Artikel lesen
Transcrição
Artikel lesen
Text und Fotos: Bernadette Olderdissen In ihren Weihnachtsferien bereist Bernadette Olderdissen die malaysische Westküste. Sie feiert Weihnachten mit Buddhisten, Christen und Muslimen, lässt an Neujahr mit Glückwünschen beschriebene Laternen steigen und legt ein paar Kilos zu – denn die Liebe für das multiethnische Land geht der Autorin buchstäblich durch den Magen. I ch trage ein weisses T-Shirt, drauf abgebildet ist eine Frau auf einem Motorrad», steht in der SMS, die ich im Bus von Singapur nach Malakka erhalte. War es eine gute Idee, den Vorschlag von Simon, einem wildfremden Einheimischen, anzunehmen? Auf einer Internetseite für Reisepartner, travbuddy.com, hat er mir kurz vor meiner Abreise angeboten, mich einen Tag durch seine Geburtsstadt zu führen. Als wir in Malakkas Busbahnhof einfahren, sehe ich Simon von Weitem: braun gebrannt, die Haare leger zu einem Pferdeschwanz gebunden, grinst er versonnen vor sich hin. Als ich aus dem Bus stolpere, kommt er mit einem entwaffnenden «okay-la, welcome to Malaysia!» auf mich zu. Alle Sorgen, dass Simon nicht 52 «okay-la» sein könnte, wie es auf MalaiischEnglisch heisst, fallen von mir ab. «Knall die Tür nicht zu, sie könnte sonst rausfallen», warnt er mich lachend, als wir uns in seinen silbernen VW Golf setzen. Makan zum Ersten. «Jetzt aber Makan!» Ich sehe meinen neuen Freund fragend an. «Makan! Essen! Das wichtigste malaysische Wort. Du hast doch Hunger?» Ich nicke – was ich bald bereue. Simon quetscht sich mit seinem alten VW durch die engen Strassen von Malakkas Altstadt und fährt schnurstracks in eine Autowerkstatt. «Mein Kumpel verkauft hier VW-Ersatzteile», erklärt er stolz und stellt mir Fausi vor, der mich neugierig mustert. Kurze Zeit später lassen wir drei uns auf den Holzbänken des Geographer-Cafés nieder, einer der beliebtesten Bars der Stadt bei Einheimischen wie Besuchern. Die Jungs übernehmen die Bestellungen, und bald landen randvolle Teller vor uns – mit Lontong Nasi Empit, einer milden Suppe, Nasi Goreng, einem Reisgericht mit Gemüse und Chicken Satay. Dazu gibt es Ingwerbier, das ich zum ersten und letzten Mal trinke. «Du musst essen!», feuert mich Simon an, als ich langsam schlapp mache. Während des Essens erzählt er mir, dass er begeisterter Surfer ist und alle paar Monate nach Indonesien fährt, um seiner Leidenschaft nachzugehen. «Arbeitest du nicht?», frage ich, während ich mir einen weiteren Löffel Suppe in den Mund schiebe. Simon winkt ab. «Ich bin Freiberufler, entwerfe Albumcovers für Bands. Ich arbeite nur, wenn ich Lust habe!» Er lacht laut. SÜDOSTASIEN Steamboat on the road. Makan mit Simon und Sylf. Die Spiesse stapeln sich. è Am Malakka-Fluss. Flanierpromenade. î Weihnachtlich schrill. Peppige Weihnachtsmänner und andere bunt leuchtende Figuren versetzen Autorin Bernadette in Staunen. îî Heiliger Abend. Einladung zum Essen bei Simons Familie, bevor es ins Portuguese Village zum Weiterfeiern geht. ê Gemütliches Malakka. Altstadtgassen. ç Wir spazieren durch die kleine Altstadt und bleiben ständig bei Garküchen stehen. Zwei ältere Frauen sitzen an einem Tisch auf der Strasse und rollen Bällchen, die sie dann in einen Topf mit kochendem Wasser werfen – Ondeh-Ondeh, ein flüssiger Kokosnusspalmzucker-Kern umhüllt von einer süssen Masse aus Klebreis, die sich sofort an Gaumen und Zähne