leitfaden ges betreuung
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leitfaden ges betreuung
Leitfaden zur Bestellung eines gesetzlichen Betreuers Dies ist ein Leitfaden für Eltern, Angehörige, Bekannte oder Freunde von Menschen mit Behinderungen, die eine gesetzliche Betreuung beantragen oder anregen möchten bzw. müssen und nicht wissen wie da vorzugehen ist. Insbesondere gibt der Leitfaden Adressen und Telefonnummern von Beratungsstellen in Freiburg, die bei Unklarheiten zur Verfügung stehen. Außerdem erklärt er kurz und praktisch den Inhalt des Betreuungsrechts. 1. Weshalb und wann sollte eine Betreuung beantragt werden? Bei Volljährigkeit Ihres Kindes können Sie als Eltern keine Personen- und Vermögenssorge mehr für ihr Kind ausüben. Wenn das volljährige Kind auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht selbst besorgen kann, so wird nach Beantragung in einem gerichtlichen Verfahren für bestimmte Angelegenheiten ein Betreuer bestellt. Die Verfahrensdauer beträgt ungefähr 6 Monate. Die Bestellung eines Betreuers kann deshalb ca. 6 Monate vor dem 18. Geburtstag des Kindes beantragt oder angeregt werden. 2. Wer wird Betreuer? In der Regel wird eine einzelne Person der Betreuer. Das Betreuungsgericht kann jedoch auch mehrere Personen als Betreuer bestellen, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können. Wenn der Volljährige einen Betreuer vorschlägt, soll diesem Wunsch laut Gesetz entsprochen werden, es sei denn, der Vorschlag läuft dem Wohl des Volljährigen zuwider. Der Betreuer kann eine dem Betroffenen nahestehende Person, ein Mitglied eines Betreuungsvereins oder eine sonst ehrenamtlich tätige Person, ein selbstständiger Berufsbetreuer, aber auch der Angestellte eines Betreuungsvereins oder der Beschäftigte der Betreuungsbehörde sein. Eltern, andere Verwandte oder Personen, mit denen der Betroffene in einem Vertrauensverhältnis steht werden bevorzugt als Betreuer bestellt. Ausnahme wäre, wenn der Betroffene eine bestimmte andere Person vorschlägt, die bereit und ge- © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 1 eignet ist, die Aufgabe zu übernehmen. Der Wunsch des Betroffenen steht im Vordergrund. 3. Wo und wie wird beantragt und wer beantragt die Betreuung? Die Beantragung ist an das Amtsgericht, Abteilung Betreuungsgericht zu richten, in dessen Bezirk sich der Betroffene zur Zeit der Antragstellung hauptsächlich aufhält. Sie kann in einem formlosen schriftlichen Antrag geschehen oder durch persönliches Vorsprechen beim Gericht. Sobald der Antrag gestellt ist, wird das Verfahren eingeleitet. Ein Zurück gibt es ab diesem Punkt nicht mehr. Die Beantragung geschieht durch den betroffenen Volljährigen, es sei denn, er kann seinen Willen nicht äußern. In diesem Fall geschieht die Beantragung durch eine entsprechende Anregung beim Gericht durch Sie als Eltern oder als andere Vertrauenspersonen aus dem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis. Auch wenn der Volljährige geschäftsunfähig ist, kann er den Antrag stellen. Die Bestellung eines Betreuers ist unabhängig von der Geschäftsfähigkeit einer Person. 4. Wer steht während eines Verfahrens zur Beratung zur Verfügung? Beratung, Begleitung und Hilfe wird angeboten vom Betreuungsgericht, der Betreuungsbehörde und den Betreuungsvereinen. An das Betreuungsgericht können sich Betreuer mit Fragen z.B. zum Zivilrecht (z.B. zur jährlichen Rechnungslegung) wenden. Die Betreuungsbehörde ist hingegen der Hauptansprechpartner, wenn es um praktische Fragen geht (z.B. Hinweise auf mögliche Angebote wie z.B. Allgemeiner Sozialer Dienst oder Vermittlung von Heimplätzen). Es werden dort nicht nur rechtliche Fragen der Betreuer geklärt, sondern es wird auch für Einführungs- und Fortbildungsangebote gesorgt, und der Umgang mit den Betroffenen wird besprochen. Die hauptamtlichen Mitarbeiter in Betreuungsvereinen beraten die Betreuer und unterstützen sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben. In diesem Sinne bieten die Betreuungsvereine der Stadt Freiburg z.B. Fortbildungen, Informationsveranstaltungen, sowie Erfahrungsaustausch mit anderen ehrenamtlichen Betreuern an. Die unten genannten Betreuungsvereine sind für die Stadt Freiburg zuständig. Für Freiburgs Umgebung sind dies andere Betreuungsvereine. Auskünfte darüber können die Be- © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 2 treuungsvereine der Stadt Freiburg, die Betreuungsbehörde oder das Betreuungsgericht erteilen. 