- Zurhorst und Zurhorst
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MODERNES LEBEN Psychologie Das Phänomen „Liebe dich selbst“ E Er Sie Wolfram Zurhorst, Manager, Autor Eva-Maria Zurhorst, Paarexpertin, Autorin •Arbeitete in der Mode- •Startete ihre Laufbahn als branche; der Co-Autor von „Liebe dich selbst und freu dich auf die nächste Krise“ ist heute als Berater tätig. Journalistin, schulte dann zur Beziehungsberaterin um. •Ihre Bestseller: „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ und „Liebe Dich selbst und freu dich auf die nächste Krise“. •Mit Eva-Maria Zurhorst und Tochter Annalena lebt er in Wuppertal. s gibt ein Problem im Vortragsraum des Bozener Kolpinghauses, und einen Moment lang sieht es so aus, als würde die erwartungsvolle Stimmung in einen Streit umkippen: Der Saal ist zu klein für die Besucher, die zusammengekommen sind, um Eva-Maria Zurhorst bei der Lesung aus ihrem Bestseller „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ zuzuhören. Die 200 Stühle sind längst okkupiert, aber es strömen noch mal so viele Menschen dazu und verstopfen die Gänge. Nun plant der Veranstalter, eine Wand abzubauen, um Platz zu schaffen. Doch dazu müssten alle Sitzenden aufstehen, der Abend würde verspätet beginnen, und jetzt werden Proteste laut. Da hat Eva-Maria Zurhorst eine Idee: „Jeder nimmt mal seinen Stuhl und rutscht vor.“ Und – siehe da: Plötzlich passt es, und dass manche auf dem Boden kauern müssen, scheint nicht zu stören. „Jetzt haben wir alle eine Menge über Beziehungen gelernt“, lacht die Autorin. Sie hat dabei ein Beispiel gegeben für ihre pragmatische Art, Probleme zu lösen, über die andere lange diskutieren. Es wird ein Abend der Überraschungen werden. Für Eva-Maria Zurhorst, denn sie ist zwar gewöhnt, dass in Deutschland bis zu 700 Menschen ihre Vorträge frequentieren – doch war ihr nicht klar, dass sie auch jenseits der Alpen so großen Anklang finden würde. Und für Pat rick Pircher, Geschäftsführer der Buchhandlung Athesia, der den Abend initiierte und noch nie erlebte, dass sich nach einer Lesung Schiffbruch ahoi? Auch in verfahrenen Situationen lohnt es, um die Beziehung zu kämpfen, so EvaMaria Zurhorsts Botschaft. Ihre Tipps dazu nächste Seite Foto: D. Klammer/FOCUS-Magazin FOCUS 13/2008 Vom Mega-Erfolg der Autorin und Paarberaterin Eva-Maria Zurhorst und ihres Mannes Wolfram so viele Menschen zu Wort melden: „Das hier ist sonst ein sehr verschlossenes Publikum.“ Von Zurückhaltung heute keine Spur. Gleich zu Anfang meldet sich einer und gesteht „Prob leme mit Eifersucht“ ein. „Wer ist denn eifersüchtig?“, fragt Zurhorst. „Meine Frau“, bekennt er. „Und sie hat Grund dazu.“ Der Saal lacht. Zurhorst lacht auch, aber sie lacht ihn nicht aus, sie lacht ihn an. Später wird auch die Frau vor allen aufstehen, um über seine Untreue zu sprechen. Dass man sich zum Teil untereinander kennt und grüßt, scheint die Gäste nicht abzuschrecken, sich zu ihren Ehekrisen zu bekennen, vor allen. So wie es die Autorin und ihr Mann, der am zweiten Buch mitgeschrieben hat, tun, öffentlich nachlesbar. Es gibt und gab viele Beziehungsbücher, nie allerdings ging es darin so zentral ums Privatleben der Autoren. „Normalerweise offenbart der Berater seine Person nicht“, weiß Eva-Maria Zurhorst, die ihren Erfolg mit „Authentizität“ zu erklären versucht. Trotzdem scheint sie selbst immer noch ein wenig überrascht davon zu sein, wie die Dinge sich entwickelt haben: „Es ist ein bisschen wie ein Wunder.“ Los ging es mit dem Zurhorst’schen Wunder an einem Tag bald nach der Veröffentlichung des ersten Buches im Jahr 2004, als ein Anruf ihres Verlegers sie erreichte. „Hier passiert gerade etwas ganz Spannendes“, sagte er: Ohne dass es nenneswerte Rezensionen gegeben hatte, breiteten sich die Verkaufszahlen in manchen Regionen Deutschlands aus, es bildeten sich regelrechte „Liebe dich selbst“-Inseln. „Offenbar Mundpropaganda“, sagt Zurhorst. Bisher hat sich das Buch rund 500 000-mal verkauft, und das Nachfolgewerk, das seit September auf dem Markt ist, ging auch schon 100 000-mal über den Ladentisch. Längst hat sich das Ehepaar Zurhorst hauptberuflich dem Projekt „Liebe dich selbst“ verschrieben, es gibt Seminare, CDs, Vorträge. Sogar ein Spiefilm zum Thema ist in Arbeit, bei dem sie als Berater fungieren. Es war bald nach der Geburt der Tochter, als es in der Ehe der Zurhorsts massiv kriselte – eine Geschichte, wie sie jeden Tag geschieht: Sie hockte zu Hause beim Kind, er arbeitete viel, die beiden hatten sich nichts mehr zu sagen. Um die Ehe zu retten, las sie einen