dkkv infoblatt
Transcrição
dkkv infoblatt
INFOBLATT Nr. 4 vom Dezember 2010 Liebe Freunde und Mitglieder, In dieser Ausgabe: -Grußworte der Vorsitzenden das Jahr 2010 hat mit einer Reihe großer Katastrophenereignisse eine traurige Bilanz vor zu weisen. Die Erdbeben in Haiti, Chile und China und die Überschwemmungen in Pakistan haben Hunderttausende von Menschenleben gekostet, Millionen betroffen und immense Schäden zur Folge gehabt. Das traurige Beispiel von Haiti macht auch deutlich, wie stark die destabilisierende Wirkung von Naturkatastrophen gerade auf bereits geschwächte Systeme sind. Fast ein Jahr nach diesem Ereignis hat sich die Lebenssituation der Betroffenen kaum verbessert, sondern durch den Ausbruch der Cholera in den letzten Wochen sogar zusätzlich erschwert. Vorsorge ist in solchen fragilen Situationen sehr wichtig aber auch nur schwierig umsetzbar. Der zivilgesellschaftliche Ansatz muss gerade in solchen Situationen gestärkt werden. - Bonn Dialogues 30.11.2010 Environment and Health: The Role of Climate Change - 11. Forum Katastrophenvorsorge in Potsdam, 18./19.01.2011 PROGRAMM - UN-Klimaverhandlungen in Cancún: Prozess gerettet – das Klima (noch) nicht - Überraschung von Cancún Die Zahl der Betroffenen durch die Überschwemmungen in Pakistan hat die internationalen Kapazitäten bis an die Grenzen belastet. Es werden Jahre intensiver Arbeit notwendig sein, um die erlittenen Schäden zu beheben. Falls wir eine Wiederholung dieses Ereignisses verhindern wollen, müssen Maßnahmen der Katastrophenvorsorge in den Wiederaufbau integriert werden. Dabei müssen auch Prognosen über zukünftige Auswirkungen des Klimawandel integriert werden, um einen nachhaltigen Nutzen der Vorsorgemaßnahmen sicher zu stellen. Globale Entwicklungen wie das ungebremste Bevölkerungswachstum, die zunehmende Vulnerabilität unserer Gesellschaft und die sich abzeichnenden Veränderungen des Klimawandels machen es umso dringender, Katastrophenvorsorge in unsere Entscheidungsfindungen zu integrieren. Mittel müssen verstärkt für die Umsetzung zur Verfügung gestellt werden. Unsere Arbeit hat sich 2010 im internationalen Bereich auf die Potenziale der Katastrophenvorsorge zur Anpassung an den Klimawandel konzentriert. Dabei konnte der bestehende Kontakt zum Klimasekretariat der Vereinten Nationen weiter verbessert werden. Auf der europäischen Ebene haben die Neustrukturierung der Kommission Anfang des Jahres und eine Reihe von Initiativen in Brüssel die europäische Dimension der Katastrophenvorsorge zu einem weiteren Schwerpunkt werden lassen. Die Entwicklungen auf der Ebene der Kommission erfordern Aufmerksamkeit, bieten aber auch Potenziale, die zur Beförderung von Katastrophenvorsorge genutzt werden können und die es zu erschließen gilt. . DKKV INFOBLATT Es gibt eine Reihe von positiven Signalen dafür, dass unsere Bemühungen wahr genommen werden. So wurde das DKKV als Deutsches Komitee eines weltweiten Forschungsprogramms zur Integrierten Forschung zur Katastrophenvorsorge durch den Dachverband der Wissenschaften (ICSU) benannt. Ein arbeitsreiches Jahr liegt hinter uns. Meinen Dank an Sie alle für Ihre Unterstützung und aktive Mitarbeit an unserem gemeinsamen Thema. Ihnen und Ihren Familien ein Frohes Gesegnetes Fest und einen Guten Rutsch ins Neue Jahr. Ihre Bonn Dialogues 30.11.2010 Environment and Health: The Role of Climate Change Der 8. Bonn Dialogues hatte sich als Thema die Auswirkungen des Klimawandels und durch den Klimawandel bedingter Extremereignisse auf die menschliche Gesundheit gewählt. Damit schloss die Veranstaltung im Gremiensaal der Deutschen Welle an eine 2-tägige Konferenz des Bundesministeriums für Umwelt (BMU), der europäischen Sektion der