drei.15 - Ver.di
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STANDPUNKT : SCHWARZES BRETT : AKTIV : ARBEITEN UND LEBEN: Tarifvertrag Soziale Dienste Ich melde mich krank Razzia bei Marseille Physiotherapie im Umbruch \\ Seite 3 \\ Seiten 4/5 \\ Seite 6 \\ Seite 7 Nr. 15 _ Oktober 2 0 0 5 dre i V E R . D I FAC H B E R E I C H 3 – G E S U N D H E I T, S O Z I A L E D I E N S T E , W O H L FA H R T U N D K I R C H E N Lasst uns nicht stehen! draußen dr außen Jobkiller Arbeitszeitverlängerung verbaut dem Nachwuchs die Zukunft Was die Länder in den Unikliniken und psychiatrischen Einrichtungen bereits z.T. eingeführt haben, soll jetzt auch in den kommunalen Kliniken nachvollzogen werden. Der neue Tarifvertrag öffentlicher Dienst (TVöD) gibt die Möglichkeit, frühestens zum 1. Dezember 2005 die Arbeitszeit zu kündigen, mit dem Ziel, jeweils landesweit für alle memöglichkeiten nach der Ausbildung, aber auch die Möglichkeit, eine Stelle in einem anderen Krankenhaus zu bekommen, wären gleich null. Und die, die jetzt vielleicht noch eine befristete Stelle ergattert haben, verlieren nach der Befristung ihren Arbeitsplatz. Und fehlende Übernahmemöglichkeiten gefährden natürlich auch die Existenz von Ausbildungsplätzen. Dabei ist in den letzten vier Jahren die Ausbildungslücke in Deutschland um 120.000 Ausbildungsplätze gestiegen. Und gerade in der Pflege wird man bald wieder dringend Fachkräfte suchen (siehe Kasten). kommunalen Einrichtungen mit ver.di die 40-Stun- In den Konflikt gehen den-Woche zu vereinbaren. Und einige kommunale Die angedrohte Kündigung der Arbeitszeit durch kommunale Arbeitgeberverbände zwingt jeden von uns, sich zu entscheiden: Gehe ich mit meinen Gewerkschaftskollegen im Betrieb in den Konflikt bis hin zum Streik oder bin ich bereit, »Opfer zu bringen«. Opfer, das heißt hier: mehr Belastung durch die Stellenstreichungen bei weniger Freizeit und Gehaltsverluste. So würde eine erfahrene, 28-jährige Krankenschwester mit mehr als sechs Jahren Berufserfahrung (KR Va) nach Einführung der 40-Stunden-Woche ca. 120 Euro weniger und selbst im Vergleich mit einer Berufsanfängerin mit zwei Jahren Berufserfahrung (KR V) in der 38,5-StundenWoche, wenn diese ebenfalls 40 Stunden arbeitet, immer noch 50 Euro weniger im Monat verdienen. Insbesondere Teilzeitkräfte und Bereitschaftsdienstler würden die Gehaltskürzungen direkt spüren. Arbeitgeberverbände haben bereits angekündigt, so schnell wie möglich von der Arbeitszeitkündigung Gebrauch zu machen. Dazu steht auch noch die These im Raum: Arbeitszeitverlängerung sichert Jobs und schafft sogar neue. Lothar Galow-Bergemann, Personalrat im Klinikum Stuttgart, weiß, warum diese These absurd ist: »Wir haben ca. 2.270 Pflegestellen. Für uns als kommunales Krankenhaus gilt die 38,5-Stunden-Woche. Die Einführung der 40-StundenWoche wäre nichts anderes als eine unbezahlte Verlängerung der Arbeitszeit um 3,9 Prozent. Aber nicht nur das – die Erfahrung lehrt, dass die Stellen um genau diesen Prozentsatz gekürzt würden. Das wären bei uns über 170 Stellen, die zusätzlich zu all den bisherigen Sparmaßnahmen und Budgetkürzungen wegfielen. Unsere Auszubildenden haben schon jetzt große Probleme, nach erfolgreichem Examen in ein Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Die erneute Stellenstreichung würde ihre Chancen auf Jahre hinaus zunichte machen.« Ausbildungslücke steigt weiter Das, was Galow-Bergemann vorrechnet, gilt ebenso für andere Häuser, wenn dort das Gleiche stattfände. Mit der 40Stunden-Woche verlieren wir, hochgerechnet auf ein Jahr, Freizeit in Höhe von ca. 2 Wochen Urlaub. Das bedeutet, von je 26 Stellen würde eine Stelle verschwinden. Die Übernah- INSTITUT FÜR ARBEIT UND TECHNIK Pflegenotstand droht Zunahme der Pflegefälle und sinkende Ausbildungszahlen Die Krankenhäuser in der Bundesrepublik haben in den letzten Jahren rund 18 Prozent der Betten abgebaut und die Verweildauer der Patienten um fast 35 Prozent zurückgefahren. Trotzdem stiegen im gleichen Zeitraum die Ausgaben um über 40 Prozent. Steigende Fallzahlen – plus 20 Prozent – führen zu besonderen Belastungen für das Personal. Doch die notwendigen Personalaufstockungen stoßen an Grenzen. In Nordrhein-Westfalen sind die Ausbildungszahlen in der Krankenpflege um 19 Prozent und in der Altenpflege um über 8 Prozent zurückgegangen. »Hier muss dringend gegengesteuert werden; sonst droht in Kürze der Versorgungsnotstand«, so Stephan von Bandemer vom Institut für Arbeit und Technik (IAT) in Gelsenkirchen. Nach Angaben des Instituts wird die Zahl der Pflegefälle in NRW aufgrund der demografischen Entwicklung bis zum Jahr 2015 um rund 130.000 auf 590.000 zunehmen. Durch die Verweildauerreduzierung in den Krankenhäusern fallen in NRW bis 2010 weitere 10 Millionen Versorgungstage an, für die im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt zumindest teilweise Pflegeleistungen zu Hause, ambulant oder stationär in Anspruch genommen werden müssen. Bandemer, Stephan von / Evans, Michaela: Moderne Arbeit und Qualifizierung in der Gesundheitswirtschaft NRW: Memorandum der Arbeitsgruppe Lernallianzen der MedEcon Ruhr. Manuskript; Institut für Arbeit und Technik, Gelsenkirchen 2004, E-Mail: [email protected]. Verantwortung für Jugend übernehmen Aber jeder, der bereit ist, dieses persönliche Opfer zu bringen, weil er sich nicht dem Konflikt stellen will, muss sich klar darüber werden, dass er damit vor allem dem Nachwuchs das größte Opfer auferlegt, dem mit der Arbeitszeitverlängerung die Zukunft verbaut wird. Es geht also nicht mehr nur darum, sich um seine Rechte zu streiten oder Opfer zu bringen, sondern uns erwächst zunehmend eine direkte Verantwortung für die Zukunft unserer Jugend, die wir durch unser Verhalten beeinflussen. Wir dürfen sie nicht draußen alleine stehen lassen! Den einen immer mehr Belastung, den anderen keine Arbeit? Es reicht! Wenn unsere Arbeitgeber den Konflikt wollen, werden sie ihn bekommen. Eine Arbeitszeitverlängerung darf nicht durchkommen. 38,5 Stunden bleiben – sonst streikt`s. Illustration: motormac, Thomas Klefisch DIALOG 2 drei Wortmeldungen An alle! Dies ist euer Forum – schreibt uns, was euch bewegt: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. GÜTERSLOH 15_Oktober 2005 [email protected] WÜRZBURG BERLIN: VER.DI-VERTRAUENSFRAUEN BEI VITANAS Klinikum unter Druck Jugendhilfe light Pflegekräfte im Schichtdienst werden benachteiligt ver.di drängt im Streit um die Schließung des Krankenhauses in RhedaWiedenbrück auf eine schnelle Problemlösung. Die Kassen sollen die Behandlungskosten ab sofort wieder übernehmen und die ortsnahe Patientenversorgung sicherstellen. Wenn die Kooperation zwischen Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh nicht zustande kommt, gerät auch das Städtische Klinikum Gütersloh erheblich unter Druck. Dies hätte zur Folge, dass Arbeitsplätze in der Region in Gefahr geraten. Die Krankenkassen greifen zu einer »Rambo-Politik«, um die Standorte zu bereinigen. Schon lange ist die Einigung zwischen Krankenhausträgern und der Landesregierung zur Fusion des Städtischen Klinikums Gütersloh mit dem Evangelischen Krankenhaus in RhedaWiedenbrück bekannt. Anscheinend fehlt der Bewilligungsbescheid – dann würde eine bürokratische Verantwortungslosigkeit ein Krankenhaus in die Insolvenz treiben. ver.di befürchtet massiven Stellenabbau bei Jugendhilfeeinrichtungen und Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände. Anlass der Befürchtungen ist die Praxis des Landkreises Würzburg, Jugendhilfemaßnahmen auf der Grundlage von Leiharbeit durchzuführen. Dabei kauft der Landkreis bei seiner hundertprozentigen Tochtergesellschaft Procura Sozialpädagogen ein, die dort lediglich zum Leiharbeitnehmertarif vergütet werden. Schon jetzt finden arbeitslose Sozialpädagogen über 40 keine neue Stelle mehr. Waren im Mai 2004 bereits 207 Sozial- und Diplompädagogen arbeitslos gemeldet, hat sich diese Zahl bis zum Mai 2005 um annähernd acht Prozent auf nun 223 erhöht. Die Mitarbeitervertretung der Würzburger Diakonie spricht von einem Skandal, wie der Landkreis die Bedingungen für Beschäftigte in der Jugendhilfe verschlechtert. Die Leidtragenden sind nicht zuletzt auch die jugendlichen Klienten. Seit wir Pflegekräfte bei Vitanas (früher Gesellschaft für Heimstätten und Sozialeinrichtungen) arbeiten, konnten wir darauf vertrauen, dass