Inhaltsübersicht: Zur Zulässigkeit eines Entgelts
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Inhaltsübersicht: Zur Zulässigkeit eines Entgelts
Herausgeber: Prof. Dr. Stephan Meder, Universität Hannover Dr. Anna-Maria Beesch, RA'in und FA'in für Bank- und Kapitalmarktrecht 7/2013 Erscheinungsdatum: 16.07.2013 Erscheinungsweise: monatlich Bezugspreis: 10,- € monatlich zzgl. MwSt. Inhaltsübersicht: Anm. 1 Zur Zulässigkeit eines Entgelts für Benachrichtigung des Zahlungspflichtigen über Nichteinlösung einer Lastschrift nach altem Zahlungsverkehrsrecht und nach neuem Zahlungsdiensterecht - zugleich Anmerkung zu BGH, Urt. v. 22.05.2012 - XI ZR 290/11 von Marcus Meckel, RA und Banksyndikus, Frankfurt am Main Anm. 2 Kumulation von Beratungsverträgen beim Vertrieb von Immobilienanlagen Anmerkung zu BGH, Urteil vom 01.03.2013, V ZR 279/11 von Dr. Franz Schnauder, RiOLG Anm. 3 Haftung von Abschlussprüfern für unrichtige Testate in Anlageprospekten Anmerkung zu BGH, Urteil vom 21.02.2013, III ZR 139/12 von Dr. Holger Kessen, RA und FA für Bank- und Kapitalmarktrecht, Pinsent Masons Germany LLP Anm. 4 Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrags, Aufklärungspflichtverletzung hinsichtlich Vertriebsprovisionen und Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens Anmerkung zu LG Frankfurt, Urteil vom 16.11.2012, 2 -21 O 40/11 von Matthias Schröder, RA und FA für Bank- und Kapitalmarktrecht, LSS Leonhardt Spänle Schröder Rechtsanwälte, Frankfurt am Main Zitiervorschlag: jurisPR-BKR 7/2013, Anm. 1, Meckel ISSN 1866-7597 juris GmbH, Gutenbergstraße 23, D-66117 Saarbrücken, Tel.: 0681/5866-0, Internet: www.juris.de, E-Mail: [email protected] Der juris PraxisReport sowie die darin veröffentlichten Anmerkungen sind urheberrechtlich geschützt. Kein Teil darf (auch nic ht auszugsweise) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form reproduziert werden. © juris GmbH 2013 jurisPR-BKR 7/2013 .3 Haftung von Abschlussprüfern für unrichtige Testate in Anlageprospekten Leitsatz: Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anleger für seine Anlageentscheidung auf die Richtigkeit aller wesentlichen Prospektangaben ankommt, erfasst Feststellungen in einem veröffentlichten Wirtschaftsprüfertestat grundsätzlich auch dann, wenn es sich auf einen überholten Stichtag bezieht und ein neuer bestätigter Jahresabschluss zu erwarten war. Auch ein überholter Bestätigungsvermerk begründet zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Mängel aufwies, die zur Verweigerung oder Einschränkung des Testats hätten führen müssen (Fortführung von BGH, Urt. v. 15.12.2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611). Anmerkung zu BGH, Urteil vom 21.02.2013, III ZR 139/12 von Dr. Holger Kessen, RA und FA für Bank- und Kapitalmarktrecht, Pinsent Masons Germany LLP jurisPR-BKR 7/2013 A. Problemstellung Der BGH befasst sich vorliegend mit der Haf tung eines Wirtschaftsprüfers wegen eines in einem Anlageprospekt enthaltenen – fehlerhaften – uneingeschränkten Bestätigungsvermerks i.S.d. § 322 HGB. Hierbei setzt sich der BGH vor allem mit der Frage auseinander, ob und inwieweit einem Anleger die tatsächliche Vermutung zugutekommt, dass der Prospektfehler – hier ein unrichtiger „überholter“ Bestätigungsvermerk – kausal für seine Anlageentscheidung war. weit seien in einem Gutachten der Wirtschaftsprüferkammer B, das im Rahmen des Ermittlungsverfahrens gegen den Geschäftsführer der Beklagten erstellt worden sei, gravierende Män-gel bei den Jahresabschlussprüfungen 2002 und 2003 festgestellt worden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sei auch