Weltgesundheitsorganisation und des Deutschen Wetterdienstes an, die am 29. und 30.11.2010 stattfand. Als Panelisten konnten Vertreter der Weltgesundheitsorganisation, des BMU, Bayer AG und des Norwegischen Instituts für Gesundheit gewonnen werden. In der lebhaften Diskussion wurden die Unsicherheiten bei der Erfassung von klimabedingten Auswirkungen auf die Gesundheit deutlich benannt. Die Datenlage wurde von den Panelisten als unzureichend bezeichnet. Der Wunsch, diese Situation zu verbessern, kollidiert in Europa aber mit den Vorgaben des Datenschutzes. v.l.n.r.: Dr. Weinz, Bayer AG Dr. Quaile-Kersken, Deutsche Welle Dr. Litvinovitch, BMU Prof. Grjibovski, Norw. Inst. f. Gesundheit Oslo Deutliche Zusammenhänge können allerdings bei der klimabedingten Ausbreitung von Übertragungskrankheiten wie z.B. Malaria und durch Zecken übertragene Hirnhautentzündung (FSME) festgestellt werden. Hier setzen auch Maßnahmen des Privatsektors an, die z.B. darauf abzielen, den Schutz vor Krankheitswirten zu verbessern. Dringender Bedarf wurde darin gesehen, verschiedene Informationsquellen, wie z.B. Wetterdaten und Gesundheitsinformationen, besser miteinander zu verknüpfen. Weiterer Handlungsbedarf wurde zudem in der Verbesserung der vorhandenen Frühwarnsysteme im Gesundheitsbereich gesehen. 2 DKKV INFOBLATT Der 8. Bonn Dialogues setzte sich mit einem Thema auseinander, das – zumindest auf internationalen Ebene im Rahmen der ISDR – nur am Rande Beachtung findet. Die Veranstaltung zeigte eine Reihe von Berührungspunkten und möglichen Synergiebereichen. Sie sollte als Anlass genommen werden, über die engere Einbindung von Gesundheitsaspekten in die Vorsorge von Naturkatastrophen nach zu denken. Karl-Otto Zentel 11. Forum Katastrophenvorsorge Risiko 2.0 Neuer Umgang mit alten Naturgefahren 18. - 19. Januar 2011 / Potsdam beim Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ Seit langem wachsen Zahl und Auswirkungen von Naturgefahren an. Kenntnisse und Analysen beschränkten sich bislang weitgehend auf sektorale Betrachtungen. Angestoßen durch die Diskussionen zum Klimawandel, und hier vor allem durch die geforderte Bereitstellung von eindeutigen Langfristvorhersagen, hat sich im wissenschaftlichen Umfeld die Sichtweise auf die Minderung der Auswirkungen von Naturgefahren gewandelt. Vorsorge umfasst nunmehr in stärkerem Maße die Nutzung von Erfahrungen und Daten vergangener Ereignisse, aber ebenso die Verwendung der Kenntnisse über zukünftige, für die Katastrophenvorsorge relevante Bedingungen. Schließlich werden Anstrengungen unternommen, die von vorneherein die Erwartungen und Bedürfnisse der Bevölkerung in von Naturgefahren exponierten Regionen in die Gestaltung der Vorsorge aufnehmen. Alle Themen werden in Deutschland in verschiedensten Bereichen, von der Grundlagenforschung bis zur lokalen praktischen Umsetzung von Anpassungsstrategien, bearbeitet. Das 11. Forum möchte den Erfahrungsaustausch zwischen den Beteiligten fördern und alle Interessenten einladen, aktiv mit zu wirken. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) stellt Preisgelder zur Verfügung, so dass die besten Beiträge von NachwuchswissenschaftlerInnen prämiert werden. Das 11. Forum findet am 18. und 19.01.2011 in Potsdam statt. Es wird gemeinsam veranstaltet von dem Deutschen Komitee Katastrophenvorsorge (DKKV) und dem Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ). Tagungsadresse ist: Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Telegrafenberg, 14473 Potsdam. Weiter Informationen: http://www.dkkv.org 3 DKKV INFOBLATT Nachstehend das Programm, das inzwischen auch online gestellt ist: PROGRAMM Dienstag 18. Januar 2011 9:00 Anreise und Registrierung der Teilnehmer 10:30 