gesetzliche Feiertage, die auf einen Wochentag fallen, für alle MitarbeiterInnen von der monatlichen Soll-Arbeitszeit abgezogen wurden. Die im Schichtdienst Tätigen erhielten somit genauso viele freie Tage wie Kolleginnen und Kollegen, die von Montag bis Freitag z.B. im Büro (auch Zentrale) tätig sind. Seit Mai 2005 hat sich unser Arbeitgeber dafür entschieden, dieses folgendermaßen zu ändern: Künftig sollen nur noch die einen freien Tag bekommen, die am Feiertag gearbeitet haben. Wer z.B. am Samstag und am Sonntag gearbeitet hat und dafür am Mittwoch frei hat, dieser Mittwoch aber der 3. Oktober, also ein Feiertag ist, hat eben Pech gehabt. Bei demjenigen fällt der für Büromenschen zusätzliche Feiertag weg. Im Dienstplan heißt das, die hat ja »sowieso frei« und erhält keinen Ausgleich für den gesetzlichen Feiertag. Für Berliner kann das im schlechtesten Fall neun freie Tage im Jahr weniger bedeuten! Diese Ungerechtigkeit finden wir empörend, zumal wir doch im Schichtdienst ohnehin schon unsere Knochen hinhalten, Personalengpässe auf unserem Rücken ausgeglichen werden und alle Mehrbelastungen immer munter auf uns abgewälzt werden. Und machen wir nicht auch so manche Mehrstunde zum Nulltarif? Oder wenn wir sie notieren dann meistens ohne Überstundenzuschlag. Auch Bildungsurlaub (pro Jahr fünf bezahlte Arbeitstage) macht doch bisher kaum einer von uns. Wir haben unseren Arbeitgeber aufgefordert, diese Regelung zurückzunehmen, wie andere vernünftige Unternehmen es schon getan haben, z.B. die großen Berliner Krankenhäuser, die Post, die BVG (Berliner Verkehrsbetriebe), oder wie es im neuen TVöD jetzt wieder geregelt ist. Klare Gründe, die für diese ungerechte Regelung sprechen, konnte die Geschäftsführung nicht benennen. Nur so viel: Aus wirtschaftlichen/finanziellen Gründen geschehe dies nicht, aber es sei halt eine »freiwillige Sozialleistung« gewesen. Da empfinden wir uns doch nur verhöhnt, zumal wir auch noch im so genannten Unternehmensleitbild lesen: »Wir fördern die Vereinbarkeit von Beruf und persönlicher Lebensplanung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.« und »Wir tragen die soziale Verantwortung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.« Da stellt sich doch die Frage: Wer so mit seinen Mitarbeitern umgeht, wie behandelt der wohl seine ihm anvertrauten Heimbewohner? Es gilt: Wenn sich Vitanas nicht bewegt, dann holen wir uns die Freizeit eben über die korrekte Erfassung aller Mehrarbeitszeiten (auch mit Zuschlag) und den Besuch von Bildungsurlaubsveranstaltungen zurück! Ob dies im Sinne unserer Arbeitszeitfirmenstrategen ist? SICHTWEISEN Gespaltene Belegschaft Im Uniklinikum Essen, für das es zurzeit keinen Tarifvertrag gibt, arbeiten seit über einem Jahr die neu eingestellten KollegInnen 41 Stunden – ich sowie alle anderen Alt-Beschäftigten arbeiten 38,5 Stunden. Für das gleiche Geld. Nein, stimmt nicht: Die »Neuen« bekommen außerdem kein Urlaubsgeld und nur die Hälfte des Weihnachtsgeldes. Ich habe mich noch nie getraut, diese KollegInnen zu fragen, ob sie der längeren Arbeitszeit was Gutes abgewinnen können. KollegInnen in der Anästhesie arbeiten im Bereitschaftsdienst teilweise 24 Stunden. Die muss ich erst gar nicht fragen. Rund vierzig SchülerInnen machen alle sechs Monate bei uns Examen. Nur ein Bruchteil wird übernommen. Die habe ich mich noch nie getraut zu fragen, ob sie es gut finden, wenn wir länger Wir müssen länger arbeiten – was bedeutet das für mich? arbeiten und sie dafür draußen bleiben. Im Westdeutschen Herzzentrum des Uniklinikums hat das Amt für Arbeitsschutz in zwei Monaten 400 Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz festgestellt. Die KollegInnen dort habe ich mich auch nicht getraut zu fragen, ob sie einer Arbeitszeitverlängerung was Gutes abgewinnen können. Ich habe aber die Kollegin gefragt, die letztens bei uns im Personalratsbüro war. Sie arbeitet in einer befristeten Stelle mit 50 Prozent Arbeitszeit. Ihr Chef hat ihr bei der Einstellung gesagt, dass ja wohl klar wäre, dass sie »unter der Hand« mehr arbeiten muss und in der Gewerkschaft sei man hier nicht. Die Kollegin hat mich gefragt, ob ich das nicht weiß, dass das so üblich ist. Na super: Lohnkürzung durch Arbeitszeitverlängerung! Und was kommt als Nächstes? Wahrscheinlich weitere Stellenreduzierungen und noch mehr Arbeit für noch weniger Geld. Meine KollegInnen und ich arbeiten schon seit langem am Limit. Noch mehr geht einfach nicht. Auch uns sind physische Grenzen gesetzt. Mehrarbeit und Holen aus dem Frei gehören leider immer noch zum Alltag von uns Pflegenden. Einfach länger arbeiten – die 42plus-Stunden-Woche – ist keine Lösung für die Probleme im Gesundheitswesen. Und die Folgen von Missmanagement der Krankenhausleitungen lassen sich so auch nicht beheben. ALEXANDRA WILLER, Selbstbewusste Pflegekräfte machen das nicht mit Arbeitszeitverlängerung ist ein Aufschub auf Kosten der MitarbeiterInnen, die keine Reserven mehr haben. Es ist schon lange überfällig, dass wir an unserem Berufsbild arbeiten, eine Lobby schaffen und unsere Interessen lautstark vertreten. Ich finde, wir müssen endlich raus aus dem antiquierten »Dienen-aus Demut-Verhalten« und rein in ein selbstbewusstes Pflegebild! In dem ist kein Platz für die Ausnutzung von qualifizierten Arbeitskräften und erst recht nicht für solche spinnerten Ideen wie die 42-Stunden-Woche! BETTINA BUHL, KRANKENSCHWESTER IM GEMEINSCHAFTSKRANKENHAUS HERDECKE FREIGESTELLTE PERSONALRATSVORSITZENDE, VER.DI-VERTRAUENSFRAU, UNIKLINIK ESSEN Surfen am Arbeitsplatz? UMFRAGE Das Bundesarbeitsgericht hat am 7. Juli entschieden, dass Beschäf- Holger Kremer IBF und Med. Controll Cindy Zapper, freiwilliges soziales Jahr in einem Kindergarten Roland Schauder Küster und Pfarrsekretär Andreas Krainer EDV-Administrator In den Pausen ist das o.k., wenn Wir haben ohnehin wenig Zeit Für mich ist das eine klare Sache: Wir haben keine Betriebsverein- dem Arbeitgeber dadurch kein für so was und haben nur einen Surfen ist Freizeit und das mache barung. Natürlich wir hinter vor- Schaden entsteht. Bestimmte Computer im Büro. Schon des- ich nach der Arbeit. In unserer gehaltener Hand gesurft. Aber Seiten sind sowieso gesperrt und halb ist es gar keine Frage – vernetzten Welt leiden wir doch bei uns gibt es eine Standleitung das ist gut so. Mich interessieren surfen kann man, so lange man sowieso mehr und mehr darun- – und solange sich das im Rah- da eher die Online-Zeitungen. will, aber zu Hause. ter, dass wir klare Strukturen men hält und dem Arbeitgeber Darauf würde ich auch ungern verlieren, alles nur noch irgend- kein Schaden entsteht, finde ich verzichten. wie irgendwo hinpfuschen – und das o.k. Es wäre Sache des Vor- uns einbilden das sei Freiheit. gesetzten, dies zu unterbinden. tigten, die während der Arbeitszeit im Internet Surfen, die fristlose Kündigung droht. Selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat. ver.di fordert daher klare Regeln für Internetnutzung am Arbeitsplatz. IMPRESSUM drei – die Zeitung des Fachbereiches 3 – erscheint für die Mitglieder im Bereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen als Beilage zur ver.di-PUBLIK viermal jährlich. Herausgeber: Ellen Paschke, Mitglied des ver.diBundesvorstandes Redaktion: Gundula Lasch (verantwortlich), Ute Preuninger, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin Tel.: (0 30) 69 56 -18 04, Fax: (0 30) 69 56 - 34 20 E-Mail: [email protected] Redaktionsschluss für Ausgabe 16: 17.10.2005 Design und Vorstufe: werkzwei, Bielefeld / Lage Druck: apm AG Darmstadt, Kleyerstraße 3, 64295 Darmstadt, www.alpha-print-medien.de Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen drei 15_Oktober 2005 STANDPUNKT TARIF-LÜCKEN NUTZEN BUNDESFACHBEREICHSVORSTAND Bereitschaftsdienst – da geht noch was Tarifvertrag Soziale Dienste statt ruinöser Wettbewerb Angemessener Zusatzurlaub für unsere Nachtarbeit – das wurde nicht vereinbart: weder im BAT noch im TVöD, nicht in den AVR, nicht im BAT-KF. Genau durch diese Lücken hindurch eröffnet sich uns ein Illustration: Lucienne Kleekamm verlockender Blick. Im Arbeitszeitgesetz verspricht uns der Paragraf 6: »Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren.« Manch Personalchef mag schmerzerfüllt rufen: »Das kann doch nicht wahr sein!