Länderüberblick / Forts. - Verein-BWH

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Länderüberblick / Forts. - Verein-BWH
Aufgaben und
Organisation der
Bewährungshilfe in
anderen Ländern Europas
Von Jürgen Mutz
Ein Überblick
Jürgen Mutz - Otzenhausen -
1
Gliederung
●
Einleitung
●
Begriffsklärung
●
Länderüberblick
●
Entwicklungen und Trends
Jürgen Mutz - Otzenhausen 28.10.2008
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Länderüberblick
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
England und Wales
Schottland
Dänemark
Norwegen
Schweden
Finnland
Niederlande
Österreich
Schweiz
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Länderüberblick / Forts.
10. Polen
11. Tschechische Republik
12. Ungarn
13. Estland
14. Frankreich
Entwicklungen und Trends
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Länderüberblick / Forts.
Auf Wunsch und ergänzend:
15. Irland
16. Belgien
17. Luxemburg
18. Portugal
19. Italien
20. Spanien
21. Türkei
22. Bulgarien
23. Rumänien
24. Lettland
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Begriffsklärung
Probation
Probation Service
Community sanctions and measures
Gegenstand meiner Darstellung ist
„Bewährungshilfe“ im weitesten Sinne.
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Länderüberblick
v
v
Von privater Betreuung zu staatlicher Lenkung
Die Probation – Systeme entwickeln sich ständig
fort.
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England und Wales
Im National Probation Service (NPS) sind 21.000 Mitarbeiter für
rund 200.000 Täter zuständig.
Es gibt einen eigenen Ausbildungsgang für den Probation
Officer.
Der NPS und der Gefängnisdienst gehören zum National
Offender Management Service.
Ziele des Dienstes sind:
Schutz der Öffentlichkeit,
Reduzierung des Rückfalls,
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England und Wales / Forts.
Ziele des Dienstes / Forts.
Korrekte Bestrafung von Tätern in der Kommune.
Der Täter soll sich der Verantwortung für die Folgen seiner Tat
bewusst werden.
Rehabilitation des Täter.
Gearbeitet wird mit anerkannten Programmen nach dem „What
works“- Ansatz.
Eine wichtige Rolle spielt die Risiko-Einschätzung mit dem
Offender-Assessment –System (OASys).
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Schottland
Der Scottish Probation Service ist 1969 kommunalisiert worden.
Für Bewährungshilfe sind 32 kommunale Ämter für Sozialarbeit
(local authority social work agencies) zuständig.
Statt von probation work spricht man von criminal justice social
work.
Oberste Fachaufsichtsbehörde ist das Justizministerium
geblieben.
Als Mittelbehörden fungieren 8 Local Community Justice
Authorities (CJAs)
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Dänemark
Der „Danish Prison and Probation Service“ beschäftigt rund
400 Mitarbeiter. Die probation officers sind fast alle
ausgebildete Sozialarbeiter.
Von besonderer Bedeutung ist die Arbeit nach staatlich
anerkannten Programmen.
Der Dienst gehört zum Netzwerk der kommunalen
Kriminalprävention.
Die private Hilfsorganisation „Dansk Forsorgsselskab“
(Dänische Wohlfahrtsgesellschaft) leistet zusätzlich
Straffälligenhilfe.
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Norwegen
Dem „Norwegian Correctional Service“ gehören 300
Mitarbeiter an, darunter 250 probation workers.
Der Dienst gehört zur Abteilung für Prison and Probation
Administration des Ministeriums für Justiz und Polizei
Bei den nicht freiheitsentziehenden Strafen bestimmt das
Gericht den Rahmen (Dauer). In diesem Rahmen arbeitet
der Correctional Service nach seinen Befunden und
Erkenntnissen – häufig mit anerkannten Programmen.
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Schweden
Der schwedische „Prison and Probation Service“
beschäftigt derzeit 840 probation officers und 50 senior
probation officers.
Die Probandenzahl liegt bei 12 500 im Jahr.
Eine Ausbildung in Sozialarbeit ist Voraussetzung für die
Einstellung.
Die Aufsicht (supervision) entspricht der Definition in den
European Rules on community sanctions and measures.
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Finnland
Finnland hat die Bewährungshilfe im Jahre 2001 verstaatlicht.
Der „Probation and Prison Service“ gehört zur Criminal
Sanctions Agency im Criminal Policy Department des
Justizministeriums.
Aufgaben:
Aufsicht über bedingt verurteilte junge Straftäter,
Umsetzung gerichtlicher Auflagen und Weisungen gegen 15 bis
17 Jährige,
Organisation und Überwachung gemeinnütziger Arbeit,
Aufsicht über zur Bewährung entlassene Täter.
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Niederlande
Drei Organisationen leisten Bewährungshilfe:
Salvation Army,
Mental Health Foundation,
Reclassering Nederland.
Der Auftrag von Reclassering Nederland:
o
Bewährungshelfer beraten die Justizbehörden.
o
Bewährungshelfer wollen den Rückfall verhindern.
o
Bewährungshelfer sind Mitarbeiter einer Vollzugsorganisation für
Bewährungsaufsicht, für Lernstrafen und gesellschaftsbezogene
Strafen.
