Gedanken zum Bild von Sieger Köder „Ich habe euch ein Beispiel
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Gedanken zum Bild von Sieger Köder „Ich habe euch ein Beispiel
Meditation Sieger Köder, Fußwaschung (0211) 1 Caritasverband für die Erzdiözese Freiburg e. V., Abteilung IV Referat 43 Gemeindecaritas/ Referat Mitgliedschaftswesen Alois-Eckert-Str. 6, 79111 Freiburg Tel.: 0761/8974-142/143/Fax 384 email: [email protected] Gedanken zum Bild von Sieger Köder „Ich habe euch ein Beispiel gegeben“ (Joh 13) Fußwaschung Indem Sieger Köder seinem Bild den Titel gibt: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben“ (Joh 13) Fußwaschung, lenkt er unseren Blick besonders auf die im Bildvordergrund angesiedelte Fußwaschungsszene, obwohl die Darstellung von zwei Bildelementen her lebt und seine Spannung erhält. Denn • einerseits sind die eucharistischen Gaben Brot und Wein auf dem Tisch zu sehen, • und andererseits ist die Fußwaschung im Vordergrund des Bildes dominant. Bildlich bringt der Künstler so Diakonie und Eucharistie, Nächstendienst und Gottesdienst, Caritas und Liturgie in einen unauflösbaren, inneren Zusammenhang; denn das Bild steht und fällt damit, dass es in ihm beide Brennpunkte gibt und diese zueinander in Beziehung bleiben. Und offensichtlich gehören für ihn beide Szenen inhaltlich so zusammen, dass jede die andere braucht, um gemeinsam das „Geheimnis des Glaubens“ auszudrücken. Sieger Köder veranschaulicht so auf bildhafte Weise eine Verknüpfung und Wechselbeziehung von Eucharistie und Diakonie, die für die Verkündigung Jesu kennzeichnend ist und sich in der hl. Schrift vielfach widerspiegelt. Konkret auf Joh 13 bezogen: an der Stelle, an der bei den Synoptikern der Bericht über das Abendmahl zu finden ist, finden wir bei Johannes die Schilderung der Fußwaschung, die ähnlich wie die Abendmahlszene mit der Aufforderung zur Nachahmung schließt. Indem Sieger Köder beide „Szenen“ in ein Bild bringt, wird augenfällig: das Vermächtnis Jesu Christie, seine Botschaft, ja er selbst lebt dort weiter, wo beides, Feier der Eucharistie und Dienst am Nächsten, miteinander verknüpft geschieht; sein Gesicht bekommt Kontur und wird erkennbar in der Zuwendung zum anderen; Anteil an ihm erhält man dort, wo in seinem Namen das Brot gebrochen und der Kelch gereicht wird sowie im vorbehaltlosen Dienst am Nächsten. Jesu Christi wird man in der Geste der Zuneigung zum Nächsten gleichermaßen ansichtig wie in Brot und Wein beim eucharistischen Mahl – im Bild dadurch dargestellt, dass das Gesicht im Wasser die gleiche Farbe wie das Brot auf dem Tisch hat, und die Brechung des Brotes eine ähnliche Struktur aufweist wie die vertikale und horizontale Linie von Nase, Mund und Augen. Es ist derselbe Jesus Christus, der uns im Sakrament der Eucharistie und im „Sakrament“ der liebenden Begegnung mit dem Mitmenschen entgegenkommt und begegnet, in beiden Geschehnissen ist er „real“ präsent. „Das Zeichen der Fußwaschung zeigt, dass Christus auch gegenwärtig ist im Alltag des christlichen Lebens und dass es auch ein „Sakrament“ des Bruders und der Schwester gibt, vor allem des Armen und Leidenden. Denn der Arme, Unterdrückte und Verfolgte ist der „bevorzugte Ort der Gegenwart des erhöhten Herrn, er ist der privilegierte Zugangsort zu ihm und seine geheime, aber reale Epiphanie“.“ (Bischof Kurt Koch, Basel-Solothurn). „Und von daher ist es gewiss kein Zufall, dass das Zeichen der Fußwaschung in der Geschichte von maßgeblichen Glaubenszeugen wie vom heiligen Ambrosius von Mailand und von Bernhard von Clairvaux in der Tat als Sakrament verstanden wurde.“(ebd.). Auch das Weltgerichtsevangelium in Mt 25, 31-46 unterstreicht dies, wenn es Jesus Christus angesichts der Zuwendung zum Nächsten in Not sagen lässt: „...das habt ihr mir getan.