« Also leisten wir ein wenig Überzeugungshilfe: k 1. Das Arbeitszeitgesetz will die besonders belastende Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr vor leichtfertigen Zugriffen der Arbeitgeber schützen. Freizeitausgleich oder Zuschläge sollen diese so empfindlich treffen, dass sie unsere Nachtarbeit auf das Nötigste beschränken. k 2. Dabei unterscheidet das Arbeitszeitgesetz nicht zwischen regelmäßiger Arbeit und all den Formen von Mehrarbeit. Alle Nachtarbeit zwischen 23:00 und 06:00 Uhr wird unter den Schutz gestellt. k 3. Bei Bereitschaftsdiensten, Rufdiensteinsätzen und Überstunden fehlt diese Eindämmung der nächtlichen Belastung regelmäßig. In solchen Fällen dürfen wir also den angemessenen »Schutzzoll« gemäß Arbeitszeitgesetz verlangen. k 4. Eine Ausnahme ist dennoch denkbar. Vielleicht hat sich jemand unbedacht eingelassen auf das Angebot, solche Dienste pauschaliert zu bezahlen. Dann könnte der Arbeitgeber behaupten, die besondere Belastung durch Nachtarbeit sei bereits in der Pauschale berücksichtigt. k 5. Der Arbeitgeber stellt fest, was angemessen ist. Er muss im Rahmen der Billigkeit bleiben. Angemessen, so hat das Bundesarbeitsgericht im September 2002 entschieden, sind keinesfalls 15 Prozent. Und 50 Prozent seien wohl überzogen. Darum befand das BAG als angemessenen Aufschlagssatz 30 Prozent. k 6. Der Arbeitgeber hat zwar die Wahl: Freizeit oder Geld. Bei dieser Entscheidung unterstützt ihn die Interessenvertretung. Ohne deren Zustimmung geht nichts. Der TVöD, der neue Tarifvertrag im öffentlichen Dienst, sieht zwar allgemein für Nachtarbeit einen Zuschlag von 20 Prozent vor. Doch die Arbeitgeber aus dem Gesundheitsbereich wollten in den Tarifverhandlungen partout eine Extrawurst: In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen werden für die besonders belastende Arbeit in der Nacht lediglich 1 Euro 28 Cent pro Stunde draufgezahlt – wenn überhaupt. Dieser mickrige Zuschlag wäre, falls ein schwarz-gelber Regierungsblock mit der Wahlkampf-Drohung ernst macht, ab Anfang 2006 sogar noch zu versteuern. Nachtwachen, OP-Schwestern, MTA im Labor oder im Röntgen und die Assistenzärzte stehen sich offenbar besser, wenn sie stattdessen auf gesetzlicher Grundlage erheblichen Freizeitausgleich durchsetzen: Auf vier Nachtschichten folgt ein zusätzlicher freier Tag! TOBIAS MICHEL, BETRIEBSRAT IM KRUPP-KRANKENHAUS (ESSEN) »Ein-Euro-Jobs«: Dem Missbrauch ein Scheunentor geöffnet Ich will mich hier nicht mehr zu den Themen »Darf man Zwangsarbeit oder Arbeitsdienst sagen?« ergießen. Stattdessen möchte ich aus meiner Praxiserfahrung die 1-Euro-Jobs unter den Gesichtspunkten Gemeinwohl, Zusätzlichkeit, Wettbewerbsneutralität und Arbeitsplatzunschädlichkeit bewerten und hinterfragen. 1. Was kann in einem Krankenhaus, das als einer von insgesamt 30 Betrieben zu einem börsennotierten (also nicht einmal den Schein von Gemeinnützigkeit erweckenden), bundesweit agierenden Konzern gehört und somit gewinnorientiert arbeiten muss, denn wohl gemeinwohlorientiert sein? Die angedachte Hilfe bei Umbauarbeiten und Renovierungen wohl eher nicht. 2. Wieso gelang es mir, ein Altenheim zu betreten, obwohl bisher laut An- 3 tragstellung des Trägers dort niemals jemand das Laub weggefegt hat? Denn sonst könnte diese Tätigkeit ja nicht das Erfordernis der Zusätzlichkeit erfüllen. Habe ich etwa immer eine eigene Schaufel dabei? 3. Wenn das eine Krankenhaus Patienten schon immer durch eigene Beschäftigte zu den einzelnen Kliniken, Stationen und Untersuchungen bringen ließ und auch ein eigenes, kostenintensives Beschwerdemanagement aufgebaut hatte, wieso behaupten andere Arbeitgeber dann, sie würden sich keinen Wettbewerbsvorteil dadurch verschaffen, dass sie sich diese Dienstleistungen am Patienten über 1-Euro-Jobber verschaffen wollen? 4. Wie sehen wir die Tatsache, dass ein kleiner Bäcker in einem Stadtteil, der bisher ein Altenheim für den Nachmittagskaffee mit Kuchen beliefert hat, nun einen Gesellen entlassen musste, weil der Heimträger unter der Projektbeschreibung »Verbesserung der Vielfalt der Mahlzeiten für Heimbewohner« nun zwei 1-Euro-Jobber den Kuchen backen lässt? Rechenbeispiel für Ungläubige: 100 Stück Kuchen à 1 Euro/Tag mal 30 Tage = 3.000 Euro Einnahmeausfall abzüglich Material in Höhe von 1.000 Euro = 2.000 Euro (so wenig kostet ein Geselle im Bäckereihandwerk). Appell an Betriebsräte, Personalräte und MAVen: Seht nicht nur den eigenen Tellerrand eures Betriebes und die Verlockungen der so genannten Entlastungen für euch. Lehnt die Maßnahmen ab! Festzustellen ist, dass selbst Beschäftigungsstellen wie »Vorlesen in der Altenheimbibliothek« einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Heimen ohne eine solche Dienstleistung darstellten. Ich habe bisher keine Beschreibung gelesen, die den oben genannten Anforderungen entspricht. WERNER KRUSENBAUM FACHBEREICHSSEKRETÄR VER.DI-BEZIRK ESSEN Seit der politisch gewollte Wettbewerb im Gesundheitswesen und im Bereich der sozialen Dienstleistungen Einzug gehalten hat, gehen immer mehr Träger dazu über, sich durch Rechtsformänderung und VerbandsJan Hendrik Heudtlass, austritt der Tarifbindung zu Vorsitzender des Bundesentziehen. Preiskonkurrenz fachbereichsvorstands über Lohndumping ist die Folge. Die Absenkung der Arbeits- und Einkommensbedingungen der KollegInnen wird oft als Sachzwang zum Sparen verkauft. Vielfach ist dies aber nur vorgeschoben, da in vielen Bereichen – z.B. in den Kindertagesstätten oder im Rettungsdienst – abgesenkte Gehälter nur zur Absenkung der Refinanzierung führen. Der Griff in die Portemonnaies der Beschäftigten ist vielmehr mit der Hoffnung verbunden, sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, indem man die Leistung billiger anbieten kann als sein Konkurrent. Diesen »Wettbewerbsvorteil« gibt es – wenn überhaupt – immer nur kurzfristig, da die anderen Anbieter bald dazu übergehen, die Leistung noch billiger zu erbringen. Somit wird eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die zu einem ruinösen Preiswettbewerb unter den Anbietern mit den schon jetzt spürbaren Folgen wie Aufgabe von Geschäftsfeldern und Insolvenzen führt und die Arbeitsbedingungen und das Einkommen der Beschäftigten erodieren lässt. Bislang können Politik und Kostenträger die Anbieter gegeneinander ausspielen. Oft machen nicht nur Wohlfahrtsverbände und private Anbieter sich gegenseitig Konkurrenz, sondern auch die Wohlfahrtsverbände untereinander. Dieser Preiskampf bedroht nicht nur die Existenz der einzelnen Anbieter, er geht auch klar zu Lasten der Beschäftigten und der Qualität der Leistung. Oft fehlen die Gelder für die Erbringung einer qualitativ guten Leistung, weil man z.B. zu geringe Personalvorgaben von Seiten der Kassen akzeptiert hat – aus Angst, die Versorgungsaufträge zu verlieren. Folge ist die allseits spürbare Arbeitsintensivierung für die Beschäftigten. Hier wird stillschweigend mit der großen Hilfsbereitschaft der KollegInnen gespielt, durch Überstunden die Versorgung sicherzustellen. Zudem haben einige Arbeitgeber lieber die Vergütung der Beschäftigten abgesenkt, statt sich mit den Kostenträgern auseinander zu setzen oder ihren Ressourceneinsatz durch Optimierung der Geschäftsfelder und Arbeitsabläufe zu verbessern. Wie soll dieser Kreislauf durchbrochen werden? Es ist nicht zu erwarten, dass sich die politischen Rahmenbedingungen kurzfristig verbessern. Obwohl die Bundesrepublik eines der reichsten Länder der Welt ist, wird es aller Voraussicht nach trotzdem zu weiteren Versuchen kommen, die Daseinsvorsorge weiter zu deregulieren und soziale Dienstleistungen zu privatisieren. Um dem zu begegnen, ist trotz aller Konkurrenz die Kooperation aller Anbieter gefordert. Ein Tarifvertrag Soziale Dienste, in dessen Geltungsbereich möglichst alle Wohlfahrtsorganisationen einzubinden sind, wäre eine konkrete und klare Möglichkeit, den ruinösen Wettbewerb einzugrenzen. Als »Leitwährung« würde ein solcher Tarifvertrag zum einen gegenüber den Kostenträgern Wirkung entfalten, zum anderen aber auch gegenüber dem Vergütungsniveau der Beschäftigten, so dass Lohndumping zumindest erschwert und die Verhandlungsposition der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft ver.di verbessert würde. Gewinner wären die Anbieter, die Beschäftigten und die »Kunden« – Kinder im Kindergarten, Klienten in der Beratungsstelle, Bewohner von Heimen, Jugendliche in der Stadtteilarbeit … Denn statt eines Wettbewerbs um die billigste Leistung käme es endlich zu einem Wettbewerb um die beste Qualität der Leistung zu vernünftigen, tarifvertraglich abgesicherten Arbeitsbedingungen. Der Wert der sozialen Arbeit würde sich in den Rahmenbedingungen wiederfinden und nicht durch ökonomische Interessen bestimmt sein. Trotz der vielen Vorteile gibt es natürlich auch Skepsis – auch bei Beschäftigten – ob so ein ehrgeiziger Tarifvertrag für soziale Dienste wirklich zustande kommen kann. Haben doch Anbieter jahrelang eher gegenals miteinander gearbeitet. »Versuch macht klug!