Evonik Magazin 4/2008
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Evonik Magazin 4/2008
Evonik-Magazin Evonik-Magazin 4| 2008 4| 2008 Die Zukunft der Fotovoltaik 1_Evonik_04-08_DE 1 05.11.2008 9:41:00 Uhr www.evonik.de Wer macht eigentlich den Strom sauberer? Wir machen so was. Wir machen Kraftwerke umweltfreundlicher und noch vieles mehr. Mit führender Technologie steigern wir die Effizienz, reduzieren den CO2-Ausstoß und nutzen erneuerbare Energieträger. Weltweit. Wir sind der kreative Industriekonzern aus Deutschland für Chemie, Energie und Immobilien. 2_Evonik_04-08_DE 2 218166_Steckdosenw_EvMag_DE.indd 1 31.10.2008 Uhr 09.10.2008 18:02:43 9:41:07 Uhr EVONIK-MAGAZIN 4/2008 EDITORIAL 3 „Tag, Herr Engel!“ Evonik-Magazin begrüßt den designierten Vorstandsvorsitzenden Dr. Klaus Engel, der zur Jahreswende Dr. Werner Müller nachfolgt, und rechnet vor, dass die Sonne das 3000-Fache des weltweiten Energiebedarfs abdecken könnte – wenn wir sie nur ließen! Liebe Leserinnen, liebe Leser, „Den Aufbruch gestalten“: Dr. Werner Müller, der designierte Nachfolger Dr. Klaus Engel, RAG-StiftungsChef Wilhelm Bonse-Geuking „Tag, Herr Engel, Müller hier.“ Es war 2006, als Werner Müller einen erfahrenen Mann für den Vorstandsvorsitz beim Chemieunternehmen Degussa suchte. Dessen Integration in den Beteiligungsbereich der RAG lief gerade auf Hochtouren, die Trennung von subventioniertem Bergbau und profitablem Industriegeschäft war noch lange nicht unter Dach und Fach. Nicht das, was man als stabile Ausgangslage bezeichnen könnte. Doch Engel griff zu. Zwei Jahre später: Trotz steigender Rohstoffpreise und abkühlender Weltkonjunktur hat der operative Gewinn der Chemiesparte der Evonik Industries AG zuletzt um 17 Prozent zugelegt. Jetzt sagte Engel wieder Ja. Er steckte gerade in den Vorbereitungen für einen Vortrag zum Thema „Energie-Effizienz“. Diesmal war RAG-Stiftungs-Chef Wilhelm Bonse-Geuking am anderen Ende der Leitung. Ob er bereit sei, Werner Müller zum 1. Januar 2009 auf den Vorstandsvorsitz von Evonik Industries zu folgen. Die Ankündigung des Wechsels an der Konzernspitze löste ein breites Echo aus. Denn mit Werner Müller scheide nicht nur ein Konzernchef, sondern der Architekt des Stiftungsmodells und der entscheidende Geburtshelfer von Evonik Industries. „Müller pflegt Menschen“, schrieb Buchautor Rafael Seligmann („Die Kohle-Saga“) über den Wanderer zwischen Politik und Wirtschaft – und besser lässt sich der Stil des nunmehrigen „Vorgängers“ nicht beschreiben. “I say hello, you say good bye” Aktuelle Sonder-Edition: Die Pflege von Menschen wird bei Evonik auch weiterhin im Vordergrund stehen. Engel Weggefährten verabschieden appellierte an die Führungskräfte, das Schicksal von Evonik auch weiterhin selbst in die Hand sich beim scheidenden zu nehmen: „Ich setze auf sie, wie Sie alle auf mich setzen können.“ Diese auf die „human Vorstandsvorsitzenden FOTO: KARSTEN BOOTMANN ressources“ gestützte Tatkraft wird auch notwendig sein zur Erreichung der ehrgeizigen Ziele. „Mit Werner Müller sind wir am Kapitalmarkt angekommen“, beschreibt Engel den Wendepunkt, „jetzt müssen wir uns auf diesem Parkett zu den Topadressen vorarbeiten.“ 3_Evonik_04-08_DE Abs1:3 Mit Perspektive auch das Titelthema dieses Evonik-Magazins: unsere Sonne – und welche Beiträge Evonik leistet, die Fotovoltaik so effizient zu machen, dass sie in nicht so ferner Zukunft bis zu 50 Prozent des Energiebedarfs decken kann. Sie werden staunen, wie weit die Entwicklungen sind. Viel Vergnügen bei der Lektüre! Ihr Redaktions-Team Evonik-Magazin 05.11.2008 18:47:55 Uhr 6 FOTOVOLTAIK 34 ANTI-AGING 40 BLINDE PASSAGIERE 48 MUSEUM KÜPPERSMÜHLE 4_Evonik_04-08_DE 4 05.11.2008 9:18:50 Uhr EVONIK-MAGAZIN 4/2008 EDITORIAL IMPRESSUM 3 „Tag, Herr Engel” Herausgeber: Evonik Industries AG Christian Kullmann Rellinghauser Str. 1–11 45128 Essen Chefredaktion: Inken Ostermann (V.i.S.d.P.) Objektmanagement Evonik: Ute Drescher Art Direction: Wolf Dammann Redaktion (Leitung): Michael Hopp Chefin vom Dienst: Roswitha Knye Fotoredaktion: Ulrich Thiessen Dokumentation: Kerstin Weber-Rajab, Tilman Baucken; Hamburg Gestaltung: Teresa Nunes (Ltg.), Anja Giese, Heike Hentschel, Silke Möller, Samantha Ungerer/ Redaktion 4 Schlussredaktion: Wilm Steinhäuser Verlag und Anschrift der Redaktion: HOFFMANN UND CAMPE VERLAG GmbH, ein Unternehmen der GANSKE VERLAGSGRUPPE Harvestehuder Weg 42 20149 Hamburg Telefon +49 40 44188-457 Telefax +49 40 44188-236 E-Mail [email protected] Geschäftsführung: Manfred Bissinger Dr. Kai Laakmann Dr. Andreas Siefke Objektleitung: Eva Maria Böbel Herstellung: Claude Hellweg (Ltg.), Oliver Lupp Litho: PX2, Hamburg Druck: Laupenmühlen Druck, Bochum Copyright: © 2008 by Evonik Industries AG, Essen. Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlages. Der Inhalt gibt nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers wieder Kontakt: Fragen oder Anregungen zum Inhalt des Magazins: Telefon +49 0201 177-3831, Telefax +49 0201 177-2908, E-Mail [email protected] Fragen zum Versand oder Bestellungen: Telefon +49 40 68879-139 Telefax +49 40 68879-199 E-Mail [email protected] GESTALTEN 6 Die Sonnenfänger Weltweit steigt das Interesse an der Fotovoltaik, der Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Die Zukunft der Fotovoltaik hat gerade erst begonnen – mit Wachstumsraten von 50 Prozent FÖRDERN 18 Hightech ernten – vom Acker Die „weiße Biotechnologie” gewinnt Chemieprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen. Im Science-to-Business-Center Marl entstehen Verfahren, die es möglich machen, dass Sportschuhe, CDs oder Küchenflächen künftig vom Acker kommen INFORMIEREN 24 Ökonomie des Wassers Nur ein Prozent des verfügbaren Wassers auf der Erde würde ausreichen, um die Welt zu versorgen. Der natürliche Wasserkreislauf – Regen, den die Flüsse ins Meer leiten, aus dem es wieder zu Wolken verdunstet – garantiert den Nachschub. Dennoch ist Wasser knapp BEWEGEN 26 Strom nach Indien Indien werde China beim Wirtschaftswachstum überholen, prognostizieren Wirtschaftsexperten. Doch 400 Millionen Inder müssen noch ohne Strom leben ENTWICKELN 34 Die Haut überlisten Die Forschung weiß heute mehr über die Regeneration der Haut als je zuvor. Neue bioaktive Substanzen und Wirkstoffe lassen das Altern alt aussehen – ganz ohne Skalpell INFORMIEREN 38 Das neue Sicherheitsnetz FOTOS: GETTY IMAGES (2), STANDOUT/TANIA REINICKE, PICTURE-ALIANCE (IM UHRZEIGERSINN); TITEL: GETTY IMAGES INHALT 5 Im Ruhrgebiet hat Evonik Energy Services GmbH das deutschlandweit größte öffentliche Digital-Mobilfunknetz im Tetra-Standard installiert – bei der Feuerwehr VERSORGEN 40 Wir müssen draußen bleiben Mit dem Ballastwasser von Frachtschiffen reisen exotische Organismen mit. Sie bilden für Ökosysteme eine Bedrohung, die mit der Erderwärmung auf einer Stufe steht. Abhilfe schafft ein Filtersystem mit weltweitem Patent MANAGEN 44 Eine Marke namens Borussia Profiklubs im Fußball haben sich längst zu mittelständischen Unternehmen der Entertainment-Industrie entwickelt. Jetzt haben sie auch die Markenpflege entdeckt ERLEBEN 48 Hafen mit Aussicht Strukturwandel? Bitte sehr! Der Duisburger Innenhafen ist zu neuem Leben erwacht. Die von Herzog & de Meuron überbaute Küppersmühle soll das neue Wahrzeichen der Region werden – und die größte Sammlung deutscher Kunst beherbergen DISKUTIEREN 56 Lassen wir die Bildung zu kurz kommen? Offenbar ja, im internationalen Vergleich gibt Deutschland wenig für die Bildung aus. Es fehlt nicht an Studien und Untersuchungen – aber was könnten die Konsequenzen sein? LEBEN 58 Der Quantensprung kommt Tom Schimmeck über die Computer von morgen und die verrückte Welt der Elementarteilchen Diese Ausgabe des Evonik-Magazins finden Sie auch online unter www.evonik.de 5_Evonik_04-08_DE Abs2:5 AEROSIL®, PERACLEAN®, PLEXIGLAS®, seNet® und Siridion® sind geschützte Marken der Evonik Industries AG oder ihrer Tochterunternehmen. SEDNA® ist ein eingetragenes Warenzeichen der Hamann AG. Sie sind im Text in Großbuchstaben geschrieben 30.10.2008 15:38:57 Uhr 6 GESTALTEN FOTOVOLTAIK EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Die Sonnenfänger Weltweit steigt das Interesse an der Fotovoltaik, der Umwandlung von Sonnenlicht in Strom. Die Zukunft der Fotovoltaik hat gerade erst begonnen – mit Wachstumsraten von 50 Prozent TEXT KLAUS JOPP FOTO: BILDERBERG/EBERHARD GRAMES DIE SONNE LACHT strahlender vom Himmel als je zuvor. Diese Feststellung ist keine Wetterprognose für den nächsten Sommer, sondern betrifft die welt weiten Märkte für Solarenergie. Nach Vorhersagen des Bundesverbandes Solar wirtschaft (BSW, Berlin) beschleunigt sich das Wachstum 2008 noch einmal beträchtlich auf eine Gesamtgröße von 3,6 Gigawatt, ein Plus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr 2007, in dem rund um den Globus 2,4 Gigawatt Solarstromleistung neu installiert wurden. Wichtige Treiber für diese Entwicklung sind die steigende Nachfrage und die in immer mehr Ländern eingeführten staatlichen Förderprogramme für die Elektrizität aus der Sonne zusammen mit der stetigen Verteuerung von „konventionell erzeugter Elektrizität“. „Solarstrom entwi- ckelt sich zunehmend zum Gigatrend bei der globalen Energieversorgung“, bestätigt Carsten Körnig, Geschäftsführer des BSW. Vor diesem Hintergrund baut die Evonik Industries AG ihre Aktivitäten zur Rohstoffversorgung der Solarindustrie konsequent aus. Im August 2008 hat das Unternehmen zusammen mit der SolarWorld AG (Bonn) eine neue Anlage zur Produktion von Solarsilizium im badischen Rheinfelden eingeweiht, die im Rahmen des gemeinsamen Beteiligungsunternehmens Joint Solar Silicon (JSSi; Freiberg, Sachsen) betrieben wird. Dabei leisten die Partner einen Beitrag zum Energiesparen im doppelten Sinne: Zum einen wird der Ausbau der Fotovoltaik, der direkten Strom-Erzeugung aus Sonnenlicht, gestärkt. Zum anderen wird ein neues Verfahren zur Gewinnung des benötigten Siliziums etabliert, das gegenüber der herkömmlichen Produktion des Halbleitermate- > Energie aus dem All mit großer Zukunft: Fotovoltaik-Anlage in Kalifornien 6_Evonik_04-08_DE 6 05.11.2008 16:39:30 Uhr 7 7_Evonik_04-08_DE 7 05.11.2008 16:39:34 Uhr 8 1960: 2.000 US-$ > rials mit bis zu 90 Prozent weniger Energie auskommt. „Mit der Einweihung der Anlage gibt Evonik Industries eine Antwort auf die weltweite Forderung, den Anteil alternativer Energien an der Strom-Erzeugung weiter zu erhöhen“, betont Evonik-Vorstand Dr. Alfred Oberholz. Im industriellen Maßstab wird elementares Silizium durch die Reduktion von Quarzsand (Siliziumdioxid) mit Kohlenstoff gewonnen, wobei im Lichtbogen bei Temperaturen von etwa 2.000 °C (Celsius) gearbeitet wird. Doch in dieser Form ist der Werkstoff nicht rein genug, er enthält nur 97 bis 99 Prozent des Halbleiters. Deshalb wird das Silizium mit gasförmigem Chlorwasserstoff bei 1.100 °C zu Trichlorsilan (SiHCl3) umgesetzt. Nach aufwendigen Destillierschritten wird diese Flüssigkeit beim herkömmlichen Siemens-Verfahren auf einem dünnen Siliziumstab zu Reinst- silizium zersetzt, der zu diesem Zweck auf etwa 1.500 °C aufgeheizt ist. Zurück bleibt polykristallines hochreines Silizium (PCS). Dieser Prozess ist seit langer Zeit erprobt, erfordert aber einen hohen Energieaufwand von 100 bis 160 Kilowattstunden pro Kilogramm PCS. Zudem kann er nur mit Unterbrechungen betrieben werden, weil der Ofen zur Produktentnahme abgekühlt werden muss. DER NEUE PROZESS BENÖTIGT WENIGER ENERGIE Evonik beziehungsweise JSSi gehen nun einen anderen Weg: Das Rohsilizium wird mit Chlorwasserstoff zum Trichlorsilan umgewandelt, destillativ aufgereinigt und anschließend zu Monosilan (SiH4) umgesetzt und erneut gereinigt. Dieser erste Teil der Verbundanlage gehört zu Evonik, der zweite zu JSSi. Dabei wird das farblose, selbstentzündliche Gas in einem großen Reaktor thermisch zersetzt. Das resultierende Silizium ist „sonnentauglich“, weil es zu 99,999 Prozent rein ist. Auch wenn sich dieser Weg auf den ersten Blick scheinbar nicht gravierend vom Siemens-Prozess unterscheidet, spart er doch große Mengen an Energie, lässt sich kontinuierlich durchführen und gilt aus diesen beiden Gründen als besonders zukunftsträchtig. „Die Produk tion in Rheinfelden startet zunächst mit einer Kapazität von 850 Tonnen pro Jahr“, erklärt Dr. Gerrit Schneider, der für das Industriesegment Fotovoltaik bei Evonik verantwortlich ist. Auch beim traditionellen SiemensVerfahren hat Evonik gleich mehrere Eisen im Feuer: Bereits im April 2007 vereinbarte Evonik mit der Silicium de Provence SAS (Silpro) eine interessante Kooperation. Evonik liefert Chlorsilane, aus denen Silpro INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, FOTOS V. L.: SÜDDEUTSCHE ZEITUNG PHOTO, EVONIK INDUSTRIES, CARO FOTOAGENTUR Prof. Dr. Albert Einstein legte 1905 die Grundlagen der Fotovoltaik. Moderne Zellen (Mitte: polykristalline Zelle in 100-facher Vergrößerung, rechts: Produktion in Deutschland) erreichen heute einen fünffach höheren Wirkungsgrad als die ersten Silizium-Solarzellen, die 1954 entwickelt wurden Solarstrom immer billiger, Öl immer teurer Preis für Solarenergie 150 1980: 22 US-$ bis heute Prognose: Herkömmliche Zellen 1986: 10 US-$ Dünnschicht-Zellen 10 2000: 4 US-$ 2014: 1,40 US-$ 1 Angaben in US-Dollar pro Watt Nennleistung 0,1 1980 8_Evonik_04-08_DE 8 Preis für Öl bis heute 2000 QUELLE: MRS BULLETIN, VOL. 30, NO.1, 1/2005; TECSON 100 2020 Die Kosten für Fotovoltaik-Anlagen sind in den letzten Jahren deutlich gesunken. Experten erwarten bis 2015, dass in sonnenreichen Ländern die StromErzeugung mit Solarzellen nicht teurer ist als mit Kohle, Gas oder dem wichtigsten Rohstoff Öl 2008: 146 US-$ Prognose 100 1981: 31 US-$ 50 Angaben in US-Dollar pro Barrel 0 1965 1980 1995 2010 05.11.2008 17:09:17 Uhr EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Reinheitsgebot des Solarsiliziums: 99,999 Prozent polykristallines Silizium für den Solarmarkt erzeugt. Im Mai dieses Jahres unterzeichnete Evonik zudem gemeinsam mit der PV Silicon Forschungs und Produktions GmbH (Erfurt) einen langfristigen Liefer vertrag für Chlorsilane zur Versorgung einer in Bitterfeld geplanten Produktion von 1.800 Tonnen Solarsilizium, die 2009 ihren Betrieb aufnehmen soll. Darüber hinaus gibt es weitere Projekte, unter anderem zur Errichtung einer Verbundproduktion im italienischen Meran mit dem amerikanischen WaferHersteller MEMC Electronic Materials, Inc. (Saint Peters, Missouri, USA). Inzwischen ist Evonik aber nicht nur als Lieferant von Basismaterialien für Solarsilizium im Fotovoltaik-Markt etabliert. Auch mit dem vielseitigen Kunststoff PLEXIGLAS hilft das Unternehmen dabei, das wichtige Zukunftsfeld Sonne zu erobern. In Italien boomt die solare Energie- GESTALTEN 9 FOTOVOLTAIK gewinnung bei Hausbesitzern, seit dort 2007 das neue Solarfördergesetz „Conto Energia“ in Kraft getreten ist. Es ist vor allem auf kleine Anlagen fokussiert und richtet sich damit direkt an Endverbraucher. Allerdings schiebt bei historischen Gebäuden der Denkmalschutz bislang einen Riegel vor, um die traditionellen „Ziegelmeere“ zu bewahren. Dunkle Solarkollektoren passen da nicht ins Bild. SOLARZIEGEL AUF HISTORISCHEN DÄCHERN Für dieses Dilemma hat die italienische Firma REM S. p. A (Noventa di Piave) eine Lösung gefunden: Solarziegel aus Kunststoff mit Abdeckscheiben aus PLEXIGLAS. Die sogenannten Techtile-Ziegel muten optisch wie die traditionellen Tonziegel an, bergen in sich jedoch leistungsfähige Solarzellen oder alternativ Solarthermie-Module zum Erhitzen von Wasser. „Für eine optimale Energiegewinnung kommt es auf zwei Faktoren an: leistungsfähige Solarzellen und eine Abdeckscheibe mit hoher Transmission“, erklärt Sante Bortoletto, einer der Erfinder des Solarziegels von REM. Vorteil PLEXIGLAS: Das Material besitzt eine Lichtdurchlässigkeit (Transmission) von über 90 Prozent und lässt damit wesentlich mehr Licht durch als andere Kunststoffe, die noch dazu nicht so Ultraviolett(UV)-beständig sind und mit der Zeit vergilben. Damit die dunk len Solarzellen von außen nicht durch die transparente Scheibe gesehen werden, griff REM zu einem Trick und gab den Scheiben auf der Innenseite eine feine Struktur. Dadurch können die Sonnenstrahlen zwar eindringen, aber man kann von außen nicht ungehindert durchsehen. Aus einiger Entfernung lässt sich so kein Unterschied zu herkömmlichen Ziegeln erkennen. PLEXIGLAS ist ausgesprochen robust, zusätzliche Stabilität bekommt die Scheibe durch eine Querstrebe. Dadurch kann man bedenkenlos über die Ziegel laufen, was die Montage erleichtert. Dachdeckern kommt die Technologie noch in einem weiteren Punkt entgegen: Durch die einfache Steckverbindung können die Solarziegel > Veränderung des weltweiten Energiemixes bis 2100 2010 2020 2030 2040 2050 Jährlicher Primärenergieeinsatz in Exajoule pro Jahr Regenerative Energien wie Fotovoltaik oder Windkraft spielen heute noch eine geringe Rolle. Angesichts der kritischen Klimasituation müssten die fossilen Energieträger jedoch möglichst rasch ersetzt werden 1.400 1.200 1.000 800 600 400 200 0 QUELLE: WWW.PV-LEADS.DE Andere Erneuerbare Solarthermie Solarstrom 9_Evonik_04-08_DE 9 2100 1.600 Wind Biomasse Wasserkraft Kernenergie Gas Kohle Öl 31.10.2008 9:59:04 Uhr FOTOVOLTAIK > ohne Elektriker installiert werden. Jeder Solarziegel arbeitet unabhängig von seinen Nachbarn. Fällt ein Ziegel aus, produzieren alle anderen weiterhin Strom. Bei herkömmlichen Solarpaneelen kommt es bei einem Schaden hingegen zum Totalausfall. Die Techtile-Ziegel