Ernst-Zimmer-Haus
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Ernst-Zimmer-Haus
JOHANNESHAUS Rundschau Herbst 2011- Ausgabe Nr. 56 St. Michael - nur noch ein Wort? Zur Namensgebung „Ernst-Zimmer-Haus“ Wie mag es einst hier ausgeschaut haben? Fotos: Konrad Barkhoff Inhalt St. Michael – nur noch ein Wort? 3 Wie mag es einst hier ausgeschaut haben? Annedore Friedrich Aus der Geschäftsleitung 4 Zur Namensfindung „Ernst-Zimmer-Haus“ 5 6 Pflegebedürftige Menschen … 7 Das Johanneshaus kommt ... 7 Mitarbeiterjubiläen Die Projektgruppe Begleitung … 8 9 Adelheid Kast 18 Deutsches grünes Kreuz Das Gedicht – Folge 2 19 Hans Krauss Liebe ist … 9 Else Rens Das Konzert des Boccerini-Sextettes 20 Johannes Ziemann Notizen vom Eichhof Die vier DA-men 10 11 Lilotte Wenzler Menschen, die zu uns gekommen sind Menschen, die das Haus verlassen haben Der Apfelbaum 12 12 12 Rose Rauther Vier Eurythmieaufführungen 20 Helga Beeck, Erika Müller Veranstaltungen im Johanneshaus 125 Jahre Automobil 21 22 Gerhard Lehmann Die Redaktion bedankt sich 23 Karin Barkhoff Menschen, die von uns gegangen sind Bittgedanke dir zu füßen 13 13 Impressum Hände Claudia Frischauf Titelbild: Foto Stefan Kreuzer 2 Johanneshaus Rundschau 17 Lothar Hoppe Ratschläge für Normalhörende … Ursula Weidmann 16 Angelika Heinze Lebendiges Wasser Karin Barkhoff 15 Ulrich Burandt Misteluntersuchungen und Mistelanzucht Hans Krauss 14 Irmgard Kalmbacher Aus unserer Vogelwelt Ursula Weidmann Worte der Alten an die Jungen Reiner Kunze Lothar Hoppe Gedanken Thomas Kirst 14 23 24 St. Michael – nur noch ein Wort? Es gibt im ganzen Land und weit darüber hinaus Michaelberge, Michaelkapellen, Michaelkirchen, aber wer die Menschen in deren Umgebung fragt, was ihnen der Erzengel Michael bedeutet, bekommt, wenn überhaupt, nur vage Antworten. Michael ist den Menschen abhanden gekommen. Wer ist Michael? Aus der Blickrichtung auf die aktuelle Jahreszeit: einer der vier Jahreszeiten-Erzengel; er regiert die Herbsteszeit, die Zeit der Reife, aber auch die Zeit des Absterbens der Natur. Die Ernte wird gesichtet, die guten Früchte gehortet und die unbrauchbaren ausgesondert – vielleicht schon ein Anklang an eine der weiteren Aufgaben Michaels? Aus einem anderen Blickwinkel ist Michael der Drachentöter, aber mit diesem Wort wird seine Aufgabe entstellt. Der Drache ist ebensowenig wie Michael ein irdisches Wesen, auch wenn er im Irdischen sein Wesen oder Unwesen treibt. Geistige Wesen aber können nicht getötet werden. Michaels Schwert ist rein, er hält den Drachen damit nur nieder, töten kann er ihn nicht. Und der Drache? Die bildlichen Darstellungen der vergangenen Jahrhunderte zeigen ihn sehr unterschiedlich, zumeist als wildes, Feuer speiendes Fabelwesen, manchmal auch mit einem menschlichen Körper. Will uns diese Darstellung darauf hinweisen, dass der Drachenkampf nicht nur eine kosmische Seite, sondern – und das vor allem – auch eine zutiefst menschliche Seite hat? Aber wer bezieht den Drachenkampf schon auf sich selber? Der Drache wird als das Böse schlechthin verstanden, das – wohlgemerkt – nicht in mir, sondern außerhalb von mir herrscht! Die Bösen sind immer die Anderen! Da war Goethe ein Ausnahmemensch, wenn er sagt, der Mensch besitzt in seinem Innern die ganze Skala von Gut bis Böse, er ist neben dem Guten auch eines jeden Verbrechens fähig – jeder Mensch! In der Malerei der Renaissance finden sich auch Bilder von Michael mit der Waage, also im Gegensatz zu den eher irdischen Aufgaben eine solche, die in die höchsten Welten weist. Michael wirkt hier unmittelbar unter dem Weltenrichter, und von seinem Spruch hängt es ab, ob die Seelen der Verstorbenen in das Licht aufsteigen oder in die Finsternis versinken. Und schließlich wirkt Michael seit Ende des 19. Jahrhunderts als Zeitgeist. In den alten Weisheitsschulen hat man gewusst, dass aus einem Kreis von sieben Erzengeln jeweils einer für eine Epoche von rund 350 Jahren die Regentschaft der Erdenkultur übernimmt. Jeder dieser Erzengel hat eine andere Aufgabe. Die Aufgabe Michaels in unserer Zeitepoche besteht unter anderem darin, der Menschheit, ganz freilassend, die notwendige Kraft zu schenken, damit sie ihr wahres Ziel erreichen kann. Anthroposophen ringen seit langem darum, ein Michaelfest ins Leben zu rufen, das dem gerecht wird, was Michael für die Menschheit tut. Schwierig ist dieser Prozess aber schon allein dadurch, dass kein äußerer Anlass dafür besteht, wie es beim Weihnachts- und Osterfest der Fall ist, Geburt, Tod und Auferstehung des Christus. Für dieses Fest, das Michaelfest, muss die Grundlage aber ebenso im Kosmos gesucht werden wie für die beiden andern Feste. Es setzt mithin voraus, dass die Menschen, die dieses Fest feiern wollen, sich ein neues Geist-Bewusstsein erschaffen oder besser formuliert: eine tiefe Bindung an die kosmischen, die michaelischen Kräfte erstreben. Wenn es gelänge, ein solches Fest zu begründen, das weite Kreise zieht, dann wäre bald das Wort Sankt Michael nicht mehr nur ein Wort, sondern es könnte vielleicht das Geheimnis ein wenig gelüftet werden, das in der deutschen Übersetzung des Namens Michael liegt: Michael – „Wer ist wie Gott?“ Wahrlich ein großes Geheimnis! Annedore Friedrich Johanneshaus Rundschau 3 Aus der Geschäftsleitung Liebe Freunde des Johanneshauses! Einige Monate und zwei Ausgaben der Johanneshaus-Rundschau sind ins Land gezogen, seit zuletzt an dieser Stelle vom Fortschritt des „Ernst-Zimmer-Hauses“ berichtet wurde. Zwar wissen die aufmerksamen Bewohner des Johanneshauses aus den Bewohnerversammlungen über die fortschreitende Planung, doch soll auch hier wieder der Planungsstand dargestellt werden. Die zuletzt angekündigten Änderungen führten zu einem deutlich höheren Planungsaufwand, als dies zunächst angenommen wurde. Sodann beschäftigte den Baukreis die Problematik der mit den Umplanungen und aktuellen gesetzlichen Anforderungen einhergehende Kostensteigerung. Es wurden Maßnahmen zur Kostensenkung überlegt und letztendlich konnte erst im Frühjahr der Startschuss für die so genannte „Ausführungsplanung“ gegeben werden. Da wir für das „Ernst-Zimmer-Haus“ ja öffentliche Zuschüsse erhalten, sind wir gezwungen, die einzelnen Baugewerke öffentlich auszuschreiben. Der Aufwand für diese öffentliche Ausschreibung ist ein wesentlich höherer als der für eine freie Ausschreibung, da viele Details schon mit der Ausschreibung festgelegt werden müssen, die sonst nachverhandelt und im Bauprozess noch verändert werden können. Das bedingt eine deutlich längere Planungszeit „bis zur letzten Schraube“ vor der Ausschreibung. Nunmehr sind wir soweit, dass der Auftrag für den Abriss der früheren Mitarbeiterhäuser und für die so genannte „Bodenverbesserung“ vergeben werden kann und mit diesen Maßnahmen noch Ende September begonnen werden kann. Damit einher geht die Herstellung der Baustellenzufahrt zwischen Kindergarten und dem zunächst stehen bleibenden Mitarbeiterhaus. Im Garten des Kindergartens wurde hier- 4 Johanneshaus Rundschau für bereits ein Sichtschutzzaun zum Schutz aufgestellt, da die Hecke weichen musste. Die Ausschreibungen für die Hauptgewerke sind weitestgehend fertig gestellt und kurz vor der Veröffentlichung. Termine für die Auswertung wurden bereits festgelegt und noch in diesem Jahr sollen die ersten Aufträge vergeben werden, damit dann – zwar deutlich später als zunächst geplant – nach dem