEL et al., 2011). Die Darstellung der zahlreichen Merkmale des Agrartourismus bzw. ländlichen Tourismus zeigt, dass man ihn zweckgebunden definieren kann. 11 Definitionen Das russische Landwirtschaftsministerium hat ein Entwicklungsprogram für ländliche Territorien iniziiert. TOPOROV (2010) hat in seinem Beitrag während des ersten internationalen Forums „Ländlicher Tourismus in Russland“ im Jahr 2010 formuliert, dass der Begriff Agrartourismus nicht eindeutig sei und alle „abwechslungsreichen Tourismustypen, vom ethnographischen bis Wellnesstourismus“ zu ihm gezählt werden. Im selben Vortrag hat er angemerkt, dass das Ziel des Aufenthalts Erholung und/oder ein Kennenlernen der landwirtschaftlichen Arbeitsweisen ist. In diesem Beitrag zeigt Toporov die Notwendigkeit der Distanz zwischen „ländlichen Siedlungen und Zonen des mehrstöckigen Industriebaus“ für den Agrartourismus auf. Aus methodischen Empfehlungen für den Agrartourismus in Russland geht hervor, dass der ländliche Tourismus für städtische Bewohner eine Erholung in Gästehäusern biete. Solche Gasthäuser werden von einer Familie auf dem für die Farm zugeordneten Land und auf der Grundlage ihrer eigenen Wohnung bzw. ihres Hauses geschaffen. Die Familie sorgt für die Unterkunft, Verpflegung und das Kennenlernen der Sehenswürdigkeiten auf dem Land. (Сельский туризм – это отдых горожан в сельской местности в гостевых домах, созданных сельской семьей на основе собственного жилого дома и приусадебного участка, а также на земельном участке, отведенном под фермерское хозяйство. Главной фигурой, обеспечивающей проживание, питание и знакомство с достопримечательностями сельской местности, является сельская семья) (КАРЯКИН, 2011). Aus einem Artikel von ALEKSANDROVA (2010) stammt diese Definition: „der grüne Tourismus (green rural tourism) oder Agrartourismus (agrotourism, farm tourism) ist eine Erholung in ländlichen Gebieten (Dörfer, Bauernhäuser). Insbesondere ist der Agrartourismus in den USA und westeuropäischen Ländern bekannt. Touristen führen eine Zeit lang ein ländliches Leben. Sie leben in der Natur und lernen Werte der volkstümlichen Kultur und der angewandten Kunst, nationale Lieder und Tänze und lokale Bräuche kennen. Außerdem nehmen Touristen an der traditionellen Arbeit, volkstümlichen Festen und Festivals teil. Agrartourismus ist einer der Sektoren der Tourismusbranche. Er konzentriert sich auf die Nutzung von Naturressourcen und weiteren Ressourcen des ländlichen Raums sowie auf die Nutzung der spezifischen regionalen Merkmale zur Schaffung eines komplexen touristischen Produkts. 12 Definitionen Agrartourismus bestimmt in vieler Hinsicht die Beschäftigung der ländlichen Bevölkerung sowie einen Teil des Einkommens eines landwirtschaftlichen Betriebes. Das Konzept des Agrartourismus ist sehr einfach: das Angebot für die Urlauber beinhaltet die Möglichkeit im ländlichen Raum zu wohnen, traditionellen Lebensstil und traditionelle Küche kennen zu lernen, an landwirtschaftlichen Arbeiten teilzunehmen, die Schönheit der unberührten Ecken der Natur und den Vogelgesang zu genießen sowie Reiten, Angeln, Jagen und Wandern. Im Gegensatz zu anderen Richtungen des Tourismus hat der Agrartourismus seine Besonderheit in niedrigen Kosten, vor allem für Unterkunft und Verpflegung. Selbstverständlich ist die Verpflegung auf dem Land um etwa die Hälfte billiger als in der Stadt. Die Unterkunft ist hier auch billiger, vor allem im Sommer. Dadurch werden die Kosten für die Reise zumindest halbiert“. (Зеленый сельский туризм (green rural tourism), или агротуризм (agrotourism, farm tourism), особенно популярный в США и странах Западной Европы, – отдых в сельской местности (в деревнях, на хуторах, в удобных крестьянских домах). Туристы некоторое время ведут сельский образ жизни среди природы, знакомятся с ценностями народной культуры, прикладного искусства, с национальными песнями и танцами, местными обычаями, принимают участие в традиционном сельском труде, народных праздниках и фестивалях. Агротуризм – один из секторов туристической отрасли, который ориентирован на использование природных и иных ресурсов сельской местности и её специфики для создания комплексного туристского продукта. Аграрный туризм во многом определяет занятость сельского населения и определенную долю прибыли хозяйств. Его концепция довольно проста: клиенту предлагают проживание в сельской местности и приобщение к традиционному образу жизни деревень, участию в сельскохозяйственных работах, знакомству с подлинной местной кухней, наслаждению красотами нетронутых уголков природы, пением птиц, верховой ездой, рыбалкой, охотой и прогулками в горах и цветущих долинах. В отличие от других направлений туристской сферы агротуризм имеет свою специфику, которая выражается в минимизации издержек, прежде всего на питание и проживание. Проживание здесь также обходится дешевле, особенно в летний период. Это как минимум вдвое снижает стоимость путевок.) Für diese Masterarbeit ist die Definition ländlicher Tourismus inklusive Tagesaktivitäten ohne Übernachtung relevant. Dadurch kann die Vielfalt aller landwirtschaftlichen, ländlich 13 Definitionen und touristisch geprägter Beschäftigung sowie Beschäftigungseffekte in einer lokalen Region ausführlich dargestellt werden. 2.3. Beschäftigung und Beschäftigungseffekte „Als arbeitsintensiver Dienstleistungssektor schafft der Tourismus Arbeitsplätze. Zu den direkten Beschäftigungswirkungen werden z.B. Arbeitsplätze in Hotels, bei Seilbahnen, Verkehrs- und Reisebüros gezählt. Indirekte Beschäftigungswirkungen sind Arbeitsplätze bei Zulieferbetrieben aller Art (Baugewerbe, Groß- und Detailhandel, Lebensmittelproduktion, Auto- und Transportgewerbe) und bei den übrigen privaten Dienstleistungsbetrieben… Der Tourismus schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Einkommen…(MÜLLER, 2002)“. Der Beschäftigungseffekt im ländlichen Raum kann als geschaffener oder erhaltener Arbeitsplatz, oder als ein Beitrag zum betrieblichen Einkommen definiert werden. Die „Erhaltung oder Schaffung“ von Arbeitsplätzen hat eine wichtige Bedeutung, weil sie einen großen Einfluss auf die Abwanderung bzw. Arbeitslosigkeit mit sich bringt (TAMME, 2002). Der Begriff Beschäftigungswirkung und der Begriff Beschäftigungseffekt sind gleich, weil sie dieselben Effekte bzw. Wirkungen des Tourismus auf die Beschäftigung beschreiben. Maßgebend für die Bestimmung der Beschäftigungseffekte des Agrartourismus sind die Definitionen der Begriffe ländlicher Raum, Agrartourismus bzw. ländlicher Tourismus, Wertschöpfung und Einkommen sowie Beschäftigung und Arbeitslosigkeit. Die Begriffe Wertschöpfung und Einkommen sind für die spätere Messung der Beschäftigungseffekte relevant, denn die Messung der Beschäftigungseffekte wird im Zusammenhang mit den Wertschöpfungseffekten durchgeführt. Außerdem verbessern Einkommenseffekte die Lebensqualität, welche für die Regionalentwicklung ein wichtiger Aspekt ist (VORLAUFER, 2003). „Wertschöpfung bedeutet Einkommen und wird als Summe der Löhne, Gehälter und Gewinne dargestellt“ (MAYER, 2007). Die Bruttowertschöpfung resultiert, wenn vom „Gesamtumsatz die Vorleistungen, d.h. die von Dritten bezogenen Güter und Dienstleistungen abgezogen werden… Diese setzt sich seinerseits zusammen aus der Nettowertschöpfung (Löhne, Steuern, Gewinne, Zinsen) und den Abschreibungen“ (MÜLLER, 2002). „Die Beschäftigung bezeichnet den tatsachlichen Einsatz von Erwerbspersonen in einer 14 Definitionen Volkswirtschaft. Generell kann Beschäftigung mittels verschiedener Größen ausgedrückt werden: Einerseits als Anzahl der Beschäftigungsverhältnisse (BVH; entspricht Jobs); Andererseits durch Aggregate wie Vollzeitäquivalente (VZÄ) oder Beschäftigungsvolumen (Gesamtzahl der Arbeitsstunden). Ein Beschäftigter kann ein oder mehrere Beschäftigungsverhältnisse haben; daraus resultiert die Summe an Beschäftigungsverhältnissen, gleichgültig ob es sich dabei um Voll- oder Teilzeitverhältnisse handelt“ (LAIMER and SMERAL, 2004, LANDMANN and JERGER, 1999). Statistisch gesehen kann man die Beschäftigung sowohl anhand der Zahl von Erwerbstätigen oder auch anhand der geleisteten Arbeitsstunden in einem bestimmten Zeitraum messen (LAIMER and SMERAL, 2004). „Arbeitslosigkeit bezeichnet den Zustand von Erwerbspersonen ohne Arbeit. Sie resultiert aus einem Ungleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt oder Teilarbeitsmärkten, bei dem das Arbeitsangebot die Arbeitsnachfrage übersteigt und arbeitswillige Erwerbspersonen zeitweise keine Beschäftigung von Arbeitgebern erhalten. Man unterscheidet konjunkturelle, strukturelle, saisonale und friktionelle Arbeitslosigkeit(LANDMANN and JERGER, 1999). Außerdem kann zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Arbeitslosigkeit sowie zwischen dauernder und vorübergehender Arbeitslosigkeit unterschieden werden. Unfreiwillige Arbeitslose sind diejenigen, unter geltenden Marktbedingungen keine „Beschäftigung gefunden haben“ im Gegensatz zu freiwilligen Arbeitslosen, welche „über die herrschenden Bedingungen hinausgehende Forderungen stellen“ (FRANZ, 1991). Die Arbeitslosenquote bzw. Arbeitslosenrate gibt an, wie viel Prozent der Erwerbspersonen, die dem Arbeitsmarkt offiziell zur Verfügung stehen, bei dem Arbeitsam als arbeitslos gemeldet sind. Die Arbeitslosenquote ist die wichtigste Kennzahl zur Darstellung der Beschäftigungssituation und des Umfangs der Arbeitslosigkeit (LANDMANN and JERGER, 1999). Wenn Erwerbspersonen ihre Arbeit in einem fremden Bereich für Tourismus bzw. Agrartourismus aufgeben, werden zusätzliche Arbeitsplätze im Agrartourismus besetzt. Wanderung der Arbeitskräfte aus einem Beruf in den Agrartourismus verursacht die Notwendigkeit, neue Ausbildungen sowie neue Qualifikationen zu erwerben, denn es werden neue Arbeitsweisen und Arbeitsabläufe 15 Definitionen ausgeübt. Dem Artikel „Organisatorische Änderungen und betriebliche Beschäftigungsund Qualifikationseffekte 1999-2001“ von Alda Holger und Bellmann Lutz sind positive und negative Effekte der Beschäftigung sowie Qualifikationseffekte zu entnehmen. Die Effekte ergeben sich nach der Durchführung von organisatorischen Änderungen in Betrieben. Die „Qualifikationseffekte stehen oft im Vordergrund, … denn die Erhöhung der Produktivität wird eher qualifizierten Beschäftigten zugetraut“ (ALDA and BELLMANN, 2002). Positive Beschäftigungseffekte ergeben sich bei Aufbau der Beschäftigung und negative bei Abbau der Beschäftigung. Arbeitslose werden einerseits als eine eventuelle Arbeitskraft für den Agrartourismus betrachtet. Andererseits diversifiziert der Agrartourismus die Beschäftigung im ländlichen Raum (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994, ROBERTS and HALL, 2001, БОНДАРЕНКО, 2011, SHARPLEY and VASS, 2006). „Many experts concure that rural tourism is a growth sector and a means of diversification of rural economies affected by decline in agriculture and traditional industries. Local operators frequently view it as a way to develop new initiatives and create jobs, if not restructure the entire economy… A recent OECD report contends that tourism helps, inter alia, to preserve rural jobs in marginal rural areas, create new jobs where the activity prospers, and diversify employment, but there are few figures to substantiate the claims” (OECD, 1995). Die Autoren gehen bezüglich des ländlichen Raums aber nicht genau darauf ein, welche Beschäftigungseffekte in einer Region aufgrund des Agrartourismus bzw. ländlichen Tourismus induziert werden können. Folgend werden Netto- und Bruttobeschäftigungseffekten und Vorgehensweise zusammen mit entsprechenden Mitnahme-, Verlagerungs-, Multiplikations- und Substitutionseffekten betrachtet. „Zur genauen Einschätzung und Gegenüberstellung der echten Beschäftigungseffekte müssen Nettoeffekte dargestellt werden, d.h. nach Berücksichtigung der Mitnahmeeffekte (ohnehin eintretender Beschäftigungsgewinn), Verlangerungseffekte … und Multiplikationseffekte… Alle diese Effekte sind laut dem Berechnungskonzept in Vollzeitäquivalenten auszudrücken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen in dem geförderten Unternehmen durch Arbeitsplatzverluste in den anderen Unternehmen ganz oder teilweise wieder ausgeglichen wird. Bruttobeschäftigungswirkung Aufgrund verringert. Die Verlagerungseffekte Multiplikatoreffekte wird die ergeben sich 16 Definitionen beispielsweise durch die Wertschöpfungsketten und werden auch als induzierte Effekte genannt. Die induzierten Effekte werden in folgenden Absätzen beschrieben. Von Substitutionseffekten wird gesprochen, wenn eine Maßnahme zur Beschäftigung förderfähiger Personen an Stelle anderer, nichtförderfähiger Personen führt, die sonst beschäftigt worden wären. Ein solcher Effekt sollte als Mitnahmeeffekt behandelt werden, es sei denn, das Ziel der Maßnahme bestand darin, Arbeitsplätze für eine bestimmte Zielgruppe zu schaffen“…„Inwieweit sich der Brutto-Beschäftigungseffekt durch Mitnahme-, Verlagerungs- und Substitutionseffekte verringert, … wird insbesondere für die Bereiche Verkehr, Tourismus und Berufsbildung … unterschiedlich sein. Dabei handelt es sich um Zwischeneffekte, die letztendlich einen Beschäftigungseffekt haben werden. Bruttoeffekte sind der aggregierte Beschäftigungseffekt ohne Berücksichtigung von Faktoren wie Mitnahme-, Verlagerungs- und Substitutionseffekten. Bei den Nettoeffekten werden Mitnahme-, Verlagerungs- und Substitutionseffekte sowie gegebenenfalls Multiplikationseffekte berücksichtigt“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION, 2014). „Die wichtigsten Beschäftigungseffekte werden darüber hinaus als direkte und indirekte Folge einer Strukturfondsmaßnahme (EUROPÄISCHE KOMMISSION, 2014) dargestellt: • Entstehung von Arbeitsplätzen als direktes Ergebnis der regionalpolitischen Maßnahmen, z.B. durch Bauarbeiten oder Ausführung von Fortbildungsprojekten. Diese Arbeitsplätze sind meist befristet, und die entsprechenden Zahlen sollten deutlich als solche gekennzeichnet und in Personenjahren ausgedrückt werden. • Neue oder umgewandelte Arbeitsplätze als direkte Folge der regionalpolitischen Maßnahmen. In diesen Fällen kommt der Beschäftigungseffekt überwiegend den Begünstigten der Maßnahmen zugute. • Neue oder umgewandelte Arbeitsplätze als indirekte Folge der regionalpolitischen Maßnahmen, z.B. Verbesserung der allgemeinen oder spezifischen Infrastruktur (z.B. Fremdenverkehrsattraktion). In diesen Fällen äußert sich die Wirkung in nicht beschäftigungsbezogenen Indikatoren, wie kürzeren Fahrzeiten, erhöhtem Frachtaufkommen oder zunehmenden Gästezahlen. Der Beschäftigungseffekt entsteht hier eher indirekt - mit steigenden Urlauberzahlen erhöht sich der Umsatz der örtlichen Wirtschaft, was wiederum einen Beschäftigungszuwachs oder eine Umwandlung bewirkt.“ 17 Definitionen Weiters werden Beschäftigungseffekte als direkte, indirekte und induzierte betrachtet (LAIMER and SMERAL, 2004, RÖSNER and STOCKERT, 2012, ASHLEY et al., 2007, KULKE, 2013). Die äußeren Beziehungen eines Betriebes werden als Verflechtungen und „als Effekte die dadurch in anderen Einheiten auftretenden Wirkungen“ bezeichnet. „Die Gliederung von Verflechtungen und Effekten erfolgte in den klassischen Ansätzen -wie zum Beispiel bei Standortfaktoren entsprechend dem Materialfluss in einem Unternehmen. So lassen die Verflechtungen aus der Input- oder Einsatzseite (z.B. Bezug von Rohstoffen, Vorprodukten, Produktionsmitteln, Arbeitskräften), deren Wirkungen als Rückwärtskopplungseffekte bezeichnet werden, auf der Durchführungsseite (z.B. Wartungsdienste, Transportdienste), die zumeist als Dienstleistungseffekte benannt werden, und der Output- oder Absatzseite (Endverkauf im Einzelhandel, Weiterverarbeitung in anderen Betrieben), die als Vorwärtskopplungseffekte betitelt werden, unterscheiden. Neben den direkten Effekte eines Unternehmens (beispielsweise Lohnauszahlungen an Arbeitskräfte) treten zusätzliche Folgewirkungen auf (so geben die Arbeitskräfte den für ihre Arbeitsleistungen erhaltenen Lohn in anderen Unternehmen für Güter und Dienstleistungen aus), die sekundäre, über den Umfang des direkten Effektes herausgehende Impulse induzieren, sie werden als Multiplikatoreffekte bezeichnet“ (KULKE, 2013). „The ODI [The Overseas Development Institute] and World Bank Review identifies three main mathways through which tourism affects poverty reduction: first tourism’s direct effects, the wages and earnings of those who participate directly in the sector as workers or entrepreneurs… It also uses a relatively high proportion of unskilled or semi-skilled laborers… Secondly, indirect effects occur through the tourism value chain… Finally, tourism has a wide range of dynamic effects” (ASHLEY et al., 2007). Die Klassifizierung von indirekt induzierten Beschäftigungseffekten hat zum Vorteil, dass sie mit einer Rechnungsmethode anhand des Tourismussatellitenkonto (TSA) verbunden ist und auf die amtliche und betriebliche Statistik zurückgreift. Dies macht die Methode nachvollziehbar und überzeugend. Die Methodologie für die Messung von Beschäftigungseffekten greift auf TSA zurück. Dadurch, dass amtliche Statistiken sich mit Wirtschaftsstatistiken überschneiden, wurden 2008-2009 auf Vorschlag von EUROSTAT, OECD und UNWTO sogenannte Tourismussatellitenkonten TSA eingeführt (STATISTIK AUSTRIA and 2014, EUROSTAT 2014). Tourismus-Satellitenkonten „dienen der Erfassung und Analyse des Tourismus als ökonomisches Phänomen im Zusammenhang 18 Definitionen mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) und anderen Wirtschaftsstatistiken“ (LAIMER and SMERAL, 2004). In TSA werden Tourismusnachfrage einerseits sowie Wertschöpfung und Beschäftigungseffekte andererseits erfasst (MAYER et al., 2007, RÖSNER and STOCKERT, 2012, LAIMER and SMERAL, 2004). Zur „Messung der Beschäftigungseffekte wird auf die Zahl der Erwerbstätigen [sowohl Selbständige als auch Arbeitnehmer] abgestellt“… Die Anzahl der Erwerbstätigen in der Herstellung der von Touristen im Land nachgefragten Güter und Dienstleistungen ist ein direkter Effekt… Er kann auch „nach dem jeweiligen Anteil der Tourismuswirtschaft an der gesamten Volkswirtschaft ausgewiesen“ werden (RÖSNER and STOCKERT, 2012). „Direkte Effekte berücksichtigen nur die Beschäftigungseffekte, die in Zusammenhang mit der direkten Tourismusnachfrage (auf Angebot- und Nachfrageseite wird näher im theoretischen Model eingegangen) stehen bzw. in jenen Sektoren entstehen, die direkt von den Ausgaben der Touristen profitieren. Indirekte Beschäftigungseffekte treten bei jenen Unternehmen auf, welche den Betrieben, die das direkt nachgefragte Konsumgut produzieren, Güter und Dienstleistungen liefern. Indirekte Effekte „erfassen Wertschöpfung und Beschäftigung, die durch die Herstellung von Vorleistungsgütern und -dienstleistungen ausgelöst werden“ (RÖSNER and STOCKERT, 2012). „Zusammen mit den inländischen Vorleistungsanbietern entlang der Wertschöpfungskette beschäftigten Erwerbstätigen (indirekter Effekt) sowie unter Berücksichtigung der durch die Verausgabung der gesamten Einkommen zusätzlich induzierten Beschäftigung (induzierter Effekt) löst der Tourismus eine Beschäftigung“… aus. Dies entspricht in einem Land einem Anteil der touristischen Beschäftigung an der gesamten Beschäftigung (RÖSNER and STOCKERT, 2012, MÜLLER, 2002). Induzierte Effekte „entstehen durch die Verausgabung der von den direkten und indirekten Effekten resultierenden zusätzlichen Einkommen“ und werden deswegen auch Einkommenseffekte genannt (RÖSNER and STOCKERT, 2012). „Die Verausgabung der durch den Tourismus direkt oder indirekt geschaffenen Einkommen löst einen Multiplikatorprozess aus, wodurch wieder Wertschöpfung und Beschäftigung entstehen“ (LAIMER and SMERAL, 2004). 19 Theoretisches Rahmenkonzept Induzierte Beschäftigungseffekte (oder auch als dynamische Beschäftigungseffekte und als Multiplikatoreffekte genannt) werden somit entsprechend dem Multiplikator-Modell nach Keynes definiert. Der Multiplikator spielt eine große Rolle bei der Untersuchung der Beschäftigungseffekte und wird ebenfalls im nächsten Theoriekapitel beschrieben. Direkte, indirekte und induzierte Beschäftigungseffekte werden in Vollzeitäquivalenten sowie durch Geldströme in der Wertschöpfungskette ausgedrückt. 3. THEORETISCHES RAHMENKONZEPT „Rural tourism is considered to be a possible engine for development. There are a number of reasons for adopting this attitude” (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Bei der Beschreibung von Definitionen wurde bereits der Multiplikator bzw. Multiplikatoreffekt, Multiplikatorfaktor angekündigt. Induzierte Beschäftigungseffekte Beschäftigungsmultiplikators werden nach für Keynes diese Arbeit aufgefasst. im Kontext Wirtschaft eines bzw. Tourismuswirtschaft hat einen Multiplikatoreffekt von touristischen Ausgaben. Wie in der Exportbasistheorie steuern Basis- und Nichtbasisaktivitäten die wirtschaftliche Lage der Region - für exportierte Dienstleistungen des Agrartourismus bzw. des Tourismus fließen Geldströme in die Region. Laut der Exportbasistheorie fließen die Geldströme für die Basisaktivitäten in die Region ein. Geld kommt von außen in die Region und die touristischen Dienstleistungen werden dafür exportiert, denn wirtschaftliches Einkommen aus dem Tourismus ist eine Exportleistung einer Region (LUNDBERG et al., 1995). Eine Region bietet Dienstleistungen, die exportiert werden sollen. In einer Region sind das beispielsweise der Fremdenverkehr, u.a. agrartouristische Leistungen. Touristische Dienstleistungen sind der „basic sector“ der Region. Es herrscht eine außerregionale Nachfrage bezüglich dieser Dienstleistungen. Unternehmen, die ihre Produkte exportieren, bilden die wirtschaftliche Basis einer Region (Exportbasis, "basic sector"), von denen der nicht exportierende lokale Sektor ("nonbasic sector") abhängt (SCHÄTZL, 1998, KULKE, 2013, BRAUN and SCHULZ, 2012). Durch die Geldströme werden auch andere Dienstleistungen aus dem „nonbasic sector“ versorgt, denn das Geld wird im Nichtbasissektor ausgegeben. Dies geschieht dadurch, 20 Theoretisches Rahmenkonzept dass ein Teil des Geldes für lokale Güter und Dienstleistungen ausgegeben wird. Fließt das Geld in die Wirtschaft einer Region, in Form von touristischen Ausgaben, Investitionen, Subventionen etc. ein, wird die Wirtschaft mehrfach stimuliert. Diese Stimulation hat Keynes „multiplier effect“ genannt. Laut John Maynard Keynes und R.K. Kahn spielen die Exportinjektionen im Wirtschaftswachstum mit, zum Beispiel in der Form von neuen Arbeitsplätzen sowie Einkommen für die Zukunft. Das injizierte Geld bleibt in der Wirtschaft, wird ausgegeben und im Laufe der Zeit wiederausgegeben. Exportinjektionen induzieren lokale Wachstumseffekte. Ein Anstieg der Einkommen aus den Exporten führt über Multiplikatoreffekte zu einem Einkommensanstieg in der gesamten Region, der vor allem von den Exporten bestimmt wird. Das Geld in Form von Ersparnissen und Importe reduzieren den Multiplikatoreffekt. Das Wirtschaftswachstum ist dann zu beobachten, wenn das einfließende Geld bzw. die Injektion mehr ist als die Ersparnisse. (VORLAUFER, 2003, LUNDBERG et al., 1995). Je mehr von den Ausgaben der Touristen von den Tourismusbetrieben für die Nachfrage nach Waren des örtlichen nonbasic Sektors ausgegeben wird, desto größer ist der Multiplikatoreffekt. Dieser kann auch in einer Expansion der Beschäftigung bestehen. Der Einkommensanstieg ist umso höher, je größer die regionale Konsumneigung und je kleiner die regionale Importneigung ist (BRAUN and SCHULZ, 2012). Der Multiplikatoreffekt ist auch unter folgenden Worten einfach zu verstehen: „the multiplicator says in effect that tourism spending not only brings new dollars into local economy, but as new dollars are circulated their effect is multiplied”(OECD, 1996). Für die Beschäftigung bedeuten touristische Geldströme Schaffung neuer Arbeitsplätze, Auszahlungen von Gehältern, Reinvestitionen in Betrieben und nicht zuletzt Steuern und somit Geld für das lokale Budget. Die Exportbasistheorie stellt eine Brücke zwischen der Beschäftigung und der regionalen Entwicklung einer kleinen Region dar. Die Erklärung der jeweiligen Theorie zur Beschäftigung in einer Region liegt darin, dass die Dienstleistungen im Agrartourismus als der Exportsektor einer regionalen Wirtschaft betrachtet werden. „As with any “export” activity that is organized and developed, tourism is of course a source of employment and income“ (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Das Wirtschaftswachstum einer Region hängt nicht von ihrem 21 Theoretisches Rahmenkonzept Angebotspotenzial ab, sondern im Wesentlichen von der außerregionalen Nachfrageexpansion, d.h. von der Entwicklung ihres Exportsektors (BAUM, 2012). Um eine Messung von regionalökonomischen Effekten zu ermöglichen, müssen interne Finanzströme von Externen separat betrachtet werden. Ausgaben der Bevölkerung eines Untersuchungsgebietes setzen nur regionsinterne Finanzströme in Gang und sollten deswegen nicht berücksichtigt werden… Aufgrund der dem theoretischen Teil zugrunde liegenden Exportbasistheorie sollen nur die von außen in die Region fließenden Geldströme berücksichtigt werden. Für die Erstellung von Leistungen innerhalb einer Region sind auch Vorleistungen von außerhalb notwendig, da sie den verbleibenden Wertschöpfungsanteil in der Region beeinflussen (MAYER et al., 2007). Die Abbildung 1 skizziert die einzelnen Schritte der Berechnung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten. Abbildung 1: Berechnung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten (MAYER et al., 2007) „Für die Berechnung regionalökonomischer Effekte ist es notwendig, die Ergebnisse von Gästezählungen, Gästebefragungen und einzelbetrieblichen Analysen miteinander zu verknüpfen. Gästezählungen Nachfragevolumen und die und Gästebefragungen Ausgaben der Gäste. geben Die Auskunft über das branchenspezifischen Kostenstrukturen der von der touristischen Nachfrage profitierenden Unternehmen können 22 Theoretisches Rahmenkonzept nur aus betrieblichen Analysen abgeleitet werden. Da die direkt von den Gästeausgaben profitierenden Unternehmen ihr Angebot in der Regel nicht ohne den Bezug von Vorleistungen aufrechterhalten können, sind auch die indirekten Einkommenswirkungen zu berücksichtigen, z.B. durch Lieferanten. Daher werden die Ausgaben der Gäste im Zielgebiet nach verschiedenen Branchen differenziert erfasst. Aus der Multiplikation mit der gezählten Menge der Gäste lassen sich so die Umsätze ableiten (vgl. JOB/METZLER 2005: 466). Die kritische Grösse bei der Berechnung regionalökonomischer Effekte ist die Gesamtzahl der Gäste (Tages- und Übernachtungsgäste). Hierzu liegen selten Zahlen der amtlichen Statistik vor, so dass diese Angaben meistens auf Schätzungen und Hochrechnungen basieren und eine möglichst repräsentativitätsnahe Stichprobe gezogen werden muss. Generell unterliegen touristische Zielgebietsanalysen dem Nachteil, dass die Grundgesamtheit der Gäste unbekannt ist. Mit Hilfe der als Zufallsstichproben durchgeführten Kurzinterviews können die Ergebnisse verlässlich hochgerechnet werden“ (MAYER et al., 2007). Die Exportbasistheorie bietet vor allem einen Erklärungswert für die kurzfristige Entwicklung einzelner, relativ kleiner und insbesondere stark spezialisierter Regionen mit rasch mobilisierbaren Produktionsreserven und geringen Wachstumsimpulsen durch intraregionale Nachfrage (SCHÄTZL, 1998). Das Entstehen der externen Exportnachfrage als wichtigster Einflussfaktor wird exogen gegeben und nicht erklärt und ist stark abhängig von der Abgrenzung der Regionen. Werden Regionen zu einem geschlossenen System untereinander verflochtener Regionen verbunden, ist externe Nachfrage und damit eine Erklärung des Wirtschaftswachstums nicht mehr möglich. Des Weiteren werden die Rückwirkungen steigender Exporte auf die Einkommensentwicklung anderer Regionen und damit die eigene Exportquote außer Acht gelassen. Schließlich gibt es Probleme bei der empirischen Überprüfung der Exportbasistheorie, da eine exakte Trennung vom „basic“ Sektor“ und „non basic“ Sektor nicht möglich ist und regionale Exporte nur geschätzt werden können (BRAUN and SCHULZ, 2012). Für die vorliegende Arbeit ist der Bezug zu der Regionalentwicklung am Beispiel der Exportbasistheorie sowie des Multiplikatorfaktors betrachtet worden. Es wird deshalb auf die Exportbasistheorie gesetzt, weil man die Entwicklung einer ländlichen Region vorantreiben will und anhand der Exportbasistheorie wird ersichtlich, welche Aktivitäten dem Basissektor angehören. Der Basissektor produziert die exportierten Leistungen, deren 23 Theoretisches Rahmenkonzept eine der Fremdenverkehr ist. Über den Fremdenverkehr werden Aktivitäten gefördert, welche die Multiplikatoreffekte sowie Beschäftigungseffekte in Gang bringen. „To extent that this rural tourism attracts tourists from outside the economic space in question, it stimulates the injection of exogenous flows of expenditure and brings about traditional multiplier effects” (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994) Andererseits sind theoretische Ansätze wie Beschäftigungs- sowie Arbeitsmarkttheorien für die vorliegende Arbeit relevant. Von der Wohnbevölkerung eines Landes ausgehend, „können wir die Bestandgrößen auf drei Ebenen unterscheiden. Auf einer ersten Ebene sind die erwerbsfähige und die nichterwerbsfähige Bevölkerung auseinanderzuhalten. Die diesbezügliche Zusammensetzung der Wohnbevölkerung ist in erster Linie von deren Altersaufbau abhängig, daneben können Personen zwar im erwerbsfähigen Alter, aber aufgrund einer Krankheit nicht oder eingeschränkt erwerbsfähig sein… Die Größe und Struktur der Wohnbevölkerung werden durch demographische Faktoren bestimmt, also Fertilität, Mortalität und Wanderungsbewegungen… Von der Änderung solcher Faktoren… können nachhaltige Auswirkungen auf Arbeitsmarkt und Beschäftigung ausgehen … Auf einer zweiten Ebene stellt sich die Frage, welcher Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter tatsächlich am Arbeitsmarkt teilnimmt (bzw. teilnehmen möchte)“ (LANDMANN and JERGER, 1999). Bei Erwerbspersonen unterscheidet man grundsätzlich zwischen selbständigen und unselbständigen Beschäftigten. „Selbständig beschäftigte sind Personen, welche alle alleinigen oder gemeinsamen Eigentümer eines Unternehmens ohne eigene Rechtpersönlichkeit sind, in dem sie arbeiten, ausgenommen jene, deren Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit als quasi Kapitalgesellschaften eingestuft werden. Unselbständig Beschäftigte sind Personen“ (LAIMER and SMERAL, 2004), die auf vertraglicher Basis für ein anderes Unternehmen arbeiten und eine Vergütung erhalten. Der Anteil der Erwerbspersonen an der Wohnbevölkerung wird auch als Partizipationsquote bezeichnet. „Die Partizipationsquote reflektiert das Arbeitsangebotsverhalten der privaten Haushalte, d.h. deren Wahl zwischen Arbeit und Freizeit. Die Faktoren, welche auf individueller Ebene Arbeitsmarkttheorie. diese Entscheidung bestimmen, sind ein Bestandteil der Auf der dritten Ebene teilen sich die Erwerbspersonen in 24 Theoretisches Rahmenkonzept Erwerbstätige (bzw. Auszubildende) und Arbeitslose auf. Die Relation zwischen Erwerbstätigen und Erwerbspersonen wird als Beschäftigungsgrad (gleich 1- Arbeitslosenquote) einer Volkswirtschaft bezeichnet… Die Arbeitslosenquote ist definiert als der prozentuelle Anteil der Arbeitslosen am gesamtwirtschaftlichen Arbeitskräftepotenzial. Ermessensspielräume gibt es nicht nur bei der Erfassung der Arbeitslosen, sondern auch bei der Abgrenzung des Arbeitskräftepotenzials“ (LANDMANN and JERGER, 1999). Beschäftigungseffekte im Agrartourismus und allgemein im Tourismus sind von der Beschäftigungsnachfrage und dem Beschäftigungsangebot im Tourismus abhängig. „Wir können die Angebots-Nachfrage-Konstellation durch das Verhältnis von offenen Stellen zu Arbeitssuchenden ausdrücken… Veränderungen der friktionell-strukturellen Komponente der Arbeitslosigkeit und Veränderungen der aggregierten Angebots-Nachfrage. Konstellation können sich natürlich jederzeit überlagern“ (LANDMANN and JERGER, 1999). Die Beschäftigungsnachfrage kommt von Tourismusunternehmen, wenn der Tourismus in der Region floriert und wenn in der Region die Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen herrscht. Die Nachfrage, die in der Region entsteht generiert ein zusätzliches Einkommen für die Region. Nach den Erläuterungen zu den regionalen Beschäftigungseffekten wird nachfolgend auf die Einflussfaktoren näher eingegangen. 