« – wir wollen mit diesem Vorschlag wieder in die Offensive kommen. Insofern haben wir es bei dem Tarifvertrag Soziale Dienste mit einem ambitionierten Projekt mit einer sehr engen Zeitschiene bis Januar/Februar nächsten Jahres zu tun. Aber erste Gespräche mit Wohlfahrtsverbänden haben gezeigt, dass diese durchaus bereit sind, mit ver.di über einen gemeinsamen Tarifvertrag zu diskutieren. Wir sollten die Chance nutzen. Damit die soziale Arbeit endlich den Stellenwert bekommt, der ihr zusteht. SCHWARZES BRETT 4 drei 15_Oktober 2005 »Tut mir Leid ... IRGENDWO IN DEUTSCHLAND ... Kaffee hilft auch nicht ... ... was soll ich bloß sagen? ... ... ich ich Zusammengestellt von Tobias Michel Shit! Karenztage Oft beginnen Krankheiten schleichend. Wir hoffen, spätestens nach ein oder zwei Tagen Bettruhe wieder auf dem Damm zu sein. Die Arbeitgeber haben kein wirkliches Interesse daran, dass wir bei jeder Krankheit ärztlichen Rat suchen. Denn allzu viele Beschäftigte warten ja nicht ihre vollständige Genesung ab. Sie kehren stattdessen bereits nach wenigen Tagen an den Arbeitsplatz zurück. »Schätzungsweise 1,7 Millionen Arztbesuche ergeben sich nur, weil die Arbeitnehmer ihre Krankheit gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigen wollen oder müssen«, rechnete die DAK vor. Diese Arztbesuche enden häufig mit der eindringlichen Mahnung, sich bis zum Ende der Woche zu schonen. Darum schreibt der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) uns zunächst nur vor, dass wir im Betrieb Bescheid geben. Und zwar »unverzüglich«. Unsere Kolleginnen und Kollegen und der Arbeitgeber sollen wissen, dass sie heute ohne uns auskommen müssen. Also rufen wir in der Regel zum Schichtbeginn am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Unsere Anzeigepflicht beschränkt sich auf den Grund (»Ich bin krank.« oder »Ich hatte einen Unfall.«) sowie auf die voraussichtliche Dauer (»Wohl bis übermorgen.« oder »Ich rechne mit einer Woche.«). Ende der Arbeitsunfähigkeit nach Wochentag Fehlzeitenreport 2004, Badura/Schellschmidt/Vetter 2005 50 40 30 20 10 7,5 7,6 Wann muss die AU bescheinigt vorliegen? Bei anhaltenden Krankheiten brauchen wir ein ärztliches Attest: »Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer spätestens an dem darauf folgenden Arbeitstag vorzulegen.« (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG) Bei dieser Nachweispflicht kommt es im Alltag immer wieder zu Unsicherheiten – bei uns Beschäftigten und bei unseren Vorgesetzten. Für die ersten drei Fehltage brauchen wir auch keine rückwirkende ärztliche Bescheinigung zu bringen. Doch aufgepasst bei einer Wiederholungserkrankung! Ist das Recht auf die Krankenbezüge bereits erschöpft, dann hilft uns das Attest vom ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit an. Denn auf dieser Grundlage erhalten wir das Krankengeld von der Versicherung. Im Schichtbetrieb ist die Berechnung der Fristen unübersichtlich. Wann genau müssen wir den Krankenschein abgeben? Viele von uns arbeiten ja auch am Wochenende oder am Feiertag. Zudem: Die Personalabteilung beispielsweise hat dann sowie meist auch am Samstag frei. Sind für uns Beschäftigte drei Krankheitstage um, dann fällt unser Abgabetermin (Nachweispflicht) nicht etwa auf unseren nächsten Arbeitstag, sondern auf den nächsten Arbeitstag unseres Arbeitgebers. Fällt der 4. Tag auf einen freien Samstag unseres Arbeitgebers oder auf einen Sonn- oder Feiertag, so verschiebt sich die Abgabe unseres Attestes auf dessen nächsten Arbeitstag: Beginn der AU Sonntag Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Samstag Anteil (in Prozent) 0 Werd’ bl wiede 7,7 Samstag Sonntag Montag 8,8 16,1 7,4 44,9 Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag Zahlreiche Ärzte machen sich nicht viel Gedanken und legen das voraussichtliche Ende unserer Arbeitsunfähigkeit auf den Freitag. Sie gehen unwillkürlich davon aus, wir könnten uns dann am Wochenende noch erholen. Wer auch am Sonntag im Dienstplan steht, Attest ist fällig am Mittwoch Donnerstag Freitag Montag Montag Montag Dienstag Es genügt leider nicht, die Bescheinigung unserer AU am Tag der Fälligkeit in einen Briefkasten einzuwerfen oder kurz vor Mitternacht unter der Tür des Betriebes durchzuschieben. Sie muss den Arbeitgeber – in der Regel die Personalabteilung – tatsächlich rechtzeitig erreicht haben. Arbeitgeber sind zwar berechtigt, die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit früher zu verlangen. Dieses Recht ist aber oft durch einen Tarifvertrag oder eine betriebliche Vereinbarung fest umrissen. Im Übrigen unterliegt dies der Mitbestimmung durch die Interessenvertretung. sollte da nachdrücklich auf dem »richtigen« Enddatum bestehen. Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen Weiter krank In der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit wird auch die voraussichtliche Dauer angegeben. Dies begrenzt deren Wirksamkeit. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als dort angegeben, ist eine erneute ärztliche Bescheinigung beizubringen. Doch beim Blick in das Entgeltfortzahlungsgesetz fällt auf: Für die Vorlage dieser Folgebescheinigung fehlt die Angabe einer Frist. Zunächst einmal gilt: Wir sagen im Betrieb Bescheid, dass sie auch weiterhin nicht mit uns rechnen können. Darüber hinaus wird dieselbe Regelung wie für die erste Nachweispflicht herangezogen. Also: Nach dem dritten Kalendertag der noch nicht bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeit ist wieder spätestens am ersten folgenden Werktag das Attest über die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Wieder gesund Insbesondere Nachtwachen haben es nicht so einfach mit der Bestimmung des Endes ihrer attestierten Arbeitsunfähigkeit. Sind sie nach Ablauf des letzten in der AU angegebenen Tages um 00:00 Uhr wieder zur Arbeit verpflichtet? Sicher nicht! Auf dem Attest wird zwar das Ende der Arbeitsunfähigkeit mit einem Datum bezeichnet. Damit ist jedoch die gesamte Schicht eingeschlossen, die an diesem letzten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit beginnt. Die AU endet also erst mit dem Beginn der nächsten Schicht. Darf ich denn bereits arbeiten, obwohl eine ärztliche Bescheinigung noch meine AU anzeigt? Mit der gesetzlich vorgeschriebenen, unverzüglichen Anzeige (»Ich bin krank, voraussichtlich bis übermorgen.«) wird von uns eine Selbstdiagnose verlangt. Wir dürfen uns irren. Und auch Ärzte irren sich bei den Prognosen über unsere Krankheiten. Jeder Einzelfall verläuft anders. Die behandelnden Ärzte legen also allenfalls Erfahrungswerte zugrunde. Trotz anders lautender Fernsehberichte, u.a. in der ZDFSendung »WISO«, gilt daher: Die Bescheinigung der AU legt keine Krankheitsdauer fest. Sie sagt stattdessen das der ärztlichen Voraussicht nach wahrscheinliche Ende der Arbeitsunfähigkeit voraus. Wer sich mit gutem Grund für gesund hält und die Arbeit wieder aufnimmt, gefährdet also nicht den eigenen Versicherungsschutz. Doch wir überschätzen uns häufig und unterschätzen die Tücken von Infektionen. Erholung ist wichtig – nicht nur für die Patienten, die wir versorgen. Und auch die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen wird oft weit besser geschützt, wenn wir nicht als »Bazillenmutterschiff« unsere Leidensfähigkeit am Arbeitsplatz demonstrieren. drei 15_Oktober 2005 SCHWARZES BRETT 5 Hab kaum geschlafen... Will gleich zum Arzt. Tut mir Leid, ich habe mir den Magen verdorben ... Ach Susanne, kommst du denn später? Fotos: werkzwei Das geht die überhaupt nix an ... melde melde mich mich krank« krank« loss schnell er gesund Hat wohl wieder ihre Tage! Über die ärztliche Schulter geguckt Manchmal lässt sich ein Streit mit unseren behandelnden Ärzten vermeiden. Dazu hilft es zu verstehen, nach welchen Regeln diese »ticken«. Ihre Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien sind da recht deutlich. Ärzte haben uns Versicherte zur aktuell ausgeübten Tätigkeit und den damit verbundenen Anforderungen und Belastungen zu befragen. Sie sollen so aufklären, auf welche Weise die Krankheit die Fortsetzung der ausgeübten Tätigkeit unmöglich macht. Also müssen wir ihnen nicht nur unsere Beschwerden schildern, wir müssen ihnen ebenfalls unsere Belastungen im beruflichen Alltag darstellen. Auch im Ausland gilt: Die ärztliche Bescheinigung muss nicht nur die Erkrankung selbst nachweisen, sie muss zudem gesondert bestätigen, dass darauf unsere Arbeitsunfähigkeit beruht. In die Zeile »Arbeitsunfähigkeit seit ...