die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung der Beklagten für die Entscheidung der Klä -ger, ihre Inhaberschuldverschreibungen umzu-tauschen, nicht auszuschließen. Die Lebenser-fahrung spreche dafür, dass ein Prospektfehler ursächlich B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung für den Entschluss zum Erwerb der Anlage sei. Zwar könne ein Testat keine verDie Kläger machen gegen die Beklagte – eine trauensbegründenden Aussagen über die wirt Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – Schadenser- schaftliche Entwicklung des geprüften Unter satz in Höhe von 27.000 Euro nebst Zinsen und nehmens in der Zukunft enthalten. Jedoch gehe Kosten wegen eines aus ihrer Sicht fehlerhaf -ten es nach dem Vortrag der Kläger um Tatsachen, uneingeschränkten Bestätigungsvermerks die vor dem Prüfungsstichtag lagen und die Ge geltend. Die Kläger hielten Inhaberschuldver - genstand der Prüfung und des Testats waren. schreibungen der Wohnungsbaugesellschaft L Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anle („WBG L“), die sie in 2005 in neue ger für seine Entscheidung auf die Richtigkeit Inhaberschuld-verschreibungen der WBG L aller wesentlichen Prospektangaben ankomme, tauschten. Dem Tausch lag dabei ein erfasse solche Feststellungen in einem Testat Emissionsprospekt zugrun-de, in dem der auch dann, wenn es sich auf einen abgelaufe uneingeschränkte Bestätigungs-vermerk der nen Stichtag beziehe. Ein solches Testat begrün Beklagten für das Jahr 2003 abge-druckt war. de zumindest das Vertrauen, dass die Anlage in Die Kläger werfen der Beklagten vor, dass sie dem bestätigten Umfang zu dem maßgebli-chen das Testat nicht hätte erteilen dürfen, da die Zeitpunkt keine Mängel aufweise, die zur finanzielle Situation der WBG L – für die Verweigerung oder Einschränkung des Testats Beklagte erkennbar – bereits in 2003 desolat ge- hätten führen müssen. Auch wenn bis zur Anla wesen sei und die WBG L nach einem Schnee - geentscheidung mit der zwischenzeitlichen Er ballsystem gearbeitet habe. stellung eines neuen Testats zu rechnen gewe sen sein mag, wirke das Vertrauen insoweit fort, Das Oberlandesgericht hatte die von den Klä - als der Anleger nur mit einer seither eingetretegern gegen das erstinstanzliche Urteil, durch nen Veränderung der Verhältnisse rechnen müs das die Klage abgewiesen worden war, ein - se, nicht aber damit, dass im maßgeblichen Prü gelegte Berufung mit Beschluss gemäß § 522 fungszeitpunkt strukturelle Mängel der Anlage Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, hierbei aber die bestanden, die sich noch auswirken. Erst wenn Revision zugelassen. Der BGH hob die zwischen dem Prüfungsstichtag und dem An Entschei-dung des Oberlandesgerichts auf und lageentschluss eine so lange Zeit verstrichen sei, verwies die Sache zurück. dass mit wesentlichen, auch die Grundla -gen des Unternehmens erfassenden Änderun-gen Zur Begründung führte der BGH aus, dass den gerechnet werden müsse, entfalle die Kau Klägern nach dem im Revisionsverfahren zu - salitätsvermutung. grundezulegenden Sachverhalt gegen die Be klagte jedenfalls ein Schadensersatzansp ruch C. Kontext der Entscheidung nach § 826 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den §§ 264a Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB und § 332 Wirtschaftsprüfer, die ein Unternehmen einer HGB, jeweils i.V.m. § 31 BGB, zustehe. Pflichtprüfung nach § 316 HGB unterziehen und diesem zu Unrecht einen uneingeschränkten Die Kläger hätten insbesondere vorgetragen, Bestätigungsvermerk i.S.d. § 322 HGB erteidass der Geschäftsführer der Beklagten zumin - len, setzen sich einem nicht unerheblichen Haf dest