25 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region 4. EFFEKTE DES AGRARTOURISMUS AUF DIE BESCHÄFTIGUNGSSITUATION EINER REGION Dieses Kapitel hat zum Ziel, Einflussfaktoren auf die Beschäftigung, welche direkte, indirekte und induzierte Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in einer Region verursachen, aus Einflussfaktoren der aus Literatur der zusammenzufassen. Literatur zusammengesucht Zuerst und werden in dafür einem die Modell zusammengefasst. Logische Rahmenbedingungen für die Literaturrecherche sind folgende: jene Einflussfaktoren, die den Agrartourismus beeinflussen, beeinflussen auch seine Beschäftigung; jene Einflussfaktoren, die die Beschäftigung im Tourismus bewirken und mitprägen, prägen auch die agrartouristische Beschäftigung. Die Einflussfaktoren auf die Beschäftigung können in einer Region die Beschäftigung mehrerer Unternehmen beeinflussen, eben auch im Agrartourismus. So hat beispielsweise ein neuer Bahnanschluss für die Region unmittelbar verbundene Rückkopplungseffekte wie zum Beispiel die verkehrsstaufreie Erreichbarkeit eines Ortes. Manche Faktoren werden hauptsächlich auf die agrartouristische Beschäftigung Einfluss ausüben. Auch landwirtschaftsspezifische Merkmale, wie zum Beispiel die Saisonalität der Produktion, wirken sich auf die agrartouristische Beschäftigungssituation aus. Anzumerken ist, dass der Agrartourismus sowohl als Nebentätigkeit eines Landwirtschaftsbetriebes als auch als vollwertiger Tourismus betrachtet wird. „Looking at in this light, rural tourism goes far beyond the stage of simply complementing traditional agricultural activity, the role most often attributed to it (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit den einzelnen Einflussfaktoren der Beschäftigung im ländlichen Tourismus einer Region vor dem Hintergrund des globalen Umfeldes. Folgend werden einzelne Einflussfaktoren sowie deren Beschäftigungseffekte näher betrachtet. Das Tourismusbusiness sollte unter folgendem Aspekt verstanden werden: „Tourism proponents put the economical benefits of tourism in easily understood terms: total dollar receipts, wages and salaries, jobs created, tax revenues and new establishments“ (OECD, 1996). Dabei braucht das Tourismusgeschäft weniger Investitionen im Vergleich zur anderen Geschäftszweigen, zum Beispiel Landwirtschaft (VORLAUFER, 2003). “The logical partners tend to be transport undertakings, travel agents, financial services, 26 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region agricultural or rural organisations and local authorities, so that the farmer finds himself ‘endowed’ with many partners (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Solche “logical partners” verweisen auf die Einflussfaktoren des ländlichen Tourismus. MAYER (2007) zählt zu den Einflussfaktoren „zeitliche (beispielsweise Saison-, Wochen-, Tagesrhytmus), räumliche (z.B. unterschiedliche Frequentierung an verschiedenen Standorten), strukturelle (z.B. Tages/Übernachtungsgäste) und witterungsbedingte (z.B. gutes und schlechtes Wetter)“. LUNDBERG (1995) weist auf die Rolle der Saisonalität, welche sich u.a. aus dem Klima und sozialen Gewohnheiten ergibt. Die Beschäftigung im Bereich Agrartourismus einer Region hängt von zahlreichen Einflussfaktoren ab. „Factors include culture, business structure, social relationships, physical features like nature, climate, and landscape and proximity to infrastructure. Many of these factors can even be regarded as part of the tourism product” (FORBORD et al., 2012b). Tourismusbetriebe sind die Wirtschaftseinheiten, die Beschäftigungseffekte tragen. „Die Fremdenverkehrs- bzw. Tourismusunternehmungen sind Wirtschaftseinheiten, die durch dauerhafte Verbindung geeigneter Produktionsmittel (Arbeit, Kapital, Boden) die Bereitstellung von Sach- und Dienstleistungen des Fremdenverkehrs bzw. Tourismus auf wirtschaftliche Art und Weise bezwecken (KASPAR, 1990). Wie bereits im Kapitel Definitionen erklärt wurde, gibt es direkte, indirekte sowie induzierte Beschäftigungseffekte. Die Beschäftigungseffekte lassen sich nach einer komplizierten Rechnungsmethode in VZÄ ausdrücken. Quantitative Beschäftigungseffekte zielen rein auf Veränderungen der Zahl an Arbeitskräften ab, d.h. auf deren Zu- oder Abnahme. Eine Zunahme der Arbeitskräfte im Agrartourismus bedeutet für die Region ein Beschäftigungsplus oder auch einen positiven Effekt. Logisch betrachtet kann angenommen werden, dass die Reduktion der Arbeitsplätze auf einen Reduktionseffekt (negativer Effekt) in der Beschäftigung schließen lässt. Die Beschäftigten im Agrartourismus können ihren Beruf entweder in Voll- oder Teilzeit ausüben. Teilzeitjobs werden als ein entsprechender Anteil des VZÄ in TSA berücksichtigt. Zusätzlich zu quantitativen Effekten verändert sich die Struktur der Mitarbeiter im Agrartourismus und deren Beschäftigungsart auch qualitativ. Qualitative Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in der Region drücken sich durch die benötigten Qualifikationen der Arbeitskräfte aus. So gibt es je nach Bildungsgrad hochqualifizierte, 27 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region mäßig qualifizierte oder gering qualifizierte Arbeitskräfte. Offensichtlich werden im Tourismus die hochqualifizierten, z.B. Reitlehrer, Skilehrer, Reiseführer, Flugzeugpiloten etc. sowie die unqualifizierten Arbeitskräfte wie z.B. Zimmermädchen, Tellerwäscher, Reinigungspersonal usw. in verschiedenen Maßen gefragt. Zudem kann zwischen selbständigen oder unselbständigen Arbeitskräften unterschieden werden. Selbständige Erwerbspersonen schaffen erstens Arbeitsplätze für sich und generieren zweitens zusätzliche Teil- und Vollzeitarbeitsplätze. Ein Selbständiger im Agrartourismus versorgt sich selbst mit einer Arbeitsmöglichkeit und schafft eventuell eine Beschäftigungsmöglichkeit für einen Mitarbeiter. “They can be almost indistinguishable from normal family operations, such as bed-and-breakfast establishments operated out of one’s house, require little or no capital investment, involve few if any paid employees, and generate very small amounts of revenue“ (GETZ and CARLSEN, 2005). Ein Unselbständiger wird in der Regel von einem Betrieb angestellt und bekommt dort bestimmte Aufgaben zugeteilt. Es ist anzunehmen, dass die Beschäftigungsstruktur sich außerdem hinsichtlich Alter und Geschlecht unterscheidet. Abbildung 2. zeigt die wichtigen zusammengefassten ökonomischen, sozialen und sonstige Einflussfaktoren auf die Beschäftigung im Agrartourismus einer Region. Diese Abbildung wurde anhand der Literaturrecherche zusammengestellt. Die Betrachtungen stützen sich dabei auf die im Folgenden angegebenen Quellen: Arbeitsmarktlage und Ausbildung. Soziale Einflüsse. Erreichbarkeit (MAYER et al., 2007, VORLAUFER, 2003). Umfeldsituation (ORGANISATION FOR ECONOMIC CO-OPERATION AND, 1996, VORLAUFER, 2003). Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien(KRAMMER, 2006). Politik und Rechtsvorschriften (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Wirtschaftslage (VORLAUFER, 2003, LUNDBERG et al., 1995, KLIEM, 2003, ECKEY and STOCK, 2000, KEYNES, 2009). Ein Großteil der Beschäftigungseffekte im Agrartourismus sollte sich durch die Einwirkung der oben genannten Einflussfaktoren erklären lassen. 28 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region Umfeldsituation Arbeitsmarktlage und Ausbildung Erreichbarkeit Regionale Beschäftigungseffekte des Agrartourismus Wirtschaftslage Politik und Rechtsvorschriften Soziale Einflüsse Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien Abbildung 2: Angenommene Einflussfaktoren auf regionale Beschäftigungseffekte des Agrartourismus (eigene Darstellung) 4.1. Arbeitsmarktlage und Ausbildung Zunächst wird der Einflussfaktor der Arbeitsmarktlage inklusive Ausbildung betrachtet. Der Agrartourismus floriert und viele Menschen finden in der Folge im Agrartourismus eine Anstellung in der Region. Die Übersicht in Abbildung 3 veranschaulicht die regionalen und globalen Arbeitsmarktsituationen. Die Arbeitslosenrate ist hier deswegen einbezogen worden, weil die Arbeitsmarktlage sich gut einerseits durch das Beschäftigungsangebot und die Beschäftigungsnachfrage im Tourismus, andererseits durch die Arbeitslosenrate in einer Region beschreiben lässt. Denn die Arbeitslosenrate zeigt, wie viele Arbeitskräfte in einer 29 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region Region für den Tourismus gefragt werden und zur Verfügung stehen. „Beschäftigung durch den Fremdenverkehr ist in vielen Ländern und insbesondere auf regionaler Basis oft ein wichtiger Faktor zur Milderung der Arbeitslosigkeit“ (VORLAUFER, 2003). Vermutlich übt sowohl die regionale als auch die außerregionale Arbeitsmarktlage einen Einfluss auf die Beschäftigung im Agrartourismus in einer Region aus. (Vgl. Abbildung 3). Hohe Arbeitslosigkeit in einer Teilregion bedeutet, dass dort prinzipiell relativ viele, vergleichsweise billige Arbeitskräfte, zu Verfügung stünden. Nimmt man an, dass in den Nachbarregionen die Arbeitslosigkeit auf einem niedrigen Niveau liegt, es also im weiterem Umfeld ausreichend Beschäftigung gibt, so scheinen verhältnismäßig günstige Voraussetzungen für die Entwicklung des Agrartourismus in der Teilregion gegeben. Dies erfolgt nicht zuletzt wegen ausreichend solventer Nachfrage nach touristischen Dienstleistungen von den Regionen mit einer niedrigeren Arbeitslosigkeit. Wie aus Abbildung 3 ersichtlich, wenn die Arbeitslosigkeit in der Teilregion niedrig ist, im globalen Umfeld aber hoch, dann dürfte sich der Agrartourismus nur zögerlich entwickeln. Bei hoher Arbeitslosigkeit im Umfeld der Region ist mit geringer agrartouristischer Nachfrage zu rechnen. Außerdem dürfte der lokale Agrartourismus bei regional niedriger Arbeitslosigkeit wenige Möglichkeiten haben, geeignetes Personal zu rekrutieren. Arbeitslosenrate regional, % niedrig hoch Arbeitslosigkeitsrate / mangelnde Nachfrage Zögerliche Entwicklung des Agrartourismus und aus der Außenregion dessen Beschäftigung in der Teilregion niedrig Ausgeglichenes Verhältnis der Umfeldes , % Arbeitslosenrate des globalen hoch Beschäftigungspotenzial im Bereich Agrartourismus in der Teilregion Ausgeglichenes Verhältnis der Arbeitslosigkeitsrate / dürftiges Angebot in der Teilregion Abbildung 3: Bedingungen für Tourismus im Zusammenspiel von regionaler und globaler Arbeitslosenrate. (Quelle: eigene Darstellung) 30 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region 4.2. Qualifikationen im Tourismus Die Beschäftigung dürfte höher und die Arbeitslosigkeitsrate geringer sein, wenn im ländlichen Raum ein hohes Ausbildungsniveau herrscht. In der Literatur wird dies fallweise auch so beschrieben. “Among rural regions those with relatively high educational levels tended to have greater employment, less unemployment and better ability to hold onto their share of highly educated workers” (OECD, 1996). WILLIAMS und SHAW schrieben (2009), “unemployment rates were lower in rural high education regions in almost all the countries included, although the gains in unemployment were not necessary lower than in the high educational regions”. Es wird davon ausgegangen, dass jene Arbeiten, die viel Verantwortung brauchen, den qualifizierten Mitarbeitern zugetraut werden (ALDA and BELLMANN, 2002). Es wird auch davon ausgegangen, dass die Qualifizierung vorhanden sein muss, wenn ein Selbständiger sein Unternehmen im Tourismus registriert (БУЙЛЕНКО, 2008). Unqualifizierte und schlecht qualifizierte Arbeitskräfte bekommen weniger Gehalt und können somit weniger als (hoch)qualifizierte Mitarbeiter den Multiplikatoreffekt stimulieren. Nach einer Prämisse von Keynes (1936) in „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“, ist der Multiplikatoreffekt umso größer, je mehr ausgegeben bzw. investiert wird. Hier geht es nicht nur um die Wertschöpfungskette sondern auch um den Beschäftigungsmultiplikator. Eine weitere Vermutung ist, je bedeutender der Agrartourismus als Arbeitsmarkt für eine Region wird, desto höher werden das spezifische Qualifikationsangebot sowie die Qualifikationsnachfrage im Tourismus. Passende Ausbildungen wären neben handwerklichen Berufen auch noch gastgewerbliche Berufe. Die nächste Vermutung wäre, je mehr der Agrartourismus in einer Region floriert, je länger die Beschäftigten im Tourismus arbeiten, desto qualitativer und vielfältiger wird die Beschäftigung und desto höher wird die Ausbildung. Das Fachwissen in einzelnen Arbeitsbereichen, wie z.B. die Käsegewinnung oder Tierhaltung, dürfte die Beschäftigung ebenfalls weiter differenzieren. Durch solche Diversifizierung wird auch die Gestaltung der Ferien oder Freizeit für den Besucher professioneller. Die Verfügbarkeit an Ausbildung, Workshops oder Schulungen wird die Qualität der Angestellten in ihrer Beschäftigung beeinflussen. Auch im Agrartourismus wird ein gut ausgebildeter Manager einen Wissensvorsprung gegenüber 31 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region vergleichsweise geringer ausgebildeten haben. Die Beschäftigung dürfte also direkt von der Qualität der Arbeitskräfte abhängig sein und umgekehrt. “For instance, low education regions may have been disadvantaged by a relatively high concentration of unemployment. The data collected in this study was not uniform across OECD countries, however, limited advantages of rural education could be provided: … high educational regions may have an advantage over low education regions.” (OECD, 1996). Es besteht Anlass zur Vermutung, dass eine einfache Gestaltung des Tourismus am Land das Fehlen an qualifizierten Arbeitskräften begleitet. Beispielsweise B&Bs – „bed and breakfast“, ein verbreitetes touristisches Konzept, wo der Tourist einen Platz zum Schlafen und eben ein Frühstück bekommt. Eine solche Businessgestaltung beinhaltet keine Herausforderung an das weitere Lernen der Mitarbeiter bzw. Familie. Eine Ansiedlung des ländlichen Tourismus und sein gutes Potenzial für die ländliche Regionalentwicklung würde eine neue agrartouristische Fachrichtung in dem Ausbildungssystem eines Landes brauchen. Diese Vermutung hat MERZLOV (2012) für die landwirtschaftlichen Universitäten in Russland ausgedrückt. Vermutlich dürfte eine Universitätsausbildung für agrartouristische Zwecke die Beschäftigung im Agrartourismus steigern sowie differenzieren. 4.3. Soziale Einflüsse Die Suche nach wirtschaftlichen Potenzialen, wie Agrartourismus, hat u. a. zum Ziel, die Lebensqualität im ländlichen Raum zu verbessern. Unter sozialen Einflüssen auf die Beschäftigung im Agrartourismus werden vor allem das Reiseverhalten und das Umweltbewusstsein der Touristen verstanden. Das Reiseverhalten als soziales Phänomen stellt darauf ab, welche Prestigeeffekte die Wahl eines Urlaubszieles hat (WYTRZENS, 2013). Es gibt Touristen, deren Reiseverhalten durch jenen Gedanken geprägt ist, welche die Personen zum Urlaub am Bauernhof verleiten. Lifestyle spielt dabei eine Rolle und kommt deutlich zum Tragen. Es gibt Anlass zu vermuten, dass gewisse Gruppen mit ländlich relevanten „core values“ insbesondere zum Agrartourismus neigen. Das Reiseverhalten der Touristen dürfte die Beschäftigung im Agrartourismus qualitativ und quantitativ beeinflussen. Es lässt sich vermuten, dass der Agrartourismus für sehr verschieden Kundengruppen anziehend sein könnte. 32 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region Verschiedene Touristen, zum Beipiel, der kosmopolitische Kunde würde im Vergleich zu dem der Mode folgenden Kunden, vermutlich differenzierte Reisegewohnheiten haben. Manche Gäste wünschen sich wenig Unterhaltung und Kontakt mit den Mitarbeitern des Betriebes. Andere hingegen schätzen die persönliche Beziehung zur bäuerlichen Familie und wollen mehr Kontakt mit dem ländlichen Leben. Diese Gäste erwarten im Urlaub, dass auch die Familienmitglieder oder Mitarbeiter des Betriebs entsprechend bereit sind, viel Zeit für Konversationen aufzuwenden, wodurch eine persönliche Beziehung zwischen Gast und Personal entstehen kann. Sollte der Agrartourismusbetrieb Wert darauf legen, das touristische Angebot aus mehr als nur „bed and breakfast“ zusammenzustellen, werden vermutlich die Beschäftigungseffekte in ihrer Vielfalt unterschiedlicher als sonst. Man sollte wissen wie Smalltalks geführt werden, Etikette und Umgang mit verschiedenen Menschen und insbesondere das Fachwissen je nach dem Angebot – Kulturhistorisches Wissen, Wissen über Tier- und Pflanzenwelt, traditionelle Küche usw. - muss angestrebt werden. Dies erweitert selbstverständlich den Zeitaufwand im Betrieb während des Aufenthaltes der Touristen und schon zuvor für den Erwerb des Fachwissens. Darüber hinaus besteht Anlass zu vermuten, dass je mehr Wert die Agrartouristen und die Familien im Betrieb auf die Schaffung der persönlichen Beziehung zu ihren Gästen legen, desto intensiver und bedeutender wird die Beschäftigung im Agrartourismus für die Region. Wäre gerade der Agrartourismus in einer Region „im Trend“, so würden sich vermutlich Unternehmer vermehrt für den Agrartourismus entscheiden, denn trendiges Reiseverhalten ist „ansteckend“. Somit wird angenommen: je angesehener, aktueller und stylisher der Agrartourismus global und in der konkreten Region ist, desto mehr Beschäftigungseffekte ergeben sich in der Region aufgrund des aufkommenden Agrartourismus. Das Reiseverhalten von Agrartouristen beeinflusst die Kapazitätsauslastung eines agrartouristischen Betriebes, was zur Beschäftigungssituation beitragen dürfte. Zu vermuten wäre, dass hochfrequentierte Orte eine bessere Auslastung als ruhige und weniger frequentierte Orte haben. Bei einer guten Auslastung in Betrieb wäre die Beschäftigung im Agrartourismus für die Region bedeutender als bei einer schlechten Auslastung. Identifiziert sich eine Person/ ein Tourist in ihrem sozialen Leben mit einer Gruppe der Agrartouristen, entsteht vermutlich ein Gruppendruck, wenn es um eine Reise geht. Gruppendruck löst eine Änderung des Verhaltens eines Touristen innerhalb einer Gruppe 33 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region aus. Der Tourist würde vermutlich ein anderes Reiseziel als Urlaub am Bauernhof bevorzugen, aber gerade weil er zur einen Gruppe dazugehören will, würde er mit der Gruppe hinfahren. Wegen einem derartigen Gruppendruck könnte die Person dem agrartouristischen Segment aber auch fernbleiben. Somit dürfte Gruppendruck einen entsprechenden Einfluss auf die Beschäftigungssituation über Angebot und Nachfrage haben. Das Reiseverhalten der Touristen lässt sich am einfachsten durch die Wirkungen von Angebot und Nachfrage im Tourismus veranschaulichen. Angebot und Nachfrage bewirken die tatsächliche Beschäftigung im Agrartourismus. Um dieses Verhalten besser illustrieren zu können, wird ein Beispiel vorgeschlagen. Ein Unternehmen organisiert für seine Mitarbeiter eine Wochenendfahrt in die Natur, und die Mehrheit dieser Gruppe stimmt für einen Urlaub am Bauernhof. Klarerweise dürften einzelne Personen dieser Organisation sich unter Druck gesetzt fühlen, selbst wenn sie gerne innerhalb der Gruppe sind. Dann wird vermutlich folgendes im Agrartourismusunternehmen passieren – die Nachfrage nach den touristischen Dienstleistungen entwickelt sich – zusätzliche Mitarbeiter werden nachfrageabhängig kontaktiert. Die Mitgliedschaft bei Organisationen, wie zum Beispiel World Wildlife Fund - WWF, World Wide Opportunities on Organic Farms – WWOOF, dürfte die Beschäftigungssituation im Agrartourismus beeinflussen. Die Mitgliedschaft bei WWOOF ist ein weiteres Phänomen des Reiseverhaltens, das die Beschäftigung im Agrartourismus beeinflusst. Die Organisationen ermöglichen einen Aufenthalt in landwirtschaftlichen Betrieben in anderen Ländern für die Mitglieder der Organisation. Die Farmen, die zum Beispiel an WWOOF beteiligt sind, haben einen oder mehrere Voluntäre bei sich während des Jahres. Die Voluntäre zahlen einen Beitrag an die Organisation und haben dafür die Möglichkeit, bei verschiedenen Betrieben zu arbeiten und eine Unterkunft zu haben. Die Voluntäre des Fonds werden als Touristen mit einem eigenen Reiseverhalten betrachtet. Dabei ergeben sich vermutlich folgende Beschäftigungseffekte: die Betriebe steigen durch den Fond in den Tourismusaustausch ein. Kultureller Austausch zwischen den Voluntären und der Familie im Betrieb fördert vermutlich ökologische Landwirtschaft und produziert somit Rückkopplungseffekte in der Tourismuswirtschaft, u.a. Beschäftigungseffekte. Die touristische Tätigkeit im Betrieb gilt als nichtlandwirtschaftliche Beschäftigung im ländlichen Raum. In ihrem Artikel benannte GAGNON (2012) die WWOOF als eine der wichtigsten Agrartourismusquellen weltweit („WWOOF es uno de las fuentes más grande 34 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region del agroturismo en el mundo“). Es gibt vermutlich auch die Touristengruppen, die Natur und wilde Tiere retten möchten, was Anlass zu vermuten gibt, dass von WWF betreute Gebiete, z.B. Naturparks, die Beschäftigung u.a. im Agrartourismus fördern. Ein gutes Beispiel dafür ist ein WWF Projekt zur Rettung von wilden Enten in Karelien, welches zusätzlich 50 Arbeitsplätze im Agrartourismusbereich geschaffen hat (REZVYI, 2011). Weiters wird kurz auf die Qualitätseinstufung eingegangen. Sie dürfte vermutlich die Intensität der Beschäftigung und somit Beschäftigungseffekte im Agrartourismus einer Region verursachen. „Eine Analyse der Struktur des Beherbergungsgewerbes vermittelt daher wesentliche Einblicke in die Beschäftigungseffekte. Länder, Regionen oder einzelne Standorte z.B. mit Betrieben vornehmlich für Besucher, die einfache Unterkünfte aufsuchen, haben vergleichsweise wenige Arbeitsplätze in der Hotellerie… Luxushotels beschäftigen zwar pro Bett in der Regel 2- bis 3mal mehr Beschäftigte als Einfach-Hotels, jedoch ist die Kapitalintensität im allgemeinen höher“ (VORLAUFER, 2003). Je höher die Qualitätsstufe ist, desto mehr Beschäftigung könnte es pro Gast am Betrieb geben. Für den Agrartourismus bilden unterschiedlichste Angebote an Aktivitäten, als Beispiel sei hier der Reitsport zu nennen, eine zusätzliche Beschäftigungmöglichkeit. Bei niedrigeren Qualitätsstufen dürfte die Beschäftigung limitiert sein, zum Beispiel nur Schlüsselübergabe für eine Unterkunft evtl. mit einer kleinen eigenen Küche. Der Tourist wird nicht weiter verpflegt und verursacht mit diesem Reiseverhalten und niedriger Qualitätsstufe wenig Beschäftigung im Betrieb. 4.4. Erreichbarkeit Erreichbarkeit ist ein wichtiger Einflussfaktor für den Agrartourismus. Entfernung ist oft ein entscheidendes Kriterium für die Urlauber. Schwer erreichbare Orte sind nur für wenige Touristen attraktiv. Saisonbedingt kann die Erreichbarkeit ebenfalls variieren. Schnee und Regen auf den Straßen verlangsamen das Vorankommen oder machen es ganz unmöglich. Die Beschäftigung der Familie und der Mitarbeiter im Agrartourismus wird von dem Klima der Region beeinflusst. Falls der Betrieb straßenbedingt nur schwer oder überhaupt nicht erreichbar ist, wird der Betrieb lediglich geringe oder keine Auslastung haben und in Folge direkt betroffen auch die Beschäftigung. Aber auch die Saisonalität 35 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region selbst übt auf die Beschäftigung einen Einfluss aus (LUNDBERG et al., 1995, FORBORD et al., 2012, VORLAUFER, 2003). In der Literatur sind sogar die Begriffe Vor/Nachsaison bzw. Nach/Nebensaison als „Bezeichnung für die Reisemonate zwischen den Hauptsaisonzeiten“ zu finden (OPASCHOWSKI, 2002, VORLAUFER, 2003). Bei einem sonnigen Wetter ist eventuell der Agrartourismusstandort attraktiver und leichter erreichbar als bei starken Niederschlägen, geringer Sonnenscheindauer. „Ein großer Nachteil des Tourismus ist es nämlich, dass sich die Nachfrage in vielen Ländern oft unterschiedlich über das Jahr verteilt und so fremdenverkehrswirtschaftliche Einrichtungen saisonal nicht oder nur eingeschränkt genutzt werden, in der Nach- oder Nebensaison investiertes Kapital brachliegt, die Zahl der Arbeitsplätze etwa im Hotelgewerbe oft reduziert wird“ (VORLAUFER, 2003). Marktdifferenzierung im Tourismus einer Region kann „oft extreme Saisonalität des Fremdenverkehrs mit ihren negativen Wirkungen auf Beschäftigung und Einkommen“ (VORLAUFER, 2003) mildern. Nun ist die Erreichbarkeit sowohl von der Saison als auch vom Transportsystem abhängig. VORLAUFER (2003) schreibt, dass „die wesentliche Voraussetzung für die Expansion des Tourismus die Erfindung leistungsfähiger und preisgünstiger Langstreckenjets war, durch die vormals nur nach oft wochenlangen Anreisen erreichbare Destinationen jetzt in wenige Stunden besucht werden können“. Vieler sonst schwer erreichbarer Orte hätten sonst keine Möglichkeit Touristenströme aufrecht zu erhalten und Beschäftigungseffekte zu erzeugen (Arbeitsplätze). Wenn zum Beispiel kleine Flugzeuge oder Hubschrauber die Agrartouristen zu Inseln bringen und sie wieder abholen, handelt es sich eher um qualitative Beschäftigungseffekte. Es würden spezielle Qualifikationen, beispielweise von Piloten benötigt, welche die Beschäftigung in der Region steuern. Wenn die Gäste von nahen Bahnhöfen zu Betrieben gebracht werden müssten, würde eine schwere Erreichbarkeit allerdings auch zusätzliche Beschäftigung für die agrartouristischen Betriebe verursachen – es werden vermutlich spezielle Transporte und Fahrer benötigt. Für manche Agrartouristen dürfte die schwere Erreichbarkeit des Ortes sogar einen Reiz ausmachen. Ansonsten wird angenommen, dass bei schlechter Erreichbarkeit eines Ortes die Beschäftigungseffekte, die vom Agrartourismus ausgehen, für eine Region ohne große Bedeutung sind. „Not all rural areas are equally attractive to tourists“ (SHARPLEY et VASS, 2006) - gute Erreichbarkeit im Agrartourismus legt den Schluss nahe, dass die Touristenströme und somit die Beschäftigung größer sind im Vergleich zu schwer 36 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region erreichbaren Orten. Für die Beschäftigungssituation bedeutet schnelle/leichte/kostenfreundliche Erreichbarkeit mehr Arbeit, vermutlich werden wohl auch mehr Mitarbeiter angestellt. 4.5. Umfeldfaktoren Die Umfeldfaktoren sind lokale Bedingungen einer Region. Unter ihrer Wirkung verändert sich quantitativ und qualitativ die Beschäftigung im Agrartourismus. Zu solchen Umfeldfaktoren in einer Region zählen: Landwirtschaftliche Infrastruktur der Region Umweltsicherheit Touristische Infrastruktur. 4.5.1. Landwirtschaftliche Infrastruktur der Region Art der Landnutzung und Wirtschaftsaktivitäten sind für den ländlichen Tourismus ein entscheidendes Merkmal. Der Grund dafür ist, dass die Landnutzung und deren Diversität sowie Intensität hier die potenzielle Entwicklung des ländlichen Tourismus beeinflussen können. „Intensively farmed areas or prosperous and diverse rural economies will have less need to develop tourism and may be less attractive to tourists; and economically marginal areas which depend on traditional, small-scale agrarian industries will have a greater need for economic diversification and may be more attractive for tourists (SHARPLEY and VASS, 2006, ROBERTS and HALL, 2001). Von der Agrarstruktur einer Region wird vermutlich die Beschäftigung beeinflusst. Im ländlichen Raum mit großstrukturierten Agrarbetrieben werden wahrscheinlich eher spezifische Qualifikationen für eine Anstellung verlangt. Das ganze sieht da sehr professionell aus, z. B. wie ein Ferienbetrieb. Im ländlichen Raum mit kleinstrukturierten Agrarbetrieben wird wahrscheinlich keine spezifische Qualifikation verlangt – das macht die Bäuerinnen neben bei. Die Struktur der Landwirtschaft und die Struktur der Produktion können die Beschäftigung im Agrartourismus in dem Sinne beeinflussen, dass sie günstigere oder ungünstigere Bedingungen für den Agrartourismus in der Region schaffen. „Agrarbussinesses, adopting a corporate outlook, are also less likely to accept informal and unpaid access to their lands 37 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region by the puplic for recreation than was the traditionl landowner, who probably had to deal with far fewer, and less impacting visitors“ (ROBERTS and HALL, 2001) Durch die Monokulturisierung der Landwirtschaft haben die ländlichen Änderungen (rural change) zum Nachteil „loss of wildlife variety and habitat of the diminution of access in rural areas through the removal of long-established footpaths” (ROBERTS and HALL, 2001). Deshalb dürften die Regionen wo großstrukturierte Landwirtschaften mit starken Geruchbelastungen überwiegen, für touristische Zwecke wenig attraktiv sein. „In addition, the landscapes produced by many agribusinesses may be neither aesthetically nor functionally appropriate for leisure activities“ (ROBERTS and HALL, 2001). Kleinstrukturierte Landwirtschaften dagegen schaffen für die Agrartouristen eine traditionelle Atmosphäre und sind als Spiegel des ländlichen Lebens attraktiver als industrielle Gebiete. Der Erfolg des Urlaubs am Bauernhof wurden am Beispiel mehrerer deutschsprachigen Regionen Europas bestätigt „because of powerful combination of small farm-size, interesting scenery, closeness to market, traditionally town“. LANE (1994) hat unter anderem die Frage gestellt, ob „rural tourism is farm-based or agri-tourism“ sei und ob „diversification into tourism will „save“ the farming community“. These statements are not universally true because the relationships between agriculture, forestry and tourism are extremely complex ones. Die Landschaft in der Region spielt auch eine Rolle für das Entstehen eines agrartouristischen Betriebes, da auch landschaftliche Besonderheiten die touristischen Ströme in die Region erhöhen können. Auch die Struktur und Art der landwirtschaftlichen Produktion, dürfte die Beschäftigung beeinflussen. Vermutlich muss das Personal oder die Familie zu bestimmten Zeiten einer intensiven landwirtschaftlichen Arbeit, wie Ernten in der Hochsaison durch Extraarbeitskräfte unterstützt werden. VOLRLAUFER (2003) formulierte folgend die Situation: „Mit der Übernahme einer Tätigkeit im Tourismusgewerbe durch vormals im Agrarsektor Beschäftigte erfolgt jedoch häufiger … eine innenfamiliäre Umschichtung der Arbeitsbelastung: Frauen und Kinder müssen durch einen erhöhten Einsatz den Entzug der männlichen Arbeitskraft kompensieren. Oft werden mit dem Lohneinkommen aus der Landwirtschaft aber auch Lohnarbeiter beschäftigt… Die soziale Mobilität von Arbeitskräften, das Hinüberwechseln von einem Wirtschaftssektor zum Tourismus, kann 38 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region auch positive Effekte haben. Dies trifft z.B. auf die weithin überbesetzte Agrarwirtschaft zu; hier führt der Entzug von Arbeitskräften in der Regel nicht zu Produktionsrückgängen, sondern zu einer Verbesserung der sozialen Lage der in der Landwirtschaft verbliebenen Erwerbspersonen infolge der Entlastungseffekte. In der touristischen Nebensaison kann, wenn nicht ohnehin die Arbeit im Tourismusgewerbe gänzlich eingestellt wird (saisonale Betriebsschließung), z.B. in vielen Ländern auch der tariflich festgelegter Jahresurlaub genommen und dann der eigene landwirtschaftliche Betrieb bewirtschaftet werden.“ Diese Aussage trifft vor allem auf die ländliche Entwicklung der Länder zu. Wie genau Tourismus- und Landwirtschaftsbeschäftigung kombinierbar sind, ist von raum-, klima-, wirtschaftsstrukturbezogenen Faktoren abhängig. Die Landwirte können auch klarerweise den Touristen ihre Produkten verkaufen. Die Direktvermarktung beeinflusst die Beschäftigung und Einkommen der Landwirte und wird als dazugehörige Tätigkeit für den Agrartourismus betrachtet. 