« wird der Tag eingetragen, an dem bei uns nach dem vom Arzt erhobenen Befund Arbeitsunfähigkeit besteht. Die Krankenkassen mahnen da: Grundsätzlich soll die Ärztin bzw. der Arzt unsere Arbeitsunfähigkeit nicht für eine vor der ersten ärztlichen Untersuchung liegende Zeit bescheinigen. Bei erstmaliger Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss die Ärztin bzw. der Arzt zudem zusätzlich auch die Zeile »Festgestellt am ...« ausfüllen. Ausnahmsweise ist jedoch eine Rückdatierung des Beginns der Arbeitsunfähigkeit auf einen vor dem Behandlungsbeginn liegenden Tag zulässig. Dies wird gleich wieder eingeschränkt mit der Anweisung »nach gewissenhafter Prüfung« und »in der Regel nur bis zu zwei Tagen«. Offensichtlich wird eine Rückdatierung aber leichter, wenn wir uns bereits länger in ärztlicher Behandlung befinden und diese ersten Untersuchungen in der Krankenakte dokumentiert wurden. Besteht an arbeitsfreien Tagen Arbeitsunfähigkeit – zum Beispiel an Samstagen, Sonntagen, Feiertagen, Urlaubstagen oder an arbeitsfreien Tagen aufgrund einer flexiblen Arbeitszeitregelung (so genannte »Brückentage«) –, ist sie auch für diese Tage zu bescheinigen. A k t u e l l e R e c h t s s p re c h u n g Betriebsratsarbeit während Krankheit nicht grundsätzlich verboten Eine an Magenbeschwerden leidende Arbeitnehmerin hatte während der Krankschreibung an einer zweistündigen Sitzung des Wahlvorstandes zu den Betriebsratswahlen teilgenommen. Die Vorgesetzten folgerten daraus, dass sie auch ihren regulären Dienst hätte verrichten können; zumindest habe sie aber ihre Genesung verzögert. Der Arbeitgeber, ein Altenheim, kündigte ihr deshalb fristlos. Ganz anders sahen es die Richter. Die Teilnahme an einer zweistündigen Sitzung ist nicht vergleichbar mit den Belastungen, die sich aus einer Vollzeitbeschäftigung als Krankenschwester im Schichtdienst ergeben. Daher kann auch nicht ohne weiteres von einem die Genesung verzögernden Verhalten ausgegangen werden. (ArbG Frankfurt/M., Urteil vom 27.1.2004 – 15 Ca 5387/03) »Die sieht aber kerngesund aus« Ob ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert ist, ist nach objektiven medizinischen Kriterien zu beurteilen. Die subjektive Beurteilung der Arbeitsvertragsparteien ist dafür nicht maßgeblich. Es kommt für das Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit auch nicht auf die Kenntnis der Arbeitsvertragsparteien an. (BAG, Urteil vom 26.7.1989 – 5 AZR 301/88) Mitbestimmung Die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EntgFG zulässige Anweisung des Arbeitgebers, Zeiten der Arbeitsunfähigkeit unabhängig von deren Dauer generell durch eine vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit vorzulegende Bescheinigung nachzuweisen, betrifft eine Frage der betrieblichen Ordnung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Führt der Arbeitgeber ein Formular ein, auf dem die Arbeitnehmer die Notwendigkeit eines Arztbesuchs während der Arbeitszeit vom Arzt bescheinigen lassen sollen, so trifft er damit ebenfalls eine Regelung der betrieblichen Ordnung, bei der der Betriebsrat mitzubestimmen hat. (BAG, Beschluss vom 25.1.2000 – 1 ABR 3/99) Eigentlich geht die das überhaupt nix an! Buchtipp Fehlzeitenreport 2004 – mit Daten, Fakten und Analysen insbesondere aus dem Gesundheitsmanagement in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen; Badura/Schellschmidt/Vetter (Hrsg.), Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2005, 513 Seiten, ISBN 3-540-21353-8, Preis: 29,95 Euro Die legendäre Broschüre »Lieber krank feiern als gesund schuften! – Wege zu Wissen und Wohlstand!« aus dem Jahre 1971 ist leider nur noch antiquarisch erhältlich. Auszüge finden sich im Internet unter http://www.sozialistische-klassiker.org/ diverse/div55.pdf 6 MELDUNGEN Medizinische Fachangestellte statt Arzthelferin In Arzt- und Tierarztpraxen haben neue Begriffe und Verfahren Einzug gehalten: Qualitäts- und Zeitmanagement, Textverarbeitung, Zusammenarbeit im Team ... Um dem Rechnung zu tragen, wird in den Neuordnungen aus der ehemaligen »Helferin« die Medizinische bzw. Tiermedizinische Fachangestellte, die auf den erweiterten Aufgaben- und Verantwortungsbereich in Praxen bzw. stationären Gesundheitseinrichtungen vorbereitet werden soll. Insbesondere auf kommunikative und soziale Anforderungen soll der Nachwuchs zukünftig besser vorbereitet werden. Diesen Anforderungen muss auch durch veränderte Prüfungsformen Rechnung getragen werden. So setzten sich die Sachverständigen auf Arbeitnehmerseite dafür ein, dass insbesondere die praktische Prüfung qualitativ und quantitativ an Gewicht gewinnt. Dazu hatte die Arbeitgeberseite allerdings ganz andere Vorstellungen. Sie scheute den organisatorischen und finanziellen Aufwand. Zeitweilig drohte die Kontroverse sogar den erfolgreichen Abschluss des Verfahrens zu gefährden. Doch schlussendlich einigten sich die Sachverständigen. In beiden Neuordnungen konnte die Arbeitnehmerseite eine handlungsorientierte Prüfung durchsetzen. Die Prüfungszeit soll ca. 75 Minuten betragen. Die abschließende Bestätigung des Neuordnungsentwurfs in den Beschlussgremien vorausgesetzt, können die Ausbildungsregelungen für die beiden Berufe ab August 2006 in Kraft treten. AKTIV drei 15_Oktober 2005 TARIFKONFLIKT UNIKLINIKEN IN BADEN-WÜRTTEMBERG Unikliniken aktiv Im Juni streiken 3.000 Beschäftigte der Unikliniken in Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm. Sie wehren sich gegen die Arbeitgeberforderungen: 40-Stunden-Woche, Einfrieren der Gehaltstabellen, Wegfall bzw. Kürzung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Die Tarifverhandlungen gehen am 13. September in Stuttgart in die entscheidende Runde. ver.di hat zur Demo am Verhandlungsort aufgerufen. Bei Scheitern Streik? Chefarzt klagt auf Mehrarbeit Der Chefarzt einer allgemeinchirurgischen Abteilung war vom Krankenhausträger aufgefordert worden, wegen Budgetüberschreitungen bis zum Jahresende keine Implantatoperationen mehr durchzuführen. Selbst Notfalloperationen wurden untersagt. Das Abeitsgericht Gelsenkirchen entschied mit einstweiliger Verfügung, zumindest was der Chefarzt als Notfälle deklariere, dürfe er unbeschränkt durchführen (Beschluss vom 20.12.1996 – 1 Ga 45/962). Denn die Anordnungen des Krankenhausträgers dürfen nicht in den Kernbereich des ärztlichen Berufsrechts eingreifen. Die Therapiewahl könne nicht von haushaltsrecht-lichen Erwägungen abhängig gemacht werden. RAZZIA BEI MARSEILLE-KLINIKEN GÜNZBURG Aufsichtsratswahlen Im Juli gab es beim Rhön-Klinikkonzern vorgezogene Aufsichtsratswahlen. Durch weitere Klinikübernahmen war die Beschäftigtenzahl auf über 20.000 gestiegen. Im Aufsichtsrat fallen nun 10 Sitze auf die Arbeitnehmerseite. Die ver.di-Liste hat bei den Gewerkschaftsvertretern alle drei Sitze errungen. Der Marburger Bund, der erstmals angetreten war, konnte sich nicht durchsetzen. Auch bei den betrieblichen Arbeitnehmervertretern ist ver.di stark und hat fünf von sechs Sitzen gewonnen. Ein Sitz ging an den Marburger Bund. Freie Listen wurden klar abgeschlagen. Uni-Kliniken Marburg und Gießen 3.000 Menschen folgten dem Aufruf von ver.di und demonstrierten in Marburg gegen den Verkauf der Uni-Kliniken Marburg und Gießen. Am Nachmittag des 20. Mai 2005 platzte der Marburger Marktplatz aus allen Nähten. Eineinhalb Stunden lang hatte sich der kilometerlange Demonstrationszug durch die Stadt gewälzt und war dabei trotz der Verkehrsbehinderung auf durchweg positive Resonanz bei der Bevölkerung gestoßen. Auf Transparenten wurde der hessische Ministerpräsident Roland Koch als »brutalstmöglicher Job- und Zukunftskiller« bezeichnet. Die