Paarratgeber nach dem anderen, besuchte Kurse und Seminare. Je mehr sie sich aber mit dem „Psychokram“, wie er es nannte, beschäftigte, umso seltener ließ er sich zu Hause blicken. Illustration: Isabel Klett 119 MODERNES LEBEN Schließlich kam es zum Riesenkrach, in dem sie gestand, dass sie über Scheidung nachdachte, und er, dass er eine Freundin hatte. Zum Teil lag es dann an dem „Psychokram“, dass sie wieder zueinander fanden. Zum Beispiel an Vorträgen des US-Paarberaters Chuck Spezzano, der ihnen beibrachte, die Krise als Chance für den Neuanfang zu definieren. An der Erkenntnis, dass man an sich arbeiten muss, um ein beziehungsfähiger Mensch zu werden, und dass der Partner nicht dazu da ist, einem alle Wünsche zu erfüllen – das muss man schon selbst. Eva-Maria Zurhorst weiß, dass sie nicht die Erste ist, die solche Thesen weitergibt, „das haben auch andere schon getan“. Originell ist an ihrem Buch aber der Untertitel „und es ist egal, wen du heiratest“, mit dem sie „natürlich provozieren wollte“. Im Wust der Veröffentlichungen hat sie sich so ein Aufmerksamkeitsmoment geschaffen. Vielleicht auch mit ein Grund, warum das Buch zum erfolgreichsten deutschen Beziehungsratgeber wurde. Es geht darin um das Gegenmodell zum Entwurf „Lebensabschnittspartnerschaft“, diesen immer wieder von Neuem beginnenden Kampf ums Glück, den Protagonisten offenbar als frust rierend erleben. Die Zurhorsts, die es geschafft haben zusammenzubleiben, fungieren dabei als Paradebeispiel: sie, die Herzliche – eine Frau, wie Frauen sie sich als beste Freundin wünschen. Er, der Kantige, dem es doch noch gelungen ist, Nähe zuzulassen und die typisch männlichen Coolness-Rituale hinter sich zu lassen. Ein Traumpaar zum Anfassen also, noch dazu made in Germany, also mit mehr Identifikationspotenzial als all die Autoren, deren Bücher aus Übersee in unsere Läden schwappen. „Ich bekomme haufenweise Mails, darin sagen die Leute: ,Ich habe das Gefühl, Sie waren bei uns zu Hause dabei‘“, so Zurhorst. Scheidung ist überflüssig – das ist ihre zentrale These. „Ich habe noch nie einen erlebt, der sagt: ,Ich bin froh, dass meine Ehe kaputt ist‘“, erläutert Wolfram Zurhorst. „Darin sind sich Frauen und Männer meist einig.“ Seit er seine Frau auf Lesungen begleitet, kommen auch – das ist sonst noch eher selten beim Thema Beziehung – Männer verstärkt dazu. In Bozen sind es fast ebenso viele wie Frauen. Patentrezepte gibt Eva-Maria Zurhorst an dem Abend nicht, das Thema ist zu umfassend, sie weiß das: „Jeder muss seine ureigenen Lösungen finden.“ Die Zuhörer nehmen es als Ermutigung. „Ich persönlich glaube an die Liebe. Ich bin da ganz kitschig“, hat sie ihnen zum Schluss noch mitgegeben, und als sich da manche Gäste Rührungstränen aus den Augenwinkeln wischen, ist klar: Das tun sie auch. Stella Bettermann 120 Sturmwarnung der Tiefe wirklich verstanden, der Schlüssel in Sachen Beziehung überhaupt. Nur in dem Maße, in dem ich mich selbst akzeptiere, kann ich überhaupt die Liebe von einem anderen annehmen. Wenn ein anderer mich dauerhaft schlecht behandelt, dann weil ich mich selbst nicht wertschätze. Und wenn es in der Beziehung immer wieder kracht, dann geht es nicht darum, den Partner zu verändern oder bei ihm die Schuld zu suchen, sondern darum, den Blick völlig auf mich zu richten und mein eigenes Leben zu verändern. Die große Paarkrise lässt sich nicht umschiffen, so viel ist sicher. Paare, die das wissen und damit umzugehen lernen, können aber davon letztlich profitieren 4 Ich muss die Beziehung retten Krisenmanagement für die Beziehung Eva-Maria Zurhorst schreibt in FOCUS: 30 Thesen zur Überwindung von Partnerschaftsproblemen Zehn Wege aus der Beziehungsfalle Man muss nur den Richtigen heiraten 1 First Lady, die erste Es ist egal, wen Sie heiraten. Am Ende treffen Sie sowieso immer nur auf sich selbst. So ernüchternd und unromantisch es klingt: Egal, wem Sie begegnen, Sie nehmen sich mit. Der andere ist immer nur eine Art Leinwand, auf der Sie auf Ihre eigene Fähigkeit zu lieben, nach einiger Zeit und Gewohnheit aber vor allem auf Ihre eigenen unerfüllten Bedürfnisse und verdrängten Verletzungen treffen. Wenn Sie also in Sachen Partnerschaft wirklich vorankommen wollen, dann ist die Beziehung, die Sie gerade haben, die beste, die Sie kriegen können (Auch die, in der es gerade eher zäh ist!). Beim nächsten Partner wird alles anders Der französische Präsident Nicolas Sarkozy mit Cécilia im Juni 2007. Im Oktober darauf wurde die Ehe geschieden 2 Trennung und Partnerwechsel sind selten die Lösung, meist eher ihre Vertagung. Ungefähr