4.5.2. Die ökologische Situation Die intakte Umwelt ist u.a. eine Voraussetzung für den Tourismus und für seinen wirtschaftlichen Nutzen, häufig sogar das Instrument der Ressourcensicherung (VORLAUFER, 2003). „Der Umweltsicherung, dem Natur-, Landschafts- und Artenschutz kommt auch aus übergreifenden ökologischen, ethischen und kulturellen Gründen ein Eigenwert zu. In wirtschaftlicher Hinsicht legitimieren häufig erst die touristischen Einnahmen den Umweltschutz, die Verhinderung oder Minimierung der Nutzung touristischer Ressourcen auch durch andere Wirtschaftszweige“ (VORLAUFER, 2003). Vermutlich sind Informationen über den ökologischen Zustand des Gebietes im Umfeld des Betriebes für Agrartouristen wichtig, weil sie die Umwelt sowie eigene Gesundheit erhalten bzw. fördern möchten. Das Umweltbewusstsein der Touristen dürfte neue Herausforderungen an die agrartouristischen Unternehmen stellen. Angenommen wird, dass umweltbewusste, umweltfreundliche Menschen bio- und regionale Produkte kaufen, sich um ihre Gesundheit beim Urlaub kümmern und tendenziell ihren Urlaub am Bauernhof verbringen. „In der letzten Zeit ist aber vor allem die ökologische Sphäre auch im Tourismus stärker in dem Vordergrund getreten. Mit Recht wurde darauf hingewiesen dass die Landschaft ein wesentliches Angebotselement darstellt und die Gefahr besteht, dass der Tourismus selbst diese Grundlage zerstört... Überall spielt die ökologische Sphäre 39 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region eine gewichtige Rolle“ (KASPAR, 1990). Mit den Effekten der Umwelt auf die Beschäftigung setzt man sich deshalb auseinander, weil „die ökologischen Folgen der vielerorts ungehemmten Tourismusentwicklung für viele sicht- und spürbar wurden“. Die ökologische Situation übt vermutlich in der Region einen Einfluss auf die Beschäftigungssituation aus, denn „die Beziehungen zwischen Tourismus und Umwelt“ (MÜLLER, 2002) sind wechselseitig. Wobei „der Tourismus profitiert weit mehr von der natürlichen Umwelt als umgekehrt. Als Folge der Beschäftigung bei der UmweltBelastung wie zum Beispiel „Bautätigkeit, Zersiedelung und Technisierung der Landwirtschaft, architektonische Landschaftszerstörung“ (MÜLLER, 2002) braucht das touristische Umfeld gewisse Umwelt-Erhaltung. Umwelt-erhaltende Beschäftigung entstehent beispielweise von der „Koexistenz von Landwirtschaft (Landschaftspflege) und Tourismus (Nebenerwerbsmöglichkeit), Schutz von Natur- und Kulturdenkmalen im Interesse des Tourismus, Umweltsensibilisierung bei Touristen, Bereisten und Tourismusanbietern“ (MÜLLER, 2002). Hochfrequentierte Flächen, welche Touristen öfter besuchen, würden das Personal für die „Umwelterhaltung“ benötigen. Bestimmte Fläche wie Wald, Flussufer. müssten für die Agrartourismuszwecke sauber erhalten bzw. saniert werden. Nah zum Agrartourismusbetrieb liegende Abfälle müssten vom Betrieb selbst oder durch spezielle Dienste geräumt werden. Dadurch ergeben sich indirekte Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in der Region. Für die umweltverschmutzte Fläche wie Abfalldeponie dürften die Beschäftigungseffekte im Agrartourismus, angenommen, gering werden, da der Agrartourismus lieber auf nicht verschmutzten Flächen ansiedelt. Als ein anderer indirekter Beschäftigungseffekt dürfte die Umweltsituation einer Region qualifizierte Arbeitskräfte benötigen, zum Beispiel einen Zertifizierungsservices. Die Zertifizierungsservices sind wieder von dem konkreten Land anhängig, sodass die Beschäftigungseffekte in verschiedenen Hinsichten verursacht werden können. 4.5.3. Die Tourismusinfrastruktur „Jegliche zukünftige Entwicklung des Fremdenverkehrs geschieht auf der Grundlage der historisch gewachsenen Produktionsstrukturen im – die Sinne diese Raumstruktur weitesten Siedlungsstrukturen und Begriffe der einschließlich Fremdenverkehrseinrichtungen und ihrer räumlichen Verteilung. Diese Strukturen werden 40 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region durch technologische und wirtschaftliche, institutionelle und politische, gesellschaftliche und psychologische Entwicklungsprozesse laufend verändert – in manchen Zeiten langsamer, zu anderen Zeiten schneller und mit unterschiedlichen Wirkungen auf den Fremdenverkehr.“ (BÖVENTER, 1989). „Unter die touristische Infrastruktur fällt vorerst jene durch den Tourismus bedingte zusätzliche, d.h. über das Richtmaß für einheimische hinausgehende allgemeine Infrastruktur… Zur touristischen Suprastruktur werden ganz allgemein sämtliche Beherbergungs- und Verpflegungsbetriebe (Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Ferienhäuser, Campingplätze, Massenunterkünfte, Restaurants, Tea-Rooms, Bars. usw.) gezählt“ (MÜLLER, 2002). MÜLLER weist darauf hin, dass die Begriffe die touristische Infrastruktur und die Suprastruktur in der Literatur nicht einheitlich benutzt werden und dazu gehören auch noch verschiedene touristische Events. Deshalb werden die Begriffe der touristischen Infrastruktur, Suprastruktur und touristische Events für das Kapitel als touristische Infrastruktur verwendet. Touristische Infrastrukturen beeinflussen wohl auch die Beschäftigungssituation im Agrartourismus. Es wird vermutlich zumindest von manchen Agrartouristen erwartet, dass ein Angebot an touristischer Infrastruktur in der Region existiert. Und die Rolle der Infrastruktur besser zu verstehen, sind die Konzepte „local rural multiplicity“ sowie „puplic magnets“ hilfreich. Beide Konzepte richten sich auf sogenannte Anziehungsfaktoren, „ i.e. the emphasis is on tourism products and the subcomponents of the tourism industry and what can be done on the basis of these to improve the attractiveness of an area.”Local touristic multiplicity” bedeutet: “A comprehensive range of attractions and activities… A developed infrastructure in the area including an effective network of communications both within and to an area. A wide range of eating houses and accommodation. A comprehensive range of services… Areas vary in attractiveness. Some areas are so unique that tourists visit them even through little is done to market them. Even if there is a touristic multiplicity, this does not necessary mean that large numbers of tourists will be automatically attracted. Areas without any special conditions may need a public magnet to provide a viable basis for the 41 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region tourist industry. Public magnet is the term used for a special activity that will enhance the attractiveness of an area. It may also raise the level of the local multiplicity of tourist activities” (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Unter Berücksichtigung dieser Konzepte wird klar, dass nur für wenige Abenteuergäste, die vermutlich auf der Suche nach einem ruhigen Ort sind, im Vergleich zu anderen Gästen, dürfte das Fehlen der Infrastruktur einen Reiz für diese ausüben. Logisch wäre zu vermuten, dass in den Regionen mit fehlender touristischer Infrastruktur, die Beschäftigung im Agrartourismus nicht bedeutend wird. Vermutlich, wenn die notwenige Infrastruktur in der Region da ist, wie zum Beispiel Gastronomie, Transportinfrastruktur, Museen, könnte das Personal von dem Agrartourismusbetrieb sich mit weiteren Freizeitaktivitäten für die Gäste beschäftigen. Unter solcher Freizeitgestaltung werden gemeinsame (Betriebsmitarbeiter und Tourist) ethnographische Ausflüge, Grill- und Essensvorbereitungen, Jagd, Angeln, Begleitung bei Ausritten, Wanderungen usw. gemeint. „Infrastructure enhancement may be very important to employment in remote areas with substantial tourism potential… where infrastructure may be rapidly recovered though expanded tourist attraction” (OECD, 1996). In der Region mit gut funktionierender vielfältiger Tourismusinfrastruktur ist der Multiplikatoreffekt im Vergleich zur unentwickelten oder gering entwickelten Infrastruktur größer. Der Multiplikatoreffekt des Agrartourismus in einer Region dürfte vermutlich die Beschäftigung erhöhen. 4.6. Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien „In zahlreichen vormals peripheren und unterentwickelten Regionen konnte der Fremdenverkehr ein z.T. stürmisches Wachstum verzeichnen“ (VORLAUFER, 2003). Außer den schon oben betrachteten Faktoren dürfen die Regional- und Enzwicklungsstrategien insbesondere in einem Einklang mit den anderen Einflussfakturen die Beschäftigungseffekte in einer Region verursachen. LANE, (1994) weist beispielsweise darauf hin, dass der Agrartourismus in deutschsprachige Teilen Europas gemeinsam mit passender kleistrukturierten Landwirtschaft auch deshalb seine Potenziale 42 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region gezeigt hat, weil er viel Aufmerksamkeit von Regierungen, Akademikers, Politik bekommt. Regionalentwicklungsstrategien geben vermutlich Impulse für die Entwicklung des Agrartourismus und fördern ländliche Beschäftigung. Zu vermuten wäre, dass regionale Entwicklungsstrategien eine Erhöhung der Jugendbeschäftigung zum Ziel hätten. Eine solche Beschäftigungsquelle in ländlichen Räumen ist vermutlich der Agrartourismus. Samt den regionalen Entwicklungsstrategien könnte der Tourismus zu einem der wichtigsten Arbeitgeber in der Region werden (KRAMMER, 2006). Regionale Vermarktungsstrategien schaffen ein bestimmtes Image für die Region (Genuss-, Wein, Kräuterregion). Innerhalb einer Strategie könnten auch im Agrartourismus die Betriebe in der Beschäftigung sich gegenseitig unterstützen. Bestimmte dürften zwischen mehreren Betrieben geteilt werden, wie zum Beispiel Werbung oder Unterbringung, aber auch neue Mitarbeiter dürften angestellt werden. Demgegenüber wird angenommen, dass industriefördernde regionale Strategien agrartouristischer Beschäftigung schaden würden. Denn vermutlich sind Industriegebiete für Agrartourismus nicht anziehend. Eine Region, in der es keine Regionalentwicklungsstrategien und Programme gibt, wird angenommen ungünstige Bedingungen für Tourismuszwecke haben. Wenn aber in einem globalen Umfeld regionale Entwicklungsstrategien zu Verfügung stünden, dürften dann die Voraussetzungen für die Beschäftigung im Agrartourismus in der Teilregion aller Wahrscheinlichkeit nach nicht schlecht sein. SEROVA (2004) schrieb, dass Maßnahmen innerhalb von Entwicklungsstrategien, für das Generieren alternativer Beschäftigung in ländlichen Räumen besonders effektiv wären. In einer Tourismusvermarktungsstrategie involviert, hat der Betrieb vermutlich mehr Chancen das Personal weiterzubilden und sich qualitativ zu stärken. 4.7. Politik und Rechtsvorschriften Rechtsvorschriften für den Agrartourismus regulieren die Tätigkeit der Betriebe und schaffen für derer Arbeit bestimmte Rahmenbedienungen. Klarerweise unterscheiden sich die rechtlichen Vorschriften von einem Land zu einem anderen. Es ist für Russland so, dass eine spezielle Rechtsvorschrift für den Agrartourismus existiert. Tourismustätigkeit wird hauptsächlich durch das Tourismusgesetz, Zivilkodex und Verfassung der Russischen 43 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region Föderation gesteuert. Weiters gibt es in Russland ca. 30 Rechtsvorschriften, an welche sich der Agrartourismuslandwirt halten soll (MERZLOV, 2012). Es dürfte vor allem Buchführungs- und Besteuerungsvorschriften auf die Beschäftigungssituation einen Einfluss ausüben. Beispielsweise darf man in Russland ein sogenanntes vereinfachtes Buchführungs- und Besteuerungssystem verwenden, bis die Mitarbeiterzahl 30 erreicht Ein Kleinbetrieb dürfte somit an Mitarbeiterzahl limitiert werden. Es könnte im Rahmen einer pauschalierten Buchführung für einen agrartouristischen Betrieb die Anzahl der Betten begrenzt sein, das ist zum Beispiel in Österreich der Fall. In seinem Artikel weist Lane auf limitierte Bettenkapazität eines Kleinbetriebes (zehn Betten). (BRAMWELL and INTERNATIONAL SCHOOL ON RURAL DEVELOPMENT, 1994). Ein weiteres Wachstum eines kleinen Betriebes könnte meistens eine im Vergleich zu Pauschalierten höhere Besteuerung, Verluste sowie eine aufwendige doppelte Buchführung zur Folge haben. Es besteht Anlass zur Vermutung, dass je umfangreicher die Besteuerung und Buchführung für einen agrartouristischen Betrieb sein sollte, desto weniger Bedeutung wird der Agrartourismus in der Regionalbeschäftigungssituation haben. Ein einfaches Besteuerungssystem wird die Beschäftigung im Agrartourismus vermutlich begünstigen. 4.8. Wirtschaftslage Aus der Definition von Beschäftigungseffekten folgt, dass die Beschäftigungseffekte stark von Reiseausgeben bzw. Umsätzen anhängig sind. Durch die in der Region verbleibenden touristischen Geldströme werden zusätzliche Arbeitsplätze geschafft. Dies weist auf die Gesamtausgaben der Touristen und somit auf wirtschaftliche Lage der Region hin. Die Reiseausgaben werden vermutlich „mit im Trend abnehmenden Wachstumsraten“ wachsen, wobei der positive Trend von zwei großen Gruppen von Einflussfaktoren abhängig ist. Zu der ersten Gruppe zählt das Wirtschaftswachstum mit Pro-KopfEinkommen und Reise-Angeboten. Zu zweiter Gruppe gehören Veränderungen der Sozialstruktur, der Siedlungsstruktur und demographischer Faktoren (BÖVENTER, 1989). Die Wirtschaftslage einer Region wird mittels einer Reihe von Wirtschaftsgrößen beschrieben. Eine davon ist das BIP der Region oder pro Kopf Einkommen. Wachsender Wohlstand der Gesellschaft lässt zuerst die Grundbedürfnisse und anschließend 44 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region hochwertige Bedürfnisse befriedigen. „Nach der Sättigung mit den Grundbedürfnissen und mit dauerhaften Konsumgütern verbleibt im Wachstumsprozess mehr Kaufkraft für (touristische) Dienstleistungen“ (WEIERMAIR and BIEGER, 2008). Weiters weist BOVENTER (1989) darauf hin, dass die Reiseintensität weiter zunehmen wird und sich einer Sättigungsgrenze nähern wird. „Die Bedürfnisse der Menschen sind einem zeitlichen Wandel unterworfen. Maslow hat indessen nachgewiesen, dass eine gewisse prioritäre Bedürfnis-Struktur besteht“ (KASPAR, 1990). Das Reisen befindet sich laut Maslows Bedürfnispyramide nach der Befriedigung der Grundbedürfnisse und des Existenzbedarfs. „Auf den höchsten Ebenen bedeutet Reisen vor allem Prestige, Anerkennung und danach Selbstverwirklichung und Glück. So ist die heutige Form des (Urlaubs-) Tourismus weitergehend einzustufen: Reisen dienen vorwiegend dem Vergnügen, der Selbstverwirklichung“ (FREYER, 2006). „Erlebniskonsum ist nicht umsonst zu haben. Es bedeutet Verzicht auf Mittelmaß: Sich Qualität und Luxus leisten zu können, aber dafür auch in anderen Bereichen Billigwaren und Opferkäufe nehmen zu müssen. Billig und teuer schließen sich nicht mehr gegenseitig aus… Der Verbraucher wird zur gespaltenen Persönlichkeit, der das Einsparen ebenso beherrscht wie das Verschwenden“ (OPASCHOWSKI, 1997). Trotz dem gespaltenen Konsumverhalten besteht Anlass zu vermuten, dass die Größe der touristischen Ausgaben von der Einkommenshöhe abhängig ist. Durch die Einkommenshöhe wird ein Preis der Arbeitskräfte im Agrartourismus sowie eine effektive Nachfrage determiniert. In einem Haushalt wird vermutlich ein bestimmter Teil des Einkommens als Urlaubsgeld geplant. Der Nachfrage im Agrartourismus wird zum Teil auch durch das Einkommen erklärt. Die Höhe des Einkommens bestimmt die Bereitschaft, das Geld für einen Urlaub auszugeben. Die zweite Wirtschaftsgröße ist der Kapitalzins. In den Entscheidungsebenen einer touristischen Destination wird nach Freyer unter anderem die Frage „Wie teuer?“ für eine Reiseentscheidung gestellt. In der Theorie beeinflusst das Einkommen touristische Ausgaben: zum Beispiel „auf den Transport entfällt, abhängig vomVerkehrsmittel und der Entfernung, in der Regel ein Großteil der Reiseausgaben“ (KLIEM, 2003). „Private Haushalte verwenden mit steigendem Einkommensniveau ihr zusätzliches Einkommen vorrangig für Dienstleistungseinkäufe.“ Anders ausgedrückt, kann erwartet werden, dass (touristische) Dienstleistungen im Allgemeinen eine Einkommenselastizität über 1 aufweisen, so dass mit wachsendem Pro-Kopf-Einkommen die reale Pro-Kopf-Nachfrage 45 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region nach (touristischen) Dienstleistungen überproportional steigt. Daher steigt langfristig auch der Anteil der (touristischen) Dienstleistungen in der Gesamtwirtschaft und (cet. pat.) an der Gesamtbeschäftigung“ (WEIERMAIR and BIEGER, 2008). Personen mit einem sehr knappen Einkommen leisten sich oftmals keinen Urlaub. Ab einem bestimmten Einkommen entsteht eine Nachfrage nach Reisen, welche auch durch Urlaub am Bauernhof realisierbar ist. Bei weiterem Einkommenswachstum der Bevölkerung würde das Reiseziel Urlaub am Bauernhof an Atraktivität verlieren und sich vermutlich Richtung einer Fernreise ändern. Eine Fernreise würde bedeuten, dass der Tourist dem agrartouristischen Segment nicht zur Verfügung steht. D.h. bei weiterem Wachstum des Einkommens sinkt vermutlich die Anzahl der Agrartouristen. Dieses Verhalten stellt Abbildung 4 dar. Zuerst ist die Anzahl der Reisenden Null, weil die Leute zu wenig Einkommen haben. Mit einer Steigerung des Einkommens können mehrere Leute auf einen Urlaub fahren, somit steigt auch die Nachfrage für Urlaub am Bauernhof. Und immer weniger Touristen werden ab einem Spitzeneinkommen hinkommen und immer Anzahl agrartouristischer Reisen mehr Touristen werden dem Agrartourismussektor wegbleiben. Pro Kopf Einkommen der Bevölkerung Abbildung 4: Einkommensverteilung (eigene Darstellung) Die Keynesianische Beschäftigungsfunktion erklärt, dass jeder Effektivnachfrage eine strikte Produktverteilung verschiedener Industrien entspricht (KEYNES, 2009). Aber in 46 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region der Realität ändert sich die Kostenstruktur nicht proportional: mit einer Einkommenssteigerung kauft ein Individuum nicht mehr vom jedem Gut - unter anderem auch, weil die Preise in unterschiedlichem Maße auf den Anstieg der Kosten reagieren. Das dürfte auch für den Agrartourismus relevant sein. Man fährt nicht öfter in Urlaub, als es die eigene Freizeit erlaubt. Einkommensgrößen sind vermutlich nicht irrelevant für die Beschäftigung, auch wenn sie nicht beeinflussbar sind. Eine negative Korrelation darf vermutlich zwischen Reisekosten und Anzahl der Besucher angenommen werden. Je kostenintensiver es ist, zur Erholungsanlage zu kommen, umso geringer wird die Besucherhäufigkeit ausfallen (ECKEY and STOCK, 2000). Angenommen wird, dass dies auch im Agrartourismus gilt. Bezüglich des Einkommens lässt sich für die Beschäftigung folgendes vermuten: ein niedriges regionales Lohnniveau dürfte für den Agrartourismus günstigere Voraussetzungen bringen. Genauer, sind die Löhne/Einkommen in der Teilregion niedrig, so dürften auch die Preise für Arbeitskräfte im Vergleich zum globalen Umfeld niedriger sein, was das Angebot an Arbeitskräften für den Agrartourismus vergleichsweise günstig machen könnte. Aus. Abbildung 5 wird ersichtlich, wie im globalen und regionalen Umfeld das Lohnniveau die agrartouristische Beschäftigung beeinflussen könnte. hoch hoch niedrig Leistungen im Tourismus im teuren/Luxussegment Touristenströme für den Agrartourismus Leistungen im Agrartourismus Schechte Wirtschaftskonjunktur für Tourismus niedrig Umfeldes Lohnniveau des globalen Lohnniveau des regionalen Umfeldes Abbildung 5: Lohn und Beschäftigung im Agrartourismus in einer Teilregion und im globalen Umfeld (Quelle Die Kapitalgröße eigene Darstellung) bestimmt die Wirtschaftslage einer Region durch die Zinsen. Teureres 47 Effekte des Agrartourismus auf die Beschäftigungssituation einer Region Es lässt sich auch vermuten, dass der Agrartourismus am meisten für diejenigen Personen geeignet ist, die sich mehr an Budgetreisen und weniger an Luxusreisen orientieren. In diesem Segment liegt auch das Bedürfnis, die Arbeitsplätze des Agrartourismus zu erfüllen. In diesem Abschnitt ist es um die verschiedene Einflussfaktoren gegangen, welche im Agrartourismus Beschäftigungseffekte verursachen, Das Ziel des Kapitel war es, zu beantworten, welche Einflussfaktoren es im Bereich des Agrartourismus in einer Region gibt und wie sich diese Einflussfaktoren auswirken. Die Auseinandersetzung mit diesen Einflussfaktoren dient als Basis für die Beantwortung der Forschungsfrage dieser Arbeit. Die auf Literatur und eigene Überlegungen gestützenden theorethischen Annahmen über die Beschäftigungseffekte des Agrartourismus bedürfen eine empirischen Überprüfung, wie diese Methode abgewickelt wurde, stelllt das nachfolgede Kapitel dar. 48 Material und Methoden 5. MATERIAL UND METHODEN 5.1. Vorgehensweise zurGewinnung statistischer Daten über Tourismus Zur Beantwortung der Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit – welche Beschäftigungseffekte aufgrund des Agrartourismus in der Region Kaschin entstehen werden fachspezifische Daten benötigt. Statistische Daten u.a. der Tourismuswirtschaft sind in Russland in folgenden Quellen zu erwerben: Federal State Statistics Service ROSSTATISTIKA/GKS (Федеральная служба государственной статистики Росстатистика), Unified Interdepartmental Statistical Information System UniSIS (Единая межведомственная информационно – статистическая система -ЕМИСС ), Federal Agency for Tourism ROSTURISM (Федеральное Агентство по Туризму – Ростуризм), Ministry for Culture of the Russian Federation. Über die Webseite (www.gks.ru) des ROSSTATISTIKA kommt man zu den Datenbasen UniSIS, zur zentralen statistischen Datenbank CSDB (Центральная база статистических данных - ЦБСД) und zur Datenbank für Gemeindekennzahlen (База данных показателей муниципальных образований). UniSIS hat den Status einer integrierten statistischen Ressource und verlinkt/beinhaltet insgesamt die statistischen Daten aus 65 Departments. Ausgewählte Beispiele sind in der folgenden Übersicht dargestellt. 49 Material und Methoden Übersicht 1: Federal State Statistics Service, several types and levels of subdivisions of Russia Logo Name Federal State Statistics Service Site http://www.gks.ru Federal Service For Employment And http://www.rostrud.info/ Labor Relations Ministry Of Regional Development http://www.minregion.ru/ Ministry Of Agriculture http://www.mcx.ru Ministry Of Sport, Tourism And http://minstm.gov.ru/ Youth Policy Federal Agency For Tourism http://www.russiatourism.ru Ministry Of Natural Resources And http://www.mnr.gov.ru Ecology Federal Service For Supervision Of http://control.mnr.gov.ru Nature Resources Ministry Of Economic Development http://www.economy.gov.ru (Quelle: UniSIS, eigene Darstellung, 2014) Gibt man als Schlagwort „Tourism“ im Suchfenster ein, so bekommt man 43 Treffer, „Tourism effect“ – 55 Treffer, „employment effect“ 63 Treffer. UniSIS dient deshalb als 50 Material und Methoden Suchmaschine - http://www.fedstat.ru/indicators/search.do. Durch erweiterte Suche besteht für den Benutzer eine Option, die Daten nach Thema und Quelle einzugrenzen. Dieser Dienst ist dann hilfreich, wenn man einen groben Überblick über die Informationen aus ganz Russland braucht. Folgende Abbildung 6 stellt die Suchmaschine des UniSIS auf dem Screenshot dar. Abbildung 6: Suchmaschine des UniSIS (UniSIS, 2014) Beispielsweise, wie viele Tourismusunternehmen in Russland tätig sind, wird durch die UniSIS wie folgend dargestellt. Die Tourismusart kann nicht weiter, zum Beispiel als „ländlich“, „Ökotourismus“, „Urlaub am Bauernhof“ eingegrenzt werden. Tabelle 1: Reiseveranstalter in der Russischen Föderation Jahr Anzahl der Reiseveranstalter in Russischer Föderation, Anzahl der Unternehmen In-coming Tourismus, Anzahl der Unternehmen Internationaler Incoming und outgoing Tourismus, Anzahl der Unternehmen Internationaler incoming – Tourismus, Anzahl der Unternehmen 2010 4593 1858 2169 566 2011 4718 1833 2885 656 2012 4685 1889 2796 580 2013 4608 2421 2187 225 (Quelle: UniSIS, 2014, leicht verändert) CBSD (ЦБСД) ist eine interaktive Matrix des ROSSTATISTIKA. Sie dient dazu, analytische Graphiken, Tabellen, Diagramme, zu generieren, http://cbsd.gks.ru. Die Datensuchmöglichkeiten sind äußerst umfangreich, deshalb wurde für die vorliegende Arbeit versucht, die Daten über Löhne und Beschäftigung auszuheben. Die Ressource ist 51 Material und Methoden aber neu und noch nicht vollständig mit Daten gefüllt. Folgende Abbildung veranschaulicht das Interface von CSBD des GKS. Abbildung 7: Interface von CSBD des GKS (Quelle: CBSD ROSSTATISTIKA, 2014) 52 Material und Methoden Über die Datenbank für Gemeindekennzahlen - http://www.gks.ru/dbscripts/munst bekommt ein Systembenutzer Informationen innerhalb der kleinsten administrativen Einheit – ländliche Siedlung, Stadt, eine Gruppe von Siedlungen innerhalb einer Gemeinde laut administrativer Struktur der Russischen Föderation. Ein Nachteil ist, dass die Datensätze nicht einheitlich und nicht lückenfrei sind, was klarerweise einen Vergleich, ein Zusammenrechnen verkompliziert oder gar unmöglich macht. Für eine Datenabfrage aus dieser Ressource ist als erstes die Auswahl der Region, danach Indikatoren (Territorien, Bevölkerung, Bildung, Sport, etc.) zu bestimmem. Abschließend wird eine Tabelle gestaltet. Abbildung 8: Gestaltung einer statistischen Tabelle für eine ausgewählte Kleinregion online (Quelle: GKS, 2014) Selbst die Webseite des GKS bietet zu verschiedenen Bereichen digitale Statistiken – Bevölkerung Arbeit Lebensqualität 53 Material und Methoden Landwirtschaft Investitionen, etc. Publikationen des GKS sind zum Teil im Publikationskatalog verlinkt und online verfügbar: http://www.gks.ru/wps/wcm/connect/rosstat_main/rosstat/ru/statistics/publications/plan Die touristische Beschäftigung bzw. nähere Informationen zum Tourismus in Russland sind via ROSTURISM (Federal Agency for Tourism, Ministry for Culture of the Russian Federation) zu finden. Die Webseite ist wiederum mit UniSIS verbunden, beinhaltet aber auch einige eigene statistische Informationen, wie etwa Zahlen der Ein- und Ausreisen. Ein Überblick und kurze Definitionen von verschiedenen Tourismusarten u.a. Ökotourismus und ländlicher Tourismus auf dieser Seite publiziert. Für die vorliegende Arbeit werden Statistiken dazu benutzt einen Überblick zu geben. Da die Zahlen der Ein- und Ausreisen keine Auskunft über bestimmte Regionen und Tourismusarten geben, ist es nicht möglich, anhand dieser vorhandenen Daten Beschäftigungseffekte in VZÄ zu bekommen. Es gibt keine konkreten Daten über Agrartourismus, weil der Agrartourismus in der Statistik nicht separat erfasst wird. Für die Forschungsfragen sind Daten erforderlich, die über die Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in der jeweiligen Region eine Auskunft geben. Das sind Zahlen der Beschäftigung, der Touristen sowie deren Ausgaben usw. in der Region. Wenn Daten in den Datenquellen der amtlichen Statistik nicht öffentlich zugänglich sind, besteht eine Möglichkeit, manche Daten bei GKS auf Anfrage zu bekommen. 5.2. Qualitative Methoden und Case Study Approach Da diese Arbeit sich mit Beschäftigungseffekten des Agrartourismus beschäftigt, welcher in der Statistik nicht erfasst wird, stehen nicht ausreichend statistische Daten zur Verfügung. Es besteht zumindest telefonisch die Möglichkeit, mit Leuten, die im Agrartourismus arbeiten, Experten aus der Region, zu sprechen und somit von innen einen Überblick der agrartouristischen Beschäftigung. Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird eine Methode qualitativer Sozialforschung benutzt. Qualitative Sozialforschung bedient sich qualitativer Daten, vor allem „verbalisierter oder verschriftlichter Daten oder Texte“ (HEINZE, 2001). Die qualitativen 54 Material und Methoden Daten werden mit Hilfe der qualitativen Methode erstellt und werden zur qualitativen „Analyse, die interpretativ/hermeneutisch ist“, verwendet. Die qualitativen Methoden erlauben „inhaltliche Erwartungen und Erfahrungen zu rekonstruieren, Bedürfnisse und Motive zu artikulieren, Lebensvollzüge und Interaktionsformen mitzuteilen“ (HEINZE, 1987). Dadurch, dass Leute, die im Agrartourismus arbeiten, jeden Tag in diesem Bereich Erfahrungen sammeln und Veränderungen beobachten, sind sie auch für diese Arbeit eine wertvolle Wissensquelle. Diese Leute können ihre Erfahrungen erzählen und somit das Material für die vorliegende Arbeit liefern. Daraus werden Einzelfallstudien entstehen. HEINZE (1987) weist darauf hin, dass „die Einzelfallanalysen der schrittweisen Entdeckung allgemeiner Strukturen sozialen Handelns dienen, während der Einzelfall selbst – so Soeffner – als historischkonkrete Antwort auf eine konkret-historische Situation und Strukturerfordernis interpretiert werde“. Die Einzelfallstudie ermöglicht, tiefere und breitere Informationen im Vergleich zu sekundärstatistischen Daten sowie Primärdatenerhebungen mit standardisierten Fragebogen zu bekommen. Der Case Study Approach eignet sich u.a. als qualitative Methode der Sozialforschung. Zuerst wird auf die Prinzipien des Case Study Designs eingegangen, um eine für diese Arbeit passende Einzelfallstudie zu gestalten. Der Grund für eine eigene Datenerhebung im Rahmen der Einzelfallstudien ist die kleine Anzahl der untersuchten Betriebe in der Region (die Auswahl der Forschungsregion und Betriebe siehe Kapitel 6.). Case study “allows the researcher to explore individuals or organizations” (YIN, 2000) and supports the deconstruction and the subsequent reconstruction of various phenomena (BAXTER and JACK, 2008, MOALOSI et al., 2012). „Case studies are [an] appropriate research method when you are trying to attribute casual relationships - and not only wanting to explore or describe a situation… Multiple-case studies should follow a replication, not sampling logic. This means that two or more case studies should be included within the same study precisely because the investigator predicts that similar results (replications) will be found… The correct specification of a theory will provide you with a predicted pattern of events…Case study research should be used to expand our understanding of theoretical propositions and hypothesizes in those situations where 55 Material und Methoden a) the content is important and b) events can not be manipulated “ (YIN, 2000). Eine Case Study oder Einzelfallstudie hat unter anderem zum Ziel, die benötigten Informationen über die Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in Kaschin darzustellen. Dafür ist ein Plan für die Recherche bzw. Case Study Design notwendig (YIN, 2002). Da in der Region drei Betriebe für die Analyse zur Verfügung stehen, wird hier die multiplecase study method verwendet. Die Umsetzung der multiple-case study Methode wird nach YIN (2002) in der Abbildung 9 skizziert. Die Case study Methode bietet eine logische Recherchestrategie an. Die Technische Definition der case study bezeichnet „an empirical inquiry that Investigates a contemporary phenomenon within its real-life context, especially when The boundaries between phenomenon and context are not clearly evident (YIN, 2002, YIN, 1994)”. Der zweite Teil dieser Definition ist „The case study inquiry… relies on multiple sources of evidence, with data needing to converge in a triangulating fashion, and as another result benefits from the prior development of theoretical propositions to guide data collection and analysis” (YIN, 1994). Das theoretische Wissen zum Forschungsbereich ist bereits im Modell gesammelt worden. Darüber hinaus wird entschieden, wie und welche Informationen zu erheben sind und welche Einzelfälle zu Verfügung stehen. Die Fälle sowie die Datenerhebungsmethode (design data collection protocol) werden selektiert/ausgewählt. Diese Entscheidungsprozesse werden in einem Protokoll aufgenommen/fixiert. Anschließend erfolgt die Durchführung der Einzelfallstudien. Das Minimum von Fällen/Cases für eine multiple-case study beträgt zwei. Die multiple-case study der vorliegenden Arbeit besteht aus drei individuellen Einzelfallstudien. Die Daten werden durch Interviews erhoben. Zusätzlich werden Literaturrecherche, Webrecherchen und statistische Nachfragen durchgeführt, denn „case studies can include, even be limited to, quantitative evidence“(YIN, 1994). Aus diesen werden die Beschäftigungseffekte abgeleitet und zusammengefasst. Jede Einzelfallstudie besteht aus „[a] whole study, in which convergent 56 Material und Methoden evidence is sought regarding the facts and conclusions for the case; each case’s conclusions are then considered to be the information needing replication by other[s] individual cases“ (YIN, 2002). Jedes Einzelfallresultat gehört zu einem zusammenfassenden Bericht. Folgende Abbildung gibt die Vorgehensweise für die multiple case study graphisch an. Abbildung 9: Multiple-case study Methode (Quelle: YIN, 2002) Die Technik der qualitativen Inhaltsanalyse kann „anhand testtheoretischer Gütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität)“ des Interviews bewertet werden“ (KONRAD, 2011). “Because a research design is supposed to represent a logical set of statements, you can also judge the quality of any given design according to certain logical tests… There are four widely used tests and … recommended case study tactics” (YIN, 1994). In Übersicht 5 sind die Tests vorgestellt. 