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Ein Bummel rund um die Schmöckwitzer Badewiese Ein Spaziergang durch ein beliebtes Naherholungsgebiet am Südost-Rand von Berlin Erkundet von Lothar Gruner 2010 Badespaß an der Schmöckwitzer Badewiese 1 Jeder, der schon einmal das Glück hatte mit dem Flugzeug von Südost kommend beim Landeanflug des Flughafen Schönefelds einen Blick aus dem Bordfenster zu werfen, wird begeistert festgestellt haben, wie schön die „Grüne Lunge“ von Berlin ist. Überall Wälder, Wiesen, Kanäle, Flüsse und Seen, überall kleine Dörfer, hübsche Orte und herrliche Plätze. Soweit das Auge reicht, kann man Naturschönheiten bewundern. Allein der Blick auf den größten Binnensee von Berlin, den Müggelsee, auf die angrenzenden Müggelberge oder auf die Gewässer der Spree und Dahme ist überwältigend. Ganz deutlich kann man dabei auch die Halbinsel von Schmöckwitz erkennen. Umrahmt vom Flusslauf der Dahme und umspült vom Langen-, vom Seddinund Zeuthener See sieht man die Umrisse dieses ehemaligen, alten Fischerdorfes, das man einst Smewitz oder Smekewitze nannte. Bei diesem Anblick wird klar, dass es sich hierbei um ein herrliches Naherholungsgebiet handeln muss. Und richtig, Schmöckwitz hat als Naherholungsgebiet schon seit langer Zeit einen guten Ruf. Neben zahlreichen historischen Gebäuden wie die des ehemaligen Runddorfes mit der altehrwürdigen Dorfkirche, der Schule und der Feuerwehr, neben vielen Bootshäusern und kleinen Häfen zählt zum Beispiel auch der Schmöckwitzer Werder mit seinem umfangreichen Waldgebiet einschließlich der beliebten Badewiese zu den gefragten und begehrten Plätzen. Hierher kommen jedes Jahr Tausende Erholungssuchende, Wasserfreunde und Wanderer aus Nah und Fern. Darum lohnt auch ein Bummel rund um die Badewiese. Blick aus der Luft auf die Halbinsel Schmöckwitz 2 Die Schmöckwitzer Badewiese befindet sich unmittelbar an der Nahtstelle zwischen Zeuthener-, Langen- und Seddinsee, eigentlich nur durch die Schmöckwitzer Brücke getrennt, welche die Verbindung von Schmöckwitz nach Wernsdorf und Rauchfangswerder darstellt. Bereits im Jahre 1751 hatte man an einer Flussenge die erste Holzbrücke errichtet, die dann später als Portalzugbrücke umgebaut wurde, bei der man ein Stück Brückendecke nach oben aufziehen konnte. Das war notwendig, um die immer größer werdenden Schiffe hindurch fahren lassen zu können. In den Folgejahren wurde diese hölzerne Brücke immer wieder erneuert und erweitert. Dafür hat sich unter anderem auch der Krugwirt Wilhelm Gärisch verdient gemacht. So gab es bereits 1896 Pläne für einen Neubau der Brücke, weil die Schifffahrt nun endgültig mehr Platz brauchte. Allein die zunehmende Zahl der Dampf- und Schubkähne erforderte eine bessere und sichere Durchfahrtsmöglichkeit. Und in den Jahren 1905 bis 1908 war es dann soweit. Endlich erhielt die Brücke eine stabile Eisenkonstruktion. Leider war die Brücke in ihrer Geschichte auch mal abgebrannt gewesen und sogar im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört worden. Also musste sie neu aufgebaut werden. Zunächst wurde die alte Brücke provisorisch restauriert, aber schon Ende der fünfziger Jahre hatte man sie mit einer festen Stahlkonstruktion versehen, allerdings immer noch mit einer klapprigen Holzbalkendecke und mit einem wackligen Holzgeländer. Im Jahre 1959 wird die Schmöckwitzer Brücke schrittweise modernisiert und mit einer 22,50 Meter breiten Fahrbahn versehen. Später wurde sie mit Betonfeilern und mit einer Betondecke verstärkt. Außerdem erhielt sie endlich einen stabilen Geländerrahmen aus Stahl. Die hölzerne Portalzugbrücke um das Jahr 1900 3 Heute könnte man auch sagen, die Schmöckwitzer Brücke ist das Tor zur Badewiese. Wobei das eigentliche Territorium der Badewiese zu früheren