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Niederlande (Forts.)
Reclassering beschäftigt 1.400 Mitarbeiter, davon 1.000 als probation
officers.
Der Staat bezahlt für 12 Produkte nach vereinbarten
Durchschnitts – Arbeitszeiten.
1.
Das Aufsuchen im Rahmen der Frühhilfe.
2.
Intervention im Rahmen der Frühhilfe.
3.
Einschätzung / Diagnose (assessment)
4.
Der Sozialbericht (social inquiry report)
5.
Der Beratungsbericht (advisory report)
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Niederlande (Forts.)
6. Der Maßnahmenbericht (measure report)
7. (Bewährungs-)Aufsicht (supervision)
8. Unterkunftsbeschaffungsprogramme (resettlement
programmes)
9. Überweisung an Soziale Dienste (referral to social services)
10. Beratung in der gesamten Laufzeit der Programme und
Kurse (counselling throughout the programme/training)
11. Gemeinnützige Arbeit (c.s.sanction)
12. Lernstrafen (educational sanction)
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Österreich
Der Verein NEUSTART führt auf Grund eines
Generalvertrages mit dem Bundesministerium für
Justiz alle Aufgaben der Bewährungshilfe, den
außergerichtlichen Tatausgleich und Maßnahmen
der Kriminalprävention durch.
Im Jahre 2007 hatte der Verein 620 hauptamtliche
und 775 ehrenamtliche Mitarbeiter.
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Österreich (Forts.)
Der Leistungskatalog:
1.
Bewährungshilfe
2.
Haftentlassenenhilfe
3.
Wohnbetreuung
4.
Außergerichtlicher Tatausgleich
5.
Gemeinnützige Leistungen
6.
Clearing
7.
Kriminalprävention
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Österreich (Forts.)
Die Mission:
Vergangenheit
-
bearbeiten,
Gegenwart
-
bewältigen,
Zukunft
-
sichern.
Die NEUSTART Gemeinnützige GmbH (Baden Württemberg)
wurde 2004 zur Übernahme aller Aufgaben der Bewährungshilfe,
der Gerichtshilfe und des Täter-Opfer-Ausgleichs (nicht für
Jugendliche) im Lande Baden-Württemberg als 100%ige Tochter
des österreichischen Vereins NEUSTART gegründet.
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Schweiz
Die „Bewährungshilfe“ ist in 24 Kantonen staatlich, in 2
Kantonen privat organisiert.
In der gesamten Schweiz arbeiten 220 – 230 hauptamtliche
Bewährungshelfer.
Die 140 Mitarbeiter des „Bewährungs- und
Vollzugsdienstes“ (BVD) des Kantons Zürich haben eine
Grundausbildung in Sozialarbeit oder Recht oder
Administration. 60 ehrenamtliche Mitarbeiter stehen ihnen
zur Seite.
Es sind 13 Teams mit unterschiedlichen Aufgaben betraut.
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Schweiz (Forts.)
Das Team Maßnahmen und Bewährung:
Betreuung im Gefängnis, Weisungskontrollen,
Gerichtshilfe, Bewährungshilfe, Lernstrafen, elektronische
Fußfessel, Therapien für Suchtkranke und –gefährdete.
Andere Teams sind zuständig für gemeinnützige Arbeit,
Schuldenberatung/ Schuldenregulierung und gefährliche
oder rückfallgefährdete Täter.
Die Zürcher Stiftung für Gefangenen- und
Entlassenenfürsorge (ZSGE) ist ein wichtiger
Arbeitspartner.
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Polen
Neue gesetzliche Grundlage ist das
Bewährungshelfergesetz von 2001. Der Dienst ist
staatlich organisiert, im Erwachsenenbereich in enger
Anbindung an die Gerichte. Die Bewährungshilfe für
Jugendliche obliegt der Jugendwohlfahrt.
●
Das polnische Strafgesetzbuch kennt drei Bereiche
für Bewährungsmaßnahmen:
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Polen (Forts.)
Die bedingte Verfahrenseinstellung
Die Strafaussetzung zur Bewährung
Die bedingte vorzeitige Entlassung aus der Strafhaft
Insgesamt gibt es circa 5.000 hauptamtliche „Kuratoren“
(=Bewährungshelfer) und rund 30.000 ehrenamtliche
Helfer.
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Polen (Forts.)
Die weitere Planung sieht vor:
Entwicklung eines Instruments zur bestmöglichen
Risikoeinschätzung,
Entwicklung einer Methodenlehre für die Arbeit der
Kuratoren,
Entwicklung eines Instruments zur
Effizienzmessung.
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Tschechische Republik
Der dem Justizministerium zugeordnete staatliche „Probation and Mediation
Service“ (PMS) verfolgt drei Hauptziele:
Integration des Täters,
Hilfe für das Opfer,
Schutz der Gesellschaft.