sind durchaus auch für Nordeuropa interessant. Dafür wären allerdings andere Ausführungen wie der deutsche „Biberschwanz“ notwendig. „Wir planen bereits andere Formen, die nördlich der Alpen verwendbar sind“, so Bortoletto. In naher Zukunft könnte der Solarziegel also auch im nördlichen Europa historische Dächer in Solarkraftwerke verwandeln. KONZENTRATOREN BRINGEN DIE SONNE AUF DEN PUNKT Eine andere Idee ist die Bündelung des Sonnenlichts. So genannte Fresnellinsen fokussieren das einfallende Licht auf Solarzellen, so dass deren Wirkungsgrad deutlich steigt. So hält Gerald Siefer vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE, Freiburg) Zellwirkungsgrade von 45 Prozent für möglich. Voraussetzung sind dafür besonders leistungsstarke Zellen (Triple-Junction-Zellen) und Konzentratorsysteme, die das Licht um den Faktor EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Die Sonne wird mehr als die Hälfte unserer Energie liefern 500 bis 1.000 verstärken. „Wir entwickeln für diese Solaranwendung eine spezielle PLEXIGLAS-Solarformmasse auf PMMABasis, die die Einsatzbedingungen besonders gut erfüllt“, erklärt Peter Battenhausen, Manager Unternehmensentwicklung Formmassen bei Evonik in Darmstadt. Zusammen mit Partnern werden aus PLEXIGLAS dann mit verschiedenen Verfahren – Spritzgießen, Extrusion oder Laminieren von geprägten Folien – die Linsensysteme hergestellt. Der Evonik-Werkstoff ist deshalb so gefragt, weil er sämtliche Eigenschaften für diese Aufgabe mitbringt: hohe Transparenz und Abbildegenauigkeit, UV-Stabilität, Witterungsbeständigkeit und Langlebigkeit. „Wir können auf zahlreiche unserer transparenten Platten eine 30-Jahre-Garantie geben, und sie sind sogar hagelbeständig, weil unser Werkstoff im Gegensatz zu Glas deutlich schlagzäher ist“, so Dr. Heiko Roch- holz, Manager New Business Development und Innovation Halbzeuge bei Evonik. Bei aller Euphorie um die Sonnenenergie, unter dem Strich ist die Fotovoltaik ohne staatliche Subventionen immer noch nicht wirtschaftlich. Deshalb sucht die Branche mit hoher Dringlichkeit nach neuen, preiswerten Materialien, die Herstellungsund Installationskosten gleichermaßen senken können. Derartige Lösungen könnten Dünnschichtsolarzellen in Verbindung mit leistungsfähigen Kunststoffen liefern. Genau daran arbeiten Entwickler des Projekthauses Functional Films & Surfaces von Evonik in Hanau-Wolfgang. Ein Handicap für die unterschiedlichen Dünnschichtsolartechnologien sind die immer noch teuren und schweren Glasplatten, zwischen die die fotovoltaisch aktiven Schichten eingebettet werden. Dabei dient die untere Glasplatte als Träger, die obere Die „Sonnenflecken“ der Erde decken den Bedarf 10_Evonik_04-08_DE 10 Deutsche Solarwirtschaft 15.000 Unternehmen 180 Hersteller von Solarzellen und -modulen nördlicher Wendekreis 57.600 Beschäftigte Äquator Anzahl der Sonnenstunden pro Jahr < 1.800 1.800–2.399 2.400–2.999 3.000–3.600 südlicher Wendekreis Sinnvolle Standorte zur Energiegewinnung durch Fotovoltaik QUELLE: LAHMEYER INTERNATIONAL Die jährliche Sonnenscheindauer variiert stark. Nur jeweils eine der markierten Flächen (etwa 400 mal 400 Kilometer) würde ausreichen, um den gesamten Strombedarf der Menschen zu decken INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, FOTOS: EVONIK INDUSTRIES GESTALTEN 7 Milli- Branchenumsatz arden € QUELLE: BSW-SOLAR/WWW.SOLARWIRTSCHAFT.DE 10 Die deutsche Solarbranche ist weltweit führend – wirtschaftlich aber noch von öffentlicher Förderung abhängig. Gesucht sind neue Materialien und Techniken 31.10.2008 10:17:30 Uhr 11 Dr. Raymund Sonnenschein ist Geschäftsführer von Joint Solar Silicon und Projektleiter für Solarsilizium; Mitte und rechts: Produktionsanlage von Solarsilizium und Monosilan in Rheinfelden als transparente Barriere gegen Feuchtigkeit und Sauerstoff. Die Glas-Glas-Module setzen in der Regel aufwendige Unterkonstruktionen voraus, die etwa ein Drittel der gesamten Installationskosten ausmachen. „Unser Projekt‚ Polymere Materialien für die solare Energie-Erzeugung‘ verfolgt das Ziel, die gläsernen Barrieren der Solarmodule durch ein geeignetes System aus Kunststofffolien zu ersetzen“, verdeutlicht Projekthausleiter Dr. Jochen Ackermann. Barriereeigenschaften erhalten, die den Durchtritt von Feuchtigkeit und Sauerstoff deutlich verringern. So müssen im Vergleich zu üblichen technischen Verpackungsfolien die Wasserdampf- und Sauerstoffdurchlässigkeit um mindestens ein bis zwei Größenordnungen herabgesetzt werden. Lösungsansätze für diese Herausforderung bieten Beschichtungstechnologien, mit denen Silizium- oder Aluminiumoxid als nanometerdünne Schicht auf der Kunststoffoberfläche abgeschieden wird. Seine Barrierewirkung kann dabei durch den zusätzlichen Auftrag eines Lackes noch verbessert werden. Mit halben Sachen wollen sich die Entwickler des Projekthauses mittelfristig aber nicht zufriedengeben. Vielmehr haben sie bereits konkrete Vorstellungen zur Herstellung von Folien für Module, bei denen auch die zweite tragende Glasschicht durch ein Polymer ersetzt wird. „Solche Module wären DIE ZUKUNFT: FLEXIBLE KUNSTSTOFF-SOLARMODULE Die notwendigen Eigenschaften, also hohe Transmission und zuverlässiger Schutz gegen Umwelteinflüsse, haben auch PLEXIGLASFolien, mit denen Evonik langjährige Erfahrungen besitzt. Die konventionellen Kunststoffe müssen aber durch eine entsprechende Oberflächenfunktionalisierung zusätzliche voll flexibel und könnten wesentlich wirtschaftlicher als bisher in einem kontinuierlichen Rolle-zu-Rolle-Prozess gefertigt werden. Auf diese Weise ließen sich sehr leichte Solarzellen realisieren, die sich in Form von Dachbahnen ohne zusätzlichen Unterbau einfach auf dem Dach verkleben lassen“, verdeutlicht Projektleiter Dr. Claudius Neumann die Vision der Projekthausforscher. Evonik hat also viel vor mit der Sonne: „Mittelfristig wollen wir einen hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag in die Hand nehmen, um unsere gute Position in diesem attraktiven und gleichzeitig anspruchsvollen Markt massiv auszubauen“, bestätigt Dr. Klaus Engel, verantwortlich für das Geschäftsfeld Chemie und ab Anfang Januar 2009 Vorstandsvorsitzender von Evonik. Und eines ist ganz klar: Chemie wird auch in Zukunft wertvolle Beiträge liefern, um die Sonne weiter anzuzapfen. < Steigerung der Fotovoltaik-Leistung bis 2010 2.000 1.800 1.600 1.400 1.200 MWp/Jahr 1.000 optimistisch geschätzt Deutschland 800 moderat geschätzt Deutschland ist dank der Förderung durch das EnergieEinspeise-Gesetz „FotovoltaikWeltmeister“. Große Anstrengungen unternehmen Spanien, Japan und die USA. Bei der Produktion von Solarzellen ist China in der Spitzengruppe 600 Spanien 400 Japan 200 USA Prognose 0 2000 11_Evonik_04-08_DE 11 2001 2002 2003 2004 QUELLE: SIF; WWW.ASIF.ORG PLUS SOLARPLAZA DATA MODEL; BSW-SOLAR/WWW.SOLARWIRTSCHAFT.DE 2005 2006 2007 2008 2009 2010 04.11.2008 15:08:53 Uhr GESTALTEN 12 FOTOVOLTAIK EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Einsteins erster Streich Den Nobelpreis erhielt Prof. Dr. Albert Einstein nicht für die Relativitätstheorie, sondern für die Grundlagen Vanguard 1, 1958 FOTOS V. L.: ULLSTEIN BILD, UNIVERSITÄTSARCHIV DER TU DRESDEN, FOTOARCHIV, AKG IMAGES, AP IMAGES, NASA, STAWAG, PICTURE-ALLIANCE (2) AlexandreEdmond Becquerel Wilhelm Ludwig Franz Hallwachs 1839 Der französische Physiker Prof. Alexandre-Edmond Becquerel entdeckt, dass bei Beleuchtung einer Elektrolytzelle eine elektrische Spannung entsteht. Damit wird das erste Mal der direkte Zusammenhang zwischen Licht und Elektrizität, der fotoelektrische Effekt, beobachtet. Erklären kann Becquerel das Phänomen allerdings nicht. 1873 Der britische Ingenieur Willoughby Smith und sein Assistent Joseph May erkennen, dass das Element Selen seine Leitfähigkeit bei Belichtung stark erhöht. Drei Jahre später weisen Prof. William Grylls Adams und Richard Evans Day den fotoelektrischen Effekt an einem Selenkristall nach – erstmals wird Strom aus Licht erzeugt. 1904 Der deutsche Physiker Prof. Wilhelm Ludwig Franz Hallwachs, ein Schüler von Prof. Dr. Heinrich Rudolf Hertz, legt mit der Untersuchung des Fotoeffektes den Grundstein zur Entwicklung der Fotozelle, der Fotoelektrizität und der Lichtquantenhypothese. Der lange sogenannte „Hallwachs“Effekt war die Voraussetzung für die weiteren Entwicklungen. 12_Evonik_04-08_DE 12 Albert Einstein 1905 Prof. Dr. Albert Einstein stellt seine Lichtquantenhypothese auf und liefert damit auch eine theoretische Erklärung des lichtelektrischen Effektes. Für diese Arbeiten erhält Einstein 1921 den Nobelpreis für Physik. 1912 bis 1916 Der Amerikaner Prof. Dr. Robert Andrews Millikan bestätigt die einsteinschen Erkenntnisse zum Fotoeffekt experimentell. Unter anderem für diese Leistung wird er 1923 ebenfalls mit dem Nobelpreis für Physik geehrt. 1916 Der Pole Prof. Jan Czochralski entwickelt ein neues Kristallziehverfahren, das später sowohl für die Mikroelektronik als auch für die Fotovoltaik große Bedeutung erlangt. 1954 In den Bell Laboratories in New Jersey (USA) produzieren Daryl Chapin, Dr. Calvin Fuller und Gerald Pearson die ersten Silizium-Solarzellen von rund zwei Quadratzentimetern Größe und Wirkungsgraden von vier Prozent. Solar-Batterie, 1956 in Georgia (USA) 1956 Erstmals werden für eine Relaisstation einer Telefonleitung in Georgia (USA) Solarzellen auf der Erde eingesetzt. 1958 Der amerikanische Satellit „Vanguard 1“ hat erstmals Solarzellen zur Energieversorgung eines Senders an Bord. Gegen alle Erwartungen der Militärs können die Signale bis 1964 empfangen werden. Vanguard 1 umkreist übrigens immer noch bis etwa 2200 die Erde. 1975 Mit der ersten Ölkrise 1973 steigt das Interesse an der Fotovoltaik sprunghaft, erstmals werden mehr Solarzellen für terrestrische Zwecke als für die Raumfahrt hergestellt. 1976 werden die ersten amorphen Siliziumzellen mit 1,1 Prozent Wirkungsgrad bei den RCA Laboratories (Princeton, New Jersey, USA) produziert. Die australische Regierung beschließt, das gesamte Telekommunikationsnetz im Outback mit fotovoltaischen Batteriestationen zu betreiben. 1977 Die weltweite Fotovoltaikproduktion überschreitet die Gesamtleistung von 500 Kilowatt*. 07.11.2008 12:51:40 Uhr 17 der Fotovoltaik, die er 1905 legte. „Lichtquantenhypothese“ erklärt die Umwandlung von Licht in Elektrizität Erste Solarfassade in Deutschland, 1991 in Aachen Flanitzhütte 1982 In Kalifornien (USA) entsteht das erste Solarkraftwerk mit einer Leistung von einem Megawatt weltweit. 1983 Auf Pellworm wird das erste deutsche und zugleich größte europäische Fotovoltaik-Kraftwerk mit 300 kW errichtet. 1985 Prof. Dr. Martin Green von der australischen Universität New South Wales entwickelt die erste Solarzelle auf Siliziumbasis, deren Wirkungsgrad über 20 Prozent liegt. Die kalifornische Solaranlage Carissa Plains erreicht 6,5 Megawatt. 1990 Das 1.000-Dächer-Programm wird aufgelegt, um erstmals Fotovoltaikanlagen bundesweit zu fördern. 1991 Mit dem deutschen Stromeinspeisungsgesetz werden die Energieversorger verpflichtet, Solarstrom mit mindestens 16,61 Pfennig pro Kilowattstunde zu vergüten. Messe München 1992 Das Bayernwerk (heute E.on Bayern) setzt erstmals in Europa eine autarke solare Stromversorgung für die ständig bewohnte Ansiedlung Flanitzhütte um. Der Weiler liegt auf 650 Metern Höhe am Rande des Nationalparks Bayerischer Wald und weist im Mittel 1.700 Sonnenstunden auf. 1999 Weltweit erreicht die kumulierte Fotovoltaik-Leistung 1.000 Megawatt. Doch noch fehlt es an öffentlicher Akzeptanz und Förderung, um zeigen zu können, was in der Fotovoltaik steckt. 2000 Deutschland erlässt das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG), das weltweit Nachahmung findet und starke Impulse für die deutsche Industrie auslöst. 2001 bis 2003 Auf Grundlage des EEG wird das 100.000Dächer-Programm der Bundesregierung zu einem großen Erfolg, insgesamt werden über 300 Megawatt installiert. 2002 Auf der neuen Messe München wird die weltgrößte Dach-Fotovoltaikanlage (Leistung: ein Megawatt) in Betrieb genommen. In Deutschland sind 14 Megawatt Leistung insgesamt installiert. 2004 Mit einer Neuinstallation von rund 600 Megawatt überspringt Deutschland erstmals eine Gesamtleistung von 1.000 Megawatt. 2007 In Deutschland werden Anlagen mit rund 1.100 Megawatt Spitzenleistung neu installiert, fast die Hälfte aller Neubauten weltweit (2.400 Megawatt). 2007/2008 Allein in Deutschland entstehen 15 neue Solarfabriken. Zusammen mit dem Ausbau bestehender Standorte bedeutet das ein Investitionsvolumen von über 1 Milliarde €. *Alle angegebenen Leistungen sind so genannte Peakleistungen, entsprechen also den maximal möglichen Leistungen unter Normalbedingungen. 17_Evonik_04-08_DE 17 07.11.2008 12:52:28 Uhr U Dachziegel unter Strom Trichlorsilan Vom Sand zum Rohsilizium Zum Einfangen der Sonnenstrahlung wird hochreines Silizium benötigt, das zu 99,999 Prozent aus dem Halbleiter bestehen muss. Nur so ist es möglich, die Zahl der Fehlstellen und Verunreinigungen im Kristallgitter so niedrig zu halten, dass wirtschaftlich attraktive Wirkungsgrade beim Umsetzen der Sonnenenergie in Strom erreicht werden. Im ersten Schritt werden natürliche Siliziumoxidverbindungen, üblicherweise Quarzsand, im Lichtbogenofen bei circa 2.000 °C geschmolzen und mit Koks oder Kohle zu elementarem Rohsilizium reduziert, das zu 97 bis 99 Prozent rein ist. Rohsilizium Vom Sand bis zur Solarzelle – alle Fotovoltaik ist Chemie Im dritten Schritt wird das aufgereinigte Trichlorsilan zum sogenannten Monosilan umgesetzt. Hierbei laufen unterschiedliche Reaktionen nebeneinander ab, bei denen unter dem Strich 17 Kilogramm Trichlorsilan benötigt werden, um ein Kilogramm Monosilan zu erzeugen. Zusätzlich entstehen 16 Kilogramm Siliziumtetrachlorid, die wiederum in die Produktion von Kieselsäure in Rheinfelden eingeschleust werden. Trichlorsilan TrichlorsilanReinigung durch Destillation Da Trichlorsilan eine Flüssigkeit ist, lässt es sich gut durch Rektifikation reinigen. Darunter verstehen Chemiker ein thermisches Trennverfahren, bei dem viele Destillationsschritte hintereinandergeschaltet sind. Entsprechende Anlagen können kontinuierlich betrieben werden und erreichen einen deutlich besseren Trenneffekt bei geringerem Energieeinsatz. MonosilanReinigung durch Destillation Da die Reinheit eine entscheidende Rolle für die Stromgewinnung aus Sonnenlicht spielt, wird auch das gasförmige Monosilan erneut destillativ gereinigt. Bis zu dieser Stelle liegt der Prozess in der Hand von Evonik. Solarsilizium Monosilan Solarsilizium Vom braunen Pulver zur blauen Zelle Das hochreine Solarsilizium wird als braunes Pulver in spezielle Siliziumschmelzöfen eingebracht. Die Schmelze kann in verschiedenen Verfahren weiterverarbeitet werden. Ein wichtiger Prozess ist das Ziehen von Einkristallstäben, die in dünne Scheiben (Wafer) geschnitten werden. Diese müssen noch gezielt mit Fremdatomen verunreinigt (dotiert) werden. Einzelne Zellen werden schließlich zu großflächigen Modulen zusammengesetzt. Glasträger Einblick in die Zelle Sand Sand Rohsilizium Rohsilizium 13-16_Innenklapper 2-3 plus Chlorwasserstoff Das gereinigte Monosilan übernimmt Joint Solar Silicon (JSSi), das gemeinsame Beteiligungsunternehmen von Evonik und SolarWorld. Das Gas wird von oben in einen Reaktor geleitet und in seine elementaren Bestandteile Silizium und Wasserstoff gespalten. Auch der energetisch wertvolle Wasserstoff wird in Rheinfelden weiterverwendet. Der Reaktor erlaubt einen vollkontinuierlichen und zudem besonders energieeffizienten Prozess, der am Ende pulverförmiges Solarsilizium mit der gewünschten Reinheit liefert. Monosilan Vom Trichlorsilan zum Monosilan Vom Rohsilizium zum Trichlorsilan Das Rohsilizium setzt Evonik am Standort Rheinfelden, an dem traditionell Chlorsilane (Markennamen SIRIDION) hergestellt werden, in einem neuen Verfahren um. Dabei wird durch Reaktion mit Chlorwasserstoff (HCl) Trichlorsilan erzeugt. Als Nebenprodukt entsteht Siliziumtetrachlorid, das in Rheinfelden intern zur Produktion von Kieselsäuren der Marke AEROSIL verwendet wird. Chlorsilane sind toxische, brennbare und korrosive Gefahrstoffe, mit denen Evonik über 60 Jahre Erfahrung hat. Heute ist das Unternehmen weltweit größter Anbieter dieser Produktklasse. Aus einiger Entfernung sind sie von klassischen Tonziegeln nicht zu unterscheiden: In Italien entwickeln sich Dachpfannen aus Kunststoff mit eingebauten Solarzellen zum Renner. Evonik steuert die Abdeckung aus PLEXIGLAS bei, das besonders lichtdurchlässig ist. Zudem ist das Material gegen ultraviolette (UV) Strahlung gefeit und vergilbt nicht. Damit die dunklen Solarzellen möglichst wenig zu sehen sind, weisen die Abdeckscheiben innen ein feines Muster auf. Zersetzung von Monosilan zu Solarsilizium Die klassische Silizium-Solarzelle besteht aus zwei Schichten Halbleitermaterial, das unterschiedlich dotiert ist (positiver Ladungsträgerüberschuss, p-leitende Schicht, beziehungsweise negativer Ladungsträgerüberschuss, n-leitende Schicht). An der Grenzschicht, dem p-n-Übergang, baut sich ein elektrisches Feld auf, das bei Lichteinfall Strom liefert, der über Metallkontakte abgegriffen wird. negative Elektrode n-dotiertes Silizium Grenzschicht p-dotiertes Silizium Stromnetz positive Elektrode INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, QUELLE: REM ENERGIES, EIGENE RECHERCHE FOTOS V. L.: GETTY IMAGES, STILLS-ONLINE, PAUL LANGROCK/ZENIT/LAIF, GETTY IMAGES, EVONIK INDUSTRIES, THOMAS KOEHLER/PHOTOTHEK.NET Jahr für Jahr liefert die Sonne 219 Billiarden Kilowattstunden zum Nulltarif. Das ist 3.000-mal mehr, als die gesamte Erdbevölkerung benötigt Auf dem Weg in die Zukunft das entspricht einem Energieinhalt von bis zu 300 Litern Öl auf jeden Quadratmeter. Um den Strombedarf der Bundesrepublik zu decken, wären mit heutigem Wirkungsgrad geschätzte 2.000 Quadratkilometer Fotovoltaikmodule notwendig – allein an Dachflächen stehen 2.800 Quadratkilometer zur Verfügung – ein Viertel davon wäre sofort technisch nutzbar. Theoretisch könnte der Weltenergiebedarf durch die Sonnenenergienutzung auf einer Fläche von 400 mal 400 Kilometern in der Sahara komplett erzeugt werden. Die Herausforderung besteht darin, dieses gewaltige Potenzial technisch und wirtschaftlich zu nutzen. Während wir auf der Erde schnell handeln müssen, um die Klimakatastrophe abzuwehren, gibt uns die Sonne genügend Zeit: Nach Auffassung von Astrophysikern strahlt sie noch rund 5 Milliarden Jahre. Höchste Konzentration Sogenannte Fresnellinsen sind in der Lage, Licht stark zu bündeln. Vorgeschaltet vor Solarzellen erhöhen sie deren Wirkungsgrad deutlich. Evonik liefert den geeigneten PLEXIGLASWerkstoff, aus dem sich die Sonnenkonzentratoren kostengünstig mit verschiedenen Verfahren herstellen lassen. Der Kunststoff bietet: hohe Transparenz gepaart mit UV-Stabilität, Abform-Genauigkeit für die feinen Strukturen im Material zur Lichtlenkung, Witterungsbeständigkeit und Langlebigkeit. Erste Kraftwerke mit „VerstärkerLinsen“ gibt es bereits unter anderem in Spanien. FOTOS: XXXXX, INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, QUELLEN: REM ENERIGES, EIGENE RECHERCHEN. Die Kraft der Sonne nutzen nser Zentralgestirn verfügt über Energie im Überfluss. In jeder Sekunde wandelt es wie ein riesiger Fusionsreaktor 650 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium um – entsprechend heiß ist es mit 5.500 °C (Celsius) auf der Oberfläche, jeder Quadratmeter leuchtet heller als eine Million Glühbirnen. Und die Erde profitiert davon: Die Sonne sendet Licht und Wärme, steuert Wetter und Klima und liefert den Antrieb für das Pflanzenwachstum. In nur 30 Minuten schickt unser Stern mehr Energie zu uns, als alle Menschen zusammen in einem Jahr verbrauchen – ganz ohne Rechnung. In Deutschland liegt die jährliche mittlere Sonneneinstrahlung bei rund 1.