bedingt vorsätzlich ein fehlerhaftes Testat tungsrisiko aus, wenn mit ihrem Einverständ für den Jahresabschluss 2003 erteilt habe. Inso - jurisPR-BKR 7/2013 nis das Testat in einem von dem Unterneh -men herausgegebenen Emissionsprospekt ab gedruckt und hierdurch der (falsche) Eindruck erweckt wird, dass das Unternehmen jedenfalls im Zeitpunkt des Stichtags, auf den sich das Tes tat bezieht, finanziell gesund se i. Schadensersatzansprüche von Investoren kön nen sich hierbei unter vertraglichen und delikti schen Gesichtspunkten ergeben. I. Haftung aus Vertrag mit Schutzwirkung zu g u n s t e n D r i t t e r Vertragliche Schadensersatzansprüche kom -men unter dem Aspekt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass die Investoren (Anleger) in den Schutzbereich des Prüfvertra ges, den das Unternehmen und der Abschluss prüfer abgeschlossen haben, einbezogen sind. Das ist nach der Rechtsprechung nur ganz ausnahmsweise der Fall. Grundsätzlich haftet ein Abschlussprüfer für Fehler nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB nur der geprüften Gesellschaft oder verbundenen Unternehmen gegenüber, nicht jedoch den Anteilseignern und sonstigen Gläu bigern der Gesellschaft. Bestätigungsvermer -ken kommt generell die Bedeutung zu, Drit -ten einen Einblick in die wirtschaftliche Situa tion des Unternehmens zu gewähren und ih -nen, etwa als an einer Beteiligung Interessier-ten, für ihr beabsichtigtes Engagement eine Beurteilungsgrundlage zu geben. Sinn des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB ist es demnach auch und gerade, dass das – der Höhe nach zunächst unbeschränkte – Haftungsrisiko des Abschlussprüfers für diesen kalkulierbar und versicherbar bleibt. Würde man daher jeden an einer Beteiligung Interessierten in den Schutzbereich der Prüfverträge einbeziehen, wäre dies ein offener Widerspruch gegen die in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zum Ausdruck kommende gesetzgebe rische Wertung, wonach eine Haftung des Ab schlussprüfers nur gegenüber der Gesellschaft und mit ihr verbundenen Unternehmen besteht (BGH, Beschl. v. 11.11.2008 - III ZR 311/07 StuB 2009, 206; BGH, Urt. v. 06.04.2006 - III ZR 256/04 Rn. 13 - WM 2006, 1052; OLG Dresden, Urt. v. 30.06.2011 - 8 U 1603/08 Rn. 22 - DStR 2012, 2098; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.09.2009 12 U 147/05 Rn. 58 - WM 2009, 2382; OLG Bamberg, Urt. v. 21.02.2006 - 5 U 196/05 Rn. 30 WM 2006, 960). Die in § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zum Aus-druck kommende gesetzgeberische Intention, das Haftungsrisiko des Abschlussprüfers zu begrenzen, muss auch im Rahmen der Auslegung vertraglicher Absprachen berücksichtigt wer den. So kann in der Regel nicht angenommen werden, dass der Abschlussprüfer einer unbe kannten Vielzahl von Gläubigern, Gesellschaf tern oder Anteilserwerbern gegenüber haften will (BGH, Urt. v. 06.04.2006 - III ZR 256/04 Rn. 13 - WM 2006, 1052). Demgemäß ist für die Annahme eines Vertrages mit Schutzwir-kung zugunsten Dritter nur Raum, wenn dem Abschlussprüfer deutlich wird, dass von ihm im Drittinteresse eine besondere Leistung erwartet wird, die über die Erbringung der gesetzlich vor geschriebenen Pflichtprüfung hinausgeht (OLG Stuttgart, Urt. v. 29.09.2009 - 12 U 147/05 Rn. 59 - WM 2009, 2382; OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.06.2009 - I-23 U 108/08 Rn. 33 - WM 2009, 2375; OLG Frankfurt, Urt. v. 05.11.2007 - 1 U 124/07 Rn. 26 f.). Gehen hingegen die vom Ab schlussprüfer zu erbringenden Leistungen nicht über die Pflichtprüfung hinaus, dann kann nicht angenommen werden, dass der Abschlussprü fer einer unüberschaubaren