hessische Landesregierung will die beiden Uni-Kliniken erst fusionieren und zum 1. Januar 2006 an einen privaten Krankenhauskonzern verkaufen. Das hat kein Mensch verdient »Die alten Menschen werden jetzt so behandelt, wie sie es verdienen, behandelt zu werden«, lobte Hans-Dietrich Genscher beim Festakt zum 20. Jubiläum der Marseille-Kliniken AG (MKAG) in Hamburg den Altenpflegekonzern. Was Bewohnerinnen, Bewohner und Beschäftigte im Seniorenwohnpark Flora Marzina in Herne erleben müssen, kann der ehemalige Bundesaußenminister aber nicht gemeint haben. In dieser Einrichtung der Marseille-Kliniken AG liegt viel im Argen: Es gibt Schwarzschimmel und Stockflecken. Bewohnerinnen und Bewohner sitzen neben Eimern, die das Wasser auffangen sollen, das von der Decke tropft. »Tropfsteinhöhle« nennen die Altenpflegerinnen die Stellen, an denen bereits Stalaktiten von der Decke wachsen. Eine völlig verrostete Duschwanne aus dem Jahre 1951 muss für 12 Bewohner/innen herhalten. Der Stecker des Wärmewagens ist angekokelt, die Kolleginnen üben ihre Geschicklichkeit bei 380 Volt. Der Fäkalienspüler ist kaputt. Daneben ein Schild: Nächste Wartung August 1999. Im Juli 2005 gaben sich Feuerwehr, Heimaufsicht, Amt für Arbeitsschutz, Amtsapotheker, Ordnungsamt, Bauaufsicht und Gesundheitsamt in Herne die Klinke in die Hand. »Unter den Kolleginnen und Kollegen geht die Angst um«, weiß der Betriebsratsvorsitzende Ralf Walewitz. Wird es einen Belegungsstopp geben, wird das Haus gar geschlossen? Wem droht der Verlust des Arbeitsplatzes? Was wird aus der Auflage der Heimaufsicht, bei der zu dünnen Personaldecke endlich nachzubessern? Die Antwort auf die wachsende Unruhe in der Belegschaft verblüfft: Vor dem Amtsgericht Herne beantragte die Marseille AG, dem Betriebsrat solle unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis 500.000 Euro und ersatzweiser Ordnungshaft untersagt werden, am 22. Juni 2005 eine Versammlung durchzuführen. Der Betriebsrat konnte sich durchsetzen – mit einer Versammlung einen Tag später als geplant. »Nach unseren Informationen hat Marseille beim Kauf der beiden städtischen Altenheime in Herne 1998 vertraglich zugesichert, innerhalb von fünf Jahren weit mehr als 12 Millionen DM zu investieren, 6 Millionen sofort«, berichtet ver.di-Sekretär Dietmar Skowasch-Wiers. »Passiert ist so gut wie nichts.« Im Zusammenhang mit den aktuellen Recherchen hat ver.di auch in Erfahrung gebracht, dass die MKAG für die beiden Herner Altenheime seit 1998 keine Pflegesatzverhandlungen mehr geführt haben soll. Der Verdacht: Die MKAG will die Daten nicht offen legen. Um in diesen Jahren die Kosten stabil halten zu können, wurde immer weniger Personal beschäftigt. Nun endlich will die Marseille-Kliniken AG aufgrund des öffentlichen Drucks investieren. Von drei Millionen Euro ist die Rede. Doch schon 1998 stellten Mitbewerber einen Investitionsbedarf von 22,5 Millionen DM fest. Bei Marseille ist die Welt auch außerhalb von Herne schon lange nicht in Ordnung: »Razzia bei Marseille« lautete die Überschrift im Spiegel 23/2005. »Schlammschlacht der Pflege-Manager« titelte die Welt am Sonntag in einem Artikel über MarseilleKliniken am 19. Juni 2005. Kuhglocken läuten Kehrtwende ein Der Bezirk Schwaben ist mit 3.300 Beschäftigten, davon 1.300 in Günzburg, einer der größten Arbeitgeber sowie der zweitgrößte Krankenhausarbeitgeber der Region. 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten in den Bezirkskrankenhäusern und Heimen. Auf Druck der stoiberschen Staatskanzlei (40-Stunden-Woche ab Oktober) sollten die Bezirke Zug um Zug ihre Tarifbindung aufgeben und aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) austreten. Unter wütendem Kuhglockengeläut von über 250 Allgäuer Beschäftigten beschloss Schwaben im April als erster Bezirk den Ausstieg aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV). Der Widerstand der Beschäftigten formierte sich. In jedem einzelnen Bezirkskrankenhaus fanden ver.di-Informations- und Protestveranstaltungen statt. Mit einer der größten Veranstaltungen in der Geschichte des Bezirkskrankenhauses Günzburg hatten rund 450 Beschäftigte der Klinik zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem geplanten Ausstieg des Bezirkes aus dem KAV nicht einverstanden waren. Am 30. Juni 2005 kam die Kehrtwende: Der Bezirkstag entschied, den Beschluss vom April auszusetzen. Der Bezirk Schwaben bleibt bis auf weiteres Mitglied im KAV und damit tarifgebunden. drei 15_Oktober 2005 ARBEITEN UND LEBEN PHYSIOTHERAPEUTINNEN IM GEMEINSCHAFTSKRANKENHAUS HERDECKE Physiotherapie im Umbruch In der grünen Idylle des südlichen Ruhrgebiets, weitab von Ortschaften und konkurrierenden Kliniken, ist von der Frühreha über die Neurologie und Chirurgie bis zur Geburtsstation noch alles unter einem Dach. Das Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke versorgt seit 1969 ambulant und stationär mit 471 Betten die Bevölkerung in Herdecke und Umgebung. Hier arbeiten Axel und Janet in der Physiotherapie. Janet ist das »Küken« im 13-köpfigen Team. Sie hat in Physiotherapie-Praxen gearbeitet und ist erst seit März dabei. Axel ist wie die meisten seiner KollegInnen seit Jahren in Herdecke. Schwerpunkt ist hier die Behandlung von Querschnitt-Patienten. Im Idealfall bekommen sie zweimal am Tag eine Einzelbehandlung von 45 Minuten. Am Nachmittag ist Rollstuhlsport in der eigenen Turnhalle angesagt – und Freizeitangebote. Die Kranken aus der neurologischen Abteilung werden – wenn nötig – auch zu zweit behandelt. »Jeder hat aber nur einen bestimmten Anteil dieser ›schweren‹ Patienten. Das ist schonender für uns. Machen können wir das, weil wir morgens zusammensitzen und jeder sagen kann: Ich hab’ schon sechs Querschnitte, ich brauch’ was Leichtes, eine Atemtherapie oder eine Gangschule. Das möchten wir unbedingt retten«, sagt Janet. Axel ergänzt nachdenklich: »Wir sind zufrieden, aber frag uns mal in einem halben Jahr.« Die Idylle im Gemeinschaftskrankenhaus ist trügerisch: Die Geschäftsführung verhandelt mit einem auswärtigen Interessenten. Die Bäderabteilung, die Physio- und Ergotherapie sollen komplett verkauft werden. Die Klinikleitung will die stationären Leistungen weiterhin erfüllen, hofft aber auf Einnahmen über ambulante Angebote, für die es mehr Geld gibt, wenn ein privater Träger sie erbringt – beispielsweise eine Praxis oder eine GmbH. Von 2.000 Hospitälern in der Bundesrepublik sind 468 in rein privater Hand. Was das für die Physiotherapie bedeuten kann, stellte Mathias Klitzke, leitender Physiotherapeut der Vivantes GmbH, auf einem Symposium des Berufsverbandes ZVK vor: Aus dem therapeutischen Schlaraffenland mit traumhaften Personalschlüsseln sei eine zentralisierte Abteilung geworden. Bei einigen Krankenhäusern wurde das Personal um die Hälfte reduziert. Politisch gewollt sollen in den nächsten Jahren viele Kliniken schließen und spezialisierten Zentren weichen. Im Wettbewerb um Spezialisierung und Privatisierung werden heute Küchen- oder Reinigungsdienste an externe Anbieter vergeben oder Kliniken gründen eigene Servicebetriebe. Die Klinikmanager wollen Kosten sparen – vorzugsweise beim Personal, das untertariflich bezahlt werden kann. Vom Outsourcing der Physiotherapie versprechen sie sich neue Marktsegmente und Einfluss auf »Patientenströme«. Das Uniklinikum Köln hat im letzten Jahr die Medifitreha GmbH gegründet. Ihr Geschäftsführer leitet gleichzeitig die nun zentralisierte physiotherapeutische Abteilung des Klinikums. Die Therapeutin Ulrike arbeitet seither weiter in der Neurochirurgie für die stationären Patienten unter fast gleichen Bedingungen. Der Personalrat hatte den völligen Verkauf verhindert und erwirkt, dass die Angestellten ihre Verträge mit dem alten Arbeitgeber behalten. Sie sind der neuen Firma lediglich beigestellt. Die Ausstattung im stationären Bereich ist gleich dürftig geblieben, doch statt sechs sind nur noch vier Kolleginnen für die 74 Betten der Neurochirurgie zuständig. Investiert wird hier wie anderswo in die ambulante Behandlung. Der Sektor gilt als aussichtsreich. Mit den diagnosebezogenen Abrechnungsschlüsseln (DRGs) werden die Liegezeiten weiter sinken. Patienten sollen deshalb möglichst in eigener Regie weiter ambulant versorgt werden. Medifitreha hat dafür rund 17 Stellen geschaffen. Einen Personal- und Betriebsrat gibt es nicht, aber eine Corporate identity: Alle – auch die Klinikangestellten – tragen T-Shirts mit Firmenlogo. Die ersten Verlierer im Wettkampf um den ambulanten Sektor sind die niedergelassenen Praxen am Ort. Ihre Situation ist durch die Politik der Kassen, die für Heilmittel wenig zahlen und drastisch budgetieren, ohnehin oft prekär. Hier halten 400-EuroJobs und »freie Mitarbeit« ohne Sozialversicherung und Mutterschutz Einzug. Dass Einkommenslücken über Wellness- und Zusatzangebote zu schließen sind, ist keineswegs sicher. »Auch auf den Wassern des Selbstzahler-Marktes herrschen raue Winde«, vermeldet die Fachzeitschrift »physiopraxis«. Axel befürchtet unter einer neuen Leitung starre Arbeitsabläufe und mehr: »Es könnte Arbeitsverträge geben, die vom Tarif abgekoppelt sind. In diesem Haus ist es ohnehin Tradition, Tariferhöhungen nicht mitzumachen, auszusetzen oder verspätet zu zahlen. Und selbst wenn wir unsere Verträge halten – die nachfolgenden Kollegen bekommen schlechtere.