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter, in den Wüstengebieten im Sonnengürtel der Erde steigt sie auf 2.500 bis 3.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter, Solarzellen von der Rolle Evonik arbeitet an der Entwicklung flexibler Solarzellen (Abbildung links), die in einem Rolle-zu-RolleFolie Prozess preisgünstig hergestellt werden Solarzelle können. Kunststoffe sind dabei einerseits Kunststoffträger Träger, andererseits witterungsstabile Abdeckung. Durch eine Oberflächenfunktionalisierung werden Barriereeigenschaften erzielt, die Feuchtigkeit und Sauerstoff wirkungsvoll aussperren. Insgesamt würden diese Lösungen Gewicht und Kosten von Solarmodulen senken und sie deutlich flexibler im Einsatz machen. Solarzellen bisher Glasabdeckung Isolierung Solarzelle Abdeckung Trägermaterial 05.11.2008 10:51:24 Uhr U Dachziegel unter Strom Trichlorsilan Vom Sand zum Rohsilizium Zum Einfangen der Sonnenstrahlung wird hochreines Silizium benötigt, das zu 99,999 Prozent aus dem Halbleiter bestehen muss. Nur so ist es möglich, die Zahl der Fehlstellen und Verunreinigungen im Kristallgitter so niedrig zu halten, dass wirtschaftlich attraktive Wirkungsgrade beim Umsetzen der Sonnenenergie in Strom erreicht werden. Im ersten Schritt werden natürliche Siliziumoxidverbindungen, üblicherweise Quarzsand, im Lichtbogenofen bei circa 2.000 °C geschmolzen und mit Koks oder Kohle zu elementarem Rohsilizium reduziert, das zu 97 bis 99 Prozent rein ist. Rohsilizium Vom Sand bis zur Solarzelle – alle Fotovoltaik ist Chemie Im dritten Schritt wird das aufgereinigte Trichlorsilan zum sogenannten Monosilan umgesetzt. Hierbei laufen unterschiedliche Reaktionen nebeneinander ab, bei denen unter dem Strich 17 Kilogramm Trichlorsilan benötigt werden, um ein Kilogramm Monosilan zu erzeugen. Zusätzlich entstehen 16 Kilogramm Siliziumtetrachlorid, die wiederum in die Produktion von Kieselsäure in Rheinfelden eingeschleust werden. Trichlorsilan TrichlorsilanReinigung durch Destillation Da Trichlorsilan eine Flüssigkeit ist, lässt es sich gut durch Rektifikation reinigen. Darunter verstehen Chemiker ein thermisches Trennverfahren, bei dem viele Destillationsschritte hintereinandergeschaltet sind. Entsprechende Anlagen können kontinuierlich betrieben werden und erreichen einen deutlich besseren Trenneffekt bei geringerem Energieeinsatz. MonosilanReinigung durch Destillation Da die Reinheit eine entscheidende Rolle für die Stromgewinnung aus Sonnenlicht spielt, wird auch das gasförmige Monosilan erneut destillativ gereinigt. Bis zu dieser Stelle liegt der Prozess in der Hand von Evonik. Solarsilizium Monosilan Solarsilizium Vom braunen Pulver zur blauen Zelle Das hochreine Solarsilizium wird als braunes Pulver in spezielle Siliziumschmelzöfen eingebracht. Die Schmelze kann in verschiedenen Verfahren weiterverarbeitet werden. Ein wichtiger Prozess ist das Ziehen von Einkristallstäben, die in dünne Scheiben (Wafer) geschnitten werden. Diese müssen noch gezielt mit Fremdatomen verunreinigt (dotiert) werden. Einzelne Zellen werden schließlich zu großflächigen Modulen zusammengesetzt. Glasträger Einblick in die Zelle Sand Sand Rohsilizium Rohsilizium 13-16_Innenklapper 2-3 plus Chlorwasserstoff Das gereinigte Monosilan übernimmt Joint Solar Silicon (JSSi), das gemeinsame Beteiligungsunternehmen von Evonik und SolarWorld. Das Gas wird von oben in einen Reaktor geleitet und in seine elementaren Bestandteile Silizium und Wasserstoff gespalten. Auch der energetisch wertvolle Wasserstoff wird in Rheinfelden weiterverwendet. Der Reaktor erlaubt einen vollkontinuierlichen und zudem besonders energieeffizienten Prozess, der am Ende pulverförmiges Solarsilizium mit der gewünschten Reinheit liefert. Monosilan Vom Trichlorsilan zum Monosilan Vom Rohsilizium zum Trichlorsilan Das Rohsilizium setzt Evonik am Standort Rheinfelden, an dem traditionell Chlorsilane (Markennamen SIRIDION) hergestellt werden, in einem neuen Verfahren um. Dabei wird durch Reaktion mit Chlorwasserstoff (HCl) Trichlorsilan erzeugt. Als Nebenprodukt entsteht Siliziumtetrachlorid, das in Rheinfelden intern zur Produktion von Kieselsäuren der Marke AEROSIL verwendet wird. Chlorsilane sind toxische, brennbare und korrosive Gefahrstoffe, mit denen Evonik über 60 Jahre Erfahrung hat. Heute ist das Unternehmen weltweit größter Anbieter dieser Produktklasse. Aus einiger Entfernung sind sie von klassischen Tonziegeln nicht zu unterscheiden: In Italien entwickeln sich Dachpfannen aus Kunststoff mit eingebauten Solarzellen zum Renner. Evonik steuert die Abdeckung aus PLEXIGLAS bei, das besonders lichtdurchlässig ist. Zudem ist das Material gegen ultraviolette (UV) Strahlung gefeit und vergilbt nicht. Damit die dunklen Solarzellen möglichst wenig zu sehen sind, weisen die Abdeckscheiben innen ein feines Muster auf. Zersetzung von Monosilan zu Solarsilizium Die klassische Silizium-Solarzelle besteht aus zwei Schichten Halbleitermaterial, das unterschiedlich dotiert ist (positiver Ladungsträgerüberschuss, p-leitende Schicht, beziehungsweise negativer Ladungsträgerüberschuss, n-leitende Schicht). An der Grenzschicht, dem p-n-Übergang, baut sich ein elektrisches Feld auf, das bei Lichteinfall Strom liefert, der über Metallkontakte abgegriffen wird. negative Elektrode n-dotiertes Silizium Grenzschicht p-dotiertes Silizium Stromnetz positive Elektrode INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, QUELLE: REM ENERGIES, EIGENE RECHERCHE FOTOS V. L.: GETTY IMAGES, STILLS-ONLINE, PAUL LANGROCK/ZENIT/LAIF, GETTY IMAGES, EVONIK INDUSTRIES, THOMAS KOEHLER/PHOTOTHEK.NET Jahr für Jahr liefert die Sonne 219 Billiarden Kilowattstunden zum Nulltarif. Das ist 3.000-mal mehr, als die gesamte Erdbevölkerung benötigt Auf dem Weg in die Zukunft das entspricht einem Energieinhalt von bis zu 300 Litern Öl auf jeden Quadratmeter. Um den Strombedarf der Bundesrepublik zu decken, wären mit heutigem Wirkungsgrad geschätzte 2.000 Quadratkilometer Fotovoltaikmodule notwendig – allein an Dachflächen stehen 2.800 Quadratkilometer zur Verfügung – ein Viertel davon wäre sofort technisch nutzbar. Theoretisch könnte der Weltenergiebedarf durch die Sonnenenergienutzung auf einer Fläche von 400 mal 400 Kilometern in der Sahara komplett erzeugt werden. Die Herausforderung besteht darin, dieses gewaltige Potenzial technisch und wirtschaftlich zu nutzen. Während wir auf der Erde schnell handeln müssen, um die Klimakatastrophe abzuwehren, gibt uns die Sonne genügend Zeit: Nach Auffassung von Astrophysikern strahlt sie noch rund 5 Milliarden Jahre. Höchste Konzentration Sogenannte Fresnellinsen sind in der Lage, Licht stark zu bündeln. Vorgeschaltet vor Solarzellen erhöhen sie deren Wirkungsgrad deutlich. Evonik liefert den geeigneten PLEXIGLASWerkstoff, aus dem sich die Sonnenkonzentratoren kostengünstig mit verschiedenen Verfahren herstellen lassen. Der Kunststoff bietet: hohe Transparenz gepaart mit UV-Stabilität, Abform-Genauigkeit für die feinen Strukturen im Material zur Lichtlenkung, Witterungsbeständigkeit und Langlebigkeit. Erste Kraftwerke mit „VerstärkerLinsen“ gibt es bereits unter anderem in Spanien. FOTOS: XXXXX, INFOGRAFIKEN: DR. DIETER DUNEKA, QUELLEN: REM ENERIGES, EIGENE RECHERCHEN. Die Kraft der Sonne nutzen nser Zentralgestirn verfügt über Energie im Überfluss. In jeder Sekunde wandelt es wie ein riesiger Fusionsreaktor 650 Millionen Tonnen Wasserstoff zu Helium um – entsprechend heiß ist es mit 5.500 °C (Celsius) auf der Oberfläche, jeder Quadratmeter leuchtet heller als eine Million Glühbirnen. Und die Erde profitiert davon: Die Sonne sendet Licht und Wärme, steuert Wetter und Klima und liefert den Antrieb für das Pflanzenwachstum. In nur 30 Minuten schickt unser Stern mehr Energie zu uns, als alle Menschen zusammen in einem Jahr verbrauchen – ganz ohne Rechnung. In Deutschland liegt die jährliche mittlere Sonneneinstrahlung bei rund 1.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter, in den Wüstengebieten im Sonnengürtel der Erde steigt sie auf 2.500 bis 3.000 Kilowattstunden pro Quadratmeter, Solarzellen von der Rolle Evonik arbeitet an der Entwicklung flexibler Solarzellen (Abbildung links), die in einem Rolle-zu-RolleFolie Prozess preisgünstig hergestellt werden Solarzelle können. Kunststoffe sind dabei einerseits Kunststoffträger Träger, andererseits witterungsstabile Abdeckung. Durch eine Oberflächenfunktionalisierung werden Barriereeigenschaften erzielt, die Feuchtigkeit und Sauerstoff wirkungsvoll aussperren. Insgesamt würden diese Lösungen Gewicht und Kosten von Solarmodulen senken und sie deutlich flexibler im Einsatz machen. Solarzellen bisher Glasabdeckung Isolierung Solarzelle Abdeckung Trägermaterial 05.11.2008 10:51:24 Uhr 18 FÖRDERN BIOTECHNOLOGIE EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Hightech ernten – vom Acker! Die weiße Biotechnologie gewinnt Chemieprodukte aus nachwachsenden Rohstoffen. Im Science-to-Business-Center in Marl entstehen Verfahren, wie Sportschuhe, CDs oder Küchenflächen künftig vom Acker kommen können 18_Evonik_04-08_DE 18 04.11.2008 16:48:07 Uhr 19 Vom Zuckerrohr zur Kosmetik Im Science-to-Business-Center Bio arbeitet ein Team unter Leitung von Dr. Tim Köhler an einem effizienteren Verfahren zur Herstellung von Ceramiden. Diese spielen eine wichtige Rolle für den Aufbau und den Erhalt der Schutzbarriere der menschlichen Haut. Wichtiger Bestandteil einer bestimmten Klasse hautidentischer Ceramide ist das Molekül Sphingosin, das bisher nur in einem vielstufigen chemischen Prozess hergestellt werden konnte. Jetzt produzieren modifizierte Hefen das Sphingosin direkt. Die neuartige Herstellungsmethode beruht auf nachwachsenden Rohstoffen. Foto Mitte: Einem Bioreaktor, in dem maßgeschneiderte Mikroben Spezialchemikalien produzieren, werden Proben entnommen FOTOS: BLICKWINKEL, EVONIK INDUSTRIES (2) TEXT HARALD CARL IHRE LIEBLINGE tragen so seltsame Namen wie „Saccharomyces cerevisiae“, „Escherichia coli“ oder „Aspergillus niger“. Vielen Menschen sind Hefen, Bakterien oder Pilze eher unheimlich, an der Paul-BaumannStraße in Marl aber haben die Lebewesen aus der Mikrowelt Starstatus. Hier im Science-toBusiness-Center (S2B) Bio sind sie die wichtigsten Helfer der Wissenschaftler, die an neuen Verfahren zur Herstellung chemischer Produkte forschen. Neben den Mikroorganismen spielen hier nachwachsende Rohstoffe eine wichtige Rolle, die nach dem Motto „weg vom Öl, hin zur Pflanze“ die Chemie der Zukunft auf eine ganz neue Grundlage stellen sollen. „Derzeit wird viel über die energetische Nutzung von Biomasse gesprochen, wir plädieren eindeutig für einen stofflichen Einsatz – energetisch umsetzen kann man sie dann immer noch im zweiten Schritt“, betont Dr. Thomas Haas, Leiter des Centers in Marl. 19_Evonik_04-08_DE 19 Raps oder Sonnenblumen, Mais oder Weizen, Zuckerrohr oder Rüben – immer häufiger nutzen Chemiker die Unterstützung auf dem Acker. Nachwachsende Rohstoffe und die darin enthaltene Syntheseleistung der Natur gelten als Zukunftsfeld von großer Bedeutung, das unter der Bezeichnung weiße Biotechnologie zusammengefasst wird. Bis 2010 soll sich nach Angaben des VCI der Anteil von Chemieprodukten, die mittels biotechnologischer Verfahren hergestellt werden, auf bis zu zehn Prozent erhöhen. In der Feinchemie, in der Evonik Industries AG als weltweit führender Hersteller von Spezialchemie besonders stark ist, soll dieser Wert sogar auf bis zu 60 Prozent steigen. So jedenfalls die Prognose des international tätigen Beratungsunternehmens McKinsey & Co. Nach Angaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird der Umsatz mit Produkten der weißen Biotechnologie heute auf rund fünf Prozent des Gesamtumsatzes der chemischen Industrie weltweit geschätzt. Das entsprach zuletzt rund 90 Milliarden €. In den nächsten fünf bis zehn Jahren soll dieser Beitrag mindestens auf das Doppelte anwachsen. Für den rasanten Umbau der Rohstoffbasis gibt es gute Gründe. Einerseits macht der hohe Ölpreis, der auf lange Sicht zudem noch steigen wird, inzwischen viele alternative Verfahren wirtschaftlich, die bisher ökonomisch nicht möglich waren. Andererseits hat die „Chemie vom Acker“ bemerkenswerte Vorteile: „Viele Reaktionswege der Natur sind in jeder Beziehung vorbildlich. Das betrifft den geringen Energiebedarf ebenso wie die hohen Ausbeuten und die Vermeidung von unerwünschten Nebenprodukten“, bestätigt Dr. Alfred Oberholz, Vorstandsmitglied von Evonik. „Deutschland und andere Industrienationen stehen vor einer Revolution auf dem Acker, die die Landwirtschaft aus ihrer derzeitigen Randexistenz in die Mitte des Innovationsgeschehens führen wird. Mais, Hirse und Co. mausern sich damit als Energie- > 07.11.2008 12:35:34 Uhr FÖRDERN BIOTECHNOLOGIE Raps & Co. als Technologieträger von morgen EVONIK-MAGAZIN 4/2008 > und Rohstoffquellen zu bedeutenden Technologieträgern des 21. Jahrhunderts“, ergänzt Dr. Arend Oetker, Präsident des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und Schirmherr des European Science-toBusiness Award, den Evonik alle zwei Jahre vergibt und der 2008 für das Thema weiße Biotechnologie vorgesehen ist. INNOVATIONEN MIT HOHER ÖKOEFFIZIENZ Evonik setzt unter anderem bei Aminosäuren als Futtermittelzusatz oder bei der Herstellung von Kosmetika und Pharmazeutika schon seit Langem auf biotechnologische Verfahren. Das umfangreiche Know-how hat zudem seinen Niederschlag in mehreren erfolgreichen Projekthäusern und ebendem S2B Bio gefunden, das im März 2007 offiziell in Marl eröffnet wurde und von der Europäischen Union kofinanziert sowie vom Land Nordrhein-Westfalen gefördert wird. Aktuell sind hier 40 Mitarbeiter beschäftigt. „Wir 20_Evonik_04-08_DE 20 wollen diese Zahl aber noch auf 50 bis 60 erhöhen“, erklärt Haas. „Außerdem haben wir unsere laufenden Projekte so gewählt, dass wir unsere Kernkompetenzen gezielt dort ausbauen, wo sie die Evonik-Geschäftstätigkeit am besten unterstützen.