“ (Mt 25, 40). Meditation Sieger Köder, Fußwaschung (0211) 2 Deshalb stehen diese beiden Weisen seiner Gegenwart in dieser Welt nicht gegeneinander, sondern sie erhellen sich gegenseitig: die Begegnung mit Jesus Christus in der Eucharistie öffnet uns die Augen für die Begegnung mit Jesus Christus im bedrängten Bruder und der notleidenden Schwester und umgekehrt: der vorbehaltlose Dienst am Mitmenschen wird zum Ort der Gottesbegegnung, indem die dort erfahrene Zuwendung zu einem Zeichen der Diakonia, der Caritas Gottes an uns in Jesus Christus wird. Das Bild öffnet uns auf eindrückliche Weise die Augen dafür: Man kann nicht am Nächsten vorbei zum Tisch mit den eucharistischen Gaben gelangen. Die deutschen Bischöfe zitieren in ihrem Schreiben „Caritas als Lebensvollzug der Kirche und als verbandliches Engagement in Kirche und Gesellschaft“ (Nr. 64) ein von Papst Gregor dem Großen überliefertes Wort: „Wenn ein Mensch in Rom des Hungers stirbt, ist der Papst nicht würdig, die Messe zu feiern.“ (4.1.1) Und der Verfasser des ersten Johannesbriefes stellt lapidar fest: „Wenn einer spricht: ich liebe Gott – und seinen Bruder hasst, ist er ein Betrüger. Denn: wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott, den er nicht sieht, nicht lieben.“ (1 Joh.4.20) „Die christliche Kirche kann ..., wenn sie Jesus Christus treu bleiben will, nur eine Kirche der Fußwaschung sein. Und daraus könnte man schließen, das Wesen der christlichen Kirche bestehe überhaupt in der diakonalen Praxis der Fußwaschung.“ (Bischof Kurt Koch) Die Darstellung veranschaulicht eindrücklich, wie Gott zu uns Menschen steht: „Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue“ (Ex 34,6). Gott ist ein „heruntergekommener“ Gott, ein Gott, der sich in Jesus Christus zuvorkommend zum Menschen niederbeugt, auf gleiche Augenhöhe mit ihm begibt. „Die Fußwaschung Jesu ist wie eine Kurzformel unseres Glaubens. Wir bekennen im Credo der Kirche: Jesus, der Sohn Gottes, ist vom Himmel heruntergekommen, zu denen ganz unten.“ (Theo Schmidkonz SJ). „Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave.“ ( Phil 1.6 f) Diese in Jesus Christus Gestalt gewordene Diakonie Gottes feiern wir in der Eucharistie, in der wir immer wieder neu der Menschenfreundlichkeit Gottes gewahr werden, und wir geben ihr Ausdruck in unserer Diakonie. Das Bild von Sieger Köder bringt so eine von den Anfängen der Kirche an selbstverständliche Wahrheit in Erinnerung: „In den urkichlichen Gemeinden waren von Anfang an Sakrament und Armenfürsorge eng miteinander verbunden..... Diese enge Zusammengehörigkeit von Sakrament und Sorge für die Armen gilt in besonderer Weise für die Feier der Eucharistie.... Jeder Christ und jede christliche Gemeinde muss sich daran erinnern lassen, dass auch die Gleichgültigkeit gegenüber den Armen zu den Spaltungen gehört, die dem Sinn der Eucharistie widersprechen (vgl. 1 Kor 11,18-22).“ (Die deutschen Bischöfe, Nr. 64, Nr. 4.1.1). Alle Beteiligten, nicht zuletzt diejenigen, die der Eucharistie vorstehen, können nicht umhin, diesem inneren Zusammenhang von Eucharistie und Diakonie in der Gestaltung der Eucharistiefeier ebenso wie im konkreten caritativen Tun Ausdruck zu verleihen. Hansjörg Volk, Referent für Gemeindecaritas im Caritasverband für die Erdiözese Freiburg e.V. Die Zitate stammen aus: • Die deutschen Bischöfe. Nr. 64; Caritas als Lebensvollzug der Kirche und als verbandliches Engagement in Kirche und Gesellschaft. Hrsg.: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstr. 163, 53113 Bonn; 23. September 1999 • Bischof Kurt Koch, Liturgie als Feier der Kommunikation Gottes mit den Menschen, In: Anzeiger für die Seelsorge 109 (2000), 441 • Ders., Mit Ihm sein und in die Welt gesandt werden. Spirituelle Impulse für den kirchlichen Dienst (II), In: Anzeiger für die Seelsorge 108 (1999), 462 • Theo Schmidkonz SJ, Text zum Bild: Sieger Köder, Fußwaschung. Rottenburger Kunstverlag VER SACRUM, 72108 Rottenburg am Neckar; Bestell-Nr. 862D • Das Bild von Sieger Köder kann bezogen werden vom Schwabenverlag, D-73760 Ostfildern, Bestell-Nr. SK 219 Hinweis: Eine ältere Darstellung, in der Abendmahl und Fußwaschung ebenfalls in ein Bild gebracht sind, findet sich in Obermauern/ Virgental, Österreich. Im Dom zu Arlesheim/Basel sind die beiden Szenen im Chor einander gegenüber gestellt.