heftet. Ich bin seit zwei Stunden in Malaysia, und mein Magen ist bereits gefüllt mit der kulinarischen Vielfalt des Landes. Merry Christmas. Vor lauter Essen habe ich ganz vergessen, dass heute der 24. Dezember ist. Da in Malaysia überwiegend Muslime und Buddhisten leben, habe ich nicht erwartet, Feierlichkeiten vorzufinden. Doch Simon hat eine Überraschung für mich: «Heute Abend fahren wir ins Portuguese Village.» Ich sehe ihn fragend an. «Dort lebt eine Kristang-Volksgruppe, eine Mischung portugiesischer und malaysischer Herkunft. Ihr Weihnachtsfest ist der Wahnsinn! Menschen aus der ganzen Umgebung fahren hin.» Nach einer riesigen Portion Tandoori Chicken machen wir uns gegen zehn Uhr abends auf den Weg zum Portuguese Village. Die Strassen sind bereits mit Autoschlangen verstopft. «No problem-la!» Simon biegt scharf nach links ab, entgegen der Fahrtrichtung einer Einbahnstrasse. Mein voller Magen meldet sich, als uns ein Auto entgegenschiesst. «Yalla…» Simon schwingt das Lenkrad herum, rast über den leeren Bürgersteig und grinst mich an. «Malay-Style!» Ich bin froh, als der alte VW zum Stehen kommt. Zu Fuss folgen wir der Menschenmasse, die sich in Richtung des Portuguese Village schiebt. Dann sehe ich sie: die ersten Häuser der Siedlung, von den Vorgärten bis zu den Dächern dekoriert mit Tausenden von bunten Lichtern, teilweise mit Weihnachtsmännern, Rentieren, Schleifen, Weihnachtsbaumkugeln und allem, was ein weihnachtsliebendes Herz höherschlagen lässt. Vor vielen Häusern sitzen Familien beim Essen, die Gartentore stehen offen. «Komm, lass uns reingehen.» Ich traue meinen Augen nicht, als Simon in den erstbesten Garten spaziert und den Essenden ein fröhliches «Merry Christmas» zuruft. Diese antworten mit Grinsen und einem Wortschwall auf Malaiisch, auf den hin mir Simon zuwinkt: «Wir können uns alles in Ruhe ansehen.» Meine Augen werden immer grösser, während wir ein Haus nach dem anderen betreten, eins aufwendiger dekoriert als das nächste, eine Familie gastfreundlicher und herzlicher als die andere. Als es auf Mitternacht zugeht, quetschen wir uns durch Scharen von Jugendlichen, die sich mit falschem Schnee aus Blechdosen besprühen. Einige sind dabei, ein Polizeiauto damit einzusprayen, was die davorstehenden Beamten mit einem gelangweilten Grinsen zulassen. Von den Ufern des Malakka-Flusses steigen hell erleuchtete Laternen auf. «Komm, wir besorgen uns auch welche!» Simon reisst mich mit, und wir kaufen fünf Papierlaternen bei einem Strassenverkäufer. «Chinesische Tradition», er- klärt mir mein Begleiter, der selbst chinesischer Herkunft ist. «Du kannst einen Wunsch auf die Laterne schreiben!» Ich kritzle ein paar Worte auf das dünne Papier, dann schieben wir uns zum Ufer und befestigen das mitgelieferte Kohlestück unten an die Laterne. Der Wind bläst die kleine Flamme immer wieder aus. Mehrere Umstehende eilen uns zu Hilfe. «Man muss warten, bis die Wärme der Flamme die ganze Laterne ausfüllt!», ruft mir Simon durch das Gewusel zu. Unsere Helfer reden aufgeregt auf ihn ein. Dann ist es so weit: «Lass los!» Die Laterne macht einen Schwenker nach vorne. «Aaaaaaaaah», fiebern alle mit, gefolgt von einem verzweifelten «Oooooooooh». Alle sehen bestürzt zu, wie unsere Laterne in die braune Brühe des Malakka-Flusses stürzt. «Bringt mir das jetzt Unglück?» Besorgt betrachte ich das Malheur. Beim zweiten