“ Das gilt zum Beispiel für das Feld der Hautpflege und Kosmetik. So arbeitet ein Team unter Leitung von Dr. Tim Köhler an einem verbesserten Herstellungsverfahren für das Molekül Sphingosin, einen wichtigen Baustein für sogenannte Ceramide, bei denen Evonik schon heute globaler Marktführer ist. Diese Verbindungen sind wichtiger Bestandteil der äußersten Hautschicht und spielen eine entscheidende Rolle für den Aufbau der Permeabilitätsbarriere, und damit für den Erhalt der Schutzfunktion, welche die Haut für den Körper erfüllt. Leider nimmt im Alter dessen Fähigkeit ab, die Ceramide selbst herzustellen. Umso ehrgeiziger wird das Ziel verfolgt, diese speziellen Lipide von außen in Form von Pflegeprodukten zuzuführen. FOTO: PETER WIDMANN, EVONIK INDUSTRIES, F1ONLINE 20 31.10.2008 16:41:43 Uhr 21 Vom Raps zum Turnschuh Ein wichtiges Forschungsgebiet im Science-to-Business-Center Bio sind neue Materialien oder Oberflächen. Dr. Katrin Grammann erforscht und optimiert mit ihren Mitarbeitern Bakterien, die aus Zucker beziehungsweise Fettsäuren neue Polymerbausteine erzeugen. Als Ausgangsstoffe dienen Rüben und Zuckerrohr, aber auch Raps und Mais. Küchenflächen, Datenträger oder eben Turnschuhe könnten so in Zukunft teilweise vom Acker stammen. Foto Mitte: Analyse der chemischen Umsetzung eines biotechnologisch gewonnenen Intermediates Bislang gestaltete sich der Zugang zu Sphingosin-basierten Ceramiden ausgesprochen schwierig, weil ein vielstufiger chemischer Prozess notwendig war, um aus einer biotechnologisch gewonnenen Ausgangsverbindung Sphingosin und nachfolgend die benötigten Ceramide zu machen – ein aufwendiger und damit auch kostenintensiver Weg. Nun ist es in einem gemeinschaftlichen Projekt von S2B Bio und dem Geschäftsbereich Consumer Schnelles Wachstum der weißen Biotechnologie 10% QUELLE: BMBF, VCI, INFOGRAFIK: PICFOUR 5% 2005 Weltweiter Umsatz mit Chemikalien (ohne Pharmazeutika): 1.584 Mrd. € 21_Evonik_04-08_DE 21 2010 Weltweiter Umsatz (geschätzt): 1.600 Mrd. € Derzeit hat die weiße Biotechnologie bereits einen Anteil von fünf Prozent am Gesamtumsatz der weltweiten chemischen Industrie. Die Produktion auf Basis biotechnologischer Verfahren könnte bis 2010 auf bis zu zehn Prozent steigen. Specialties gelungen, diesen komplizierten Pfad entscheidend abzukürzen. „Wir haben die gut etablierten Hefestämme, die bereits erfolgreich zur Produktion der Ausgangsverbindung Phytosphingosin eingesetzt werden, durch moderne biotechnologische Verfahren dazu gebracht, nun direkt Sphingosin anstelle von Phytosphingosin zu erzeugen“, berichtet Köhler. Dazu war es nötig, eine Reihe von Fremdgenen aus verschiedenen Organismen in die Hefe Pichia ciferrii zu übertragen. Diese Gene sind für die Biosynthese des Ceramidbausteins Sphingosin verantwortlich. Die neue Herstellungsweise birgt nicht nur signifikante Kostenvorteile, sondern basiert auch vollständig auf nachwachsenden Rohstoffen. Ein anderes Beispiel sind neue Materialien beziehungsweise Oberflächen. „Zielte die erste Welle der Entwicklung vor allem auf Pharma und Kosmetik ab, stehen nun zunehmend neue Polymere im Fokus“, berichtet Haas. Vorreiter auf diesem Feld > 07.11.2008 12:42:13 Uhr FÖRDERN BIOTECHNOLOGIE Fleißige Hefen, Pilze und Bakterien 22_Evonik_04-08_DE 22 EVONIK-MAGAZIN 4/2008 > waren abbaubare Kunststoffe, die fermentativ hergestellt werden und sich zum Beispiel im Kompost zersetzen. Doch nun ist Ersatz für klassische polymere Bausteine gefragt, die über lange Einsatzzeiten Hochleistungen erbringen und deshalb in puncto Lebensdauer und mechanische Belastbarkeit ihren Alternati ven aus Erdöl nicht nachstehen. Die Produktionskapazität für Biopolymere steigt rasant an. Lag sie 2007 noch bei 315.000 Tonnen, soll sie sich bis 2010 auf rund 1,4 Millionen Tonnen erhöhen. „Wir beschäftigen uns deshalb intensiv mit Bakterien, die Monomere oder direkt Polymere erzeugen können und dabei als Ausgangsstoffe Zucker, ganz gleich, ob aus Rüben oder Zuckerrohr, beziehungsweise Fettsäuren aus entsprechenden ölhaltigen Pf lanzen wie Raps oder Mais nutzen“, erklärt Dr. Katrin Grammann, die im S2B Bio die entsprechende Arbeitsgruppe leitet. Nach den Vorstellungen der Marler Forscher könnten künftig Sportschuhe, CDs oder Küchenflächen zumindest zum Teil aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen. Während die fleißigen Helfer in den Bereichen Kosmetik und neue Werkstoffe damit schon an konkreten Produkten arbeiten, hat Dr. Jan Pfeffer mit seinen Mikroben andere Ziele. Sie sollen möglichst effektiv Biomethanol umwandeln. „Dieses einfache Molekül kann von speziellen Mikroorganismen verstoffwechselt werden und ist auf diese Weise ein idealer Baustein für eine Vielzahl industriell relevanter Verbindungen“, so der Experte. 2,5 MILLIONEN TONNEN IM JAHR Schon heute werden große Mengen Methanol aus Erdgas, Naphtha, Schweröl, Kohle oder Torf hergestellt. Die Biotechnologie hat künftig gleich zwei Aufgaben: zum einen die Rohstoffbasis um Holz, Biogas oder biogene Reststoffe zu erweitern, zum anderen neue Zugänge zu wichtigen chemischen Stoffen, wie Biopolymeren, zum Beispiel Polyhydroxy- FOTO: MARK MOFFETT/MINDEN PICTURES/PICTURE PRESS, EVONIK INDUSTRIES, BENNO GRIESHABER/VISUM 22 04.11.2008 17:13:32 Uhr 23 Vom Holz zum Futtermittel Ganz auf Biomethanol fokussiert ist die Arbeitsgruppe von Dr. Jan Pfeffer. Das einfache Molekül lässt sich mit spezialisierten Mikroben aus Holz oder Stroh gewinnen. Auf der anderen Seite können viele Mikroorganismen dieses Molekül einfach verstoffwechseln und so eine Vielzahl von chemischen Verbindungen herstellen, die für die Industrie interessant sind, zum Beispiel für die Herstellung von Futtermitteln. Der „Biosprit“ kann so zum Ausgangspunkt einer nachwachsenden Chemie werden. Foto Mitte: Prüfen der Identität von mikrobiellen Produzentenstämmen 23_Evonik_04-08_DE 23 Wo kommt die weiße Biotechnologie zum Einsatz? In den unterschiedlichen Bereichen wächst die weiße Biotechnologie unterschiedlich stark. Am meisten profitieren Fein- und Spezialchemie – hier ist Evonik weltweit führender Anbieter. Große Bedeutung haben Waschmittelenzyme, Vitamine oder Futtermitteladditive. Weitere Prognosen bis 2015: 50 Basischemie und Zwischenprodukte Spezialchemie Feinchemie 20 10 3 2 1 15 15 Polymere Anteile Prognose bis 2004 2015 Angaben in Prozent QUELLE: EVONIK INDUSTRIES, INFOGRAFIK: PICFOUR buttersäure oder Spezialchemikalien zu schaffen. In allen Fällen dient das Methanol-Molekül als gut zugängliche Kohlenstoffquelle. „In Raps und Rüben steckt mehr als nur die Vorstufe von Biodiesel und Biosprit. Als Grundstoffe für die industrielle Produktion tragen die Erträge des Ackers ein Mehrfaches zur Wertschöpfung bei als Brennstoff“, konstatiert Oetker. Gerade die deutsche Chemieindustrie steht nachhaltig zu dieser Erkenntnis. Schon heute nutzt sie jährlich mehr als 2,5 Millionen Tonnen. Diese haben immerhin einen Anteil am Grundstoffeinsatz von 12 Prozent–alsodeutlichmehralsbeiderWärmeerzeugung (5,5 Prozent), den Biokraftstoffen (4,7 Prozent) oder bei der Stromgenerierung (3,0 Prozent). Das S2B Bio von Evonik wird diesen Trend nicht nur stützen, sondern will mit innovativen Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen selbst zum Trendsetter werden. Hefen, Bakterien und Pilze werden dabei als unermüdliche Arbeitstiere weiterhin wertvolle Hilfestellung leisten. < 04.11.2008 17:13:36 Uhr INFORMIEREN 24 EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Wassernutzung Wasserversorgung Konsum steigt an Bewässerung von Agrarland verschlingt weltweit die Ressourcen 3.000 Angaben in km3 2.500 INFOGRAFIKEN: REDAKTION 4 Landwirtschaft 2.000 1.500 1.000 500 Industrie Haushalte 0 1950 1970 1990 2010 QUELLE: JPMORGAN 2008 1.488.000.000.000 Euro müssen bis 2020 investiert werden, um weltweit die Wasser versorgung zu sichern. Es fehlen Rohrleitungen, Speicher, Filter. In reichen Ländern wird zu wenig repariert, in armen fehlen Basiseinrichtungen. QUELLE: WELTBANK, UNDP Ökonomie des Wassers Nur ein Prozent des verfügbaren Wassers auf der Erde würde ausreichen, um die Welt zu versorgen. Der natürliche Wasserkreislauf – Regen, den die Flüsse ins Meer leiten, aus dem es wieder zu Wolken verdunstet – garantiert den Nachschub. Dennoch ist Wasser knapp. Mehr als 1 Milliarde Menschen hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, für über 2 Milliarden fehlen Sanitäreinrichtungen. Turkmenistan verbraucht weltweit am meisten Wasser. 5.322 Kubikmeter pro Einwohner und Jahr fließen fast vollständig in den Ackerbau, weil es bei heißem Klima wenig regnet. Auch die USA sind Großverbraucher, allerdings nicht ihre Landwirte, sondern Haushalte und Industrie YUKON, KANADA/USA 0,12 Einwohner je km2, 1.249.832 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr THELON, KANADA 0,01 Einwohner je km2, 14 .641.336 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Die kanadischen Flüsse führen viel mehr Wasser, als das 33-Millionen-EinwohnerLand verbrauchen kann AMAZONAS, BRASILIEN 3,66 Einwohner je km2, 273.767 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Wasser fließt reichlich im Norden. Im Osten leiden Mensch und Landwirtschaft unter Dürren Der weltweite Wasserverbrauch Verbrauch in Landwirtschaft, Industrie und Haushalten pro Einwohner und Jahr über 2.000 m3 1.001–2.000 m3 751–1.000 m3 501–750 m3 251–500 m3 101–250 m3 0–100 m3 Keine Angaben 24_Evonik_04-08_DE 24 30.10.2008 16:41:33 Uhr 25 Trinkwasser in Haushalten und Gewerbe 2007 Virtuelles Wasser Glasklare Sache Verborgene Quellen Anteil Kleingewerbe Baden, Duschen, In Deutschland Körperpflege ist Wasser besonders 11l Kochen, Essen, Trinken 5l Raumreinigung, Autopflege, Garten 45 l Gesamt 124 Liter je Einwohner und Tag 7l Wäsche waschen 15 l Geschirr spülen 7l Toilettenspülung 34 l sauber. Laut §3 der Trinkwasserverordnung muss es für Speisen, Getränke, Körperpflege und die „Reinigung von Gegenständen“ verfügbar sein. Also auch für die Autowäsche. QUELLE: BDEW, BERLIN 4.000 Liter verbraucht jeder Deutsche jährlich, die Hälfte mit Importware 1 Blatt Papier (80g/m2) 1 Mikrochip 1 Tasse Tee 1 Ei 1 Tasse Kaffee 1 Tüte Kartoffelchips 1 Hamburger (150g) 1kg Geflügelfleisch 1kg Basmatireis 1 Paar Schuhe (Rindsleder) 1 Jeans 1 Auto Liter 10l 32l 35l 135l 140l 185l Virtuelles Wasser bezeichnet die Wassermenge, die zur Herstellung eines Konsumgutes nötig ist. 2.400l 3.918l 4.200l 8.000l 10.850l 400.000l 0 3.000 6.000 9.000 12.000 QUELLE: RECHERCHE RHEIN/MAAS, MITTELEUROPA 318,61 Einwohner je km2, 1.396 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr 39 zwischenstaatliche Verträge begrenzen die Wasserrechte. Hohe Niederschläge in den Anrainerländern sichern den Normalbedarf INDIGIRKA, SIBIRIEN 0 Einwohner je km2, 973.515 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Der Wasserreichtum kann in der menschenleeren Region nicht verwertet werden. Infrastruktur für Wassertransporte ist nicht vorhanden HWANGHO, CHINA 156,43 Einwohner je km2, 361 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Zeitweise ein Fluss ohne Wasser: zu viele Nutzer, zu wenig Regen OUED DRÂA, MAROKKO 9,99 Einwohner pro km2 2 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Fehlende Niederschläge senken den Grundwasserspiegel. Erst 50 km vor der Mündung in den Atlantik führt der Fluss Wasser OGOWE, GABUN 1,93 Einwohner pro km2, 289.401 m3 Wasser pro Einwohner/Jahr Stärkster Fluss Afrikas: unerreichbare Flusstäler im Regenwald, den bisher nur eine Bahnlinie erschließt QUELLE WELTKARTE: FAO AQUASTAT, AUGUST 2008; QUELLE FLÜSSE: EARTHTRENDS DATA TABLES 25_Evonik_04-08_DE 25 30.10.2008 16:41:41 Uhr 26 BEWEGEN 26_Evonik_04-08_DE 26 REPORT INDIEN EVONIK-MAGAZIN 4/2008 04.11.2008 16:37:13 Uhr 27 Stadt der Gegensätze: In den Slums vor Bangalore, dem indischen WirtschaftsZentrum, holen Frauen Wasser – überragt von der imposanten Glaspyramide der Infosys Technologies Ltd., einer global agierenden IT- Firma Strom nach Indien FOTO: PANOS PICTURES/VISUM Indien wird beim Wachstum sogar China überholen, erwarten Experten. Doch 400 Millionen Inder sind noch ohne Elektrizität. Hier kann Evonik vor Ort helfen 27_Evonik_04-08_DE 27 04.11.2008 16:37:24 Uhr Ohne Strom: Provisorisch wird ein Neubaugebiet in Gurgaon bei Neu-Delhi mit Strom versorgt. Immer mehr Unternehmen und Pendler zieht es in die Satellitenstadt 28_Evonik_04-08_DE 28 31.10.2008 13:53:31 Uhr EVONIK-MAGAZIN 4/2008 REPORT INDIEN BEWEGEN 29 Unter Strom: Nachts erstrahlt die Shoppingmeile in Bangalore. Indiens „Silicon Valley“ ist Standort 1.500 ausländischer Unternehmen. 6 Millionen Menschen wohnen in dem Ort, der noch vor 15 Jahren 2,5 Millionen Einwohner hatte. Infrastruktur und Stromversorgung können mit dem Fortschritt kaum mithalten FOTOS V. L.: ELLERINGMANN/LAIF, JOHN HICKS, REUTERS/CORBIS (2) Zwischen Highway und Holzkarre 29_Evonik_04-08_DE 29 Ein improvosierter Schulbus transportiert mehr als 35 Kinder am Rand Neu-Delhis zur Schule. Die Anzahl von Grundschulen ist seit den 50er-Jahren um 230 Prozent gestiegen, nichtsdestotrotz ist Indien mit rund 400 Millionen nach wie vor das Land mit der höchsten Analphabetenrate der Welt 31.10.2008 11:47:04 Uhr 30 BEWEGEN REPORT INDIEN EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Blick auf die Kraftwerksanlage vom Dach des Pumpenhauses; Werksleiter Mathura Kumar Gupta 450 Milliarden Dollar für die Infrastruktur INDIENS BOOM sind durch Engpässe in der Energie-Erzeugung immer noch Grenzen gesetzt. Zwischen Strombedarf und -angebot klafft zu Spitzenzeiten eine Lücke von 13 Prozent. Das erschwert die Anbindung der 400 Millionen Inder, die noch ganz ohne Strom leben müssen. Firmen sind durch Stromausfälle zum Einsatz teurer, abgasintensiver Generatoren gezwungen. Durch Diebstahl und Übertragungsverluste verliert das Land zudem noch immer 40 Prozent seines Stroms. Die Elektrizitätsbranche befindet sich im Aufschwung, seit eine Gesetzesänderung 2003 das Regulierungsumfeld merklich verbessert hat: Wettbewerb und Marktkräfte greifen zunehmend, und die Tür für private Investitionen wurde weit aufgestoßen, Manager werden optimistisch: „In Energieprojekte kommt eindeutig Bewegung“, erkennt Siemens-Chef Peter Löscher. Sein Konzern geht davon aus, dass Indiens Markt für Strom-Erzeugung und -übertragung ein Jahrzehnt lang um mindestens zehn Prozent jährlich wächst. Geschäfte versprechen sich Lieferanten von fast 80.000 Megawatt zusätzlich zu bauender Kraftwerksleistung, die bis 2012 geplant sind. Sie sind Teil der 450 Milliarden US-$ Infrastruktur-Investitionen, die der Staat in dieser Zeit anschieben will. 30_Evonik_04-08 30 Der größte Teil davon soll in den Energiesektor fließen. Experten sehen Indien bereits auf dem richtigen Weg: Eine nennenswerte Zunahme privater Infrastruktur-Investitionen soll sich nach Berechnung der Unternehmensberatung Ernst & Young AG bis 2012 auf 100 Milliarden US-$ summieren. Angeführt von Reliance Energy Ltd. und Tata Power Ltd. mobilisieren große Konglo merate Milliarden für den Bau von Kraftwerken. IN SURAT IST INDIENS ZUKUNFT ZUM GREIFEN NAH Marktchancen für Hochtechnologie-Anbieter aus Deutschland öffnen sich auch durch die Modernisierung alter Anlagen, denn mit herkömmlichen Methoden wäre der Hunger nach Energie kaum zu decken – vor allem nicht umweltschonend. The Energy and Resources Institute (TERI), Indiens bekanntestes Energie-Forschungsinstitut, geht davon aus, dass sich der Verbrauch des Hauptenergieträgers Kohle in den kommenden 25 Jahren verdreifacht: von 125 Millionen auf 400 Millionen Tonnen pro Jahr. „Kohle ist und bleibt die Hauptquelle unserer Stromversorgung“, unterstreicht Rakesh Nath, Chairman der Central Electricity Authority (CEA), der technischen Abteilung des Strom-Ministeriums. Vor allem durch die Steigerung der Energie-Effizienz FOTOS V. L.: EVONIK INDUSTRIES (2), MOLERES/LAIF TEXT OLIVER MUELLER 31.10.2008 13:34:21 Uhr 31 Inseln des Luxus: Der Swimmingpool steht den Angestellten des IT-Dienstleisters Infosys zur Verfügung. Infosys sitzt in einem Vorort Bangalores, der „Electronic City“, und ist mit 91.000 Mitarbeitern und 40 Niederlassungen weltweit präsent alter Kraftwerke sieht Nath „riesigen Raum für Verbesserungen“. Dies belegt auch eine von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) unterstützte Studie, bei der Evonik Energy Services GmbH alle bestehenden 85 Kraftwerke des Landes auf ihr Effizienzpotenzial untersucht. Zu 35 liegen bereits konkrete Daten vor: Im Schnitt liegt deren Wirkungsgrad zehn Prozent unter den möglichen Parametern. „Wenn wir dort moderne deutsche Technik einbauen wie Online-Überwachungssysteme, dann sind riesige Effizienzsteigerungen möglich“, meint V. S. Verma vom Planungsstab der CEA. Neue Kraftwerke werde sein Land künftig von Anfang an mit den modernsten Optimierungstechniken ausstatten. In einigen haben die Arbeiten begonnen, und Evonik Industries AG ist ein wichtiger Lieferant. Die IT-Sparte der Evonik Energy Services GmbH hat mit ihrer Optimierungssoftware „SR::EPOS“ bereits mehr als ein Dutzend Kohle-Kraftwerksblöcke fit gemacht für die Zukunft. Das Potenzial ist viel größer – und wird zunehmend ausgeschöpft: Evonik hat gerade mit Bharat Heavy Electrical Ltd. (BHEL), einem der größten Anlagenbauer Indiens, einen Rahmenvertrag zur Ausrüstung von 14 Kraftwerks-Neubauten abgeschlossen. Darüber hinaus besteht eine Option auf die Lieferung von bis zu 40 weiteren Systemen. 31_Evonik_04-08_DE 31 In Surat ist Indiens Boom zum Greifen nah. Die Hafenstadt am Arabischen Meer pflegt seit Jahrhunderten enge Handelskontakte mit dem Rest der Welt. Die Stadt an der Küste des westindischen Bundesstaats Gujarat hat sich inzwischen zu einem Zentrum der Petrochemie aufgeschwungen. Eine Ausfallstraße führt hinaus aus der dichten Hochhausbebauung der Innenstadt, vorbei an Palmen und Reisfeldern ins Industriegebiet Hazira. Zwischen den riesigen Petrochemieanlagen von Reliance Industries, Indiens größtem Industriekonglomerat, und einem ausladenden Werk des Anlagenbauers Larsen & Toubro Ltd. recken sich vier Kraftwerks-Schornsteine in den subtropischen Himmel. Die Anlage gehört dem staatlichen Versorger Gujarat State Energy Generation Ltd. (GSEG). Ihre zwei Gasturbinen und die Dampfturbine leisten 156 Megawatt (MW). Seit der Inbetriebnahme 2001 wird dieses hocheffiziente Kraftwerk gemanagt und gewartet vom Geschäftsgebiet EnergieDienstleistungen von Evonik. „Das war unser erster Auftrag für Betriebsführung in Indien“, erklärt Mathura Kumar Gupta stolz. Für den Kraftwerksleiter beweist Evonik in Hazira, dass private Anbieter Kraftwerke effi zienter und billiger betreiben können als ihre in Indien meist staatlichen Eigentümer. Hemant Gajjar bestätigt dies: „Indem wir den Betrieb in professionelle Hände legen, können wir unsere finanziellen und personellen Ressourcen für Wichtigeres einsetzen, nämlich Expansion“, erklärt der örtliche General Manager des Besitzers GSEG. Mit einem ambitionierten Neubauprogramm will der Bundesstaat Gujarat in fünf Jahren sein Elektrizitätsdefizit behoben haben. Der Ausbau des Kraftwerks in Hazira um weitere 350 MW hat gerade begonnen. Die Betreiberfrage ist noch ungeklärt. „Aber Evonik wäre ein natürlicher Partner“, lacht Gajjar. Für den drahtigen Manager hat die Vergabe von Betriebsführungsaufträgen an Dritte in Indien eine exzellente Zukunft. ASIENS TOP-MARKT VON MORGEN Der Kraftwerksmarkt in Indien rückt für Evonik Industries immer stärker in den Mittelpunkt des Auslands-Energiegeschäfts. „Dieses Land ist einer unserer größten Wachstumsmärkte weltweit“, erklärt Dr. Ralf Gilgen, Vorsitzender der Geschäftsführung von Evonik Energy Services GmbH. „Es ist sicher unser Top-Markt der Zukunft in Asien.