Zeiten wesentlich umfangreicher als heute war. Insgesamt betrachtet gehört die Badewiese zum Schmöckwitzer Werder, der wiederum zu dem einst riesigen, geschlossenen Waldgebiet zwischen Köpenick, Rahnsdorf, Gosen, Erkner und der Storkower Heide zählte. Kurfürst Joachim II. hatte sich das Gebiet des Werders zu seinem privaten Jagdgebiet gesichert. Ein Beleg dafür ist das ehemalige Jagdhaus links von der Schmöckwitzer Brücke, das später als Forsthaus umfunktioniert wurde, aber heute nur noch einen traurigen Anblick einer hässlichen Ruine mit Restmauern bietet. Bekannt sind jedenfalls aus jenen Zeiten die Hegemeister Christian Barnicke, Friedrich Wilhelm Krüger und Johann Andreas Fischer. Hegemeister wurden damals auch Heideläufer und Unterförster genannt, die für die Wald- und Wildpflege mit verantwortlich zeichneten. Interessant zu wissen, dass in Schmöckwitz und Umgebung auch die ältesten Funde Berlins bei Ausgrabungen zu Tage getragen wurden. Unmittelbar in Nähe der Badewiese sind vor gar nicht allzu langer Zeit auf dem sogenannten Försteracker, südöstlich des Badestrandes, wertvolle Funde aus der Steinzeit ausgegraben worden. Sie gewähren Einblick in die Lebens- und Denkweise älterer Stämme, die sich hier in der Nähe zum Wald und zum Wasser niedergelassen haben. Gefunden wurden Teile ihrer Waffen und Werkzeuge wie Speere, Harpunen, Haken, Keile, Bohrer und Pickel und vieles mehr. Alle einst aus Stein, Holz, Horn und Knochen gefertigt. In ausgewählten Schriften von Dr. Karl Hohmann, welcher die Geschichte von Schmöckwitz dokumentiert hat, findet man einen Überblick über diese geschichtsträchtigen Funde. Dazu zählen auch Reste von Gräbern der ältesten Bewohner dieser Gegend. Schließlich geht die Besiedlung des Schmöckwitzer Bodens bis in die Mittlere Steinzeit vor rund 7000 Jahren zurück. Heute wird auf dem sogenannten Försteracker schon längst nicht mehr nach alten Funden gegraben, aber was man hier und in Umgebung immer noch gut sehen kann, sind Häuser und Stallungen von ehemaligen Fischerfamilien, die hier und in den benachbarten Gewässern ihre Netze ausgelegt haben. Zu den bekannten Fischern zählen Nusche, Radestock, Schulz und Weck. Weiterhin weiß man von dem Eispächter Herrn Lorenz und vom Wasserbauwart Herrn Wegener, die Ende des 19. Jahrhunderts wichtige Aufsichtspflichten an den Wasser- und Uferstellen zu erfüllen hatten. Genauso in Erinnerung sind die Strommeister. Ihr Haus befindet sich noch heute unmittelbar an der Brücke. Zu Zeiten des zweiten Weltkrieges gab es dort sogar einen Luftschutzbunker, worin vor allem die Schiffer und Anlieger Schutz suchten. Die ersten Strommeister gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts. Sie hatten die Aufgabe, den Fluss der Dahme und die darauf fahrende Schifffahrt zu beaufsichtigen. In ihrem Verantwortungsbereich lagen das Vermessen des Flusses, die Kontrolle der Uferbefestigungen, die ständige Prüfung des Strömungsverlaufes, die Messung 4 der Stromtiefen und der Wassertemperaturen. Weiterhin gehörten dazu das Setzen von Schifffahrtszeichen und die Kennzeichnung der Fahrrinne. Man erinnert sich in diesem Zusammenhang an die Herren Kumm und Sturzebecher, die mit als erste das Amt des Strommeisters bekleideten. In den zwanziger Jahren war es Friedrich Springubbe, welcher zuvor Strommeister in Neumühle war. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Arbeit von Herrn Plath übernommen. Und zuletzt war es Christof Kienast, der sich bis kurz nach der „Wende“ um die Strommeisterei kümmerte. Das alte Haus des Strommeisters im Jahre 1925 Im Laufe der Zeit sind an der Badewiese weitere Anlieger dazu gekommen. Zum Beispiel die Bootswerft von Familie Besmer. Ernst Besmer gründete 1928 den Familienbetrieb in Alt-Stralau. Seit 1950 ist das Unternehmen in Schmöckitz an der Badewiese ansässig. Vater Ernst baute u.a. die beliebten Holz-Motorboote, die mit „Flossen“ versehen waren. Auch Wilhelm Besmer, ein weiteres Familienmitglied, baute in seiner Werft in Grünau Sportboote und sogar Rennboote. 