so wie der Versuch, den Platz samt Gegner zu wechseln, wenn’s beim Tennismatch schlecht läuft, weil unsere Vorhand ständig ins Netz geht. Für einen Moment sorgt so ein Schritt vielleicht für Abwechslung oder Erleichterung. Aber wenn Sie Ihr Spiel wirklich verbessern wollen, dann kommen Sie nicht umhin, Ihren Schlag umzutrainieren und die Spieltaktik oder den Abstand zum Ball zu verändern. Deshalb sind auch so viele Scheidungen überflüssig. Sie sorgen meist dafür, dass wir uns vom Auslöser trennen, nicht aber vom eigentlichen Problem. Wer nach einer Trennung nichts an sich ändert, den holt nicht selten beim nächsten Partner das ganze Dilemma wieder ein. First Lady, die zweite Nicolas Sarkozy mit Carla Bruni-Sarkozy, die der Ex-Frau Cécilia verblüffend ähnlich sieht. Paarberater würden das als Hinweis darauf deuten, dass die Trennung von der früheren Frau nicht verarbeitet wurde Wichtigste Grundregel in Sachen Liebe dich selbst: Für Ihr Glück ist nur einer verantwortlich: Sie selbst! Hört sich an wie Hausfrauenpsychologie. Ist aber, in Illustration: Isabel Klett FOCUS 13/2008 5 Ich brauche einen Kick Wenn Ihre Partnerschaft sich zäh und leer anfühlt, dann brauchen Sie keinen Kick. Sie brauchen Mut. Mut, sich endlich ehrlich zu fragen: Hab ich Lust auf diesen Trott? Will ich mich um der Sicherheit oder des lieben Friedens willen einpassen? Ist meine Karriere wirklich wichtiger als alles andere? Überall dort, wo Sie sich nach einem Kick sehnen, geht es in Wahrheit darum, die eingefahrenen Bahnen zu überprüfen. Und dann braucht es Mut: Bin ich bereit, von meinem Sicherheitsdenken etwas loszulassen und aus der angenehmen, aber toten Komfortzone auszutreten? Wenn Sie es dann tatsächlich wagen, für Ihre Bedürfnisse ein Risiko einzugehen, wird Ihr Leben sofort wieder lebendig – ganz ohne jeden Kick von außen! 6 Ich muss meinen Partner schonen 3 Mein Partner ist schuld In Ihrer Beziehung scheint es gerade ziemlich ausweglos? Vergessen Sie alle Beziehungsrettungsmaßnahmen, und kümmern Sie sich auch hier um sich selbst. Denn Ihre Beziehung ändert sich von ganz allein, wenn Sie Ihr Leben verändern. Der Zustand Ihrer Beziehung spiegelt Ihnen lediglich Ihren Umgang mit Ihrem Leben wider. Das ist einer der radikalsten Punkte in Sachen Liebe dich selbst: Wenn Sie wollen, dass sich Ihre Beziehung ändert, dann müssen Sie Ihr Leben ändern. Wenn Sie weiterhin arbeiten wie bisher, sich weiterhin mit unzähligen Verpflichtungen vollladen, wenn Sie weiter alles Mögliche wegdrängen und starr Ihren alten Mustern folgen, wenn Sie sich lieber ablenken oder kompensieren wie bisher: Dann bleibt auch alles wie bisher. FOCUS 13/2008 Fotos:AP, AFP Wenn Sie Ihren Partner schonen, schonen Sie in Wahrheit nur sich selbst. Tatsächlich haben Sie Angst, den anderen mit sich zu konfrontieren. Die meisten Beziehungen scheitern nicht an Schlachten und hand festen Grabenkämpfen. Die meisten Beziehungen bluten langsam aus, weil sich die Partner ständig zu sehr schonen. Weil sich beide im Lauf der Zeit zurücknehmen und sich im Zusammensein aus Angst vor Streit, Liebesentzug oder Verlassenwerden aufgeben. Mit der Zeit beginnen sie dann meist unbewusst, Schonhaltungen rund um die heiklen Punkte, an denen es schwierig werden könnte, einzunehmen. Äußerlich scheint dann zwar alles ganz intakt zu sein, aber innerlich fühlt es sich kraftlos und erstarrt an. Also lieber rechtzeitig Grenzen setzen und nein sagen. Das ist für die Liebe absolut ➜ überlebenswichtig! 121 MODERNES LEBEN Beuteschema 1–5 Boris Becker mit: Ex-Frau Barbara (1), Sabrina Setlur (2), Patrice Farameh (3), Caroline Rocher (4) Liliy Kerssenberg (5). Alle der gleiche Frauentyp. Für E.-M. Zurhorst ein Hinweis, dass Boris durch Trennungen die Lösung seiner Bindungsprobleme vertagt Wer betrogen wird, muss sich selbst als Erstes eine Frage stellen: Wie lange habe ich schon keine Lust mehr auf diese Beziehung? Wie lange fehlt mir schon was? Denn eine der Grundregeln von Dreiecksbeziehungen lautet: Es gibt immer zwei Arten von Ausstieg – entweder nach innen oder nach außen. Wenn einer das in der Beziehung Fehlende bei Dritten sucht, dann hat der andere meist innerlich längst die Schotten dichtgemacht. 