Sag mir, wer Du bist, und ich sage Dir, was Du willst - WAN-IFRA
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Sag mir, wer Du bist, und ich sage Dir, was Du willst - WAN-IFRA
Schwerpunkt – Valérie Arnould Dezember 1999 zeitungstechnik Banner, rubrizierte Anzeigen und Auktionen Sag mir, wer Du bist, und ich sage Dir, was Du willst Banner sind nach wie vor die gängigste Form von Werbung im Internet. Ihre Wirksamkeit wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Die Nutzer klicken immer seltener auf die Werbeflächen, selbst wenn diese vor Kreativität nur so übersprudeln, um die Aufmerksamkeit des Betrachters zu wecken. Anzeigenkunden suchen darum zunehmend nach Modellen, die eine wirkliche Interaktion mit den Kunden ermöglichen. Banner-Anzeigen, die erste Form von Werbung im Internet, dürfen noch nicht zum alten Eisen gezählt werden. Sie machen noch 50 % der Online-Werbung aus, und sehr pessimistischen Schätzungen zufolge werden in zwei Jahren immerhin noch etwa ein Viertel der Werbeaufwendungen auf sie entfallen (Zahlen von eMarketer). Banner-Anzeigen werden weiterhin bei der Steigerung des Bekanntheitsgrades von Marken eine große Rolle spielen. Für die Verkaufsförderung werden jedoch andere Modelle benötigt. Und man spricht wieder vom sogenannten „strategischen Sponsoring“, bei dem an eine bestimmte Zielgruppe gerichtete Inhalte und Serviceleistungen miteinander verknüpft werden. Die New York Times on the Web (nytimes.com) ist ein gutes Beispiel für diese Entwicklung, da auf dieser Web-Site sowohl traditionelle Werbeformate als auch Sponsoring-Bereiche und Möglichkeiten zur Durchführung von gezielten Kampagnen für bestimmte Nutzergruppen angeboten werden. Christine Cook, Vice President von Times Company Digital (TCD), dem Betreiber von nytimes.com, hat keinen Grund, an der Wirksamkeit der Banner zu zweifeln. Seit die New York Times im Internet präsent ist, werden die Nutzer – ähnlich wie bei der Bestellung eines Abonnements – zur Eingabe ihrer Daten aufgefordert. Diejenigen, die sich durch das Ausfüllen ei- Die Web-Site der New York Times ist ausgesprochen umfangreich. Hauptziel: eine treue Nutzerschaft. 16 Um kostenlos auf alle Inhalte der Web-Site zugreifen zu können, müssen die Nutzer ihre Daten in diese einfach und schnell auszufüllende Maske eingeben. nes kurzen Formulars registrieren, erhalten kostenlos Zugriff zu den Informationen auf der Web-Site. TCD hat unbeirrt an dieser von anderen als problematisch eingestuften Strategie festgehalten und verfügt nun über eine umfassende Datenbank mit Angaben (Alter, Geschlecht, Wohnort, Einkommensverhältnisse) zu mehr als zehn Millionen Benutzern. „Die Besucher von nytimes.com zeigen durch die Registrierung ihr Interesse, und die Anzeigenkunden profitieren von einer solchen Umgebung“, sagte Christine Cook in ihrem Beitrag auf der Konferenz Beyond the Printed Word. „Wir haben einen Panel zusammengestellt, um die Reaktion unserer Besucher auf bestimmte Marken zu untersuchen, die auf unserer Web-Site beworben wurden. Die Banner-Anzeigen für diese Marken wurden den Panel-Mitgliedern vorgeführt. Das Ergebnis war bemerkenswert: Der Wert für die Qualitätsbeurteilung der Marke stieg um 14 %. Ebenfalls positiv entwickelte sich die Bewertung des Nutzens, den diese Mar- zeitungstechnik Dezember 1999 ke erbringen kann: Dieser Wert stieg um 16 %. Ich möchte hiermit aufzeigen, daß der Kontaktpunkt, an dem Verbraucher und Marke zusammentreffen (Anm. d. Red: in diesem Fall die Web-Site der Zeitung) für die Einschätzung der Markenqualität eine große Bedeutung hat.