Osteoporose - Ernährungs
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Osteoporose - Ernährungs
aktuell | ernährungslehre & -praxis Nr. 12 Dezember 2007 Welchen Einfluss haben Nährstoffe bzw. Lebensmittel auf das Osteoporose-Risiko? Der zweite Teil des Interviews mit PD Dr. Zittermann vom Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen, geht auf die Bedeutung des Calcium: Phosphor-Verhältnisses und auf Alternativen zu Milch- und Milchprodukten als Calciumquellen ein. ● PD Dr. Armin Zittermann Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie 32545 Bad Oeynhausen E-Mail: azittermann @hdz-nrw.de Osteoporose Teil 2 Teil 1 des Interviews erschien in Ernährungs Umschau 11/2007, S. B33– B36. ● Hilft ein Calciumpräparat zur Osteoporoseprävention oder sollte es immer mit Vitamin D kombiniert werden? Neben Milch- und Milchprodukten sind auch manche Mineralwässer, einige Gemüse sowie mit Calcium angereicherte Fruchtsäfte gute Calciumlieferanten, so dass bei geeigneter Lebensmittelauswahl auf Calciumpräparate gut verzichtet werden kann. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass auch Calcium aus Mineralwässern entgegen der zum Teil verbreiteten falschen Meinung, Calcium aus Mineralwässern könne nicht gut ausgenutzt werden, eine gute Bioverfügbarkeit aufweist. Dennoch kann es in bestimmten Fällen sinnvoll sein, die Calciumversorgung durch ein entsprechendes Präparat sicherzustellen. Dies gilt in besonderem Maße, wenn eine adäquate alimentäre Zufuhr aufgrund von geringer Nahrungszufuhr nicht gewährleistet ist (z. B. bei Senioren) und/oder wenn aufgrund der Einnahme von bestimmten Medikamenten (z. B. Diuretika) der Calciumbedarf zusätzlich erhöht ist, wie dies häufiger bei Senioren der Fall ist. Zu beachten ist jedoch stets, dass eine adäquate Calci- umversorgung auch im Alter nur den Anteil des Knochenabbaus verhindern kann, der ansonsten aus einer unzureichenden Calciumversorgung resultieren würde. Dies heißt, dass eine optimale Calciumversorgung nicht den durch Kachexie und Muskelabbau auftretenden Knochenabbau verhindern kann. Zur Osteoporoseprävention sollte im Alter eine tägliche Calciumaufnahme von 1 200 mg angestrebt werden. Bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Einnahme von Diuretika sind möglicherweise bis zu 1 500 mg Calcium täglich notwendig. Da eine gute Vitamin-D-Versorgung die Calciumabsorptionsrate aus dem Darm steigert, können sich Calcium und Vitamin D in gewisser Weise in ihrer Wirkung auf den Knochen ersetzen. Eigene Untersuchungen haben kürzlich ergeben, dass bei Patienten mit erhöhtem Calciumbedarf eine Supplementierung nur mit Calcium in der Lage ist, den gestörten Knochenstoffwechsel zu normalisieren [22]. Eine zusätzliche Vitamin D-Gabe hatte keine zusätzlichen positiven Effekte. und ohne zusätzliche Vitamin D-Gabe vermindern kann [23]. Allerdings sollte gerade in der Ernährungswissenschaft ein ganzheitlicher Ansatz zur Prävention von Erkrankungen vertreten werden. Eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung (Serumspiegel an 25-Hydroxyvitamin D <50 nmol/l) ist in Deutschland und auch in anderen entwickelten und sich entwickelnden Ländern weit verbreitet, so dass hier dringender Handlungsbedarf zur Verbesserung der Situation besteht [24]. Vitamin D hat nicht nur Wirkungen auf den Knochenstoffwechsel, sondern beeinflusst insgesamt den Zellstoffwechsel in vielfältiger Weise. Erst kürzlich ergab eine Metaanalyse von prospektiven, randomisierten Studien, dass eine Vitamin-D-Supplementierung die Gesamtmortalität bei älteren Personen signifikant reduzieren kann [25]. Eine Optimierung der Vitamin-D-Versorgung (Serumspiegel an 25-Hydroxyvitamin D >75 nmol/l) sollte daher unabhängig von der Frage des Osteoporoseschutzes angestrebt werden. Diese Ergebnisse stehen auch in Übereinstimmung mit einer kürzlich publizierten Metaanalyse, die zu dem Schluss kam, dass bei Senioren eine Calciumsupplementation das Frakturrisiko mit Welche Rolle spielt das Calcium:Phosphor-Verhältnis in der Nahrung? Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht keine Notwendigkeit mehr, auf dieses Verhältnis zu achten bzw. phos- Ernährungs Umschau | 12/07 B37 aktuell | ernährungslehre & -praxis phorhaltige Lebensmittel zu meiden, um einer Osteoporose vorzubeugen. Vielmehr ist eine ausreichende Versorgung mit dem Knochenbaustein Calcium eine notwendige Voraussetzung für die Knochengesundheit. Diese entfaltet die volle Wirkung am besten im Zusammenspiel mit anderen präventiven Maßnahmen wie ausreichender körperlicher Bewegung. Welche Lebensmittel sind außer Milch und Milchprodukten empfehlenswert? Fettarme Milch und Milchprodukte sind für alle Altersgruppen die beste Calciumquelle. Mit 1 Becher Joghurt (150 g), 1 Glas Milch und 2 Scheiben Emmentaler werden gut 1 000 mg Calcium aufgenommen. Die unzureichende Calciumaufnahme z. B. bei Jugendlichen liegt nicht in erster Linie daran, dass der B38 Bedarf nicht mit Lebensmitteln gedeckt werden kann, sondern an einer in Teilen unzureichenden Nahrungsaufnahme sowie einer falschen Lebensmittelauswahl. Zusätzlich sind Gemüse wie Grünkohl, Spinat, Broccoli und Lauch sowie verschiedene calciumreiche Mineralwässer (Calciumgehalt mehr als 150 Milligramm/Liter) geeignete Calciumlieferanten. Im Bedarfsfall können Speisen mit Magermilchpulver angereichert werden, z. B. gebundene Suppen, Soßen, Cremes, Kartoffelpüree. 10 g Magermilchpulver enthalten 130 mg Calcium. Bei Personen mit Kuhmilcheiweißallergie, die auf Milchprodukte vollständig verzichten müssen, sind mit Calcium angereicherte Fruchtsäfte eine Alternative. Ernährungs Umschau | 12/07 Literatur Teil 2 왎 22. Schleithoff SS, Zittermann A, Tenderich G, Berthold HK, Stehle P, Koerfer R (2007) Combined calcium and vitamin D supplementation is not superior to calcium supplementation alone in improving disturbed bone metabolism in patients with congestive heart failure. Eur J Clin Nutr Aug 8 (Epub ahead of print) 23. Tang BM et al. (2007) Use of calcium or calcium in combination with vitamin D supplementation to prevent fractures and bone loss in people aged 50 years and older: a meta-analysis. Lancet 370; 657–66 24. Vieth R et al. (2007) The urgent need to recommend an intake of vitamin D that is effective. Am J Clin Nutr 85; 649–50 25. Autier P, Gandini S (2007) Vitamin D Supplementation and Total Mortality: A Metaanalysis of Randomized Controlled Trials. Arch Intern Med 167; 1730–7