1 Ich brauche Harmonie 2 7 Das ist eine der liebsten Männerausreden, um sich nicht tiefer einlassen zu müssen. Aber wer Gefühle wegdrückt, schadet sich selbst. Denn wer auf Dauer versucht, alle negativen Gefühle unter einem Mantel der Harmonie zu verstecken, muss sich ständig kontrollieren und ist irgendwann wie eine Bombe. Nur wer lernt, auch mit seiner Wut, mit Ohnmacht und Angst umzugehen, der kann all die anderen angenehmen Gefühle wie Leidenschaft, Lebendigkeit und Ausgelassenheit leben. In unserem Inneren gibt es keine separaten Räume für gute und schlechte Gefühle. Sorry – aber Deckel auf der Wut heißt auch Deckel auf der Leidenschaft. Also lieber Deckel runter! Die Wahrheit kann verletzend sein 8 Endlich die große Liebe . . . 3 4 5 Der Geliebte hat alles – der Betrogene nichts „Lieben Sie Schwächen und Verletzungen. Ein weiser Mann hat das einmal so zusammengefasst: „In dem Moment, in dem du dich in einen Menschen verliebst, beginnt automatisch der Prozess seiner Verwandlung in einen Frosch.“ Wagen Sie also lieber ein echtes Abenteuer: Lieben Sie einen Frosch! Dann können Sie auch endlich entspannt Frosch sein. Es gibt einfach nicht den Richtigen Stimmt. Aber die Wahrheit ist das Einzige, was heilt. Die Wahrheit ist der Wendepunkt auf dem Weg aus der grauen Alltagsroutine in eine lebendige und erfüllende Beziehung. Sie muss auf den Tisch. Dass Geheimnisse den Zauber einer Beziehung ausmachen, hört sich vielleicht romantisch an, ist aber völlig praxisuntauglich. In Wahrheit steht alles, was unausgesprochen bleibt oder gar verheimlicht wird, wie eine unsichtbare Wand zwischen Ihnen und Ihrem Partner: Sie haben um des lieben Friedens willen ein wenig geschwiegen und den kleinen Flirt verheimlicht? Oder Sie haben eine echte Leiche im Keller und führen seit längerer Zeit ein Doppelleben zwischen Familie und Geliebter? Leider funktioniert die Beziehungsregel in Sachen Wahrheit fast wie Mathematik: verschweigen = Distanz. Viel verschweigen = viel Distanz. Je mehr Sie verheimlichen, umso erstarrter und tauber ist jede Begegnung. Am Ende stehen Sie dann vor einer zerrütteten Ehe, weil Ihr Partner der Letzte ist, der erfährt, wie es seit geraumer Zeit wirklich in Ihnen aussieht. 10 Sie können als Dauersingle oder Beziehungshopper bis zum Sankt Nimmerleinstag auf der Suche nach Ihrem Idealpartner umherirren und enttäuscht feststellen, gerade schon wieder nicht Mr. Right oder Mrs. Perfect getroffen zu haben. Oder Sie gestehen sich ein, dass Sie eine Heidenangst vor echter Nähe und Verletzung haben. Hören Sie auf, zu suchen und dabei ständig das Haar in der Suppe zu finden. Wagen Sie etwas, und entscheiden Sie sich dafür, sich auf einen der Durchschnittsmenschen vor Ihrer Nase einzulassen – auch wenn Sie entdecken, dass Sie es mit einem überaus mittelmäßigen und fehlerhaften Wesen zu tun haben. Sie könnten so der Liebe ein großes Stück näher kommen. Liebe meint dann allerdings so verstaubt anmutende Eigenschaften wie Annahme, Mitgefühl, Verzeihen, Geduld, Klarheit und Offenheit. Das Faszinierende daran ist: Je öfter man sich dafür entscheidet, so zu lieben, desto liebenswerter und einzigartiger wird der andere (kann man nicht verstehen, muss man aus- probieren . . .). einen Frosch! Dann können Sie auch endlich entspannt Frosch sein“ Eva-Maria Zurhorst Zehn Wege durch das Dreiecksdilemma Fremdgehen ist das Ende der Beziehung Altbundeskanzler Helmut Schmidt mit Ehefrau Loki, beide 89, feierten vergangenes Jahr Eiserne Hochzeit (65 Jahre Ehe) Eine zu viel an Bord Eine Affäre ist immer auch eine Botschaft: dafür, was in der Beziehung fehlt oder mit den Jahren verloren gegangen ist Es braucht meist ein ziemliches Stück Arbeit für ein Paar, um zu erkennen, dass Fremdgehen nicht die Geschichte von einem bösen Übeltäter ist, der seinen Partner hintergeht. Auch wenn es von außen betrachtet leicht so aussieht. Der Fremdgänger ist nicht schuld. Meist fühlt er sich in der ursprünglichen Beziehung machtlos und sucht draußen nach Anerkennung. Tatsächlich hat er nur oberflächlich betrachtet alle Fäden in der Hand. Erst mal im Dreieck gelandet, hängt er schnell in einer neuen Falle: Seine beiden Partner scheinen immer nur die Hälfte dessen zu verkörpern, wonach er sich sehnt. Beim Geliebten findet er Leidenschaft, Lebendigkeit, Leichtigkeit, Seelenverwandtschaft. Aber zu Hause, da warten Sicherheit, Kinder, Erinnerungen, Vertrauen. Beides im Doppelpack scheint es nicht zu geben. Bleibt er im Versteckspiel, laugt er sich aus. Entscheidet er sich für das eine, fehlt ihm das andere. 