Versuch klappt es, dank WINTER 2015 GLOBETROTTER-MAGAZIN 53 für ein paar Tage arbeiten muss. Ich freue mich unterdessen auf ein Wiedersehen mit meiner malaysischen Freundin Mid, die ich wenige Monate zuvor auf ihrer Europareise kennengelernt habe und die mich sofort nach KL einlud. Mid erwartet mich nach zwei Stunden Busfahrt und umarmt mich stürmisch: «Merry Christmas und herzlich willkommen in Malaysia! Hast du Hunger?» Ich stöhne laut auf. Mid lebt zusammen mit ihrer besten Freundin, Zita, in einem hübschen Einfamilienhaus am Rande von KL, das dem Aussehen nach auch in einer Neubausiedlung in der Schweiz stehen könnte. Zita stürzt auf mich zu und drückt mich an sich. Im Haus ist gerade Highlife: Eine Freundin der beiden, die ebenfalls Zita heisst, ist mit ihren fünf Kindern zwischen drei und zwölf Jahren zu Besuch. Die Kids tollen der Unterstützung von einer Cousine Simons und ihrer Familie, die hinter uns auftauchen. Er stellt mich allen vor, und jeder schüttelt kraftvoll meine Hand, bevor die neugierige Frage an Simon geht: «Ist das dein Girlfriend?» Plötzlich knallt es, Feuerwerkskörper schiessen in den Himmel. «Merry Christmas!» Simons Cousine umarmt mich, ihre Söhne und ihr Mann tun es ihr gleich, dann fällt mir auch Simon um den Hals. Ich muss grinsen. «Terima kasih, dass du mich hergebracht hast!», schreie ich ihm zu – danke für die schönsten und verrücktesten Weihnachten, die ich seit Langem erlebt habe. Wiedersehen in KL. Am nächsten Morgen holt mich Simon wie versprochen von meinem Homestay ab. Bevor er mich zum Busbahnhof bringt, von wo ich nach Kuala Lumpur weiterfahren will, steht natürlich noch eins auf dem Programm: Makan! Als mein Magen schon fast in Streik tritt, folgt noch der Nachtisch: Kuih Koci, malaysische Knödel mit sonderbarer blauer Farbe, Durian Apom Balik und Cendol. Cendol wird zu meiner malaysischen Leibspeise: Eine Mischung aus Kokosnussmilch mit Reisgeleenudeln, Eisstückchen und Palmzucker. «Sollen wir dir für die lange Busfahrt noch Makan kaufen?», fragt Simon besorgt, als wir am Busbahnhof ankommen. Das soll wohl ein Scherz sein... Simon verspricht, dass wir uns am nächsten Tag in KL, wie die Einheimischen ihre Hauptstadt nennen, wiedersehen, da er dort 54 GLOBETROTTER-MAGAZIN WINTER 2015 über den dicken Teppich und um den Miniaturweihnachtsbaum, während durch die weit offenen Terrassentüren eine lau-schwüle Abendbrise hereinweht. Die Mutter Zita ist die einzige Kopftuchträgerin der drei jungen Frauen. Bald gibt es Makan – gebratene Sardellen mit einer Tomatensauce und helles, weiches Brot dazu. «Gefällt dir der Weihnachtsbaum?», fragt mich Mid mit leuchtenden Augen. «Haben wir auch wegen dir gekauft!» Beim Makan lachen wir viel und reden – wie könnte es unter vier Frauen anders sein – über Männer. Mid erzählt von ihrem neuen Freund, über den Zita, die Hausbesitzerin, die Augen rollt. Sie beugt sich verschwörerisch zu mir: «Ich bin seit vier Jahren geschieden! Habe von Männern erstmal genug!» Die Kopftuch-Zita lächelt mild. «Ich bin seit 15 Jahren verheiratet, wollte immer viele Kinder haben. Aber manchmal beneide ich die beiden hier um ihre Freiheit.» é ë ç ê Frauenfreundlich. Entspannt Zugfahren. Einladend. An Heiligabend ist «Open House» bei den Familien im Portuguese Village. Makan I. Streetfood – aus verschiedenen Zutaten wird schnell ein feines Menü gemixt. Makan