57 Material und Methoden Übersicht 2: case study tactics recommended tests tests case study tactic phase of research in which tactic occurs construct validity internal validity use multiple sources of evidence data collection establish chain of evidence data collection have key informants review draft case study report composition do pattern-matching data analysis do explanation-building data analysis do time-series analysis data analysis external validity use replication logic in multiple case studies research design reliability use case study protocol data collection develop case study data base collection (Quelle: (YIN, 1994) “Construct Validity: establishing correct operational measures for the concepts being studied Internal Validity (for explanatory or causal studies only, and not for the descriptive or exploratory studies): establishing a causal relationship, whereby certain conditions are shown to lead other conditions, as distinguished from spurious relationships” (YIN, 1994). Zur inneren Validität können die ethnographischen Daten beitragen (GLÄSER, 2009). Als weitere Analysetechnik nennt YIN (2003) Pattern-matching-logic für die Case Study als sehr erwünscht. Pattern Matching Technik “compares an empirically based pattern with a predicted one (or with several alternative predictions)”. Wenn die „patterns“ übereinstimmen, engt sich die innere Validität ein. „External Validity: establishing the domain to which a study’s findings can be generalized Reliability: demonstrating that the operations of a study – such as the data collection procedures can be repeated, with the same results “ (YIN, 1994) 58 Material und Methoden Die drei Einzelfallstudien, die im Rahmen der Arbeit durchgeführt werden, erlauben mehr Reliabilität im Vergleich zu nur einer Einzelfallstudie darzustellen. Bei mehreren Studien wird überprüft, ob die Forschungsoperation zu ähnlichen Ergebnissen führt (MAYRING, 2010). Beispielsweise, ob die Saisonalität in Wintermonaten begrenzend auf die Beschäftigung wirkt. Falls die interviewten Personen auf dieselbe Einflussfaktoren in verschiedenen Fallstudien eingehen, werden die Auswirkungen ersichtlich. Im nächsten Abschnitt wird darauf eingegangen, dass empirische Daten durch qualitative Interviews für die Arbeit erhoben werden. Innerhalb jeder Einzelfallstudie werden telephonisch narrative Interviews sowie Experteninterviews durchgeführt. Bei narrativen Interviews wird am Ende der Narration detailliert nachgefragt, falls die interviewte Person nur kurz auf die im theorethischen Modell beschriebenen Einflussfaktoren eingeht. 5.3. Das qualitative narrative Interview als Datenerhebungsmethode Das narrative Interview ist von Fritz Schütze als „sozialwissenschaftliches Erhebungsverfahren, das den Interviewten durch eine erzählgenerative Anfangsfrage zu einer Erzählung persönlicher Erlebnisse veranlasst“ (HEINZE, 1987) für die bibliographische Forschung erfunden. Die Grundannahme von Schütze ist, dass die Erzählund Erlebnisstrukturen homolog sind. So ist es möglich, durch die Analyse von Erzählmaterial elementare Prozessstrukturen, deren Mechanismen und grundlegende Kombinationsvarianten zu identifizieren“ (HEINZE, 1987). Das qualitative narrative Interview, Experteninterview ist die Datenerhebungsmethode in dieser Arbeit. „Narrative Interviews dann zu gebrauchen, wenn es für die gewählte Fragestellung auf subjektive Erfahrungen und erzählenswerte Ereignisse ankommt“ (HOLTGREWE, 2009). Schütze strukturiert das narrative Interview in drei Hauptteile: erster Hauptteil ist das Interview, das ununterbrochen sein soll, zweiter Hauptteil ist das Nachfragen und ein dritter Teil dient für anschließende Erklärungen (HEINZE, 1987). Rosenthal charakterisiert vier folgende Phasen: Erzählungsaufforderung, Haupterzählung, erzählungsgenerierendes Nachfragen und Interviewabschluss (HOPF, 2004). 59 Material und Methoden LAMNEK (1995) beschreibt fünf Phasen der narrativen Interviews. Als erste kommt die Erklärungsphase, wo der Interviewte „über Besonderheiten und die Funktion des narrativen Interviews informiert werden“ sollte. In diesem Zusammenhang werden die Aufzeichnung des Gesprächs und Transkription thematisiert, was auch zur offenen Atmosphäre dienen sollte. Die Erklärungsphase folgt die Einleitungsphase, in der man zu klären versucht, „unter welchen Aspekten selbst erlebte Ereignisse erzählt werden sollen“, und die Erzählungsphase. Während der Erzählungsphase des narrativen Interviews reagiert der Interviewpartner mit einer längeren Erzählung. „Im narrativen Interview wird der zu Befragende aufgefordert, etwas über den im Gespräch benannten Gegenstand zu erzählen, was natürlich voraussetzt, dass der Befragte eine entsprechende Kompetenz besitzt“ (LAMNEK, 1995). Im narrativen Interview besteht die Möglichkeit für den Interviewer, sobald die Erzählung beendet ist, „unklar gebliebene Fragen oder Widersprüchlichkeiten in der Erzählung“ (LAMNEK, 1995) in Phase vier zu klären. Die Nachfragen können die Erzählung weiterlaufen lassen, was bei unberührten Themenbereichen hilfreich sein wird. „Besonders an dieser Stelle wird wieder auf die narrative Kompetenz des Befragten zurückgegriffen“ (LAMNEK, 1995). Wünschenswert für die vorliegende Arbeit ist, dass möglichst alle im Modell ausgearbeiteten Einflussfaktoren durch Aussagen der interviewten Personen abgedeckt sind. Deshalb wird das narrative Interview in dieser Arbeit nicht als rein narratives angewendet, sondern mit Elementen des Leitfadeninterviews. Das Leitfadeninterview „zeichnet sich dadurch aus, dass sich der Gesprächsverlauf an einem Leitfaden orientiert, welcher eine dezidierte Steuerung des Gesprächsverlaufs begünstigt und die Fokussierung auf relevante Themenbereiche sicherstellt. Auf diese Weise ist es möglich, breit gefächerte, explorative Informationen zu gewinnen und zugleich die Konzentration auf das Forschungsinteresse beizubehalten“ (KAUNE, 2010). Das Einflussfaktorenmodell ist de facto Leitfaden für den Interviewer. Während der Narration wird durch die kleine Anzahl der modellbezogenen Faktoren leicht bemerkbar, auf welche Einflussfaktoren gar nicht oder nur bedingt eingegangen wird. „Das Leitfadeninterview bietet durch die spezifische Form der Vorbereitung (der Leitfaden) hinreichend Möglichkeiten, theoretische Vorüberlegungen in der Erhebung zu berücksichtigen“ (ATTESLANDER, 2010) „Der Leitfaden dient entsprechend als Gerüst für die Datenerhebung und ermöglicht die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unterschiedlicher Interviews“ (KAUNE, 2010). „Dem Prinzip der Offenheit wird dadurch 60 Material und Methoden Rechnung getragen, dass die Fragen so formuliert werden, dass sie dem Interviewten die Möglichkeit geben, seinem Wissen und seinen Interessen entsprechend zu antworten“ (ATTESLANDER, 2010). Die fünfte Phase laut Lamnek ist die sogenannte Bilanzierungsphase – am Schluss können „direkte Fragen nach der Motivation und der Intention gestellt werden. Dieser Abschnitt zielt darauf ab, eine Bilanz der Geschichte, den Sinn des Ganzen gemeinsam mit dem Befragten zu erörtern und zu entwickeln“ (LAMNEK, 1995). Was die Form der Kommunikation betrifft, ist es nicht üblich, bei den narrativen Interviews ein telefonisches Gespräch durchzuführen (ATTESLANDER, 2010). Trotz des Nachteils, dass die Körpersprache dabei nicht aufgenommen wird, werden die Interviews am Telefon durchgeführt. Anzumerken ist aber, dass eine Hinfahrt in die Forschungsregion Zeit- und Geldaufwand verursacht, der im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit nicht gedeckt werden kann. Deswegen wird eine Fernbefragung mittels eines narrativen qualitativen Interviews via Telefon durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeit kommunizieren die befragte Person und der Interviewer per Telefon und nicht durch eine Videoaufnahme, z.B, durch Skype, weil der Videoaufnahme in der Untersuchungsregion technisch kompliziert oder kaum möglich ist. Aufgrund der Qualität des Internets in der Forschungsregion wird die Möglichkeit einer Skype/Videokonferenz in Frage gestellt. Oft ist der Empfang schwach und erlaubt, nur ohne Video zu sprechen. Das Telefon ist somit die sicherste Art der Kommunikation. Gleichzeitig wird ein Diktiergerät benutzt. Die Gespräche werden nach dem Einverständnis der interviewten Person auf Tonband aufgenommen. Für das narrative Telefoninterview wird die befragte Person gebeten, über die Beschäftigungssituation im Betrieb zu sprechen. Abschließend werden die Interviews transkribiert und die Texte mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet. 5.4. Die Inhaltsanalyse als Auswertungsmethode Sobald die narrativen Interviews durchgeführt und die Aufnahmen transkribiert sind, werden die daraus entstehenden Texte mit der Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Methode der qualitativen Inhaltsanalyse wird hier konsequent und schrittweise beschrieben. 61 Material und Methoden Nach GLÄSER (2009) ist „die qualitative Inhaltsanalyse umso besser anwendbar, je genauer man weiß, wonach man sucht“. MAYRING (1997) differenziert drei Grundformen des Interpretierens: Zusammenfassung, Explikation, Strukturierung. Grundsätzlich sind die Grundformen noch weiter differenzierbar, möglich sind auch verschiedene Mischformen. Zuerst wird das Material der Interviews bzw. Interviewteile zusammengefasst und nachfolgend Zeile für Zeile expliziert und strukturiert. Diese Schritte werden in russischer Sprache gemacht, weil alle Interviews in russischer Sprache geführt werden. Abschließend werden für das Forschungsthema relevante Textteile zusammengefasst und in die deutsche Sprache übersetzt. Die Zusammenfassung ist die qualitative Technik, mit welcher das Material zu transformieren ist. Sie bereitet den Text für eine weitere Analyse vor. „Die Zusammenfassung wird immer abstrakter“ (MAYRING, 1997). Die analysierten Texte oder Analyseeinheiten werden in eine knappe und beschränkte Form paraphrasiert. Als eine Analyseeinheit dient eine Textpassage, welche von einem kleinen Thema handelt. Um zu verdeutlichen, was eine Analyseeinheit ist, wird hier ein Beispiel angeführt: «Мы освоили определенный фольклорный класс и могли исполнять русские народные песни под баян, бубен и балалайку, это определенная песенная традиция, у нас появился свой кукольный театр, мы стали проводить ээ мм анимацию еще с куклами, у нас появились свои ростовые куклы, каждая программа наша проходит еще в форме мастер класса, то есть мы еще проводим по развитию ремесла, ну традиционные мастер-классы, какую-нибудь куклу из льна и бересты или расписываем там яйца по технологии, которой уже три тысячи лет…» / Wir haben ein bestimmtes musikalisches Niveau gemeistert und konnten schon Volkslieder mit verschiedenen Musikinstrumenten wie Akkordeon, Schellentrommel und Balalaika gut begleiten. Sehr traditionelle Lieder eben. Als unser Puppentheater das Licht der Welt erblickt hat, haben wir auch eine Animation mit Puppen für die Touristen gemacht, unsere Maskottchen haben wir bekommen. Jedes unserer Programme dient dazu, den Touristen etwas durch praktische Anwendung (Meisterklassen) zu lehren. Das Fertigen einer Puppe aus Birkenrinde und Flachs oder wir malen nach einer dreitausendjährigen Technologie Eier an.“ Der Abschnitt wird wie folgend verstanden, paraphrasiert und in kurzer Form wiedergegeben: 62 Material und Methoden Die Programme für Touristen haben in Abhängigkeit von den Wünschen der Touristen und nach Absprache mit dem Reiseveranstalter einige Variationen. Der Unterhaltungsprogramminhalt beeinflusst natürlich die Form der Beschäftigung, Art der Tätigkeit und die Zahl der beschäftigten Personen. Inhaltlich wechseln die Programme je nach Thema, wie zum Beispiel Meisterklassen für Brotbacken oder das Herstellen von Volks-Spielzeug, ab. Die Gruppe singt und spielt Musikinstrumente, es gibt ein Puppentheater. Im weiteren Verlauf werden die Paraphrasen verallgemeinert bzw. generalisiert. Für die Klärung von Generalisierungen werden vor allem folgende Strategien angewendet (DEPPERMANN, 2008): Systematische Metaphern/Wortvergleiche im Text, zum Beispiel: у нас появился свой кукольный театр, мы стали проводить мм анимацию еще с куклами, у нас появились свои ростовые куклы / Als unser Puppentheater das Licht der Welt erblickt hat, haben wir auch eine Animation mit Puppen für die Touristen gemacht, unsere Maskottchen haben wir bekommen. Die Begriffe „Puppentheater“, „Animation mit Puppen“ und der Spezialbegriff „Maskottchen“ wird als Puppentheater für die Auswertung bezeichnet. Darstellung von Merkmalen der Gesprächssituationen, beispielsweise ein Interviewter mit seinem Enthusiasmus war Ljoscha Stoljarov der Erste mit der Bitte in einem Interview über die Beschäftigungssituation in seinem Unternehmen sprechen zu dürfen. Er sprach schnell, konsequent und begeistert. Seinen Atem hat nichts aus dem Takt gebracht und nicht einmal die Hintergrundgeräusche – Kinderstimme auf der Aufnahme – haben seine Aufmerksamkeit abgelenkt. Theoretische und (konstrukt)-logische Argumentationen, zum Beispiel weist Ljoscha in den Zeilen sechs bis elf des Transkripts darauf hin, dass die Idee des touristischen Business mit befreundeten Nachbarn im Dorf geboren worden sei, wo zuerst eine Datscha gekauft wurde. Hier braucht vermutlich der Leser einen Bezug, was eine Datscha sein soll. Eine Datscha zu haben ist in Russland sehr typisch. Rund 80% der Bevölkerung (Expertenschätzung) aus den Städten haben ein Ferienhaus „in the country“/ „out of the town“, wo sie ihre Wochenenden oder Ferien verbringen, grillen, vielleicht ein wenig Obst und Gemüse anbauen oder einen Garten pflegen. 63 Material und Methoden Wie aus dem Beispiel ersichtlich ist, „manchmal müssen Zusatzdaten zur Stützung und Prüfung herangezogen werden“ (DEPPERMANN, 2008). Mayring unterscheidet im Rahmen seiner Inhaltsanalyse drei qualitative Interpetationstechniken: die Zusammenfassung, die Explikation und die Strukturierung. Das Ziel der Analysetechnik Zusammenfassung ist durch eine Schrittweise Verdichtung des Materials auf seine wesentlichen Inhalte, ein überschaubares Abbild des Ausgangsmaterials zu schaffen“ (KAUNE, 2010). „Es geht um eine Zusammenfassung eines Textes, die aus dem in den Texten enthaltenen Sinn in so genannten Kategorien darstellt. Dabei sind die Kategorien ihrerseits in einem System organisiert. Das Kategoriensystem mit Kategorien, Unterkategorien, Kategoriendefinitionen und Ankerbeispielen stellt den in den ausgewerteten Texten enthaltenen latenten Sinn dar… Es dient als Ausgangspunkt für die Interpretation des Textes und ist ein Herzstuck der Analyse“ (RAMSENTHALER, 2013). Oft, über das Material verstreute Paraphrasen werden zusammengefasst und durch eine neue Aussage wiedergegeben“ (MAYRING, 1997) Durch den Paraphrasierungsprozess entstehen inhaltsgleiche Einheiten (Paraphrasen). Sich wiederholende, sowie unwichtige und nichtssagende Paraphrasen werden weggelassen. Nach dieser Materialreduktion wird überprüft, ob der verbleibende Teil das Ausgangsmaterial ausreichend repräsentiert. Ist eine weitere Abstraktion notwendig, wird der Text erneut zusammengefasst (reduziert) (MAYRING, 1997). Im Gegensatz zur zusammenfassenden Inhaltsanalyse, deren Ziel grundsätzlich die Reduktion des Materials ist, wird in der Explikation zusätzliches Material zu „interpretationsbedürftigen Textteilen“ herangetragen. Der Hauptgedanke der Explikation als „qualitative inhaltsanalytische Technik“ ist, Textstellen zu erläutern und verständlicher zu machen. „Am Anfang der Explikation steht die genaue Definition der Textstelle, die expliziert werden soll. Sie stellt die Auswertungseinheit dar… Im zweiten Schritt wird überprüft, ob aufgrund der lexikalischen Bedeutung die Textstelle erklärbar ist.“ Anzumerken ist, dass die Auswahl des zusätzlichen Materials die Güte der Explikation beeinflusst. Eine allgemeine … Definition bedeutender Textteile ist ebenso für die Inhaltsanalyse wichtig“ (DEPPERMANN, 2008). Auf den Kontext wird im Folgenden eingegangen. Aufgrund der Kontextanalyse wird eine Formulierung zusammengestellt, die „eine Aufschlüsselung, eine Interpretation der Textstelle leistet.“ Je nach der Möglichkeit, den Kontext zu erfassen, 64 Material und Methoden werden nach kleinraumtextologischen und großraumtextologischen Techniken oder nach enger und weiter Kontextanalyse unterschieden. Der Interpret geht normalerweise vom „engsten Kontext zum immer weiteren Umfeld“. Bei der engen Kontextanalyse werden die Textteile in direktem Bezug erklärt, ausgeschmückt und modifiziert. In der weiteren Kontextanalyse wird auch Material gesammelt, welches „über den eigentlichen Text hinausgeht“ (MAYRING, 1997). Hier werden die Informationen über den Interviewer, die Entstehungsbedingungen des Textes, sowie theoretisches Vorverständnis herangezogen. Auch freie Assoziationen der Interpreten sind in der Kontextanalyse relevant, wobei „der Bezug zur Textstelle genau begründet werden“ (MAYRING, 1997) muss. Ein weiterer Schritt in der Kontextanalyse ist, fragliche Textteile durch eine neue Formulierung sowie Paraphrasen zu erläutern. Im Gesamtzusammenhang wird dann überprüft, ob der Text sinnvoll expliziert wurde oder ob ein neuer Durchgang notwendig ist (vgl. MAYRING, 1997). Strukturierung ist die „zentralste Inhaltsanalysetechnik“ (MAYRING, 1997). Hier werden Textbestandteile nach einem bestimmten Kategorisierungssystem strukturiert. Die Technik der Strukturierung dient dazu, die bestimmet Struktur aus dem Material herauszufiltern, welche in Form eines Kategoriensystems an das Material herangetragen wird. KRAUNE Der transkribierte Text wird dann aus dem Material systematisch extrahiert. Welche Materialbestandteile unter die angesprochenen Kategorien fallen, wird in folgenden drei Schritten definiert: 1. Definition der Kategorien Hier richtet sich eine Kategorie nach dem theoretischen Modell.Die dort beschriebene Einflussfaktoren dienen als entsprechende Kategorien für die Auswertung. Beispielsweise, sollte der Erzähler über Saisonalität sprechen, dann wird diese unter die Kategorie „Erreichbarkeit“ fallen, weil im theorethischen Modell sowohl die Saisonalität als auch die Wetterbedingungen die Erreichbarkeit beeinflusst. Hier sind die Kategorien vorgestellt: Arbeitsmarktlage inklusive Ausbildung Soziale Einflüsse Erreichbarkeit Umfeldsituation Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien 65 Material und Methoden Politik und Rechtsvorschriften Wirtschaftslage 2. Ankerbeispiele In der folgenden Übersicht werden Textbeispiele für jede Kategorie vorgegeben. Übersicht 3: Kategorien für die Auswertung und Beispiele aus transkribierten Texten Kategorie Textbeispiele «И еще один проект тоже связанный с туристическими нашими делами, это центр ремесел Славич, это московский дом ремесел на кропоткинской, где работает порядка 15 мастеров и вот я там как бы «щас» администрирую этот центр» / „und noch ein Projekt ist mit unseren touristischen Angelegenheiten verbunden. Das Zentrum für Gewerbe in Slavitsch, ein Moskauer Arbeitsmarktlage Zentrum für Gewerbe neben der Station Kropotkinskaja. Dort sind rund 15 Meister inklusive Ausbildung beschäftigt, nun bin ich im Zentrum administrativ tätig“. Потому что на группу сорок человек в среднем нужно человека четыре всего народу чтобы эту группу вести. В программе, если человек двести, то нужно уже десять человек» / für ein Gruppe bestehend aus 40 Personen brauchen wir üblicherweise vier Personen für die ganze Führung. Bei einem Programm mit 200 Personen brauchen wir schon 10 Personen für die Programmbegleitung. «относится к сотым людям как к первым, что очень сложно, но нужно Soziale Einflüsse делать именно так» / "dass man sich bei der hundertsten Person genauso verhalten soll wie bei der ersten. Auch wenn es schwierig ist, sollte man es tun." «200 человек, это немного, но для Кашина много даже это. Вот приняли двести, хотя должно было быть 400, из за аномалий в погоде половина людей отказалась ехать и туроператоры сняли свою бронь в программе. 400 человек в принципе это уже неплохая цифра для масленичной программы» / Erreichbarkeit 200 Menschen sind nicht viel, aber für Kaschin ist auch das schon viel. Wir haben 200 aufgenommen, sollten aber 400 aufnehmen, alles wegen den anomalen Wetterveränderungen, die Hälfte der Leute haben ihre Reise abgesagt und der Reiseveranstalter hat seine Reservierungen für das Programm zurückgezogen. 400 ist grundsätzlich schon eine gute Zahl für das Maslenitsa-Fest". Umfeldsituation сейчас у нас есть еще небольшая полянка, на которой у нас летом помещаются детские и взрослые лагеря /zurzeit haben wir auch einen 66 Material und Methoden Kategorie Textbeispiele Campingplatz freigemacht, welchen wir im Sommer als Kinder- und Erwachsenenlager anbieten können «потому что до этого это было такое провальное направление, а щас губернатор тверской области требует развивать туризм.. Требует развивать интерактивные площадки, еще что-то делать» / weil es zuvor so eine katastrophale Richtung war, und jetzt fordert der Gouverneur von Tver den Tourismus zu entwickeln... Er fordert interaktive Plattformen, noch mehr tun..." «мы и сами получили от этого результат, просто потому что мы завязали новые контакты, новых партнеров нашли, людей, которые хотят ездить в Кашин и возить сюда туристов, да, но и плюс администрация закрыла у себя брешь, то есть Кашин на фоне тверской области выглядел действительно Tourismus- und лучше в этот раз, то есть мы выглядели не хуже области, а то и лучше Regionalentwicklungs- области». / wir haben also selbst auch davon profitiert [von der Messe], einfach strategien deswegen, weil wir neue Kontakte geknüpft haben, neue Geschäftspartner gefunden haben - Leute, die daran interessiert sind Touristen nach Kaschin zu bringen, und ja, weiters hat die Verwaltung ihre Lücken im Regionalentwicklungsprogramm aufgefüllt, also die Region Kaschin war diesmal im Gebiet Tver tatsächlich besser, also wir sahen diesmal nicht schlechter aus als der Gebietsdurchschnitt, aber vielleicht sogar besser„. «Сейчас мы делаем для тверской области большой проект на два города, золотое сердце России он называется, это Кашин-Бежецк» /“jetzt machen wir für die Gebiete ein großes gemeinsames Projekt auf zwei Städte bezogen, goldenes Herz Russlands heißt es, Kashin-Bezhetsk“ «офисом даже в Москве…ну по крайней мере неким клубом, через который Politik und можно набирать тоже людей.., фактически через него мы сейчас будем Rechtsvorschriften набирать группу в Кашин»)/ein Büro in Moskau…na wenigstens das ist so ein Kulturverein, wo wir auch neue Gäste anziehen können.., «Средства непонятно где» / “Es ist noch unklar, woher die Mittel dafür kommen sollen“. Wirtschaftslage «в музей к Наталье Васильевне гостей сейчас возим только мы, только мы и Кашинский курорт, то есть два, две организации которые вообще кого либо приводят» / "ins Museum, zu Natalja Vasilevna bringen nur wir die Touristen und das Sanatorium von Kurort Kashin. Es sind also nur die zwei Organisationen, die 67 Material und Methoden Kategorie Textbeispiele überhaupt jemanden bringen“. (Quelle: eigene Darstellung, 2014) 3. Kodierregeln werden als einen theoretischer Punkt hier zwar angedeutet, aber in der Arbeit wird keine inhaltsanalytische Software verwendet. Alle Überlegungen sind analytisch „manuell“ d.h. ohne Software ausgewertet. Das bedeuten auch, dass zur Abgrenzung zwischen Kategorien die logischen Regeln für die eindeutige Zuordnung benutzt werden. Die Beschreibung der grundlegenden, strukturierenden Inhaltsanalyse wird in Abbildung 10 dargestellt. Es geht darum, „die Kategorien überhaupt zu greifen“ und „eine eindeutige Zuordnung anhand der Definitionen, Ankerbeispiele und Kodierregeln“ zu ermöglichen (Mayring, 2010). Für diesen Prozess werden zwei Schritte unterschieden. Zuerst werden sogenannte „Fundstellen“ bezeichnet – die Textstellen im Material, wo die Kategorien, z.B. durch eine Unterstreichung mit verschiedenen Farben, angesprochen werden. Im zweiten Schritt werden solche angesprochenen Textteile herausgeschrieben und je nach Strukturierungsziel bearbeitet. „In aller Regel ergibt dieser Probedurchlauf eine Überarbeitung, eine teilweise Neufassung vom Kategoriensystem und seinen Definitionen“ (MAYRING, 2010). Schließlich werden die Fundstellen bearbeitet und extrahiert. Unter anderen wird berücksichtigt, dass Äußerungen keine isolierten Sätze sind und im Zuge des Interaktionsprozess betrachten werden. „Zu Rekonstruktion von Äußerungen ist es fast immer notwendig, ien vergangenen Interaktionsverlauf zu berücksichtigen“ (DEPPERMANN, 2008) 68 Material und Methoden Abbildung 10: Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse (allgemein) (Quelle: Mayring,1997) Für die vorliegende Arbeit sieht das Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse wie folgend aus: 69 Material und Methoden 1. Schritt Bestimmung von Teilen der Transkripte für die Analyse 2. Schritt Festlegung der Strukturierungsdimension (Modellgeleitend) 3. Schritt Bestimmung der Ausprägungen unter den Kategorien 4. Schritt 7. Schritt Überarbeitung. gegebenenfalls Revision von Kategoriensystem Formulierung von Definitionen, Ankerbeispielen zu den einzelnen Kategorien 5. Schritt Transkriptdurchlauf, Fundstellen 6. Schritt Materialdurchlauf, Bearbeitung und Extraktion der Fundstellen 8. Schritt Ergebnissaufbereitung Abbildung 11: Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse anhand des Analysematerials (Quelle: eigene Darstellung nach Mayring, 2014) Die vier Formen der strukturierenden Inhaltsanalyse unterscheiden sich zielabhängig. Diese sind formale, inhaltliche, typisierende und skalierende Strukturierungstechniken. 70 Material und Methoden Unter formaler Strukturierung werden vier Kriterien vorausgesetzt: syntaktisches, thematisches, semantisches und dialogisches. Eine inhaltliche Strukturierung lässt „bestimmte Themen, Inhalte, Aspekte aus dem Material herausfinden und zusammenfassen“. Insbesondere für die Forschungsfrage bedeutende Textteile zu finden und diese genauer zu beschreiben, hilft die sogenannte typisierende Strukturierung. Es wird bestimmt, welche Redewendungen aus dem Material als besondere oder als typische dienen. Anschließend kommt die skalierende Strukturierung, welche, wie es im Namen bereits angedeutet wird, bestimmte „Materialteile auf einer Skala (in der Regel Ordinalskala) bringt“ (MAYRING, 1997). Zum Beispiel, die Erreichbarkeit kann von nicht erreichbaren Orten zu saisonabhängig erreichbaren Orten, bis immer gut erreichbaren Orten, skaliert werden. Jetzt gilt es zu überprüfen, ob eine Wirkung auch in der Realität besteht, oder ob diese auch durch neue Angaben zu ergänzen ist. Aus den drei Einzelfallstudien wird abschließend ein Bericht zusammengefasst, welcher die Ergebnisse der Arbeit darstellt. Anhand der ausgearbeiteten Methode wird die Untersuchung in der Region Kaschin durchgeführt und ausgewertet. 71 Untersuchungsregion Kashin 6. UNTERSUCHUNGSREGION KASHIN Die Region Kaschin wurde als Untersuchungsgebiet deshalb ausgewählt, weil sie eine Kurstadt ist und als Touristenziel in Russland überregional bekannt ist. Außerdem ist die Region Kaschin aufgrund ihrer geographischen Lage und dem reichen kulturhistorischen Hintergrund zur Beantwortung der vorliegenden Forschungsfrage herangezogen worden. Sie befindet sich 200 km nördlich von Moskau, der größten Stadt Russlands, entfernt, hat eine direkte Eisenbahnverbindung nach Sankt-Petersburg und ist über den Fluss Kaschinka mit dem längsten und wasserreichsten Fluss Europas, der Wolga, verbunden. Es ist interessant zu sehen, ob der Agrartourismus seine Potenziale sowie Auswirkungen auf die Beschäftigung unter diesen günstigen Bedingungen gezeigt hat. 6.1. Geographische Lage der Region Kaschin Die Untersuchungsregion Kaschin liegt nördlich von Moskau und ist eine kleine Provinz im Osten des Gebiets Tver, an der Grenze zum Gebiet Jaroslawl. Vom Osten und Norden grenzt die Region Kaschin an das restliche Gebiet Tver. Tver gehört zum zentralen föderalen Distrikt, wo es 17 der 122 Objekte ökologischer Ausbildung und touristischer Tätigkeit (эколого-просветительской и туристической деятельности) gibt. Darunter werden beispielsweise Naturparks, Museen verstanden. Die 17 Objekte haben im Jahr 2013 über 86 Tsd. Personen besichtigt (UnSiS, 2014). Auf der folgenden Karte ist das Gebiet Tver mit der Region Kaschin dargestellt. Um dem Leser die Dimensionen näher zu bringen, wird ein Vergleich dargestellt: Die Fläche der Region Tver ist circa so groß wie Ungarn. Die Region Kaschin ist rot markiert. 72 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 12: Karte des Gebiets Tver (Quelle: Karte, 2013 UnSiS) Die folgende Karte (Abbildung 13) stellt einen Bezug zur regionalen Entwicklung der ländlichen Räume in Russland her. Auf der Karte sind Typen von ländlichen Räumen in Russland unterschieden. Das Gebiet Tver befindet sich in einer Zone, die sehr ungünstig für die ländliche Entwicklung ist. Dennoch sind die Bedingungen für die Untersuchungsregion Kaschin verhältnismäßig günstig, da die Region Kaschin an der Grenze bzw. nah zum Moskauer Gebiet liegt. 73 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 13: Rural Development Challenges of Russian Regions and Present Policy Solutions (Quelle: Alexandre Merzlov, Vortrag an der Herbstakademie, Stuttgart 2012) Die Region befindet sich im 200 km Radius um die Hauptstadt und ist in nur drei bis vier Fahrstunden von Moskau erreichbar. Drei bis vier Stunden und bis zu 250 km Entfernung ist eine gute Erreichbarkeit für russische Verhältnisse. Weiters liegt die Region zwischen den zwei größten Städten Russlands: Moskau und Sankt-Petersburg. Die erste Eisenbahnstrecke in Russland zwischen Moskau und Sankt-Petersburg wurde im 19. Jahrhundert erbaut und verlief durch Kaschin. Es gibt heutzutage eine direkte Zugverbindung zwischen Kaschin und Sankt-Petersburg. Die Fahrt mit einem Nachtzug dauert 12 Stunden. Zwischen Moskau und Kaschin gibt es auch eine Eisenbahnverbindung, die leider im Vergleich zur Busverbindung zu lange dauert, sieben Stunden gegen vier. Zusammengefasst ist die Region Kaschin reich an Natur und Kultur, liegt aber an der Grenze der Gebiete mit günstigen Entwicklungsbedingungen und guter Erreichbarkeit. 74 Untersuchungsregion Kashin Da der Agrartourismus auf zwei Disziplinen, auf den Tourismus und auf die Landwirtschaft, stützt, wird anschließend auf Daten aus den beiden Wirtschaftsbereichen der Region Kaschin näher eingegangen. 6.2. Landwirtschaft in der Region Kaschin In diesem Abschnitt werden Informationen präsentiert, welche die Landwirtschaft in der Region Kaschin charakterisieren. Die Landwirtschaft in der Region wird vor allem durch Großunternehmen betrieben. Die Größe der Betriebe variiert von 2000 bis 6000 Hektar. Solche Betriebe werden ab und zu besichtigt (Interessierte wie z.B. ausländische Delegationen oder Landwirtschaftsorganisationen,, aber sind eher leistungsorientiert und interessieren sich generell nicht für Urlaub am Bauernhof. Deshalb sind sie für den ländlichen Tourismus von keinem großen Interesse. Diese Großunternehmen/ landwirtschaftliche Unternehmen sind sich stetig entwickelnde Unternehmen, die durch eine relativ konstante Anzahl von Mitarbeitern bedient und verwaltet werden. Nach der Metodik des ROSSTATISTIKA gibt es in der Region auch bäuerliche Betriebe (Farmen) (Крестьянские (фермерские) хозяйства) und Betriebe der Bevölkerung. Die Betriebe der Bevölkerung produzieren überwiegend für den eigenen Bedarf (личных подсобных хозяйств (ЛПХ). und der Landbevölkerung der Region sind derzeit nur wenige Haushalte im ländlichen Tourismus engagiert. Wie aus der Tabelle 2. ersichtlich, ist der Unterschied zwischen Flächen von privaten bzw. kleinbetrieblichen Landwirtschaften und landwirtschaftlichen Unternehmen riesig. Über 41 Tsd. Hektar stehen der Landwirtschaft in der Region Kaschin zur Verfügung. Die meiste Fläche ist im Eigentum von Großunternehmen, 40-mal weniger Fläche besitzen kleine bäuerliche Betriebe und 100-mal weniger ist im Eigentum der Bevölkerung (личных подсобных хозяйств (далее ЛПХ). Die landwirtschaftlichen Großbetriebe/Unternehmen haben die meisten Flächen und die kleinbäuerlichen Betriebe haben am wenigsten Land. 75 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 2: Fläche der Betriebe nach Unternehmensart und Eigentumsart in der Region Kaschin, ha Art des Eigentums Betriebe aller Kategorien 2012 2013 42131,8 41055,4 40561,8 39491,4 460,5 445,0 1109,5 1119,0 Aufgeteilt in: Landwirtschaftliche Unternehmen Betriebe der Bevölkerung für den Eigenbedarf (ЛПХ) Kleinbäuerliche Betriebe (КФХ) (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Diese Flächen sind wie folgend landwirtschaftlich genutzt. Große Betriebe haben vor allem Getreide und Futterpflanzen angebaut. Tabelle 3. veranschaulicht die Verteilung. In der Statistik sind vor allem die Daten aus den letzten Jahren, 2011-2013 ausführlich, aber nicht ganz lückenfrei, angegeben. Überall, wo in den folgenden tabellen Daten fehlen, gibt es Lücken in der Staistik. 