5 Immer wieder plagt den heimlichen Geliebten die gleiche Sehnsucht: Ich würde alles dafür geben, wenn wir endlich ganz zusammen sein könnten . . . Wenn er endlich zu Hause auspacken würde . . . Aber stimmt das wirklich? Es gibt viele, die sich immer wieder zu Menschen hingezogen fühlen, die in festen Beziehungen leben und nicht wirklich zur Verfügung stehen. Der andere scheint absolut perfekt zu den eigenen Idealvorstellungen zu passen – nur leider ist dieser andere nie ganz erreichbar. Dann gibt es auch noch jede Menge Singles, in deren Leben die Beziehung nie mehr bekommen darf als den Status einer heimlichen Affäre ohne Bekenntnis. Der Grund liegt angeblich immer beim anderen, der immer irgendeinen Makel zu haben scheint. So oder so – wer an diesem Punkt zur Konfrontation mit sich selbst bereit ist, wird wahrscheinlich auf handfeste Bindungsangst und eine Tendenz zur Idealisierung und Überfrachtung von Beziehung stoßen. 6 Ein Dritter hat unsere Ehe zerstört Die harte, aber heilsame und zentrale Lektion beim Fremdgehen ist: Der oder die Geliebte bringt genau das in die Beziehung, was die beiden Partner aussparen. Stellen Sie sich Ihre Beziehung wie eine Torte vor: Am Anfang ist sie rund und komplett. Aber mit der Zeit gibt es Verletzungen, Missverständnisse, Bequemlichkeit. Die Dinge klappen nicht mehr so. Der Sex, die Zärtlichkeit, die Gespräche – die ersten Tortenstücke fehlen. Es entstehen Lücken im Kuchen, die gefüllt werden müssen, damit sich die Beziehung wieder rund anfühlt. Entweder fangen die Partner jetzt an, die fehlenden Tortenstücke von innen zu kompensieren. Das heißt: Die Leidenschaft geht in den Beruf, ins Hobby oder die Kinder. Echte Gespräche werden mit der Freundin geführt. Abenteuer mit den Kumpels erlebt. Oder aber das fehlende Tortenstück kommt irgendwann von außen vorbei. So bitter es klingt – aber oft wird die Beziehung in dem Moment komplett, in dem ein ➜ 9 Fotos:Dieter Bauer/FOCUS-Magazin, action press (5) FOCUS 13/2008 Illustration: Isabel Klett 4 Der Geliebte lebt oft einfach nur die andere Seite der Medaille. Auch wenn er scheinbar alles hat, was der Betrogene schon so lange vermisst. Er wird vom eigenen Partner begehrt, lebt Sex und Leidenschaft mit ihm und bekommt die kostbare freie Zeit. Aber tatsächlich kommt der Geliebte ja auch nicht ganz auf seine Kosten: Ihm fehlen Sicherheit und echtes Bekenntnis. Nichts hätte er lieber als die offizielle Position des Betrogenen. Und Vertrauen? Wie soll er sich einem Menschen anvertrauen, der einen anderen Menschen hintergeht? Der Geliebte ist zu allem bereit 2 Wer fremdgeht, hat Schuld An der Liebe festhalten 1 Nein. Fremdgehen – richtig verstanden – macht einen echten Neuanfang möglich. Dazu müssen allerdings alle Beteiligten bereit sein, Ihre Rollen in Frage zu stellen und die gemeinsame Wahrheit zu schlucken: In der Dreiecksbeziehung haben alle Beteiligten Angst vor Nähe und echter Bindung. Keiner kommt auf seine Kosten. Alle sind gefangen im Entweder-oder. Und eine Dreiecksbeziehung kann nur dann entstehen, wenn die ursprüngliche Zweierbeziehung innerlich ausgehöhlt ist. Wenn wir von der großen Liebe träumen, dann träumen wir, ehrlich gesagt, von Beziehungshopping. Wir erwarten einen perfekten Partner, der unsere Löcher stopft. Unbewusst läuft da in uns ab: Ein anderer muss etwas Besonderes sein, damit er meine eigenen Mängel ausgleicht. Daran muss eine Beziehung über kurz oder lang scheitern. Genauso irrig ist der Gedanke: „Jetzt heiraten wir, und dann wird alles ganz toll.“ Leider noch mal Beziehungsmathematik: Je näher mir ein anderer kommt, je näher kommt er auch meinen Ängsten, 122 3 Der Betrogene ist das Opfer 123 MODERNES LEBEN Gegenrudern Dritter dazukommt und das Leben hereinbringt, das die beiden nicht mehr leben. In Krisenzeiten orientieren sich Partner oft in unterschiedliche Richtungen – und sitzen doch in einem Boot 7 Nur ein Schlussstrich hilft Ein äußerer Schlussstrich löst das Problem nicht. Vor allem nicht, wenn Sie der Betrogene sind. Dann ist Ihre wichtigste, wenn auch ziemlich herausfordernde Aufgabe: Schauen Sie sich den Menschen, mit dem Ihr Partner eine Affäre hat, genau an. Und seien Sie bereit herauszufinden, was dieser Mensch mit Ihnen zu tun haben könnte. „Wie bitte? Der Schweinehund! Die Schlampe? Mit mir . . . ?