II. Spiesse mit allem Möglichen und Unmöglichen für ein «Fondue malayischer Art» im Chinese-Viertel von KL. Brieffreundschaft. Während meiner Reise durch Malaysia jagt ein Highlight das nächste: Als Mid am nächsten Morgen zur Arbeit geht, nehme ich den Zug nach KL Sentral, dem Hauptbahnhof. Verdutzt bleibe ich vor einem Waggon stehen, an dem gross «coach for ladies only» geschrieben steht. Darunter klebt ein Schild mit durchgestrichenen Paaren und Männerfiguren. Ich bin beeindruckt und trete vorsichtig in den halb leeren Wagen. In KL Sentral erwartet mich Syl Fyn, kurz Sylf, eine Malaysierin in meinem Alter, die ich seit gut 18 Jahren kenne, aber noch nie gesehen habe. Mit 15 Jahren sind wir Brieffreundinnen geworden und haben uns lange Jahre Schneckenpost hin und her geschickt, bis das Internet und später Facebook Einzug hielten. Als ich vor 18 Jahren den ersten Brief ins ferne Asien schickte, hätte ich mir niemals erträumt, ein halbes Leben später in der Stadt der exotischen Freundin zu stehen und sie zum ersten Mal zu umarmen. Sylf ist blasser und schmächtiger, als ich sie mir vorgestellt habe. Sie leidet gerade unter einer schlimmen Erkältung. «Ich kann nichts nehmen, bin schwanger», raunt sie mir zu. Draussen in der Hitze wartet Sylfs Mann, Ian, in einem geräumigen Auto mit verdunkelten Fenstern. Nach Simons Ranzkarre fühle ich mich wie in einer Limousine. Ian begrüsst mich herzlich, und lachend erzählen mir beide, dass sie keine Idee hätten, was sie mir in KL zeigen sollen. «Kuala Lumpur ist langweilig, hässlich», sind sie sich einig. «Wir fahren jetzt zu den Batu-Höhlen, das könnte dich interessieren.» Ich habe bereits über die Kalksteinhöhlen etwa 15 Kilometer ausserhalb KLs gelesen, die mehrere Hindutempel beherbergen. Vor den 272 Stufen, die man hochkraxeln muss, um die Höhlen zu erreichen, steht eine knapp 43 Meter hohe goldene Statue des Gottes Murugan. Wir schleppen uns in der schwülen Hitze die Stufen rauf, begleitet von vorwit- SÜDOSTASIEN ç è ê zigen Affen, die an den Geländern entlanghüpfen und Früchte aus den nebenstehenden Bäumen klauben. Oben bei der Grossen Höhle angekommen, haben wir einen Ausblick bis zu den Wolkenkratzern von KLs Zentrum. Anschliessend tasten wir uns eine Stunde lang durch die tiefer gelegene, sogenannte Dunkle Höhle, ein nahezu unberührtes Höhlensystem und Heim vieler rarer Insekten wie Gliederspinnen, und weniger rarer Insekten wie Kakerlaken. Nach dieser gruseligen Erfahrung kommt das Wichtigste: Makan! Wir quetschen uns durch den dichten Mittagsverkehr in Richtung Innenstadt. Von Weitem bewundere ich die alles überragenden Petronas Towers, die Zwillingstürme, für die ich übers Internet eine Aufstiegsgenehmigung für 16 Uhr erworben habe, da die Anzahl der Besucher pro Tag begrenzt ist. Sylf und Ian führen mich zum grossen Central Market, direkt neben Chinatown, zu einem ihrer Lieblingsrestaurants. Wir hetzen durch Reihen von Verkaufsständen mit Textilien aller Art, Batik, Kunsthandwerk und kit- Batu-Höhlen. Der Hindugott Murugan beschützt die eindrücklichen Kalksteinhöhlen. Hingabe. Räucherstäbchen gehören zu jeder Zeremonie bei den östlichen Religionen. Kek-Lok-Si-Tempel. Gilt als grösster buddhistischer Tempel in Malaysia. schigen Souvenirs. «Ich sterbe vor Hunger», ächzt Sylf, als wir uns an einem Tisch niederlassen, in dessen Mitte ein Plastikständer die Aufschrift «press for service» trägt und darunter Knöpfe für «Kellner», «Rechnung» und «Wasser». Ich bin beeindruckt. Ian drückt «Kellner», und der Mann erscheint eine halbe Minute später. Wie ich es mittlerweile gewöhnt bin, habe ich bei der Bestellung nichts zu sagen. Kurz darauf ist der Tisch übersät mit Omelettes, bläulichem Reis mit Huhncurry, Rindfleischsuppe, Bohnensalat und einer weichen Masse in einem Bananenblatt, die Sylf so schnell in sich hineinschaufelt, dass ich kaum zum Probieren komme. Als Nachtisch gönne ich mir Cendol. Beim Essen planen wir den kommenden Abend, an dem wir mit Mid und ihren Freundinnen sowie Simon zusammen essen möchten. Ein Ausdruck von Panik breitet sich auf Sylfs Gesicht aus, als ich sage, dass Mid und ihre Freundinnen muslimisch sind. «Essen sie etwa nur in Halal-Restaurants?» Ich lerne, dass das speziell für Muslime konzipierte Restaurants sind, in denen Schweinefleisch nicht serviert wird. «Für uns ist es immer ein Problem, mit Muslimen auszugehen», gibt Sylf zu, «weil viele nur in Halal-Restaurants essen.» – «Trotzdem lebt ihr aber harmonisch zusammen, oder?» Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Eindruck mich trügen sollte. Die beiden nicken. «Unter den Menschen ist das kein Problem – die Regierung ist das Problem. Malaysia ist ein muslimisches Land, das langsam rückwärtsgeht!» Ich bin überrascht. «Die Muslime werden als die wahren Malaysier angesehen, wir Chinesen sind zweitklassig. Sogar auf unseren Ausweisen ist vermerkt, welcher Herkunft wir sind!» Bis in den 86. Stock. Fast verpasse ich meinen Aufstiegstermin für die Petronas Towers, weil Makan in Malaysia eben lange dauert und das Staustehen in der Hauptstadt noch länger. Auf den letzten Drücker erreiche ich den Keller des Shoppingcenters KLCC, von wo aus die Himmelstouren in die Zwillingstürme starten. Ich MA L AYS I A INFOS&TIPPS Fläche | 330 290 km² (knapp 8 Mal grösser als die Schweiz) Hauptstadt | Kuala Lumpur (ca. 1,6 Mio. Einwohner, Metropolenregion 8 Mio.) Amtssprache | Bahasa Malaysia (Malaiisch). Ausserdem werden noch Chinesisch und Tamil gesprochen. Englisch ist wichtige Verkehrs- und Wirtschaftssprache Bevölkerung | Knapp 30 Millionen Religion | 60,4 % Muslime, 21,6 % Buddhisten, 9,1% Christen, 6,3 % Hindus, 2,6 % Angehörige chinesischer Religionen Regierungssystem | Parlamentarische Demokratie Tourismus | Malaysia verfügt über eine gute Infrastruktur. Fast alle für Touristen interessanten Ziele sind mit modernen und klimatisierten Bussen erreichbar. Hotels gibt es in allen Preislagen. Einreisebestimmungen | Das Einreisevisum wird nach Ankunft am Flughafen – bzw. bei Einreise per Bus/Zug von Singapur oder Thailand am Grenzpunkt – gratis in den Pass gestempelt. Es ist in der Regel 90 Tage gültig. Buchtipps | «Malaysia, Brunei und Singapore», mit Reiseatlas, Stefan Loose Reiseführer, 2013, ISBN 978-3-7701-6717-3 è «Malaysia mit Singapur und Brunei», Reise Know-How Verlag, 2013, ISBN 978-3831-72307-2 Infos | à www.tourism.gov.my/de-de/de à www.tourismmalaysia.de/ à www.globetrotter.ch/de/835/L%C3%A4nderinfos.htm?Destination=43921 THAILAND LANGKAWI Monkey Beach George Town PENANG Cameron Highlands Tanah Rata Kuala Lumpur Malakka Singapur 55 WINTER 2015 GLOBETROTTER-MAGAZIN Wie Herbst in Europa. Ausgenommen das frische, leuchtende Früchtesortiment. è Teeland. In den Cameron Highlands. î Grünes