“ Diese positiven Auswirkungen der Zeitungsumgebung auf eine Marke sind sicherlich auch ohne Anwenderregistrierung gegeben. Die NYT-WebSite bietet jedoch einen zusätzlichen Vorteil: Ist der Anzeigenkunde nicht von diesem ersten Argument überzeugt, kann Christine Cook einen zweiten Trumpf ausspielen – die Möglichkeit, auf Basis einer kategorisierten Besucherdatenbank gezielt bestimmte Verbrauchergruppen anzusprechen. TCD kann für jeden Anzeigenkunden eine maßgeschneiderte Kampagne entwickeln: „Dank unserer Anzeigen-Positionierungssoftware Open AdStream (Real Media) und dank unserer Nutzerdatenbank können wir den Anzeigenkunden eine auf vier Säulen basierende Mediaplanung bieten. Diese Säulen sind Kontext (Plazierung einer Anzeige in Abhängigkeit von der Rubrik oder des aufgerufenen Artikels), Technik (Berücksichtigung des Nutzertyps und der von ihm eingesetzten IT-Plattform), Demografie (Alter, Einkommensverhältnisse, Wohnort und Geschlecht) sowie weitere spezifische Kriterien (Anzeigenplazierung gemäß der Tageszeit, des Wochentags oder Steigerung bzw. Verringerung der Plazierungshäufigkeit). Diese Komponenten können den Anforderungen der Kampagne entsprechend kombiniert werden.“ Auf der NYT-Web-Site nutzen fast 75 % der Anzeigenkunden die angebotenen Möglichkeiten zur zielgruppenorientierten Werbung, um eine optimale Wirkung für Valérie Arnould Schwerpunkt ihrer Site anzubieten, welche die Leser dazu motivieren, einfache Fragebögen auszufüllen.“ ihre Kampagnen zu erzielen (siehe Kasten). Die Zeitung verfügt zudem über die E-Mail-Adressen ihrer Leser und könnte auch diese an die Anzeigenkunden verkaufen. Christine Cook erläutert, warum die Christine Cook Zeitung meist davon absieht: „E-Mails sind ein wirkungsvolles Marketinginstrument, wir beschränken jedoch freiwillig die Zahl der E-Mails, die wir an unsere Leser senden, um deren Posteingänge nicht zu verstopfen und eine bessere Wirkung zu erzielen, wenn wir doch einmal E-Mail-Adressen an einen Anzeigenkunden weitergeben. Kampagnen, bei denen Banner-Anzeigen mit E-MailAktionen kombiniert werden, sind hingegen ideal, da die Reaktion der Nutzer auf eine Anzeige meßbar ist und der Anbieter eine längerfristige Kundenbindung erreichen kann.“ In diesem Fall stellt der Leser seine E-Mail-Adresse selbst zur Verfügung, um weitere Informationen zu einem Produkt anzufordern. Immer wenn Christine Cook die Strategie der NYT erläutert, wird ihr dieselbe Frage gestellt: Wie kann eine Zeitung mit einem weniger bekannten Namen ihre Besucher dazu bringen, ihre Daten in eine Maske einzutragen, wenn sie auf die Web-Site zugreifen wollen? Ihre Antwort: „In jeder Gegend besteht eine starke Bindung zur jeweiligen Regionalzeitung. Jede Tageszeitung hat somit die Möglichkeit, bestimmte Bereiche ihrer Site nur registrierten Benutzern zugänglich zu machen oder bestimmte Serviceleistungen auf Rubrizierte Anzeigen: Anpassung an das Medium Ein Bereich, in dem die Entwicklung des amerikanischen Marktes besonders interessant zu beobachten ist, sind die rubrizierten Anzeigen. Die Voraussetzungen sind sicherlich optimal. Bei den Anzeigeneinnahmen der amerikanischen Zeitungen liegen gestaltete und rubrizierte Anzeigen in etwa gleichauf: Der Anteil der gestalteten Anzeigen liegt bei 46 %, der Anteil der rubrizierten Anzeigen bei 41 %. Dieser florierende Markt (1998 kam man bei den Zeitungen bei einem Gesamtumsatz von 54 Milliarden US-$ auf Einnahmen von 17,9 Milliarden US-$) läßt bei den Zeitungen auf der anderen Seite des Atlantiks beinahe schon Neid aufkommen. Paradoxerweise wird der Anteil der Online-Anzeigen am gesamten Markt für rubrizierte Anzeigen in den Prognosen für dieses Jahr auf lediglich ein Prozent geschätzt, und auch in fünf Jahren wird ihr Anteil vermutlich zehn Prozent kaum übersteigen. Fast 80 % der Zeitungen publizieren ihre Anzeigen bereits im Web und verknüpfen sie mit anderen Angeboten (z. B. über Classified