76 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 3: Flächenverteilung in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Region Kaschin im Zeitraum von 2008 bis 2013, ha 2008 2009 2010 2011 2012 2013 Fläche insgesamt - - - - 40561,8 39491,4 Aufgeteilt in: - - - - - - Getreide und Hülsenfrüchte 8383 - 9050 7892 9069 9412 Winterweizen - - - - 820 946 Winterroggen - - - - 527 297 Tritikale - - - - 35 Sommerweizen - - - - 2018 2061 Hafer - - - - 5549 5951 Kartoffeln 552,5 527,8 537,8 522 521,7 474,3 Gemüse ohne Verpflanzung - - - - 16,1 39,1 Kohl - - - - 0,3 - Gurken - - - - 0,2 - Rote Rüben - - - - 5,2 - Karotten - - - - 10,3 - Zwiebel - - - - 0,1 - Freilandgemüse 19,95 14,1 13,59 16,3 Futterpflanzen - - - - 30735 29426 Einjährige Futterpflanzen - - - - 3276 3278 Mehrjährige Futterpflanzen - - - - 1061 1221 - - - Obst und Beeren 2,9 - - -- - - - keine Angaben in der Statistik (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) 77 Untersuchungsregion Kashin Die bäuerlichen Betriebe haben folgende Flächenverteilung: Getreide und Hülsenfrüchte, gefolgt von Sommerweizen, Futterpflanzen und Kartoffeln, wie die Tabelle 4. zeigt. Tabelle 4: Bäuerliche Betriebe (Farmen) und deren Flächenverteilung 2008-2013, ha 2008 Fläche insgesamt 2009 2010 2011 2012 2013 - - - - 1109,5 1119 548 - 585 647 537 585 Winterweizen - - - - - 40 Winterroggen - - - - 40 - Sommerweizen - - - - 275 360 Hafer - - - - 222 185 102 135 159 161 161 125 Gemüse ohne Verpflanzung - - - - 50,5 64 Futterpflanzen - - - - 361 345 Getreide und Hülsenfrüchte Kartoffeln - keine Angaben in der Statistik (Quelle: CSDB des GKS, eigene Darstellung, 2014) In den Betrieben für den Eigenbedarf der Bevölkerung (ЛПХ) werden vor allem Kartoffeln und anderes Gemüse angebaut. Tabelle 5 veranschaulicht diese Flächenverteilung. Tabelle 5: Flächenverteilung in den Betrieben der Bevölkerung 2008-2013, ha 2008 2009 2010 2011 2012 2013 - - - - 460,54 445 Getreide und Hülsenfrüchte 1,5 - 1,4 1,4 1,4 1,1 Kartoffeln 370 370 370 370 370 359 - - - - 69,64 65,9 Freilandgemüse 70 70 70,9 71 - - Obst und Beeren 42 - - - - - Fläche insgesamt Gemüse ohne Verpflanzung - keine Angaben in der Statistik 78 Untersuchungsregion Kashin (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Informationen über Tierbestände in allen Eigentumskategorien sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Betriebe der Bevölkerung verfügen über ein Drittel der Rind- sowie ein Viertel der Schaf- und Ziegenbestände. Bemerkenswert ist, dass das gesamte Geflügel den Bevölkerungsbetrieben gehört. Tabelle 6: Gesamttierbestand in Betrieben aller Kategorien 2008-2012, Stück/Tierkopf 2008 Rinder 2009 2010 2011 2012 10047 10272 10610 10342 10301 Milchkühe 4712 4469 4393 4336 4417 Schweine 1054 1019 1124 970 162 - - 11796 10153 10210 1602 1562 1640 1543 1526 Kaninchen - 1380 1138 1970 1814 Bienenvölker - 1874 1787 2147 1911 2333 2775 2785 3150 2671 Geflügel Pferde Schafe und Ziegen - keine Angaben in der Statistik (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Um dem Leser einen weiteren Vergleich zu ermöglichen, werden alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse nach Unternehmensart in vergleichbaren Preisen präsentiert. 79 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 7: Landwirtschaftliches Produktionsvolumen 2008-2012 in realen Preisen, umgerechnet in Euro Eigentumsart 2008 Betriebe aller Kategorien Landwirtschaftliche 2009 2010 2011 2012 14367,50 14745,58 14385,40 19469,76 15462,64 7157,58 7080,10 6394,94 9976,16 7812,18 6727,76 7053,28 7740,28 8241,90 6969,92 482,16 612,20 250,18 1251,70 680,54 Unternehmen Betriebe der Bevölkerung Bäuerliche Betriebe, Farmen (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Landwirtschaftliche Erzeugnisse unterteilen sich in tierische und pflanzliche. Die Grafiken 14 und 15 veranschaulichen diese Verteilung der Produktion. Aus beiden Grafiken wird ersichtlich, dass für die private Produktion auch kleine Flächen für tierische Erzeugnisse von großer Bedeutung sind. Großbetriebe haben meistens auch Tierbestände und erzeugen sowohl pflanzliche als auch tierische landwirtschaftliche Produkte. Produktionsvolumen in Euro 10000 8000 6000 4000 2000 0 2008 2009 Betriebe aller Kategorien Betriebe der Bevölkerung 2010 2011 2012 Jahr Landwirschaftliche Unternehmen Bäuerliche Betriebe Abbildung 14: Produktionsvolumen tierischer Erzeugnisse nach Unternehmensart, in Euro (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) 80 Produktionsvolumen in Euro Untersuchungsregion Kashin 12000 10000 8000 6000 4000 2000 0 2008 2009 2010 2011 2012 Jahr Betriebe aller Kategorien Landwirschaftliche Unternehmen Betriebe der Bevölkerung Bäuerliche Betriebe Abbildung 15: Produktionsvolumen pflanzlicher Erzeugnisse nach Unternehmensart, in Euro (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Für das Produktionsvolumen der pflanzlichen Erzeugnisse spielen bäuerliche Betriebe fast keine Rolle, denn sie produzieren vor allem billige Kartoffeln. Andererseits erzeugen Betriebe der Bevölkerung mehr als die Hälfte des pflanzlichen Produktionsvolumens. 6.3. Tourismus der Region Kaschin Die Schwierigkeit beim Bezug von Informationen der Tourismusstatistik besteht darin, dass in der Region im Tourismus nur eine Firma arbeitet, die statistisch erfasst wird. Wegen des Datenschutzes wurden auf Anfrage keine Daten zu Verfügung gestellt. Ein Unternehmen gilt als Tourismusunternehmen, wenm der als in-coming Tourismus, outgoing Tourismus oder internationalem und nationalem Tourismus gemeldet ist. Ein Unternehmen des in-coming Tourismus empfängt die Gäste in der Region, ein out-going Tourismusunternehmen verkauft Reise, Reisepakete, Exkursionen in die anderen touristischen Destinationen. Internationale Tourismusunternehmen beschäftigen sich entweder mit in-coming oder out-going Touristenströmen. 81 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 8: Anzahl der Reiseveranstalter ohne Touragenten in Russland 2010-1013, Unternehmensanzahl Russische Föderation insgesamt Internationaler In-coming und outgoing Tourismus, Anzahl der Unternehmen Internationaler incoming – Tourismus, Anzahl der Unternehmen 1858 2169 566 4718 1833 2885 656 2012 4685 1889 2796 580 2013 4608 2421 2187 225 Jahr Anzahl der Reiseveranstalter in Russischer Föderation, insgesamt In-coming Tourismus, Anzahl der Unternehmen 2010 4593 2011 (Quelle: UniSiS 2014) Darunter arbeiteten im Jahr 2013 im Gebiet Tver 105 Tourismusunternehmen: 86 Touragenten, 2 Reiseveranstalter, 4 Touragenten und Reiseveranstalter und 13 haben Exkursionen veranstaltet, (UniSiS, 2014). Auf schriftliche Nachfrage bei GKS hat Herr Nagornij bestätigt, dass Daten über den Agrartourismus nicht erforscht werden. Zu den Tourismus Daten auf Gebietsebene in Tver, wie die Anzahl der Betriebe mit Unterkünften, Bettenanzahl, Anzahl der Beschäftigten, Übernachtungen, hat man freien Zugang in der Datenbank UniSIS. Für das Gebiet Tver sind folgende Daten der Tourismusstatistik zu finden: Zimmeranzahl, Bettenanzahl. Ausgaben und Einnahmen, Übernachtungen sowie Anzahl der Gäste in kollektiven Unterbringungseinrichtungen (коллективные средства размещения (КСР)) (in der folgenden Tabelle und in den Grafiken vereinfacht als Herbergen angegeben), Kurheimen und Sanatorien. Die Daten der letzten fünf Jahre werden in Tabelle 9 vorgestellt und die zehnjährigen Entwicklungstrends sind in grafischer Form dargestellt. Somit sind die Daten der lentzen fünf Jahre doppelt präsentiert. 82 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 9: Tourismusstatistik des Gebiets Tver, 2008-2012 Kennzahl 2008 Zimmeranzahl in Kurheimen und Sanatorien Bettenanzahl in Kurheimen und Sanatorien Ausgaben der Kurheime und Sanatorien Einnahmen der Kurheime und Sanatorien Übernachtungen in Herbergen Übernachtungen in Kurheimen und Sanatorien Anzahl der Gäste in Herbergen Anzahl der Personen auf Kur 2009 2010 2011 2012 2474 2622 2590 2374 1197 5672 5725 5508 5057 4865 721315,4 824506,4 795801,3 771307,9 764363,7 752423,1 679607,5 119148,8 248373,9 484430,7 2154377 2118207 2041495 1982346 1508082 907910 887966 803013 802252 749526 485992 450314 421500 394832 365880 72057 64725 63722 61318 51709 (Quelle: UniSiS, eigene Darstellung, 2014) Aus der folgenden Grafik 16 wird ersichtlich, dass die Anzahl der Gäste in Herbergen seit 2008 kontinuierlich abgenommen hat. Nach der Erfolgssaison ist die Anzahl der Gäste um 35 Tsd. Personen im Jahr 2009 gesunken. Die Anzahl der Gäste in Hotels sank bis auf 36,5 Tsd. im Jahr 2012. Die Anzahl der Personen, welche auf Kur waren ist ebenso während des Betrachtungszeitraums von über 75 Tsd. bis auf 51,7 Tsd. gesunken. Es gibt keine Erklärung, warum die Gästezahlen zurückgegangen sind. Die Vermutung liegt aber nahe, Anzahl der Gäste, 10 Tsd. dass die Weltwirtschftskrise den Tourismus geschwächt hat. 60 50 40 30 20 10 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Anzahl der Gäste in Herbergen Anzahl der Personen auf Kur 83 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 16: Anzahl der Gäste in Herbergen und Kurbetrieben des Gebiets Tver,, 2002-2012 (Quelle: UNISIS, eigene Darstellung, 2014) Einen ähnlichen sinkenden Trend zeigen die Übernachtungszahlen in beiden Erholungseinrichtungen (Abbildung 17). Die Schwankung in den Übernachtungszahlen 2006 in Herbergen ist zu beobachten – weniger Leute kommen, dafür bleiben sie aber Anzahl der Übernachtungen, 10 Tsd.. länger. 250 200 150 100 50 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Übernahtungen Herbergen Übernahtungen in Kurheimen und Sanatorien Abbildung 17: Anzahl der Übernachtungen in Herbergen und in Kurbetrieben des Gebiets Tver, 2002-2012 (Quelle: UNISIS, eigene Darstellung, 2014) Die Tourismusinfrastruktur der Region Kaschin wird für diese Arbeit auf der Basis der Webseite der touristischen Firma Kaschingrad aus der Region Kaschin sowie des Regionalentwicklungsprogramms der Region Tver für die Jahre 2013 bis 2020, das den Entwicklungszustand touristischer Industrie darstellt, präsentiert. Die touristischen Ströme in Zentralrussland sind noch gering. Die meist besuchten Gebiete sind um Moskau herum und gehören zum touristischen Cluster des Goldenen Rings. Das Tourismusebtwicklungsprogramm des Gebiets Tver gibt an, dass im Jahr 2011 rund 1,4 Mio. Personen das Gebiet besucht haben. Der folgende Screenshot auf Abbildung 18. Veranschaulicht die Touristenverteilung in Zentralrussland.Das Gebiet Tver wird im roten Kreis gezeigt. 84 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 18: Der Touristenströme in Zentralrussland Tourismusentwicklungsprogramm für die Region Tver, 2011) 2011, Tsd. Personen (Quelle: Laut dem Entwicklungsprogramm im Gebiet Tver sind verschiedene Themenzonen festgelegt, welche je nach dem Thema sich dem Programm anpassen sollten. Die Region Kaschin ist zum Thema „Жемчужная нить“/ Perlenfaden eingeordnet. Weitere Zonen und Karten werden im Anhang vorgestellt. Die Perlenfadenregion schließt Möglichkeiten der kleinen Städte und der Weiten des Wolgagebiets ein. In der Region Kaschin ist unter den potentiellen Tourismustypen kein Agrartourismus genannt. Für Kaschin haben folgende Tourismuseinrichtungen Priorität: Kultur-, Freizeit- und Gesundheitstourismus (культурно-познавательный, рекреационный, лечебно-оздоровительный туризм). Kaschin ist für Mineralwasser und Heilerde (Уникальные по лечебным свойствам Кашинские минеральные воды и лечебные грязи) bekannt. Der Agrartourismus ist für die Region Tver zwar eine gute Perspektive aber keine Priorität, obwohl „diese Tourismusform eine besondere soziale Bedeutung für die ländliche Räume hat“ («агротуризм имеет особую социальную значимость для жителей сельской местности) (TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Das Programm empfiehlt Unterstützungsprogramme für Unternehmer, Teilnahme an föderalen und anderen non-profit Programmen in der Agrartourismussphäre (Beispiel naselo.ru), Herausgabe eines Themenreiseführers auf Bauerhöfen des Gebiets Tver usw.: «в сфере агротуризма: стимулирование жителей сельской местности к развитию 85 Untersuchungsregion Kashin агротуризма, разработка мер поддержки предпринимателей в сфере агротуризма, участие в федеральных и иных некоммерческих программах по развитию агротуризма (пример: naselo.ru), издание тематического путеводителя по агротуристским фермам Тверской области и т.п.;“) (TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Nach Angaben eines Monitorings für Tourismusentwicklung in dem Gebiet Tver gab es im Jahr 2011 in der Tourismusindustrie der Region Tver 180 Unterbringungseinrichtungen mit 18.430 Plätzen, darunter 64 Hotels, 101 Erholungsheime, 15 Kurbetriebe. Die durchschnittliche Auslastung lag bei 61%. Unter Berücksichtigung der Saisonschwankungen haben im Tourismus insgesamt 10,1 Tsd. Personen gearbeitet. (TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Das Dienstleistungsvolumen (inklusive touristische Ausgaben für Unterbringung, Essen, Exkursionen, Veranstaltungen, Souvenirs usw.) an Touristen im Gebiet Tver betrug im Jahr 2011 nach Angaben der Experten des Entwicklungsprogramms 4,5 Mrd. Rubel (ca. 90 Mio. Euro) (TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Die Tourismuskennzahlen veranschaulicht die Tabelle 10. Tabelle 10: Tourismuskennzahlen des Gebiets Tver nach Angaben des Monitorings, 2011 Tourismuskennzahl Anzahl der Unterbringungseinrichtungen Bettenanzahl 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 145 148 158 165 170 173 180 17000 17082 17276 17680 18065 18280 18430 9,8 10 10,1 Beschäftigte im Tourismus*, 8,6 9,1 9,5 9,7 Tsd. Personen in Tourismusfirmen sowie in Unterbringungseinrichtungen tätige Personen (Quelle: Tourismusentwicklungsprogramm für die Region Tver, 2011) Eine Expertenbefragung im Rahmen des Monitorings berichtet, dass unter den Touristen im Gebiet Tver der überwiegende Teil Russen waren. Der Ausländeranteil lag bei 3% das entsprach rund 45 Tsd. Personen. Unter ausländischen Touristen ist das Gebiet Tver bei Deutschen, Finnen und Franzosen beliebt. 86 Untersuchungsregion Kashin Von den russischen Gästen, welche die Region 2011 besuchten, kommt der größte Anteil aus Moskau und dem Moskauer Gebiet. Touristenströme aus Sankt-Petersburg machen knapp über 35% aller Touristen aus. In der Zone im Osten des Gebiets Tver , in einer Entfernung von 150 km von Moskau und 100 km von der Stadt Tver, befinden sich die Regionen Kimry, Kaljazin, Kaschin, welche nahe der Wolga sind. “Die Nähe zu Moskau und die gute Transportverbindung MoskauDubna machen diese Richtung bei Moskauern beliebt“ /„Близость Москвы и хорошее транспортное сообщение со столицей по трассе Москва – Дубна делают зону популярной для москвичей., steht im Text des Tourismusentwicklungsprogramm (TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Der Tabelle 11 sind pessimistische und optimistische Entwicklungsszenarien zu entnehmen. Tabelle 11: Pessimistische und optimistische Erwartungen des Tourismusentwicklungsprogramms für das Gebiet Tver für den Zeitraum 2012 -2020 2012, 2013, 2014 (Plan) 2011 (ist) 2015, 2016, 2017 (Plan) 2018, 2019, 2020 (Plan) pessimistis ches Szenarium optimistis ches Szenarium pessimistis ches Szenarium optimistis ches Szenarium pessimistis ches Szenarium optimistis ches Szenarium Touristenanza hl, Mio. 1,4 1,3 1,6 1,4 1,8 1,6 2 Anzahl der Beherbergungs betrieben 180 183 188 188 195 191 207 18430 18750 19250 19120 19970 19460 21190 10,1 10,1 12,2 11 15,6 12,3 22,3 Bettenanzahl in Hotels Beschäftigte im Tourismus, Tsd. Personen (Quelle: Tourismusentwicklungsprogramm für die Region Tver, 2011) Das Tourismusentwicklungsprogramm ist allgemein für alle Regionen des Gebiets Tver. Für die Regionen wurden zusätzliche Regionalprofile ausgearbeitet. Vor allem dient das Profil dazu, die Objekte der Tourismusinfrastruktur darzustellen. An Gastronomiebetrieben gibt es in Kaschin sechs Cafés, ein Kulturhaus, ein Nachtklub, ein privates und zwei öffentliche Museen. In Kaschin gibt es einen Busbahnhof und eine Eisenbahnstation. Im 87 Untersuchungsregion Kashin Herbst und Frühling werden landwirtschaftliche Märkte organisiert. Drei thematische Exkursionen: Kaschin – Stadt des russischen Herzens («Кашин – город русского сердца»), Legende längst vergangener Zeiten («Предания старины далекой»), SivkaBurka Veschtschij Kaurka (der Name stammt aus einer Legende über ein wahrsagendes Pferd «Сивка-Бурка, вещий каурка»). Die erste Route, „Kaschin - Stadt des russischen Herzens“, beinhaltet Besichtigungen der Altstadt, Kirchen, Klöster und Wasserquellen des Kurorts Kaschin. Die zweite Route, „Legende längst vergangener Zeiten“, ist die erste Route samt Besichtigung des Michail Kalinin Memorialmuseums. Die dritte Route SivkaBurka Veschtschij Kaurka ist die Route „Kaschin - Stadt des russischen Herzens“ mit Besichtigung des Pferdebetriebs. Außerdem werden Tages- bis Wochenfahrten zu anderen russischen Städten, sowie nach Minsk und Kiew organisiert. Fünf Betriebe bieten saisonabhängig Angeln und Jagd in der Region Kaschin an. Acht große Events, vor allem Volksfeste, dürften für Touristen interessant sein. Unter den touristischen Herbergen und Campingplätzen sind der Komplex „Tetkovo“ und der Betrieb Medveditsa (Fallbeispielunternehmen in dieser Arbeit) genannt. Ein Objekt des Ökotourismus, der Stausee Uglicheskoe an der Wolga (Акватория Углического водохранилища), bietet Exkursionen auf Motorbooten an. Außerdem gibt es in der Stadt Kaschin ein Hotel und einen Kurbetrieb mit Heilerde- und Mineralwasserbehandlungen. Ein Unternehmer stellt Souvenirs für Touristen (Fotos, Magneten, DVDs mit Filmen über Kaschin) her. Anzumerken ist, dass kleine Souvenirs auch von der Bevölkerung hergestellt werden(TOURISMUSENTWICKLUNGSPROGRAMM, 2013). Der Webseite der touristischen Firma „Kaschingrad“ sind digitale Karten der Region (Stadt und Umgebung) zu entnehmen, wo der Besucher die Tourismusinfrastruktur „einblenden“ kann. Der Seiteninhalt berichtet u.a. von Besonderheiten der Region Kaschin. Die Stadt Kaschin liegt sehr zentral in der Untersuchungsregion Kaschin und ist geographisch bekannt. Der Grund dafür ist auf Abbildung 19 des Stadtplans ersichtlich: der Fluss Kaschinka verläuft in der Stadt herzförmig. In der Schlinge war ursprünglich die Altstadt. Die Altstadt ist reich an kulturhistorischen Merkmalen, Abbildung 19. 88 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 19: Stadt Kaschin und deren Tourismusinfrastruktur (Quelle: Kaschingrad, 2014) Auf der Abbildung 20 ist die Umgebung der Stadt Kaschin dargestellt. Abbildung 20: Umgebung der Stadt Kaschin und Tourismusinfrastruktur (Quelle: Kaschingrad, 2014) 89 Untersuchungsregion Kashin 6.4. Beschäftigungsstatistik und Bevölkerungsstatistik Daten der Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und landwirtschaftlichen Produktion stammen, wenn nicht über die Region Kaschin verfügbar, von der nächsthöheren Ebene – der Region Tver, Zentralrussland, Russland. Die Daten der Arbeitslosigkeit, Beschäftigung und ökonomischen Aktivitäten der russischen Bevölkerung für Kaschin werden zum Teil mit jenen für die Region Tver, Zentralrussland und Gesamtrussland, verglichen. Im vorliegenden Abschnitt werden frei zugängliche Daten für die Analyse benutzt. Nach Angaben der ausgewählten Untersuchungen des ROSSTATISTIKA in der Beschäftigung, lag die Arbeitslosigkeit im Gebiet Tver bei 9,1% im Jahr 2000 und bei 6,1% im Jahr 2011. Nach Angaben des ROSSTATISTIKA lag die Arbeitslosigkeit bei 1,2% im Jahr 2011. Die relativ große Differenz lässt sich durch verschieden angewandte Metodiken erläutern, ausgewählten Untersuchungen haben vermutlich verdeckte Arbeitslosigkeit mitbeücksichtigt. GKS gibt an, dass sich 5,4 Tsd. im Jahr 2000 und im Jahr 2011 8,5 Tsd. Personen arbeitslos gemeldet haben. Die Anzahl der Arbeitslosen in der Region Tver hat sich nach Angaben der ausgewählten Untersuchung des ROSSTATISTIKA seit 2000 fast halbiert und lag 2011 bei 44 Tsd. Personen. Davon sind knapp über 25 Tsd. Männer. 35% aller Arbeitslosen haben das 30. Lebensjahr, 18.4% das 40. Lebensjahr, 22.3% das 50. Lebensjahr und 17.6% das 60. Lebensjahr noch nicht erreicht. Knapp über 10% der Personen ohne Beschäftigung hatten 2012 einen Hochschulabschluss, rund 25% einen Berufsschulabschluss, fast 26% eine Lehre, knapp über 26% Matura und rund 11% einen Grundschulabschluss. Eine soziale Untersuchung im Jahr 2011 zeigt, dass ein Arbeitsloser im Durchschnitt 7,4 Monate für die Jobsuche braucht, 30.8% brauchen mehr als 12 Monate. Die Anzahl der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung (hier Erwerbspersonen und Arbeitslose) in der Region Tver ist in zehn Jahre kontinuierlich von 750 Tsd. Menschen auf 719 Tsd. im Jahr 2011 zurück gegangen (GKS, 2014). Der mögliche Grund dafür ist ein Rückgang der Bevölkerung. Das Niveau der Erwerbsaktivität betrug 2000 somit 63,9% und ist bis 2011 auf 68,6% gewachsen. Das Höhe der Erwerbsaktivität hat sich dem Niveau in Zentralrussland von durchschnittlich 69,3% angenähert. 0,9% aller Erwerbstätigen sind unter 20 und 4.9% der Erwerbstätigen sind über 60 Jahre alt. Knapp über 20% aller Beschäftigten hatten 2012 einen Hochschulabschluss, 32% einen 90 Untersuchungsregion Kashin Berufsschulabschluss, fast 25% eine Lehre, knapp über 17% Matura und rund 5% einen Grundschulabschluss. Im Gebiet Tver haben in der Agrar- und Landwirtschaft im Jahr 2011 65.6 Tsd. und im Jahr 2012 59,7 Tsd. Personen gearbeitet. In der Land- und Forstwirtschaft der Region Kaschin waren während des Jahres 2013 zwischen 543 und 613 Personen tätig, was nach Angaben der Statistik 10% aller in der Wirtschaft der Region Kaschin tätigen Personen entspricht. Tabelle 12: Anzahl der Beschäftigten in der Agrar- und Forstwirtschaft der Region Kaschin, 2009-2012 2009 2010 2011 2012 Januar-März 718 - 566 490 Januar -Juni 723 - 579 484 Januar -September 716 627 575 - Januar -Dezember 713 623 566 - - keine Angaben in der Statistik (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) 6.1 Tsd. im Jahr 2010 und 7.1 Tsd. im Jahr 2011 haben im Gebiet Tver in Hotels und Restaurants gearbeitet. In der Region Kaschin sind das bis zu 160 Personen im Jahr 2012. Tabelle 13: Anzahl der Beschäftigten in Hotels und Restaurants in der Region Kaschin, 2009-2012 2009 2010 2011 2012 Januar-März - - 150 160 Januar -Juni 148 - 148 158 Januar -September 151 128 146 - Januar -Dezember 146 132 147 - - keine Angaben in der Statistik (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Der durchschnittliche nominale Monatslohn in der Agrar- und Forstwirtschaft lag nach Angaben der GKS auf dem Niveau von 14.129, 4 Rubel oder 270 Euro, in Hotels und Restaurants 16631,1 Rubel oder rund 326 Euro. Dies entspricht heutzutage der Hälfte des durchschnittlichen Lohns in der Wirtschaft Russlands. In der Region Kaschin sind die Löhne in der Agrar- und Forstwirtschaft in der Regel noch niedriger 91 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 14: Durchschnittlicher Lohn in der Agrar-, Forst- und Jagdwirtschaft in der Region Kaschin 20092013, Euro 2009 2010 2011 2012 2013 147,71 156,162 189,146 204,484 215,674 156,414 167,468 194,432 215,468 232,364 166,598 175,842 200,134 223,358 236,142 170,332 178,582 201,768 223,426 237,386 Januar-März Januar -Juni Januar -September Januar -Dezember (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Tabelle 15: Durchschnittlicher Lohn in Hotels und Restaurants in der Region Kaschin 2009-2013, Euro Januar-März Januar -Juni Januar -September Januar -Dezember 2009 2010 2011 2012 2013 160,634 168,562 193,366 237,5 204,242 161,396 176,216 198,556 243,306 213,462 161,52 181,588 207,262 246,036 213,432 163,936 184,248 213,686 236,352 212,418 (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) Die demographische Situation ist ein Indikator für die in der Region auftretenden Prozesse des Bevölkerungsrückgangs. Es sei darauf hingewiesen, dass in den letzten 7 Jahren sich die demographische Lage in der Region erheblich geändert hat. Aufgrund der Mortalität und der Migration ist die Bevölkerung um rund zwei Tsd. Menschen zurückgegangen. Siehe Tabelle 16. 92 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 16: Entwicklung der Wohnbevölkerung in der Region Kaschin,2006-2011, Personen Veränderung 2006 2007 2008 2009 2010 2011 Einwohnerzahl 28142 27545 27117 26796 26429 25897 -2245 Stadt 16152 15796 15536 15297 15389 15107 -1045 Land 11990 11735 11605 11472 11040 10790 -1200 2011 zu 2006 (Quelle: Statistik Kaschin eigene Darstellung, 2012) Die Region verliert im ländlichen Raum und in der Stadt an Bevölkerung. Der Tabelle 17 ist zu entnehmen, dass im Jahr 2011 in der Region insgesamt rund 2,3 Tsd. Personen weniger im Vergleich zu 2006 wohnten. Tabelle 17: Altersstruktur der Erwerbstätigen Personen in der Region Kaschin 2006-2010 2006 Jünger als 15 Jahre alt 2007 2008 2009 2010 3961 3857 3852 3831 3980 14 14 14,2 14,3 15 16404 16089 15762 15523 15120 Anteil, % 58,3 58,4 58,1 58 57,2 Älter als 65 Jahre alt 7777 7599 7503 7415 7329 Anteil, % 27,7 27,6 27,5 27,7 27,8 28142 27545 27117 26796 26429 Anteil, % Erwerbsalter Jahre alt 15-65 Summe (Quelle: Statistik Kaschin eigene Darstellung, 2012) Für die Region Kaschin ist folgende Information aus Statistikservice zu lesen. Von den 9.2 Tsd. Beschäftigten in der Region sind 6571 in Mittel- und Großbetrieben, 1657 in öffentlichen Einrichtungen und 1055 in der Regionalverwaltung und in der Politik tätig. Im Jahr 2013 waren von der arbeitenden Bevölkerung mehr als 920 Personen in der Bildung, 1115 in der medizinischen Versorgung, 237 im Handel, 824 in der Sozialversicherung, über 365 in der Kommunikation tätig. 461 arbeiteten in der Gas- und Wasserversorgung der Region. Daten über die jeweiligen Unternehmen sind von statistischen Stellen offiziell nicht ausgewiesen. 93 Untersuchungsregion Kashin Tabelle 18: Beschäftigungskennzahlen in der Region Kaschin 2006-2010 Kennwert 2006 Anteil der durchschnittlichen jährlichen Zahl der erwerbstätigen Personen an der Gesamtbevölkerung in % Die Zahl Personen Zahl der Arbeitslosen. der wirtschaftlich offiziell 2007 2008 2009 2010 48 48,5 47,2 47 46,6 12788 12788 12788 12788 12596 104 96 94 261 640 0,8 0,7 0,7 2 4,8 aktiven registrierten Arbeitslosenquote (Quelle: Statistik Kaschin eigene Darstellung, 2012) Nachdem die Untersuchungsregion Kaschin aus Sicht des Tourismus, der Landwirtschaft und der Bevölkerung vorgestellt wurde, werden Beschäftigungseffekte des Agrartourismus anhand von Fallbeispielen näher analysiert. Die folgenden Fallbeispielunternehmen in der Untersuchungsregion sind keine Familienbetriebe. Alle untersuchten Betriebe wurden zwischen 2006 und 2008 gegründet. Alle drei Unternehmen betreiben unterschiedliche Arten des ländlichen Tourismus. 6.5. Fallbeispielunternehmen Für die Untersuchung der Beschäftigungsituation im Agrartourismus standen folgende drei Betriebe zur Verfügung. 6.5.1 Touristenlager Medveditsa (Туристическая база Медведица) Seit dem Jahr 1999 werden hier von der Snajp GmbH Pferde der Baschkirischen Rasse gezüchtet und Pferdemilch „Kumys“ hergestellt. Der Betrieb ist mit Abstand der größte dieser Art in Russland und bietet zudem touristische Dienstleistungen. Der touristische Komplex besteht aus mehreren Häusern am Ufer des Flusses Medveditsa, ist von einem Kiefernwald umgeben und weit von lauten Autobahnen entfernt. Zur Zeit der Entstehung kamen alle Mitarbeiter aus der nächsten städtischen Siedlung, Verchnjaja Troitsa (Верхняя Троица). Sechs Personen arbeiten in den Ställen und neun Personen arbeiten in der 94 Untersuchungsregion Kashin Freizeitzone. Dem Gespräch mit einer der Kontaktpersonen ist zu entnehmen, dass es sich um ein stabiles Team handelt und derzeit keine zusätzlichen Mitarbeiter benötigt werden. Abbildung 21:Touristische Siedlung Medveditsa (Quelle: Medveditsa, 2012) 6.5.2 Schar-Ptitsa (Жар-Птица) Das zweite Beispiel entspricht nicht vollständig dem Begriff Agrartourismus, aber es fällt unter die Definition des ländlichen Tourismus. Es werden nur Tagesaktivitäten für Besucher angeboten. Es ist das kreative Kollektiv Schar-Ptitsa (Жар-Птица), bestehend aus mehreren Haushalten, fünf aktiven Mitgliedern und deren Familien, die aus anderen Teilen Russlands in die Region kamen. Der Verein stellt touristische Dienstleistungen, Unterhaltung, Verkostung von Naturprodukten, traditionelles russisches Handwerk und Spiele zur Verfügung. Sie sind bereit, Freiwillige einzuladen; kreative Menschen, welche ein Handwerk beherrschen und die Natur lieben. Die Zahl der Siedler variiert je nach Saison und beträgt ca. 15 Personen im Sommer und sieben Personen im Winter. 95 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 22: Maskottchenpuppen (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) 6.5.3 Tourismusbüro Schemtschuschina Kaschin Das Tourismusbüro Schemtschuschina in Kaschin ist eine öffentliche Einrichtung, die sich mit der Tourismusentwicklung beschäftigt. Es erteilt Touristen Informationen, gibt Broschüren heraus und organisiert Exkursionen in der Region. Im Rahmen eines Projekts veranstaltet das Büro Empfänge für Touristen am Wolgaufer. Das dritte Fallbeispiel ist ein privater Unternehmer, Nikolaj, der mit dem Tourismusbüro zusammenarbeitet und Touristen in seinem Haus im Dorf aufnimmt. Sein Haus besitzt einen Pavillon mit Blick auf den Fluss. Neben seinen Haustieren hält er auch manchmal Nutztiere. Abbildung 23: Restaurierungsarbeiten im Kloster Klobukov in Kaschin (Quelle: das private Archiv von Vera Alekseevna Nikonova, 2014) 96 Untersuchungsregion Kashin Abbildung 24: Eröffnung des Denkmals der heiligen Patronin der Stadt Kaschin - Anna Kaschinskaja im Jahr 2009 (Quelle: das private Archiv von Vera Alekseevna Nikonova, 2014) Alle drei Unternehmen betreiben Agrartourismus bzw. ländlicher Tourismus wie im Kapitel Definitionen beschrieben. 97 Ergebnisse 6. ERGEBNISSE Alle drei Fallbeispiele des ländlichen Tourismus in der Region unterscheiden sich hinsichtlich ihres Konzepts voneinander. Folgend wird auf die Faktoren eingegangen, welche den Beschäftigungsgrad im Agrartourismus beeinflussen. Die Faktoren selbst wurden im Modell in Kapitel 4 beschrieben. Logische Überlegungen für Beschäftigungseffekte wurden ebenso in Kapitel 4 beschrieben. Die interviewten Personen sind nicht auf alle angenommenen Einflussfaktoren eingegangen. Viele haben folgende Faktoren genannt: Saisonalität, Wetterbedingungen, Qualität der Straßen, Investoren, Öffentlichkeitsarbeit, Tourismusperspektiven und das regionale Entwicklungsprogramm. Die Form der Beschäftigung wurde ebenso angesprochen. 