Vielzahl von Anle gern gegenüber haften will, nur weil der Be stätigungsvermerk im Emissionsprospekt abge druckt ist (BGH, Beschl. v. 11.11.2008 - III ZR 311/07 Rn. 5 - StuB 2009, 206; BGH, Urt. v. 06.04.2006 - III ZR 256/04 Rn. 13 - BGHZ 167, 155; BGH, Urt. v. 15.12.2005 - III ZR 424/04 Rn. 12 f. - WM 2006, 423). II. Haftung aus enger oder weiter Pro spekthaftung Nicht eindeutig geklärt ist die Frage einer Haf tung des Abschlussprüfers für unrichtige Testate aus enger oder weiter Prospekthaftung. Pro spektverantwortlich sind in erster Linie die Her ausgeber, Initiatoren, Gründer und Gestalter der Gesellschaft, soweit sie das Management der Gesellschaft bilden oder sie – auch als „Hintermänner“ – beherrschen. Darüber hinaus haften aber auch diejenigen, die aufgrund ihrer beruflichen oder wirtschaftlichen Stellung oder Fachkunde eine Art Garantenstellung einneh men und durch ihre Mitwirkung an der Prospekt gestaltung nach außen hin in Erscheinung tre ten (BGH, Urt. v. 17.11.2011 - III ZR 103/10 Rn. 19 - BGHZ 191, 310). In seinem Grundsatzurteil vom 15.12.2005 (III ZR 424/04 - WM 2006, 423) hat der BGH ausgeführt, dass auch jurisPR-BKR 7/2013 das Testat eines Abschlussprüfers seine Haftung als „Garant“ für ihm zuzurechnende Prospekt aussagen begründen kann, sofern seine Tätig keit nach außen erkennbar geworden ist. An der Richtigkeit dieser Auffassung werden aller -dings Zweifel geäußert, da man bei Annahme einer Garantenstellung und einer dadurch begründeten Haftung entgegen der gesetzgeberi schen Wertung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB über den Umweg der Prospekthaftung wieder zu einer Haftung des Abschlussprüfers für fahr lässiges Handeln auch gegenüber den Anteils eignern oder -erwerbern kommt (OLG Dresden, Urt. v. 30.06.2011 - 8 U 1603/08 Rn. 27 - DStR 2012, 2098). In dem Besprechungsurteil geht der BGH offenbar weiterhin von einer Garan tenhaftung des Abschlussprüfers aus, hat die -se letztlich allerdings offengelassen, weil jeden-falls deliktische Ansprüche bestanden. III. Deliktische Haftun g aus § 826 BGB und § 823 Abs. 2 B GB in Verbindung mi t einem Schutzgesetz Neben einer vertraglichen Haftung kommt eine deliktische Haftung des Abschlussprüfers aus § 826 BGB und aus § 823 Abs. 2 BGB in Ver bindung mit einem Schutzgesetz, wie z.B. den §§ 264a, 263 StGB i.V.m. § 27 StGB oder § 332 HGB, in Betracht. Obwohl der Schutzgesetzcharakter von § 332 HGB allgemein anerkannt ist, werden gleichwohl vereinzelt Zweifel daran ge äußert, ob diese Vorschrift auch den einzelnen Anleger schützt. Diese Zweifel werden darauf gestützt, dass anderenfalls über die deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 332 HGB der Schutzzweck von Bestätigungsvermerk und Prüfbericht, der nach § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auf die Gesellschaft und mit ihr verbun dene Unternehmen begrenzt sei, auch auf An leger erweitert werde (so OLG Dresden, Urt. v. 30.06.2011 - 8 U 1603/08 Rn. 29 - DStR 2012, 2098). Ob dieser Argumentation gefolgt wer -den kann, erscheint allerdings fraglich, da die Verwirklichung des § 332 HGB Vorsatz voraus setzt und sich damit grundlegend von dem auch fahrlässig begehbaren Haftungstatbestand des § 323 HGB unterscheidet. Es ist nicht einzu sehen, warum dem Abschlussprüfer, der seine Pflichten wissentlich und willentlich verletzt und damit einen Straftatbestand verwirklicht, das Haftungsprivileg des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB zugutekommen sollte. Im Übrigen ist anerkannt, dass die deliktische Haftung des Abschlussprü fers neben die Haftung aus § 323 HGB tritt (Eb - ke in: MünchKomm HGB, 3. Aufl., § 323 Rn. 