Ventures oder AdOne Classified Network). Gelegentlich kommt es hierbei sogar zu Bündnissen zwischen unmittelbaren Konkurrenten – ein Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit der texanischen Zeitungen von Knight-Ridder und Belo (Dallas Morning News und Ft. Worth Star Telegram), die schließlich zur Eröffnung der Web-Site DFW.com führte. Angesichts solcher Allianzen mußten die Wettbewerber die Meß- Links: Wenn der Nutzer auf der Seite mit den Filmkritiken auf den Werbe-Button von Big Star klickt, wird er gefragt (Mitte), ob er wissen möchte, wann die Filme als Videokassetten erhältlich sind. Rechts: Die auffällige „fünfte Spalte" ist im Prinzip nichts anderes als eine Banner-Anzeige mit ungewöhnlicher Form. 17 Schwerpunkt Valérie Arnould Nutzern nun auf lokaler und regionaler Ebene eine Suche nach Kategorien.“ Marsha Stoltman wurde kürzlich auf einer Konferenz gefragt, warum alle Welt plötzlich Web-Sites für rubrizierte Anzeigen mit redaktionellen Inhalte anreichern will – schließlich sei das beim Printprodukt auch nicht notwendig. Sie entgegnet hierauf: „Das Web ist ein vollkommen anderes Medium als die Zeitung in Papierform. Dies erscheint zwar offensichtlich, dennoch muß immer wieder darauf hingewiesen werden, denn die Frage, warum wir im Web völlig neuartige, vom Papierprodukt unabhängige Leistungen anbieten sollen, stellt sich oft. Wir müssen so viel Geld in unsere WebSites mit rubrizierten Anzeigen stecken, weil Anbieter wie Yahoo! Classifieds2000, AOL und Microsoft keine Zeit damit verlie- latte noch einmal höher legen. Sie ignorieren die klassische Erscheinungsweise rubrizierter Anzeigen in Zeitungen und ergänzen das Angebot durch Serviceleistungen (Tips zum Verfassen eines Lebenslaufs, Einkommensberechnung, Informationen zu verschiedenen Branchen, Zusendung von Stellenangeboten per Email usw.) sowie durch leistungsfähige Such-Tools: „Fast alle Betreiber von Web-Sites mit rubrizierten Anzeigen haben in den letzten zwölf Monaten ein „Lifting“ ihrer Sites angekündigt“, erläuterte Marsha Stoltman, Vice President Marketing Relations von Editor & Publisher. „Bei allen Relaunches wurden die Suchmöglichkeiten für die Nutzer ausgebaut. Als Reaktion hierauf hat AdOne kürzlich ebenfalls seine Site ClassifiedWarehouse umgestaltet und ermöglicht den > Banner-Anzeigen für Zielgruppen The New York Times experimentiert mit einer ganzen Reihe von Möglichkeiten zur Plazierung von Banner-Anzeigen. Die einzelnen Formate fügen sich optimal in die redaktionelle Umgebung und die Gestaltung der Site ein. Unter anderem werden die folgenden Spezialformate angeboten: – „Site for a day“: Dem Kunden wird eine bestimmte Fläche im oberen linken Bereich der Seite überlassen. Sein Banner erscheint in allen großen Rubriken der Site. – „5th column“: Die Leser der New York Times reagieren auf animierte Banner eher ablehnend, da die Aussage der Werbung oft nicht auf den ersten Blick deutlich wird. Aus diesem Grund bietet die NYT auf ihren Seiten eine fünfte Spalte an, auf der die gesamte Werbebotschaft plaziert werden kann, ohne daß der potentielle Kunde auf das Banner klicken oder das Ende der Animation abwarten muß, um zu erfahren, worum es geht. – „e-mail capture and fixed positioning“: Im Artikeltext wird eine Anzeige plaziert, die in direktem Zusammenhang mit dem Thema des Artikels steht (das Format wird bei der NYT „button“ genannt). Beispielsweise könnte ein fest positionierter Button in den Filmkritiken für Big Star werben, einen Anbieter von DVDs und Videos. Wenn die Leser des Artikels auf den Button klicken, können sie Big Star darum bitten, sie per E-Mail zu benachrichtigen, wenn einer der im Artikel beschriebenen Filme auf DVD oder als Videokassette erhältlich ist. Der Anbieter