7.1. Durchgeführte Interviews Zuerst wurden Interviews durchgeführt. Es stand von jedem Unternehmen jeweils eine Ansprechperson zur Verfügung. Die Kontaktpersonen wurden per Email (Ljoscha Stoljarov) oder Telefon gefragt, ob sie über ihre Unternehmen in einem Telefoninterview zu sprechen bereit wären. Das Interview mit Ljoscha aus Schar-Ptitsa war informativ und ausführlich. Ljoscha Stoljarov war als erster bereit, in einem Interview über sein Unternehmen zu erzählen. Er sprach schnell, konsequent und begeistert. Seinen Atem hat nichts aus dem Rythmus gebracht und nicht mal die Hintergrundgeräusche – Kinderstimme auf der Aufnahme – haben seine Aufmerksamkeit gestört. Das Interview hat fast eine Stunde gedauert. Das zweite Interview dauerte viel kürzer, nur etwa 17 Minuten. Das Büro „Schemtschuschina“ ist eine örtliche öffentliche Einrichtung, welche für den in-coming Tourismus in der Region Kaschin und Umgebung zuständig ist. Das Büro leistet Öffentlichkeitsarbeit für touristische Betriebe in der Region und ist selbst auch ein Reiseveranstalter und Organisator von Events. Elena Konstantinovna hat über den Zustand des ländlichen Tourismus in der Region gesprochen. Unter anderem hat sie über den Pferdetourismus sowie über Ljoschas Betrieb gesprochen. Das Interview wurde zwei Wochen nach der ersten telefonischen Anfrage durchgeführt. Elena Konstantinovna war damals sehr beschäftigt und wollte sich auf das Interview vorbereiten. Sie sprach schnell 98 Ergebnisse und sehr emotional, manchmal hat sie dabei auch gelacht. Das Gespräch war leider zu kurz, um über alle Zusammenhänge des ländlichen Tourismus zu sprechen. Sie hatte Verständnis für die Anfrage der Interviewerin, die agrartouristische Beschäftigung zu erläutern, meinte aber, es wäre besser, mit Ljoscha Stoljarov zu sprechen, weil dieser besser in die Materie vertieft sei. Das Büro hat eine unregelmäßige Zusammenarbeit mit Herrn Aljonov, der ein Haus am Wolgaufer hat, in dem Gäste aufgenommen werden. Für den ländlichen Raum hat das Büro auch ein Unterhaltungsprogramm ausgearbeitet. Das Büro beschäftigt sich vor allem mit der folkloristischen Begleitung der touristischen Besichtigungen. Sie bereiten sich zusammen mit dem Kulturhaus auf die verschiedenen Unterhaltungsprogramme vor. Das Projekt ist aber viel zu klein, um darüber mehr sagen zu können. Über Herrn Aljonov ist nichts Weiteres bekannt. Das letzte der drei zuerst geplanten Gespräche hat mit Nikolaj Emeljanovitsch stattgefunden. Der Interviewtermin hatte sich wie beim zweiten Fall zweimal verschoben. Ein Grund dafür ist die hohe berufliche Belastung der interviewten Person. Zur Zeit arbeitet Nikolaj Emeljanovitsch in der Stadtverwaltung in Kaschin. Er ist für die Datenerhebung interessant, weil er einige Zeit in einem touristischen Betrieb tätig war. Über diesen Betrieb hat er im Interview erzählt. Das Interview dauerte 52 Minuten und brachte viele ausführliche Informationen über das Pferdemilchherstellungsprojekt. Zusammengefasst sind dem Interview folgende Informationen zu entnehmen. Im Jahr 1997 startete die Forschungsarbeit für ein Pferdemilchprojekt. Ungefähr ein Jahr später wurde die Snajp GmbH gegründet. Nikolaj Emeljanovitsch war von 2005 bis 2010 als Geschäftsführer im diesem Betrieb tätig. Er sprach ziemlich genau über das Geschäftsmodell. Über den touristischen Teil des Projektes, der zu einem selbständigen Betrieb, dem „Touristenlager Medveditsa“ wurde, sprach er aber wenig. Dabei wurde klar, dass der Tourismus nur ein kleiner Teil des Gesamtprojekts ist. Nikolaj sprach in seiner Erzählung mehr über die Pferde, weil die Milchproduktion zuerst existierte, und erst später die Bauernhäuser für die Touristen entstanden. Auch als er explizit über touristische Tätigkeiten gefragt wurde, sprach er meist über die Pferdehaltung. Er erzählte sehr wenig über den Tourismus, wie Exkursionen, Jagd oder Pferdeausritte. Der Tourismus wird als zusätzliche Tätigkeit betrachtet und ist nicht als Massentourismus gedacht. Jedoch ist folgendes gewiss: noch bevor ein kleines Dorf gebaut wurde, sind viele Jäger hier her gekommen. Die Jagdwirtschaft hat 18000 ha landwirtschaftliche Fläche. Über das 99 Ergebnisse Entstehen der touristischen Tätigkeit weist er darauf hin, dass es logisch war, hier auch Tourismus zu betreiben. Die angenehmen Lebensbedingungen, die Möglichkeit, einen Pferdmilchkurs anzubieten und die saubere Umwelt waren die wichtigsten Gründe dafür. Zuerst war die Gegend für die Jäger attraktiv, aber schließlich wurde sie auch für Touristen interessant. Aus dem Kontext ist erkennbar, dass die Attraktivität dank der Pferdehaltung gestiegen ist. Besonders interessant scheint das Reiseziel für Touristen aus Moskau zu sein. Fast die gesamte Nahrung wird in Eigenproduktion hergestellt. Es wird auch Kindern und Erwachsenen angeboten, das Reiten zu erlernen. Dafür gibt es speziell ausgebildete Lehrer im Betrieb. Das Interview mit Nikolaj Emeljanovitsch war zwar lang, aber außer auf die Personalanzahl - es arbeiten dort neun Personen - wurde auf die Tourismustätigkeit nicht vertiefend eingegangen. Die zweite Person aus dem Betrieb „Medveditsa“ wurde von Nikolaj Emeljanovitsch empfohlen bzw. zur Verfügung gestellt, da er selbst für ein zweites Interview sowieso keine Zeit hatte. Julia ist Administrator bei „Medveditsa“ und kennt den Betrieb seit seiner Entstehung. Im Interview mit Julia strebte man danach, die Beschäftigungssituation genauer zu betrachten. In knapp einer viertel Stunde skizzierte sie die Arbeitslage im Betrieb. So wurde das vierte Interview aufgenommen. Nach drei geplanten Interviews und einem zusätzlichen Interview mit Tourismusbetrieben aus der Region Kaschin und deren Auswertung wurde folgendes festgestellt: Entweder spielt der Agrartourismus in der Region keine große Rolle in der Regionalwirtschaft, oder es stehen zu wenige Informationen zu Verfügung. Um das Bild zu vervollständigen und die Information von der Regionalentwicklungsseite zu bekommen, wurden noch zwei zusätzliche Interviews durchgeführt. Diese zwei weiteren Interviews waren Experteninterviews mit Personen aus Kaschin und Tver. Die Expertenmeinungen lieferten letztendlich mehr Information bezüglich des Zustands des Tourismus in der Region Kaschin. Die Expertin aus der Region Kaschin ist Elena Konstantinovna, die im Tourismusbüro Schemtschuschina in Kaschin arbeitet. Sie und ihr Büro ist für die Tourismusentwicklung in der Region Kaschin zuständig. Im ersten Interview, welches nur begrenzte Informationen liefert konnte, war sie über die Beschäftigungssituation und die Zusammenarbeit mit Herrn Aljonov gefragt worden. Dieses Interview war für sie nicht leicht gewesen, weil der ländliche Tourismus nur ein kleines Projekt ist und in der Gegend 100 Ergebnisse nicht viel los ist. Das zweite Interview war für sie einfacher zu geben. Sie hat viel Information geliefert. Das Gespräch dauerte etwas über 26 Minuten, wobei die Interviewte zuvor einige Unterlagen für das Gespräch vorbereitet und die Situation im Tourismus skizziert hatte. Es ging um die Dokumente, die die Tourismusentwicklung steuern: das Entwicklungsprogramm für Tourismus bis 2020 sowie Subprogramme und Gesetze. Die Gesetzestexte sind frei im Web zugänglich. Den Text des Tourismusentwicklungsprogramms für die Region Tver, Anhänge (Diagramme und eine Karte der Region Tver mit geplanten Themenzonen) und einen touristischen Pass der Region Kaschin hat das Büro zur Verfügung gestellt. Diese Informationen dienen als eine wichtige Basis für die Präsentation der Region Kaschin im Kapitel 6. Der Experte aus Tver ist Beamter im Ministerium für Wirtschaftsentwicklung. Er wirkte skeptisch gegenüber dem Thema dieser Masterarbeit und empfahl, es zu wechseln. Es sei kaum erfolgreich, meinte er, Agrartourismus in der Region Tver zu betreiben. Auch wenn es in der Region Tver gute Beispiele für Agrartourismus, wie etwa eine italienische Farm, „Fattoria del Sole“, gibt, bedeute es nicht, dass alle etwas damit verdienen könnten. In der Moskauer Region sei die Entwicklung des ländlichen Tourismus möglich, aber in den peripheren Gebieten, wie Kaschin, eher nicht, oder auf jeden Fall nicht in den nächsten Jahrzehnten. Für ländlichen Tourismus sei Frankreich sehr interessant, sagte der Experte. Die agrartouristische Beschäftigung in der Region Kaschin sei so unbedeutend, dass man dieser keine Zeit widmen sollte. Er sprach leise, diskret, philosophisch, mit langen Erzählungen und hat Fragen oft mit Gegenfragen beantwortet. Wie zum Beispiel „ Was verstehen Sie unter ländlichem Raum, Agrartourismus, ländlichem Tourismus, Qualitätsstandards?“ Dies gibt wohl zu bedenken, dass man sich auf verschiedene Terminologien stützt und daher das Forschungsgebiet dieser Arbeit aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Es war eine Skepsis des Experten über Perspektiven des Agrartourismus in der Region Tver festzustellen. Das Gespräch dauerte 40 Minuten. Es wurden insgesamt sechs Interviews durchgeführt. Die interviewten Personen sind in verschiedenen Maßen auf Beschäftigung im ländlichen Tourismus eingegangen. 101 Ergebnisse 7.2. Arbeit und Ausbildung im Agrartourismus Aus dem Experteninterview in Kaschin geht hervor, dass der Tourismus in der Region Kaschin (also in der Stadt Kaschin und ihrer Umgebung) in Zukunft zur Beschäftigungssituation beitragen kann. Im Rahmen eines neuen Entwicklungsprogramms besprechen die Stadtverwaltung und Kaschiner Einwohner den Agrartourismus. Das Tourismusbüro in Kaschin könnte die Agrartouristen mit Bauernhöfen verbinden. Zur Zeit wird von Elena Konstantinovna in der Region recherchiert, ob Dorfbewohner die Möglichkeit haben, Touristen einen Platz im Haus zur Verfügung zu stellen. Dabei würde die Stadt Kaschin mit der Schulung und Werbung sowie Information helfen und eine Datenbank mit Kontakten erstellen. Elena Konstantinovna meinte, dass ländliche Einwohner durch den Tourismus zusätzliche Beschäftigung sowie extra Einkommen hätten. Doch das funktioniert mit der Vermittlung nicht ganz, weil die Gäste das Büro nur einmal kontaktieren, um direkte Verbindung zu heimischen Personen zu bekommen. Die ersten zwei ländlichen Einwohner haben angeblich im Jahr 2013 begonnen mitzumachen, haben aber noch keine Daten geliefert und es ist nicht bekannt, ob sie in der Sommersaison 2014 mitmachen. Die Daten über die private Unterbringung bei einheimischen Einwohnern werden durch das Büro Zemchuzina von Elena Konstantinovna und ihren Büromitarbeiter verwaltet. Das ganze Projekt ist aber noch in der Probephase und es ist noch zu früh, es zu analysieren. Nach der Wende in der 90er Jahren wurden viele Personen im Dorf Verchnjaja Troitsa arbeitslos, als ein großer Agrarbetrieb Pleite ging. Statistische Daten von damals sind nicht zugänglich, vielleicht wurden solche in jener Zeit auch nicht erhoben. Julia und Nikolaj Emeljanovitsch aus dem Pferdetourismusbetrieb meinten, dass die Arbeitskräfte teilweise aus der landwirtschaftlichen Produktion in Dienstleistungssektoren gewandert sind. Agrartourismus und Pferdehaltung sollte der Region helfen, Leute wieder zu beschäftigen. Eine Bestätigung in der Wissenschaft findet man in dem Artikel von BONDARENKO (2011), es sei schwer in der ländlichen Gegend nichtlandwirtschaftliche Beschäftigung zu finden. Landwirtschaft, vor allem in großen landwirtschaftlichen Betrieben, braucht eher qualifizierte, aber dafür weniger Arbeitskräfte. Aus den Interviews mit Julia und Nikolaj Emeljanovitsch wurde folgende Geschichte bekannt: zu sowjetischen Zeiten gab es im Dorf Verchnjaja Troitsa in der Region Kaschin 102 Ergebnisse einen großen Betrieb. Dieser ging in den 90er Jahren Pleite und rund hundert Menschen wurden arbeitslos. Jetzt bietet der Pferdemilchbetrieb der Region eine Möglichkeit, rund 60 Personen aus dem Dorf zu beschäftigen. Acht Personen arbeiten ausschließlich für den Tourismus im Betrieb Medveditsa. Wenn es den Betrieb nicht gäbe, wäre schwer zu sagen, was die Leute hier machen würden, sagte Julia in ihrer Erzählung: «если бы этого не было, сложно сказать, чем бы занимался народ, потому что все, что было в советские времена, все было разрушено, у нас был большущий колхоз, он пришел в убыток. Другого места для занятости просто нет, в близлежащих селах »/ „Wenn es den Betrieb nicht gäbe, wäre schwer zu sagen, womit sich die Leute beschäftigen würden. Einen anderer Platz für die Beschäftigung gibt es in den naheliegenden Dörfern einfach nicht. Alles, was es hier zu Sowjetzeiten gab, ist zerstört worden. Wir hatten einen riesengroßen Betrieb, der in Verfall geriet“. Laut Nikolaj Emeljanovitsch herrschte zu Beginn der Entwicklung des Geschäftsmodells für den Pferdehaltungsbetrieb nur Chaos. Die exakte Anzahl der Arbeitskräfte, die nötig sein würden, und die genaue Beschäftigung waren noch unklar. Es gab keine ähnliche Produktion in Russland, welche als Vorbild hätte dienen können. Mit der wachsenden Erfahrung im laufenden Betrieb wurde die Anzahl der Arbeitskräfte verringert und optimiert. Die Beschäftigung hat sich ungefähr von 120 auf 60 Personen halbiert. Zeitgleich mit der Pferdeherde entwickelte sich auch der Tourismus in der Region. Im Jahr 2000 hat ein privater Investor ein kleines touristisches Dorf gebaut. Dort waren anfangs noch 20 Personen beschäftigt. Aus Optimierungsgründen wurden aber Personen entlassen, und so arbeiten heute dreizehn Personen im Betrieb, davon acht mit fester Anstellung. Vor allem kommen Leute aus Moskau in das Dorf, denn dank der Lage ist es hier möglich, das ganze Jahr durchgehend 50 Touristen aufzunehmen. Das Personal im Dorf ist mit 8 Vollzeitbeschäftigten ausreichend. Es arbeiten dort zwei Köche, zwei Zimmermädchen, ein Elektriker, ein Installateur, ein Verwalter, ein Direktor und manchmal noch zwei Sicherheitskräfte. Es gibt im Dorf einen Pferdestall für bis zu zehn Pferde. Es ist möglich, die Pferde für einen Ausritt zu buchen. Im Stall sind noch drei weitere Personen beschäftigt. Außerdem gibt es noch drei Biorinder, die frische ökologische Milch liefern. Zu Beginn der Tätigkeit im Jahr 1998 kamen zum Betrieb auch einige Schüler aus Interesse an Pferden, um mit diesen Zeit zu verbringen. Einige haben im Betrieb zu arbeiten angefangen, haben später jedoch eine andere Ausbildung gewählt. Die 103 Ergebnisse spezifischen Qualifikationen in der Pferdehaltung wurden durch spezielle Ausbildungen und Trainings erworben. Der Betrieb hat die Kosten für die Ausbildung übernommen. Fast jeder im Betrieb hat einen Hochschulabschluss und wird laufend geschult, um die beruflichen Qualifikationen zu erhalten oder zu verbessern. Beispielweise bekommt Julia durch ein Fernstudium ihren zweiten Hochschulabschluss. Sie betonte, dass Studium sei wichtig und helfe ihr den Betrieb zu managen. Beide Interviewte aus dem Betrieb wiesen darauf hin, dass durch die Pferdehaltung und den Tourismus soziale Spannungen wegen der Arbeitslosigkeit im Dorf verschwunden sind. Die Touristen kommen zur Erholung, wegen den komfortablen Lebensbedingungen und zur Erhaltung ihrer Gesundheit. Julia merkte an, dass die Angestellten regelmäßig ihr Gehalt bekommen. Gehälter werden häufig seit der Wende und zum Teil bis heute nicht regelmäßig ausgezahlt. In der Statistik gibt es dafür eine Kennzahl für überfällige Auszahlungen. Deshalb ist Julia darauf eingegangen, als Zeichen, dass es dem Betrieb gut geht. Der Verdienst liegt bei 15000 Rubel, das entspricht ca. 300 Euro, was laut Nikolaj Emeljanovitsch ein sehr gutes Gehalt ist. Wie bereits aus der Statistik ersichtlich, lag der nominale durchschnittliche Lohn in der Hotellerie im Jahr 2012 bei rund 11.880 Rubel. Ein normaler Arbeitstag im Betrieb Medveditsa beginnt um acht Uhr morgens, wenn das Firmenauto die Mitarbeiter zur Arbeit bringt. Um 17 Uhr werden sie wieder nach Hause gebracht. Nur die Köche arbeiten länger in der Kantine, manchmal bis 23 Uhr bzw. bis der letzte Gast geht, sagte Julia. Da die Köche länger im Betrieb sind, übernehmen sie auch einige Verwaltungsfunktionen. Beispielsweise heben die das Telefon ab und beantworten Fragen, stornieren oder nehmen eine Buchung an usw. Julia bestellt u.a. Animationsgruppen für die Unterhaltung der Touristen im Betrieb, vor allem für große Feiertage. Früher waren das Leute aus Kaschin, seit zwei Jahren sucht sie immer neue Animationsgruppen aus, damit den Touristen, insbesondere Stammkunden, nicht langweilig wird. Es besteht für die Touristen auch die Möglichkeit, andere Orte in der Umgebung zu besuchen. Der Betrieb Medveditsa stellt dann die Verbindung zu Ansprechpersonen vor Ort her. Manchmal werden Reiseführer benötigt. Unter anderem nannte Julia die Städte Myschkin und Bezhetsk als touristische Destinationen, das Kaschiner Landesmuseum, sowie das in der Nähe des Betriebes gelegene Kalinin Museum. Bei Ljoscha im Dorf werden Ausbildungseinflüsse auf die Beschäftigung in der Region Kaschin unterschiedlich bewertet. Da bei ihm die Mehrheit der Leute keine feste 104 Ergebnisse Anstellung hat, sondern als Selbständige (у нас у большинства участников фрилансовая занятость) arbeitet, listete Ljoscha auch die Art der Beschäftigung sowie Projekte mit anderen Organisationen auf. In seinem Interview erzählte er über die einzelnen Personen, die seinen Betrieb formen. Ein Freund von ihm, der sich dem Gewerbe (Puppen machen, Brotbacken, Eier bemalen usw.) widmet, war früher ein Spezialist für Mittel- und Langstreckenraketen. Der ist froh, seinen früheren Beruf aufgegeben zu haben und sich als Volkspuppenmeister qualifizieren zu können (Abbildung 25). Ljoscha ist ein gelernter Geschichtsforscher, seine Schwiegermutter ist eine gelernte Volkspuppenmeisterin. Daher war der Gedanke naheliegend, Geschichte und Tourismusunternehmen zu verbinden. Abbildung 25: Handwerker und seine Puppen (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) Ljoscha weist darauf hin, dass die Idee des touristischen Business mit befreundeten Nachbarn im Dorf geboren worden sei. Zuerst erzählte er, dass anfangs ein Haus als Ferienhaus (Datscha) gekauft wurde. Eine Datscha zu haben ist in Russland sehr typisch. Manche Einwohner aus den Städten haben ein Ferienhaus auf dem Land/ außerhalb der Stadt, wo sie ihre Wochenenden oder Ferien verbringen. Mit der Zeit sind zwischen den Nachbarn in Matino Freundschaften entstanden, aus welchen letztlich die Idee des Folklorensembles Schar-Ptitsa entsprungen ist. Diese Gruppe von jungen Burschen dachte sich ihre Beschäftigung selbst aus. Sie organisierten Events wie Volksfeste und andere Aktivitäten. So vergingen fast acht Jahre, bis Ljoscha sein Hobby entwickelte und Geschichten aus der Umgebung zu sammeln begann. Aus dem Hobby wurde nach und 105 Ergebnisse nach eine gewerbliche touristische Dienstleistung. « мы как бы вот по сути своей, наверное, с 2008 года мы в этот мир вступили, в туристический»/Im Wesentlichen sind wir ab dem Jahr 2008 in diese touristische Welt eingetreten. Ljoscha und seine Gruppe haben in großem Umfang Recherchearbeiten über den Agrartourismus durchgeführt. Mit dem Ziel, den Agrartourismus zu erforschen, ist Ljoscha viel gereist. In Russland war er im Altai Gebirge, im Moskauer Gebiet und im Wladimir Gebiet. Dabei wurden zum Beispiel russische Volksspiele, -tänze und -musik sowie Musikinstrumente gesammelt. Aufgrund seiner historisch ethnographischen Forschungsarbeit entwarf er Programme für seine Touristen. Später arbeiteten Ljoscha und sein neuer Bekannter Jaroslav ein Geschäftsmodell aus und entschlossen sich dazu, die Firma offiziell als einen Tourismusbetrieb registrieren zu lassen. Ursprünglich wollte Jaroslav "einen Web-Reiseführer für Kaschin schaffen. Dafür suchte er nach Leuten, die sich mit dem Tourismus verbunden fühlten". Ljoscha hat zuerst über eine NonprofitOrganisation den Tourismus belebt und weiter entwickelt Bis letztlich daraus ein touristisches Geschäft, die Firma „Kaschingrad“ (Transkript Zeilenverweis 129-151), entstand, dauerte es ein paar Jahre. „Das Volksfest „Maslenitsa“ 2013 haben wir schon unter der touristischen Gesellschaft „Kaschingrad" durchgeführt.“ Ljoscha zählte alle Teilnehmer des ländlichen Tourismus, mit welchen es eine kontinuierliche Zusammenarbeit gibt, auf. Das Erholungsheim Tetkovo, der Kurort Kaschin, das Cafe Derevenka, das Kalinin Museum und das Museum im Dorf Vosnesenie. Ljoscha sagte, dass sie diese Objekte betreuen und dass er bereits weitere Angebote für Kooperationen im Tourismus bekommen hat. Eines dieser neuen Angebote ist ein Projekt, bei dem eine russisch-orthodoxe Tour mit einer Mahlzeit in einem alten Kloster Kaschins geführt wird. Die Organisation der Führung im Kloster und der Mahlzeiten dort wird von einer anderen Person, Jaroslav Prokopiev, erledigt, weil Ljoscha keinen guten Zugang zum Kloster hat. Eine wesentliche Rolle für die Beschäftigung von Ljoschas Unternehmen spielt Werbung in Kaschiner Zeitungen sowie im Web durch soziale Netzwerke. Für die Werbung (Ljoscha nennt sie die informative Unterstützung) ist Frau Dr. Olga Nikitina zuständig. Am Anfang hat sie nur aus Freundschaft Ljoscha geholfen, denn sie war Journalistin und hat für eine Zeitung gearbeitet. Als die Firma Kaschingrad entstand, gab Frau Dr. Nikitina ihren Job bei der Zeitung auf. Ob sie nun fest bei Kaschingrad angestellt ist, bleibt 106 Ergebnisse ungewiss. Die Projekte von Ljoscha bekommen eine große Resonanz, wodurch Gäste angezogen werden. Ein weiteres Projekt von Ljoschas Firma hat unmittelbar die Beschäftigung beeinflusst. Ljoscha arbeitet mit dem Gewerbezentrum Slavitsch zusammen. Am ehesten ist dieses Zentrum wohl mit einer Volkshochschule zu vergleichen. Viele der Gewerbemeister im Slavitsch leben in Dörfern der Region Kaschin. Sie pendeln nach Moskau, um dort zu unterrichten oder Meisterklassen abzuhalten. Das Zentrum wird auch dazu genutzt, mögliche Gäste für Kaschin zu gewinnen. («офисом даже в Москве…ну по крайней мере неким клубом, через который можно набирать тоже людей.., фактически через него мы сейчас будем набирать группу в Кашин»)/ein Büro in Moskau…na eigentlich ist das so ein Kulturverein, mit dem wir auch neue Gäste nach Kaschin bringen können.., in der Tat werden wir jetzt über den Kulturverein eine Gruppe für Kaschin zusammenstellen“. Anschließend kommen einige der Touristen wieder nach Slavitsch, um dort die Freizeit zu verbringen und etwas Gewerbliches zu lernen. (Transkript Zeilenverweis 235-237) «И еще один проект тоже связанный с туристическими нашими делами, это центр ремесел Славич, это московский дом ремесел на кропоткинской, где работает порядка 15 мастеров и вот я там как бы «щас» администрирую этот центр.»/ „und noch ein Projekt ist mit unseren touristischen Angelegenheiten verbunden. Das Zentrum für Gewerbe in Slavitsch, ein Moskauer Zentrum für Gewerbe neben der U-Bahnstation Kropotkinskaja. Dort sind rund 15 Handwerksmeister beschäftigt, nun bin ich im Zentrum administrativ tätig“. Resümierender Satz Ljoschas «непосредственная линейка выстраивается там Москва-Кашин»/ „eine unmittelbare Verbindung entwickelt sich zwischen Moskau und Kaschin“. Der Großteil der in den Projekten ständig beschäftigten Personen sind Animateure. «Наверное, людей, если говорить о постоянном участии в анимации, в анимационном участии, это самая большая нагрузка по людям, то людей у нас задействовано не так много.» / ich kann wohl sagen, wenn wir über kontinuierliche Beschäftigung sprechen, haben wir nicht so viele Personen beschäftigt. Die Programmbegleitung hat die meiste Personalauslastung ". Je nach dem sind zwischen fünf bis acht Personen dauerhaft im Betrieb beschäftigt. Weiters gibt Ljoscha ein Beispiel: «Потому что на группу сорок человек в среднем нужно человека четыре всего 107 Ergebnisse народу чтобы эту группу вести. В программе, если человек двести, то нужно уже десять человек». / für ein Gruppe bestehend aus 40 Personen brauchen wir vier Personen für die ganze Führung. Bei einem Programm mit 200 Personen Brauchen wir schon 10 Personen für die Programmbegleitung. Wenn man diesen Absatz genauer betrachtet, wird offensichtlich, dass keiner eine fixe Anstellung hat. «Сейчас у нас такое фрилансовое состояние всех участников, да большинства наших экскурсий». Фрилансовый характер заключается в том, что на работу люди приглашаются, когда уже есть заявка на экскурсию, «то есть когда люди нам нужны, то мы их на те или иные, ну как бы очень четко относительно заранее приглашаем… Как следствие, участие в проектах говорит непостоянном заработке большинства человек». / " jetzt haben wir ein sogenanntes Freelance-Modell aller Beschäftigten, für die Mehrheit aller unserer Exkursionen». Der Freelance Charakter besteht darin, dass die Beschäftigten gebucht werden, wenn die Exkursion bereits fixiert worden ist, "also wenn wir Leute brauchen, dann fordern wir sie für bestimmte Veranstaltungen rechtzeitig an“. In der Folge werden die Beschäftigten je nach Teilnahme an den Projekten bezahlt. Bei den künstlerischen Aufführungen sind keine professionellen Schauspieler beschäftigt. Hauptsächlich haben die Personen (Animateure, Schauspieler) Erfahrung mit dem Publikum und können singen. Dabei nehmen manche Künstler seltener und andere öfter teil. "Es gibt Personen, die sind nur bei den großen Veranstaltungen dabei, ja, wenn man viele Leute braucht". Diese Beschäftigung bewertet Ljoscha als einen Nebenverdienst, und solange jemand mitmacht, hat er Geld und es ist gut so. Für Ljoschas Familie ist es ein Hauptverdienst, "da er davon leben kann und die Beschäftigung ihn ernährt.“ Ljoscha lässt einen Teil der Veranstaltungen oder sogar das ganze Unterhaltungsprogramm von Kindern durchführen. Er sieht es positiv, dass die Kinder etwas Geld verdienen können und so lernen, die Veranstaltungen durchzuführen (Transkript Zeilenverweis 285-290). „Als unser Puppentheater das Licht der Welt erblickt hat, haben wir auch eine Animation mit Puppen für die Touristen gemacht, unsere Maskottchen/ростовые куклы haben wir uns selbst angeschafft“, sagte Ljoscha. Maskottchen sind solche große Puppen, wo ein Mensch drinnen ist oder, anders gesagt, kostümierte handelnde Personen, wie zum Beispiel große Gänse. Jedes unserer Programme dient dazu“, erzählte Ljoscha, „den Touristen etwas durch praktische Anwendung (Seminar/Мастеркласс) zu lernen. Das Fertigen einer 108 Ergebnisse kleinen Puppe aus Birkenrinde und Flachs oder wir malen nach einer dreitausendjährigen Technik Eier an“(Abbildung 26). Abbildung 26: Traditionellbemalte Eier (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) Meisterklassen für Touristen sind eine Seltenheit, und Ljoscha ist stolz darauf, dass sie das machen. «В эти игры играли и молодежь, и дети, и старики играли на селе, то есть там не надо ничего придумывать, там уже все вещи отработаны веками, скажем так»./ "Die Spiele hatten die Kinder und die Alten im Dorf schon immer gespielt, man brauchte sich also nichts auszudenken, dort ist alles über Jahrhunderte eingeübt, so zu sagen". Die früher gesammelten ethnologischen Materialien werden in Form von Spielen, Liedern und Tänzen wieder an die Touristen weitergegeben. So hat Ljoscha die Beschreibung seines touristischen Konzeptes beendet. Was sie in der Kaschiner Region machen, meinte er, sei inhaltlich einzigartig, weil kein Mensch in der Gegend ähnliche Meisterklassen anbiete. Seit dem Jahr 2013 arbeitet die Firma „Kaschingrad“ mit dem Sanatorium der Stadt Kaschin zusammen und führt für diese Anstalt auf deren Gelände Feste durch. «в 2013 году мы будем делать масленицу, в Кашинском санатории, то есть мы берем другую площадку себе, у нас есть площадка в Матино, называемая Берендеевская изба, у нас появилась еще одна изба для приема гостей, вот, она конечно небольшая, то есть там дом ремесел». „ Im Jahr 2013 werden wir das Maslenitsa-Fest woanders machen, im Kaschiner Sanatorium, wir begeben uns also auf einen anderen Platz. Wir haben einen weiteren Platz in Matino, das sogenannte „Berendeevskaja Isba“. Wir haben dort seit kurzem ein weiteres Haus für den Gästeempfang, es ist nicht sehr groß, aber dort befindet sich auch die Werkstatt“. Bei den Veranstaltungen sind Kinder aus dem Dorf 109 Ergebnisse sowie Freizeit-Schauspieler beschäftigt. Im Dorf sind künstlerisch begabte Voluntäre immer herzlich willkommen. Touristen werden auch im Haus des Herrn Aljonov aufgenommen. Er beschäftigt sich nur mit der Essensvorbereitung und hat dafür manchmal drei bis vier Personen beschäftigt. Er besitzt auch ein Haus am Ufer der Wolga und hilft bei besonders großen Gruppen ab 90 Personen auch mit Zelten aus. Er verrichtet einfache Vorbereitungsarbeiten für die Gäste, wie das Kochen von Suppen über einem Lagerfeuer oder Grillen. Aus Freundschaft zu dem Tourismusbüro Schemtschuschina lässt Herr Alönov die Touristen, vor allem im Sommer, auf seinem Grund zelten. Zusammenfassend lässt sich feststellen: der Betrieb Ljoschas führt mehrere Projekte in der Region Kaschin durch, es geht nicht um eine feste Anstellung, sondern eher um einen Nebenverdienst. Einige Personen aus der Gruppe unterrichten ihr Handwerk im Zentrum Slavitsch in Moskau. Bei Ljoscha sind Voluntäre willkommen, für die Unterhaltungsprogramme werden arbeitsabhängig Leute kontaktiert. das Projekt des ländlichen Tourismus vom Tourismusbüro Schemtschuschina hat nur episodische Bedeutung für die Region, vor allem im Sommer. Der Betrieb Medveditsa nimmt Touristen bei sich in der Siedlung auf. Zurzeit achtet der Betrieb darauf, dass alle erworbenen Qualifikationen der Mitarbeiter kontinuierlich verbessert werden. Das Personal ist mit 8 Leuten komplett, momentan werden keine zusätzlichen Mitarbeiter gesucht. Als Experte aus der Region Kaschin meinte Elena Konstantinovna, dass Tourismusentwicklungseinrichtungen soweit keine zusätzlichen Arbeitskräfte im Bereich Regionalentwicklung brauchen, sondern Finanzierungen. 7.3. Soziale Einflüsse Dass der Agrartourismus in der Region Kaschin im Trend ist, kann man nicht sagen. Dazu macht Ljoscha einen Vergleich. Er sagte, dass man in EU-Ländern ökologische Lebensmittel, ländlichen Tourismus, Ökotourismus viel mehr schätzen würde, als in 110 Ergebnisse Russland. Ein geprüftes Qualitätssystem, wie z.B. Blumen in Österreich, existiert auch nicht. Die Expertenmeinung aus der Region lautet sogar, dass wegen der mangelnden Entwicklung des Agrartourismus es noch zu früh wäre, eine Zertifizierung durchzuführen. Über die Zertifizierungssysteme wissen die Betriebe nichts; weder Ljoscha noch Julia haben bestätigt, dass ihnen das Zertifizierungssystem für Tourismusbetriebe bekannt ist. Zertifizierungssysteme gibt es auf einer freiwilligen Basis. Der Experte aus Tver meinte auch, die Tourismusbetriebe dürfen sich freiwillig zertifizieren lassen. Viele wollen es aber nicht, vor allem weil der Zertifizierungsprozess kostenpflichtig ist. Und ob es für den Betrieb etwas bringen würde, sei fraglich. Als ein wichtiges Problem für den ländlichen Tourismus nannte Ljoscha eine negative Einstellung der Kunden zu den russischen Provinzen. Eine negative Einstellung zur Kaschin bildet sich bei den potenziellen Touristen aus, weil die Region von den Kaschiner Reiseveranstaltern schlecht vorgestellt wird und dadurch für die Touristen unattraktiv bleibt, meinte Ljoscha : «что как мы уже поняли ни одна по сути Кашинская турфирма не могла да и не может по сей день, достойно представить Кашинский край на каких то больших проектах перед крупными тверскими и московскими турфирмами.» / was wir schon bereits wussten, dass nicht ein Kaschiner Reiseveranstalter in der Lage war, die Region vernünftig zu präsentieren, um sie so den großen Reiseveranstaltern aus Tver und Moskau vorzustellen" (Transkript Zeilenverweis 124-146). Julia und Ljoscha erzählten, dass ihre Gäste gerne im Urlaub von der Stadt weg in die Natur fahren, wo u.a. frisches Obst, Gemüse und gut gestaltete Unterhaltungsprogramme angeboten werden. Zu erfahren, was die Agrartouristen in die ländlichen Regionen wie Kaschin bewegt, hätte eine Befragung der Touristen geholfen. Der Betrieb Medveditsa hat einen Stammkundenkreis und wird durch die Gäste weiterempfohlen. In welchem Zusammenhang genau der Betrieb empfohlen wird, ist nicht gewiss. Aus dem Interview mit Ljoscha wurde klar, dass er keine Stammkunden hat. Die Mehrheit kommt einmalig zu einer Veranstaltung. Jedoch haben die beiden Betriebe noch freie Kapazitäten, vor allem in den Übergangszeiten. Dann hat Medveditsa weniger Kunden, vor allem unter der Woche – im Sommer, und dann besonders am Wochenende, ist die Touristensiedlung meist ausgebucht. Auch Ljoscha kämpft damit, dass bei schlechtem Wetter die Buchungen für seine Veranstaltungen storniert werden. Das Wetter 111 Ergebnisse beeinflusst die Erreichbarkeit seines Dorfes wegen nicht asphaltierter Straßen, was in Medveditsa dank eines aus Sowjetzeiten erhaltenen Straßennetzes nicht passiert. 7.4. Erreichbarkeit Mehrmals in seiner Erzählung wies Ljoscha auf die Probleme, wie z.B. die Erreichbarkeit oder das Fehlen von Werbeunterstützungen hin. Es gibt nicht überall Straßen. Touristengruppen werden mit Bussen hingebracht, gehen aber auch stückweise zu Fuß. Der Betrieb Medveditsa gewährleistet zu 100 Prozent die Erreichbarkeit der touristischen Siedlung. Alle Mitarbeiter des Betriebes werden aus den Dörfern Verchnjaja Troitsa und Tetkovo 2 km und 3,5 km mit einem Dienstwagen in die Arbeit gebracht. Es gibt eine asphaltierte Straße durch den Wald, die, wenn nötig, durch eigene Dienste gepflegt wird. Anzumerken ist, dass in dieser Teilregion die Infrastruktur auch zu sowjetischen Zeiten hervorragend war. Hier muss erklärt werden, warum die Infrastruktur in der Umgebung von Medveditsa gut ist und woanders, wie bei Ljoscha, nicht. Einerseits hatten früher alle, die gearbeitet haben, von ihren Organisationen Kurchecks, Ferienchecks, Urlaubschecks bekommen. Die sowjetische Nomenklatur (Beamte), Ärzte, Lehrer, Künstler, Arbeiter, Militärs usw. hatten aber nur bestimmte Möglichkeiten, wohin sie mit so einem Check / Путевка fahren durften, denn eine Erholungseinrichtung war meist mit einer bestimmten Fabrik, Ministerium, Universität etc. verbunden. Heutzutage sind solche Checks mit Gutscheinen vergleichbar. Das Checksystem funktioniert zum Teil in Russland wie folgend: alle dürfen überall gegen einen Vollpreis hinfahren, mit einem Check meistens für weniger als die Hälfte des Preises. Andererseits ist Verchnjaja Troitsa ein besonderer Standort für die Geschichte der Region und des Landes. 1875 wurde hier Michail Ivanovitsch Kalinin geboren, der in Russland als ehemaliges Staatsoberhaupt der Sowjetunion bekannt ist. Das Gebiet Tver trug bis 1990 den Namen Kalinin, die an die Sowjetunion übergegangene ehemalige ostpreußische Hauptstadt Königsberg trägt heute den Namen Kaliningrad. Das früher für Beamte gedachte Erholungsheim Tetkovo (Дом отдыха Тетьково) befindet sich in der Nähe von Verchnjaja Troitsa. Die Erreichbarkeit anderer kleiner Orte in der Region Kaschin ist oft durch das Fehlen asphaltierter Straßen erschwert. Abhängig von der Jahreszeit besteht die Möglichkeit, dass die Erreichbarkeit nur mehr zu Fuß gegeben ist. Für Busse ist eine Einfahrt in die 112 Ergebnisse Ortschaften sowieso nicht möglich. Das Dorf ist zu Fuß erreichbar: d.h. vom Busparkplatz geht die Touristengruppe zum Dorf und wird am Weg von Animateuren unterhalten. Der Weg zu Fuß bereitet zwar Schwierigkeiten, ist aber im Unterhaltungsprogramm integriert. Die Erreichbarkeit hat immer Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten eines Programms. Ljoscha wies darauf hin, dass beim Erstellen der touristischen Programme auf die gute Erreichbarkeit zumindest zu Fuß geachtet wurde. Der Weg ist bereits ein Teil des Programms. (Transkript Zeilenverweis 80-85): «люди идут пешком, идут в общем то не просто так, они идут по сказочной тропе, которую мы разработали для них, там определенные персонажи встречают их на этой сказочной тропе, дальше они приходят к самой избе»/ „die Leute gehen zu Fuß, gehen in der Regel nicht einfach so, sie gehen auf einem märchenhaften Pfad. Auf dem Weg treffen sie bestimmte handelnde Personen, und schließlich kommen die Touristen zum Bauernhaus“. Manchmal trägt auch das Wetter direkt zur Tätigkeit in der Firma bei. So passierte es einmal wegen einer Wetteranomalie im Frühling 2013, dass sich die Anzahl der geplanten Gäste auf einem großen Maslenitsa-Fest aufgrund der Erreichbarkeit halbierte. Das bedeutete für die Anzahl der beschäftigten Personen auch eine Reduktion. «200 человек, это немного, но для Кашина много даже это. Вот приняли двести, хотя должно было быть 400, из за аномалий в погоде половина людей отказалась ехать и туроператоры сняли свою бронь в программе. 