Winter unmittelbar mit dem Rohbau begonnen werden kann. Neben den Roh- und Ausbaugewerken wurde auch mit der Planung der Außenanlagen begonnen. Hier konnte ein Landschaftsarchitekt gewonnen werden, der bereits für ein anderes Haus aus dem Nikodemuswerk eine Gartenanlage geplant hat. Hier wird besonderer Wert auf eine dementengerechte Gartengestaltung gelegt. Weiterhin erhielt der Landschaftsarchitekt den Auftrag, einen Ersatz für den Fußweg zu schaffen, der jetzt vor den Mitarbeiterhäusern entlang führt und den Bewohnern des grünen Hauses einen steigungsarmen Gang zur Oberen Bachstrasse ermöglicht. Auch am Konzept wurde unter der Leitung von Frau Lassalle intensiv gearbeitet. Hierüber wird an eigener Stelle berichtet werden. Bereits jetzt wurden 50 neue Pflegebetten bestellt, von denen die zukünftigen Bewohner des „Ernst-Zimmer-Hauses“ schon vor ihrem Umzug profitieren können. Schon bald wollen wir einen Spendenaufruf gestalten für Bereiche, die nicht gefördert und finanziert sind, die wir aber für eine würdevolle und konzeptgemäße Betreuung für sinnvoll und notwendig erachten. Wir möchten schon jetzt bitten, das Johanneshaus bei diesem Ansinnen zu unterstützen! Es grüßt Sie herzlich Ihr Thomas Kirst, Geschäftsführer Zur Namensfindung „Ernst-Zimmer-Haus“ Jede Bewohnerversammlung ist mir wichtiger Termin, den ich wahrnehmen möchte, auch wenn ich nicht immer pünktlich bin. Denn diese Treffen sind immer informativ: ich erfahre Wichtiges, Interessantes, lerne neue Bewohner kennen und vieles mehr. Auch zur Bewohnerversammlung im Juli kam ich verspätet und leise durch den oberen Saaleingang geschlüpft und fand mich mitten in der Rede von Michel Barkhoff wieder, der uns die Hintergründe zur Namenswahl des neuen Demenzhauses erläuterte. Michel Barkhoff reden zu hören, ist für mich schon ein Genuss, und was er mit ruhiger, wohlklingend modulierender Stimme erzählte und dabei den großen Bogen von den Hirten aus den Oberuferer Weihnachtsspielen zu Friedrich Hölderlin und Ernst Zimmer fand, hat mich stark berührt. Ich wusste zwar, dass Friedrich Hölderlin „geistig umnachtet“ im Hölderlinturm gelebt hat und dort auch gestorben ist. Von Ernst Zimmer dagegen wusste ich bis letztes Jahr gar nichts. Erst als die Jury der öffentlich ausgelobten Namenssuche für das Demenzhaus den Vorschlag von Dieter Kissel prämiierte, erfuhr ich ein wenig mehr. Und ich fand es bewundernswert, dass sich ein einfacher Schreinermeister, ein schwäbischer Handwerker aus Tübingen, des kranken Friedrich Hölderlin angenommen und ihn jahrzehntelang betreut hat. Als einer der ersten Patienten des Arztes Authenrieth wird Hölderlin 1806 zur Behandlung in das Tübinger Universitätsklinikum gebracht, aus dem er nach 231 Tagen als „unheilbar“ entlassen wird und ab diesem Zeitpunkt als von der Welt entmündigt gilt. Bis heute gibt es unterschiedliche Theorien zu Hölderlins Krankheitsbild, einig ist man sich, dass er nicht an Demenz litt. Auf Empfehlung des Arztes Authenrieth nimmt ihn 1807 Ernst Friedrich Zimmer, der kurz zuvor das Haus am Neckar – den heutigen Hölderlinturm - erworben hatte, in Kost und Logis. Für den »Pflegsohn« der Stadt Nürtingen (ein Antrag von Hölderlins Mutter hatte dies erwirkt) stellt Ernst Zimmer vierteljährlich die Rechnungen an die Stadt und begleitet sie mit ausführlichen Nachrichten über das »Wohlergehen des Herrn Pflegsohns«. Michel Barkhoff führte behutsam erläuternd aus, mit welcher Sensibilität Ernst Zimmer den kranken Hölderlin 36 Jahre lang (die Hälfte seines Lebens!) als »stillen Gast am Herd« in einem Zimmer im ersten Stock des Hölderlinturmes beherbergte und versorgte, ihn wohlmeinend beobachtete und daraus sehr hilfreiche Rückschlüsse für die Betreuung des kranken Dichters zog. So war Zimmer aufgefallen, dass Musik seinen Schützling im Innern erreichte und besorgte für ihn ein Klavier. Als Ernst Zimmer 1838 starb, übernahm seine Tochter Charlotte die Aufgabe ihres Vaters und kümmerte sich fortan um den kranken Hölderlin. Hölderlin starb am 7. Juni 1843 im Tübinger Turm. Während der Turmzeit schrieb Hölderlin übrigens weiterhin – meist unter dem Pseudonym Scardanelli – und empfing auch Besucher, wie beispielsweise die Dichter und damaligen Studenten am Tübinger Stift Wilhelm Waiblinger und Eduard Mörike. Hermann Hesse beschreibt 1914 in seiner Erzählung „Im Presselschen Gartenhaus“ einen Besuch der beiden bei dem kranken Hölderlin im Turm. Im Schreiben stütze ihn Ernst Zimmer ebenfalls und notierte selbst gewissenhaft seine Beobachtungen. Allein die Akte der Jahre 1833-1843 (die erst 1993 wieder aufgefunden wurden) enthält 42 Briefe der Familie Zimmer, die Einblick geben in Hölderlins Alltag. Eine Notiz aus der Turmzeit resümiert: „Nun versteh ich den Menschen erst, da ich ferne von ihm und in der Einsamkeit lebe.“ Zimmer selbst ist aus dieser Zeit folgendes Gedicht gewidmet: An Zimmern Die Linien des Lebens sind verschieden Wie Wege sind, und wie der Berge Grenzen. Was hier wir sind, kann dort ein Gott ergänzen Mit Harmonien und ewigem Lohn und Frieden. Johanneshaus Rundschau 5 Heute weiß die medizinische Forschung um die Bedeutung einer beobachtenden liebevollen Zuwendung bei der Betreuung nicht nur (alters-) verwirrter Menschen; heute wissen wir auch, welch große Rolle es spielt, dass ein verwirrter Mensch sich an früheren Betätigungen aus gesunden Tagen orientieren kann. Beides wusste oder spürte Ernst Zimmer schon Anfang des 19. Jahrhunderts und unterstützte Hölderlin weiter zu schreiben und besorgte ihm eben auch das Klavier, als ihm auffiel, dass die Musik einen heilsamen Einfluss auf den Dichter hatte. Ernst Zimmer, der Hölderlins Hyperion bewunderte, hat es intuitiv erspürt und war seinem Schützling sehr nahe. Dieses liebevolle, sich in den Patienten einspürende Betreuung, die Ernst Zimmer zu Eigen war, gerade diese Eigenschaft ist es, die das Johanneshaus pflegen möchte. Gibt es einen passenderen Namen als „Ernst-Zimmer-Haus“ für ein Gebäude, in dem wir ein Zuhause für Menschen, die an dementiellen Erkrankungen leiden, schaffen wollen? Ursula Weidmann Anmerkung der Redaktion: Frau Rödelberger konnte während der Bewohnerversammlung zum oben zitierten Gedicht noch beitragen, dass Hölderlin sich von Zimmer ein Stück Holz geben ließ, auf welches er eben dieses Gedicht schrieb. Sie hat nun auch noch das historisch belegte Briefzitat Ernst Zimmers an Hölderlins Mutter von 1812 ausfindig gemacht und der Redaktion zur Verfügung gestellt. Hierin heißt es: „Sein dichterischer Geist zeigt sich immer thätig, so sah Er bey mir eine Zeichnung von einem Tempel Er sagte mir ich solte einen von Holzmachen, ich versetzte darauf dass ich um Brod arbeiten müsste, ich sey nicht so glücklich so in Philosofischer ruh zu leben wie Er, gleich versetzte Er, Ach ich bin doch ein armer Mensch, und in der vernehmlichen Minute schrieb er mir folgenden Vers mit Bleistift auf ein Brett.