kann sich auf diese Weise einen neuen Stamm von Kunden aufbauen, die ausdrücklich den Wunsch geäußert haben, über Neuigkeiten auf dem laufenden gehalten zu werden. – „custom publishing (microsites and fixed positioning)“: Ein Beispiel für diese Werbemöglichkeit ist der Anzeigenkunde Northern Light. Die NYT hat für diesen Kunden eine Mini-Site erstellt, über welche die Nutzer gratis Zugriff auf die Archive der Tageszeitung erhalten, wofür normalerweise ein Entgelt gezahlt werden muß. Die Möglichkeit zur Suche in diesem Archiv wird auf einem fest plazierten Werbebereich im Wirtschaftsteil angeboten. Ein Mausklick führt den Nutzer auf die Mini-Site des Anzeigenkunden. Auf diese Weise kann der Kunde dem Nutzer einen Service bieten und gleichzeitig dafür sorgen, daß seine MiniSite regelmäßig besucht wird. 18 Dezember 1999 zeitungstechnik ren, Zeitungen und Internet miteinander zu vergleichen. Sie haben einen anderen Hintergrund, weshalb es für sie kein Problem darstellt, ihre Immobilienanzeigen um ein Tool zur KreditberechMarsha Stoltman nung oder das Stellenanzeigen-Angebot um Ratschläge für Bewerber zu erweitern.“ In Zukunft wird man auf Anzeigen-Sites immer aufwendigere Tools (beispielsweise Video- und Audiosequenzen, 3D-Animationen usw.) einsetzen, um den Nutzern eine dynamischere, interaktive Informationsabfrage zu ermöglichen. Und diese neuen Tools sollen nicht nur als zusätzlicher Anreiz für die Benutzer dienen, sie müssen auch zusätzliche Leistungen für die Anzeigenkunden bieten, damit die Zeitungen sie zur Erschließung neuer Einnahmequellen nutzen können. Was soll man steigern: Anzeigenvolumen oder Werbebudget? Marsha Stoltman verdeutlicht die Rolle, die der Markt inzwischen bei rubrizierten Online-Anzeigen spielt, mit einem Beispiel: „Die junge Firma HotJobs investierte zwei Millionen Dollar darin, einen Werbespot während der Übertragung des Football-Finales Super Bowl zu schalten. Dieser Betrag entspricht der Hälfte des Umsatzes des Unternehmens im Jahre 1998. Nach dieser Aktion stieg die Besucherzahl der Web-Site erheblich an, was teilweise auch in der Berichterstattung begründet lag, die dieser Werbeaktion folgte (Anm. d. Red.: es ist außerordentlich schwierig, einen Werbeplatz während der Übertragung dieses Finales zu ergattern.). Der President von HotJobs gab inzwischen bekannt, daß der Umsatz des Unternehmens seit der Übertragung des Werbespots um 82 % gestiegen ist. Nun hat sich das Unternehmen dazu entschlossen, bei der nächsten Super Bowl nicht nur einen, sondern gleich zwei Spots zu schalten.“ Der Erfolg von HotJobs ist in die Internet-Geschichtsbücher eingegangen, weil er so spektakulär ist. Doch Martha Stoltman will mit dem Beispiel noch eine weitere Theorie untermauern: Im Gegensatz zu den Zeitungen in Papierform, deren Be- zeitungstechnik Dezember 1999 kanntheit meist von der Menge der rubrizierten Anzeigen abhängt, garantiert im Internet die Größe allein noch keine hohen Besucherzahlen. „Obwohl CareerPath.com auf seiner Site zirka 400 000 Stellenanzeigen bietet, verzeichnet der Anbieter weniger Zugriffe als Monster.com mit 230 000 Stellenanzeigen.“ Aus diesem Grund investiert CareerPath nun in Werbung: „Dank einiger Werbekampagnen mit einem Umfang von mehreren Millionen Dollar konnte das Verkehrsaufkommen auf der Web-Site innerhalb von kurzer Zeit merklich gesteigert werden. CareerPath nutzt hierbei die Vorteile einer Zusammenarbeit mit 100 Partnerzeitungen. Zählt man die Anzeigen in den Zeitungen und die Werbung in anderen Medien der Partner (Radio, Fernsehen, Plakate, Kampagnen auf anderen Web-Sites) zusammen, kommt man insgesamt auf ein Werbebudget von fast 50 Millionen US-$.