5. Der Ablauf des Verfahrens 1. Das Verfahren beginnt mit der Betreuungsanregung oder mit dem Antrag des Menschen mit Behinderung. 2. Es folgt die Bekanntgabe gegenüber dem Menschen mit Behinderung, dass ein Betreuungsverfahren eingeleitet wurde. 3. Ist der Mensch mit Behinderung nicht in der Lage, seine Interessen selbst wahrzunehmen, wird durch das Betreuungsgericht ein „Verfahrenspfleger“ bestellt, der den Mensch mit Behinderung während des Verfahrens unterstützt, d.h. ihm die einzelnen Verfahrensschritte erklärt oder dem Betreuungsgericht seine Wünsche und Interessen unterbreitet, so dass diese ins Verfahren einfließen können. Als Verfahrenspfleger kommen Vertrauenspersonen aus dem Familien-, Freundesund Bekanntenkreis in Frage sowie Mitarbeiter von Betreuungsvereinen, Sozialarbeiter oder Rechtsanwälte. 4. Zum Verfahren gehört auch eine persönliche Anhörung des Menschen mit Behinderung durch das Betreuungsgericht. Der Betreuungsrichter soll sich durch einen unmittelbaren Eindruck, den er sich in der üblichen Umgebung des Menschen mit Behinderung verschafft, hinreichend über die Persönlichkeit des Menschen mit Behinderung informieren. Falls der Mensch mit Behinderung jedoch dem Besuch des Betreuungsrichters widerspricht, findet die Anhörung in den Amtsräumen statt. Der Verfahrenspfleger muss bei der Anhörung anwesend sein. 5. Zum Verfahren wird auch ein Sachverständiger hinzugezogen, der nach einer persönlichen Anhörung ein Sachverständigengutachten über die Notwendigkeit, den Umfang der Betreuung sowie die voraussichtliche Dauer der Hilfsbedürftigkeit erstellt. 6. Weiterhin wird ein ärztliches Gutachten erstellt. 7. Falls notwendig, werden dann die Ergebnisse der Anhörungen und der Gutachten mit dem Menschen mit Behinderung erörtert. 8. Zuletzt folgt dann die Bekanntmachung der Entscheidung des Gerichts gegenüber dem Menschen mit Behinderung, dem Betreuer, dem Verfahrenspfleger und der Betreuungsbehörde. Der Betreuer wird vom Betreuungsgericht mündlich verpflichtet und erhält eine Urkunde über seine Bestellung. Aus der Urkunde ergibt sich, für © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 3 welche Aufgabenkreise der Betreuer bestellt und für welchen Zeitraum die Urkunde gültig ist (vgl. Anhang). 9. Wird ein Betreuer bestellt und ist dieser nicht ein Elternteil, so muss er bezahlt werden. Wichtig ist hierbei die Vermögensgrenze zu beachten. Bei vorhandenem Vermögen, muss der Betreuer anteilig selbst bezahlt werden. 6. Das Betreuungsgesetz Am 1. Januar 1992 ist die Betreuung an die Stelle der bisherigen Vormundschaft und der Gebrechlichkeitspflegschaft für Volljährige getreten. Seit Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes kann niemand mehr entmündigt werden. Betreuung bedeutet, dass für eine volljährige Person ein Betreuer bestellt wird, der in einem genau festgelegten Umfang (Festlegung von Aufgabenkreisen) für sie handelt. Bereiche, welche die betroffenen Personen noch eigenständig erledigen können, dürfen den Betreuern nicht übertragen werden. Was die Betreuten noch selbst erledigen können und wofür sie einen gesetzlichen Betreuer benötigen, wird im gerichtlichen Verfahren festgestellt. Die Gesetzesänderung brachte für die betroffenen Personen sowie für die Betreuer viele Vorteile. Die Menschen mit Behinderung sind durch die Bestellung eines Betreuers zum Beispiel nicht mehr automatisch vom Rechtsverkehr ausgeschlossen (z.B. vom Abschluss von Geschäften, Errichtung von Testamenten, Heirat). Auch das Wahlrecht behält der Betreute, sofern nicht eine umfassende Betreuerbestellung für alle Angelegenheiten erfolgt ist. Im Gegensatz zur früheren Vormundschaft und Gebrechlichkeitspflegschaft darf die Betreuung nicht länger als notwendig dauern. Spätestens nach 5 Jahren muss über eine Aufhebung oder Verlängerung entschieden werden. Die Betreuer haben außerdem bessere Beratungsmöglichkeiten und das Verfahren zur Bestellung eines Betreuers ist wesentlich unbürokratischer, so dass mehr Personen dazu bereit sind, eine Betreuung zu übernehmen. 