1970 übernahm Bootsbaumeister Frank Besmer die Werft in Schmöckwitz. Inzwischen arbeitet man bereits in dritter Generation, denn Sohn Mathias, ebenfalls Bootsbauer, ist heute eine wichtige Stütze, der kräftig und fachgerecht mit anpackt. In Saisonzeiten werden sogar noch zusätzliche Arbeitskräfte eingestellt. Zu den Leistungsangeboten gehören der Bootsbau, der Handel mit Motoren, Reparaturen, ein Trailer-Service und der Verkauf von Bootszubehör. Das Unternehmen bietet zum Beispiel Motorboote von Crownline, Jakol oder Lamberti sowie Motore vom Typ Johnson, Evinrude und Yamaha an. Unterstützt werden die Besmers dabei von Ehefrau und Mutter 5 Heidemarie, die neben dem leiblichen Wohl auch für den Verkauf von Ersatzteilen, Maler- und Reparaturartikeln verantwortlich zeichnet. Und ab 2004 gab es durch einen Grundstückszukauf, gemeint ist hier das Gelände, wo früher einmal die Wasserschutzpolizei einen Stützpunkt hatte, eine Erweiterung des Reparatur- und Serviceangebotes. Der Standort der Bootswerft unmittelbar an der Badewiese ist jedenfalls günstig, denn diese Wasserstraße wird ständig von vielen Booten in alle Richtungen passiert. Bei soviel Bootsverkehr bleibt natürlich nicht aus, dass auch schnell mal was kaputt geht, dann helfen Besmers wo sie können. So zügig wie möglich werden die Boote auf Vordermann gebracht, damit die Kapitäne bald wieder in See stechen können. Die Bootswerft von Familie Besmer an der Badewiese Eingangs zum Strand der Badewiese lädt ein kleines Gartenlokal zum Verweilen ein. Es ist die „OASE“. Wie Frau Schröder, eine geborene Schöckwitzerin aus der Wernsdorfer Straße berichtet, gab es an dieser Stelle zuvor nur kleine, schlichte Gartenlauben, welche zu einzelnen Pachtgärten zwischen Badewiese und Wernsdorfer Straße gehörten. Nach ihrer Kenntnis waren es zwei Schwestern, denen die Gärten gehörten und die beide ihren Wohnsitz in Westberlin hatten oder noch haben. Anfang der 60iger Jahre des vorigen Jahrhunderts jedenfalls nahm die Familie Nusche den Betrieb in der „OASE“ auf. Von ihnen ist eine Laube Stück für Stück ausgebaut worden. In Eigeninitiative entstand ein kleines Gartenlokal mit Gastraum, Theke und mit einer kleinen Küche. Und irgendwann kam eine halbwegs ordentliche Toilette hinzu. Hans und Ute Nusche versorgten in der „OASE“ viele Badegäste, Spaziergänger, Wanderer und Camper mit allerlei Getränken und warmen Speisen. In den siebziger Jahren übernahm dann eine Familie aus 6 Rauchfangswerder das Geschäft. Inhaberin bis heute ist Frau Waltraud Beyer, die das Lokal gemeinsam mit ihrem Mann und den Kindern führt. Auch sie bauten das Gartenlokal weiter aus, jetzt kann man sogar geschützt und trocken unter einer fest eingefügten Überdachung Platz nehmen. Bei besonderen Anlässen spielt sogar eine Hauskapelle zum Tanz auf. Den wirklich ersten öffentlichen Ausschank auf der Badewiese aber gab es bereits in den fünfziger Jahren. Und zwar in dem ehemalige Kiosk von Otto Bagatsch, der seinen Gästen Erfrischungsgetränke anbot. Herr Bagatsch war nämlich mit dem Limonadenfabrikanten Himberg aus der Straße am Seddinsee verwandt. Eigentlich war es nur eine grün bemalte Bretterbude, die ungefähr dort stand, wo heute ein eigenartiger Kasten eines Wasser-Rettungsdienstes steht. Damals aber erfreute der alte Kiosk die Badegäste und Zelter, denn dort konnten sie sich an Bier, Brause und Limonade laben und dabei kostenfrei das Treiben auf und am Wasser beobachten. Die „OASE“ eingangs zur Badewiese Auf dem angrenzenden Zeltplatz in Richtung