“ Marsha Stoltman zufolge werden die gewaltigen Anforderungen in Hinblick auf Werbung und Zusatzleistungen dazu führen, daß sich die großen Anbieter von rubrizierten Anzeigen im Web weiter annähern – unabhängig davon, ob sie aus dem Bereich der Printmedien oder aus anderen Bereichen kommen. Rubrikanzeigen versus Auktionen Seit Anfang dieses Jahres sind WebAuktionen das Lieblingsthema der amerikanischen Presse, und auch in Europa hat man diese hervorragende Idee – erstaunlicherweise – sofort aufgegriffen. Unterstützt von Werbekampagnen in Radio, Fernsehen und Zeitungen drängen auch in Europa in beeindruckendem Tempo Web-Sites mit elektronischen Versteigerungen auf den Markt. Das spielerische Element dieser Versteigerungen wurde schnell von umfassenderen Marketingüberlegungen in den Hintergrund gedrängt. Schließlich sorgen elektronische Auktionen für einen explosiven Anstieg des Verkehrsaufkommens, eine starken Bindung der Nutzer und längere Verweilzeiten; sie ermöglichen die Verknüpfung von rubrizierten Anzeigen und E-Commerce und bieten eine vorbildliche Interaktivität. Auf der Konferenz referierte Melinda Gipson, Director Media/Business Development bei der Newspaper Association of America, über dieses Thema: „In der Top Ten der meistgesuchten Dinge auf der Web-Site des Branchenführers eBay finden Valérie Arnould sich heute Computer, Autos und die verschiedensten Sammelobjekte. In Zukunft werden mehr und mehr Händler dieses Medium nutzen, um bestimmte Produkte zu ‚verramschen‘ oder um die Akzeptanz bei neuen Produkten zu testen, und man wird Rubriken wie Reisen, Autos, Sport/Freizeit oder sogar Dienstleistungen einrichten. Das Hauptaugenmerk wird auf dem Preis liegen. Der informierte Internet-Nutzer sucht nach günstigen Angeboten (Anm. d. Red.: Selbst wenn Besucher nichts verkaufen wollen oder nichts Bestimmtes suchen, besuchen sie die Web-Sites, um eventuell ein Schnäppchen zu machen). Hierbei ist das Wetteifern von entscheidender Bedeutung: wenn man ein Objekt ersteigert oder wenn einem etwas durch die Lappen geht, steigt der Adrenalinspiegel. Web-Auktionen steigern sowohl das Gemeinschaftsgefühl als auch das Vertrauen in das Medium Internet, wobei hier sowohl das Vertrauen in den Web-Site-Betreiber, der die Auktionen organisiert und sicherstellen muß, daß die Regeln eingehalten werden, als auch das Vertrauen in die anderen Nutzer, die Objekte anbieten, eine Rolle spielt. All dies stützt sich in hohem Maße auf Mundpropaganda: Wenn ein Kunde in einem Geschäft ein günstiges Angebot entdeckt, erzählt er dies weiter, und entsprechend berichten auch die Nutzer von Online-Auktionen über ihre ersteigerten Artikel.“ eBay hat als einfache Web-Site zur Versteigerung von Artikeln von Privatpersonen für Privatpersonen begonnen. Nach Einschätzung von Melinda Gipson werden die Zeitungs-Web-Sites mit rubrizierten Anzeigen insbesondere durch den Erfolg solcher vom Zeitungskontext vollkommen unabhängiger Angebote bedroht: „eBay kann 5,6 Mio. registrierte Nutzer vorweisen und bietet fast zwei Millionen Objekte zur Versteigerung an. Der Wert der über eBay angebotenen Produkte betrug 1999 fast 2,7 Milliarden US-$ – doppelt so viel wie der Umsatz von Amazon.com, im E-Commerce-Bereich der Vergleichsmaßstab schlechthin.