“ Zu Hölderlin siehe auch Seite 19: Das Gedicht - Folge 2 „Der Spaziergang“ 6 Johanneshaus Rundschau Worte der Alten an die Jungen So ist es mit den hehren Alten: Man soll sie fein in Ehren halten, die einst nicht mit des Tadels Ruten geizten, wodurch sie Euch zum Tun des Guten reizten. Zwar war dies Euren Ohren Pein, doch drang‘s in alle Poren ein. Das Alter ist zwar oft vor Torheit nicht geschützt, doch öfters hat es uns in tiefer Schicht genützt. Und wo der Sinne Wonne sinkt, der Altersfreuden Sonne winkt. Ihr denkt, je länger die Erfahrung währt, das Alter gut nur mit Bewahrung fährt. Doch nein: Es muss der Mensch wie einst in Jugendtagen im Alter noch erneut nach Tugend jagen. Und wer Bewahrung jetzt als stete Treue nimmt, fährt schlecht, weil er sich dabei nie aufs Neue trimmt. Doch wer sich recht bereitet gleich, wird bis zuletzt begleitet reich. Hans Krauss „Pflegebedürftige Menschen sollen ihre Gewohnheiten beibehalten können“ Das Johanneshaus kommt zu Ihnen Am 01. April 2011 hat Nina Lambacher die Leitung des Ambulanten Dienstes mit viel Schwung und neuen Ideen übernommen. Da wird es Zeit, sie hier einmal vorzustellen: Nina Lambacher ist 28 Jahre alt, gelernte Altenpflegerin und war vor ihrem Eintritt ins Johanneshaus lange Jahre im Raum Ludwigsburg bei einem Pflegedienstleister mit 26 Wohnheimen als Hausleitung tätig. Für einen Wechsel zum Johanneshaus hat sie sich dann entschieden, weil ihr hier das Konzept des Hauses, der wertschätzende Umgang mit den hilfsbedürftigen Menschen und auch der menschenkundliche Hintergrund des Johanneshauses sehr zusagt. Wichtig in ihrer Arbeit ist ihr, dass Menschen, auch wenn sie der Pflege bedürfen, ihre Gewohnheiten beibehalten können. Inzwischen hat sie sich sehr gut im Haus, in Ihre neue Aufgabe eingelebt, „dank der herzlichen Aufnahme und Unterstützung meiner Mitmenschen.“ Verraten dürfen wir noch, dass Nina Lambacher begeistert zwei Hobbys pflegt: den Hundesport und das Reisen „um die verschiedenen Kulturen unseres Erdballs kennen zu lernen“. Die Redaktion wünscht ihr weiterhin viel Freude in Ihrem Einsatz für die Menschen. Wer pflegebedürftig ist, muss nicht immer in ein Pflegeheim: 70 Prozent der pflegebedürftigen Menschen leben zu Hause und werden von Familienangehörigen und/oder ambulanten Pflegediensten versorgt, die es – getreu der Prämisse „ambulant vor stationär“ – überall gibt. Viele Pflegeheime haben einen mobilen Pflegedienst, der ergänzend zum stationären Angebot Menschen zu Hause pflegt. Auch das Johanneshaus Öschelbronn, Zentrum für Lebensgestaltung im Alter, pflegt und versorgt mit dem Ambulanten Dienst „Pflege mobil“ viele Menschen rund um Niefern-Öschelbronn. Seit April 2011 hat Nina Lambacher (28) die Leitung des Ambulanten Dienstes und expandiert mit „Pflege mobil“ kräftig. Lambacher: „Wir kommen für Grund- (Körperpflege, Nahrungsaufnahme, Toilettengänge, Mobilisation) und Behandlungspflege (z.B. Medikamente verabreichen, Blutdruckmessung, Injektionen usw.) ins Haus. Wir bieten Fahrdienste, 24-Stunden-Rufbereitschaft, „Essen auf Rädern“, haushaltsnahe Dienstleistungen wie Einkaufen, Wäsche waschen, Rasen mähen oder den Hund ausführen. Auch Menschen mit erheblichem Bedarf an Beaufsichtigung und Betreuung begleiten wir (§45 a/b SGB XI).“ Die gelernte Altenpflegerin Nina Lambacher hat über 12 Jahre Erfahrung in der Pflege und schätzt Kundennähe: „Ein Frühaufsteher möchte die Morgentoilette nicht am späten Vormittag, der Theaterfreund möchte versorgt werden, wenn er nach dem Theaterbesuch nach Hause kommt. Also haben wir weitere Zeitkapazitäten geschaffen zwischen 8:00 und 10:00 Uhr, 12:00 bis 16:00 Uhr, 18:00 Uhr bis „Open end“, weil wir wollen, dass unsere Kunden ihre Gewohnheiten beibehalten können. Übrigens haben wir Elemente aus der anthroposophisch-orientierten Pflege im Leistungsangebot, wie z.B. – Öldispersionsbäder, Fußbäder mit speziellen Essenzen, Körpermassagen, Wickel und Auflagen.“ Karin Barkhoff Ursula Weidmann Johanneshaus Rundschau 7 Mitarbeiter-Jubiläen Für die langjährige Mitarbeit im Johanneshaus möchten wir uns ganz herzlich bedanken. 5-jähriges Jubiläum Rosemarie Renz am 01.11.2011 Pflege III/5 Ann-Christin Urban am 15.11.2011 Ambulanter Dienst Nicole Reinhard am 01.12.2011 Ambulanter Dienst 10-jähriges Jubiläum Ahmet Cakir am 01.11.2011 Küche Britta Jahn am 01.12.2011 Ambulanter Dienst 15-jähriges Jubiläum Daniele Thomas Ein Luxus der nur für mich sichtbar ist, weil YSIS nur für mich gemacht wird. am 01.10.2011 Ambulater Dienst 20-jähriges Jubiläum Gisela Krieger am 01.10.2011 Therapie Bojkica Boskovic am 01.11.2011 Hausreinigung Renate Jokiel am 05.11.2011 Hausreinigung Maria Santos am 05.12.2011 Wäscherei J Ä G E R PA S S A G E 75172 PFORZHEIM TEL.: 0 72 31-35 18 91 FAX: 0 72 31-35 77 38 Jeden Monat im Haus Refraktion, Beratung, Service u. Verkauf Sehhilfen aller Art Ambulante Pflege und Versorgung aus dem Johanneshaus Öschelbronn Unverbindliche Beratung unter Tel. 07233 67-9711 direkt neben der Klinik Öschelbronn Am Eichhof 20 · 75223 Niefern-Öschelbronn · Tel. 07233 67-9711 · Fax 67-9210 [email protected] · www.johanneshaus-oeschelbronn.de 8 Johanneshaus Rundschau Die Projektgruppe Begleitung Sterbender im Johanneshaus Seit 5 Jahren gibt es diesen Kreis von 15 - 18 Menschen, die sich um die würdige und individuelle Gestaltung des Lebens im Sterben jedes Einzelnen im Johanneshaus bemühen - wenn es gewünscht wird. Die Gruppe wurde 2006 von Thomas Schott initiiert, und wir versuchen, in die ganze Vielfalt dieser Aufgabe einzutauchen. Von Anfang an bewegte Bewohner und Mitarbeiter mit den Pfarrern der Christengemeinschaft gemeinsam die Frage nach dem „rechten“ Sterben - und das ist so vielfältig wie wir selbst. Deshalb ist die wichtigste Grundlage unseres Wirkens das Lauschen auf das, was gewollt sein mag. Wir fühlen uns alle geeint in dem Wissen um eine geistige Dimension der Weiterexistenz und den großen Bogen, der alle Glaubensrichtungen umspannt. Mit großem Einfühlungsvermögen hat in den letzten 5 Jahren Ursula Weingart die Fäden der Informationen gehalten und verwoben, wir danken ihr herzlich und wünschen ihr in ihrem zukünftigen Arbeitsfeld der Demenzbetreuung alles Gute. Jetzt übernimmt Adelheid Kast von der Pflegestation 3/1 die Koordinierung der Arbeitsgruppe. Bei der von uns angeregten farblichen Neugestaltung des Aufbahrungsraumes haben wir Unterstützung durch die Verwaltung bekommen. So gelingt es immer wieder, kleine Schritte auf dem Wege zu einem würdigen Handeln im Umkreis des Todes zu tun. Als nächstes werden im November 4 Menschen aus der Pflege, Verwaltung und Betreuung zur großen Sterbekulturtagung nach Dornach fahren. Wir laden auf diesem Wege alle interessierten Menschen ein, die in der Begleitung der Sterbenden eine Aufgabe für sich und uns alle sehen können, sich an dieser Gruppe zu beteili- gen. Sprechen Sie mit einem der im Folgenden Genannten darüber, es wird sicher ein Name darunter sein, den Sie kennen oder auf dem Foto ein Gesicht, das Ihnen vertraut ist. Adelheid Kast Von links nach rechts sitzend: Frau Lüdemann-Ravit, Frau Mäckler u. Herr Ziemann (Bewohner), stehend Frau Kast (Pflege 3/1), Herr und Frau Kietzig(Christengemeinschaft), Frau Krohn u. Frau v. Wedemeyer (Bewohnerinnen), Frau Zülcher-Schuster (Pflege 3/5), Frau Kissel (Therapie), Frau Bünder (Betreuung); nicht auf dem Foto: Frau Hagemann (Therapie), Frau Kost (Bewohnerin), Herr Kother (Christengemeinschaft), Frau Wolf (Ehrenamtliche); uns unterstützend und zeitweilig anwesend: Frau Lambacher (Pflegedienstleitung vom Ambulanten Dienst), Frau Klinge (Qualitätsbeauftragte); Liebe ist einander in eine höhere Potenz zu erheben. Else Rens Johanneshaus Rundschau 9 Notizen vom Eichhof Heimbeirat neu gewählt te mit einem Blumengruß am 16. Juni 2011 den beiden neugewählten Heimbeiräten Irene Glatz und Rosemarie Koch sowie den wieder gewählten Heimbeiräten Dorothea