400 человек в принципе это уже неплохая цифра для масленичной программы.» / „200 Menschen sind nicht viel, aber für Kaschin ist auch das schon viel. Wir haben 200 aufgenommen, sollten aber 400 aufnehmen, alles wegen den anomalen Wetterveränderungen, die Hälfte der Leute hat ihre Reise abgesagt und der Reiseveranstalter hat seine Reservierungen für das Programm zurückgezogen. 400 ist grundsätzlich schon eine gute Zahl für das Maslenitsa-Fest". Wie man sieht hat das Wetter einen starken Einfluss auf die erwarteten Zahlen der Touristen bzw. Buchungen. Trotzdem beurteilt Ljoscha seine Tätigkeit positiv. Das Unternehmen hat Erfolg, und als Vergleichsbasis zieht er ein Beispiel eines Reiseveranstalters aus der Nachbarregion heran, welcher in seiner Tätigkeit schon 10 Jahre auf dem Markt existiert. (Transkript Zeilenverweis 152-159) «Для сравнение «Пилигрим» проводит масленницу на 800 человек, то есть это Калязинская фирма составляет 10 лет работы именно уже как туроператор». Zum Beispiel veranstaltet eine Firma 113 Ergebnisse aus Kaljasin mit 10 jährigen Erfahrungen als Reiseveranstalter ein Maslenitsa-Fest für 800 Personen. Für Aktivitäten am Wolgaufer ist die Saisonalität von großer Bedeutung. In den Übergangszeiten gibt es Schnee und Regen, was eine Anfahrt sehr kompliziert macht. Die landwirtschaftlichen Betriebe in der Nähe helfen, falls notwendig, mit ihren Traktoren, den Weg frei zu machen. Elena Konstantinovna erwähnte, dass die Stadt gerne hilft, den Weg vom Schnee zu befreien, wenn sie am Fluss eine Veranstaltung organisiert. Elena wies in ihrem Interview darauf hin, dass die Touristenströme von den Jahreszeiten, den Wetterbedingungen und auch den Straßenverhältnissen abhängig sind. Die Erreichbarkeit ist ein wichtiger Faktor. 7.5. Die Umfeldfaktoren Zu Umfeldfaktoren zählen die Landwirtschaftsstruktur, Tourismusinfrastruktur und Umweltsituation. Die Landwirtschaft der Region wurde umfangreich samt der Region Kaschin präsentiert. Die Landwirtschaft der Region Kaschin ist hauptsächlich durch Großbetriebe geprägt. Diese liefern landwirtschaftliche Erzeugnisse an regionale Märkte und haben mit dem Tourismus nur wenige direkte Anknüpfungspunkte. Nikolaj Emeljanovitsch erklärte, dass die Betriebe Snaip und Medveditsa über mehrere Hektar Weide für Pferde verfügen. In den Betrieben Medveditsa und Kaschingrad wird nur für die Selbstversorgung produziert, wobei einige Dorfeinwohner selbstgemachte Marmelade und ähnliche Produkte an die Touristen verkaufen. In den Interviews sind alle Auskunftspersonen auf die Umfeldfaktoren eingegangen. Über die Umweltsituation waren Betriebsvertreter sowie Experten einer Meinung. Sie sprachen über die herrliche Landschaft und die guten ökologischen Bedingungen. Die Region Kaschin grenzt an die Wolga, wo laut befragten Personen viele Touristen im Sommer wild zelten. Tourismusinfrastruktur gibt es dort keine. Der Betrieb Medveditsa befindet sich am Medveditsa Ufer im Wald und sorgt selbst dafür, dass seine Flächen von Müll frei bleiben. Julia sagte „wir machen es selbst“, mit eigenen Kräften sozusagen. Auf konkrete Arbeiten im Umweltbereich wurde nicht eingegangen. 114 Ergebnisse Um die Umweltsituation in der Region Kaschin näher präsentieren zu können, wird der Umweltteil aus dem touristischen Profil der Region Kaschin zitiert «Красота природы экологически чистого района, мягкий климат и уникальный ландшафт старинного Кашина создают самые благоприятные условия для всех. Кашинский район является одним из наименее загрязненных районов области. Состояние окружающей среды и экологическая безопасность на территории Кашинского района на протяжении многих лет остается стабильной. Основными факторами такой стабильности являются отсутствие в границах района и на ближайших территориях крупных промышленных и химических предприятий, автомобильных пробок, как основных источников загрязнения окружающей среды». Die Naturschönheit einer ökologisch sauberen Region, mäßiges Klima und einzigartige Landschaften des alten Kaschin schaffen für alle sehr günstige Bedingungen. Die Region Kaschin ist eine der am wenigsten verschmutzten Regionen des Gebiets Tver. Der Umweltzustand sowie die Umweltsicherheit bleiben auf dem Territorium der Region Kaschin seit mehreren Jahren stabil. Hauptfaktoren dieser Stabilität sind das Fehlen großer Industrie- und Chemieunternehmen sowie Autostaus an den Grenzen der Region und in den nahe liegenden Territorien als Hauptquellen der Umweltverschmutzung. «Район находится в лесной зоне. Главные лесообразующие породы – ель, сосна, береза, осина, ольха, дуб. Наличие разнообразных лесных угодий с хвойным и хвойно-лиственным древостоем в сочетании с открытыми пространствами, болотами, реками - залог высокой продуктивности охотничьей фауны. О благоприятной экологической обстановке свидетельствует тот факт, что на территории Кашинского района обитают виды, занесенные в Красную книгу Тверской области: серая куропатка, европейская норка, а так же ежегодно встречаются такие редкие «краснокнижные» виды, как черный аист, орланбелохвост. В лесах обитают: медведи, лоси, кабаны, олени, волки, лисы, зайцы.» Die Region befindet sich in einer Zone des Waldes. Die wichtigsten Baumarten sind Fichte, Kiefer, Birke, Espe, Erle und Eiche. Die Verfügbarkeit vielfältiger Nadel- und 115 Ergebnisse Laubwälder gemeinsam mit offenen Räumen, Mooren, Flüssen gewährt eine hohe Produktivität der Jagdfauna. Für eine günstige Umweltsituation spricht, dass es auf dem Territorium der Region Kaschin Arten gibt, welches sich in der roten Artenliste befinden. das graue Rebhuhn und den europäischen Nerz, und jedes Jahr sind solche seltene „Arten des roten Buches“, wie der schwarze Storch und der Seeadler an zu treffen. In den Wäldern wohnen Bären, Elche, Wildschweine, Hirsche, Wölfe, Füchse und Hasen. «Водный фонд Кашинского района состоит из 29 рек, длиной каждая в пределах района от 1 до 70 километров (Дрезна, Мурмышка, Рудомошь, Рам, Медведица, Яхрома, Нерехта, Кашинка, Морзынка, и др.). В настоящее время в Кашинском районе образовано 3 заказника, имеющие региональный статус (болота Лаптевское, Савицкое, Битюковское)…» Innerhalb der Region Kaschin gibt es 29 Flüssen, von denen jeder innerhalb der Regionsgrenzen zwischen 1 und 70 km lang ist (Drezhna, Murmyschka, Rudomosch, Ram, Medveditsa, Jachroma, Nerechta, Kaschinka, Morschynka etc.). Drei Naturschutzgebiete regionaler (Tver) Bedeutung gibt es heutzutage in der Region Kaschin: die Moore Laptevskoje, Savitskoje, Bitjukovskoje. Die Tourismusinfrastruktur in den Fallbeispielsunternehmen sieht wie folgend aus: eine gut ausgestaltete neue Cottagesiedlung in Medveditsa und auseinanderfallende alte Häuser, ewige Renovierungsarbeiten bei Ljoscha . Ljoschas Dorf steht nur zum Teil für die Touristen zur Verfügung, er deutet das mit den Worten «Конечно, когда мы только приехали, да мы тут в каждом доме делали ремонт фактически, я участник очень многих деревенских ремонтов, с большим стажем. Все же старое все же разваливается, это же деревня, и сейчас не все ее части можно показывать туристам»/ „Natürlich haben wir hier überall renovieren müssen, als wir gekommen sind. De facto bin ich ein erfahrener Teilnehmer [Helfer] mehrerer dörflicher Renovierungen. Alles ist doch sehr alt und fällt auseinander, das ist doch ein Dorf. Auch jetzt kann man nicht alles [z.B. Dorfstraßen] den Touristen zeigen“ (Transkript Zeilenverweis 314-321). Nur bestimmte Dorfteile sind für Touristen gedacht bzw. vorbereitet. 116 Ergebnisse Was die Tourismusinfrastruktur der Region angeht, gibt es nach Ljoschas Meinung wenig Gastronomiebetriebe, und die Situation mit der Gastronomie ist nicht befriedigend. Ljoscha hofft, in der Zukunft ein Restaurant zu eröffnen, aber findet die Konditionen dazu nicht günstig. Er hat den Traum, ein Restaurant zu besitzen, aber zur Verwirklichung hat er momentan weder Geld noch einen vernünftigen Raum zur Verfügung. (Transkript Zeilenverweis 277 - 281 und 347 – 355). Es ist schwer einen passenden Raum zu finden. Die Stadt hätte einige Plätzte zu vermieten bzw. zu verkaufen, aber entweder ist der Preis zu hoch oder die Lage ungünstig. Das Essen zu organisieren ist nicht ganz einfach. Ein weiteres Problem der Tourismusinfrastruktur der Region Kaschin nannte die Expertin für Tourismusentwicklung in der Region. Elena Konstantinovna sprach davon, dass die Stadt schlechte Übernachtungsmöglichkeiten für Touristen anzubieten hat. Museen und zahlreiche Kirchen werden von Touristen u.a. Pilgern ständig besucht. Die Unterbringungsprobleme, vor allem das Preis-Leistungs-Verhältnis, meinte Elena Konstantinovna, sei schlecht: das einzige Hotel in der Stadt ist ziemlich alt, sieht unfreundlich aus, hat manchmal Probleme mit warmem Wasser und monopolistische Preise. Der Teufelskreis besteht darin, dass private Investoren nicht das Risiko, ein neues Hotel zu bauen, eingehen wollen; die Stadt hat dafür überhaupt kein Geld. Als Folge müssen die meisten Touristen woanders übernachten und die Region bleibt ein Ort für Tagesausflüge für Besichtigungen und Exkursionen. Wenn Ljoscha über Infrastruktur sprach, erzählte er über die Häuser, die seine Gruppe besitzt und betreut. (Transkript Zeilenverweis 122) «На самом деле это две такие полуразваливающиеся избушки, но тем не менее, но люди в них едут.» / in der Realität sind es zwei fast auseinanderfallende Bauernhäuser, aber immerhin kommen die Leute". Als Ausgleich für den schlechten Zustand der Häuser befinden sie sich in einer ruhigen und attraktiven Gegend. Laut der Auskunftsperson haben sich Touristenzuströme vergrößert (Ljoscha nannte keine genauen Zahlen), was die Notwendigkeit, das Umfeld zu verbessern, mit sich bringt. Zum Beispiel die Häuser zu renovieren, wo man die Gäste aufnimmt und wo die Meisterklassen durchgeführt werden. Toiletten waren auch zu bauen. «Вот, когда мы поняли, что мы принимаем уже большие группы, возник вопрос с туалетами, пришлось построить туалеты»/ " nun, als wir verstanden haben, dass wir bereits große Gruppen empfangen, ist die Frage mit den Toiletten entstanden, man musste die bauen." Das war die 117 Ergebnisse dringlichste Aufgabe, die Toiletten hatte man bauen müssen und diese Aufgabe wurde erledigt. Danach hat Ljoschas Gruppe eine kleine Waldwiese für das Camping vorbereitet. Dort war es möglich, ein Lager zu beziehen und somit den Touristen Campingplätze anzubieten. Es geht um Kinder, aber auch um Erwachsene „сейчас у нас есть еще небольшая полянка, на которой у нас летом помещаются детские и взрослые лагеря. Семейные лагеря, вот“ / „zur Zeit haben wir auch einen Platz freigemacht, wo wir im Sommer Kinder- und Erwachsenenlager anbieten können, Familienlager sozusagen." Ljoscha wies auf die Ungezogenheit einiger Gäste hin, weil ein Schild, auf dem viel Information für Touristen stand -"wir hatten mal so ein Schild bis es gestohlen wurde". „Das ist die Wahrheit, wir haben es so gut gemacht, dass es uns gestohlen wurde. Es wurde mitsamt dem Fundament ausgegraben. Nun, solch einen Moment haben wir auch erlebt", sagte Ljoscha seufzend, sprach aber sofort weiter (Transkript Zeilenverweis 122128). Die Tourismusinfrastruktur im Medveditsa Betrieb ist so ausgestattet, dass der Tourist keine Freizeit hat, sagte Julia. Das klingt etwas komisch, ist aber so: zwischen vorher geplanten Pferdeausritten, Exkursionen, Besichtigungen der Kumys-Herstellung, Kumystrinken, im Sommer Baden, im Winter Skifahren, Jagd, Waldwanderungen und Ausflügen wird nicht viel Zeit übrig bleiben. Die Aktivitäten werden gleich bei der Buchung besprochen, nur Kleinigkeiten werden normalerweise vor Ort geklärt. 7.6. Tourismus- und Regionalentwicklungsstrategien In den letzten drei Jahren hat sich die Tourismusentwicklungsarbeit wesentlich aktiviert. In 23 der 43 Regionen des Gebiets Tver gibt es eigene Tourismusentwicklungsprogramme. Im Jahr 2012/13 wurde in Moskau ein Regionalentwicklungsprogramm, sowie ein Tourismusentwicklungsprogramm für ganz Russland beschlossen. Die Regionen (Tver) sollten das Programm anpassen und an die Teilregionen (Kaschin) weiterleiten. Es gab eine Sitzung der gesetzgebenden Versammlung in Tver, eine mündliche Botschaft des Gouverneurs und eine Planausarbeitung für die Entwicklung der Tourismusbranche bis zum Jahr 2020. In Kaschin wurde dem Programm, nach einer Anpassung, zugestimmt. Das in Kaschin zuvor existierende Programm war bereits im Jahr 2011 ausgelaufen. 118 Ergebnisse Das Ministerium für Wirtschaftsentwicklung hat ein Monitoring der Tourismusbranche im Gebiet Tver durchgeführt. Ein Experte aus der Region Tver nahm in diesem Monitoring Teil. Aus der Erzählung Elena Konstantinovnas folgte, wie sich die Situation weiter entwickelte. Auf der Grundlage des Monitorings wurden die touristischen Profile der Regionen, das Entwicklungsprogramm und dessen Anhänge erstellt, welche die touristischen Angebote jeder Region darstellen. Für die Tourismusentwicklung der Region Kaschin war die Gründung eines Koordinationsrates für touristische Entwicklung der Region ein wichtiger Meilenstein. Der Rat besteht aus Unternehmern, Leuten aus der Abteilung für Kultur und Tourismus, Leuten, die sich für Tourismusentwicklung interessieren und sich damit beschäftigen möchten. Insgesamt sind es 15 Personen, welche an der Anpassung des Entwicklungsprogramms für die Region Kaschin arbeiten. Mögliche Projekte für Kaschin (Kreml in Kaschin, Urlaub am Bauernhof, Stadtpflege) werden besprochen und diskutiert. Anschließend wird entschieden, ob und wieviel Geld für Investitionsprogramme, Gebäude und Flächen zu Verfügung stehen. Durchführungs- und Kontrollmaßnahmen werden vorgeschrieben. Das staatliche Geld ist vor allem für Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen. So wurden Werbebroschüren und eine neue Infowebseite für Kaschin aus dem Budget bezahlt. Der Experte aus Tver hat bestätigt, dass die Broschüren bzw. Reiseführer geldabhängig, aber fast jedes Jahr, gedruckt werden. Die Expertin Elena Konstantinovna versicherte, dass die Perspektiven der Stadt davon abhängig sind, wieviel Geld für Investitionen vorhanden ist. Elena denkt, dass andere Faktoren weniger Einfluss auf die künftige Entwicklung haben. Sie ist der Meinung, dass der Tourismus in Kaschin gute Aussichten habe, wenn es gelingt, in naher Zukunft ein neues, modernes Hotel für die Touristen zu bauen. Diese Aussage wird durch den Experten aus Tver bestätigt. Er vertritt die Meinung, dass der Tourismus als Privatbusiness nur dann sinnvoll ist, wenn der Unternehmer ein Hotel für die Touristen hat oder dieses baut. Elena Konstantinovna bestätigte, dass einiges in der Region Kaschin gemacht wird, obwohl die Zeiten schwierig sind. Alle Einwohner versuchen, der Stadt zu helfen. Die Begrünung, das Pflanzen von Blumen machen die Bewohner freiwillig und ehrenamtlich, z.B. in der Form eines Subbotniks – eines freiwilligen Arbeitseinsatzes am Wochenende. Die Stadtverwaltung unterstützt solche Initiativen durch das Bereitstellen eines Fahrzeugs und eines Fahrers. Aber das begrenzte Budget erlaubt nicht, alle Ideen auf einmal zu verwirklichen. „ в этом году на 150 тыс. рублей мы сделали работы, по мере 119 Ergebnisse поступления денег и инициативы координационного совета. мы собераемся, чтото мы обсуждаем и соглашаемся, также выполняем. Если появляется предложения, например Вера Алексеевна всегда очень активна, мы собираем мысли в кучу потом анализируем…. Общество изучения Кашинского края у нас хорошо работает, поэтому мы как то работаем в контакте со всеми. вместе мы работаем и с библиотекой, с туристическими фирмами, с администрацией, с краеведами, ну круг людей очень большой, людей не безразличных к будущему Кашина. Лавочки нам подарила страховая компания и так далее»/ „Je nachdem wie viel Geld zu Verfügung steht und welche Vorschläge der Rat hat, wird eine Versammlung abgehalten und es wird diskutiert. Vera Alekseevna ist Mitglied des Rates und sehr aktiv. Wir bringen alle Gedanken und Ideen auf den Tisch und analysieren diese. Wenn alle Teilnehmer einverstanden sind, werden die Vorhaben in die Tat umgesetzt. In diesem Jahr 2013 hatten wir für die Arbeit ein Budget von 150 Tsd. Rub. (ca. 3330 Euro) zur Verfügung. Die Forschungsgesellschaft von Kaschin arbeitet auch mit uns zusammen. Deswegen arbeite ich auch nicht allein, sondern bin ständig im Kontakt mit der Bibliothek, dem Reiseveranstalter, der Stadtverwaltung und den Heimatkundlern. Der Kreis der Leute, denen die Zukunft der Region nicht gleichgültig ist, ist sehr groß. Einige Privatunternehmen schenken der Stadt Bänke.“ Die Tourismus- und Regionalentwicklungseinrichtungen in Kaschin beschäftigen sich mit dem Tourismus allgemein, dabei wird kein spezieller Wert auf den Agrartourismus gelegt. Es wird sowohl auf die Stadt, als auch auf den ländlichen Raum gleich viel geachtet. Bestimmte Veranstaltungen werden an den Flussufern der Wolga und der Kaschinka im ländlichen Raum abgehalten, andere in der Stadt Kaschin selbst. Ljoschas Firma führt seit dem Frühling 2013 die Volksfeste nun unter dem Firmennamen „Kaschingrad“ durch. Dank diesem Projekt hat eine touristische Nische in der Region zu Erblühen begonnen. Außerdem hat jemand in der Kaschiner Umgebung offiziell ländlichen Tourismus zu treiben begonnen. Die Zusammenarbeit in Kaschin war für Ljoscha früher fast unmöglich, weil keine Ansprechpartner von Seiten der Stadt zur Verfügung standen (Transkript Zeilenverweis 77.). Eine Hürde, sagt Ljoscha, sei vor allem die mangelnde Organisation in Kaschin, fehlende Qualität in den touristischen Einrichtungen und fehlenden Konzepte. Ljoscha ist aber von einer Zusammenarbeit mit Tourismusfirmen abhängig, um so die Touristen anzuziehen. Er hat sich dabei vor allem auf Moskau 120 Ergebnisse konzentriert. Von einer Zusammenarbeit mit Kaschin erhofft er eben die Touristenströme aus Moskau– „«это именно те люди которые продают в Кашине для Москвы, они должны по идее ко мне привести, в идеале»/ das sind genau die Leute, die aus Kaschin in Moskau Leute werben sollten, idealerweise sollten sie mir die Kunden bringen, idealerweise“ (Transkript Zeilenverweis 78-80). Ljoscha erläuterte, dass die Touristen aus Moskau bereits „alles gesehen haben“ [meinte vermutlich, dass die touristische Sättigung in Moskau höher ist, als in der Umgebung], was an touristischen Angeboten zu sehen war. Deshalb ist die Region Kaschin eine neue touristische Möglichkeit für Touristen aus der Großstadt. Die Verwaltung in Tver fördert heutzutage die Tourismusentwicklung und unter anderem auch den Agrartourismus, weil er zum Regionalentwicklungsprogramm der Region Tver gehört, sagten Ljoscha, die beiden Experten und der Programmtext. Ljoscha ist mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. Seine Firma ist zum touristischen Gesicht der Stadt geworden. Es geht darum, dass seit dem die Gruppe "sich als offizieller Reiseveranstalter positioniert hat, es die Verwaltung in Kaschin erlaubt, diese Nische in der Tourismusbranche zu erschließen". Aus dem Kommentar wird klar, dass diese Nische zuvor von niemandem besetzt worden war. Ljoscha bestätigt es mit der folgenden Aussage ", «а щас губернатор тверской области требует развивать туризм. Требует развивать интерактивные площадки, еще что то делать.» / Jetzt fordert der Gouverneur von Tver, den Tourismus zu entwickeln... Interaktive Plattformen sollen unter anderem bei der Entwicklung helfen..." Das Wort «требует» / „fordern“ vom Gouverneur zeigt, dass der Anstoß zur Entwicklung der Tourismusbranche von oben kommt. «но они [администрация] не знают как это все делать и им даже, администрации даже нечем прикрыться.» /"sie [die Verwaltung] wissen nicht, wie man das alles macht, um dem Tourismus zu helfen. Sie war nicht in der Lage, die Situation zu verbessern, und so wird ihr Tatenlosigkeit nachgesagt... Zumindest hatten sie nichts bis zum Zeitpunkt, als sich eine Gruppe aus der Organisation Schar-Ptitsa als offizieller Reiseveranstalter zu positionieren begann. (Transkript Zeilenverweis 165-167):" sie haben uns natürlich gebraucht, jetzt sprechen sie über uns bei jeder Besprechung in Tver, letztlich hatten sie uns auf die touristische Messe, „Otdih 2013“ gebracht"…„Wir kamen Ihnen gerade recht“, sagte Ljoscha, und dies bedeutet, dass die Stadt Kaschin und das Umland unbedingt den Tourismus in der Region haben wollen. Ein paar repräsentative und gut funktionierende 121 Ergebnisse Beispiele geben einen positiven Eindruck vom Tourismus in der Region (Transkript Zeilenverweis 180-184). Die Gruppe hat sich für die Messe vorbereitet, sie haben die Informationsbroschüren und Flyer sowie ein Kulturprogramm „auf einem hohen künstlerischen Niveau ausgearbeitet: erstens, haben wir ein Meisterklasseprogramm für die Besucher dort veranstaltet - also haben wir die Meister mit Meisterklassen mitgebracht. Wir hatten dort Akkordeon, Trommel, Balalajka, professionelle Booklets, professionelle Flyer, drei verschiedene Arten von Flyern, professionelle große Banner…“ Die Messe hat es letztendlich ermöglicht, einige Kontakte zu knüpfen, und hat sich positiv ausgewirkt. «мы и сами получили от этого результат, просто потому что мы завязали новые контакты, новых партнеров нашли, людей, которые хотят ездить в Кашин и возить сюда туристов, да, но и плюс администрация закрыла у себя брешь, то есть Кашин на фоне тверской области выглядел действительно лучше в этот раз, то есть мы выглядели не хуже области, а то и лучше области». / „wir haben also selbst auch profitiert von der Messe, einfach deswegen, weil wir neue Kontakte geknüpft haben, neue Geschäftspartner gefunden haben - Leute, die daran interessiert sind, Touristen nach Kaschin zu bringen, und ja, weiters hat die Verwaltung ihre Lücken im Regionalentwicklungsprogramm aufgefüllt, also die Region Kaschin war diesmal im Gebiet Tver tatsächlich besser, also wir sahen diesmal nicht schlechter aus als der Gebietsdurchschnitt, aber vielleicht sogar besser.“ Und als ein Ergebnis der Teilnahme wies Ljoscha auf neue Kontakte, sowie eine Stärkung der Tourismusbranche (u.a. mehr Touristen, welche für die Firma Beschäftigung und Entwicklung bedeuten) hin. Als Folge der Messe nannte Ljoscha viele neue Kontakte, welche zum Tourismus in der Region Kaschin beitragen werden. Ljoscha ist auch froh, dass seine Firma die Region würdig vorgestellt hatte, und so mehr Touristen in die Region anzuziehen begann. Er hat sich vor allem auf Moskau und das Gebiet Tver konzentriert. Man erfährt, dass später auch andere Messen folgten. Ljoscha hat lange einen Zugang zum Moskauer Markt gesucht und hat diesen u.a. durch Messen erreicht. Als Nachteil bei der Messe nannte er, dass sich ein schwaches Budget für die Region zeigte, aber auch einen Vorteil sah Ljoscha in der Gestaltung des Messetages – Seminare und Konzerte, die für die Besucher unterhaltsam und attraktiv sind. Ljoscha sprach noch über weitere regionale Projekte. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Beschetsk ergab sich aus einem gemeinsamen Projekt (Transkript Zeilenverweis 220-234). 122 Ergebnisse Das wird ein großes Projekt, welches vom Ministerium für Kultur und Tourismus des Gebiets Tver iniziert wurde: «Сейчас мы делаем для тверской области большой проект на два города, золотое сердце России он называется, это Кашин-Бежецк.»/ „jetzt machen wir für die Gebiete ein großes gemeinsames Projekt auf zwei Städte bezogen, goldenes Herz Russlands heißt es, „Kaschin-Beschetsk“. Elitäre russische Kultur“, unterstrich Ljoscha, „Dichter des silbernen Zeitalters.“ Es gibt diese Definition in der russischen Literatur, welche eine schlichte Dichtkunst der ersten zwei Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet. In diesem Projekt werden kostümierte/ als Dichter verkleidete Schauspieler in einer quasi Theateraufführung die Gedichte vortragen, wie z.B. als Anna Achmatova oder als Sergej Esenin. Diese Dichter haben in der Region gelebt oder waren dort zu Besuch. In den Regionalentwicklungsstrategien sind einige Anreizmaßnahmen für Tourismusentwicklung zu beobachten. Beispielsweise haben interviewte Experten über die Werbung (informationelle Unterstützung) oder das Monitoring der Region gesprochen. Die Gründung eines Koordinationsrates wird aus dem Kapitel ebenso ersichtlich. Einiges wird durch Sammeln und Umsetzen von Ideen bewegt. Auch die Messe Otdych 2013 hat letztendlich einen positiven Beitrag für Touristenströme in der Region Kaschin und für Ljoschas Beschäftigung gebracht. 7.7. Politik und Rechtsvorschriften Dem Leser muss bewusst sein, dass in der Russischen Föderation eine touristische Tätigkeit als Reiseveranstalter und ein Privatzimmervermittlung im ländlichen Raum für kurze Zeit nicht dasselbe ist. Der Tourismus wird durch das Tourismusgesetz FZ 132, das Grundgesetz (Konstitution RF) sowie das Verbraucherschutzgesetz FZ 234 geregelt, sagte der Experte aus Tver. Er erzählte weiter: „wenn der Agrartourismus als Privatbusiness wenig Interesse bei der Bevölkerung weckt, kann das Wirtschaftsministerium private Unternehmen nicht beeinflussen“. Es gebe die oben genannten Gesetze, sagte er, die das touristische Business regeln. Die interviewten Personen von touristischen Betrieben haben kaum über rechtliche Vorschriften gesprochen. Deshalb müssen solche rechtsvorschriftliche Informationen zusätzlich erläutert werden. 123 Ergebnisse Die touristische Tätigkeit wird heutzutage im Gebiet Tver durch folgende Rechtsvorschriften gesteuert: «Федеральным законом от 24.11.1996 № 132-ФЗ «Об основах туристской деятельности в Российской Федерации», законом Тверской области от 26.03.1998 № 4-ОЗ-2 «О туристской деятельности в Тверской области» / das Föderale Gesetz vom 24.11.1996 № 132-FZ „Über die Grundlagen touristischer Tätigkeit in der Russischen Föderation“ und das Gesetz des Gebiets Tver vom 26.03.1998 № 4-OZ-2 „Über touristische Tätigkeit im Gebiet Tver“. Außerdem hat das Gebiet Tver zwischen 2009 und 2011 Empfehlungen für den Tourismusdienstleistungssektor des Gebiets Tver beinhaltende Verordnungen beschlossen. Der Grund dafür ist, dass laut dem föderalen Gesetz die Regionen kein Recht haben, die Standards für den Tourismusdienstleistungssektor auszuarbeiten. Das Tourismusentwicklungsprogramm weist ebenso auf folgende Verordnungen hin: - «распоряжение Администрации Тверской области от 08.09.2009 № 693-ра «Об утверждении рекомендаций по оказанию туристских услуг в сфере агротуризма на территории Тверской области» / Verordnung der Administration des Gebiets Tver vom 08.09.2009 № 693-ra „Über die Genehmigung der Empfehlungen für den Agrartourismusdienstleistungssektor im Gebiet Tver“ - «распоряжение Администрации Тверской области от 07.12.2010 № 1107-ра «Об утверждении рекомендаций по проведению мониторинга показателей туристической деятельности в Тверской области» / Verordnung der Administration des Gebiets Tver vom 07.12.2010 № 1107-ra „Über die Genehmigung der Empfehlungen für das Monitoring der Kennzahlen der Tourismustätigkeit im Gebiet Tver“ -«распоряжение Администрации Тверской области от 30.12.2010 № 1199-ра «Об утверждении примерных требований по оказанию услуг в сфере питания туристов на территории Тверской области» / Verordnung der Administration des Gebiets Tver von 30.12.2010 № 1199-ra „Über die Beispielsanforderungen für Dienstleistungen in der Gastronomie auf dem Territorium des Gebiets Tver“ - «распоряжение Администрации Тверской области от 11.03.2011 № 225-ра «Об утверждении рекомендаций по оказанию гостиничных услуг на территории Тверской области» / Verordnung der Administration des Gebiets Tver vom 11.03.2011 124 Ergebnisse № 225-ra „Über die Genehmigungen der Empfehlungen für Unterbringungsdienstleistungen auf dem Territorium des Gebiets Tver“ - «распоряжение Правительства Тверской области от 30.10.2011 № 229-рп «Об утверждении рекомендаций по обеспечению безопасности самодеятельных туристов на территории Тверской области» / Verordnung der Administration des Gebiets Tver vom 11.03.2011 № 225-ra „Über die Genehmigungen der Empfehlungen für die Sicherheitsgewährleistung der selbständigen/Eigeniniziativstouristen auf dem Territorium des Gebiets Tver“. Die durchgeführten Pilotprojekte für die regionale Entwicklung/Tourismus im ländlichen Raum in dem Gebiet Jaroslawl und der Republik Burjatia weisen auf folgende Prozesse und Möglichkeiten die touristische Tätigkeit durchzuführen hin: Für die Tätigkeit, die mit der Privatzimmervermittlung verbunden ist, gibt es zwei mögliche begleitende Rechtsformen. Folgende Zitate stammen aus dem Pilotprojekt im Bereich ländlicher Tourismus des Gebiets Jaroslawl. 1. «Хозяин дома, оказывающий услуги по размещению гостей, работает как физическое лицо. В этом случае он ежегодно подает в налоговую инспекцию декларацию о доходах, где указывает сумму, полученную в результате использования собственного имущества, оказывая услуги по краткосрочному проживанию (ст. 207-208 Налогового кодекса РФ). Сумма налога исчисляется, исходя из налоговой ставки – 13% (п.1 ст. 224 Налогового кодекса РФ)». Der Hausbesitzer, der Dienstleistungen in der Beherbergung seiner Gäste gewährleistet, arbeitet als natürliche Person. In diesem Fall reicht er jährlich bei der Steuerbehörde eine Einkommenserklärung ein. In der Einkommenserklärung gibt er die Summe an, die er aus der Nutzung seines Eigentums durch kurzfristige Zimmervermittlung bezieht. (Paragraf. 207-208 Steuerkodex RF). Die Summe der zu entstehenden Steuer wird anhand des Steuersatzes von 13% kalkuliert (Paragraph 1 Artikel 224 Steuerkodex RF). 2. «Хозяин дома, оказывающий услуги по размещению гостей, выступает как индивиду-альный предприниматель без образования юридического лица (ПБОЮЛ). Для этого необходимо по месту жительства зарегистрироваться в местной администрации как ПБОЮЛ. Процедура регистрации заключается в получении свидетельства после уплаты регистрационного сбора и написания заявления о 125 Ergebnisse регистрации с указанием вида деятельности: «услуги по краткосрочному проживанию» (ст. 83 Налогового Кодекса РФ).» Der Hausbesitzer, der Dienstleistungen in der Beherbergung seiner Gäste gewährleistet, arbeitet als ein individueller Unternehmer ohne Bildung einer juristischer Körperschaft (PBOJUL). Die Anmeldung der Dienstleistungen für kurzfristige Zimmervermittlung erfolgt laut Paragraph 83, Steuerkodex RF. Ein individueller Unternehmer darf sich ein Besteuerungssystem aussuchen: Das traditionelle Besteuerungssystem beinhaltet die Einkommenssteuer mit einem Steuersatz von 13%, Einheitssteuer (ESN) 22,8%, MwSt. 18%, Eigentums- und Grundstücksteuer; die zwei letzten sind unabhängig von der unternehmerischen Tätigkeit zu bezahlen. Ein vereinfachtes Besteuerungssystem beinhaltet eine fixierte Quartalszahlung, ESN 22,8% (bei mehr als 600 000 Rubel), MwSt., Eigentums- und Grundstücksteuer. Ein ENVD (single tax on the imputed income) Besteuerungssystem, soll monatlich avanciert bezahlt werden. Die Steuersumme wird regional bestimmt. Zusätzlich werden ESN 22,8%, MwSt. 18%, Eigentums- und Grundstücksteuer bezahlt. Wenn der Unternehmer seine Tätigkeit als Zimmervermittlung anmeldet, wird er höchstwahrscheinlich das ENVD-Besteuerungssystem benutzen. Wenn er Pferde vermittelt, Exkursionen oder landwirtschaftliche Erzeugnisse anbietet, wird eher das vereinfachte Besteuerungssystem (USN) genutzt. Wenn der Landwirt aber nur 0,5 Hektar Fläche und keine Mitarbeiter außer seiner Familie hat, hat er einen Anspruch auf Einkommenssteuerbefreiung. Subsidien und Zuschüsse werden in dem Fall auch von der Einkommenssteuer befreit. Kleine bäuerliche Betriebe haben einen Anspruch auf spezielle Besteuerungssysteme: das vereinfachte Besteuerungssystem oder die Einheitslandwirtschaftssteuer (ESHN), unter eine Bedingung, dass wenigstens 70% der betrieblichen Produktion landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind. Außer ENVD Steuersystem hat ein Unternehmer ein Recht ein Steuerungssystem auszuwählen, deshalb hat der Landwirt von seinen Ziele abhängig das Besteuerungssystem 126 Ergebnisse auswählen. Kleine Landwirte, wenn sie von der Einkommenssteuer befreit werden möchten, sollten keine Mitarbeiter außer Familienmitglieder haben. Die Betriebe, die sich kein Besteurungssystem ausgewählt und gemeldet haben, werden automatisch das traditionelle nehmen müssen. In der folgenden Übersicht 4 sind Volliste der Rechtfortschriften, an die ein agrartouristisches Unternehmen in Burjatischen Republiken achten soll. Die Darstellung stammt aus einem durchgeführten Pilotprojekt für ländlichen Ökotourismus dient dazu, dem Leser das Vorgehen eines Unternehmers näher zu bringen. Hier ist anzumerken, dass der Landwirt seine Tätigkeit nicht als eine Touristische Tätigkeit angibt, sondern als kurzfristige Zimmervermittlung. Übersicht 4: Volliste der Rechtsvorschriften für ein Agrarunternehmer 127 Ergebnisse 128 Ergebnisse 129 Ergebnisse (Quelle: MERZLOV, 2012) Gewiss ist, dass der Snaip und Medveditsa ein zusammen gegründeter Betrieb war, der auf zwei Betriebe geteilt wurde. Vermutlich geschah dies aus finanztechnischen Gründen und hängt mit der Anzahl der Beschäftigten Personen in einem Kleinunternehmen zusammen. Darauf wurde aber nicht präzise eingegangen. Die von Elena Konstantinovna erwähnten Privathäuser, die Touristen bei sich aufnehmen, sind streng genommen keine Tourismusbetriebe. Daher sollten sie sich nicht als Tourismusbetriebe registrieren. Das zusätzliche Einkommen wird in die Steuererklärung geschrieben. Ljoscha hat über rechtliche Fragen des Betriebes fast nicht gesprochen. Am Anfang hat er einen Verein gegründet und seit dem Jahr 2013 haben Ljoscha und Yaroslav den „zweiten“ Betrieb „Kaschingrad“ als Reiseveranstalter registrieren lassen. Als Ljoscha keine 130 Ergebnisse Genehmigung dafür hatte, das Catering vorzubereiten, arbeitete er mit einigen Organisationen zusammen, um die Möglichkeit zu haben, seine Gäste zu bewirten. 