“ Welche Produkte wurden in den letzten sechs Monaten am häufigsten bei Web-Auktionen gekauft? (Quelle: Jupiter Communications) Welche Produkte würden die Kunden nach eigenen Angaben am ehesten bei einer Web-Auktion kaufen? (Quelle: Jupiter Communications) Welche Kriterien könnten ausschlaggebend dafür sein, daß Nutzer künftig an Web-Auktionen teilnehmen? (Quelle: Jupiter Communications) Gestaltung ohne Grenzen bei Web-Auktionen eBay mag die bekannteste Site für Web-Auktionen sein, doch auch andere Anbieter können in diesem Bereich große Zuwächse vorweisen, beispielsweise Onsale (dessen Web-Site Exchange für Angebote Wie man sieht, verbringen die Besucher viel Zeit mit der Suche nach Schnäppchen. (Quelle: Jupiter Communications) 19 Druck Schwerpunkt und Versand Valérie Arnould Dezember 1999 zeitungstechnik me des Produktes in die Web-Site zwei Dollar und nach Abschluß der Transaktion fünf Prozent des Preises. Yahoo! bietet den Service gratis an, finanziert das Angebot jedoch durch Werbung. Bei Excite und Classifieds2000 wird Privatkunden nichts berechnet, während Unternehmen, die ihre Artikel über die Web-Site versteigern lassen, für Werbung und die einzelnen Transaktionen zahlen müssen. Auction Universe, einer der „dienstältesten“ Anbieter von von Privatpersonen an Privatpersonen von Amazon.com übernommen wurde), uBid, Auction Universe und Expedia von Microsoft. Auf welchem Geschäftsmodell basieren diese Sites? Auf einem der einfachsten der Welt: Der Vermittler erhält einen bestimmten Prozentsatz des Transaktionswertes als Provision. Melinda Gipson zeigt jedoch auf, daß die verschiedenen Anbieter dieses Thema in unterschiedlicher Weise variieren: „eBay berechnet für die Aufnah- > Web-Auktionen: Bieten Sie mit! Als Praxisbeispiel nannte Melinda Gipson in ihren Ausführungen zum Thema Web-Auktionen die Web-Site Boston.com, die von der Internet-Tochter des Boston Globe betrieben wird. Lincoln Millstein, für neue Medien zuständiger Vice President des Boston Globe, hat sich 1999 dafür entschieden, Auktionen anzubieten. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit dem ebenfalls in Massachusetts ansässigen Anbieter FairMarket, der sich auf die Entwicklung und Betreuung von Auktions-Sites spezialisiert hat. Für diese Erweiterung des Angebots gab es zwei Gründe: Zum einen sollte die Besucherzahl der Site gesteigert werden, zum anderen wurde beobachtet, daß eBay im Verbreitungsgebiet des Boston Globe ausgesprochen erfolgreich war. Die Eröffnung der Auktions-Site wurde von einer umfangreichen Werbekampagne in der eigenen Zeitung begleitet; denjenigen, die ein Produkt zur Versteigerung anboten, wurde eine Prämie von einem Dollar gezahlt, und der Artikel wurde kostenlos über einen Zeitraum von 60 Tagen auf der Site geführt. Auf den Auktionsseiten werden mittlerweile 150 000 Page Impressions pro Woche gezählt. Im ersten Monat registrierten sich 1700 Personen auf der Site, sechs Monate später kam man bereits auf 5000 Nutzer. Nachdem die Versteigerung von Artikeln in der Anfangsphase kostenlos war, verlangt die Zeitung mittlerweile eine Provision in Höhe von 2,5 % des Höchstgebots. Ein Produktmanager ist ausschließlich mit der Betreuung der Auktionsseiten befaßt: Er stellt die Funktion der Site sicher und kümmert sich um die Promotion. Das Volumen der über die Web-Site abgewickelten Transaktionen liegt derzeit bei rund 22 000 US-$ pro Woche. Boston.com und sein Partner FairMarket teilen sich also eine Provision von 550 US-$. Diese Provision ist jedoch nur eine von vielen potentiellen Einnahmequellen: Die beiden Partner arbeiten derzeit an einem Werbeprogramm, das auf der Versendung von E-Mails an diejenigen basiert, die an einem Produkt Interesse gezeigt haben, es jedoch nicht ersteigern konnten. Diese Personen werden künftig eine Nachricht erhalten, die ungefähr wie folgt lauten könnte: „Sehr geehrter Herr X, leider haben Sie nicht den Zuschlag für die Golfschläger erhalten, für die Sie auf der Auktions-Web-Site Boston.com ein Gebot abgegeben haben. Zwar kann das den Verlust nicht wettmachen, wir möchten Ihnen aber trotzdem einen Gutschein über 25,– US-$ für den Kauf von Golfschlägern bei Caddy Shack zusenden (Anm. d. Red.: Caddy Shack ist der Anzeigenkunde). Vielleicht ist dies ein Anreiz, wieder einmal bei unseren Web-Auktionen mitzubieten.