Kowald, Ilse Mäckler und Kristina Wachsmuth. Nicht zur Wiederwahl standen Lisa Brändle und Heinz Burger, denen Frau Lassalle für ihre engagierte ehrenamtliche Arbeit in den vergangenen zwei Jahren herzlich dankte. Bewohnerrat neu gewählt vordere Reihe v.l.n.r.: Ilse Mäckler, Kristina Wachsmuth, Lisa Brändle, hintere Reihe v.l.n.r.: Irene Glatz, Brigitte Lassalle, Rosemarie Koch, Heinz Burger, Dr. Klaus Mahner (Wahlausschuss), Dorothea Kowald, Renate Dennerlein (Wahlausschuss). Im Johanneshaus Öschelbronn wurde im Juni der fünfköpfige Heimbeirat neu gewählt. Durch das Heimgesetz (HeimG) wird älteren, pflegebedürftigen oder behinderten Menschen, die in einem Heim leben, ein Mitwirkungsrecht in Angelegenheiten des Heimbetriebs garantiert. Der Heimbeirat ist zentrales Mitwirkungsgremium und Interessenvertretung für die Heimbewohner. Der Heimbeirat wird von den Bewohnern des Johanneshauses alle zwei Jahre neu gewählt und setzt sich aus Bewohnern wie auch externen Menschen zusammen (z.B. Angehörige, Vertrauenspersonen oder Mitglieder von Senioren- und Behindertenorganisationen sowie von der Heimaufsicht vorgeschlagene Personen). Die Gesamtzahl der Heimbeiratsmitglieder, die zu wählen sind, richtet sich nach der Größe der Einrichtung, d.h. nach der Anzahl der Bewohner. Im Johanneshaus Öschelbronn umfasst der Heimbeirat fünf Mitglieder. Brigitte Lassalle (Heimleitung) gratulier- 10 Johanneshaus Rundschau Im Juni wurde auch der Bewohnerrat für die Dauer von 2 Jahren neu gewählt. Der Bewohnerrat im Johanneshaus setzt sich zusammen aus Bewohnern des Betreuten Wohnens und wird von den Bewohnern des Betreuten Wohnens gewählt. Wählbar ist jeder Bewohner, der die Ziele des "Vereins für Lebensgestaltung im Alter, Öschelbronn e.V." und die Motive des Leitbildes des Johanneshauses fördern möchte. Der Bewohnerrat nimmt die Interessen aller Bewohner des Betreuten Wohnens wahr und vertritt diese gegenüber Geschäftsleitung, Heimleitung und Aufsichtsrat und ist bestrebt, einvernehmliche Lösungen zu finden. Die Mitglieder des Bewohnerrates, Geschäftsleitung, Heimleitung, sowie der Aufsichtsrat der Johanneshaus gGmbH informieren sich gegenseitig. Mitglieder des neu gewählten Bewohnerrates sind: als Sprecher Ursula Langellotti, Renate Dennerlein und Beate Händler; als Ersatzmitglieder Veerle von Wedemeyer, Raffaele Langellotti und Wolf Dieter Krause; Nachrücker ist Hans Lenz. Für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung stand Marianne Worel. Förderverein Johanneshaus e.V. Auch im Förderverein des Johanneshauses gab es Neuwahlen. Ruth Schneppat gab ihre Vorstandsstätigkeit aus persönlichen Gründen auf. Neu in den Vorstand wählte die Mitgliederversammlung am 25. Mai dieses Jahres Ute Kutscher. Wiedergewählt wurden Karin Barkhoff, Gabriele Glasser und Erika Müller. In den Beirat wurde neu gewählt Margot Schilling. Weiterhin Mitglieder des Beirats sind Christel Kissel und Gabriele Rescheleit. In einer Vorstandsitzung am 02.08.2011 wurde beschlossen, am Martinibasar mit einem Stand vertreten zu sein. Geboten werden an diesem Stand neben der Möglichkeit, sich über den Förderverein zu informieren oder eigene Anliegen „an die Frau“ zu bringen, musikalische Darbietungen und ein attraktives Preisrätsel zum Thema Förderverein. Schauen Sie doch mal vorbei! Ohne Zivis kein Martini-Bazar? Das Johanneshaus ist wie viele andere Einrichtungen schmerzlich vom Wegfall der Zivildienststellen im Zuge der Bundeswehrreform betroffen. Dies wird sich u. a. auch beim Aufbau des traditionellen Martini-Bazars in der Zeit vom 30.10. - 04.11. und am Bazar-Sonntag selbst, dem 06.11.2011, bemerkbar machen. Damit der Bazar trotzdem wie gewohnt stattfinden kann, brauchen wir dringend Ihre Hilfe. Wer kann uns an den genannten Tagen ehrenamtlich unterstützen? Bitte melden Sie sich bei Frau Giuliana, Tel. 07233 / 679 711. Wir freuen uns auf Sie. Die vier DA-men Vier Damen in unserem Hausratbasar sind flink zur Hand, staunend wurde mir bekannt, dass ich vier Herren dort fand. Denn: Kunz mann Nie mann Solt mann Gutt mann sind sie genannt. Lilotte Wenzler Nach „Kanaan“ und „Im Inneren Galiläas“ liegt nun der dritte Gedichtband von Dieter Kissel vor. Er konfrontiert in seinen Gedichten das Geschehen im „Heiligen Land“ der Zeitenwende in gewaltigen Sprachbildern mit der unmittelbaren Gegenwart. Mond zu Nazareth Zu Johanni 2011 ist der dritte Gedichtband von Dieter Kissel mit dem Titel „Mond von Nazareth“ erschienen. Damit ist die Trilogie der Gedichtbände mit Kurzerzählungen in und um das Heilige Land der Erde zu Ende gekommen (Kanaan 1988, Im Innern Galiläas 1998). Dieter Kissel gelingt es in seinen Gedichten, durch gewaltige Sprachbilder zu zeigen, dass auch auf der Nachtseite des Daseins (der Rückseite des Mondes) die Blumen des Bösen verwandelt werden in strahlende Sonnenblumen. „Der Mond von Nazareth leuchtet durch die Kraft der Sonne.“ (Das Buch ist auch erhältlich im Buchladen des Johanneshauses.) ISBN: 978-3-86386-010-3 bestellbar im Online Buchshop, bei Amazon und im Buchhandel. 12,80€ Johanneshaus Rundschau 11 Der Apfelbaum Menschen, die zu uns gekommen sind Hedwig Best Ruth Stiefbold Albert Scheuffele Hannes Reisser Karl-Heinz Burger Margarete Burger Dr. Klaus Wilde am 07.06.2011 am 08.06.2011 am 01.07.2011 am 27.07.2011 am 04.08.2011 am 04.08.2011 am 15.08.2011 Menschen, die das Haus verlassen haben Marion Beck Dr. Wulf Gutjahr Gerda Schwarz am 31.08.2011 am 31.08.2011 am 31.08.2011 Fest verwurzelt stehst du da alter Baum. Unsichtbar, was dir Kraft gibt und Halt. Gegangen sind, die dich einst gepflanzt und gepflegt mit Liebe und Sorgfalt. Stürme sind über dich hinweggefegt; die Säge hat Narben hinterlassen. Ein dürrer Ast zwischen deinem Laub wann wird er brechen? Ob du noch Früchte trägst? Viele kleine und ein paar große vielleicht, der Mühe wert, dass einer sie pflückt um den Geschmack zu prüfen und sich wundert: Die Sorte fremd geworden – namenlos, auf dem Markt nicht mehr zu kaufen. Wie oft wirst du noch blühen? Wie oft wird das Abendleuchten noch durch deine Zweige schimmern, alter Baum---? Rose Rauther 12 Johanneshaus Rundschau Menschen, die von uns gegangen sind Dr. Inge Bergen Helene Buikat Helga Bielinski Lina Dietrich Hertha Alpen Brigitte Thorn Erna Jouvenal am 12.06.2011 am 09.07.2011 am 10.07.2011 am 25.07.2011 am 30.07.2011 am 20.08.2011 am 30.08.2011 Bittgedanke dir zu füßen Stirb früher als ich, um ein weniges früher damit nicht du den weg zum haus allein zurückgehen musst Reiner Kunze geb. 1933 Johanneshaus Rundschau 13 Wie mag es hier einst ausgeschaut haben? Das war so manches Mal mein Gedanke, wenn ich abends im Park dem Vogelgezwitscher lauschte und das Bächlein plätschern hörte. Auf jeden Fall müssen da wohl Genies am Werk gewesen sein! Die letzte Johanneshaus-Rundschau hat es uns nun eindrucksvoll offenbart: Es ist kaum wieder zu erkennen, aus der Wildnis wurde tatsächlich ein Paradies. Vor 75 Jahren, als meine Eltern – aus der Not geboren – einen “Allzweckgarten“ im Kleinen schufen, brauchte ich nichts anderes mehr. Auch meinen Kindern gönnte ich so ein Kindheitsparadies. Trotz aller Schicksalsschläge schuf ich danach immer wieder solch einen Ruhepunkt. Die Jahre flogen nur so dahin, und eh ich mich versah, war ich bereits in hohem Alter. Es wollte alles nicht mehr so recht wie es nötig wäre. „Was hast du nun vor?