Begrüßung Reinhard Hüttl, Vorstandsvorsitzender Deutsches GeoForschungsZentrum Irmgard Schwaetzer, Vorsitzende Deutsches Komitee Katastrophenvorsorge Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern Session 1: Keine Konsequenzen aus Katastrophen? Convener: T. Klose (DRK), A. Küsel (GDV) 11:10 Keynote: Katastrophenvorsorge - Erfahrungen, Erfolge, Entwicklungsperspektiven aus Sicht der Humanitären Hilfe V. Erhard, Auswärtiges Amt 11:40 Costs of Natural Hazards H. Kreibich, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) 12:00 Katastrophenvorsorge als Instrument zur Anpassung an den Klimawandel: Chancen und Problemfelder J. Birkmann/ D. Krause, UN University - Institute for Environment and Human Security (EHS) 12:20 Risikoanalyse von Grundhochwasserschadenspotenzialen an privaten Wohngebäuden in Dresden S. Meyer, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) 12:40 The Cost of Historic Earthquakes Today – Economic Analysis of worldwide damaging earthquakes since 1900 through the use of CATDAT J.E. Daniell, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology (CEDIM) 13:00 Mittagspause 4 DKKV INFOBLATT Session 2: Anpassung beginnt vor Ort! Convener: U.Schneidewind (Wuppertal Institut), T. Schlurmann (Universität Hannover) 14:00 Frühwarnung und Gesellschaft - Herausforderungen bei der Implementierung eines Integrativen Frühwarnsystems J. Mayer, Universität Bonn 14:20 Sind alternative Strategien im Küstenschutz bei Klimaänderungsfolgen ein geeignetes Mittel? H.D. Niemeyer, Forschungsstelle Küste (FSK), Norden-Norderney 14:40 Effizienz von Hochwasserschutzmaßnahmen für die Minderung von Deichbruchwahrscheinlichkeiten und Hochwasserrisiko S. Vorogushyn, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) 15:00 Audit „Hochwasser – wie gut sind wir vorbereitet?" B. Wöllecke, Bezirksregierung Düsseldorf 15:20 A structured knowledge base for local scale adaptation D. E. Reusser, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 15:40 Soziale Kompetenzen im Umgang mit Naturgefahren in Europa. Befunde und Forschungsbedarf A. Steinführer, Johann Heinrich von Thünen-Institut (vTI), Braunschweig 16:00 Kaffeepause 16:30 Results of a Field Exploration to Earthquake Zone in Chile during the February 2010 Maule Earthquake J.E. Crempien Laborie, Universidad de los Andes, Santiago de Chile 16:50 Neue Wege in der Bewertung von Naturgefahren und Risiken: Das PotsdamResearchCluster for Georisk Analysis, Environmental Change and Sustainability (PROGRESS) M. Strecker, Universität Potsdam 17:10-19:00 Empfang und Postersession 5 DKKV INFOBLATT Mittwoch 19. Januar 2011 Session 3: Komplexe Gefahren und kaskadierende Effekte Convener: U.Ulbrich (FU Berlin), W. Geier (BBK) 8:30 Keynote: Aviation safety and Weather: Existing hazards becoming new challenges I. Maragakis, European Aviation Safety Agency (EASA) 9:00 Risk assessment and cascading effects J. Post, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) 9:20 CRISYS - Critical Infrastructures and System Analysis S. Pickl, Universität der Bundeswehr München 9:40 Die Ableitung von Schutz- oder Vorsorgezielen im Bevölkerungsschutz anhand der Kritikalität von Infrastrukturen A. Fekete, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) 10:00 Stress Test für die Auswirkung von extremen Naturkatastrophen F. Wenzel, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) 10:20 Kaffeepause Session 4: Wissenschaft und Entwicklungszusammenarbeit: getrennte Welten? Convener: F. Wenzel (KIT, CEDIM), M. Siebert (GTZ) 10:50 Georisiken in Zentralamerika – Status Quo und Ausblick für die Wissenschaftlich-Technische Kooperation D. Balzer, Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) 11:10 Über den Aufbau eines Tsunami-Frühwarnsystems für den Indischen Ozean – Spagat zwischen Wissenschaft, Technik und Humanitärer Hilfe J. Lauterjung, Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) 11:30 Podiumsdiskussion Teilnehmer: Staatssekretär H.