“ 20 Der große Erfolg hat eBay viele Nachahmer beschert. Ein kurzer Ausfall des eBay-Servers löst bei den Fans Panik aus. Internet-Auktionen, denkt momentan darüber nach, bis auf eine Provision von 2,5 % auf die abgeschlossenen Transaktionen sämtliche Entgelte für die Site-Nutzer abzuschaffen. Zudem soll ein ‚merchant package‘, d. h. ein Paket mit Angeboten für professionelle Anbieter, geschnürt werden.“ Dieses letztgenannte Modell dürfte auch für Zeitungen ausgesprochen attraktiv sein, da es zahlreiche Einnahmequellen bietet: Eine Zeitung kann Entgelte für die Aufnahme eines Angebots in die Web-Site verlangen; Inserenten, die ein Produkt in den rubrizierten Anzeigen anbieten wollen, kann sie die Versteigerung des Produkts vorschlagen; sie hat die Möglichkeit, einen bestimmten Prozentsatz der Transaktion als Provision zu berechnen; und sie kann Versteigerungen auch als Maßnahme im Rahmen von Online-Werbekampagnen anbieten. Eine Prognose von Forrester Research macht deutlich, wie groß das Potential dieses Marktes ist: Für 1998 wird ein Umsatzvolumen (Transaktionen zwischen Privatpersonen und zwischen professionellen Anbietern und Privatkunden) von 1,4 Milliarden US-$ angegeben, und für 2003 wird ein Umsatzvolumen von 19 Milliarden US$ vorausgesagt. Angesichts dieser Zahlen ist es nicht verwunderlich, daß insbesondere Anbieter aus dem B2C-Bereich (Business-to-Customer) Interesse an Auktionen zeigen, da sie sich hiervon eine Belebung ihre E-Commerce-Sites versprechen. Als Beispiel hierfür nennt Melinda Gipson den zeitungstechnik Dezember 1999 Anbieter Onsale, der kürzlich mit Egghead (eine Computer-Handelskette, die sämtliche Filialen schloß, um sich mit egghead.com ausschließlich auf das Online-Geschäft zu konzentrieren) fusionierte und eine B2CSite eröffnete, auf der man beispielsweise Gebote für Reisen des Touristikanbieters Renaissance Cruise oder für den neuen PalmVII (eine Werbeaktion von Palm Computing, um das Produkt bekannt zu machen) abgeben kann. „Andere sind noch kreativer. Der Anbieter Accompany führt potentielle Käufer eines bestimmten Produkts zusammen. Wenn schließlich eine für einen Großeinkauf ausreichende Anzahl an Interessenten erreicht wurde, kann für diese Interessentengruppe beim Hersteller ein Mengenrabatt ausgehandelt werden. Ein anderes Beispiel ist Priceline, eine Site, auf der die Verbraucher selbst die Preise der Produkte festlegen (vor allem Flugtickets und Hotelzimmer). Sie geben bekannt, was Valérie Arnould Schwerpunkt rend 46 % der bereits seit mehr als einem Jahr bestehenden Sites rentabel arbeiten. Der Aufbau eines ausreichenden Kundenstamms braucht also Zeit. Hierbei ist es besonders wichtig, Partnerschaften aufzubauen, damit eine möglichst große Nutzerzahl erreicht wird. Beispielsweise macht FairMarket das Auktionsangebot von Boston. com auch den Besuchern von MSN, Excite@home, Lycos, CBS, Sportsline usw. zugänglich). Und die Erfahrung zeigt, daß die Rentabilität meist nur erreicht werden kann, wenn die Auktionen um zusätzliche Angebote ergänzt werden: „Händler können sich in das Branchenverzeichnis der Zeitung eintragen und sich von der Zeitung (gratis) eine virtuelle Filiale einrichten lassen, die sie gegen ein monatliches Entgelt ‚anmieten‘ können. Um Lagerüberschüsse an den Mann zu bringen, können sie die Auktionsseiten nutzen“ Und weiter? Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt … < Die Auktions-Site des Boston Globe wird aggressiv beworben – ebenfalls eine Reaktion auf den Erfolg von eBay. sie zahlen wollen, und Fluglinien oder Hotelketten können anschließend ihr Angebot annehmen oder ablehnen.“ Forrester Research schätzt, daß derzeit nur zwölf Prozent der 1998 gegründeten Auktions-Sites Gewinn machen, wäh- 21