“, fragte eine teilnahmsvolle Seele. „Ein kleines Domizil suchen, ohne Schnee schippen, Hecken schneiden, putzen, kochen, waschen, flicken – wenn es nicht nur für mich allein wäre, hätte es ja noch einen Sinn…“ „Komm doch mal mit nach Öschelbronn und schau dir das Johanneshaus an“, sagte sie. Ich erinnere mich: „Ach ja, in der Klinik war damals meine zweite Frau für kurze Zeit und später auch meine dritte, wie lange ist das nun schon her. Na, lass uns mal schauen …“ Ich fand alles hell und sauber, man zeigte mir ein Appartement im 6. Obergeschoss. „Ja, das ist annehmbar, gibt es auch eines mit Balkon?“ „Ja, ein paar Türen weiter.“ Meine Augen hatten alles in der Runde erfasst, dann schaute ich aus dem Fenster über den Park, drehte mich um und sagte: „Das ist es!“ Gemessen und geplant hatte ich schnell, dann musste ich noch etliche Tage daheim Möbel ändern, anpassen und ergänzen. Nun kam das Einpacken usw.….usw. Ihr kennt das ja…. Inzwischen konnte ich schon den Frühling 2010 ahnen. Nach meiner ersten Nacht schien mir die aufgehende Sonne genau ins Gesicht und vergoldete das ganze Zimmer. Ich war also angekommen! Es war genau der richtige Zeitpunkt in meinem Lebenslauf, so konnte ich gerade noch 14 Johanneshaus Rundschau alles selbst bewerkstelligen und bekam sogar zu meinem 85. Geburtstag das erste Ständchen meines Lebens vom Chor des Johanneshauses dargeboten. Noch lange wurde ich gefragt: „Haben Sie sich gut eingelebt?“ Es gab aber für mich gar nichts einzuleben, und mit Kranken und Behinderten hatte ich auch keine Probleme, musste ich doch mehrmals Krankenpfleger mit allen Begleitumständen sein. Da zeigte es sich, wie wertvoll es ist, wenn beide, Kranke und Pflegende, auch mit der seelisch-geistigen Seite des Mensch-Seins vertraut sind und alles, was auf sie zukommt, annehmen können. Schon als kaum Erwachsener war es mir klar, dass wir das letzte Wort unserem Schöpfer überlassen müssen. Heute hege ich insgeheim die Hoffnung, dass ich niemandem zur Last werden möge. Aber selbst dann müsste ich mich dazu überwinden können, alles anzunehmen, denn es kommt doch von Herzen, auch wenn notwendigerweise der Verstand dabei am Werk sein muss. In diesem Sinne grüßt Sie alle recht herzlich Ihr Mitbewohner Lothar Hoppe Gedanken So kommt, was da kommen mag, Solange du lebst, ist es ein Tag. Und geht es in die Welt hinaus, Wo du mir bist, bin ich zu Haus. Ich seh dein liebes Angesicht, Ich seh‘ die Schatten der Zukunft nicht. Menschen zu finden, die mit uns fühlen und empfinden, ist wohl das schönste Glück auf Erden. Freu dich mit mir, es ist so traurig, allein sich zu freuen. Irmgard Kalmbacher Aus unserer Vogelwelt In der Ausgabe 54, Frühling 2011 stellte ich mich mit einer Einführung in den Vogelbestand unseres Parks und der umliegenden Feld- und Waldstücke vor, in denen wir uns bewegen. Ich habe nun Gelegenheit, über meine Beobachtung im vergangenen Frühjahr bis jetzt zu berichten. Der zwischenzeitliche Beitrag, in dem Frau Friedrich über ihre Beobachtungen am Elsternnest berichtete, hat viele von uns erfreut und gezeigt, dass Interesse an diesem Thema besteht. Ob meine eher nüchterne Art zu berichten ebenso willkommen ist, wird sich zeigen. Gleich vorab eine betrübliche Nachricht: Die Artenvielfalt der Vögel in unserem Park verringert sich. Es ist ein Trend, den ich nun schon seit meinem Einzug ins Johanneshaus beobachte und jedem von uns, der an der Vogelwelt interessiert ist, wahrscheinlich ebenfalls aufgefallen sein wird. Die Feststellung: "Sie sind nicht da" kann aber nicht leicht belegt werden. Ein Vogel, den ich zufällig über den Park fliegen sehe, war natürlich da, aber damit gehört noch nicht zu unseren Parkbewohnern. So auch nicht der Geier, von dem wir wissen, dass er hier vorüber flog. Er war eindeutig ein Durchzügler. Mein Beurteilungskriterium beruht auf der Frage, ob der Vogel (das Vogelpaar) hier gebrütet hat oder nicht. Die richtige Antwort ergibt sich aus der Häufigkeit der Wiederbeobachtung und einem sichtbaren Bruterfolg. So wissenschaftlich gehe ich hier aber auch nicht zu Werke. Darum stelle ich die Frage: Welche Vögel haben sich hier in diesem Jahre nicht mehr länger aufgehalten und offensichtlich auch nicht vermehrt? Ich nenne also die Vögel, die ich in diesem Jahr nicht wieder erlebt habe: Türkentaube, Kernbeißer, Wachholderdrossel, Schafstelze, Hausrotschwanz, Dompfaff, Dorngrasmücke, Fitis und Zilpzalp (Laubsänger), Feldlerche, Goldhähnchen, Stieglitz, Grauschnäpper. Alle diese Arten haben hier in den Vorjahren noch gebrütet. Warum blieben die Türkentauben in diesem Jahr aus? Sie gehörten in den vergangenen Jahren so selbstverständlich in unseren Park wie Ringeltauben. Sie werden bemerkt ha- ben: auch Rauchschwalbe, Mehlschwalbe, Mauersegler, Star, Sperling, Baumläufer, Laubsänger, Zaunkönig, Rotkehlchen haben sich rar gemacht. Der Schwund betrifft etwa 21 Arten! Es gibt aber auch Erfreuliches zu berichten: Im Walde oberhalb vom Hauptparkplatz, wo die Sitzbank steht, und wo es dem Waldrand entlang zu den Apfelwiesen geht, flötete ab Ende Juni ein Pirol - leider nur knapp 4 Wochen, dann rief ihn der Süden. Mich machten Mitbewohner auf diese Besonderheit aufmerksam und glücklich. Zur gleichen Zeit verließen uns auch die wenigen uns in diesem Jahr noch treu gebliebenen Schwalben. Mögen es im nächsten Jahr bitte wieder mehr werden. Wie aber sollte das? Offene Viehställe gibt es hier nicht mehr und kaum noch genügend Insekten, die den Schwalben schmecken. Man darf den Bürgern im Dorf keine Vorhaltungen machen, wenn sie die Brutbretter unter den Regenrinnen abreißen, den Schmutz wegkratzen und die Flecken sauber tünchen: Das Dorf muss schmuck sein, das Haus sauber. Ja, so ist es. Die Vögel werden sich schon zu helfen wissen. Und wir können es nicht ändern, dass die spezifischen Lebensgrundlagen sich auch für weitere Vogelarten ändern werden. Hier im Hause werde ich gelegentlich gefragt, warum ich keine vogelkundlichen Führungen anbiete. Drei Argumente: 1.) aus mir unerklärlichen Gründen ist der "Frühchoral" der Vögel hier bei uns deutlich kürzer als im Rheinland. Kaum ist man vor Ort, ist das Singen auch schon vorbei. 2.) Unser Hörvermögen setzt Grenzen. Wer nicht mehr gut hört, kann auch den Vogelgesang nicht richtig - wenn überhaupt - hören. 3.) Man muss die Vögel auch noch ausreichend schnell und gut entdecken und im Auge behalten können. Wer von uns vermag das noch? Nur durch die Gesamtgestalt seines Gehabes offenbart sich uns das Wesen eines Vogels: sein Name. Nun noch eine Sorge, mit der man mich oft Hilfe suchend befragt: Was, wenn ein unachtsamer Vogel gegen ihre Scheibe fliegt und dann benommen zu Boden geht? Antwort: Lassen sie ihn dort bitte zunächst ganz gelassen liegen. Sehr oft kommt er wieder zu sich und macht sich selbst Johanneshaus Rundschau 15 davon, bevor ihn die Katze sich holen kann. Zu dem Unfall konnte es nur kommen, weil sie die Scheiben bedenkenlos putzen. Die Scheiben dürfen nicht spiegelblank sein. Lassen sie sie mindestens von August bis November unangetastet! - Das ist die kritischste Zeit für Flugunfälle. Es gibt aber auch spezielle Filzstifte (BIRDPEN) im Handel, deren Schreibspuren nicht der Mensch, wohl aber der Vogel sehen kann. Sie wirken etwa 4 Monate und müssen dann weggeputzt und erneuert werden. BIRDPEN liefert auch Aufkleber, die für Menschenaugen unsichtbar durchsichtig sind und den Ausblick nicht beeinträchtigen (gem. Werbung). Greifvogelsilhouetten beeindrucken keinen Singvogel. Ihre Wirkung wird angezweifelt. Ulrich Burandt Misteluntersuchungen und Mistelanzucht im Carl Gustav Carus-Institut In der vorigen Ausgabe der JohanneshausRundschau wurde über das Gewächshaus des Carus-Instituts berichtet. Dort ist aber nicht nur die botanische Sammlung untergebracht, sondern es wird auch genutzt, um bestimmte Untersuchungen an der Mistel und anderen Pflanzen durchzuführen. In den ersten Öschelbronner Jahren des Instituts waren zum Beispiel im Kalthaus drei Apfelbäume mit „ausgesäten“ - das heißt mit ihrem eigenen Leim aufgeklebten - Mistelbeeren sowie Kameras und weitere technische Ausrüstung untergebracht, um das Wachstum der Mistel zu dokumentieren. Diese mehrjährigen, schon die Keimung einschließenden Untersuchungen führten zu einer wichtigen Entdeckung über die Entstehung der kugeligen Gestalt der Mistel. Während ihrer Jugendphase wächst die Mistel, wie es für Pflanzen typisch ist, entgegen der Erdenschwere dem Licht zu. Sobald sie aber blühfähig wird, finden eine bestimmte Zeit lang Wachstumsbewegungen statt. Danach sind die Triebe nicht mehr 16 Johanneshaus Rundschau nur nach oben, sondern in alle Raumesrichtungen angeordnet, mit dem Anwachspunkt der Mistel am Baum als Zentrum. Solche Wachstumsbewegungen finden dann jedes Jahr an den neuen, zunächst aufrecht wachsenden Trieben statt und führen zu der typischen, um den eigenen Mittelpunkt orientierten Kugelgestalt der Mistel. Heute forschen wir unter anderem an Fragen zur Endogenität dieser rhythmischen Wachstumsbewegungen. Es geht also darum, ob die Bewegungen von Umgebungsfaktoren ausgelöst werden oder von der Mistel selbst. Untersuchungen, bei denen Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Belichtung steuerbar sein müssen, werden nicht mehr im Gewächshaus, sondern in Klimakammern durchgeführt. Diese und auch andere biologische Fragestellungen kann man nicht an abgeschnittenen Mistelbüschen untersuchen, sondern es werden auf dem Wirtsbaum lebende Misteln benötigt. Für Versuche muss also der ganze misteltragende Baum transportabel sein. Da Apfelbäume in Topfkultur über viele Jahre vital bleiben können, Rückschnitt vertragen und sich auf ihnen recht gut Misteln etablieren lassen, haben wir uns für Apfelmisteln als Untersuchungsobjekte entschieden. Wir führen die Anzucht der Mistel selbst durch, indem wir gekaufte Apfelbaum-Halbstämmchen in Töpfen weiterkultivieren und sie mit Mistelbeeren bekleben. Wenn alles gut geht, sind dann nach etwa 6-7 Jahren die Misteln so weit entwickelt, dass sie für Versuche eingesetzt werden können. Zurzeit haben wir ca. 50 Apfelbäumchen verschiedenen Alters und für spätere vergleichende Untersuchungen 7 Kiefern mit Misteln, dazu noch einige seltenere Mistelwirtsbäume. Diese Bäume stehen zum Teil am Gewächshaus, zum Teil im Garten in der Nähe des Bienenhauses. Die Versuchspflanzen dienen darüber hinaus als Anschauungsmaterial bei den Führungen, die zum Kennen lernen der Mistel angeboten werden. Hier kann man ganz bequem auf Augenhöhe verschiedene Entwicklungsstadien der Mistel betrachten. Eine Führung dauert etwa eine Stunde, und ein Plakat mit Datum und Uhrzeit wird je- weils auch im Johanneshaus ausgehängt. Wenn Sie sich für die Mistel und ihre Entwicklung interessieren, sind Sie herzlich zur Teilnahme eingeladen. Angelika Heinze Lebendes Wasser Wasser, wie eilst du von den Felsen herab, dein Rauschen klingt meinen Ohren wohl, du erglänzest silbern im Licht der Sonne, bist meinen Augen ein liebliches Spiel. Wo kommst du her, du warst noch vor Tagen im unendlichen Ozean, hat dich wohl die Sonne zu sich hinauf gelockt und du ließest dich aus einer eilenden Wolke hier hernieder fallen? Du labst meinen Körper Und all meine Sinne, labst du nicht auch mein brennendes Herz? Dein Herz , oh Wanderer, kann ich nicht laben, ich bin von der Erde und erhalte das Leben, doch deine suchende Seele braucht anderes Wasser, das Wasser des Lebens, aus Gottes ewigem Quell, der niemals versiegt. Deinen Leib hab ich Gelabt und gereinigt, nun reinige du auch dein sehnendes Herz, dein rastloses Denken, und dein eiliges Handeln, dann formt sich willig dein irdischer Körper zum reinen Gefäß, würdig, zu empfangen, das lebende Wasser. Lothar Hoppe Johanneshaus Rundschau 17 Ratschläge für Normalhörende im Umgang mit Schwerhörigen Wer gut hört, kann sich oft nicht in die Situation eines Schwerhörigen hineinversetzen. Normalhörende neigen dazu, die Probleme Hörgeschädigter zu unterschätzen - mangelnde Rücksichtnahme, Überforderung der Betroffenen und Verständnislosigkeit sind nicht selten die unbeabsichtigten Folgen. Es gibt einige Regeln und Verhaltensweisen, die dazu beitragen, das Verstehen und das Zusammenleben von Normalhörenden und Hörgeschädigten zu erleichtern: • Nehmen Sie Rücksicht auf die Hörbehinderung Ihres Gesprächspartners, versuchen Sie, sich in seine Lage zu versetzen und verständig zu reagieren. • Sehen Sie Ihren Gesprächspartner beim Sprechen an, damit er - auch wenn er HörgeräteTräger ist - zusätzlich von Ihren Lippen ablesen kann. Für das Mundablesen ist es wichtig, dass Ihr Gesicht gut zu sehen ist. • Denken Sie daran, ruhig und nicht zu schnell zu sprechen. Artikulieren Sie jedes Wort deutlich, aber übertreiben Sie die Mundbewegungen nicht. Kurze Sätze und geläufige Wörter tragen ebenfalls zum besseren Verständnis bei. • Sprechen Sie den Schwerhörigen nicht von hinten an. Versuchen Sie nicht seine Aufmerksamkeit zu erwecken, indem sie ihn anstoßen oder ein lautes Geräusch machen, er würde dadurch erschreckt. • Beim Sprechen sollten Sie weder etwas im Mund (z. B. Kaugummi) noch zwischen den Lippen (z. B. Zigarette) haben. Achten Sie darauf, dass der Mund während des Gesprächs nicht verdeckt ist, zum Beispiel durch eine Hand. Auch ein Bart kann das Ablesen vom Mund erschweren. • Das Kommunizieren erfordert für den Schwerhörigen ein großes Maß an Konzentration. Achten Sie darauf, ob Ihr Gesprächspartner möglicherweise eine Pause benötigt. Hören und das Ablesen vom Mund sind anstrengender als nur das normale Hören. • Schreien Sie den Schwerhörigen nicht an, 18 Johanneshaus Rundschau das verzerrt den Ton und kann schmerzhaft wirken. Außerdem haben viele Schwerhörige zwar Schwierigkeiten leises Sprechen zu verstehen, zugleich ist aber die Schwelle herabgesetzt, bei der laute Geräusche als unangenehm oder schmerzhaft empfunden werden. • Hintergrund-Geräusche, wie zum Beispiel Radiomusik, erschweren das Hören und Verstehen unnötig. Eine ruhige Umgebung ist für ein Gespräch daher besser geeignet. • Beziehen Sie den Schwerhörigen in ein Gespräch in geselliger Runde mit ein. Informieren Sie ihn von Zeit zu Zeit über den Fortgang der Unterhaltung, falls Sie merken, dass er dem Gesprächsverlauf nicht ganz folgen kann. Sprechen Sie ihn öfter direkt an. • Werden Sie nicht gleich ungeduldig, wenn der Schwerhörige Sie nicht verstanden hat. Wiederholen Sie den ganzen Satz-Zusammenhang oder wählen Sie eine andere Formulierung. Wichtige Mitteilungen müssen notfalls aufgeschrieben werden, um Missverständnisse zu vermeiden. • Helfen Sie bei Problemen. DEUTSCHES GRÜNES KREUZ, Marburg JOHANNESHAUS ÖSCHELBRONN CAFETERIA Dienstag, Samstag, Sonntag und an Feiertagen 14.30-16.30 Uhr Herzlich Willkommen Das Gedicht – Folge 2 Der Spaziergang (nach 1806) Ihr Wälder schön an der Seite Am grünen Abhang gemalt, wo