“ Klar, die normale Reaktion von einem, der erfährt, dass sein Partner ihn betrügt, ist Abwehr. Erlauben Sie sich die ganze Wut. Aber dann gehen Sie voran, und konfrontieren Sie sich mit der Tatsache: Wenn es bei Ihnen in der Beziehung einen Dritten im Bunde gibt, dann zeigt der Dritte Ihnen etwas darüber, was Sie nicht mehr leben oder nie gelebt haben. Zehn Wege durch die 8 Fremdgehen als Beziehungsmedizin? Ja. Wenn beide bereit sind, sich über die Schuldfrage hinauszubewegen und sich die eigene unbefriedigende Beziehung anzugucken. Wenn der Betrogene bereit ist, sich mit den eigenen Bedürfnissen zu konfrontieren und sich einzugestehen, dass da ein Dritter all das lebt, wonach er sich sehnt. Und der, der fremdgegangen ist, sollte aufhören, sich in Träume von einer idealen Beziehung mit dem heimlichen Geliebten zu flüchten. Er sollte sich die Frage stellen: Was ist es, was ich in der Begegnung mit diesem Menschen von mir entdeckt oder wiedergefunden habe? Und wie kann ich mein Leben so verändern, dass ich diese Qualitäten leben kann? Der Dritte ist weder der Zerstörer noch der Erlöser. Er kann helfen, die Wahrheit wieder anzuschauen. Eine bewusst verarbeitete Affäre holt ein Paar aus all den starren Normen, in denen es sich zu lange eingerichtet hat. Krise 124 3 Mein Partner ist meine Krise Sorry! Aber Ihr Partner ist nicht Ihre Krise. Ihr Partner ist Ihr Spiegel – also ein echtes Hilfsmittel, in dem Sie etwas von sich sehen können. Deshalb fragen Sie sich beim nächsten Mal nicht: Was macht mein Partner gerade wieder falsch? Sondern: Was macht das mit mir? Diese Frage kann Ihr Leben radikal verändern. Für Fortgeschrittene gibt es dann die Übung mit dem Schatten: Wenn Sie etwas an Ihrem Partner nicht mehr ertragen können, dann ist er Ihr Schatten. Er lebt genau das, was Sie nicht sein möchten oder verurteilen: Sie sind ➜ 10 Diese Frage bringt Sie nur immer tiefer in die Sackgasse. Es geht nicht um den einen oder den anderen Partner. Denn keiner von beiden kann Ihnen auf Dauer etwas geben, was Ihnen fehlt. Mit dem einen Menschen haben Sie nur schon Erfahrungen, wie es wird, wenn Sie sich arrangieren und nicht bereit sind zu persönlicher Entwicklung. Und mit dem anderen verbindet Sie Ihre Sehnsucht nach etwas Neuem, Besseren. Wenn Sie ein neues Leben wollen, geht es darum zu lernen, andere mit Ihren Bedürfnissen zu konfrontieren. Es geht darum, in Ihrem Leben wieder mehr Raum für Ihre Leidenschaft zu schaffen. Wenn Sie das lernen, wird sich unterwegs von selbst zeigen, wer von beiden bereit ist, sich mit Ihnen zu entwickeln und im Leben voranzugehen. Illustration: Isabel Klett 2 Krisen sind gesund. Keine Partnerschaft wächst ohne Krisen. Allein dass wir das akzeptieren, sorgt schon für Entspannung. Lassen Sie los von dem Anspruch, zwei fremde Menschen würden sich eines schönen Tages treffen, verlieben und ab da ganz selbstverständlich zusammenpassen. Die Krise kommt! Und das ist gut so! Halten Sie die Affäre auf Dauer geheim, laugen Sie sich aus und unbewusst alle Beteiligten mit. Packen Sie dagegen aus, machen Sie endlich Platz für eine Entwicklung in Ihrem Leben. Mit der Wahrheit konfrontieren Sie die Menschen mit Ihren tatsächlichen Bedürfnissen. Das sorgt erst mal für Verletzung und Chaos, aber es ist auch die Chance für einen echten Neuanfang. Welcher ist der richtige Partner für mich? 1 Durchaus nicht! Krisen sind die idealen Ausgangspunkte für längst nötige Kurskorrekturen in der Beziehung. Wir müssen Krisen nicht wegmachen und auch nicht vor ihnen wegrennen. Wir müssen sie nur in ihrer Botschaft verstehen. Dann bedeuten sie nicht das Aus, sondern bieten ideale Chancen für die eigene Entwicklung und für eine neue Tiefe in der Partnerschaft. Krisen zeigen, dass etwas falsch läuft 9 Eine Affäre sollte man besser geheim halten Krisen sind eine Gefahr für die Beziehung Model(l)ehe Ein Traumpaar zum Küssen: Heidi Klum mit Ehemann Seal, hier 2007 beim Dream Ball in Berlin Foto: adolph press FOCUS 13/2008 Brief an die Männer Liebe Männer, an so prominenter Stelle ein offener Brief an Sie alle? Sicher etwas, worum mich viele Frauen beneiden. Endlich sagen, wie es um uns steht. Um uns Frauen. Um die, mit denen Sie verheiratet sind. Unter deren Führung Sie vielleicht arbeiten. Mit denen Sie schlafen. Deren Hintern Sie sehnsüchtig auf der Straße nachschauen. Deren emotionale Kreuzverhöre Sie nicht mehr ertragen können. Mit denen Sie ausgedörrt Abend für Abend vor dem Fernseher schweigen. Mit deren bester Freundin Sie seit einiger Zeit heimlich eine kaum zu beschreibende Wiedergeburt Ihrer Lust und Leidenschaft auf dem Rücksitz Ihres Mittelklassewagens erleben. Ja, stimmt. Um uns Frauen kommt Mann einfach nicht herum. Wir sind allgegenwärtig. Und in Zeiten der Postemanzipation sind wir auch noch omnipotent. Wir sind eure Bundeskanzlerin. Wir lassen uns von euch dafür bezahlen, dass wir eure Domina sind. Wir sind die wachsenden Heerscharen allein erziehender Mütter, die jenseits eures Einflusses eure Kinder prägen und sie glauben machen, die Welt bestünde aus Omas, Kindergärtnerinnen, Tagesmüttern und Mama-Robotern, die alles allein können. Wir sind die angepassten Ehefrauen, die wegen der Sicherheit und aus Gewohnheit bei euch