92, m.z.N.). Besondere Bedeutung im Hinblick auf eine Haf tung des Abschlussprüfers für unrichtige Testate gewinnt § 826 BGB, da die Rechtsprechung für das Vorliegen des Tatbestandsmerkmals der Sit tenwidrigkeit bereits als ausreichend erachtet, wenn der Abschlussprüfer, der mit Rücksicht auf seine berufliche Sachkunde oder seine berufli che Stellung eine Vertrauensstellung einnimmt, bei der Erteilung des Bestätigungsvermerks in einem Maße Leichtfertigkeit an den Tag gelegt hat, dass sie als Gewissenlosigkeit zu werten ist (BGH, Urt. v. 15.12.2005 - III ZR 424/04 Rn. 31 WM 2006, 423; OLG Dresden, Urt. v. 30.06.2011 - 8 U 1603/08 Rn. 29 - DStR 2012, 2098). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sich der Wirtschaftsprüfer bei seiner Prüfung leichtfer -tig und gewissenlos über erkennbare Beden -ken hinweggesetzt hat (OLG Bremen, Urt. v. 30.08.2006 - 1 U 33/04 - OLGR Bremen 2006, 856, 859). Leichtfertiges Handeln kann aber auch darin bestehen, dass der Abschlussprüfer Prüfungsergebnisse ungeprüft übernimmt und das Testat ohne eigene Überprüfung erteilt (Eb ke in: MünchKomm HGB, § 323 Rn. 105). Die blo-ße Fehlerhaftigkeit des Abschlusses als solche reicht hingegen für sich genommen nicht aus, um Sittenwidrigkeit festzustellen (BGH, Urt. v. 26.09.2000 - X ZR 94/98 Rn. 55 - WM 2000, 2447). IV. Kausalität Enthält ein Prospekt ein unrichtiges Testat eines Wirtschaftsprüfers und ist er damit fehler haft, so ist für einen Schadensersatzanspruch des Anlegers weiter erforderlich, dass der Pro spektfehler, also das fehlerhafte Testat, für die Anlageentscheidung ursächlich ist. Insoweit ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Bestätigungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers in seiner Reichweite begrenzt ist, weil er sich auf einen bestimmten Stichtag des Jahresabschlus ses bezieht. Demgemäß beinhaltet er keine ver trauensbegründenden Aussagen über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung des geprüf ten Unternehmens (BGH, Urt. v. 15.12.2005 - III ZR 424/04 Rn. 26 - WM 2006, 434). Demgegenüber begründet er aber das Vertrauen, dass die Anlage in dem bestätigten Umfang zu dem maßgeblichen Zeitpunkt keine Mängel aufweist, jurisPR-BKR 7/2013 die zur Verweigerung oder Einschränkung des Testats hätten führen müssen. Bei der Verwendung von Emissionsprospekten besteht dabei eine auf Lebenserfahrung basie rende tatsächliche Vermutung, dass der Pro spektfehler ursächlich für den Entschluss des Anlegers zum Erwerb der Anlage ist (BGH, Urt. v. 23.04.2012 - II ZR 211/09 Rn. 30 - WM 2012, 1184; BGH, Urt. v. 14.06.2007 - III ZR 300/05 Rn. 21 - NJW-RR 2007, 1329), wo-bei diese Vermutung unabhängig davon gilt, ob das Schadensersatzbegehren auf vertragliche oder deliktische Ansprüche gestützt wird (BGH, Urt. v. 16.11.1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514). Die tatsächliche Vermutung, dass es dem Anleger für seine Anlageentscheidung auf die Richtigkeit aller wesentlichen Prospektan -gaben ankommt, erstreckt der BGH nunmehr auch auf alle Feststellungen in einem veröffent-lichten Wirtschaftsprüfertestat, soweit es sich auf einen abgelaufenen Stichtag bezieht. Inso -weit führt der BGH das Grundsatzurteil vom 15.12.2005 (III ZR 424/04) fort, da er dort die Frage der Kausalitätsvermutung noch offenge lassen hatte (vgl. hierzu auch OLG Ba mberg, Urt. v. 21.02.2006 - 5 U 196/05 Rn. 40 - WM 2006, 960). Bestanden folglich zum Prüfungsstichtag (struk turelle) Mängel beim geprüften Unternehmen, die zu einer Versagung oder Einschränkung des Testats hätten führen müssen, dann wird die Kausalität zwischen dem aufgrund des unrichtigen Testats