ich umher mich leite, durch süße Ruhe bezahlt für jeden Stachel im Herzen, wenn dunkel mir ist der Sinn, denn Kunst und Sinnen hat Schmerzen gekostet von Anbeginn Ihr lieblichen Bilder im Tale, zum Beispiel Gärten und Baum, und dann der Steg, der schmale, der Bach zu sehen kaum. Wie schön aus heiterer Ferne Glänzt einem das herrliche Bild Der Landschaft, die ich gerne besuch in Witterung mild. Die Gottheit freundlich geleitet Und uns erstlich mit Blau, hernach mit Wolken bereitet, gebildet wölbig und grau, mit sengenden Blitzen und Rollen des Donners, mit Reiz des Gefilds, mit Schönheit, die gequollen vom Quell ursprünglichen Bilds. Friedrich Hölderlin (1770-1843) Zur Form: In den langen Tübinger Jahren seiner „geistigen Umnachtung“ fiel Hölderlin unter Aufgabe der freien Rhythmen und weiterer Formen wieder in die einfachen gereimten Strophen seines Anfangs zurück. Zum Anlass: Der heute vergessene Dichter Wilhelm Waiblinger (1804-1830), Freund Hölderlins und sein erster Biograph, nahm den Kranken gelegentlich mit in sein Gartenhaus oberhalb der Stadt. Zur Datierung „nach 1806“: Alles Schriftliche, das wir von Hölderlins Hand haben nach den Jahren seiner Einlieferung in die Autenrieth‘sche Klinik, ist nicht datierbar. Man mag das bedauern, doch wären gesicherte Daten kaum hilfreich, wo keine Entwicklung des Schöpferischen mehr erkennbar ist. Dieses Gedicht des kranken Hölderlin ist bei großer Klarheit zugleich von anrührender Tiefe und einer Schönheit, die für sich selbst spricht. Zu Beginn die Landschaftsschilderung, kurz unterbrochen und dann über die ganze zweite Strophe hin weitergeführt, lauter erfreuende Bilder: Das Land glänzt schön, lieblich, heiter, herrlich und mild. Aber der Preis dieser „süßen Ruhe“ ist sehr hoch angesichts des lebenslangen Ringens um die Dichtung, um „…das Heilige, das am Herzen mir liegt, das Gedicht…“ Dann, in der letzten Strophe, zunächst noch gelassen und wie aus großem Abstand – hierin ähnlich der zweiten Strophe – sein Lebensweg als Wetterverschlechterung vom Blau bis zum verheerenden Gewitter, der Krankheit. Und jetzt, ganz am Ende, zeigt sich die Katastrophe auch sprachlich im schauerlichen Wegbrechen der Formungskräfte. Nichts geht mehr. „Friedlich und heiter ist dann das Alter“ lautet vorausschauend der Schluss eines weiteren Gedichtes des noch Gesunden. So aber wird man, von außen betrachtet, Hölderlins Lebensabend nur sehr eingeschränkt sehen können. Und doch liegt ein Abglanz davon auch noch über dem späten „Spaziergang“. Es kann eine Bereicherung sein, sich dieses Gedicht anzueignen. Hans Krauss Johanneshaus Rundschau 19 Kultur im Johanneshaus Das Konzert des BoccheriniSextettes am 9. Juli 2011 Die Zuhörer des Konzertes waren auf Grund der Halbjahres-Vorschau gespannt auf das darin angekündigte Programm des Boccherini-Sextettes mit den dort angegebenen Spielern. Aber es gab ein neues Programm, das jeder Zuhörer in die Hand bekam, und anstelle von vier der erwarteten Streicher wurden vier neue im Programm genannt. - Was war geschehen? Frau Irene Genal ist selbst Cellistin im SinfonieOrchester des SWR in Stuttgart. Sie bestreitet und vermittelt schon seit etwa 35 Jahren dem Johanneshaus die schönsten Konzerte der Kammermusik, in denen sie selbst am Cello mitwirkt. Zunächst waren es Abende mit Klavierbegleitung; dann erweiterte sich die Spielerzahl über Streichtrio, Streichquartett zum Streichquintett, das den Namen Boccherini-Quintett erhielt und seit 2002 fast jährlich im Johanneshaus aufgetreten ist. Frau Genal musiziert in Stuttgart in mehreren Kammermusik-Ensembles mit freiberuflich tätigen Musikern oder auch mit Mitgliedern aus anderen Orchestern, die dort ihre Verpflichtungen haben. So musste Frau Genal, als sie diesmal mit dem Boccherini-Sextett zu uns kam, wegen Terminüberschneidungen vier neue Spieler finden und mit ihnen ein anderes, ganz neues Programm vorbereiten. Wir bekamen statt des Sextetts "Souvenir de Florence" von Tschaikowsky ein Streichquintett von Boccherini "Das Aufziehen der militärischen Nachtwache in Madrid" zu hören. Wie sah unser neues Programm aus? - Als erstes Werk hörten wir das gern gespielte C-Moll Streichquintett KV 406 von W.A. Mozart aus dem Jahr 1787. Mozart hatte selbst seine Bläserserenade KV 388 zu dieser Komposition für fünf Streicher umgearbeitet. Das Anfangs-Allegro wie auch das gemütvoll sich ausdehnende Andante in seinem lyrischen Charakter wurden schön ge- 20 Johanneshaus Rundschau staltet. Menuett und Trio boten kräftige Kontraste, und das Schluss-Allegro wurde frisch gespielt. Dann, noch vor der Pause, trat das Quintett zackig im Gleichschritt auf, es gab Tuschs und Soli bei Boccherinis Parade, brillant imponierten die Flageolett-Schwünge der zweiten Geige. Man nahm an der Musik von Luigi Boccherini die musikgeschichtliche Nähe zu Josef Haydns Kammermusik wahr. Doch sind sich beide Komponisten im Leben nie begegnet. Als Höhepunkt im Programm erklang nach der Pause das 2. Streichsextett Opus 36 von Johannes Brahms, das er 1865 komponiert hat. Es wurde kompetent gespielt, und wir erfreuten uns an den schwelgenden Melodien, bei denen die je zwei Geigen, Violen und Celli fast die Dichte eines Orchesterklanges erreichten. Die zeitliche Nähe zu der hier oft gehörten Cellosonate in EMoll war zu spüren. Ein großer Beifall belohnte die Musiker nach dem Konzert. Ein Wunsch blieb offen: In einem späteren Konzert des Ensembles auch das diesmal nicht gehörte Sextett von Tschaikowsky zu hören. Johannes Ziemann Vier Eurythmieaufführungen Wieder hatten wir in diesem Sommer die Abschlussklassen von 3 verschiedenen Eurythmieausbildungen bei uns zu Gast. Nach 4-jährigem Studium zeigten die Gruppen vom Eurythmeum Stuttgart, der Akademie für Eurythmie Budapest und der Eurythmieausbildung in Witten-Annen ihr Können in drei abendfüllenden Aufführungen. Sehr interessant war zu erleben, welche Verschiedenartigkeit sowohl in der Programmgestaltung als auch in der Ausführung der Texte, Musiken, Märchen oder stummen Formen zu Tage trat. Die Gruppe aus Stuttgart zeigte ein abwechslungsreiches Programm. Es wechselten poetisch schöne Darstellungen mit solchen, die sehr stark geformt waren. Besonders eindrucksvoll war der „Friedenstanz“, eine von Rudolf Steiner gegebene Gemeinschaftsform. In der heutigen Zeit kann eine ganz aus dem Rhythmischen gestaltete Bewegung von 12 Eurythmisten Zukunftsquell bilden. Die ausgesprochen beseelten Bewegungen der Eurythmistinnen aus Budapest beschwingten und belebten die Zuschauer. Es war ein farbiges, reiches Programm. Exakt und gut durchgearbeitet zeigten sich die Musiken und Texte der Eurythmisten aus WittenAnnen. So ist es immer wieder eine Freude, zu erleben, welche verschiedenartigen Möglichkeiten die Eurythmie hat. Als letzte Aufführung im Reigen dieses Sommers kam nun die Stuttgarter Märchengruppe am Ende ihrer Tournee noch zu uns und zeigte das norwegische Märchen „Die schlaue Katze“. Diese wirklich internationale Gruppe unter Leitung von Michael Leber bewies, dass man die Bühne mit ganzen Herden von Schafen, Schweinen, Ziegen und Rindern bevölkern kann – und doch stehen am Ende nur sieben Darsteller zum Applaus vor uns. Die Geschmeidigkeit der Katze, die liebenswürdige Durchtragekraft des Jünglings, die Verwandlungsfähigkeit der Herdentiere, das Können der übrigen Darsteller und die Ideen des Regisseurs verdienten sich einen von Herzen