7.8. Wirtschaftslage Im Jahr 2008 gründeten Ljoscha und seine Freunde ein Museum, welches sich den alten Kaschiner Zeiten widmen sollte (Transkript Zeilen 17-53). Damit hat sich das Betätigungsfeld der Gruppe um dieses kleine ethnologische Zentrum erweitert. Ursprünglich war es nicht als ein Objekt für den Massentourismus geplant. Eher konnte man es mit einem einfachen kleinen Gasthaus vergleichen. Aber im Wandel der Zeit veränderte sich das Objekt und fungierte als Besichtigungsort für Touristengruppen, welche die Dörfer Matino und Wosnesenie besichtigten. In einem anderen Haus (der früheren Dorfbibliothek) richteten sie verschiedene Werkstätten ein. Die Idee dafür hatte Ljoscha auf einer Reise im Altaj Gebirge. Sie machten eine Weberei und eine Werkstatt für künstlerische und traditionelle Malerei. Eine Töpferei konnte leider nicht realisiert werden. Diese Werkstätten werden für Veranstaltungen mit Touristen oder Meisterklassen genutzt. Das Haus wurde im Sommer auch des Öfteren für Kinderferienlager benötigt. Die Kinder aus dem Kinderferienlager zählte Ljoscha zu seinen ersten Touristen. Das Projekt war nicht sehr gewinnbringend, aber Ljoscha konnte dabei viel Erfahrung im Umgang mit Kindern sammeln: «эти проекты не принесли более или менее внушительные деньги, там мы практически ничего не заработали, ну, чуть больше нуля вышло из этого всего, нуу, для меня это был потрясающий опыт. Тогда»/ „Diese Projekte haben kein oder kaum Geld eingebracht, na ja, ein wenig mehr als eine glatte Null ist davon geblieben. Na ja, dennoch war es eine fabelhafte Erfahrung für mich. Damals.“ So sind die alten Kaschiner Gewerbe selbst zu Museumsexponaten geworden. In der Folge hat sich die Idee entwickelt, diese Gewerbe den Gästen und insbesondere den Kindern zu zeigen und näher zu bringen. Dieses Gewerbehaus war früher eine Bibliothek und wurde per mündlicher Vereinbarung zur Verfügung übergegeben. Letztlich passierte es, dass nach zwei Jahren die Verwaltung des Bezirkes die ehemalige Bibliothek zurücknahm. Jetzt hat sie ihm vorgeschlagen, sie zu kaufen. Zurzeit suchen Ljoscha und seine Kollegen nach Sponsoren. (Transkript Zeilen 64-69), «вот два года у нас проработал наш дом творчества, потом наша местная администрация решила его продать, когда мы его отремонтировали …администрация предложила нам его за такую достаточно 131 Ergebnisse большую сумму его выкупать.»/ „Nun, zwei Jahre hindurch hatte unser Haus der Kunst gute Dienste erwiesen, bevor unsere lokale Verwaltung beschloss, es zu verkaufen, nachdem wir es renoviert hatten… die Verwaltung hat uns vorgeschlagen das Haus um eine ausreichend große Summe zurückzukaufen“. Ljoscha verfolgt auch noch das Vorhaben, das „Gewerbehaus“, das Haus der ehemaligen Bibliothek, wieder zu bekommen. Vielleicht ist es möglich, es der Stadt abzukaufen. „наше помещение библиотеки, то есть там конечно….За то помещение мы еще конечно будем бороться, наверное»/ “unsere Räumlichkeiten in der Bibliothek, das gibt es natürlich… für die werden wir wohl auch noch kämpfen müssen, natürlich“, (Transkript Zeilen 189). Ljoscha sagte (Zeile 190), dass er dafür momentan kein Geld habe «Средства непонятно где»/ „Es ist noch unklar, woher die Mittel dafür kommen sollen“. Und es ist immer noch nicht gewiss, ob die ausreichenden Investitionen in der nächsten Zeit getätigt werden. In dieser Aussage wies er auf das Fehlen von konkreten Maßnahmen hin. Ljoscha hofft zwar so, aber nichts ist geplant. Das Projekt mit dem Kalinin-Museum kann zu der wirtschaftlichen Lage der Region beitragen, denn das Museum bringt großen Gewinn. Ljoscha erzählte, „...sofort viel Geld. Das heißt, der Ertrag von einer Exkursion liegt bei 9-10 Tsd. Rubel (ca. 230 Euro). Das ist zauberhaftes Geld für so ein Museum, kaum vorstellbar". Ljoschas Firma ist eine von zwei, die Touristen ins Museum bringen. «К Наташе, в музей к Наталье Васильевне гостей сейчас возим только мы, только мы и Кашинский курорт, то есть два, две организации которые вообще кого либо приводят»/ „zu Natascha ins Museum, zu Natalja Vasilevna bringen nur wir und das Sanatorium des Kurorts Kaschin die Touristen. Es sind also nur die zwei Organisationen, die überhaupt jemanden bringen“. Dieses Museum besuchen auch einzelne Touristen aus Medveditsa. Der Betrieb Medveditsa ist aus dem Betrieb Snaip für Pferdehaltung und Pferdemilchherstellung entstanden. Die Pferde sind 5000 Kilometer entfernt in Baschkirien gekauft und in die Region Kaschin geliefert worden. Zwei Jahre hat es gedauert, bis sich die Pferde an das neue Klima angepasst haben. Heutzutage wird in diesem Betrieb die beste Pferdemilch Russlands produziert. In den nächsten Jahren wird der Betrieb beginnen, aus getrockneter Pferdemilch Kindernahrung herzustellen. Derzeit hat man die Laborproben der Kindernahrung und einen neu entwickelten Lebensmittelstandard fertig. Sobald im Jahr 2014 die Fabrik neue Spezialmaschinen bekommt, wird mit der Produktion 132 Ergebnisse begonnen. Es ist schwer abzuschätzen, ob die touristische Tätigkeit von Medveditsa ohne Snajp so erfolgreich wäre. Medveditsa orientiert sich vor allem an Gästen, die nicht aus der Region Kaschin kommen. Deshalb wissen auch die Experten über den Betrieb nichts Genaues. Die Expertin aus Kaschin meinte, es sei ein Unternehmen, das nicht für die Öffentlichkeit gedacht sei, und Ljoscha sagte, dass es ein VIP Publikum habe. Die Wirtschaftslage sei stabil, sagte Julia. Sie und alle Mitarbeiter freuen sich, dass es den Betrieb in der Region gibt. Eine andere Arbeit, wo der Gehalt wirklich monatlich ausgezahlt wird, gibt es in der Nähe nicht. Im Fallbeispiel Ljoschas ist die Beschäftigung überwiegend durch die Saisonalität geprägt und hat meist den Charakter einer Teilzeitbeschäftigung nach einem Freelance-Modell. Im Beispiel ist die Entlohnung abhängig von der Menge an verfügbarer Beschäftigung und aufgewendeter Arbeitsleistung. Im Medveditsa-Beispiel sind die Anstellungen der Mitarbeiter fest und dort wird ebenfalls ein fixer Gehalt ausgezahlt. Die Beschäftigung selbst wird nicht durch die Saisonalität beeinflusst. Auch die Expertin aus der Region Kaschin hat deutlich angemerkt, dass die Touristenströme in der Region durch die Saisonalität stark geprägt sind. Das Tourismusbüro hat ein Experiment mit Autozählungen durchgeführt. Vor allem überwiegten hier „fremde Autos“, Autos aus Moskau. Das sieht man an den Autonummern auf den Straßen in der Region - Moskauer Kennzeichen tragen links oben die Nummern 77, 177, Moskauer Gebiet 50 und 150. Die Touristenströme gehen zurück, sobald die Sommermonate vorbei sind. Die Experten in der Tourismusentwicklung bestätigten, dass der Agrartourismus nur eine sehr kleine Sparte innerhalb des Tourismus ist. Der Agrartourismus bekommt wenig Unterstützung, nur Reiseführer werden jedes Jahr publiziert. Die Reiseführer sollten der Region helfen, Touristen anzuziehen, und dienen als Informationsquellen, sagen Experten. Die Expertin aus der Region Kaschin wies darauf hin, dass das Internet, eine wichtige Informationsquelle sei, weshalb die Region eine neue Webseite für Kaschin erstellen hat. 133 Ergebnisse Seine Skepsis begründet der Experte aus Tver mit BIP-Zahlen, weil der Tourismus wirtschaftlich für die Sowjetunion und auch jetzt für Russland nicht von besonderer Bedeutung ist. Das BIP des Tourismus lag laut Schätzungen des intervierten Expertes aus Tver noch zu sowjetischen Zeiten bei einem Niveau von 1-2 % und sollte heutzutage nicht viel grösser, vielleicht 2-3 % sein. 2012 lag das BIP des Tourismus laut dem Informationsdienst PROMTURISM bei 3,4%. Mit dem Multiplikatoreffekt bei 6,7%, berichtete das Infoportal des Kremls (2012), aus der Präsentation des UNSTAT (2009) lag der Tourismus Anteil des BIP Russlands bei 2,5% und mit dem Multiplikatoreffekt bei 6,3%. Im Jahr 2012 hat das BRP pro Kopf im Gebiet Tver 4000 Euro erreicht (ROSTATISTIKA, 2014). Seit 2008 arbeitet man daran, die touristischen Sattelitenkonten im ROSTATISTIKA zu einzufügen. Die Methodik ist im Jahr 2014 noch nicht eingeführt. 134 Diskussion 7. DISKUSSION Die Erreichbarkeit der Region Kaschin liegt an der Grenze einer guten Erreichbarkeit von den Großstädten ausgehend. Bei gutem Wetter, vor allem im Sommer, kommen die Touristen vor allem aus Moskau und der Gegend um Moskau. Die Erreichbarkeit wird durch Regen in den Zwischenzeiten erschwert. Schlechte Wetterbedienungen bringen wiederrum eine Senkung des Touristenstroms mit sich. VORLAUFER (2003) weist darauf hin, dass in Ländern mit besonders ausgeprägtem Saisionalität, die Hotels häufiger schließen und in Folge die Angestellten entlassen werden oder sie erhalten nur einen geringen Lohn. „Viele Reiseländer bemühen sich auch deshalb um eine Diversifizierung ihrer Märkte, weil Besucher aus verschiedenen Ländern nicht nur oft regional, sondern auch ein im Jahresverlauf differenziertes Reiseverhalten haben und so die oft extreme Saisonalität des Fremdenverkehrs mit ihren negativen Auswirkungen auf Beschäftigung und Einkommen gemildert werden kann.“ ROBERTS UND HALL (2001) formulierten für Großbritanien und Schweden „access to the contryside is an obvios prerequisite for rural recreation and tourism, and growing demand suggests a greater need for access”. Die touristische Wirtschaftslage der Region Kaschin lässt sich nicht durch BIP-Zahlen beschreiben. Denn um das BIP des Tourismus ausrechnen zu können, sollte von den Statistikbehörden der touristische Konsum vom nicht touristischen separat betrachtet werden. Deshalb ist es zurzeit für Russland nicht möglich direkte und indirekte Effekte des Tourismus – die Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte - sowie Multiplikatoreffekte exakt auszurechnen. Die Tourismussattelitenkonten würden erlauben solche Effekte zu analysieren. Nun ist die Methodik kompliziert und verlangt besondere Datenerfassung. Seit dem Jahr 2008 wird daran gearbeitet, die Tourismussattelitenkonten in Russland einzufügen. „In Luxusherbergen mit einem breiteren und qualitativ hochwertigen Angebot für eine einkommensstarke, anspruchsvolle Klientel ist die Zahl der Beschäftigten pro Bett, der Beschäftigungskoeffizient, höher als z.B. in „Einfach“-Hotels oder in Ferienwohnungen. So hat z.B. Höfels (1990) Koeffizienten zwischen 0,43 und 0,13 für Hotels oberer Kategorie und nicht lizensierte einfache Betriebe in Alanya (Türkei) ermittelt. Diese Relation, nicht aber die Werte, ist nach Erhebungen [Von Vorlaufer] auch für Bali, Kenya, 135 Diskussion Sri Lanka oder Thailand repräsentativ. Auf Bali z.B. entfielen 1994 auf ein Bett eines klassifizierten Hotels 0,8 eines nichtklassifizierten Betriebes nur 0,3 Beschäftigte“ (VORLAUFER, 2003). Am Bespiel des Schar-Ptitsa, wird auch ersichtlich, dass Tagesunterhaltungsprogramme und kurzfristiges Zelten bzw. einfache Unterkünfte weniger Arbeitsplätze in der Region Kaschin schaffen. „Regionen oder einzelne Standorte z. B. mit Betrieben vornehmlich für Besucher, die einfache Unterkünfte aufsuchen, haben vergleichsweise wenig Arbeitsplätze in der Hotellerie. Barbados ist ein Beispiel dafür, dass mit wachsender Besucheranzahl keine entsprechende Zunahme der Arbeitsplätze im Beherbergungsgewerbe verbunden sein muss, da die Bettenanzahl vornehmlich in Unterkünfte für Selbstversorger zunahm (VORLAUFER, 2003). Auch in Sri Lanka gestiegene Löhne wurden durch einen relativen Arbeitsplatzabbau kompensiert (VORLAUFER, 2003). Das Fallbeispiel Medveditsa veranschaulicht, dass komfortable Unterkünfte dem Betrieb feste Anstellungen für die Mitarbeiter erlauben. In Medveditsa standen entsprechende hohe private Investitionen für den Siedlungsbau zur Verfügung. VORLAUFER (2003) schrieb, dass Luxushotels pro Bett in der Regel eins bis zwei Mal mehr Beschäftigte als Einfach-Hotels brauchen, „jedoch ist die Kapitalintensität im allgemeinen höher“. Nur jeweils eine Person stand pro Betrieb für das Interview zur Verfügung, es wäre für die Reliabilität der Arbeit günstiger, mehrere Personen pro Betrieb aus verschiedenen Hierarchiestufen zu interviewen. Die Reliabilität wurde durch zusätzliche Experteninterview, statistische Daten und Literaturrecherchen erhöht. Nicht nur in der Literatur, auch in den Gesprächen werden verschiedene Begriff- und Bedeutungssystemen als Basis genutzt. Beim Schreiben dieser Masterarbeit wurde festgestellt, dass die Befragten sich auf ungleichartige bzw. heterogene Definitionen stützten. Besonders auffallende Beispiele dafür sind folgende: „Landwirtschaft zu treiben“ oder „Agrartourismus“. Unter Agrarwirtschaft werden nur große Betriebe mit angestelltem Personal verstanden. Ljoscha beispielsweise hat eine individuelle Hauswirtschaft und produziert für sich und seine Familie. Er kann sich locker bis in die Frühlingsmonate ernähren, nennt sich aber weder Landwirt noch nebenberuflicher Landwirt, weil er sich für Verkauf nicht interessiert. In der Untersuchungsregion arbeiten nur drei Betriebe im Bereich des ländlichen Tourismus. Der Tourismus allgemein bleibt in der Region Kaschin weitgehend 136 Diskussion unentwickelt. Das Tourismusentwicklungsprogramm wurde vor einem Jahr gestartet und lieferte bisher noch keine Ergebnisse. Im Gebiet Tver gibt es inklusive Kaschin 43 Regionen, und 52 Betriebe, die dem vielfaltigen ländlichen Tourismus zugeordnet werden können. Ein bis zwei Betriebe pro Region ist nicht viel, wenn man die Fläche Tvers (ungefähr wie ganz Ungarn) berücksichtigt. Kein Wunder, dass der Experte aus Tver bezügliche der ländlichen Tourismusentwicklung letztlich skeptisch geblieben ist. Es ist deshalb noch zu früh, die Beschäftigungseffekte des Agrartourismus in der Region erforschen zu wollen. Der Experte aus dem Ministerium für Wirtschaftsentwicklung hat in seinem Interview sogar versucht vom Forschungsthema abzuraten. Es sei noch zu früh über ländlichen Tourismus zu sprechen. Das Ministerium hat im Jahr 2013 ein touristisches Monitoring durchgeführt.Es gibt zwar einige engagierte Personen in der Forschungsregion, aber der Experte blieb skeptisch, ob diese irgendwann aus ihrem Business einen Gewinn erwirtschaften werden. Da nun nicht mehr drei sondern zwei Fallstudien in der Region durchgeführt wurden, war die Repräsentativität der Case Study mangelhaft. Um sie zu erhöhen wurden zusätzlich Expertenmeinungen abgefragt. Der Agrartourismus in der Region Kaschin hat heutzutage fast keine Bedeutung, deshalb war es vielleicht zu früh über die Beschäftigungseffekte zu sprechen. 137 Zusammenfassung 8. ZUSAMMENFASSUNG Die vorliegende Masterarbeit zeigt die Rolle des Agrartourismus für die Beschäftigungssituation in der Region Kaschin, Russland auf. Die Forschungsfrage der Masterarbeit ist, welche Beschäftigungseffekte aufgrund des Agrartourismus in der Region Kaschin in den letzten fünf Jahren zu treffen. Die möglichen Einflussfaktoren auf die Beschäftigung sind dazu in einem theoretischen Modell zusammengefasst. Ein weiterer theoretischer Bezug bilden die Exportbasistheorie und der Multiplikatoreffekt. Daten für die Untersuchung sind mittels qualitativen narrativen Interviews im Rahmen einer multiple-case study erhoben worden. Die Auswertung erfolgte durch eine qualitative Inhaltsanalyse. Die Untersuchungsregion Kaschin befindet sich im Osten des Gebiets Tver, 210 km nördlich von Moskau. Auf den zwei tausend Quadratkilometer wohnen knapp über 26 Tsd. Menschen. Die Region hat knapp über neun tausend erwerbstätige Personen, davon sind sieben tausend in der Wirschaft der Region tätig, die Vebliebene arbeiten in der Verwaltung und öffentlichen Einrichtungen. Der Tourismus hat zurzeit wenig Bedeutung für die Region. 160 Personen arbeiteten im Jahr 2012 in Gastronomie- und Beherbergungsbetrieben. Der Agrartourismus hat noch weniger Bedeutung. Ein Fallbeispielunternehmen Medveditsa beschäftigt acht Personen, beherbergt und bewirtet während des ganzen Jahr die Gäste. Der Betrieb Medveditsa hat seinen Mitarbeitern notwendige spezielle Ausbildung bezahlt und sorgt dafür, dass die erhaltenen Qualifikationen durch Schulungen und Weiterbildung aktuell bleiben. Ein anderes Fallbeispielunternehmen Schar-Ptitsa fürht vor allem Volksfeste und Exkursionen durch. Hat also Tagesaktivitäten für Touristen, aber keine feste Anstellung für die Mehrheit der Mitarbeiter. Der Betrieb Schar-Ptitsa heisst Leute, die Handwerk beherrschen, Amateure, Reiseführer als Freelancer oder Volontäre wilkommen. Es geht im Betrieb vor allem um eine Nebenverdienstmöglichkeit. Die beiden Falbeispielsunternehmen beschäftigen weniger als 20 Mitarbeiter. Die Arbeit zeigt, dass die sensibelsten Einflussfaktoren auf die Beschäftigung die Infrastruktur, die Erreichbarkeit und die Saisonalität sind. Diese Punkte wurden in den Interviews am häufigsten angesprochen. Durch die regionalen Wetterbedienungen wird die 138 Zusammenfassung Erreichbarkeit beeinflusst. Die beiden Betriebe, Medveditsa und Schar-Ptitsa, verbinden einen Rückgang des Touristenstroms mit den Wetterbedingungen. Die Expertin aus der Region Kaschin weist ebenso darauf hin. Sobald der Sommer vorbei ist, nehmen die Autoströme vor allem aus Moskau und dem Gebiet um Moskau kontinuierlich ab. Im Vergleich zur Moskauer Umgebung bietet das Gebiet Tver nur zögerliche Entwicklung des Agrartourismus bzw. ländlichen Tourismus. Letztendlich sind viel weniger Touristen bereit über 200 km in die Natur zu fahren, wenn ähnliches um ein Vielfaches weniger von der Stadt entfernt liegt. Anschließend wurde die mangelnde Finanzierung bei den Interviews angesprochen. Oftmals wurden Finanzierungsprobleme erwähnt, welche letztendlich die Entwicklung der Tourismusinfrastruktur verhindern oder zumeist verzögern. Die Region Kaschin hat im Rahmen des Tourismusentwicklungsprogramms keine Finanzierungsmittel bekommen. Die Wirtschaftslage sowie Tourismusinfrastruktur in der Region ist derzeit für die Ansiedlung der Agrartourismusbetriebe wenig attraktiv. Dadurch entwickelt sich die touristische Infrastruktur nur sehr langsam. Die Touristische Infrastruktur, Freizeitaktivitäten, vor allem Gastronomiebetriebe sind weitgehend noch nicht vorhanden. Gastronomiebetriebe gibt es nur sechs, Beherbergungsmöglichkeiten sind ebenso begrenzt. Die Region Kaschin muss für die Finanzierung des Tourismusentwicklungsprogramms eigene Finanzierungsmittel lukruieren, was sich ebenfalls verzögernd auf die touristische Entwicklung auswirkt. Im Rahmen des Regionalentwicklungsprogramms werden Inizativen und Vorschläge aus der Region Kaschin mit solchen aus anderen Regionen verglichen und diskutiert. Der Informationsaustausch hilft, gute Praxisbeispiele zu sammeln, welche in anderen Regionen ebenfalls umgesetzt werden könnten. Empfehlenswert für die Region wäre eine Aufklärung im Bereich des Agrartourismus in Form von Workshops für die Bevölkerung. Dies soll das Interesse der heimischen Bevölkerung für den Agrartourismus wecken. Einerseits bietet der Agrartourismus potenzielle Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigungsmöglichkeiten und andererseits die Möglichkeit eines zusätzlichen Einkommens. Die Einflussfaktoren soziale Einfluss, die Struktur der Landwirtschaft, Politik und Rechtvorschriften wurden in Intervies wenig oder kaum angesprochen. Der soziale 139 Zusammenfassung Einfluss auf die Beschäftigungssituation im Agrartourismus in der Region lässt sich nicht beobachten. Um das Konsumentenverhalten genauer zu beschreiben, wäre eine Touristenbefragung notwendig. Das System an Rechtvorschriften für die touristischen und landwirtschaftlichen Unternehmen bietet von der Produktionsstukturt abhänhig mindestens drei Möglichkeiten die touristische Tätigkeit zu führen. Seit 2008 wird in Russland daran gearbeitet, die Datenerhebungen für Tourismussattelitenkonten anzupassen. Sobald die Tourismussattelitenkonten in die Statistik eingeführt sind, wird es möglich, die Tourismusauswirkungen zu evaluieren und Perspektiven abzuschätzen. In der Statistik werden weder Wertschöpfungseffekte und Beschäftigungseffekte des Tourismus erfasst, noch Agrartourismusdaten. Die Arbeit veranschaulicht die Hürden und Chancen des ländlichen Tourismus in der Region und dient als Vorarbeit für eine weiterführende Forschung. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht die Bedeutung des Agrartourismus für die Entwicklung der Region Kaschin. 140 Abbildungsverzeichnis 9. ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Berechnung von Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten (MAYER et al., 2007) .............................................................................................................................. 22 Abbildung 2: Angenommene Einflussfaktoren auf regionale Beschäftigungseffekte des Agrartourismus (eigene Darstellung) .................................................................................. 29 Abbildung 3: Bedingungen für Tourismus im Zusammenspiel von regionaler und globaler Arbeitslosenrate. (Quelle: eigene Darstellung) ................................................................... 30 Abbildung 4: Einkommensverteilung (eigene Darstellung) ................................................ 46 Abbildung 5: Lohn und Beschäftigung im Agrartourismus in einer Teilregion und im globalen Umfeld (Quelle eigene Darstellung) ..................................................................... 47 Abbildung 6: Suchmaschine des UniSIS (UniSIS, 2014) ................................................... 51 Abbildung 7: Interface von CSBD des GKS (Quelle: CBSD ROSSTATISTIKA, 2014) .. 52 Abbildung 8: Gestaltung einer statistischen Tabelle für eine ausgewählte Kleinregion online (Quelle: GKS, 2014) ................................................................................................. 53 Abbildung 9: Multiple-case study Methode (Quelle: YIN, 2002)....................................... 57 Abbildung 10: Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse (allgemein) (Quelle: Mayring,1997) ..................................................................................................................... 69 Abbildung 11: Ablaufmodell der strukturierenden Inhaltsanalyse anhand des Analysematerials (Quelle: eigene Darstellung nach Mayring, 2014).................................. 70 Abbildung 12: Karte des Gebiets Tver (Quelle: Karte, 2013 UnSiS) ................................. 73 Abbildung 13: Rural Development Challenges of Russian Regions and Present Policy Solutions (Quelle: Alexandre Merzlov, Vortrag an der Herbstakademie, Stuttgart 2012) . 74 Abbildung 14: Produktionsvolumen tierischer Erzeugnisse nach Unternehmensart, in Euro (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) .......... 80 Abbildung 15: Produktionsvolumen pflanzlicher Erzeugnisse nach Unternehmensart, in Euro (Quelle: Datenbank für Gemeindekennzahlen des GKS, eigene Darstellung, 2014) . 81 Abbildung 16: Anzahl der Gäste in Herbergen und Kurbetrieben des Gebiets Tver,, 20022012 (Quelle: UNISIS, eigene Darstellung, 2014) .............................................................. 84 Abbildung 17: Anzahl der Übernachtungen in Herbergen und in Kurbetrieben des Gebiets Tver, 2002-2012 (Quelle: UNISIS, eigene Darstellung, 2014) ........................................... 84 Abbildung 18: Der Touristenströme in Zentralrussland 2011, Tsd. Personen (Quelle: Tourismusentwicklungsprogramm für die Region Tver, 2011) .......................................... 85 Abbildung 19: Stadt Kaschin und deren Tourismusinfrastruktur (Quelle: Kaschingrad, 2014) .................................................................................................................................... 89 Abbildung 20: Umgebung der Stadt Kaschin und Tourismusinfrastruktur (Quelle: Kaschingrad, 2014).............................................................................................................. 89 Abbildung 21:Touristische Siedlung Medveditsa (Quelle: Medveditsa, 2012) .................. 95 141 Tabellenverzeichnis Abbildung 22: Maskottchenpuppen (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) ....................................... 96 Abbildung 23: Restaurierungsarbeiten im Kloster Klobukov in Kaschin (Quelle: das private Archiv von Vera Alekseevna Nikonova, 2014) ...................................................... 96 Abbildung 24: Eröffnung des Denkmals der heiligen Patronin der Stadt Kaschin - Anna Kaschinskaja im Jahr 2009 (Quelle: das private Archiv von Vera Alekseevna Nikonova, 2014) .................................................................................................................................... 97 Abbildung 25: Handwerker und seine Puppen (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) .................... 105 Abbildung 26: Traditionellbemalte Eier (Quelle: Schar-Ptitsa, 2014) .............................. 109 10. TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Reiseveranstalter in der Russischen Föderation ................................................. 51 Tabelle 2: Fläche der Betriebe nach Unternehmensart und Eigentumsart in der Region Kaschin, ha .......................................................................................................................... 76 Tabelle 3: Flächenverteilung in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Region Kaschin im Zeitraum von 2008 bis 2013, ha ..................................................................................... 77 Tabelle 4: Bäuerliche Betriebe (Farmen) und deren Flächenverteilung 2008-2013, ha ..... 78 Tabelle 5: Flächenverteilung in den Betrieben der Bevölkerung 2008-2013, ha ................ 78 Tabelle 6: Gesamttierbestand in Betrieben aller Kategorien 2008-2012, Stück/Tierkopf .. 79 Tabelle 7: Landwirtschaftliches Produktionsvolumen 2008-2012 in realen Preisen, umgerechnet in Euro ............................................................................................................ 80 Tabelle 8: Anzahl der Reiseveranstalter ohne Touragenten in Russland 2010-1013, Unternehmensanzahl ........................................................................................................... 82 Tabelle 9: Tourismusstatistik des Gebiets Tver, 2008-2012 ............................................... 83 Tabelle 10: Tourismuskennzahlen des Gebiets Tver nach Angaben des Monitorings, 2011 ............................................................................................................................................. 86 Tabelle 11: Pessimistische und optimistische Erwartungen des Tourismusentwicklungsprogramms für das Gebiet Tver für den Zeitraum 2012 -2020 ..... 87 Tabelle 12: Anzahl der Beschäftigten in der Agrar- und Forstwirtschaft der Region Kaschin, 2009-2012 ............................................................................................................. 91 Tabelle 13: Anzahl der Beschäftigten in Hotels und Restaurants in der Region Kaschin, 2009-2012 ............................................................................................................................ 91 Tabelle 14: Durchschnittlicher Lohn in der Agrar-, Forst- und Jagdwirtschaft in der Region Kaschin 2009-2013, Euro .................................................................................................... 92 Tabelle 15: Durchschnittlicher Lohn in Hotels und Restaurants in der Region Kaschin 2009-2013, Euro .................................................................................................................. 92 142 Verzeichnis der Übersichtsverzeichnis Tabelle 16: Entwicklung der Wohnbevölkerung in der Region Kaschin,2006-2011, Personen .............................................................................................................................. 93 Tabelle 17: Altersstruktur der Erwerbstätigen Personen in der Region Kaschin 2006-2010 ............................................................................................................................................. 93 Tabelle 18: Beschäftigungskennzahlen in der Region Kaschin 2006-2010 ........................ 94 11. VERZEICHNIS DER ÜBERSICHTSVERZEICHNIS Übersicht 1: Federal State Statistics Service, several types and levels of subdivisions of Russia .................................................................................................................................. 50 Übersicht 2: case study tactics recommended tests ............................................................. 58 Übersicht 3: Kategorien für die Auswertung und Beispiele aus transkribierten Texten ..... 66 Übersicht 4: Vollisst der Rechtsvorschriften für ein Agrarunternehmer ........................... 127 12. VERZEICHNIS DER ANHÄNGE Anhang 1: Touristische Themenzonen des Gebiets Twer ................................................. 150 Anhang 2: Flyers zu Tourismusmesse Otdych 2013 ......................................................... 152 143 Quellen- und Literaturverzeichnis 13. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS ALDA, H.; BELLMANN, L. 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ANHANG Anhang 1: Touristische Themenzonen des Gebiets Twer Приложение 2 к Стратегии развития туризма Тверской области до 2020 года в Туристские зоны Тверской области Московское море Курорт на единой акватории Иваньковского водохранилища вплоть до речного порта Твери. Водные рекреационные ресурсы для яхтинга, аквабайка, серфинга, кайтинга, водных лыж, ловли рыбы, охоты, уникальные условия для совмещения деловых мероприятий с активным отдыхом. Близость к Москве и трассе Москва – Санкт-Петербург. Селигер Курорт Селигер – центр комплексного круглогодичного туризма на территории озерно-речной системы «Селигер – Верхневолжские озера». Обширная экологически 150 Anhang чистая территория с богатейшим археологическим и историко-культурным наследием. Истоки двух великих рек – Волги и Западной Двины. Великое Троеградье Единый экономический и духовный центр Тверской области, объединяющий развитую туристскую и информационную инфраструктуру. Сосредоточение историко-культурных памятников, святынь православной культуры в трех городах – Твери, Торжке и Старице. Пересечение уникальных туристских маршрутов. Балтийская стрела Экологически чистая природная территория, с уникальными водными ресурсами и богатейшими условиями для развития экологического, спортивного и промыслового туризма. Центрально-лесной государственный природный биосферный заповедник – биосферный резерват ЮНЕСКО. Транспортный коридор в Европу с развитой инфраструктурой гостеприимства. Русская Венеция Вышневолоцкое Поозерье – крупнейший центр культурно-познавательного водного, спортивного и этнографического туризма на трассе Москва – Санкт-Петербург в равном удалении от столиц. Вышний Волочек – уникальный город на водоразделе Балтийского и Каспийского морей – центр первой в истории России искусственной гидротехнической системы. Действующий центр реалистической русской живописи. Жемчужная нить Регион, объединяющий возможности малых городов и волжских просторов. Зона, размыкающая маршруты «Золотого кольца». Уникальные по лечебным свойствам Кашинские минеральные воды и лечебные грязи. Карельская тропа Национально-культурная автономия тверских карел, сохранивших жизненный уклад и самобытность своего народа. Центр зимнего и летнего спортивного отдыха. Сопряжение этнического, аграрного и спортивного туризма. Бежецкий верх Пространство гостеприимства и малых форм туристского бизнеса. Богатейшее историко-культурное наследие Великого Новгорода. Уникальные возможности для отдыха и занятий водными видами спорта в акватории Рыбинского водохранилища. 151 Anhang Anhang 2: Flyers zu Tourismusmesse Otdych 2013 152 Anhang 153 Anhang 154 Anhang 155