fehlerhaften Prospekt und dem An lageentschluss vermutet. Das gilt selbst dann, wenn an sich bis zur Anlageentscheidung mit der zwischenzeitlichen Erstellung eines neuen Testats zu rechnen war, sodass es sich um einen „überholten“ Stichtag handelt, allerdings vorausgesetzt, dass sich die Mängel im Zeitpunkt des Anlageentschlusses noch auswirken. Erst wenn zwischen dem Prüfungsstichtag und dem Anlageentschluss eine so lange Zeit verstrichen ist, dass mit wesentlichen – auch die Grundlage des Unternehmens erfassenden – Änderungen gerechnet werden muss, entfällt die durch Le benserfahrung begründete Vermutung der Ur sächlichkeit des unrichtigen Testats für den An lageentschluss (vgl. zur Kausalität auch OLG Stuttgart, Urt. v. 29.09.2009 - 12 U 147/05 - WM 2009, 2382, das in dem dort entschiedenen Fall die Kausalität verneint hatte, weil das im Pro spekt enthaltene Testat durch ein neueres Testat überholt war; es sei nicht lebensnah, dass Ge- schäftszahlen, die einen zurückliegenden Zeitraum beträfen, sich auf eine Anlagestimmung ausgewirkt haben, wenn aktuellere Zahlen zur Verfügung stünden). Im konkreten Fall war dem BGH eine abschlie ßende Entscheidung allerdings nicht möglich, weil das Berufungsgericht offengela ssen hatte, ob die Kausalität des Prospektfehlers für den Schaden der Kläger deshalb nicht gegeben war, weil bereits die ursprünglich von den Klägern gehaltenen Inhaberschuldverschreibungen, die von den Klägern auf der Grundlage des (feh lerhaften) Prospektes in neue Inhaberschuldverschreibungen getauscht wurden, wertlos waren. Insoweit ist anerkannt, dass der Verlust einer auf Dauer uneinbringlichen Forderung den Wert des Vermögens nicht verringert und deshalb keinen Schaden begründen kann (BGH, Urt. v. 04.12.2012 - VI ZR 378/11 Rn. 18 - WM 2013, 306; BGH, Urt. v. 04.12.2012 - VI ZR 381/11 RN. 15 - NJW-RR 2013, 536; BGH, Urt. v. 01.03.2007 - IX ZR 261/03 Rn. 35 - BGHZ 171, 261). Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes verwies der BGH deshalb den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht. D. Auswirkungen für die Praxis Die Luft für Wirtschaftsprüfer wird dünner. In den letzten Jahren mehren sich die Urteile, die sich mit der Haftung von Wirtschaftsprüfern be fassen. Im Vordergrund stehen dabei delikti sche, meist auf § 826 BGB gestützte Entschei dungen, da die Rechtsprechung mit der Annahme einer vertraglichen Haftung unter dem Ge sichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung Dritter äußerst restriktiv ist, um nicht die Haf tungsbeschränkung des § 323 Abs. 1 Satz 3 HGB auszuhebeln. Demgegenüber sind die Anforderungen an ei -ne Haftung des Abschlussprüfers nach § 826 BGB insoweit herabgesetzt, als für die vorsätzli -che sittenwidrige Schädigung bereits ausreicht, dass sich der Abschlussprüfer leichtfertig über erkannte Bedenken hinwegsetzt oder bewusst auf eine (unerlässliche) eigene Prüfung verzichtet. In diesen Fällen greift zugunsten von Anle gern, die sich aufgrund eines den unrichtigen Bestätigungsvermerk enthaltenden Emissionsprospektes an dem Unternehmen beteiligt ha ben, eine Kausalitätsvermutung dergestalt ein, dass das Unternehmen jedenfalls zu dem maß geblichen Stichtag, auf den sich die Prüfung jurisPR-BKR 7/2013 bezieht, keine Mängel aufwies, die zur Verweigerung oder auch nur zur Einschränkung des Testats hätten führen müssen. Abschlussprüfern sei daher dringend nahegelegt, keine „Gefälligkeitsprüfung“ vorzunehmen, sondern die Prü -fung mit der gebotenen Sorgfalt eines gewis-senhaften und unparteilichen Abschlussprüfers vorzunehmen, so wie es § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB ohnehin verlangt.