Bei jeder Straftat ist zu fragen
nach dem Schaden des Opfers und seinen Bedürfnissen
nach den Verpflichtungen und Auflagen des Täters
nach dem, was zum Schutz der Gesellschaft zu veranlassen ist
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Tschechische Republik (Forts.)
Die Prüfung der Voraussetzungen für eine
Verfahrenseinstellung (Diversion) ist von besonderem
Gewicht.
Insbesondere in Bezug auf jugendliche Straftäter arbeitet
der PMS mit Nicht- Regierungsorganisationen zusammen,
die Behandlungsprogramme anbieten.
Solche Programme im Rahmen der Aufsicht und Leitung
jugendlicher Straftäter werden im Abstand von drei Jahren
auf ihre Wirksamkeit überprüft.
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Ungarn
Das Strafrecht ist 2003 reformiert worden.
Der staatlichen „Probation Service“ ist dem
Zentralen Justizamt (Central Office of Justice)
zugeordnet. Diesem unterstehen die Dienststellen in
den 19 Verwaltungsbezirken des Landes und in der
Hauptstadt Budapest.
Ende 2006 gab es 421 Mitarbeiter für 77.748
Klienten.
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Ungarn (Forts.)
Aufgaben
Soziale Untersuchungsberichte (social inquiry reports)
Vorgerichtliche Berichte (pre-sentence reports)
Aufsicht bei vorläufiger Einstellung, aufgeschobener
Verurteilung, Strafaussetzung und bedingter Entlassung
Entlassungsvorbereitung und Betreuung auf Antrag (aftercare)
Gemeinnützige Arbeit
Täter-Opfer-Ausgleich
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Estland
Estland hat seinen nationalen Bewährungshilfedienst 1998
gestartet.
Der nationale Bewährungsdienst gehört seit 1.6.2008 zum
Zuständigkeitsbereich des Gefängniswesens.
Er zählte am 1.5.2008 230 Bewährungshelfer.
Als Hauptaufgabe des Dienstes wird das Bemühen gesehen, mit
der Durchführung von Alternativen zur Freiheitsstrafe das Leben
in der Gesellschaft sicherer zu machen.
Zur Wiedereingliederung von Tätern wird die Kooperation mit
kommunalen Einrichtungen und privaten Organisationen
gesucht.
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Frankreich
Der „Servicee pénitentiaire d‘insertion et de
probation“ (SPIP) beschäftigt rund 3.000 conseillers
d‘insertion et de probation (CIP) mit eigenem
Ausbildungsgang an der École National de
l‘Administration Pénitentiaire.
Die Zusammenarbeit mit privaten Einrichtungen der
Straffälligenhilfe wird für wichtig erachtet. Die
privaten Einrichtungen sind zusammengeschlossen
in der Féderation Nationale des Associations
d‘Accueile et de Réadaption Sociale (FNARS).
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Entwicklungen und Trends
1.
2.
3.
4.
In Europa dominiert eindeutig das System der
Bewährungshilfe in staatlicher Regie.
Viele Länder betonen zunehmend den Strafcharakter
von Bewährungsaufsicht.
Der Schutz der Gesellschaft und damit die
Überwachungs- und Kontrollfunktion des
Bewährungshelferdienstes gewinnen an Bedeutung.
In manchen Ländern wird zugunsten einer
eigenständigen Ausbildung der Mitarbeiter auf ein
vorgelagertes Studium der Sozialarbeit verzichtet
(England, Frankreich).
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Entwicklungen und Trends (Forts.)
5.
6.
7.
Prognoseverfahren, Risiko- und
Gefahreneinschätzung werden vermehrt
eingesetzt.
Speicherung und Verfügbarkeit von Täterdaten
nehmen zu.
Der „what works“-Ansatz hat zu der Entwicklung
von staatlich zertifizierten Programmen geführt,
denen Straftäter zum Abbau von Defiziten und
zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen
zugewiesen werden.
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Entwicklungen und Trends (Forts.)
8.
9.
10.
Die Leitungs-, Aufsichts- und Hilfefunktionen, die
im Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Strafe
anfallen, werden weitgehend von ein und
demselben Dienst wahrgenommen.
In vielen Ländern sind die Probations-Dienste zu
einer engen Kooperation mit dem
Gefängnisdienst verpflichtet.
Netzwerkarbeit spielt eine große Rolle. Dazu
gehört die Zusammenarbeit der Dienste mit
anderen Behörden und mit privat organisierten
Einrichtungen der Straffälligenhilfe.
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Entwicklungen und Trends (Forts.)
11.
12.
13.
Täter-Opfer-Ausgleich und Opferhilfe gehört in
vielen Ländern zu den Pflichtaufgaben des
Probation – Dienstes.
Insbesondere beim Neuaufbau der
Bewährungssysteme in Zentral- und Osteuropa
spielt die internationale Zusammenarbeit eine
wichtige Rolle.
In der EU wird die Übertragbarkeit von
Bewährungsaufsichten vom Verurteilungsstaat
auf den (neuen) Aufenthaltsstaat angestrebt.
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Ich danke Ihnen für Ihre Geduld
und für Ihre Aufmerksamkeit
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