« Axel und Janet spekulieren über die laufenden Verhandlungen, informiert sind sie kaum. Die Situation ist angespannt: »Früher waren wir 17; die Stellen werden wegen der unsicheren Situation nicht besetzt. Hier weht zwar noch ein anderer Wind – aber nur ein bisschen. Wenn man ehrlich ist, haben wir alle Pläne bis zum Rand voll, arbeiten unter enormem Foto: Tobias Michel »Wir sind zufrieden, aber frag uns mal in einem halben Jahr« Axel und Janet im Pausenraum des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke. Sie sind sich einig: »Diejenigen, die hier oder anderswo physiotherapeutische Abteilungen outsourcen, sind mit Zahlen befasst. Es geht um Geld, nicht um ein sinnvolles Behandlungskonzept.« Druck und mit weniger Zeit für Besprechungen und für Patienten, als wir wünschen«. Das Team steht für einander ein und hat hohe Ansprüche an die Patientenbetreuung. Da wird unter den gegebenen Bedingungen mal auf die Mittagspause verzichtet oder später Feierabend gemacht. »Sollte sich ein privatisiertes Modell rechnen, dann wird die Kohle sicher nicht an die gehen, die mit den Kranken arbeiten«, meint Axel. Wie viele andere haben Axel und Janet viele Fortbildungen gemacht und privat finanziert, obwohl das weder Aufstiegschancen noch das Gehalt verbessert. Arbeitgeber zahlen wenig dazu. Dennoch: Wenn die beiden Herdecker in ihre »Zauberkiste« packen und helfen können, damit ein junger Patient wieder auf die Füße kommt oder eine Schlaganfallpatientin selbstständig wird, dann ist das einfach toll. Unter Kosten- und Privatisierungsdruck wird diese Hilfe zunehmend auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen. Dagegen wiederum hilft politisches Engagement. ERIKA FEYERABEND 7 BERUFE VORGESTELLT Physiotherapeut/ Physiotherapeutin Ô Aufgaben Physiotherapeutinnen und -therapeuten begegnen Kranken und Gesunden jeden Alters. Nach ärztlicher Diagnose erstellen sie eigene Befunde und Therapiepläne, die mit verschiedensten Methoden Schmerzen lindern und Bewegungsmöglichkeiten zurückgewinnen oder erhalten können. Im orthopädischen Bereich gilt es, Erkrankungen von Knochen und Gelenken zu behandeln. Bei neurologischen Patienten und chronisch Kranken soll ein weitgehend selbstständiges Leben ermöglicht werden. Präventiv wirkt der Berufsstand in der Bewegungserziehung am Arbeitsplatz oder in Kindergärten. In Kliniken, der Rehabilitation, der Prävention und in privaten Praxen arbeiten rund 75.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Vollzeit, Teilzeit, befristet, in Praxen auch als »freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter« und im 400-Euro-Job. Der Beruf ist hilfreich für Kranke und befriedigend für Therapeuten und Therapeutinnen, wenn eine gute Ausbildung und genügend Behandlungszeit vorhanden sind. Ô Ausbildung Die dreijährige Ausbildung findet in ca. 250 Fachschulen statt, meist für 300 bis 500 Euro Schulgeld pro Monat. Die 47 schulgeldfreien Ausbildungsstätten führen Wartelisten. Für viel Geld gibt es aber nicht überall eine Ausbildung, die theoretische und praktische Kenntnisse befriedigend verzahnt. Mittlerweile werden 14 Fachhochschul-Studiengänge angeboten. Einige wenige Bundesländer favorisieren eine Art Mini-Studium: Der Fachschule folgt ein Studium von zwei oder drei Semestern, dessen Anerkennung weder eindeutig ist noch sicher zu besserem Gehalt führt. Beim »berufsbegleitenden Studium« winkt nach sechs Jahren ein Hochschulabschluss – an privaten Institutionen für monatliche Gebühren von bis zu 490 Euro. Die Ausbildung wird sich verändern. Es gibt jedoch bisher kein Konzept zur Reform der Ausbildung, auf das sich alle Beteiligten – Ministerien, Gewerkschaft, Verbände und Schulen – einigen könnten. Ô Weiterbildung Mit der Grundausbildung ist es nicht getan: Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten bilden sich fort – in den verschiedenen Behandlungsmethoden und für vielfältige Krankheitsbilder. Zertifizierte Weiterbildung ist nötig, um auf dem engen Arbeitsmarkt zu bestehen oder als Niedergelassene bestimmte Patientengruppen behandeln und mit den Kassen abrechnen zu können. Berufsverbände und Akademien bieten Kurse für klassische Verfahren der Krankengymnastik (300 bis 400 Euro), für Gesundheitsmanagement (bis zu 1.900 Euro) oder Nordic Walking (120 Euro). Ô Perspektiven Die Arbeitslosenzahlen sind um 50 Prozent auf 5.694 gestiegen. Pro Jahr verlassen 6.000 AbsolventInnen die Fachschulen. 80 Prozent der PhysiotherapeutInnen sind Frauen, die beim Berufseinstieg (BATWest) mit 21 Jahren und ledig knapp 1.770 Euro brutto monatlich verdienen. Abhängig vom Aufgabengebiet können es dann mit 30 Jahren etwa 500 Euro mehr sein, in Ausnahmefällen sogar knapp 2.500 Euro brutto. Die Einkünfte der Selbstständigen sind mit der Heilmittelrichtlinie um 8 bis10 Prozent gesunken. Die Suche nach alternativen Einkünften weist in Richtung Wellness und Prävention. Die Versorgung Kranker wird budgetiert und vielerorts im 20-Minuten-Takt rationiert. Der Praxisalltag wird für Selbstzahler geöffnet – für eine »kassenunabhängige, verordnungsfreie« Zukunft. AUSBLICK 8 drei MITNEHMEN RUNDUM 15_Oktober 2005 Die Broschüren sind kostenlos über die ver.di-Bezirke erhältlich. Südafrika: Schwestern arbeiten in Pyjamas Krankenschwestern im südafrikanischen Bundesstaat Gauteng haben aus Protest gegen die fehlende Stellung von Berufskleidung ihre Schicht in Pyjamas und Nachthemden angetreten. »Wenn die Soldaten und die Polizisten Uniformen bekommen, sogar für mehrere Tage zum Wechseln, warum dann nicht die Krankenpflege?« Barba Gaoganediwe vom Gesundheitsministerium schimpft auf die Angestellten, die mit ihrem unreifen und peinlichen Verhalten auch die Sicherheit verletzten. Niemand könne zwischen Schwestern und Patienten unterscheiden, man könne sogar einfach im Pyjama in eine Klinik hineinspazieren und sich als Schwester ausgeben. Er droht mit Abmahnungen wegen ungebührlichen Verhaltens. Lesiba Seshoka, Sprecherin der Gewerkschaft Denosa, begründet die spektakuläre Aktion: »Es ist nichts daran spaßig, wenn die Kolleginnen heimlich nebenher arbeiten müssen, um ihr ärmliches Gehalt aufzubessern und sich die Arbeitskleidung selbst zu kaufen.« deren mehrmonatigem Einsatz im IrakKrieg. Die seelische Gesundheit sei nicht schlechter geworden, die Forscher fanden nichts Auffälliges. Mehr noch, sie beschreiben nun »eine hochsignifikante relative Verbesserung im Geisteszustand.« Leider wurde weder etwas über den Geisteszustand der Forscher veröffentlicht noch wurden ihre Auftraggeber genannt. Krieg auf Krankenschein? Eine Forschungsstudie, veröffentlicht im British Journal of Psychiatry, untersuchte streng wissenschaftlich, wie sich eine Teilnahme an einem Krieg auf die geistige Verfassung der Soldaten auswirkt. Das Team vom King’s College London befragte Soldaten aus Colchester und Essex nach Quelle: BNN: British Nursing News Online www.bnn-online.co.uk Patiententourismus ins Ausland Die deutschen Krankenhäuser locken ausländische Patienten, um nebenbei Kasse zu machen. Doch das funktioniert auch umgekehrt. Die mhplus Betriebskrankenkasse verschickt ihre Versicherten für drei Wochen ins europäische Ausland, wo sie mit Kureinrichtungen feste Leistungspakete und Pauschalen ausgehandelt hat. Massagen, Heilgymnastik, Thermalbäder, Unterkunft gibt es billiger; mhplus betei- ligt sich mit 13 Euro pro Tag an Kost und Logis. Die Ludwigsburger BKK hat Verträge mit Kurbädern in Tschechien, Polen und Ungarn. Der Vorstand der BKK futur, Hermann van der Wouw, verteidigt die Landflucht: »Europa wächst zusammen. Die Krankenkassen stehen im Wettbewerb. Da ist es eine natürliche Entwicklung, wenn sich Kostenträger Gesundheitsangebote auch jenseits der Grenzen an- schauen. Die BKK futur stellte schon immer auch die Berücksichtigung von Versichertenpräferenzen in den Mittelpunkt ihres Versorgungsmanagements. Die Leistungen und Preise stimmen, die Bäder sind an interessanten Standorten und haben eine lange Tradition. Das spricht gerade Versicherte aus den neuen Bundesländern an.