kommenden Applaus. Mögen die vielen jungen Menschen, die wir in diesen Wochen hier auf der Bühne sahen, nun auf ihrem Berufsweg das finden und leisten können, was sie sich durch ihre Ausbildung erhofft haben! Helga Beeck, Erika Müller Veranstaltungen im Johanneshaus Oktober bis Dezember 2011 Oktober 08.10.2011 15.10.2011 21.10.2011 29.10.2011 30.10.2011 Klavierabend Klavierabend Vortrag Galerie Liederzyklus / Eurythmie 19.30 Uhr 19.30 Uhr 19.30 Uhr 11.00 Uhr Aleksandra Mikulska Karolin u. Friederike Stegmann Bodo von Plato, Goetheanum Vernissage Markus Hauser 19.30 Uhr Duo Chagall November05.11.2011 12.11.2011 25.11.2011 Galerie-Konzert 16.00 Uhr Klavierabend 19.30 Uhr Eurythmie 19.30 Uhr Ensemble Liuto Concertato Tilman Krämer Else-Klink-Ensemble Dezember04.12.2011 11.12.2011 17.12.2011 Konzert Konzert Galerie Eichhoftrio Freie Eurythmiegruppe Pforzheim Vernissage Ortwin Pennemann 16.00 Uhr 16.00 Uhr 11.00 Uhr Gerne senden wir Ihnen den ausführlichen Veranstaltungskalender: Tel. 07233 / 679711 Johanneshaus Rundschau 21 125 Jahre Automobil 2011 steht ganz im Zeichen des Automobils. Angebote für Berta-Benz- Wanderungen, BertaBenz-Radtouren und natürlich Oldtimerfahrten in fast allen Ländern der Bundesrepublik – vor allem natürlich in Baden-Württemberg, wo vor 123 Jahren Berta Benz, Ehefrau von Carl Benz, die allererste Überlandfahrt mit einem Auto gewagt hatte. Carl Benz hat nicht das erste Auto gebaut. Doch er gilt als dessen Erfinder, weil ihm als erstem ein Patent darauf erteilt wurde. Seine Frau Berta, eine gebürtige Pforzheimerin, war nicht nur die erste Autofahrerin, sondern auch die erste, die bewies, dass man mit diesen motorisierten Vehikeln mehr konnte, als bei Ausstellungen damit herum zu knattern. Nur wer dieses schwach motorisierte Dreirad einmal genau besehen hat oder gar damit gefahren ist, bekommt einen Eindruck von der ungeheuren Courage dieser Frau, die dem selbstfahrenden Wagen das Tor zum Erfolg ihres Mannes aufgestoßen hat. Ein heute fast völlig vergessener Förderer des Reisens mit dem Automobil war Otto Julius Bierbaum, ein bekannter Lyriker und Schriftsteller zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Ihm stellten die Frankfurter Adlerwerke und der Scherl Verlag 1902 ein einfaches Auto mit Chauffeur zur Verfügung, mit dem seine Frau und er circa drei Monate unterwegs waren. Die Aufzeichnungen dieser Reise erschienen 1903 unter dem Titel „Eine empfindsame Reise im Automobil von Berlin nach Sorrent und zurück an den Rhein“. Es war die erste in Buchform veröffentlichte Reise mit einem Auto in Deutschland. Es ist eine auch heute noch lesenswerte Reisebeschreibung in einer ausgesprochen schönen Sprache. Der Wagen war natürlich offen und hatte nur ein Notverdeck. Angetrieben wurde er von einem Einzylindermotor mit 8 PS. Nach dieser Reise postulierte Otto Julius Bierbaum, dass es nicht mehr lange dauern werde, bis das Reisen im Automobil etwas ganz Gewöhnliches sei. Er hat Recht behalten. Bereits sechs Jahre später brachte Henry Ford das legendäre „T“ Modell auf den Markt. Es war ein 22 Johanneshaus Rundschau einfaches, sehr robustes Fahrzeug, wurde 15 Millionen Mal gebaut und motorisierte so einen ganzen Kontinent. Vom 14. bis 17. Juli war ich mit meiner Frau in einem Ford „A“, dem Nachfolgemodell des „T“, Baujahr 1929, bei einer Otto-Julius-BierbaumGedächtnisfahrt in Greinau. Das älteste Fahrzeug hatte das Baujahr 1901 und wurde von zwei fast ebenso antik aussehenden Engländern gesteuert. Wir waren automäßig gesehen die jüngsten Teilnehmer. Alle 44 Fahrzeuge legten die Strecke von über 200 km einschließlich der Fahrt von Kochel bis zum Walchensee ohne Ausfälle zurück. Das Fahren mit diesen Autos ist nicht unbedingt bequem, es ist laut und anstrengend, aber es hat immer noch ein klein wenig von Abenteuer an sich und macht jemandem, der sich für alte Mechanik interessiert, viel Spaß und den zahlreichen Zuschauern große Freude. Gerhard Lehmann Die Redaktion bedankt sich Wir, die Redaktion der Rundschau, möchten uns auf diesem Weg ganz herzlich bedanken für die vielen positiven Rückmeldungen, die wir in den vergangenen Monaten von Ihnen, sehr geehrte Leser, erhalten haben. Diese Rückmeldungen betrafen die Vielseitigkeit und die Qualität der Beiträge, das geänderte Layout und ebenso die Umstellung auf umweltfreundliches Papier und umweltfreundliche Druckfarbe. Uns ist natürlich bewusst, dass Druckerfarbe immer die Umwelt belastet, auch die von Greenpeace für unbedenklich eingestufte Farbe. Aber auch eine möglichst geringe Belastung ist ein Beitrag zum Umweltschutz. Ihr großes Lob für die Artikel der Rundschau möchten wir hiermit an alle Autoren weitergeben, denn Sie, liebe Autoren, sind es, die mit Ihren Beiträgen unserer Rundschau ein Gesicht geben! Wir freuen uns immer sehr auf Ihre Artikel. Ein weiteres ganz herzliches Dankeschön geht an die Geschäftsleitung, die insbesondere dem letzten Heft mit einem Umfang von 36 Seiten und damit einem wesentlich höheren Kostenaufwand ohne zu zögern zugestimmt hat. Nur so war es möglich, ein wirklich umfassendes Bild zur Garten- und Parkentwicklung aufzuzeigen. Natürlich hätten wir uns gewünscht, die vielen Garten- und Parkbilder größer drucken zu können, aber irgendwo sind dann doch Grenzen und die Beiträge waren uns in diesem Fall wichtiger als die Größe der Bilder. Kritik ist immer notwendig für eine fortwährende Entwicklung, deshalb freuen wir uns über jede Rückmeldung, auch Beanstandungen sind uns wichtig und bringen uns weiter. Vielen Dank! Karin Barkhoff Die Rundschau wird auf umweltfreundliches Papier (blauer Umweltschutzengel) mit umweltverträglicher Farbe (Greenpeace geprüft) gedruckt. Impressum Die Rundschau Herausgeber Johanneshaus gemeinnützige GmbH Zentrum für Lebensgestaltung im Alter Am Eichhof 20 · 75223 Niefern-Öschelbronn Tel. 07233 / 670 · Fax 07233 / 679210 [email protected] Redaktion: Karin Barkhoff Hedi Delfino Dorette Jensen Hans Krauss Madlen Kost Gerd Kutscher Jutta Lauer Erika Müller Layout: Konrad Barkhoff Anzeigen: Druckauflage: Karin Barkhoff Tel. 07233 / 97 31 56 [email protected] 800 Stück Druck: Butscher Pforzheim - steht im Internet zum kostenlosen Download bereit unter: www.johanneshaus-oeschelbronn.de/rundschau.htm - erscheint viermal jährlich zu den Jahresfesten: Ostern – Johanni – Michaeli – Weihnachten - lebt von den Beiträgen der Bewohner und Mitarbeiter. Insofern freuen wir uns über jede Zuschrift! Die Redaktion kann jedoch keine Zusage über den Zeitpunkt der Veröffentlichung geben, ebenso kann keine Haftung für unaufgefordert zugesandte Manuskripte übernommen werden. Für Inhalt und sachliche Richtigkeit der Beiträge zeichnet der jeweilige Autor verantwortlich. Die Redaktion behält sich Überarbeitungen und Kürzungen vor. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in der Regel die männliche Schreibweise verwendet. Wir weisen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass die männliche Schreibweise die weibliche stets mit einbezieht. Redaktionsschluss für die kommende Ausgabe ist am 30.11.2011 Johanneshaus Rundschau 23 Hände es werden immer Hände sein die dich begleiten ein Händedruck nur kühl und hart fordernd eine kurze Berührung leicht gleitend ein Tipp auf die Schulter hier bin ich oder weiche warme zärtlich streichelnd sanft damit du sie nicht vergisst geben dir Kraft oder nehmen dich mit in den Tod Claudia Frischauf