Gold. Teepflücker tragen die wohlriechenden Blätter zusammen. îî Höhenwahn. Von den Petronas Towers aus wirken selbst Wolkenkratzer klein. é habe Glück und darf noch mit. Zuerst fährt man hinauf auf die berühmte Brücke zwischen den zwei Türmen, auf der die Besucher 45 Minuten lang zwischen den Stahlkolossen hin- und herlaufen dürfen, bevor es hoch ins letzte Stockwerk geht: den 86. Stock. Von hier aus erscheinen selbst die riesigen Wolkenkratzer wie kleine Legosteine. Ich bin auf der Spitze der Welt – oder so fühle ich mich zumindest. Sylf und Ian erwarten mich in einem Café im monströsen KLCC, wo sich bald auch Simon zu uns gesellt – in denselben Shorts und einem ungewaschen wirkenden T-Shirt. Sylf und Ian mustern ihn zunächst skeptisch, doch sein Charme wickelt die beiden schnell ein. Wir warten, bis sich der Himmel verdunkelt und die Twin Towers in vollem Glanz von Tausenden elektrischer Glühbirnen erstrahlen. Sie spiegeln sich in dem künstlich angelegten See vor den Türmen – noch nie habe ich ein solches Schauspiel modernen Pomps und der Konsumverehrung gesehen. Schön ist es nicht, finde ich, aber beeindruckend. Jetzt wo es dunkel ist, haben meine Freunde wieder nur eines im Kopf: Makan. Wir machen uns wieder auf Richtung Chinatown. Die drei sind sich einig: Ich muss ein typisch malaysisches Steamboat probieren. Ich denke bei dem Wort an einen Flussdampfer, aber der Name bezeichnet eine Art Fondue malaysischer Art. Wir entscheiden uns für die «Strassen-Version» und setzen uns an einen Metalltisch mit einem grossen Loch in der Mitte. Der Verkäufer eilt hinter seinem Stand hervor, steckt einen Topf in das Loch und fordert uns auf, an seinem Stand zuzuschlagen. Unmengen von Spiessen bedecken die Auslage. Zu meinem Entsetzen packt Simon einen der Froschspiesse auf unseren Teller. 56 GLOBETROTTER-MAGAZIN WINTER 2015 Bald brodelt das Wasser in dem Topf vor uns, erhitzt von einer verdeckten Flamme im unteren Tischteil. Wir stecken möglichst viele Spiesse in die klare Brühe. Der Frosch kommt zum Glück schon in kleine Teile zerstückelt. «Du musst das probieren!» Simon hält mir ein Stück vor den Mund, bis ich ihn aufmache, zum grossen Vergnügen von Sylf und Ian. Ich habe schon Schlimmeres gegessen – es schmeckt wie ein Stück mageren Huhns. Wir essen, bis sich selbst meine essensfanatischen Freunde die Bäuche halten. Danach lassen wir den Abend in einer kleinen Bar ausklingen, in die auch Mid und die beiden Zitas kommen. Bald sind alle in angeregte, fröhliche Gespräche vertieft, und ich merke, wie meine Augen langsam schwer werden. Zufrieden sehe ich in die Runde – ich betrachte meine sechs malaysischen Freunde, von denen ich eine Freundin seit 18 Jahren kenne, eine seit weniger als einem Jahr und die anderen seit mehr oder weniger einem Tag. Aber irgendwie wirken sie alle vertraut. Tee und Meer. Nach Tagen aktiven Soziallebens und regem Austausch mit Einheimischen gebe ich meinem Einsiedlerdrang nach und mache mich für zwei Tage auf in die Cameron Highlands. Das Klima in Tanah Rata, einem der Hauptorte in den Highlands, wirkt wie Europa im Herbst – klare Luft, tagsüber zwischen 15 und 20 Grad und abends so frisch, dass man eine Jacke braucht. Ich verhandle mit einem Taxifahrer und lasse mich in die Cameron Bharat Tea Plantation fahren, wenige Kilometer von Tanah Rata entfernt. Dort spaziere ich einfach auf das