« Quelle: klinik@news, 31.3.2005 London: Schwestern-Roboter im Dienst Schwester Mary und Doctor Robbie tragen die Seriennummer RP6. Doch sie sind die Ersten ihrer Art in Europa. Sie können – so versprechen ihre Konstrukteure – auch über Entfernungen hinweg die Versorgung von Patienten übernehmen. Die noch etwas kantigen Maschinen tragen im »Gesicht« einen Bildschirm, auf dem eine abgefilmte Ärztin oder ein Arzt er- scheinen kann. Die sprechen dann mit den Kranken, überprüfen die Röntgenbilder und Laborergebnisse und stellen ihre Fragen. Sie benötigen dazu nur irgendwo ein ruhiges Plätzchen, einen Laptop, einen Joystick, eine Kamera und ein Mikrophon. Projektleiter Parv Sains, in der Forschungsabteilung des Londoner St. Maryhospitals tätig: »Unsere Roboter werden sicher nie alle Stationsärzte ersetzen. Aber sie sind ein Werkzeug zur Verständigung, das einem Arzt direkten Kontakt zu jenen Patienten erlaubt, zu denen er nicht gelangen kann.« Darum werden die Medizinroboter ebenfalls vom Militär auf Schlachtfeldern getestet werden, aber auch bei Natur- oder »bioterroristischen« Katastrophen. Pflegeheim? Die Fallpauschalen ab 2005 Woran erkenne ich ein gutes Pflegeheim? ver.di will bei der Entscheidung für das richtige Pflegeheim helfen und hat eine Checkliste mit Qualitätskriterien herausgegeben. Ganz wichtig für den Standard, nach dem die künftigen Bewohner betreut werden, sind Fragen nach den Arbeitsumstände und Arbeitsverhältnissen des Pflegepersonals. Wie hoch ist der Anteil der qualifizierten Fachkräfte mit dreijähriger Ausbildung? Welchen Stellenwert haben Fort- und Weiterbildung? Bildet das Pflegeheim selbst Fachkräfte aus? Erhalten die Beschäftigten Tariflöhne? Auch die räumliche Situation spielt eine wichtige Rolle bei der Auswahl eines Pflegeheims. Aus der Tatsache, dass die Zimmer hell und freundlich sind, die Betreuten persönliche Einrichtungsgegenstände mitbringen dürfen und das Haus einen ordentlichen und sauberen Eindruck macht, lassen sich Rückschlüsse auf die Betreuungsqualität ziehen. Ergänzungsband zur DRG-Broschüre Mit dem 2. Fallpauschalengesetz wurden Anzahl und Struktur der Fallpauschalen verändert, Sonderentgelte definiert und Anwendungsbereiche konkretisiert. Auch die Einführungsphase der DRGs und die Finanzierung der Ausbildung wurden neu gestaltet. In der vorliegenden Broschüre werden die Änderungen bis Juni 2005 dargestellt und bewertet. Wir knüpfen damit an unsere bereits 2004 erschienene Veröffentlichung »Von den DRGs zum Umbau der Gesundheitslandschaft« an. Sie wurde in großem Umfang von betrieblichen Interessenvertretern im Gesundheitswesen als Handwerkszeug genutzt und als verständliche Information über die Funktionsweise der DRGs geschätzt. Vor allem bei der Bewertung der wirtschaftlichen Situation der Kliniken und zukünftiger strategischer Ausrichtung gibt sie betrieblichen Interessenvertretern die erforderlichen Hintergrundinformationen. REINLESEN ANKLICKEN Alle zwei Wochen prägnante Analysen und Berichte rund um die Themen Arbeit, Wirtschaft und Soziales www.boecklerimpuls.de +++ Berufsausstieg von Pflegekräften entgegenwirken, Experten-Hotline der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) www.baua.de +++ Künftig haben mehr Eltern von Auszubildenden einen Anspruch auf Kindergeld, bisherige Praxis war verfassungswidrig www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20050111_2bvr016702 +++ Nach Erscheinen SchwarzBuch Lid, erster Betriebsrat in München mit Pate OB Christian Ude www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x02803993 +++ Public Private Partnership: ver.di-Positionen, PPP-Expertise von Prof. Dr. Dietrich Budäus www.verdi.de/0x0ac80f2b_0x027eaf47 +++ Digitaler Werkzeugkasten angeboten von ver.di-Arbeiterinnen www.verdi.de/arbeiterinnen_und_arbeiter/materialien-ablage Klaus Dörner Das Gesundheitsdilemma Woran unsere Medizin krankt – Zwölf Thesen zu Ihrer Heilung M I T M AC H E N Seminare /Veranstaltungen WANN WAS WO / KONTAKT 10. bis 14. Oktober Gleichstellung im Betrieb fördern | Strategie des Gender Mainstreaming: betriebliche Konzepte der Umsetzung am Beispiel eines Gesundheitskonzerns | Zielgruppe: BR, PR, insbes. Gleichstellungs- und Frauenbeauftragte Berlin ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum Koblanckstraße 10, 14109 Berlin Kontakt: [email protected] 24. bis 28. Oktober Turn-around-Beratung bei drohender Insolvenz Je früher der Handlungsbedarf in Krisenphasen erkannt wird, desto größer sind die Gestaltungsspielräume. | Zielgruppe: BR, VL Saalfeld ver.di-Bildungsstätte Auf den Rödern 94, 07318 Saalfeld Kontakt: [email protected] 6. bis 11. November Gesundheit fordern – Gesundheit fördern Arbeits- und Gesundheitsschutz als eine der zentralen Aufgaben gewählter Interessenvertreter/innen, bietet einen vielseitigen Handlungsrahmen auf der Basis gesetzlicher Grundlagen. Berlin ver.di-Bildungs- und Begegnungszentrum Koblanckstraße 10, 14109 Berlin Kontakt: [email protected] 7. bis 9. November Arbeit ohne Ende Warum arbeiten Beschäftigte oft sogar unbezahlt weiter? Was treibt sie dazu? Neue Handlungsansätze für Interessenvertretungen gegen »Überarbeit«. Bielefeld Anmeldung: www.die-welt-ist-keine-ware.de/fb3-news/aoe.pdf 9. November Fachtagung Pflegelehrer Thema der 5. Fachtagung für Pflegelehrerinnen und -lehrer: Zentralisierung und Weiterentwicklung von Pflegeschulen. Dortmund Westfälisches Zentrum für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik [email protected] 30. November bis 2. Dezember Zentralisierung von Krankenpflegeschulen Jugend- und Auszubildendenvertretungen (JAVen) mischen sich ein bei der Neuorganisation von Ausbildungsstätten. | Zielgruppe: JAV, BR, PR Naumburg ver.di-Jugendbildungsstätte Kontakt: [email protected] Informationen für den Fachbereich Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen In zwölf Thesen beschreibt Klaus Dörner, warum wir uns in einem Dilemma befinden, wenn wir das Gesundheitswesen nach rein marktwirtschaftlichen Vorgaben organisieren. Klaus Dörner erklärt die Zusammenhänge bei der Kostensteigerung im Gesundheitswesen durch Steigerung von Bedürfnissen und durch die Zunahme von Alterskrankheiten. Kritisiert wird das Handeln der Ärzte wie auch das der politisch Verantwortlichen, die es nicht geschafft haben, z.B. die in den 80er Jahren aufgestellte Forderung »ambulant vor stationär« konsequent durchzusetzen. Das Buch ist keine »Gute-Nacht-Lektüre«: Die Lektüre dieses Bändchens macht unruhig, es lässt nicht ohne weiteres an das Credo der Gesundheitswirtschaft als boomende Branche glauben. Empfehlenswert, insbesondere für im Gesundheitswesen tätige Menschen. Ullstein Verlag, 7,95 € Susanne Kreutzer Vom » Liebesdienst « zum modernen Frauenberuf Die Reform der Krankenpflege nach 1945 Im Mittelpunkt steht die Geschichte des Bundes freier Schwestern in der ÖTV von 1945 bis in die 60er Jahre. Die Historikerin widmet sich einem nahezu unerforschten Kapitel der Nachkriegs- und Gewerkschaftsgeschichte. Wie kam es, dass sich der Bund freier Schwestern in einer von Männern beherrschten Gewerkschaft erfolgreich durchsetzen konnte? Interessante Einblicke gewährt das Buch in den Zusammenschluss und die Auflösung der Deutschen Schwesterngemeinschaft (DSG) und deren kurze Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Schwesternverbände (ADS) – wenn man so will, Vorläuferorganisationen des Deutschen Pflegerats. Ein lesenswertes Buch nicht nur für historisch Interessierte. Ein Fundus auch für den berufskundlichen Unterricht, bei dem die Gewerkschaftsgeschichte in aller Regel zu kurz kommt oder ganz unterschlagen wird. Campus Verlag, 34,90 € ISBN 3-593-37741-1 ABGEFÜHRT Gesehen im Evangelischen Krankenhaus Lippstadt Foto: Privat