Rauchfangswerder hatten übrigens schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts die ersten Camper ihre Zelte aufgebaut. Alteingesessene Campingfreunde berichten, dass damals die Zelte vorwiegend aus einfachen, bespannten Leinen- und Baumwolltüchern bestanden, vertäut mit Baum- und Aststämmen, eingefasst und abgestützt mit schlanken Holzpfählen. Stabile Metallrahmen waren eher selten. Es gab noch wenig Komfort und keinen elektrischen Strom sowie kein fließendes Wasser, aber das Interesse bei vielen Campern war groß, zumal der Standort zum Wasser und zum Ort Schmöckwitz 7 günstig war. Zu DDR Zeiten wurde der Campingplatz schrittweise erweitert. Auf Grund der steigenden Nachfrage und Beliebtheit teilte man den Zeltplatz bald in zwei Teile, also in den Zeltplatz „Zeuthen I“ und „Zeuthen II“. Die meisten Gäste waren Dauercamper aus der ganzen Republik, die von April bis Oktober ausharrten. Und irgendwann konnte man dort sogar in einer HOVerkaufsstelle einkaufen gehen und das große Zeltkino besuchen. Mehr noch, bald konnte man sich kleine Boote ausleihen und auf verschiedenen Plätzen Sport treiben. Vorteilhaft war, dass man inzwischen die sanitären Anlagen so verbessert hatte, dass WC, Duschen und Waschen möglich wurden. Darüber hinaus gab es jetzt auch elektrische Anschlüsse, und aus fast jedem Zeltdach ragten entsprechende Fernseh-Antennen zum Himmel. Schrittweise wurde der Campingplatz also ausgebaut und mit einem besseren Standard versehen. Zu Recht aber spricht man hier von einem natur belassenen Campingplatz - heute allerdings wieder in verkleinerter Form zwischen Badewiese und Hotelkomplex. Der beliebte Campingplatz hinter der Badewiese Ergänzend sei noch angefügt, dass bereits Ende der Fünfziger Jahre zwischen beiden Zeltplätzen ein Ferienheim des FDGB, des sogenannten Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes, gebaut wurde. Und in den sechziger Jahren wurde das Gebäude aufgrund seiner attraktiven Lage durch das FDGBPräsidium als internationales Konferenzzentrum und Gästehaus umgewidmet. 1974 wurde der großzügige Umbau nach einer wesentlichen Erweiterung abgeschlossen. Dieses Gebäude, das damals den Namen „Berthold Brecht“ trug, diente mit seinen zahlreichen Tagesräumen und mit einer großzügig angelegten 8 Gaststätte der Unterbringung von Gästen aus dem In- und Ausland. Hier fanden viele kulturelle Veranstaltungen statt, auch Betriebsfeiern, Jahrestagungen, Auszeichnungsveranstaltungen, Jugendweihefeiern und Hochzeiten. Mit der „Wende“ wurde das Haus als Schmöckwitzer Conferenz Center( SCC ) betrieben. Heute ist es ein Campus der japanischen Teikyo-Universität, eine Privatuniversität für Studenten aus aller Welt. Der Campus beinhaltet einen internationalen Hotelkomplex, wobei das Areal am Zeuthener See mit der angrenzenden Badewiese und dem Campingplatz auch sehr gefragt für Schülerreisen, Klassen- und Gruppenfahrten mit Gästen aus aller Welt ist. Einst FDGB-Heim - heute Internationales Hotel Die Vorzüge der Schmöckwitzer Badewiese hat man also zu allen Zeiten schätzen gelernt. Auf Grund ihrer herrlichen Lage zwischen Wald, Wiesen und Wasser bietet sie viele Möglichkeiten, vor allem zur Erholung, zum Baden, zum Wandern und Campen aber auch für Sport und Spiel. In früheren Jahren diente sie sogar für den Schulsport der Schmöckwitzer Schule. Vor allem in den Sommermonaten fanden hier viele spannende Wettkämpfe statt. Der Vorteil war, dass nach jedem Spiel oder nach jedem Wettlauf ein erfrischendes Bad im angrenzenden See genommen werden konnte. Viele ältere Schüler erinnern sich noch heute gern an die Sportstunden auf der Badewiese. Ein Besuch dieser wunderschönen Erholungs- und Freizeitidylle im Südosten von Berlin lohnt also wirklich für Jedermann und zu allen Jahreszeiten! 9