bleiben. Wir sind die smarten Karrierefrauen, die mit natürlich vernetztem Denken genau da eine große Sache durchziehen, wo ihr euch in den Netzen eurer Männerseilschaften verheddert. Wir sind die dramatisch anwachsende Truppe von Nachkriegsfrauen, die sich nach 30 Jahren Ehe scheiden lassen – und ihr wisst nicht mal, warum. Wir alle zusammen? Wir müssen es nicht mal laut sagen – egal, wo ihr euch nach uns umschaut oder vor uns weglauft. Wir signalisieren: Männer sind Kassettenrekorder in Zeiten von iTunes. Aber wir sind verzweifelt. Verzweifelt vor Sehnsucht nach euch. Und nach unserer Weiblichkeit. Wir können euch analysieren, durchschauen und verachten. Es nützt uns alles nichts – verlieren wir euch, verlieren wir auch unsere Weiblichkeit. Jeden Tag geht die Tür meiner Praxis auf, und wieder kommt eine versteinerte Frau herein. Eine, die die Kontrolle hat über ihren Job, ihr Herz und ihren Körper. Eine, die für diesen Machtzuwachs einen hohen Preis gezahlt hat. Jetzt ist sie schmerzFOCUS 13/2008 FOCUS hat vor allem männliche Leser. Das nutzt die Bestsellerautorin für eine direkte Ansprache Autorin Eva-Maria Zurhorst „Wir können euch analysieren, durchschauen, verachten. Es nützt uns alles nichts – verlieren wir euch, verlieren wir auch unsere Weiblichkeit“ Foto: D. Klammer/FOCUS-Magazin frei, aber taub. Sie fühlt nichts mehr. Nichts berührt sie mehr in der Tiefe. Nicht im Leben, nicht in ihrer Beziehung und nicht im Bett. Eine von vielen, die heimlich weint nach dem Sex. Eine, die euch äußerlich so bedrohlich erscheint mit ihren verbalen Dauersalven. Eine, die sich mit jeder Faser nach Nähe sehnt, der aber nichts mehr zu bleiben scheint, als sich noch ein Paar neue Schuhe zu kaufen. Eine, die resigniert ein letztes Mal zuckt und glaubt, die eingereichte Scheidung sei ihre Lösung. Um sich danach – endlich befreit vom Mann – heimlich doch wieder nur nach einem zu sehnen: einem neuen Mann. Liebe Männer, wir haben euch eingeholt. Jetzt haben auch wir die Macht. Und nun müssen wir uns eingestehen, was ihr schon länger ahnt: Sie nützt uns nichts. Wir brauchen nicht die Macht, wir brauchen die Männer. Wir brauchen Männer, denen wir uns wieder hingeben können. Männer, die endlich bereit sind, sich selbst zu spüren. Männer, die bereit sind, nicht länger vor der Zicke in uns wegzulaufen, sondern sich ihr endlich mit liebevoller Präsenz in den Weg zu stellen. Männer, die bereit sind zu lernen, dass eine Ejakulation kein Orgasmus ist. Damit wir uns nicht falsch verstehen – keine großen Jungen, die bei uns als mitfühlende Frauenversteher unterschlüpfen. Auch keine scheuen Schweiger, die jeder emotionalen Begegnung ausweichen. Sondern Männer, die erwachsen werden wollen und sich endlich unserem aufgestauten Frust und ihrer Verletzlichkeit, ihrer Ratlosigkeit, aber auch ihrer inneren, erst mal wenig kontrollierbaren natürlichen Kraft stellen. Wenn Sie sich jetzt fragen: Wovon redet die da bloß? Was will die von uns? Dann gehen Sie jetzt nicht wieder auf die vertraute Tauchstation. Wagen Sie ein echtes Liebesabenteuer, und gestehen Sie sich und uns einfach ein, dass Sie gerade keine Ahnung haben. Kommen Sie mit offener Flanke bei uns vorbei, und zeigen Sie sich nackt und neugierig. Das finden wir erotisch und mutig. Wir Frauen sind zwar verhärtet und verbarrikadiert. Aber wir können einen Mann, der uns mit seinem Herz und seiner Verletzlichkeit aus unserem sicheren, aber toten Gefängnis befreien will, noch immer drei Kilometer gegen den Wind riechen. So lange verzehren wir uns schließlich danach, uns solch einem Mann endlich hinzugeben und gemeinsam mit ihm vor der Weiblichkeit zu kapitulieren. 125 MODERNES LEBEN 7 Scheidung – einziger Weg aus der Krise? Das Wundermittel auf dem Höhepunkt einer Beziehungskrise heißt Trennung. Wenn Sie total festgefahren sind, dann geht es vielleicht gerade nicht um Scheidung, sondern es geht um Loslassen. Der Unterschied? Bei der Scheidung geht es vor allem um Weggehen, um einen äußeren Kraftakt. Bei der Trennung in der Beziehung geht es vor allem um Disziplin gegen mich selbst. Ich beschäftige mich nicht mehr länger mit dem, was der andere nicht macht. Ich konzentriere mich darauf, was ich brauche, egal, wie der andere sich verhält. 