Plantagengelände. Eintritt muss ich keinen zahlen, und auch sonst kümmert sich keiner um mich. Ich stehe vor rollenden Hügeln voller Teesträucher, die sich bis zum Horizont erstrecken, und atme tief ein. Das dunkle Grün versetzt mich in einen Zustand tiefer Zufriedenheit. Vorsich- SÜDOSTASIEN è î Wie aus dem Bilderbuch. Ausspannen zwischen aktiven Reisetagen. Happy New Year. Kitschiger Jahresabschluss auf Pulau Langkawi. Freunde. Neue und alte: Simon, Mid, Zita und Zita, Sylf und Ian. tig berühre ich ein Teeblatt, das sich rau unter meinen Fingern anfühlt – nach der Betonwüste und dem vielen Verkehr ist es ein Traum, von so viel Natur umgeben zu sein. Zwei Tage an der kühlen Bergluft sind genug. Es zieht mich zurück an die stickige Küste – nach Penang, der grössten Insel in der Strasse von Malakka. Nach fünf Stunden Busfahrt erreiche ich über die Brücke, die die Insel mit dem Festland verbindet, Penangs Hauptstadt George Town. Als gemütliche, koloniale Stadt beschrieben, empfängt sie mich mit Smog und einer Unmenge Verkehr. Ich fühle mich wie in einer Miniaturversion von KL, auch wenn manche der kolonialen Gebäude mehr Augenschmaus bieten als KLs Wolkenkratzer. Ich schreibe Mid eine SMS, und sie weiss sofort den passenden Rat, was ich in ihrer Heimat machen könnte: «Fahr zum Monkey Beach, das wird dir gefallen.» Da es wenige Busse gibt und diese einem «Zufallsfahrplan» folgen, verhandle ich am nächsten Tag gleich einen günstigen Taxipreis. Das Taxi bringt mich vom beeindruckenden Kek-Lok-Si-Tempel, den ich am Morgen besucht habe, zum Penang-Nationalpark, in dem sich der Monkey Beach befindet. Wir rasen vorbei an Batu Feringhi, einem beliebten Ferienort der Ausländer, dessen kantige Hotels den Blick auf das Meer versperren. «Monkey Beach ist der beste Strand», begeistert sich der Taxifahrer für meinen Plan, einen Strandnachmittag einzulegen. «Du kannst dorthin laufen, das dauert aber mehrere Stunden. Es gibt auch Boote. Ich lasse dich raus, wo du ein Bootticket kaufen kannst.» Am Rande des Penang-Nationalparks steigt der Taxifahrer mit mir aus und klopft an eine Hütte. Ein Mann mittleren Alters schlurft heraus, und die beiden Männer sprechen kurz miteinander. «Alles klar, hier bekommst du ein Boot», zwinkert mir der Taxifahrer zu und schüttelt mir zum Abschied die Hand. Das Boot schiesst gute fünfzehn Minuten lang an den bewaldeten Hügeln des Nationalparks vorbei. Dann bin ich da: Tatsächlich tollen Affen in den Palmen herum, der Strand macht seinem Namen also alle Ehre. Drei Stunden Sonnenbestrahlung und genüssliches Baden in den leichten Wellen des Indischen Ozeans sind mir vergönnt, bis der Himmel sich so schnell verdunkelt, als habe jemand einen Vorhang zugezogen. Ich schaffe es gerade noch auf ein Boot zurück zum Eingang des Nationalparks, als monsunartiger Regen einsetzt. Bis wir am Bootsanleger ankommen, sind wir alle klatschnass. Happy New Year. Pünktlich zu Silvester lande ich auf der schönsten Insel der malaysischen Westseite: Pulau Langkawi. Mir steht der Sinn nach einem entspannten Jahresausklang am Strand Pantai Chenang, wenige Kilometer von dem Cottage entfernt, in dem ich mich eingemietet habe. Bald verstehe ich auch den günstigen Preis – alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird von frechen Affen geklaut. Eine Pizza, die ich mir unterwegs gekauft habe, muss als Erste dran glauben, mein