-J. Beerfeltz (BMZ), Staatssekretär G. Schütte (BMBF), R. Hüttl (GFZ), C. Beier (GTZ), T. Schlurmann (DKKV/LUH) Moderation: V. Angres (ZDF) 6 DKKV INFOBLATT 12:30 Verabschiedung von Frau Irmgard Schwaetzer, Vorsitzende des DKKV 13:00 Mittagspause Session 5: Veränderliche Risiken und Vorsorge. Convener: B. Merz (GFZ), H. Goersch (Universität Kiel) 14:00 Keynote: Adapting to changing risks in infrastructure systems J. Hall, Tyndall Centre for Climate Change Research, Newcastle University, UK 14:30 Flood risk developments along the river Rhine and possible adaptation strategies P. Bubeck, Vrije Universiteit Amsterdam 14:50 Schadenpotentiale durch verändertes Wintersturm-Risiko: Eine Abschätzung unter Einbezug meteorologischer und sozio-ökonomischer Unsicherheiten G. Leckebusch, Freie Universität Berlin 15:10 Vulnerabilitätsdynamik in der Küstenzone: eine agentenbasierte Simulation zur Bedeutung individueller Selbstschutzpräferenzen C. Sobiech, Helmholtz Zentrum Geesthacht 15:30 Waldbrände in Deutschland seit 1975 K.-P.Wittich, Deutscher Wetterdienst (DWD) 15:50 Hochwasser in Sachsen und Brandenburg – immer häufiger, immer heftiger und der „Schutz" davor immer perfekter? U. Grünewald, BTU Cottbus 16:10 Abschlussveranstaltung mit Preisverleihung für Nachwuchswissenschaftler 16:30 Ende der Veranstaltung 7 DKKV INFOBLATT UN-Klimaverhandlungen in Cancún: Prozess gerettet – das Klima (noch) nicht Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Sie kann nicht von einzelnen Nationen angegangen werden. Wie bei der UNBiodiversitätskonferenz in Nagoya im Oktober 2010 können die weltumspannenden Probleme auf Dauer nur dann gelöst werden, wenn alle Staaten auf Augenhöhe und gleichberechtigt miteinander verhandeln. Dem Geschick der mexikanischen Präsidentschaft bei den Klimaverhandlungen in Cancún ist es zu verdanken, dass nach dem Scheitern in Kopenhagen ein neuer Anlauf zum Klimaschutz vereinbart wurde; 193 Nationen haben sich auf einen gemeinsamen Beschluss geeinigt: • Das 2oC Ziel wurde erstmals in ein offizielles UN-Dokument aufgenommen. Bei neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen könnte diese Grenze auf 1,5oC reduziert werden, auf die vor allem die kleinen Inselstaaten heute schon drängen. • Ein Kyoto Nachfolgeabkommen soll vereinbart werden; zwar wurde die Empfehlung des UN-Klimarates aufgegriffen, dass die Industrieländer ihren CO2Emissionen bis 2020 um 25-40% gegenüber dem Stand von 1990 reduzieren sollen, jedoch wurden keine Zielwerte verbindlich festgeschrieben. • Ein Grüner Klima Fonds zur Finanzierung von Mitigationsund Adaptationsmaßnahmen wird geschaffen: Die Delegationen einigten sich auf einen Kompromiss: Er wird im Rahmen der UN-Klimakonvention eingerichtet, jedoch vorerst von der Weltbank verwaltet. Die jährlichen Beiträge sollen von heute 30 Mrd. USD bis 2020 auf 100 Mrd. USD steigen. Unklar bleibt, woher das Geld kommen soll. • Das Waldschutzprogramm REDD+ (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation) wird geschaffen. Wer Wald schützt oder aufforstet, soll dafür bezahlt werden. Verbindliche Aussagen zum Finanzierungsmechanismus gibt es noch keine. • In die Cancún Texte wurden die umstrittenen Energietechnologien Kohlenstoffspeicherung und Atomkraft als Möglichkeiten zur CO2-Reduzierung aufgenommen. Vor allem die Umweltverbände lehnen die Einbeziehung dieser Technologien ab. Minderungsziele, Finanzhilfen für Entwicklungsländer, Regenwaldschutz – Wie wird dieses