7. Welche Aufgabenkreise es gibt Im vorherigen Abschnitt wurde bereits erwähnt, dass sich eine Betreuung auf bestimmte Aufgabenkreise beschränken kann. Im Gesetz wird nicht direkt festgelegt, welche Aufgabenkreise es gibt, welche es nicht gibt und was diese Aufgabenkreise an Tätigkeiten für den Betreuer beinhalten und was sie ausschließen. Allerdings werden im Betreuerausweis, den der Betreuer erhält, die Aufgabenkreise aufgelistet für © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 4 die der Betreuer bestellt wird. Wenn die Bedeutung der Aufgabenkreise unklar ist, ist es ratsam sich an das Gericht, die Betreuungsbehörde oder die Betreuungsvereine zu wenden, um beraten zu werden. Aufgabenkreise können sein (vgl. Anlagen, Betreuerausweis): - Bestimmung des Aufenthaltes - Entscheidung über (Zwangs-) Medikation - Besorgung aller Vermögensangelegenheiten - Entscheidung über Fixierungsmaßnahmen - Entgegennahme und Öffnen der Post - Wohnungsangelegenheiten - Vertretung vor Ämtern und Behörden etc. 8. Was kommt auf mich als Betreuer zu? Dem Erfahrungsbericht der Mutter einer 18jährigen Tochter mit geistiger Behinderung zufolge zieht sich das Verfahren lange hin und kann für die Antragsteller oder Antragsanreger zuweilen als unangenehmer Eingriff in den persönlichen Lebensraum empfunden werden. Betreuungsrichter, Verfahrenspfleger oder Sachverständige haben die Aufgabe herauszufinden, ob Sie als Eltern oder sonstige Vertrauenspersonen des betroffenen Menschen als Betreuer in Frage kommen. Das hat zur Folge, dass fremde Personen zu Ihnen nach Hause kommen, um sozusagen festzustellen, dass Sie ein Dach über dem Kopf haben und verantwortungsbewusst genug sind, um eine Betreuung zu übernehmen. Es ist die Pflicht des Betreuers, den Betreuten persönlich zu betreuen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass der Betreuer pflegerische Leistungen oder beispielsweise die Haushaltsführung übernehmen soll. Dies sind soziale Dienstleistungen, die der Betreuer zu organisieren hat, wenn es zu seinem Aufgabenbereich gehört. "Persönliche Betreuung" bedeutet, dass sich die Betreuung nicht auf die Erledigung des anfallenden Schriftverkehrs beschränken soll, sondern auch das persönliche Gespräch zwischen dem Betreuer und dem Betreuten einschließt. Dies ist wichtig, um über die Wünsche und den Willen und die Entwicklung der persönlichen Situation informiert zu sein. Der Betreuer muss dem Betreuungsgericht einmal jährlich über die persönlichen Verhältnisse des Betreuten berichten. Wann der Bericht fällig ist, wird im Allgemeinen bei der Anordnung der Betreuung festgelegt. Der Bericht soll © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 5 Angaben über den Gesundheitszustand des Betreuten, seinen Aufenthalt, sein familiäres und sein soziales Umfeld, sowie die Notwendigkeit weiterer Betreuung enthalten. Für besonders wichtige Angelegenheiten im Bereich der Personensorge (z.B. Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge oder der Aufenthaltsbestimmung) enthält das Gesetz besondere Vorschriften, wenn es um wichtige Entscheidungen geht wie z.B. Heilbehandlungen, ärztlicher Eingriff oder Unterbringung. In manchen Fällen kann das Handeln des Betreuers sogar an betreuungsgerichtliche Genehmigungen gebunden sein. Wurde dem Betreuer eine Angelegenheit aus dem Bereich der Vermögenssorge übertragen, so muss zunächst ein Verzeichnis über das Vermögen des Betreuten erstellt werden. Jährlich muss dann auch eine Abrechnung an das Vormundschaftsgericht geschickt werden, die zusammen mit dem Bericht über die persönlichen Verhältnisse abgegeben werden kann. Hier werden zwischenzeitliche Einnahmen und Ausgaben in einen Abrechnungsvordruck eingetragen. Es wird dem Betreuer empfohlen, sich persönlich bei den Banken des Betreuten als sein gesetzlicher Betreuer vorzustellen. Ebenso sollte Kontakt mit den Rententrägern, der Pflegeversicherung, dem Sozialamt, Gläubigern und Schuldnern und dem Arbeitgeber des Betreuten aufgenommen werden. 9. Mehr über das Betreuungsrecht Vom Justizministerium Baden- Württemberg gibt es die Broschüre „Das Betreuungsrecht – Praktische Hinweise für Betreuer“. Sie kann als pdf ausgedruckt werden oder kostenlos online bestellt werden: http://www.landgericht-stuttgart.de/servlet/PB/menu/1153545/index.html © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 6 ANHANG: © Lebenshilfe Breisgau gemeinnützige GmbH 7