Strandtuch als Nächstes. [email protected] © Globetrotter Club, Bern é Als ich abends an den Strand gehe, werden alle Strandlokale für den Beginn des neuen Jahres herausgeputzt. Plötzlich lässt mir der Duft nach gegrilltem Fleisch das Wasser im Mund zusammenlaufen: Zwischen zwei Bars grillen ein paar Einheimische Fleisch und Fisch. Daneben stehen zwei Plastiktische, an denen Männer und Frauen, die aussehen wie Fischer und ihre Gattinnen, genüsslich zulangen. «Könnte ich bei euch essen?», frage ich mutig und werde mit einem breiten Grinsen belohnt. «Yalla, no problem, wir holen dir einen Tisch!» Der Mann winkt einem Kumpel zu, und dieser schleppt aus dem Nirgendwo einen halb zerbrochenen Plastiktisch mit einem Stuhl in ähnlichem Zustand herbei, pflanzt beides in den Sand, und mein Festessen kann beginnen. Lange habe ich nicht mehr so leckeres Gegrilltes gegessen wie an diesem Abend, und das für ein paar Münzen, inklusive Erste-Reihe-Meeresblick. Mit vollem Magen spaziere ich kurz vor Mitternacht den Strand entlang, der sich mit Leuten in Feierlaune füllt – einer Menge Einheimischer und ebenso viele Touristen. Eine Menschentraube versammelt sich um zwei Feuerkünstler, die mit nackten, öligen Oberkörpern brennende Stäbe über ihre Leiber rollen. An anderen Ecken liegen Pärchen auf Matten vor niedrigen Holztischen, auf denen Teelichter in der leichten Meeresbrise zündeln, sanfte Musik ertönt aus den Bars. Dann ist es so weit: Drei, zwei, eins… es knallt, Feuerwerkskörper schiessen in den Himmel, es leuchtet rot, grün und blau auf. Hinter mir lassen Einheimische ihre chinesischen Papierlaternen fliegen, wie an Heiligabend. Ich kaufe eine und schaffe es mit Hilfe eines jungen Insulaners, sie zum Fliegen zu bringen. Lange schaue ich dem immer kleiner werdenden, orangen Punkt nach und fühle Dankbarkeit, Hoffnung und Freude. Freude auf ein neues Jahr, für das ich einen Vorsatz habe: Ich muss unbedingt noch mehr reisen. WINTER 2015 GLOBETROTTER-MAGAZIN 57 ZUHAUSE UNTERWEGS BLEIBEN Das Globetrotter-Magazin als Geschenküberraschung zu Weihnachten oder zum Geburtstag! Für 35 Franken pro Jahr liegt die Reisezeitschrift für Weltentdecker alle drei Monate im Briefkasten des Beschenkten. Authentische Reisereportagen, Interviews, Essays, News und Tipps sorgen für Inspiration und viel Lesevergnügen. Ein Geschenk, das vier Mal pro Jahr Freude bereitet. mein Reisemagazin Für 35 Franken pro Kalenderjahr liegt das Magazin mit exklusiven Reisereportagen, Interviews, Essays, News und Tipps alle 3 Monate im Briefkasten. Dazu gibts die Globetrotter-Card mit attraktiven Rabatten aus der Welt des Reisens. trotte r-Card CH A F T H AC EREN Inklu lobe sive G TI PROFI Globetrotter-Card ★Jahres-Abo Globetrotter-Magazin ★ Gratis-Privatannoncen ★Persönlicher Zugang zur Globetrotter-Magazin-App ★Büchergutschein CHF 25.–, einlösbar bei Reisebuchung bei Globetrotter ★10%-Rabattgutschein für Reiseausrüstung bei Transa (1 Einkauf) ★Gratis-Privatannoncen im Globetrotter-Magazin, auf www.globetrottermagazin.ch und auf www.globetrotter.ch ★CHF 50.– Rabatt auf Camper/Motorhome-Buchungen bei Globetrotter ★Ermässigter Eintritt bei explora-Diavorträgen/Live-Reportagen ★CHF 100.– Rabatt auf Gruppenreisen (auf Buchungen ab CHF 2500.–) der Globetrotter Tours AG und der bike adventure tours AG Informieren und Abo abschliessen: www.globetrottermagazin.ch