8 Krisen nutzen für den Entzug Rettung in Sicht Wenn der eingefahrene Beziehungskahn sinkt, gibt es oft gute Chancen, dass alte Gefühle wieder auftauchen so ordentlich. Und Ihr Partner entpuppt sich als echte Schlampe. Sie sind sachlich. Ihr Partner verliert sich in Gefühlsduseleien. Sie sind treu. Ihr Partner geht fremd. Das, was Sie an Ihrem Partner am wenigsten wollen, ist genau das, was Sie in Ihr System integrieren müssen, um aus der Krise zu kommen. Es geht nicht darum, dass Sie so werden sollen wie Ihr Partner. Sondern darum, einen Schritt in die Richtung zu tun, die Sie bisher meiden wollten. Das sorgt für neue Balance in Ihrem Leben und für neue Dynamik in Ihrer Beziehung. Krisen muss man im Keim ersticken 4 Bloß nicht! Wenn es leise anfängt zu knirschen, dann schalten die meisten auf Verdrängung. Krise? Das darf einfach nicht sein. Aber Vorsicht! Wenn Sie zu lange wegdrücken und weitermachen, als sei nichts geschehen, türmt sich das Ganze als Ballast auf, bis es dann richtig kracht. Daher lieber schon bei Minikrisen reagieren und thematisieren! Krisen wollen verstanden werden 5 Werden Sie zum Krisenversteher. Jede Krise hat ihre Botschaft, die Sie daran hindert, irgendetwas in Ihrem Leben und in Ihrer Beziehung weiterzumachen, wie bisher. Hören Sie auf, sich zu wehren oder andere verantwortlich zu machen. Schauen Sie lieber hin, und fragen Sie sich: Wovon hält mich die Krise ab? Wozu zwingt sie mich? Krisen sind absolut präzise. Wer seine Krise wirklich studiert, wird erkennen, dass sie einen zwingt, sich besser kennen zu lernen, sich über Grenzen zu wagen und sich besser um sich selbst zu kümmern. In Krisen muss man reden Filmreife Harmonie Seltenes Beispiel für eine skandalfreie Ehe in der Filmbranche: Regisseur Wim Wenders mit Ehefrau, der Fotografin Donata 126 Nicht immer. Manchmal ist alles gesagt, und es braucht einen Schnitt. Dann heißt es, von allem loslassen und bewusst allein sein. Allein sein heißt nicht, vor den Problemen auf Tauchstation zu gehen oder Verdrängen durch Aktionismus. Allein sein heißt Abstinenz von den Alltagsdrogen. Für Anfänger ein Tag ohne jegliche Ablenkung. Für Fortgeschrittene eine Woche ohne Fernsehen, Internet, Verabredungen. Es einfach mal mit sich selbst aushalten. Kann sich brutal anfühlen. Und für schlagartigen Respekt vor dem Partner sorgen, der all das schon so lange von Ihnen mitkriegt, wovor Sie weggerannt sind: Unruhe, Angst, Druck, Selbstzweifel. Foto: adolph press Illustration: Isabel Klett Die meisten Beziehungen funktionieren wie Sucht. Jeder von uns trägt alte, unbewusste Verletzungen in sich. Von Menschen, die uns nahe sind, erwarten wir (ebenso unbewusst), dass sie mit ihrem Verhalten dafür sorgen, dass wir diese Wunden nicht fühlen müssen. Wenn die Beziehung in die Krise gerät, dann meist deshalb, weil mit der Zeit die Dosis nicht mehr ausreicht. Unser Partner macht Fehler, verletzt uns, entzieht sich. Wir bekommen Angst, fühlen uns unbefriedigt oder unter Druck. Unser Rückschluss: Ich brauche meine Droge. Hier fehlt mir was. Hier tut was weh. Hier muss ich weg. Der neue Weg: Entzug. Sie bleiben bei Ihrem Partner, aber Sie machen die alten Spiele nicht mehr mit. Sie üben sich in Abstinenz: Keinerlei Kontrolle mehr über Ihren Partner! Das heißt: Sie akzeptieren, dass Sie nicht bestimmen können, wie sich Ihr Partner verhält. Sie bleiben konsequent bei sich und lernen, neu für sich zu sorgen. Oft dreht sich eine Beziehung dadurch um 180 Grad. Und wenn nicht, haben Sie Entscheidendes für eine neue Beziehung gelernt. Sie werden freier und brauchen einen anderen nicht mehr als Droge. Was Sie beim Krisenmanagement wissen müssen: Beziehungen funktionieren wie Zahnräder. Wenn sich ein Rad in seiner Bewegung verändert, müssen sich alle anderen auch verändern. Wenn Sie Ihre Krise ernst nehmen und aus ihr echte Veränderungen für Ihr Leben ableiten, dann bringt das oft Erschütterungen für alle, die Ihnen nahestehen – für die Partner, die Kinder, die Herkunftsfamilien und Freunde –, mit sich. Seien Sie bereit, sich bei Ihren Lieben unbeliebt zu machen! Eine Krise kommt selten allein 6 9 Vorsicht! Krisen akzeptieren keine Grenzen 10 Sie haben Ihre Beziehungskrise genutzt? Neue Kräfte und Talente, neue Ecken und Kanten kommen zum Vorschein? Sogar ein zweiter Frühling mit dem Partner? Achtung! Wer eine Beziehungskrise zur Entwicklung nutzt, der kann oft auch in anderen Bereichen nicht mehr einfach so weiterfunktionieren. Wenn Sie anfangen, Fragen an sich selbst zu stellen und diese ehrlich zu beantworten, beginnen sich Prioritäten im Leben zu verändern. Vielleicht müssen Sie begreifen, dass Karriere und Privates gar nicht so getrennt sind, wie Sie immer glaubten. Und schon fordert das Ihre Bereitschaft zur Korrektur an der nächsten Front . . . Sie wollten einen Kick, ein Abenteuer? Wieder Lebendigkeit im Leben? Freuen Sie sich auf die nächste Krise! FOCUS 13/2008