Instrumentarium ausgestaltet und eingesetzt? Und ab wann? Die Zeit drängt. So wichtig die Ursachenbekämpfung vor allem in Industrie- und Schwellenländern ist (Reduzierung der Treibhausgase) so wichtig ist für Entwicklungsländer eine effektive Anpassung an die Folgen des Klimawandels. Heute schon nehmen Dürren, Starkregen und Stürme in Anzahl und Heftigkeit zu; dies führt zu Ernteausfällen und verschärft Ernährungsunsicherheit, zerstört Infrastrukturen und damit Lebensgrundlagen. Klimabedingte Konflikte und Migration 8 DKKV INFOBLATT werden zunehmen. Die Förderung von Prozessen zur nachhaltigen Armutsreduzierung und Ernährungssicherung muss verbunden werden mit einer Stärkung der Widerstandsfähigkeit noch schwacher Gemeinschaften. Katastrophenvorsorge oder die Reduzierung von Katastrophenrisiken mit Elementen wie Frühwarnsysteme, Risikokartierung und Notfallpläne muss in Anpassungsstrategien berücksichtigt werden. Zivilgesellschaftliche Akteure müssen in nationale Anpassungsstrategien eingebunden werden. Die internationale Gemeinschaft hat dabei die Aufgabe, diese Prozesse zu unterstützen. Diejenigen müssen einen direkten Zugang zu den für Anpassungsmaßnahmen bereitgestellten Finanzmittel haben (neben einem Zugang über internationale Durchführungsorganisationen), die sie am sinnvollsten und effizientesten einsetzen können. Nach dem Scheitern von Kopenhagen wäre ein Scheitern des Gipfels von Cancún verheerend für die UN – Klimakonvention gewesen. Der Klimaschutz-Prozess kann auf der Grundlage der Cancún-Text im kommenden Jahr fortgesetzt werden. Jedoch fehlen nach wie vor konkrete und verbindliche Vereinbarungen. Wissenschaftler befürchten, dass bei den derzeitigen freiwilligen Verpflichtungen die Erderwärmung bis zum Jahre 2100 auf 4oC ansteigen wird. Das Klima ist noch nicht gerettet. Und damit nicht das Leben auf diesem Planeten, wie wir es heute kennen. Robert Grassmann Überraschung von Cancun Vom 29.11. bis 10.12. fand die 16. Konferenz der Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention (COP16) im mexikanischen Cancun statt. Nach anfänglich überwiegend pessimistischen Erwartungen an den Gipfel ist es der mexikanischen Präsidentschaft mit einem überraschenden diplomatischen Husarenstück in der zweiten Woche gelungen, ein Rahmenwerk für die Fortschreibung des Kyoto-Protokolls und die Langzeitkooperation von Entwicklungs- und im Klimaschutz durchzubringen. 193 Länder mit Ausnahme Boliviens haben zugestimmt. Viele Kompromisse, auch noch viele dornige Probleme auf dem Weg zu einem rechtsverbindlichen Abkommen zu lösen, aber Fortschritte in wichtigen Fragen. Die wichtigsten Errungenschaften von Cancun in den beiden BaliVerhandlungspfaden (1) Verlängerung des Kyoto-Protokolls und (2) Langzeitzusammenarbeit zwischen Industrie- und Schwellenund Entwicklungsländern sind: • Die Kyoto-Länder erkennen die Erkenntnisse des Weltklimarates IPCC an, wonach die TreibhausgasEmissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 bis 40 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden müssen. Ihre freiwilligen Zusagen im Kopenhagen-Akkord werden „zur Kenntnis genommen, zugleich sind sie angehalten, ihre CO2-Einsparmaßnahmen an den Erkenntnissen der IPCC zu orientieren und daher aufzustocken. Grund: Die freiwilligen Zusagen der Industrieländer aus Kopenhagen 9 DKKV INFOBLATT lassen eine Lücke von fünf bis neuen Gigatonnen CO2 zu den angestrebten 25 bis 40 Prozent. Die zugesagten Anstrengungen von Kopenhagen müssten dazu verdoppelt werden. Zur Erbringung dieser Pflichten können Russland und andere Länder sich ihren Waldzuwachs anrechnen lassen. • In der Pfad der Langzeitzusammenarbeit verpflichten sich die Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern gemeinschaftlich auf das Zwei-Grad-Ziel, beschließen zugleich dieses, wenn geboten, im Lichte neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse auf 1,5 Grad zu verschärfen. Es soll ein Zeitrahmen gefunden werden, zu dem der Wachstumstrend der weltweiten CO2-Emissionen gebrochen sein soll. Die Schwellenländer und die USA bestätigen die im Kopenhagen-Akkord niedergelegten freiwilligen CO2-Einsparziele. Insbesondere die USA als Nicht-Unterzeichner des Kyoto-Protokolls sind angehalten, ihre Ziele weiter zu erhöhen, damit der Ausstoß an Treibausgasen konsistent ist mit den Empfehlungen des Weltklimarates. Für die Entwicklungsländer gilt: Es sollen geeignete Einsparmaßnahmen verabschiedet werden, um eine Entkoppelung vom derzeitigen Wachstumstrend der Emissionen zu erreichen. Die Industriestaaten sollen diesen Prozess durch Technologie- und Wissenstransfer sowie Finanzmittel unterstützen. • Zugleich wird ein Rahmenabkommen zur Anpassung an den Klimawandel beschlossen, das vorsieht, dass die Nationen eigene Anpassungspläne für den Klimawandel (wie heute bereits in Deutschland). Dafür sind technische und finanzielle Hilfen vorgesehen. Es wird ein Anpassungskomitee eingerichtet, das die technische und finanzielle Unterstützung für die Durchführung dieser Maßnahmen steuert. Der Schutz der tropischen Wälder (REDD+) wird als Ziel verankert. • Bei der Umsetzung dieser Ziele sollen nicht mehr vorrangig auf Marktmechanismen gesetzt werden, sondern auf Fonds. Hierzu gibt es konkrete Finanzzusagen der Industrieländer aus Kopenhagen: Eine Soforthilfe für die nächsten 3 Jahre von 10 Milliarden pro Jahr für einen Fond der Uno mit Priorität für die vom Klimawandel besonders betroffenen Länder. Zusätzlich wird beschlossen bis 2020 jährlich insgesamt 100 Milliarden Dollar Finanzhilfe für die Entwicklungsländer bereitgestellt werden. Hierzu können allerdings staatliche wie auch private, durch Märkte bereit gestellte Mittel angerechnet werden. Die Mittel fließen in den neu gegründeten Green Climate Fund unter UnoRegie. Übergangsweise soll die Weltbank die Verwaltung übernehmen. Es soll ein Aufsichtsrat eingesetzt werden mit 24 Mitgliedern, in dem zur Hälfte Entwicklungs- und zur anderen Hälfte Industriestaaten vertreten sind. Dieser Fonds dient auch zur Förderung von KlimaschutzTechniken in Entwicklungsländer. Es soll ein UNKlimatechnologie-Zentrum aufgebaut werden, um den Transfer von Technologien für den Klimaschutz wirksam unter Führung der Uno umzusetzen. 10 DKKV INFOBLATT Das Kopenhagen-Übereinkommen wird durch diese Schritte innerhalb der UNO gefestigt, eine Verlängerung des KyotoProtokolls könnte bei den Folgeverhandlungen im südafrikanischen Durban im Dezember des nächsten Jahres (2011) Wirklichkeit werden. Die Dokumente des „Cancún Agreements“ finden Sie im Überblick: http://unfccc.int/2860.php Prof. Dr. Reimund Schwarze (Prof. Dr. Reimund Schwarze arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ im Bereich „Ökonomie des Klimawandels“ und ist Sprecher für dieses Thema im Rahmen der Klimainitiative der Helmholtz-Gemeinschaft. Zurzeit leitet er am Climate Service Center (CSC) in Hamburg die Abteilung „Ökonomie und Politik“. Er hat für das DKKV als Beobachtern an den Verhandlungen der COP16 in Cancun (Mexiko) teilgenommen.) Impressum Der DKKV-Infodienst ist eine kostenlose Publikation und erscheint in regelmäßigen Abständen. Herausgeber: Der Vorstand Verantwortlich: Karl-Otto Zentel, Geschäftsführer Deutsches Komitee Katastrophenvorsorge e.V. (DKKV) Friedrich-Ebert-Allee 40, 53113 Bonn Postfach 120639, 53048 Bonn Telefon: 02 28 / 44 60 18 28 Telefax: 02 28 / 44 60 18 36 e-mail: [email protected] Internet: www.dkkv.org 11