“ Derzeit liegt der Fokus weiter auf Dienstleistungen. Immerhin macht Indien bereits zehn Prozent der weltweiten Umsätze von Energie-Dienstleistungen aus – Tendenz steigend. Mittelfristig geht die Evonik Energy > 31.10.2008 11:50:13 Uhr 32 BEWEGEN REPORT INDIEN EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Dinesh Patel, Amit Panchal und Rajesh Vaghasia aus dem Wartungsteam reparieren eine Klimaanlage auf dem Turbinenhaus; Verwaltungschef Baiju Anthony, Wartungschef D.C. Shekar und Operation Manager Praveen Patel > Services GmbH dort von 10 bis 15 Prozent Umsatzwachstum pro Jahr aus. Evonik bietet eine breite Palette von Diensten an: Sie reichen von Ingenieurdienstleistungen wie dem Design von Kraftwerken über die Modernisierung von Altanlagen mit modernsten ITSystemen bis hin zu Betrieb und Wartung. Die Essener sind zudem in dem für Indien besonders wichtigen Bereich der sauberen Kohleverstromung stark, und sie haben das Marktpotenzial vor der Konkurrenz erkannt: Bereits 2001 wurde eine Landestochter in Delhi, Evonik Energy Services (India), Pvt. Ltd., gegründet. Diese hat mit 180 Mitarbeitern inzwischen auch für Großaufträge die nötige kritische Masse. Die umwelttechnische Nachrüstung von Altanlagen verlangt nach immer neuen Investitionen. Zur Stärkung des Betriebsführungsgeschäfts etwa wird der Aufbau einer Schulungseinrichtung erwogen. Sie würde auch einem wachsenden Facharbeitermangel entgegenwirken. In Hazira verlangt diese Folge des Booms in der Elektrizitätsbranche Werksleiter Gupta tagtäglich hohe Führungsqualitäten ab: „Mitarbeiter bei der Stange zu halten und zu motivieren ist meine wichtigste Aufgabe“, berichtet der freundliche hemdsärmelige Manager. Beim Wettbewerb um Fachkräfte ist gute Bezahlung nicht alles: Die Fluktuationsrate in seinem 72-Mann-Team hält Gupta durch besondere 32_Evonik_04-08_DE 32 Angebote im Rahmen wie etwa einem Busdienst, der Angestellte in der Stadt abholt und ihre Kinder zur Schule fährt. Schlüsselpersonal wohnt in hübschen Wohnungen auf dem Werksgelände. Personalführung ist nach Einschätzung von Unternehmensberatern für den Erfolg von Dienstleistern in Indien besonders kritisch. Denn nur wer stabile, hochkarätige Teams bildet und deren Stärke stets mit dem expandierenden Markt mitwachsen lässt, kann bei Kunden auf Dauer punkten. Als Personalchef kommt damit Jatinder Singh eine Schlüsselposition zu. „Auch Fortbildungs- und Karriereentwicklungs-Programme sind wichtig, um Mitarbeiter zu halten“, erklärt der Ingenieur. AUS INDIENS WISSEN KOMPETENZ ENTWICKELN Werksleiter Gupta hat von diesen profitiert. Er ist ein Beispiel für die schnellen Aufstiegsmöglichkeiten, die ehrgeizige Fachkräfte bei Evonik finden: Der 37-jährige Elektroingenieur stammt aus einer abgelegenen Kleinstadt in Bihar, einer der ärmsten Gegenden des Landes. Verglichen mit 1995, als er in Surat ankam, erkennt Gupta seine Umgebung kaum wieder: „Vor zehn Jahren war das hier eine kleine Stadt mit schlechten Straßen“, erinnert er sich. „Jetzt ist Surat sauber und ordentlich, die Wirtschaft wächst rasant, und niemand kann das aufhalten.“ Die Dynamik der Region war ein Lockmittel, um D.C. Shekar für einen Umzug nach Surat zu gewinnen. „Die Lebensqualität hier ist exzellent“, sagt der frisch von der Konkurrenz weg geheuerte Leiter des KraftwerksWartungsteams. Aber der Hauptgrund für seinen Wechsel zu Evonik war ein anderer: „Ich habe nach einer besseren Firmenkultur gesucht und nach mehr Teamgeist, und beides finde ich hier“, erklärt der hochgewachsene Südinder mit kräftiger Stimme. Zusammen mit drei Sicherheitsingenieuren testet er gerade einen schweren Lastkran, mit dem demnächst eine Turbine zur Wartung aus ihrem Gehäuse gehoben werden soll. In der gegenüberliegenden Wasseraufbereitungsanlage wechseln drei weitere Mitarbeiter eine Wasserpumpe aus. In einem Kontrollraum überwacht derweil der Chemiker Rajesh Patil den aufwendigen Wasserreinigungsprozess am Bildschirm. Dieses Kraftwerk hat vor acht Jahren den Grundstein gelegt für die Expansion von Evonik in Indien. Der Vater des Erfolgs ist ein jovialer Herr mit geschliffenen Umgangsformen, der Ruhe und Kompetenz ausstrahlt und zugleich schnell und scharf denkt: Dr. Jacob T. Verghese. „Hazira war unser erster Meilenstein“, erinnert sich der Länderchef an die Anfänge. Inzwischen hat dieser Mann der ersten Stunde viele weitere hinzugefügt. Der jüngste FOTOS V. L.: EVONIK INDUSTRIES (2), ELLERINGMANN/LAIF Ein geschliffener Ton, Ruhe und Kompetenz 05.11.2008 9:45:18 Uhr 33 Platz für Unterhaltung: 25 km vor den Toren Bangalores hat der Wonder-La-Freizeitpark eröffnet. Der Park lädt zur Fahrt auf den neuesten Loopingbahnen, Wasserrutschen, ins VirtualReality-Theater und in die größte Lasershow Indiens 33_Evonik_04-08_DE 33 Sitz des Kunden abgewickelt werden. Gilgen erläutert den Hintergrund dieser strategischen Initiative. Er geht davon aus, dass Indien in absehbarer Zeit zur weltweit größten Ingenieursbasis seiner Sparte wird. Im IT-Bereich, dem Pionier, klappt die globale Vernetzung der Teams inzwischen bestens. „In Indien kommt für uns vieles zusammen“, erläutert Diplomingenieur Martin Hay vom Bereich System Technologies, der auf IT-Lösungen für Kraftwerke spezia- Neu-Delhi Indien Kalkutta Surat Bombay INFOGRAFIK: PICFOUR ist der Bezug eines neuen, blau verglasten Bürogebäudes in Noida, einer rasch wachsenden Trabantenstadt am Rande Delhis. Dank Vergheses Umtriebigkeit waren die alten Räume schnell zu klein geworden. Zur feierlichen Eröffnung des neuen IndienHauptquartiers entzündet Evonik-EnergyServices-GmbH-Chef Gilgen nach alter Tradition eine Öllampe an der Türschwelle. Dann wendet er sich an den ersten EvonikMitarbeiter in Indien: „Sie haben damals mit einem kleinen Baby angefangen“, sagt er zu Verghese, „heute sind Sie Vater eines großen Kindes.“ Evonik braucht neue Mitarbeiter nicht nur, um den wachsenden lokalen Markt zu bedienen. Das Unternehmen will Indiens Wissensressourcen künftig noch stärker und strategischer für seinen weltweiten Erfolg nutzen, wie General Electric, IBM, Siemens, Microsoft oder SAP. „Wir planen einen deutlichen Ausbau unserer Ingenieurskapazitäten in Indien“, skizziert Länderchef Verghese die Zukunft. Was das Unternehmen dort bei der Software-Entwicklung bereits erfolgreich vorpraktiziert, soll künftig auf andere Bereiche ausgedehnt werden: Indien bekommt auch in Bereichen wie Betriebsführung und Detailplanung neuer Kraftwerke größeres Gewicht im globalen Ingenieursnetzwerk von Evonik, über das Aufträge zunehmend unabhängig vom Bangalore Indischer Ozean Die größten Wirtschaftszentren sind die boomenden Metropolregionen des Landes lisiert ist. Neben der Verfügbarkeit guter Ingenieure und der Nähe zu neuen Wachstumsmärkten in Asien streicht er einen dritten Faktor heraus: „Die Zusammenarbeit mit Indien stärkt unsere Innovationskraft.“ Hays Fazit: „Unsere Präsenz in Indien erhöht das Produktentwicklungstempo deutlich.“ Ingenieure in Delhi waren zum Beispiel maßgeblich beteiligt an der Entwicklung eines neuen Systems zur statistischen Prozesskontrolle. Durch intelligente Datenauswertung entdeckt dieses Schwachstellen bei Kraftwerkskomponenten besser und früher als zuvor. Evonik gibt diesem System gerade in Indien gute Marktchancen. Mit seiner Hilfe könnte etwa die Leit warte in Hazira zukünftig Hinweise von Kollegen aus Delhi bekommen, die das Kraftwerk dort aus der Ferne am Bildschirm überwachen. Leistungsfähige Datennetze überbrücken inzwischen nicht nur Distanzen wie die zwischen Delhi und Hazira innerhalb Indiens. Theoretisch könnten indische Techniker mit Hilfe der Überwachungs- und OptimierungsSysteme von Evonik heute schon Kraftwerke in Deutschland aus der Ferne analysieren. „Das ist zwar noch Zukunftsmusik“, meint Gilgen. Doch irgendwann werde der Schritt von der technischen Machbarkeit zur operativen Umsetzung kommen. Dann könnte Indien auch im Bereich Betriebsführung globale Kompetenzen entwickeln. < 31.10.2008 11:50:21 Uhr 34 ENTWICKELN ANTI-AGING EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Die Haut überlisten Die Forschung weiß heute mehr über die Regeneration der Haut als je zuvor. Neue bioaktive Substanzen und Wirkstoffe lassen das Altern alt aussehen – ganz ohne Skalpell TEXT CORNELIA STOLZE FOTO: GETTY IMAGES/RALF NAU NOCH BIS VOR wenigen Jahren war die Sache mit dem Altwerden ein klarer Fall: Wenn im Gesicht die ersten Falten auftauchten und die Haut ledrig wurde, half nur eines: sich möglichst bald damit abfinden. Doch die Zeiten haben sich geändert. Schönheit ist nicht nur zu einem Faktor für beruflichen Erfolg und soziale Anerkennung geworden – Aussehen schafft Ansehen. Attraktive Männer bekommen im Schnitt 15 Prozent mehr Gehalt, Frauen immerhin noch 11 Prozent. Gut aussehende Gesetzesbrecher werden häufiger freigesprochen als die hässlichen. Erfreulicherweise verstehen Wissenschaftler auch immer besser, was in unserer äußeren Hülle passiert, wenn sie altert – und wie man diese Prozesse auch ohne Skalpell oder Spritze gezielt beeinflussen kann. „Die Fortschritte, die auf diesem Gebiet in den vergangenen Jahren erzielt wurden, sind enorm“, sagt Prof. Dr. Jean Krutmann, Direktor des 34_Evonik_04-08_DE 34 Instituts für umweltmedizinische Forschung (IUF) an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gGmbH. Erstmals, so der Dermatologe, sei es heute mithilfe neuer Wirkstoffe möglich, den altersbedingten Abbau in der Haut nicht nur zu stoppen, sondern auch „eine Menge dieser Prozesse zurückzudrehen“. Dank molekularbiologischer Technologien können Forscher heute nämlich viel gezielter als bisher nach Substanzen suchen, mit denen sich der Aufbau und die Zusammensetzung der Haut schon in geringsten Konzentrationen nachweislich verbessern lässt. HEISS BEGEHRTE ACTIVES Solche bioaktiven Substanzen, im Fachjargon auch „Actives“ genannt, sind in der Branche heiß begehrt. Die Evonik Industries AG hat die Zeichen der Zeit früh erkannt – als erster Hersteller von kosmetischen Wirkstoffen hat die heutige Evonik Goldschmidt GmbH unter anderem die sogenannte DNA-Chip-Technologie in ihrer Forschung eingeführt. „Damit können wir heute nicht nur die Wirkung von Substanzen auf insgesamt 35.000 bekannte Gene parallel testen“, erläutert Dr. Mike Farwick, Leiter der Wirkstoffentwicklung der Produktlinie Personal Care des EvonikGeschäftsbereichs Consumer Specialties in Essen. „In einem einzigen Durchgang lassen sich damit auch Tausende von Einzelexperimenten machen, die früher nacheinander ausgeführt werden mussten.“ Aus der sprichwörtlichen Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“ ist damit eine hocheffiziente „Raster-Fahndung“ geworden, die auf detaillierten Kenntnissen der Molekularbiologie und Hautphysiologie basiert. Zum einen weiß man, dass jede Hautzelle – wie alle Zellen des menschlichen Körpers – eine kleine Fabrik ist: Für viele Stoffwechselvorgänge, die in ihr stattfinden, schaltet die Zelle je nach Bedarf bestimmte Gene an oder aus. Neben inneren Faktoren spielen dabei auch äußere Einflüsse eine Rolle. Ob Sonne, Kälte oder Nässe – die Hautzellen passen ihren Stoffwechsel so weit wie möglich den Umgebungsbedingungen an. > 30.10.2008 16:09:12 Uhr Jede 10. verkaufte Gesichtspflege trägt inzwischen den Untertitel Anti-Aging. („Focus“) 35_Evonik_04-08_DE 35 31.10.2008 16:45:27 Uhr ENTWICKELN 36 ANTI-AGING 98% EVONIK-MAGAZIN 4/2008 aller Männer weltweit 60 Minuten Das Gros beider Geschlechter verbringt täglich im Bad und benutzt sieben bis zehn Produkte. („Focus“) 80% 78% der Falten entstehen durch Ultraviolett-Strahlung. 35.000 Gene gleichzeitig testet die DNA-Chip-Technologie – zur Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen das Altern. der Frauen wünschen sich ein Präparat, das Falten glättet oder zumindest reduziert. (Quelle: Institut für Rationelle Psychologie München) Fast alle Cremes bestehen zu aus Wasser. („Stern“) 60–70% In Deutschland werden jährlich rund 500.000 ästhetisch-plastische Operationen durchgeführt. Vor zehn Jahren ließen sich gerade einmal 100.000 Menschen > Zum anderen ist seit Langem bekannt, dass sowohl einige natürlich vorkommende als auch manche chemisch hergestellte Verbindungen den Aufbau und die Zusammensetzung der Haut schon in geringen Konzentrationen verändern können. Die Kunst besteht nun darin, unter den Hunderttausenden unterschiedlichen, weltweit verfügbaren Substanzen jene wenigen zu finden, die sowohl wirksam als auch spezifisch und gut verträglich sind. Genau hier liegt die Stärke der DNAChip-Technologie. Mit ihr lässt sich messen, wie aktiv ein Gen in der Zelle ist: Ist es angeschaltet, liegen in der Zelle Tausende von Abschriften des Gens vor, sogenannte Messenger-Ribonukleinsäuren (mRNA). Ist es nur schwach aktiv, ist die Menge der jewei- Der Haut auf die Sprünge helfen Durch den Inhaltsstoff PS SLC können tiefe Falten innerhalb von vier Wochen um rund zehn Prozent verringert werden. Die Regeneration der Haut erfolgt dabei doppelt so schnell. Die Grafik zeigt das Hautprofil vor und nach der Behandlung. PS SLC funktioniert, weil es ein Derivat des natürlichen Hautbestandteils Phytosphingosin ist. 100 Profiltiefe (μm) 0 –50 Fettmoleküle (Ceramide) füllen die tieferen Furchen und glätten die Haut –100 Tief dringt der Wirkstoff in die Hautschicht ein und regt den Aufbau von Ceramiden an –150 –200 Profilbreite (mm) –250 0 36_Evonik_04-08_DE 36 1 2 3 4 5 INFOGRAFIK: DR. DIETER DUNEKA 50 ligen mRNA entsprechend geringer oder unter der Nachweisgrenze. Um herauszufinden, welche Substanzen einen Effekt auf die Haut haben und welche nicht, testen die Evonik-Forscher potenzielle Wirkstoffe zunächst an Zellkulturen: Ein Schale mit isolierten Hautzellen wird mit dem Teststoff behandelt, die andere nicht. Anschließend vergleichen die Forscher per DNAChip, welche Gene in der einen und welche in der anderen Probe ak tiviert oder ausgeschaltet waren. Dadurch, dass auf einen einzigen Chip „Sonden“ für Tausende von GenKopien passen, lassen sich damit 35.000 Gene zur gleichen Zeit überprüfen. Erstmals ist es mit dem Verfahren in der kosmetischen Forschung möglich geworden, frühzeitig zu bestimmen und umfassend zu beurteilen, welchen Einfluss einzelne Substanzen auf die Haut haben. Entscheidend ist dabei nicht nur, ob die Verbindung biologisch wirksam ist. Mindestens ebenso wichtig ist, dass der Stoff gut verträglich ist und der Haut oder dem Organismus nicht schadet. Deshalb testen die Evonik-Forscher stets mit, ob es Hinweise auf eine toxische Wirkung der eingesetzten Substanzen gibt. Der neue Forschungsansatz hat sich bereits bewährt. Vor wenigen Jahren sind Mike Farwick und seine Kollegen unter anderem auf einen Wirkstoff gestoßen, der 30.10.2008 17:22:48 Uhr verwenden heute Pflegeprodukte. (Studie von „Global Cosmetic Industry“) Eine Marketinganalyse der Kosmetikbranche zählt 11.000.000 Männer, in Deutschland rund die regelmäßig ihr Gesicht pflegen – fast jeder dritte. 20% der Kosmetik-Produkte, die heute auf dem Markt sind, gab es vor fünf Jahren noch nicht. (Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V., IKW) 2% Für nur der Frauen über 25 Jahre kommt eine Schönheits-OP als Anti-Aging-Maßnahme infrage. Über 90% der Frauen benutzen Gesichtscreme. (IKW, 2002) (Emnid/„Oil of Olaz Anti-Ageing-Studie 2004“) JEDE 10. FRAU benutzt Anti-Aging-Kosmetik gegen feine Linien im Gesicht. (Emnid/„Oil of Olaz Anti-Ageing-Studie 2004“) aus optischen Gründen operieren. Zum Vergleich: In den USA sind es bereits über 9 Millionen. (Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie, DGÄPC) maßgeblich dazu beiträgt, die Alterungserscheinungen der Haut zu minimieren. Wie eine extern durchgeführte Studie mit 30 freiwilligen Testpersonen gezeigt hat, verringert die Substanz mit dem zungenbrecherischen Namen Salicyloyl-Phytosphingosin (PS SLC) gerade die tiefen, besonders sichtbaren Falten innerhalb von vier Wochen um rund zehn Prozent. FOTO: TAXI/GETTY IMAGES DAS RICHTIGE REZEPT Der Grund: PS SLC fördert unter anderem die Bildung bestimmter Fettmoleküle (Ceramide), die in der äußersten Schicht der Haut eine wichtige Rolle beim Schutz vor Wasserverlust spielen. Genau an diesen Stoffen fehlt es der Haut mit zunehmendem Alter. Zum Vergleich: Eine Großmutter hat gerade einmal noch rund die Hälfte der Menge von Ceramiden in ihrer Haut, die sie als Zehnjährige hatte. Mit dem neuen Wirkstoff lässt sich ein Teil dieser Veränderungen in der Haut zurückdrehen: Ihr Feuchtigkeitsgehalt steigt, und die Haut wird deutlicher elastischer. Ein guter neuer Wirkstoff allein, betont Mike Farwick, macht jedoch noch nicht den Erfolg aus. Mindestens genauso wichtig ist es, ein passende Formulierung, also das richtige „Rezept“ zu finden. Der Mix mit anderen Creme-Bestandteilen wie Wasser und Ölen entscheidet nämlich darüber, wie viel beziehungsweise wie wenig man von 37_Evonik_04-08_DE 37 dem aktiven, in der Regel teuren Wirkstoff in einer Creme einsetzen muss, um eine bestimmte Effektstärke zu erzielen. „Je nachdem ob man die richtige Mischung gefunden hat oder nicht, kann sich die nötige Wirkstoffmenge schon einmal um den Faktor sechs unterscheiden.“ Lange Zeit haben Kosmetikhersteller einen Großteil ihrer Entwicklungsarbeiten darauf verwendet, diesen perfekten Mix zu finden. Neuerdings zeichnet sich jedoch ein neuer Trend ab. Selbst große, internationale Produzenten stützen sich inzwischen auch bei der Entwicklung fertiger Cremes und Lotionen gerne auf das Know-how der EvonikForscher. „Immer mehr Kunden wünschen sich heute, dass wir Ihnen eine Art „Allinclusive-Lösung“ bieten. Deswegen übernehmen wir inzwischen zunehmend Untersuchungen, die die Firmen früher selbst vornehmen mussten“, sagt Farwick. Auf Wunsch bieten die Evonik-Forscher Kosmetikherstellern daher häufig Komplettlösungen an – von der toxikologischen Prüfung über Aktivitätsbeweise bis hin zu Stabilitätsanalysen und fertigen Formulierungen für kosmetische Produkte. „Dadurch verkürzt sich für den Kunden nicht nur der Produktinnovationszyklus“, erläutert Farwick. „Dank unserer Vorarbeiten kann er auch entspannt und flexibel auf Veränderungen des Markts reagieren.“ < 05.11.2008 9:23:29 Uhr 38 INFORMIEREN EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Hardware und Know-how für den Computer der Zukunft Eine recht unscheinbare Kunststofffläche hat mit einer fast revolutionären Technologie eine große Zukunft vor sich: Das Computer-Display des Microsoft Surface reagiert auf Berührung und Bewegung, Maus oder Tastatur werden überflüssig. Um Ordner zu öffnen, Objekte zu verschieben oder Filme abzuspielen, reicht eine einfache Bewegung oder Berührung mit dem Finger – auch durch mehrere Personen gleichzeitig. „Der interaktive Surface-Tisch wird die Shoppingund Ausgehgewohnheiten und das tägliche Leben von Verbrauchern rund um die Welt revolutionieren“, glaubt Pete Thompson, General Manager Microsoft Surface. Das anwendungs- und produktionstechnische Know-how sowie das entscheidende Material für die visuelle Schnittstelle des innovativen Tabletops liefert die Evonik Industries AG. Die notwendige Projektionshardware ist aus mehreren optischen Funktionsschichten aufgebaut, materielle Basis ist dabei PLEXIGLAS mit seinen exzellenten optischen und physikalischen Eigenschaften. In komplexen Prozessschritten werden die PLEXIGLAS-Komponenten im hessischen Weiterstadt zum „Computer der Zukunft“ zusammengebaut, die Produktionskapazitäten 2008 bereits stark erweitert. FOTO: MICROSOFT Auf dem Weg zum Surface-Computing Die Zukunft hat begonnen. Das Display des Microsoft Surface reagiert auf Berührungen, es erkennt mehr als 50 gleichzeitig Partnerschaft mit dem Welt-Wirtschafts-Forum FOTO: BA HUBER Raum für wichtige Fragen Die Partnerschaft zwischen der Evonik Industries AG und dem Welt-WirtschaftsForum geht mit einer Vertragsverlängerung in die zweite Runde. Das unabhängige Forum mit Sitz in Genf (Schweiz) ist Diskussionsort für globale ökonomische, ökologische und soziale Probleme. Neben regionalen Veranstaltungen initiiert das Forum jährliche Gipfeltreffen in Davos (Foto links, Schweiz), die mit Teilnehmern aus führenden internationalen Unternehmen, Regierungen weltweit und gesellschaftlichen Organisationen wegweisend sind. „Mit der Fokussierung auf die Megatrends Energie-Effizienz und Globalisierung ergänzen wir uns ideal“, meint Dr. Klaus Engel, designierter Vorsitzender des Vorstands von Evonik. Konkret ist Evonik in zwei Initiativen aktiv: der Initiative „Climate Change, Sustainability and Clean Energy“ zur Gestaltung der Post-Kyoto-Zeit sowie der Initiative „Collaborative Innovation“, die übergreifend Treibhausgase minimieren will. Magazin „zwanzig 10“ feiert Ruhr-Region als Kulturhauptstadt Europas Hochglänzende Zukunft FOTO: PRIVAT Die Kulturhauptstadt Ruhr.2010 ist auch das Programm einer Zeitschrift: Das Hochglanzmagazin „zwanzig 10“ begleitet und kommentiert den Weg der Ruhr-Region zur Kulturhauptstadt Europas seit Ende 2007. EVONIK-MAGAZIN Kulturland Deutschland, was kann das Ruhrgebiet dazu auch nach 2010 beitragen? 38_Evonik_04-08_DE 38 MARGRIT GRÄFIN VON WESTPHALEN ZU FÜRSTENBERG (MGvW) Das Ruhrgebiet ist die Boom-Region im Herzen Europas. Hier können wir die Gesellschaft von morgen schon heute beobachten. EVONIK-MAGAZIN In ein paar Worten: Was ist ihr Magazin-Konzept? MGvW Neue Bilder – andere Worte! „zwanzig 10“ beinhaltet hochwertigen Journalismus für eine elitäre und kultivierte Zielgruppe. Wir wenden uns an Entscheider aus Wirtschaft und Politik und wollen den kulturellen Reichtum des Reviers vorstellen. „zwanzig 10“ ist aber auch ein künstlerisches Projekt. EVONIK-MAGAZIN Wie kam es zu „zwanzig 10“? MGvW Die Zeit war reif für ein hochwertiges Imageprodukt in der Ruhr-Region. Diese Idee beschäftigte mich, und in Stefan Meutsch fand ich einen innovativen, ambitionierten Verleger. EVONIK-MAGAZIN Wie wird sich das Magazin nach 2010 verändern? MGvW „zwanzig 10“ wird das Kulturmagazin in Deutschland sein, denn es bietet einen enormen Spielraum für den Aufbau im Sinne einer klassischen Marke. Hier denke ich zum Beispiel an einen Kulturhauptstadt-Guide oder an das weite Feld des Merchandising … Margrit Gräfin von Westphalen zu Fürstenberg ist Herausgeberin von „zwanzig 10“ 30.10.2008 16:21:10 Uhr 39 Digitalfunk – zum Beispiel bei der Feuerwehr FOTOS: CATRIN MORITZ Das neue Sicherheitsnetz Im Ruhrgebiet hat die Evonik Energy Services GmbH das deutschlandweit größte öffentliche Digital-Mobilfunknetz im Tetra-Standard installiert. SENET heißt das neue Angebot. Zu den ersten Kunden zählen Stadtwerke, Feuerwehren, Ölraffinerien, ein Chemiewerk und mehrere Taxiunternehmen. Damit stehen sie an der Spitze des Fortschritts, denn beim Betriebsfunk ist Digitaltechnik noch längst nicht Standard. Die deutsche Polizei, zum Beispiel, plagt sich noch immer mit alten Analog-Funkgeräten. Warum eigentlich Betriebsfunk, fragt sich der Laie – schließlich hat heutzutage doch jeder ein digitales Handy. So ähnlich hat man bei Evonik im Geschäftsbereich Energie auch gedacht, erzählt Hans-Dieter Rahmann, Projektleiter für SENET. Doch dann platzte vor einigen Jahren eine Fernwärmeleitung. Beim Bemühen, den Schaden rasch zu beheben, stellten die Mitarbeiter von Evonik fest, dass mit ihren Handys vor Ort gar nichts mehr ging: Das Netz war überlastet. Funkstille. Nur wollte man zu dem alten analogen System nicht zurück. Wenn schon, dann wollte man künftig digital miteinander funken. Doch habe sich schnell herausgestellt, sagt Hans-Dieter Rahmann, dass das „ganz schön teuer“ werden würde. Denn um das Kerngebiet an der Ruhr abzudecken, brauchte man wenigstens 15 Basisstationen. Wie aber, wenn man andere Firmen als Kunden ins Boot holte? „Wir hörten uns um und stießen überall auf offene Ohren“, sagt Rahmann. Der Markt war da. Das Projekt SENET wurde aus der Taufe gehoben. Man entschied sich für den Tetra-Standard, der auch Grundlage des geplanten bundesweiten Behördenfunks sein wird. Im April 2006 begann die Evonik Energy Services GmbH mit dem Bau erster Basisstationen; heute deckt Evonik mit 24 Stationen das gesamte Ruhrgebiet zuverlässig ab. Sie sind per Kabel oder Richtfunk miteinander und mit der Vermittlungsstation in Gelsenkirchen verbunden. Alle Stationen haben eine eigene Notstromversorgung, und das ganze System ist so redundant ausgelegt, dass es im Gegensatz zum öffentlichen Mobilfunknetz garantiert jederzeit verfügbar ist. Neben besserer Sprachqualität bietet das Digitalsystem Abhörsicherheit durch Verschlüsselung und die Möglichkeit der Datenübertragung einschließlich Flottensteuerung über integrierte GPS-Empfänger. Das alles bietet Evonik externen Kunden mitsamt Endgeräten und passender Software an. MARTIN KUHNA 39_Evonik_04-08_DE 39 Dr. Wolfgang Reiniger (Essens Oberbürgermeister), Ulrich Bogdahn (Amtsleiter der Feuerwehr Essen), Hendrik Pieper (Geschäftsführer Selectric Nachrichtensysteme, Münster) und Martin Hay (Bereichsleiter System Technologies bei der Evonik Energy Services GmbH) bei der Vorstellung des Digitalfunks für die Feuerwehr in Essen. Oberbrandmeister Udo Karkowski (rechts) beim Test 04.11.2008 13:47:20 Uhr 40 VERSORGEN BLINDE PASSAGIERE EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Wir müssen draußen bleiben Mit dem Ballastwasser von Frachtschiffen reisen fremde Organismen mit. Sie bilden für Ökosysteme eine Bedrohung, die mit der Erderwärmung auf einer Stufe steht. Abhilfe schafft ein Filtersystem mit weltweitem Patent TEXT HARALD CARL FOTOS V. L.: EVONIK INDUSTRIES, PA/OKAPIA, EVONIK INDUSTRIES, BLICKWINKEL, R. DISCHER/WATERFRAME AUS DEM ARMDICKEN Rohr schießt eine Menge Wasser in die trübe Elbe. Die Versuchsanlage zur Ballastwasserbehandlung läuft auf Hochtouren – 250 Kubikmeter pro Stunde werden dem Fluss entnommen und am Ende des Verfahrens – in besserer Wasserqualität – an den großen Strom zurückgegeben. Hier auf der Spitze zwischen Neuhöfer Kanal und Rethe laufen seit Sommer 2008 Dauertests. Mit ihnen wollen der Maschinenbauer Hamann AG (Hollenstedt bei Hamburg) und Evonik Industries AG ihr gemeinsam entwickeltes SEDNA-System noch weiter optimieren. SEDNA steht für Safe Effective Deactivation of Non-Indigenous Aliens – also für die sichere und effektive Inaktivierung von eingeschleppten Arten. Und die werden weltweit immer mehr zu einer Gefahr für viele lokale beziehungsweise regionale Ökosysteme. Nach Auffassung von Experten gehören die „blinden Passagiere“ im Ballastwasser zu den TopThemen im Umweltschutz und rangieren mit der globalen Erderwärmung auf einer Stufe. Die Zerstörung von Ökosystemen durch fremde Eindringlinge – ganz gleich, ob Viren und Bakterien, Pilze, Algen oder Plankton – kostet allein die USA 138 Milliarden US-$ pro Jahr. Deshalb werden inzwischen weltweit über 20 Systeme zur Behandlung von Ballast wasser verfolgt, darunter auch physikalische Verfahren wie Ultraviolettstrahlung, Sauerstoffentzug oder Erhitzen. Derzeit aber liegt SEDNA vorn, denn als erstes System, das eine chemische Komponente einsetzt, hat es die Typenzulassung (Type-Approval) durch das für Deutschland zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH, Hamburg) erhalten. Schon im April 2008 hatte die Internationale Organisation für die Seeschifffahrt (IMO; London, Großbritannien) dem System das Final Approval erteilt. Die IMO ist innerhalb der Vereinten Nationen (Uno) die zuständige Einheit für den gesamten Seeverkehr. Damit steht für die globale Schifffahrt ein ebenso wirkungsvolles wie umweltschonendes Verfahren zur Verfügung, um das Einschleppen ortsfremder Organismen mit dem Ballastwasser von Schiffen in Zukunft zu unterbinden. NACH 24 STUNDEN IST DAS WASSER SAUBER Der dreistufige Prozess reinigt das Wasser, bevor es in die Ballastwassertanks gelangt: Zunächst trennen sogenannte Zyklone den größten Teil von Sedimenten und Lebewesen durch die Nutzung der Zentrifugalkraft ab. Anschließend wird das Wasser durch ein feines Filter mit einer Maschenweite von nur 50 Mikrometern geleitet. „Dieser zweistufige physikalische Prozess garantiert, dass unterschiedliche Feststoffgehalte im Wasser genauso wie eine große Bandbreite an Lebewesen effektiv abgetrennt werden“, erklärt Dr. Matthias Voigt, bei Hamann als Vorstandsmitglied für Forschung und Entwicklung zuständig. Im letzten Schritt tötet eine maßgeschneiderte Mischung aus Wasserstoffperoxid und Peressigsäure, die Evonik unter der Bezeichnung PERACLEAN Ocean vertreibt, restliche Organismen ab. „Unser Produkt zeigt schon bei geringen Konzentrationen exzellente Biozid- und Fungizideigenschaften, zudem ist es komplett biologisch abbaubar“, betont Bernd Hopf, zuständiger Projektingenieur bei Evonik Industries. In der Praxis werden für 1.000 Tonnen Ballastwasser nur 150 Liter PERACLEAN Ocean benötigt. Unabhängig von Anzahl und Art der Organismen entspricht das Ballastwasser bereits nach nur 24-stündiger Verweilzeit im Tank den strengen Anforderungen der IMO-Konvention zur Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten aus dem Jahr 2004. Der Typenzulassung war ein umfangreiches Test- und Versuchsprogramm unter Einbindung von externen Experten wie beispielsweise Dr. Stephan Gollasch (GoConsult, Hamburg) vorausgegangen. Dabei wurde > Rund 40.000 Seeschiffe bevölkern die Weltmeere, jedes 40_Evonik_04-08_DE 40 30.10.2008 12:09:19 Uhr 41 Japanischer Beerentang Amerikanischer Schiffsbohrwurm Asiatischer Gespensterkrebs Amerikanische Rippenqualle Sie reisen als blinde Passagiere: Während der Japanische Beerentang im norddeutschen Wattenmeer derzeit noch die Artenvielfalt bereichert, ist der holzhungrige Schiffsbohrwurm ein unliebsamer Immigrant: Allein an der Ostseeküste hat er seit 1993 Kosten von 50 Millionen € verursacht. Der robuste Gespensterkrebs verdrängt wie die Rippenqualle einheimische Fischarten in Nord- und Ostsee durch seinen hohen Konsum von Plankton Wander- oder Dreikantmuschel, ursprünglich europäisch. Sie macht ihrem Namen alle Ehre, breitet sich weltweit rasant aus und macht dabei viel Ärger: Teilweise legt sie die Trinkwasserversorgung lahm, indem sie Ansaugrohe verstopft Jahr kommen rund 800 bis 1.000 hinzu 41_Evonik_04-08 41 28.10.2008 10:15:05 Uhr 42 VERSORGEN BLINDE PASSAGIERE EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Abbaugeschwindigkeit im Fotometer-Test: In behandelten Wasserproben weist die blaugrüne Färbung den verbliebenen Gehalt an Peressigsäure, die gelbe Farbe den an Wasserstoffperoxid nach; weitere Testläufe: Sie finden in den dicken Rohren und feinen Filteranlagen des SEDNA-Systems statt; der Lauf des Wassers: Das Bedienterminal ist anwenderfreundlich und zeigt – schematisch dargestellt – den Weg vom belasteten bis zum sauberen Ballastwasser Schon an Bord: Die SEDNA-Anlage hat in einem Schiffscontainer Platz und wird ab 2010 selbstverständlicher Bestandteil im Schiffsbau sein Rund 10 Milliarden Tonnen Ballastwasser sind jährlich 42_Evonik_04-08_DE 42 04.11.2008 15:33:51 Uhr 43 138 Milliarden Dollar im Jahr kostet die Amerikaner die Reparatur der Ökosysteme > das komplette System im vollautomatischen Dauerbetrieb an Land und auf dem Containercarrier „OOCL Finland“ als Testschiff erfolgreich erprobt. Vor allem die Faktoren Wirksamkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit standen im Fokus dieser Tests. Die Versuchsergebnisse wurden in einem umfangreichen Dossier von den Biologen des Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ) dokumentiert, das die Grundlage für die Zulassung durch das BSH bildete. Bernd Hopf ist Projektingenieur bei Evonik Industries und betreut das Ballastwasser-System FOTOS: SEBASTIAN VOLLMERT 40.000 FRACHTSCHIFFE WARTEN AUF NACHRÜSTUNG Mit der Zertifizierung sowohl durch die IMO als auch durch die nationale Behörde steht weltweit das erste System zur Verfügung, das der IMO-Konvention zum Ballast wassermanagement entspricht und diese beiden Zulassungen erhalten hat. Die Konvention sieht vor, von 2010 an kleinere und von 2012 an größere Schiffsneubauten mit entsprechenden Anlagen auszustatten. Ältere Schiffe sollen bis spätestens 2016 nachgerüstet werden. Ein Unterfangen von beachtlichen Ausmaßen, denn derzeit befahren rund 40.000 Frachtschiffe die Weltmeere, jedes Jahr werden zudem etwa 800 Neubauten in Dienst gestellt. Evonik engagiert sich schon seit vielen Jahren auf diesem neuen Anwendungsgebiet für Aktivsauerstoffprodukte. „Das Type-Appro- val ist ein weiterer wichtiger Meilenstein und ein großer Erfolg für alle Mitglieder unseres Projektteams“, betont Dr. Thomas Haeberle, Leiter des Geschäftsbereiches Industrial Chemicals von Evonik. Wie zunächst von der IMO vorgegeben, fanden die meisten Funktionstests für PERACLEAN Ocean bisher mit Salz- und Brackwasser statt. „Jetzt optimieren wir unser System zusätzlich für Süßwasser, das im Hamburger Hafen zu finden ist“, erklärt Fachmann Hopf. Dafür hat Evonik am SEDNA-Teststandort von Hamann auf dem Hafengelände ein kleines Labor eingerichtet, in dem beispielsweise der Abbau von Peressigsäure und Wasserstoffperoxid fotometrisch gemessen und dokumentiert wird. „Wir arbeiten mit verschiedenen Einsatzmengen und bei unterschiedlichen Wassertemperaturen“, erläutert Corinna Schmidt, Chemotechnikerin bei Evonik. Auch für Hamann sind die laufenden Tests von großer Bedeutung. „Da die Maschinen acht Stunden am Tag laufen, können wir ein ganzes Schiffsleben in kürzester Zeit simulieren“, freut sich Andreas Meinhardt, Projekt ingenieur bei Hamann. Das kombinierte Verfahren von Hamann und Evonik bietet große Vorteile: Das SEDNA-System ist für besonders viele Schiffstypen geeignet. Dank des modularen Aufbaus kann es an unterschiedliche Ballastwasserdurchsätze zwischen 50 und 2.000 Kubikmetern pro Stunde angepasst werden. Die mechanische Vorbehandlung trennt alle größeren Bestandteile ab und verringert signifikant die Menge an Sedimenten. „Geringe Leistungsaufnahme und nahezu keine Verschleißteile sind weitere wichtige Pluspunkte für den Schiffsbetrieb“, betont Mathias Schmidt, Vertriebsmanager bei Hamann. PERACLEAN Ocean ist hochwirksam gegen alle verbleibenden Organismen. Es ist verträglich mit allen gängigen Ballastwassertankbeschichtungen und universell anwendbar in Salz-, Süß- und Brackwasser. Zudem ist das Mittel lagerstabil, leicht zu dosieren, sparsam im Verbrauch und – vor allem – umweltverträglich. < unterwegs – und führen über 10.000 verschiedene Arten Lebewesen mit 43_Evonik_04-08_DE 43 04.11.2008 15:34:01 Uhr 44 MANAGEN BORUSSIA TEXT ANDREAS BRANNASCH WAS VERBINDET Adidas, Nike, Puma und Borussia Dortmund? Alle vier sind starke Fußballmarken. „Moment“, werden Marketingexperten einwerfen, „Borussia Dortmund erfreut sich zwar hoher Bekanntheit und belegt in der Rangliste der beliebtesten Bundesligaklubs (Quelle: Acxiom) aktuell Rang zwei hinter dem FC Bayern München – aber ein Fußballklub als Marke?“ Im Fall des Ballspiel-Vereins Borussia (BVB) spricht einiges dafür: Man ist im Januar als erster deutscher Profiklub dem Markenverband beigetreten. Der Vorsitzende der BVB-Geschäftsführung Hans- Joachim Watzke erklärt diesen ungewöhnlichen Schritt: „Wir sind erster und einziger börsennotierter Verein der Fußball-Bundesliga und meinen, dass uns deshalb eine besondere Bedeutung und Vorreiterrolle zukommt. EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Zur Übernahme der Verantwortung gegenüber unseren Aktionären ist die Betonung der Markenführung extrem wichtig.“ Für Diplomkaufmann Watzke ist die Aufnahme in den Markenverband eine wichtige Bestätigung, denn es wurde auch geprüft, ob der BVB überhaupt eine starke Marke ist. Im Sport enthält die Rechnung einige Unbekannte mehr als im Marketing eines klassischen Markenartiklers. Ob beim Fußball in einem wichtigen Spiel der Ball ins Tor oder an den Pfosten knallt, ist halt manchmal reines Glück, ebenso wie eine günstige Auslosung im Pokal. Trotzdem gibt es auch im Fußballbusiness Konstanten: So verteidigen die weltweit stärksten Marken unter den Fußballklubs seit vielen Jahren ihre Spitzenpositionen: Manchester United und Real Madrid oder in Deutschland der FC Bayern München. Bei diesen Klubs sind sportlicher Erfolg, Fußballtradition und modernes Management eine gewinnbringende Verbindung eingegangen. Nationale Beispiele wie zum Beispiel der FC Sankt Pauli zeigen aber, dass hervorragende Sympathiewerte und eine eindeutige Positionierung auch ohne sportliche Top-Erfolge möglich sind. GEHEIMES WERTE-DEPOT Auch die Marke Borussia hat trotz viel Mittelmaßes in den letzten Spielzeiten noch immer eine besondere Strahlkraft. Stephan Schröder, Mitglied der Geschäftsleitung des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Sport+Markt AG, Köln, bestätigt: „Borussia Dortmund hat im Vergleich zu den meisten anderen Bundesligaklubs ein eindeutiges Imageprofil und eine sehr klare Positionierung.“ Imagefaktoren wie „faszinierend“ oder „leidenschaftlich“ bezögen ihre hohe Zustimmung zwar eher aus den Siegen der Eine Marke namens Borussia Profiklubs im Fußball haben sich längst zu mittelständischen Unternehmen der Entertainment-Industrie 44_Evonik_04-08_DE 44 04.11.2008 17:00:55 Uhr FOTOS: WWW.BVB.DE 45 90er-Jahre, aber sobald die Dortmunder erfolgreich spielen, zeige sich sehr schnell wieder ihr Potenzial zu einer großen Marke im Fußball. „Das ist wie ein Werte-Depot, das den BVB sofort wieder in eine Position direkt hinter dem FC Bayern München schiebt, sobald es durch große Spiele und Titel aktiviert wird“, so Schröder weiter. Aus einer traditionellen Perspektive passen Begriffe wie Fußballverein und Markenwert eigentlich kaum zusammen. Doch die erzielten Umsätze sprengen mittler weile jede „Vereins-Dimension“: Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte erwirtschafteten die Bundesligaklubs in der Saison 2006/2007 Gesamteinnahmen von rund 1,4 Milliarden €. Fußball ist also Big Business, und immer mehr Profifußballvereine in Deutschland nutzen Erkenntnisse aus der Markentheorie, um selbst eine starke Marke zu werden. Doch nur, wer ein eigenständiges Profil vorweisen kann, hat die Chance, seinen Klub zu positionieren und von Fußballinteressierten und Medien als einzigartig wahrgenommen zu werden. In der empirischen Studie „Markenpersönlichkeit von Fußballvereinen“ untersucht der Autor Frank Alexa von der Leibniz Universität Hannover jene emotionalen Aspekte, die eine unverkennbare und nachhaltige Positionierung von Vereinsmarken ermöglichen. Nach seiner Auffassung sind neben dem Kriterium „Professionalität“ besonders die Kategorien „Emotionalität“, „Bodenständigkeit“ und „gelebte Traditionen“ entscheidend für die Verbundenheit und Bindung der Fans an einen Klub. Überträgt man die Ergebnisse dieser Studie auf Borussia Dortmund, dann wird deutlich: Der BVB besitzt in allen drei Kategorien besondere Stärken – kein Wun- der also, dass der Verein auf eine besonders große und besonders treue Fangemeinde verweisen kann – was nichts anderes bedeutet als eine hohe Markentreue durch potenzielle Kunden. Die Marke BVB lebt von ihrer Fankultur, von der Region und Mentalität der Menschen, die hier leben: bodenständig, kämpferisch, ehrlich, leistungsorientiert und solidarisch, und das Bekenntnis zur Region spielt bei der Markenführung eine große Rolle. In Dortmund steht man vor allem auch in schwierigeren Zeiten zusammen. Welcher Verein in Europa verkauft nach einer eher mäßigen Saison fast 50.000 Dauerkarten? Beim BVB existiert bisher noch kein exakt formuliertes Leitbild oder eine Corporate Identity. In den letzten Jahren der Konsolidierung ging es primär darum, die Marke Borussia Dortmund wieder in ein gesundes finanzielles Fahrwasser zu führen. > entwickelt. Jetzt haben sie auch die Markenpflege entdeckt Markenware: Der komplette Hausstand des Fans von der Zahnbürste bis hin zum Hundenapf lässt sich im BVB-Fanshop zusammenstellen > 45_Evonik_04-08_DE 45 04.11.2008 17:01:05 Uhr 46 MANAGEN BORUSSIA > Geschäftsführer Watzke kann heute deutlich entspannter den Geschäftsbericht präsentieren als auf dem Höhepunkt der finanziellen Krise des Klubs im Jahr 2005: „Jetzt können wir uns der Kür widmen und werden uns intensiv mit dem Thema Markenführung beschäftigen.“ Das freut auch den Hauptsponsor Evonik Industries AG und dessen Bundesliga-Beauftragten Lutz Dreesbach: „Das Sponsoring beim BVB ist ein unverzichtbarer Baustein in der Markenstrategie von Evonik, um schnell hohe Bekanntheit für die neue Marke aufzubauen.“ In Zeiten, in denen der Konzern mit einer Werbekampagne auf sich aufmerksam mache, wirke dieses Sponsoring nach seiner Einschätzung als Verstärker. Gerade hat Evonik seinen Vertrag als Trikotsponsor vorzeitig bis 2011 verlängert. Die Verbundenheit eines traditionsgebundenen Fußballklubs wie des BVB mit den Fans 46_Evonik_04-08_DE 46 EVONIK-MAGAZIN 4/2008 und kommerzieller Erfolg müssen sich nicht ausschließen. „Wir müssen zum Beispiel gleichzeitig bodenständig, aber auch international sein“, so Watzke. „Unsere Aufgabe ist es, das richtige Maß zu finden und dieses in Einklang mit der Marke BVB zu bringen.“ Zum Beispiel liegen die Eintrittspreise beim BVB im Vergleich zu den Preisen in der Premier League in England deutlich niedriger. Die Verantwortlichen bei Borussia Dortmund wollen auf keinen Fall als reines Wirtschaftsunternehmen wahrgenommen werden, sondern weiterhin die Herzen der Menschen erreichen. Dafür bietet das Jahr 2009 eine besondere Chance: Im nächsten Jahr feiert der BVB sein 100-jähriges Jubiläum. Bis zum Start der Feierlichkeiten am 19. Dezember 2008 soll das Markenbild weiter geschärft werden, und dann soll auch das Borusseum eröffnen, das zum schönsten und modernsten Fußballmuseum Europas werden soll. Ein wichtiger Markenbaustein von Borussia Dortmund ist die Farbgebung. Mit der Kombination Schwarz-Gelb hat man in der Bundesliga eine Alleinstellung, und auch europaweit gibt es keinen Topverein mit dieser Farbkombination. 100 JAHRE SCHWARZ-GELB Außerdem bestimmt besonders das Vereinslogo den visuellen Auftritt eines Fußballklubs. Umso erstaunlicher, dass die meisten dieser Wappen – national wie international – eher verstaubt daherkommen. Der gemeine Fußballer setzt halt gerne auf Bewährtes. Weil sich aber die ästhetische Wahrnehmung der Menschen verändert, gehört es zu einem modern geführten Fußballklub, dass sich auch sein Erscheinungsbild weiterentwickelt. Die schwierige Aufgabe lautet: Altes bewahren und gleichzeitig Neues schaffen. Schließlich wird das 04.11.2008 17:01:13 Uhr FOTOS: WWW.BVB.DE 47 Vereinslogo tausendfach auf Trikots, Schals, Fahnen, Tassen, Schlüsselanhängern und vielem mehr eingesetzt und wirkt als Projektionsfläche für die Identifikation der Fans mit ihrem Klub. Das Vereinslogo von Borussia Dortmund wurde innerhalb der 100 Jahre seit Gründung des Vereins mehrfach verändert. Bis zum Jahr 1919 prangte nur ein einfaches B auf der Brust der Spieler. Dann entwarf der Dortmunder Grafiker Edi Birk das im Prinzip noch heute gültige kreisrunde Vereinsemblem mit dem Klub-Kürzel BVB und den beiden Zahlen des Gründungsjahres „09“. In der Saison 1976/77 kam man dem damaligen Trikotsponsor einen großen Schritt entgegen, und so landete der Löwenkopf der Tabakmarke Samson im Vereinslogo. In den 80er-Jahren wurde dann zeitweise der komplette Vereinsname hinzugefügt, und mit dem Börsengang im Oktober 2000 erhielt das Logo sein heutiges Aussehen. Weil aber international niemand etwas mit dem Kürzel BVB anfangen konnte, entwickelte die hauseigene Agentur für Kommunikation K-werk eine Wort-Bild-Marke aus Logo und Vereinsnamen, denn der Name Borussia war nach dem Champions-League-Sieg 1997 zum Begriff im europäischen Fußball geworden. Uwe Landskron, als Chef-Designer von K-werk bei Borussia Dortmund verantwortlich für den visuellen Auftritt von StadionMagazin, Geschäftsbericht, Geschäftsausstattung inklusive Ticketing, des sich in der Gründungsphase befindlichen vereinseigenen Museums Borusseum und somit für die Nutzung des Logos, erklärt: „Das Kern-Logo, wie man es auf dem Trikot oder auf offiziellen Printprodukten sehen kann, ist seit der letzten Anpassung unangetastet geblieben.“ Im Merchandising dagegen ver- ändern Trends und Stimmungen die Darstellung des Logos. „Da sind Varianten des Schriftzuges Borussia Dortmund möglich“, bestätigt Landskron, „Die Bildmarke ‚BVB 09‘ als Kernlogo des Unternehmens hat jedoch in jedem Fall unangetastet zu bleiben.“ Bei Borussia Dortmund hat durch die Verpf lichtung des neuen Trainers und Sympathieträgers Jürgen Klopp schon der Börsenkurs zugelegt – sicher zahlt die neue Partnerschaft auch auf das Konto Markenwert ein, ebenso wie die Rückkehr des Teams in die Erfolgsspur seit Beginn der Saison. BVB-Geschäftsführer Watzke hat recht, wenn er betont: „Fußball ist heute zu einem Teil der Unterhaltungsindustrie geworden – ist aber vor allen Dingen Sport.“ Und das Schöne am Sport ist seine Unberechenbarkeit – die aber eine konsequente Markenführung für Fußballklubs nicht leichter macht. < Eine Welt in Schwarz-Gelb 47_Evonik_04-08_DE 47 04.11.2008 17:01:23 Uhr 48 ERLEBEN STRUKTURWANDEL EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Duisburger Hafen – Pier eins, 15 Jahre nach Projekt-Beginn Hafen mit Aussicht Strukturwandel? In Duisburg gelingt er. Und schafft Räume für Kunst und lebendigen Alltag. Der Innenhafen erwacht zu neuem Leben und ist gelungenes Beispiel einer Moderne, die in der Geschichte verwurzelt ist 48_Evonik_04-08_DE 48 28.10.2008 15:04:13 Uhr 49 TEXT STEFANIE WINTER FOTOS TANIA REINICKE ES STEHT 1:0 in der Rückrunde Vater gegen Sohn. Für die Pause in der Halbzeit haben Mutter und kleiner Bruder ein Picknick vorbereitet, am Fuß des Treppenturms, auf einer kleinen Mauer. Und jetzt tobt fröhlich lärmend eine Kindergartengruppe über die Terrasse. Der „Garten der Erinnerung“ hat trotz seines absichtsvollen Namens eine ganz selbstverständliche Nutzung gefunden. Dort, wo früher Kaffee, 49_Evonik_04-08_DE 49 Fruchtweine oder Süßwaren lagerten, ließ man beim Abriss der schlichten Gebäude künstliche Ruinen stehen: die Stützpfeiler einer Lagerhalle, den Treppenturm eines Bürohauses oder die Plattform eines Speditionsgebäudes. Auf den ersten Blick wirkt diese Plattform wie die Konzertmuschel eines verwaisten Kurortes. Dieser Garten ist Kunst, Museum – und lebendiger Alltag. Und damit typisch für den „Spirit“ des revitalisierten Innenhafens, der an allen Ecken und Enden mit der Geschichte spielt. Ende des 19. Jahrhunderts wurde hier Holz umgeschlagen und zersägt, vor allem Grubenholz für die Zechen. Außerdem entwickelte sich das Areal zum sogenannten Brotkorb der Region – als Umschlagplatz für Getreide, mit zahlreichen Mühlen und großen Speichersilos, wie die Küppersmühle zum Beispiel, die heute als Museum genutzt wird. Bis in den 1960ern der Niedergang des Steinkohlebergbaus einsetzte – und das Ruhrgebiet aufhörte, die Stütze der bundesdeutschen Wirtschaft zu sein. Mühlen und Speditionen wurden geschlossen. > 28.10.2008 15:04:22 Uhr 50 ERLEBEN STRUKTURWANDEL EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Grachten gliedern die Wohnanlagen; im Hafenforum sitzt die Entwicklungsgesellschaft; Nicholas Grimshaw entwarf das Bürogebäude Five Boats; das neue Alles greift > Der Innenhafen lag jahrzehntelang brach. Rückblickend: nur ein Dornröschenschlaf. Heute, rund 15 Jahre nach Beginn des Umbaus, ist das Areal ein stark genutzer Teil von Duisburg geworden. Alles greift hier ineinander, Tradition und Moderne, Alltagskultur und hohe Kunst. Arbeit und Leben finden in den Gebäuden gleichermaßen ihren Platz: Meist öffnen sich die Häuser durch Gastronomie im Erdgeschoss zum Wasser. Darüber stapelt sich die Arbeit: in den Büros der Menschen, die sie erledigen – und die mittags und nach Feierabend die Plätze im Erdgeschoss bevölkern. Der Innenhafen ist zudem ein Zuhause geworden: Mehrere Hundert neue Wohnungen sind hier entstanden. Eigentums wohnungen, doch auch Genossenschaften haben mit Hafenblick gebaut. Mehr als 100 Appartements sind speziell für alte Menschen geplant worden. Daneben gibt es hochästhetische und funktionale Miet wohnungen in einem von Lord Norman Foster gestalteten Komplex, für 7 € pro Quadratmeter. Ein Teil der Wohnanlagen ist durch künstliche Grachten gegliedert, an deren Rändern Bänke ans Wasser locken. Der Brite Norman Foster, Urheber des Wandlungsprozesses, hat seit Jahrzehnten überall auf der Welt große bis gigantische Projekte realisiert, den neuen Reichstag in Berlin und die Millennium Bridge in 50_Evonik_04-08_DE 50 London. 1990 erhob die Queen den Sohn einer Arbeiterfamilie als Ritter in den Adelsstand. Ein Jahr später übernahmen Foster und seine Partner die Gesamtkonzeption für den Duisburger Innenhafen, mit einer quasi ritterlichen Grundhaltung: dass die Architektur dem Menschen dienen möge. Neben Miet wohnungen hat Foster weitere Einzelprojekte im Innenhafen verwirklicht, das „Hafenforum“, den Sitz der Entwicklungsgesellschaft, und das Design der Marina wenige Schritte weiter. Auch das geplante Herzstück des Innenhafens liegt in Fosters Händen: Wie eine gläserne Sichel mit bis zu zehn Stockwerken Höhe soll sich der Büround Hotelkomplex „Eurogate“ in den Holzhafen schmiegen, dort, wo der Innenhafen ungefähr auf halber Länge ein Becken bildet. Neben einer größtmöglichen Hinwendung der Räume zum Hafenbecken wurde viel Wert auf eine hohe Energie-Effizienz gelegt. DIE NEUE HALTUNG Große Architekten prägen den Duisburger Innenhafen, geben ihm ein offenes, lebendiges Gesicht und diese neue aufrechte Haltung: Namen wie „von Gerkan, Marg und Partner“, „Bothe, Richter, Teherani“ und Nicholas Grimshaw & Partners Ltd. zeichnen unter der Koordination Fosters für die Neubauten hier am Wasser verantwortlich. Mehr als 100 solch kluger Projekte Der „Garten der Erinnerung“ ist Kunst, Museum und lebendiger Alltag 30.10.2008 11:55:15 Uhr 51 jüdische Gemeindezentrum; Kinder lockt das Legoland Discovery Centre ineinander, Alt und Neu, Tradition und Moderne… sind während der „Internationalen Bauausstellung Emscher Park“ vorangebracht worden: Im gesamten Emscher-Raum, dem 70 Kilometer langen Landstrich zwischen Duisburg und Dortmund, wurde 1989 bis 1999 beispielhaft erprobt, was allen Industriegesellschaften früher oder später bevorsteht: Die Flurschäden müssen wiedergutgemacht werden. Wobei Brüche und Brachen jedoch immer auch einen guten Nährboden abgeben für Kultur und Kunst; das zeigt sich im Ruhrgebiet wie nirgendwo sonst in der Republik. Die meisten Gebäude am Innenhafen sind fertig und bezogen, viele längst schon, einige seit Kurzem. Wer hier inne- und Ausschau hält, kann mit einem Blick das neue jüdische Gemeindezentrum, die TreppenturmRuine, den Turm der Salvatorkirche und den Schlot eines Kraftwerks erfassen. Wer sich hier bewegt, bummelt, schlendert und verweilt, spürt das Ver winkelte, das Hafenvierteln immer eigen ist. Und entdeckt jede Menge Nachgiebigkeit, Öffnung und Transparenz in den Fassaden der Gebäude. Kaum etwas scheint verboten: Rasen betreten, Spielen, Fahrrad fahren, Skaten, Joggen – alles findet entspannt und ungeregelt statt. Und auch Kinder finden genug AlltagsAbenteuer: Nischen für Wasserspiele direkt am Hafenbecken. Und seit Kurzem auch ein Legoland Discovery Centre. < 51_Evonik_04-08_DE 51 30.10.2008 11:55:18 Uhr 52 ERLEBEN KÜPPERSMÜHLE EVONIK-MAGAZIN 4/2008 …und als Wahrzeichen der Region: ein neues Haus für Die von Herzog & de Meuron umgebaute Küppersmühle im Duisburger Innenhafen soll das neue Wahrzeichen der Region werden – und die größte Sammlung zeitgenössischer deutscher Kunst beherbergen 52_Evonik_04-08_DE 52 DER SCHWEBENDE KUBUS weist in eine Zukunft, die der Kunst gewidmet ist, während die alte Küppersmühle, die ihn trägt, Hafen-Geschichte erzählt. Der geplante Anbau – eher: Überbau – des Museums Küppersmühle für Moderne Kunst (MKM) greift Raum, statt sich einzufügen, und setzt in historischer Umgebung futuristische Kontraste. Dieser Bau provoziert unterschiedlichste Reaktionen – den einen zerstört der „Schuhkarton“ die Kulisse der denkmalgeschützten alten Mühle, anderen gilt er als neues Wahrzeichen der Region. „Die städtebauliche Entwicklung wird durch die markante und mutige Architektur des Erweiterungsbaus verstärkt werden“, meint Prof. Peter Iden, wissenschaftlicher Beirat des MKM. Der Entwurf stammt von den Schweizer Star-Architekten Herzog & de Meuron, die die historische Getreidemühle zu einem Haus der Kunst gemacht haben: 1999 wurde hinter denkmalgeschützter Fassade das MKM eröffnet. Neben dem Bonner Kunstmuseum entstand damals ein zweiter Ausstellungsort für die ehemalige Sammlung des Duisburger Bau- 04.11.2008 16:44:42 Uhr 53 Zukunft: der Entwurf von Herzog & de Meuron für den Erweiterungsbau auf der historischen Küppersmühle ENTWURF: HERZOG & DE MEURON. FOTO: AKG die deutsche Kunst Vergangenheit: der Duisburger Hafen um 1910 53_Evonik_04-08_DE 53 unternehmers und Immobilienkaufmanns Hans Grothe. Sie besteht aus Werken und Werk reihen der wichtigsten Vertreter deutscher Nachkriegskunst, darunter Jörg Immendorff, Sigmar Polke und Joseph Beuys, und bescherte dem MKM einen internationalen Ruf. 2005 fand eine der beachtlichsten privaten Kunst-Transaktionen Deutschlands statt: Das Darmstädter Sammler-Ehepaar Sylvia und Ulrich Ströher, Erben eines Kosmetik-Konzerns, kaufte die ehemalige Sammlung Grothe und führte sie mit der eigenen umfangreichen Sammlung zusam- men. Für die Küppersmühle ein Glücksfall, denn nun folgte die Ausrichtung der „fusionierten“ Sammlung Ströher auf die ehemalige Getreidemühle am Duisburger Hafen. Was das MKM damit an Kunst beherbergen wird, gilt der „Zeit“ als „wichtigste Sammlung deutscher Kunst nach 1945“. Denn inhaltlich und konzeptionell bietet die erweiterte Sammlung Ströher ein fast lückenloses Bild deutscher Nachkriegskunst: einerseits der umfassende, nach Werkgruppen konzipierte Sammlungsteil mit Schwerpunkt auf den 70er- und > 04.11.2008 16:44:45 Uhr 54 ERLEBEN KÜPPERSMÜHLE EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Karl Otto Götz: Jonction II, 1991 Kiefer, Höfer, Baselitz, Penck ziehen ein in > 80er-Jahren – auf der anderen Seite die genuine Sammlung der Ströhers, die vor allem Kunst des sogenannten „Informel“ mit dem Schwerpunkt auf der abstrakten Malerei der 50er-, 60er-Jahre umfasst, darunter Künstler wie Gerhard Hoehme, Emil Schumacher oder Karl Otto Götz. Die heutige Sammlung Ströher beinhaltet über 1.500 entscheidende Werke deutscher Kunst aus den letzten 50 Jahren. Darunter finden sich umfangreiche Werkreihen Anselm Kiefers, Skulpturen und Malereien des „Neuen Wilden“ A. R. Penck, aber auch die zeitgenössische Fotografie von Candida Höfer. Georg Baselitz’ Werke sind in eindrucksvoller Breite vertreten, der stürzende „Adler“, der ehemals die Wand des Kanzleramtsbüros schmückte, sowie Markus Lüpertz’ Monumentalwerk „Westwall“ oder die kleinteilige Ikono grafie „Traum des Künstlers“. Der Neubau verspricht die doppelte Präsentationsfläche und „die Gelegenheit, der Kunst des Informel, dieses wichtigen Beitrags der deutschen Malerei zur Moderne, zu einem angemessenen Schauplatz zu verhelfen“, so Prof. Peter Iden. Finanziert wird das Projekt durch die Landeskasse, die Bonner Stiftung Kunst und Kultur sowie den Sponsor Evonik. Bis zum Kulturhauptstadt-Jahr 2010 soll die „neue Küppersmühle“ fertig sein. < Anselm Kiefer: Sternenlager IV, 1998 54_Evonik_04-08_DE 54 05.11.2008 9:15:02 Uhr 55 Candida Höfer: Theatro Municipal Rio de Janeiro II, 2005 Georg Baselitz: Fingermalerei III – Adler, 1972 A.R. Penck: DIS, 1982 die neue Küppersmühle „Duisburg könnte ein Zentrum für deutsche Kunst werden“ FOTOS VON LINKS OBEN: MIT FREUNDLICHER GENEHMIGUNG DES MKM MUSEUM KÜPPERSMÜHLE FÜR MODERNE KUNST, DUISBURG / SAMMLUNG STRÖHER (5). HÖFER, GÖTZ © VG BILD-KUNST, BONN 2008. DDP Dr. Walter Smerling leitet das Museum Küppersmühle für Moderne Kunst seit seiner Gründung 1999 55_Evonik_04-08_DE 55 EVONIK-MAGAZIN Wozu dient der Erweiterungsbau? SMERLING Die Sammlung umfasst mehr als 1.500 Werke; derzeit werden rund 120 davon gezeigt. Diese Zahl könnte sich durch den Erweiterungsbau verdoppeln. Erstmals wird es möglich sein, deutsche Nachkriegskunst in großen Zusammenhängen zu präsentieren, auf eine bislang einzigartige Weise. Duisburg könnte ein Zentrum für deutsche Kunst werden. EVONIK-MAGAZIN Der Entwurf ist nicht unumstritten. SMERLING Das Innere des Erweiterungsbaus wird einen filigranen Eindruck vermitteln, ganz so wie im vorhandenen Gebäude auch. Die Modernität des Entwurfs steht dabei für etwas Fruchtbares: eine neue Wirkungsweise, aus der sich eine neue Meinung und eine neue Haltung entwickeln kann. EVONIK-MAGAZIN Was haben Sie bis jetzt erreicht? SMERLING Vor neuneinhalb Jahren stellte uns der Sammler seine Werke zur Verfügung und die Stadt das Gebäude. Wir haben mit 7.000 Besuchern begonnen, heute sind wir bei 40.000. Für Duisburg ist das eine sehr beeindruckende Zahl. Die laufenden Aufwendungen bestreiten wir dabei fast vollständig aus Spenden und Sponsorengeldern. 05.11.2008 9:15:06 Uhr 56 DISKUTIEREN BILDUNG EVONIK-MAGAZIN 4/2008 Lassen wir die Bildung zu Politik Politik FOTO: GUIDO BERGMANN Die wichtigste Investition Prof. Dr. Horst Köhler, Bundespräsident „Nur jeder zehnte Euro der öffentlichen Hand fließt ins Bildungssystem. Bei den Ausgaben für die allgemeinbildenden Schulen liegen wir deutlich unter dem Durchschnitt der OECD-Länder. Warnen möchte ich vor dem Trugschluss, wir könnten das Problem durch eine bloße Umverteilung innerhalb der Bildungsausgaben lösen. Wir müssen den Mut und die politische Kraft haben, anderes zugunsten der Bildung zurückzustellen. Bildung ist die wichtigste Investition, wer an der Bildung spart, spart an der falschen Stelle.“ Wissenschaft FOTO: DPA Träge Tanker Prof. Dr. Andreas Schleicher, OECD, Internationaler Koordinator Pisa „Bildungssysteme sind träge Tanker. Der Wechsel von der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft ist im Bildungssystem noch nicht gelungen. In Deutschland lesen wir nach sozialem Kontext aus, da geht ein ungeheueres Potenzial verloren. Besserer Unterricht ist nur mit vielen Unterstützungssystemen zu schaffen, die miteinander vernetzt sind.“ Ausgaben für Bildung Der von der OECD herausgegebene Vergleich zeigt erneut die hohen Bildungsinvestitionen der skandinavischen Länder. Was der direkte Vergleich nicht zeigt, sind die Unterschiede in der Beschäftigungsdichte und der Bevölkerungsgröße. Wollte Deutschland auf den skandinavischen Standard in der Betreuungsrelation bei den Kindern oder in der Ausstattung von Schulen mit Lehrpersonal aufschließen, müssten bis zu 680.000 Stellen neu geschaffen werden. Dr. Annette Schavan, Bundesministerin für Bildung und Forschung, MdB „Bildung ist eine Investition in die Zukunft, das gilt nicht nur für den Staat, sondern für jeden Einzelnen. Niemand darf aus finanziellen Gründen vom Studium abgehalten werden. Deshalb gibt es Studienkredite, und deshalb haben wir das Bafög angehoben. Den Durchbruch zu einer umfassenden Studienfinanzierung haben wir jedoch noch nicht erreicht. Denn es fehlt die dritte Säule: Stipendien. Mit gezielten Stipendien könnten wohlhabende Bürger wie Unternehmen einen hervorragenden Anreiz setzen, gerade die Attraktivität von technischen Fächern zu erhöhen. Ich sehe die Unternehmen da in der Pflicht.“ 8,0 Island Dänemark USA Neuseeland Schweden Großbritannien Frankreich Australien Norwegen Österreich Deutschland Japan Italien Spanien Griechenland 0 Unternehmen in der Pflicht 7,4 7,1 6,7 6,2 6,0 5,9 5,8 5,7 5,5 5,1 4,9 4,7 4,6 % 4,2 2 4 6 PROZENTANGABEN=ANTEIL AM BRUTTOINLANDSPRODUKT. DIE OECD-ZAHLEN STAMMEN AUS 2005 UND SIND DIE ZULETZT ERHOBENEN. 56_Evonik_04-08_DE 56 8 QUELLE: OECD; INFOGRAFIK: PICFOUR FOTO: BUNDESPRÄSIDIALAMT Offenbar ja, im internationalen Vergleich gibt Deutschland wenig für die Bildung aus. Es fehlt nicht an Studien und Untersuchungen – aber was könnten die Konsequenzen sein? 04.11.2008 17:05:36 Uhr 57 kurz kommen? Was sagen die Deutschen? Aus Tradition und historischer Erfahrung ist es den Deutschen besonders wichtig, dass die Bildung eine zentrale Aufgabe des demokratischen Staates ist, da sie die wichtigste „Stellschraube“ zur Herstellung der in der Verfassung vorgesehenen Chancengleichheit ist. Die Umfrage zeigt die große Mehrheit der Deutschen, die sich auf diese Grundsätze beziehen – nur fünf Prozent fänden es besser, wenn das Bildungssystem stärker privat finanziert würde. Im Auftrag des Evonik-Magazins führte forsa 1.004 Interviews. Wissenschaft Dr. Dieter Dohmen, wissenschaftlicher Berater des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, der EU und der OECD „Es muss mehr Geld ins Bildungssystem hinein, wobei auch sichergestellt werden muss, dass es effektiv zur Verbesserung der Studienbedingungen, im Schulbereich ähnlich, verwendet wird. Für mich eine ganz klare zentrale Problemlage ist auch der Föderalismus, die Tatsache, dass die Interessen der Länder einfach völlig unterschiedlich laufen und damit nur begrenzte Bereitschaft besteht, eigene Geldmittel in die Hochschulen zu geben. Und da ist meines Erachtens insbesondere auch von den Ländern Bewegung nötig.“ Forschung Prof. Dr. Amartya Sen, indischer Ökonom, Nobelpreisträger „Der Nutzen einer guten Ausbildung ist offensichtlich, in allen Kulturen ist zu jeder Zeit darüber geschrieben worden. Und noch immer ist nichts passiert. Das hängt damit zusammen, dass Bildung Geld kostet. Wir haben die Uno, weltweite Institutionen, die NGOs und auch die Weltbank, die an Bildung interessiert ist. Damit können wir eine globale Initiative entwickeln. Der finanzielle Aspekt ist ein großes Problem, aber wir brauchen auch ein gesellschaftliches Konzept.“ Gewerkschaft FOTO: PR Luft für Bildungsausgaben Marianne Demmer, Stellvertretende Vorsitzende Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft „ In unseren Etats ist Luft für Bildungsausgaben. Nicht stärker in Bildung zu investieren ist ein Risiko für die Gesellschaft. Denn man kann davon ausgehen, dass Jugendliche mit schlechter Ausbildung sich später nicht selbst ernähren können.“ 57_Evonik_04-08_DE 57 10% Öffentlich und privat 1% Weiß nicht 5% Private Finanzierung Wissenschaft Die sechs Ursachen FOTO: PR FOTO: DPA Globale Initiative entwickeln 84% Öffentliche Gelder für Bildung UMFRAGE: FORSA; INFOGRAFIK: PICFOUR FOTO: DPA Bewegung ist nötig Prof. Dr. Manfred G. Schmidt, Professor für politische Wissenschaften „Erstens ein Nachfragefaktor, nämlich die unterdurchschnittliche Größe der Altersklassen im Ausbildungsalter; zweitens die gedämpfte Bildungsbeteiligung im tertiären Bildungsbereich; drittens die Tatsache, dass die Bildung in Deutschland die Bedürfnisse der Industriegesellschaft im Blick hat und weniger die der Wissensgesellschaft; viertens die Konkurrenz zweier großer Sozialstaatsparteien, die bei knappen Haushaltsmitteln die Sozialpolitik bevorzugen; fünftens ein Föderalismus, der die Bildungsfinanzen aufgrund der Finanzierungsstruktur der Länderhaushalte am kurzen Zügel führt; sechstens Entlastungen der öffentlichen durch die privaten Bildungsausgaben.“ 04.11.2008 17:05:47 Uhr 58 LEBEN EVONIK-MAGAZIN 4/2008 ILLUSTRATION: DIGITAL VISION Der Quantensprung kommt TOM SCHIMMECK über die Computer von morgen und die verrückte Welt der Elementarteilchen DR. DAVID M. LUCAS HAT VIEL GEDULD. Das bringt sein Beruf mit sich. Er ist Quantenphysiker. Die Welt der Quanten ist für Normalsterbliche kaum zu fassen. Selbst Physikern bricht hier schnell der Schweiß aus. „Ich denke, ich kann mit Sicherheit sagen“, sprach einst der Physiknobelpreisträger Prof. Dr. Richard Feynman, „dass niemand die Quantenmechanik versteht.“ Kein Wunder also, dass Dr. Lucas, 36, so geduldig lächelt. Er ist dumme Fragen gewohnt. Quanten, weiß er, „sind ja ganz anders als unsere Alltagserfahrung“. Wie soll man auch begreifen, dass sich ein Ding in mehreren Zuständen gleichzeitig befinden kann? Wie ein Fahrstuhl, der in mehreren Stockwerken synchron hält? Prof. Dr. Max Planck fing anno 1900 damit an. Damals verlor die alte Physik, wie Prof. Dr. Einstein sagte, den Boden unter den Füßen. Prof. Dr. Werner Heisenberg präsentierte 1927 seine „Unschärferelation“: Wer die Position eines Teilchens misst, verändert seine Bewegung. Wer seine Bewegung misst, verändert seine Position. Ein Schock für alle Liebhaber greifbarer, eindeutiger Präzision. Der Forscher wird zum teilnehmenden Subjekt einer diffusen Sache. gewaltiger Zahlenreihen, wie man sie etwa für eine sichere Verschlüsselung braucht. Für heute gebräuchliche Computer wird die Rechenaufgabe mit jeder Ziffer um ein Vielfaches komplizierter. Für die querdenkenden Quantencomputer nicht. An einer Zahl mit 300 Dezimalstellen dürfte ein Standardrechner an die 6 Millionen Jahre herumoperieren. Eine Quanten-Maschine hingegen, sagen die Physiker, bräuchte wohl nur zweieinhalb Tage. Kein Wunder, dass in den USA der Geheimdienst ein wichtiger Geldgeber für solche Forschung ist. Wir haben uns daran gewöhnt, dass die Rechenleistung der Computer alljährlich wächst. Irgendwann aber ist physikalisch Schluss mit dem Chipwachstum. Dann muss, tatsächlich, ein Quantensprung her. Wissenschaftler probieren verschiedene Wege zum großen Ziel, mit Festkörpersystemen und neuen Supraleitern. Ionen-Fänger experimentieren auch in Österreich und den USA. Man konkurriert miteinander. „Aber es ist ein freundlicher Wettbewerb“, sagt Lucas. Man kennt sich, man tauscht sich aus. „Wir diskutieren gemeinsame Probleme.“ Quantenphysiker sind Leute, die einem beim Kaffee eröffnen, womöglich bestehe unser Universum in mehreren Varianten parallel. Dabei ist schon ein Universum zu gewaltig für unsere Vorstellungskraft. Seine Komponenten wiederum viel zu klein: Was wir sehen können, ist milliardenfach größer als Atome. So bleibt die Quantenwelt nur ein Kitzel im Hirn, ein winziges Beben – weit unterhalb unserer Wahrnehmungsschwelle. An denen herrscht kein Mangel. Das Qubit gibt sich launisch und flüchtig. Quanten-Forschung ist zäh. Erfolge brauchen Jahre. Die Innsbrucker erreichen bei ihrer einfachen Quanten-Schaltung eine Präzision von 99,3 Prozent. Das klingt gut. Benötigt aber wird ein noch deutlich besserer Wert: 99,99 Prozent. Beim Auslesen der Qubits, die aktuelle Spezialität in Oxford, sind sie schon so weit. „Aber das ist auch einfacher“, meint Lucas bescheiden. Lucas im britischen Oxford gehört zu jener erlesenen Schar, die welt weit an der Idee des Quantencomputers werkelt. Zusammen mit seinem Kollegen Prof. Dr. Andrew Steane leitet er die „Oxford Ion Trap Quantum Computing Group“. Die Gruppe ist eine Art physikalische Jagdgesellschaft. Sie fängt Ionen in einer Vakuum-Falle und traktiert sie mit Laserstrahlen. Ein englischer Spleen? Nein. Das Einfangen und Manipulieren einzelner Atome ermöglicht die Konstruktion einer ersten logischen QuantenSchaltung. Mit Quantenbits, den „Qubits“ oder „Q-Bits“. Anders als die Bits in unserem Heimcomputer, die nur für eins oder null und nichts dazwischen stehen, kennen Q-Bits die Grauzonen, sogenannte „Superpositionen“. Zwei Qubits können vier mögliche Kombinationen auf einmal vertreten, drei Qubits schon acht. Dieser Unterschied zeigt sich besonders bei der Faktorisierung Er kam über die Atomphysik, wollte „das ultimative Ganze verstehen“ – das, „was allem zugrunde liegt“. Quantentheorien bieten da einen ganzen Fuhrpark voller Ideen. Einen riesigen intellektuellen Abenteuerspielplatz. Lucas reizt heute eher das Experiment als die pure Theorie. „Es muss etwas passieren“, findet der Forscher. Das einzelne Atom sei ja als System recht gut erforscht. „Aber wir wissen noch nichts über diese Interaktion zwischen diesen Abermillionen von Atomen, aus denen Sie, ich oder eine Katze bestehen.“ Und wann kommt der Quantencomputer? „Das könnte noch ein halbes Jahrhundert dauern“, schätzt der Forscher vorsichtig. Ist das nicht frustrierend? Lucas amüsiert sich. „Es ist ein langer Weg“, sagt er tapfer. „Aber man hat doch ein Gefühl von allmählichem Fortschritt.“ < Tom Schimmeck (49) fasziniert der Blick in die Zukunftslabors der Forschung. Er arbeitete unter anderem für TAZ, „Tempo“, den „Spiegel“ und „Die Woche“. Die Illustration ist eine abstrakte computergenerierte digitale Komposition. 58_Evonik_04-08_DE Abs2:58 04.11.2008 16:42:39 Uhr www.evonik.de Wer entwickelt eigentlich Tapeten, die Wasser abweisen? Wir machen so was. Wir stellen flexible Keramik von der Rolle her – für Wandbeläge, die Wasser abweisen. Mit mehr als 100 Produktionsstandorten in rund 30 Ländern sind wir einer der weltweit führenden Anbieter im renditestarken Markt der Spezialchemie. Wir sind der kreative Industriekonzern aus Deutschland für Chemie, Energie und Immobilien. 59_Evonik_04-08_DE 59 218165_Tapetenschiff_EvMag_DE.indd 1 31.10.2008 08.10.2008 18:00:08 14:24:54 Uhr Uhr www.evonik.de Wer schützt eigentlich Autolacke vor Kratzern? Wir machen so was. Wir verbessern die Kratzfestigkeit von Autolacken und noch vieles mehr. Mit über 100 Produktionsstandorten in rund 30 Ländern sind wir einer der weltweit führenden Anbieter im renditestarken Markt der Spezialchemie. Wir sind der kreative Industriekonzern aus Deutschland für Chemie, Energie und Immobilien. 2_Evonik_03-08 2 216311_Carguards_EvonikMag.indd 1 28.07.2008 23.04.2008 11:41:39 8:40:24 Uhr